Deutscher Bundestag Drucksache 18/3814 18. Wahlperiode 22.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Herbert Behrens, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3643 – Scanning von Kfz-Kennzeichen (Nachfrage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/3581) Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nachdem die Bundesregierung ohne Angaben von Gründen die Frist zur Beantwortung der Kleinen Anfrage „Scanning von Kfz-Kennzeichen“ (Bundestagsdrucksache 18/3581) eine Woche überzogen hatte und am 15. Dezember 2014 einen Teil der Fragen mit der Begründung, dass diese „erst beantwortet werden [können], wenn der Gesetzentwurf vom Bundeskabinett beschlossen wurde“, unbeantwortet ließ, beschloss das Bundeskabinett zwei Tage später eben jenen Gesetzentwurf für eine Pkw-Maut (Entwurf des Infrastrukturabgabengesetzes – InfrAG-E). Dieser sieht ab dem Jahr 2016 eine elektronische Erfassung sowie einen automatisierten Abgleich der Kfz-Kennzeichen auf den deutschen Autobahnen vor. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur von Alexander Dobrindt (CSU) hatte vorher seinen ersten Gesetzentwurf , der unter anderem eine dreizehnmonatige Vorratsdatenspeicherung der an den Mautstellen erfassten Daten vorsah, um eventuelle Erstattungsansprüche überprüfen zu können, auf massive Kritik von Datenschützerinnen und Datenschützern hin überarbeitet. Der überarbeitete Gesetzentwurf sah, entgegen der öffentlichen Beteuerungen des Bundesverkehrsministers, vor, dass der private Betreiber laut § 12 Absatz 1 InfrAG-E die persönlichen Daten der „Maut-Kunden“ dann löschen muss, wenn er auch die Bewegungsprofile löscht, also nach maximal 13 Monaten. Der nun vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass Fotos und Daten gelöscht werden, sobald festgestellt wurde, dass die Maut bezahlt ist. Beim Kraftfahrt-Bundesamt dagegen sollen sie jedoch weiterhin sogar erst nach drei vollen Jahren zum Jahresende, bestimmte Daten wie die Fahrzeugnummer darüber hinaus erst nach sechs Jahren , gelöscht werden (§ 12 Absatz 2 InfrAG-E). Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 21. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/3814 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie erfolgt der nach § 10 Absatz 4 Satz 2 InfrAG-E geregelte automatische Abgleich des erfassten Kennzeichens mit den Daten aus dem „Infrastrukturabgaberegister “ genau? § 10 Absatz 4 Satz 2 InfrAG-E schafft die Möglichkeit des Abrufs der Daten aus dem Infrastrukturabgaberegister durch das Bundesamt für Güterverkehr sowie den an der Überwachung der Einhaltung der Abgabepflicht mitwirkenden privaten Dritten. Der Datenabruf soll in einem automatisierten Verfahren erfolgen. 2. An welcher Stelle im Gesetzentwurf zur Einführung einer Pkw-Maut wird definitiv ausgeschlossen, dass die mittels des Mautsystems erfassten und verarbeiteten Daten nicht an andere Behörden weitergegeben werden? 3. Inwieweit beinhaltet der Gesetzentwurf „die strengste Datenschutzvorschrift , die wir kennen“ (www.sueddeutsche.de vom 2. November 2014 „Dobrindt schließt Weitergabe von Maut-Daten für Fahndung aus“)? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . § 5 Absatz 5 und § 10 Absatz 3 Satz 3 InfrAG-E schließen jedwede Übermittlung , Nutzung oder Beschlagnahme der erhobenen Daten nach anderen Rechtsvorschriften aus. 4. Wieso wird auf eine Speicherung der Bewegungsdaten und Fotos im Gesetzentwurf nicht gänzlich verzichtet? 5. Wozu wird das zur „Erhebung, Speicherung und Verarbeitung“ nach § 10 Absatz 2 Nummer 1 InfrAG-E bezeichnete „Bild des Kraftfahrzeugs“ konkret benötigt, und wie wird diese Verarbeitung personenbezogener und sensibler Daten im Sinne der Verhältnismäßigkeit begründet (bitte auch Modellsituationen darstellen)? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Das Bild des Kraftfahrzeugs sowie Ort und Zeit der Benutzung sind für die gerichtsfeste Feststellung abgabenpflichtiger Benutzungen im Rahmen von Ordnungswidrigkeiten - und Nacherhebungsverfahren erforderlich. Bewegungsdaten werden nicht erhoben. 6. Wieso wird nicht nur mit Hash-Werten der Nummernschilder gearbeitet, statt automatisch alle Klardaten abzufragen? Die konkrete technische Ausgestaltung wird im weiteren Verlauf auszuarbeiten sein. Die Anforderungen der Datensicherheit und des Datenschutzes werden dabei berücksichtigt. 7. Trifft es zu, dass man künftig ohne Maut-Einzugsermächtigung kein Auto anmelden kann, und wenn ja, warum sollen dann die Nummernschilder von in der Bundesrepublik Deutschland angemeldeten Fahrzeugen zentral geprüft werden? Ja. Die Kontrolle wird am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3814 8. Wie soll das Problem der Erfassung von Nummernschildern nichtmautpflichtiger Fahrzeuge (z. B. E-Mobile oder Kfz von behinderten Personen) gelöst werden, und um wie viele Fahrzeuge bzw. betroffene Personen handelt es sich dabei? Kontrolldaten sind nach § 12 Absatz 4 InfrAG-E unmittelbar nach dem Kontrollvorgang zu löschen, wenn das Fahrzeug nicht der Abgabenpflicht unterliegt. Zu diesem Zweck werden Ausnahmetatbestände für in der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Kraftfahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt nach § 2 Absatz 2 InfrAG-E von Amts wegen im Infrastrukturabgaberegister eingetragen . Halter von im Ausland zugelassenen Kraftfahrzeugen können beim Kraftfahrt -Bundesamt beantragen, dass das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes festgestellt und in das Infrastrukturabgaberegister eingetragen wird. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Fehlerquote der eingesetzten Lesesysteme von 7 Prozent (Bundestagsdrucksache 18/3581) im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des verfolgten Zwecks in puncto Geeignetheit? Die Fahrzeugerfassungsrate der Lesesysteme von 93 Prozent bedeutet nicht, dass 7 Prozent der erfassten Kennzeichen fehlerhaft erfasst werden. 10. Haben die Mautdaten für die Bundesregierung eine persönlichkeitsrechtliche Relevanz, und wenn ja, betrachtet sie die Maut-Daten als mit den Telekommunikations-Vorratsdaten vergleichbar (bitte begründen)? Nach dem Regierungsentwurf zum Infrastrukturabgabengesetz werden unterschiedliche personenbezogene oder personenbeziehbare Daten erhoben. „Mautdaten “ nach dem vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf sind mit Telekommunikations -Verkehrsdaten nicht vergleichbar. 11. Wie sind nach Ansicht der Bundesregierung bei einer Speicherung der Bewegungsprofile bei einem privaten Betreiber anspruchsvolle und normenklare Regelungen hinsichtlich der Datensicherheit gewährleistet? Bewegungsprofile werden nicht erstellt. 12. Welche Vorgaben gibt es in Sachen Datenschutz, IT-Systemschutz und anzuwendende Datenverarbeitungs- und Datenübertragungsverfahren bei Ausführung der Kontrolle „durch einen privaten Dritten“, wie in § 10 InfrAG-E beschrieben? Die Ausführung der Kontrolle durch einen privaten Dritten wird ausgeschrieben werden. 13. Warum fehlt im Gesetzentwurf eine Regelung, die den privaten Betreiber verpflichtet, die nicht automatisch erkannten Kennzeichen unverzüglich manuell auszuwerten und damit nicht z. B. ein Jahr zu warten? In den Absätzen 3 und 4 des § 12 InfrAG-E ist geregelt, dass Bilder und Daten, die im Rahmen der Kontrolle erhoben oder gespeichert wurden, unverzüglich zu löschen sind, sobald feststeht, dass die Infrastrukturabgabe entrichtet worden ist oder dass das Fahrzeug nicht der Abgabepflicht unterliegt. Absatz 5 regelt, dass in den Fällen, in denen die Infrastrukturabgabe nicht entrichtet worden ist, die entsprechenden Daten vom Bundesamt für Güterverkehr unverzüglich nach der Übermittlung an das Kraftfahrt-Bundesamt zu löschen sind. Drucksache 18/3814 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Diese Regelungen beziehen sich sowohl auf automatische und manuelle Kontrollvorgänge und binden den an der Kontrolle mitwirkenden privaten Betreiber ebenso wie das Bundesamt für Güterverkehr. Die konkreten Leistungspflichten eines privaten Betreibers werden Gegenstand der Leistungsbeschreibung sein. 14. Warum ist es erforderlich, dass die kompletten Datensätze der Mautpreller drei Jahre lang gespeichert werden (§ 12 Absatz 6 InfrAG-E)? § 12 Absatz 6 InfrAG-E sieht vor, dass die erhobenen Daten nach Abschluss des Verfahrens zur nachträglichen Erhebung der Infrastrukturabgabe nach § 11 und des Ordnungswidrigkeitsverfahrens nach § 13 zu löschen sind. 15. Wie soll man – siehe Anlage 15 des Plenarprotokolls 18/75 – mit dem Abgleich des Kilometerstandes nachweisen können, dass man nicht auf Bundesfernstraßen gefahren ist? Einzelheiten zum Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Erstattung werden in einer Rechtsverordnung geregelt. 16. Wann soll die Verordnung nach § 9 Absatz 5 InfrAG-E, mit der die Frage der möglichen Erstattung der Infrastrukturabgabe für im Inland angemeldete Kfz geregelt werden soll, im Entwurf vorliegen (bitte begründen)? Der konkrete Zeitpunkt steht noch nicht fest. 17. Welche Datenerhebung wäre – siehe Anlage 15 des Plenarprotokolls 18/75 – für eine Beweislastumkehr, mit der der Bund bzw. der für die Erhebung der Infrastrukturabgabe zuständige private Dritte die Benutzung der Bundesfernstraßen nachweisen müsste, erforderlich (bitte begründen)? Für eine Beweislastumkehr müssten – anders als im Regierungsentwurf zum Infrastrukturabgabengesetz vorgesehen – auch Kontrolldaten zu den Fahrzeugen gespeichert werden, die die Infrastrukturabgabe ordnungsgemäß entrichtet haben . 18. Wird sich die Bundesregierung, angesichts des zunehmenden großflächigen Einsatzes ähnlicher Systeme durch Privatunternehmen, darum bemühen , einen Überblick und entsprechende Zahlen über die Art und den Umfang der Erfassung von Kennzeichen auch im nichtstaatlichen Bereich, beispielsweise in Parkhäusern, Parkplätzen oder auf Campingplätzen zu bekommen (bitte begründen)? Die Prüfung, ob die Erfassung von Kennzeichen im nichtstaatlichen Bereich – wie etwa in Parkhäusern, auf Parkplätzen oder Campingplätzen – im Einklang mit geltendem Datenschutzrecht erfolgt, ist Aufgabe der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder. Aufgrund ihrer Aufgabe können diese Behörden ggf. einen Überblick über die aktuellen Fallzahlen und deren Entwicklung haben . Eigene Erhebungen durch die Bundesregierung sind vor diesem Hintergrund nicht beabsichtigt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333