Deutscher Bundestag Drucksache 18/3795 18. Wahlperiode 21.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kordula Schulz-Asche, Dr. Harald Terpe, Elisabeth Scharfenberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3661 – Nationale und EU-weite Reaktionen auf gefälschte Arzneimittelzulassungsstudien und auffällige Produktionsstätten in Indien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat 176 Arzneimittelzulassungen von Generika überprüft, deren Bioäquivalenzstudien zum Teil von der indischen Firma GVK Biosciences stammen, die durch Fälschungen von Arzneimittelstudien auffällig wurde. Mit Stand vom 16. Dezember 2014 ist aufgrund dieses Vorfalls für 55 Arzneimittel weiterhin das Ruhen der Zulassung angeordnet. In 17 Fällen ist das Ruhen aufgrund eines Widerspruchs der Hersteller jedoch nicht durchsetzbar. Das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP) der European Medicines Agency (EMA – Europäische Arzneimittel-Agentur) soll gerade die Zulassungen von rund 1 250 in der Europäischen Union (EU) vertriebenen Arzneien unter die Lupe nehmen, deren Datengrundlagen ebenfalls zum Teil von der indischen Firma GVK Biosciences stammen. Mit Empfehlungen, ob EU-weite Zulassungen aufrechterhalten, geändert, aufgehoben oder entzogen werden sollen, sei im Januar 2015 zu rechnen. Darüber hinaus wird in der Presse über massive Probleme der Wirkstoff- und Arzneimittelproduktion in Indien berichtet (Kreative Forschung, DIE WELT, 14. Dezember 2014). So zähle Indien mehr als 130 Produktionsanlagen, die von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) lizenziert wurden. Im vergangenen Jahr habe die FDA mehr als 20 indische Anlagen mit einem Ausfuhrverbot in die USA belegt. Gründe dafür seien vor allem zwei Kernprobleme : nicht vertretbare hygienische Zustände und weit verbreitete Dokumentenfälschungen . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 20. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Klinische Prüfungen von Arzneimitteln zur Anwendung bei Menschen finden heute mehrheitlich als multinationale Studien statt. Dabei werden die klinischen Drucksache 18/3795 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Prüfungen nach einheitlichen Vorgaben gleichzeitig an geeigneten Prüfzentren in mehreren verschiedenen Staaten durchgeführt. Dies betrifft nicht nur die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, sondern auch Drittstaaten wie beispielsweise Indien. Die Gründe für eine breite Auswahl an Studienzentren durch die Sponsoren können z. B. auch in den Erfordernissen gesehen werden, in realistischen Zeiträumen genügend geeignete gesunde Probanden oder geeignete Patienten und geeignete Prüfeinrichtungen für die jeweils zu untersuchenden Arzneimittel zu finden, um hinreichend aussagekräftige Erkenntnisse gewinnen zu können. Arzneimittelstudien in Drittstaaten können in der EU nur dann für die Beantragung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung genutzt werden, wenn sichergestellt ist, dass die Durchführung dieser Prüfungen den gleichen rechtlichen und ethischen Anforderungen entspricht, wie dies für klinische Prüfungen in der EU gilt. Die pharmazeutischen Unternehmer, die diese Prüfungen durchführen lassen , haben die Pflicht und Verantwortung, eine klinische Prüfung nach den international festgelegten Anforderungen der guten klinischen Praxis (GCP) sicherzustellen . Darüber hinaus müssen die Ergebnisse einer im Drittstaat durchgeführten klinischen Prüfung auf die europäischen Patientinnen und Patienten übertragbar sein, wenn diese Ergebnisse für eine Arzneimittelzulassung in der EU genutzt werden sollen. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei auch, ob die in die klinische Prüfung einbezogenen Probanden oder Patienten ausreichend über die Einzelheiten der jeweiligen klinischen Prüfung informiert waren und einer Teilnahme an der klinischen Prüfung zugestimmt haben, so wie dies die Deklaration von Helsinki fordert. In Staaten außerhalb der EU sind die Rahmenbedingungen klinischer Prüfungen jeweils national geregelt und unterliegen der dortigen Überwachung. Unabhängig davon führen auch die europäischen Behörden insbesondere im Rahmen von Zulassungsverfahren in der EU Inspektionen der klinischen Prüfungen in den Drittstaaten sowohl routinemäßig als auch im Rahmen von Unklarheiten oder Auffälligkeiten in den Zulassungsunterlagen durch. Die Inspektionen werden europäisch koordiniert. Vorfälle, wie z. B. die Verwendung falscher Elektrokardiogramme, die in mehreren Studien des indischen Auftragsforschungsinstituts GVK Biosciences Private Limited bei einer Inspektion durch die französische Arzneimittelbehörde ANSM entdeckt worden sind, stellen nach Kenntnis der Bundesregierung einen bislang seltenen Einzelfall dar. Dennoch zeigt der Sachverhalt, dass behördliche Inspektionen durch die EU-Mitgliedstaaten notwendig und wirksam sind, um Missstände aufzudecken und dadurch in Zukunft zu vermeiden. Solche behördlichen Inspektionen stellen aber nur ein flankierendes ordnungsrechtliches Instrument dar. Sie können die primäre Verantwortung der Sponsoren , der pharmazeutischen Unternehmer und auch der Auftragsforschungsunternehmen zu einer ordnungsgemäßen Überwachung und Anleitung ihres Personals im Hinblick auf die Einhaltung der international anerkannten GCP-Anforderungen und zu einer eigenverantwortlichen Auditierung ihrer jeweiligen Vertragspartner nicht ersetzen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3795 BfArM – nationale Zulassungen 1. Wann erfuhr das BfArM von den Ergebnissen der Inspektion der indischen Contract Research Organisation (CRO) GVK Biosciences, und welche Maßnahmen wurden wann ergriffen? 2. Für wie viele der 176 national zugelassenen Arzneimittel, für die Studien der Firma GVK Biosciences vorlagen, ruhen zurzeit die Zulassungen? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat von der Thematik durch die Mitwirkung in der Koordinierungsgruppe für die gegenseitige Anerkennung von Zulassungen und dezentrale Zulassungsverfahren für Humanarzneimittel (CMDh) bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) im Juni 2014 auf Basis des zu diesem Zeitpunkt vorliegenden vorläufigen Berichts der französischen Behörde (ANSM) erfahren, die die Inspektion durchgeführt hatte. Im CMDh wurde bereits diskutiert, dass die gefundenen Ergebnisse im Rahmen eines sogenannten Artikel-31-Referrals (ein Schiedsverfahren über Arzneimittelzulassungen in der EU bei Sicherheitsbedenken nach Artikel 31 der Richtlinie 2001/83/EG) überprüft und entsprechende Konsequenzen bzgl. bestehender Zulassungen getroffen werden müssten. Auf Basis des finalen Inspektionsbericht der ANSM vom 21. Juli 2014 hat die Kommission nach hiesiger Kenntnis am 1. August 2014 den Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA mit der Anwendung des Artikel-31-Verfahrens befasst. Das Artikel-31- Verfahren wurde von der EMA nach hiesiger Kenntnis am 25. September 2014 eröffnet. Die betroffenen Zulassungsinhaber wurden auf EU-Ebene um ergänzende Informationen gebeten. Es folgte die von der EMA geführte Aktion zur Identifizierung (potenziell) betroffener Arzneimittelzulassungen durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten sowie eine mündliche Anhörung im CHMP der EMA am 22. Oktober 2014. Die Daten werden in den verschiedenen Mitgliedsländern derzeit ausgewertet . Das BfArM hatte im Rahmen eines Anhörungsverfahrens ab dem 10. November 2014 176 Zulassungen von insgesamt 28 pharmazeutischen Unternehmen überprüft . Danach hatte das BfArM mit Bescheiden vom 8. Dezember 2014 bei zunächst 80 Arzneimitteln das Ruhen der Zulassung angeordnet, bei denen die Bioäquivalenzstudien von ca. Mitte 2008 bis heute durch das fragliche indische Unternehmen am Standort Hyderabad durchgeführt worden sind. Derzeit (Stand: 12. Januar 2015) ruhen noch die Zulassungen von 53 Arzneimitteln . In den übrigen Fällen wurde das Ruhen der Zulassungen inzwischen vom BfArM aufgehoben, etwa, weil von den Unternehmen neuere Unterlagen vorgelegt worden waren. Bei bestehendem Mitvertrieb der Arzneimittel durch andere Unternehmen werden diese Präparate entsprechend behandelt: Ruhen deren Zulassungen, dürfen auch mitvertriebene Präparate nicht in Verkehr gebracht werden, da es sich um dieselbe Zulassung handelt. Das BfArM veröffentlicht die von der Ruhensanordnung betroffenen Arzneimittel jeweils tagesaktuell auf seiner Homepage. Drucksache 18/3795 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Welche Hersteller a) sind aktuell vom Ruhen der Zulassungen betroffen, b) hatten Studien der Firma GVK Biosciences zur nationalen Zulassung vorgelegt? Zu Buchstabe a Von der Ruhensanordnung waren zunächst 16 und sind gegenwärtig noch elf pharmazeutische Unternehmen betroffen, für die von der indischen Firma GVK Biosciences Bioäquivalenzstudien durchgeführt wurden. Es sind dies die Unternehmen Hormosan, Alfred E. Tiefenbacher, Stadapharm, Micro Labs, Fair-Med, Unichem, Welding, betapharm, Mylan dura, Panacea und Basics, die allesamt tagesaktuell auch der auf der Homepage des BfArM veröffentlichten Liste entnommen werden können. Durch die Möglichkeit des Mitvertriebs von Arzneimitteln durch andere Unternehmen kann die Zahl der Unternehmen, die diese Arzneimittel in Verkehr bringen, jedoch höher sein. Es sind aber auch derartig mitvertriebene Arzneimittel von der Ruhensanordnung betroffen, da es sich um dieselbe Zulassung handelt. Zu Buchstabe b In das europäische Referral-Verfahren nach Artikel 31 sind für den Zeitraum 2004 bis 2014 39 Zulassungsinhaber mit Zulassungen in Deutschland einbezogen worden. Diese Zahl kann sich nach der endgültigen Auswertung der Daten noch ändern. 4. Für wie viele der Arzneimittel, für die die Zulassung aktuell ruht, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Rabattverträge abgeschlossen? Die Krankenkassen oder ihre Verbände können mit pharmazeutischen Unternehmern gemäß § 130a Absatz 8 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) Rabatte für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel vereinbaren. Eine erste Abfrage bei den Verbänden der Krankenkassenarten auf Bundesebene ergab , dass Rabattverträge für sehr wenige Einzelprodukte einzelner Krankenkassen vom aktuellen Ruhen der Zulassung betroffen sind. EMA – EU-weite Zulassungen 5. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele der rund 1 250 Arzneimittel, die von der EMA im Zusammenhang mit den Fälschungsvorwürfen gegen die Firma GVK Biosciences zu überprüfen sind, Generika sind und wie viele Originalpräparate? Falls ja, a) Wie viele sind Generika und wie viele Originalpräparate? b) Welche Arzneimittelgruppen sind bei den Originalpräparaten vertreten? c) Welche Hersteller sind bei den Originalpräparaten betroffen? Es sind ausschließlich generische Präparate, deren Zulassung auf dem Nachweis der Bioäquivalenz beruht, von dem Verfahren betroffen. Das Verfahren ist beschränkt auf die am Standort Hyderabad durchgeführten klinischen Studienteile von Bioäquivalenzstudien. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3795 6. Geht die Bundesregierung davon aus, dass es aufgrund der Überprüfung der EMA zu Versorgungsengpässen mit einzelnen Wirkstoffen kommen könnte? Falls ja, für welche Wirkstoffe existieren Verordnungsalternativen, und für welche nicht? Es ist nicht davon auszugehen, dass es in Deutschland zu Versorgungsengpässen kommt, da für alle betroffenen Produkte wirkstoffgleiche (einschließlich der Originalpräparate) oder therapeutische Alternativen vorhanden sind. Kontrollen bzw. Inspektionen national und international 7. a) Wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BfArM sind für (nationale und internationale) Kontrollen von CRO und (Wirkstoff- bzw. Arzneimittel -)Produktionsstätten zuständig? b) Wo sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BfArM organisatorisch angesiedelt, und hat es hier in den letzten Jahren Veränderungen gegeben? Falls ja, welche, und wie sind diese zu begründen? c) Waren die für diese Kontrollen zuständigen Planstellen in den letzten Jahren besetzt, oder gab es hier Vakanzen? Falls ja, in welchem Umfang, und warum? Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf GCP-Inspektionen, die vom BfArM im Rahmen von Zulassungsanträgen durchgeführt wurden. Falls nicht anders angegeben, beruhen die Angaben auf den GCP-Inspektionen von Bioäquivalenzstudien im Rahmen von Generika-Zulassungsanträgen. Weiterhin ist anzumerken, dass Inspektionen von Produktionsstätten (GMP-Inspektionen) nicht in der Zuständigkeit des BfArM, sondern in der Zuständigkeit der Landesbehörden liegen. Zu Buchstabe a Das BfArM verfügt derzeit über insgesamt drei GCP-Inspektoren. Sie werden bei ihrer Arbeit jeweils anlassbezogen durch weitere Experten des BfArM, häufig aus dem Zulassungsbereich, unterstützt. Zu Buchstabe b Die GCP-Inspektoren sind organisatorisch im Sachgebiet „GCP-Inspektionen“ des Fachgebiets „Klinische Prüfungen/GCP“ in der Abteilung 6 (Wissenschaftlicher Service) angesiedelt. Zwar sind in diesem Sachgebiet aufgrund geforderter Stelleneinsparungen in den letzten drei Jahren sowohl eine unbefristete Stelle, als auch eine auf zwei Jahre befristete Stelle weggefallen, aber das BfArM hat unabhängig von aktuellen Fällen zusätzliches Personal für GCP-Inspektoren vorgesehen. Zu Buchstabe c Es gab bzw. gibt im Sachgebiet GCP-Inspektionen keine unbesetzten Planstellen . 8. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung die personelle Ausstattung anderer europäischer Zulassungsbehörden und der EMA für Kontrollen von CRO und Produktionsstätten aus? Hierüber liegen der Bundesregierung keine vollständigen Kenntnisse vor. Ein Vergleich der personellen Ausstattungen wäre aber nicht ohne Weiteres aussage- Drucksache 18/3795 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode kräftig. Aufgrund der in Deutschland geregelten Kompetenzverteilung wird ein großer Teil der GCP-Inspektionen durch die Landesbehörden und nicht durch das BfArM als Zulassungsbehörde durchgeführt. 9. Wie kooperiert das BfArM mit anderen europäischen Arzneimittelzulassungsbehörden und der EMA bei Kontrollen von CRO sowie Produktionsstätten ? GCP-Inspektionen erfolgen entsprechend der diesbezüglichen europäischen Leitlinie grundsätzlich und regelmäßig als Team-Inspektion unter Beteiligung von in der Regel einem GCP-Inspektor des BfArM zusammen mit einem GCPInspektor einer zweiten, am Verfahren beteiligten, europäischen Zulassungsbehörde (siehe http//ec.europa.eu/health/files/eudralex/vol-10/2009_05_07- guidance-coordination_en.pdf). 10. Wie viele internationale Kontrollen von a) CRO, b) Produktionsstätten führte das BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 durch (bitte nach Jahren und Ländern aufschlüsseln)? Zu Buchstabe a Im Rahmen seiner gesetzlich geregelten Zuständigkeiten führt das BfArM sowohl GCP-Inspektionen von klinischen Prüfungen der Phasen I bis IV als auch von klinischen Prüfungen der Bioäquivalenz (BÄ) und Bioverfügbarkeit (BV) durch. Die Inspektionen erfolgen vorwiegend im Rahmen von Arzneimittelzulassungsverfahren , in wenigen Fällen auch im Rahmen der Amtshilfe oder im Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen. Sie umfassen gemäß § 3 Absatz 5 der GCP-Verordnung „die Überprüfung von Räumlichkeiten, Ausrüstungen , Unterlagen, Aufzeichnungen, Qualitätssicherungssystemen und sonstigen nach Beurteilung der Behörde relevanten Ressourcen, die sich in der Prüfstelle, den Einrichtungen des Sponsors oder des Auftragsinstitutes (CRO), den Laboratorien , den Herstellungsstätten von Prüfpräparaten oder in sonstigen Einrichtungen befinden“. Nachfolgend die Auflistung der vom BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 insgesamt durchgeführten GCP-Inspektionen aufgegliedert nach Jahren: Jahr National International Gesamt 2010 18 12 20 2011 10 13 23 2012 17 13 20 2013 17 14 11 2014 16 11 17 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3795 Nachfolgend die Auflistung der vom BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 international durchgeführten GCP-Inspektionen bei CROs nach Ländern: Zu Buchstabe b Die Inspektion von Produktionsstätten liegt nicht im Zuständigkeitsbereich des BfArM. 11. Sind der Bundesregierung entsprechende Daten der Frage 10 für andere europäische Zulassungsbehörden bzw. die EMA bekannt? Falls ja, wie lauten diese? Eine Aufstellung der im fraglichen Zeitraum von 2010 bis 2014 durchgeführten GCP-Inspektionen anderer Mitgliedstaaten liegt dem BfArM nicht vor. Die EMA führt darüber hinaus selbst keine GCP-Inspektionen durch. Die EMA hat auf ihrer Homepage eine Zusammenstellung der Inspektionsdaten der Mitgliedstaaten veröffentlicht. Die Auswertung bezieht sich jedoch hauptsächlich auf GCP-Inspektionen im Rahmen von zentralen Zulassungsverfahren. Da nur wenige Zulassungsanträge für Generika über die EMA erfolgen, enthält dieses Dokument nur wenige Daten zu GCP-Inspektionen von Bioäquivalenzstudien (vgl. Veröffentlichung der EMA auf ihrer Homepage unter: www.ema.europa.eu/ docs/en_GB/document_library/Other/2014/12/WC500178525.pdf). 12. Welche Kooperation besteht zwischen der EMA und der FDA bei Kontrollen , die bei CRO sowie Produktionsstätten durchgeführt werden? Im Rahmen der „EMA-EU Member States-FDA Initiative on Inspections for Generic Applications“ findet ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen Jahr Land Anzahl inspizierter Zulassungsverfahren 2010 – – Summe 0 2011 Indien 3 Slowakei 2 Rumänien 4 Moldawien 2 Summe 11 2012 Indien 2 USA 1 Summe 3 2013 Indien 2 Summe 2 2014 Rumänien 2 Indien 3 Summe 5 der EMA und der FDA über geplante und durchgeführte GCP-Inspektionen und Drucksache 18/3795 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode deren Ergebnisse statt (siehe hierzu auch www.ema.europa.eu/docs/en_GB/ document_library/Other/2013/12/WC500158548.pdf). Neben dem Informationsaustausch wird die gegenseitige Teilnahme an GCPInspektionen als Beobachter und gemeinsame GCP-Inspektionen von EU-Mitgliedstaaten und der FDA angestrebt. 13. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Zahl der international durchgeführten Kontrollen von CRO und Produktionsstätten ausreicht? Falls ja, wie begründet sie dies? Falls nein, was plant sie dagegen zu unternehmen? CROs übernehmen eine große Vielfalt unterschiedlicher Sponsor-Aufgaben im Rahmen der klinischen Prüfung von Arzneimitteln. Diese unterscheiden sich insbesondere bei der Durchführung klinischer Prüfungen neuer Arzneistoffe (Klinische Prüfung Phase 1 bis 3) und der klinischen Prüfung generischer Arzneimittel (Bioverfügbarkeitsstudien/Bioäquivalenzstudien). Neuartige Arzneimittel werden im Wesentlichen in zentralen, durch die EMA koordinierten Verfahren zugelassen, während Generika bisher im Wesentlichen in nationalen und dezentralen Verfahren zugelassen werden. Die Anzahl der durch die GCP-Inspektorate der EU-Mitgliedstaaten durchgeführten GCP-Inspektionen von CROs variiert stark zwischen den Mitgliedstaaten. Das BfArM hat bereits unabhängig vom aktuellen Fall zusätzliches Personal für GCP-Inspektionen vorgesehen, um die Anzahl der Inspektionen erhöhen zu können. 14. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchem Umfang Pharmahersteller eigene Kontrollmechanismen bei von ihnen beauftragten CRO und Produktionsstätten aufgebaut haben? Falls ja, a) sollte eine Kontrolle dieser firmeninternen Kontrollmechanismen erfolgen oder b) welche Kooperationen erscheinen der Bundesregierung sinnvoll? Zu Buchstabe a Gemäß Abschnitt 5 der internationalen ICH-GCP-Leitlinie (CPMP/ICH/135/95: „Note for Guidance on Good Clinical Practice“) sind die Sponsoren klinischer Prüfungen grundsätzlich dazu verpflichtet, Qualitätssicherungs- und -kontrollsysteme zu implementieren, mit denen sichergestellt wird, dass klinische Prüfungen in Übereinstimmung mit dem Prüfplan, ICH GCP und sonstigen Regularien durchgeführt, dokumentiert und berichtet werden. Das Gleiche gilt für von Sponsoren beauftragte CROs (CPMP/ICH/135/95 Kapitel 5.2.1 u. 5.2.4). Siehe hierzu auch die Vorbemerkung der Bundesregierung zur Rolle und Verantwortung des Sponsors. Gemäß der EU-Richtlinie 2003/94/EG (Richtlinie zur Festlegung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis für Humanarzneimittel und für zur Anwendung beim Menschen bestimmte Prüfpräparate) müssen die Hersteller ein wirksames pharmazeutisches Qualitätssicherungssystem einführen und unterhalten. Selbstinspektionen sind ein Teil des Qualitätssicherungssystems . Diese sollen regelmäßig erfolgen, um die Anwendung und Beachtung der Regeln der guten Herstellungspraxis zu überwachen. Darüber hinaus sind weitere Einzelheiten dazu im EU-GMP-Leitfaden geregelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/3795 Zu Buchstabe b Die behördliche Kontrolle und Überwachung sollten neben dem Instrument der Selbstkontrolle auf Seiten der Hersteller als flankierendes Instrument in der behördlichen Verantwortung verbleiben. Eine Kooperation der Hersteller ist sinnvoll und auch geboten (siehe die Duldungs- und Mitwirkungspflicht nach § 66 des Arzneimittelgesetzes); dabei müssen die jeweiligen Verantwortlichkeiten aber gewahrt bleiben. 15. Wie viele nationale Kontrollen bzw. Inspektionen von a) CRO, b) klinischen Prüfzentren, c) Produktionsstätten führte das BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 durch (bitte nach Jahren und kontrollierten Institutionen aufschlüsseln)? Zu Buchstabe a Nachfolgend die Auflistung der vom BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 national durchgeführten GCP-Inspektionen bei CROs: Zu Buchstabe b Nachfolgend die Auflistung der vom BfArM in den Jahren 2010 bis 2014 national durchgeführten GCP-Inspektionen bei Klinischen Prüfzentren (Klinische Prüfungen Phase I bis IV): * nicht erfasst sind Inspektionen des klinischen Teils von BE/BA Studien, da in der Antwort zu Buchstabe a bereits erfasst. Zu Buchstabe c Die Inspektion von Produktionsstätten liegt nicht im Zuständigkeitsbereich des BfArM. Jahr Anzahl CROs 2010 4 2011 5 2012 0 2013 3 2014 2 Jahr Klinische Prüfzentren National* 2010 2 2011 2 2012 5 2013 2 2014 2 Drucksache 18/3795 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Wie viele der in der Frage 15 aufgeführten Inspektionen fanden a) vor der Durchführung von klinischen Studien (Geeignetheit der Prüfstelle ), b) während der Durchführung von klinischen Studien, c) aufgrund von Verdachtsmomenten, d) aufgrund der Prüfung von Zulassungsunterlagen statt? Zu Buchstabe a Das BfArM hat im Zeitraum von 2010 bis 2014 keine GCP-Inspektionen vor Beginn der Durchführung klinischer Prüfungen durchgeführt. Zu Buchstabe b Die Überwachung laufender klinischer Prüfungen in Deutschland erfolgt gemäß § 64 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) durch die zuständigen Landesbehörden . Zu den Buchstaben c und d Nachfolgende Tabelle zeigt die Anzahl nationaler GCP-Inspektionen bei CROs (vgl. Tabelle zu Frage 15a), getrennt nach im Rahmen der Überprüfung der Zulassungsunterlagen ausgelöste („getriggert“) und Routine-Inspektionen: Nachfolgende Tabelle zeigt die Anzahl nationaler GCP-Inspektionen bei Klinischen Prüfzentren (Klinische Prüfungen Phase I bis IV, ohne Inspektionen des klinischen Teils von BÄ/BV-Studien, siehe Tabelle in der Antwort zu Frage 15b), welche während der Überprüfung der Zulassungsunterlagen ausgelöst („getriggert “) wurden, bzw. welche als Routine-GCP-Inspektionen durchgeführt wurden : Jahr Anzahl Routine-Inspektionen Anzahl Getriggerte Inspektionen 2010 0 4 2011 2 3 2012 0 0 2013 2 1 2014 0 2 Jahr Anzahl Routine Inspektionen Anzahl Getriggerte Inspektionen 2010 1 1 2011 1 1 2012 0 5 2013 0 2 2014 2 0 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/3795 17. Wie viele der in der Frage 15 aufgeführten Inspektionen wurden a) vom BfArM selbst, b) von anderen europäischen Zulassungsbehörden, c) von der EMA initiiert (bitte nach Jahren und kontrollierten Institutionen aufschlüsseln)? Nachfolgende Tabelle listet auf, welche nationalen GCP-Inspektionen bei CROs (siehe Tabelle in der Antwort zu Frage 15a) von jeweils welcher Behörde initiiert wurde: Nachfolgende Tabelle listet auf, welche nationalen GCP-Inspektionen bei Klinischen Prüfzentren (siehe Tabelle in der Antwort zu Frage 15b, Klinische Prüfungen Phase I bis IV, ohne Inspektionen des klinischen Teils von BÄ/BV-Studien) von welcher Behörde initiiert wurde: Nationale Inspektionen im Rahmen der Arzneimittelüberwachung von Produktionsstätten , klinischen Prüfzentren und CROs werden im Rahmen laufender klinischer Prüfungen durch die nationalen Überwachungsbehörden, in Deutschland durch die Überwachungsbehörden der Bundesländer, durchgeführt. Die Überwachungsbehörden der Länder sind auf den Webseiten der ZLG (www. zlg.de/arzneimittel/deutschland/laenderbehoerden.html) gelistet. 18. Ist der Bundesregierung bekannt, welche Bundesländer Kontrollen bzw. Inspektionen der in der Frage 15 aufgeführten Institutionen durchgeführt haben? Falls ja, welche Bundesländer in welchem Umfang? Inspektionen von Produktionsbetrieben werden durch die Arzneimittelüberwachungsbehörden der Mitgliedstaaten wahrgenommen. Für Deutschland sind dies die Überwachungsbehörden der Bundesländer. Der Umfang der Inspektions- Jahr BfArM Andere Zulassungs- behörden EMA 2010 2 0 2 2011 3 2 0 2012 0 0 0 2013 0 0 3 2014 1 0 1 Jahr BfArM andere Zulassungs- behörden EMA 2010 0 0 2 2011 0 0 2 2012 2 0 3 2013 1 0 1 2014 0 0 2 tätigkeit der Landesbehörden ist in den im Internet verfügbaren Jahresberich- Drucksache 18/3795 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ten der ZLG dargestellt (www.zlg.de/arzneimittel/deutschland/jahresberichtestatusbericht .html). 19. a) Welche Straftatbestände greifen in Deutschland, wenn bei Inspektionen in Deutschland Fälschungen aufgedeckt werden? b) Welche Verjährungsfristen gelten hierbei, und welche Konsequenzen haben diese? c) Sieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang Handlungsbedarf ? Falls ja, wann will sie dem Deutschen Bundestag Änderungen vorschlagen ? Falls nein, warum nicht? Zu Buchstabe a Im Hinblick auf das Anfertigen falscher Unterlagen oder die Verfälschung echter Unterlagen kommen je nach Begehungsform und Ausführungsstadium Betrugsdelikte (§§ 263 f. des Strafgesetzbuchs – StGB) und Urkundsdelikte (§§ 267 ff. StGB) in Betracht. Werden für die Beantragung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung Unterlagen aus einer vorangegangenen klinischen Prüfung mit nicht richtigem Inhalt vorgelegt, kommt bei vorsätzlicher Begehung eine Strafbarkeit nach § 96 Nummer 6 AMG in Betracht. Daneben können Straftaten gegen das Leben und die körperliche Unversehrtheit (§§ 211 ff., 223 ff. StGB) einschlägig sein, wenn mittels einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Einreichung unrichtiger oder gefälschter Unterlagen bei der zuständigen Behörde eine arzneimittelrechtliche Zulassung erwirkt und infolge des hierdurch erlaubten Handels ein Mensch durch die Anwendung oder Einnahme des Arzneimittels getötet oder verletzt wird. Zu Buchstabe b Die Verjährungsfrist richtet sich gemäß § 78 StGB grundsätzlich nach der Höhe der Strafdrohung des jeweils einschlägigen Straftatbestandes. Folge der Verjährung ist, dass die Tat strafrechtlich nicht mehr verfolgt werden kann. Zu Buchstabe c Die Bundesregierung sieht grundsätzlich keine Strafbarkeitslücken und deshalb derzeit auch keinen diesbezüglichen gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Konsequenzen 20. Welche zusätzlichen Maßnahmen planen BfArM, andere europäische Zulassungsbehörden bzw. die EMA, um zukünftig solche Skandale um gefälschte Studien frühzeitig zu entdecken bzw. zu verhindern? Reichen die finanziellen und personellen Ausstattungen dafür aus? Falls nein, was plant die Bundesregierung dagegen zu tun? Geplante Maßnahmen anderer europäischer Zulassungsbehörden sind derzeit nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass eine entsprechende Diskussion im Zusammenhang mit den Erkenntnissen des CHMP aus den derzeit überprüften rund 1 250 Arzneimittelzulassungen geführt werden wird. Nach Einschätzung des BfArM kommt insbesondere eine Erhöhung der Frequenz von GCP-Inspektionen in Betracht, um die Zahl der Verstöße zu reduzieren. Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/3795 21. Welche Rolle sollten nach Auffassung der Bundesregierung bei der Überprüfung von CRO auch ethische Fragestellungen und die Einhaltung der Deklaration von Helsinki spielen, die nach Berichten z. B. der BUKOPharmakampagne (BUKO – Bundeskoordination Internationalismus) (www.bukopharma.de/uploads/file/Pharma-Brief/Einzelseiten/ Phbf2013_08_09_S1-3_Studien_EL.pdf) in Schwellen- und Entwicklungsländern oft nicht eingehalten werden? Die Überprüfung der Einhaltung der Deklaration von Helsinki ist Bestandteil von GCP-Inspektionen. Festgestellte Abweichungen von den dort festgelegten ethischen Standards werden in den Inspektionsberichten dokumentiert. 22. a) Welche rechtlichen Änderungen sind aus Sicht der Bundesregierung EU-weit sinnvoll bzw. notwendig, um solche Skandale zukünftig zu verhindern? b) Unterstützt die Bundesregierung den Vorschlag, solche Überprüfungen auch unangemeldet durchzuführen? c) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine tatsächlich lückenlose Registrierung klinischer Studien nicht nur hilfreich wäre, um dem Verschweigen unliebsamer Studienergebnisse einen Riegel vorzuschieben, sondern auch Transparenz über die internationale Studienlandschaft und deren Erbringer schaffen würde? Zu Buchstabe a Aus Sicht der der Bundregierung sind EU-weit keine rechtlichen Änderungen notwendig. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Zu Buchstabe b Aufgrund der vorliegenden rechtlichen Regelungen sind unangemeldete Inspektionen zur Überprüfungen der guten klinischen Praxis möglich, jedoch stellen behördliche Inspektionen nur ein flankierendes ordnungsrechtliches Instrument dar. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Zu Buchstabe c Eine lückenlose Registrierung aller klinischen Prüfungen wurde bereits im Jahr 2004 mit der Umsetzung der Richtlinie 2001/20/EG eingeführt. Eine entsprechende Regelung ist auch in die im letzten Jahr verabschiedete Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfung mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG aufgenommen worden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333