Deutscher Bundestag Drucksache 18/3819 18. Wahlperiode 26.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Eva Bulling-Schröter, Hubertus Zdebel, Caren Lay, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3660 – Braunkohlelieferungen in die Tschechische Republik Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG) hat bislang pro Jahr knapp 20 Millionen Tonnen (Mt/a) Braunkohle in den Tagebauen Profen und Vereinigtes Schleenhain zur Versorgung von Kraftwerksanlagen in Sachsen -Anhalt und in Sachsen abgebaut (www.mibrag.de). Inzwischen sind jedoch auch Schienenferntransporte für Braunkohle vom Umschlagplatz Profen nach Niedersachsen an das MIBRAG-Kraftwerk Buschhaus (bis zu 2,4 Mt/a) sowie in die Tschechische Republik aufgenommen worden („Braunkohle auf Reisen “, www.neues-deutschland.de vom 25. November 2014). Der ROMONTAUnternehmensverbund in Sachsen-Anhalt wird ebenfalls mit bis zu 0,5 Mt/a MIBRAG-Braunkohle beliefert (Sächsischer Landtag DS/40). Zu den insgesamt gelieferten Mengen gehören inzwischen ca. 9 Prozent der im Tagebau Vereinigtes Schleenhain geförderten Braunkohle, die zunächst per Lastkraftwagen über eine Entfernung von ca. 30 Kilometern (km) zum Kohleumschlagplatz Profen und an den ROMONTA-Standort Amsdorf (70 km) transportiert werden. Aufgrund aller zusätzlichen Braunkohlelieferungen sowie im Hinblick auf die geplante Errichtung eines Kraftwerks in Profen mit Braunkohlebedarf von bis zu 4 Mt/a könnten die Braunkohlevorkommen in den beiden MIBRAG-Tagebauen , die ursprünglich für Brennstofflieferungen bis 2035 bzw. 2040 vorgesehen waren, nunmehr zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt vollständig abgebaut worden sein. Alleinige Gesellschafterin der MIBRAG ist die tschechische EP Energy, a.s., eine hundertprozentige Tochter der tschechischen Energetický a Průmyslový Holding a.s. (EPH) für das Deutschlandgeschäft des Unternehmens (Wikipedia „EPH“). EPH gehört den tschechischen Unternehmern Daniel Kretinsky und Patrik Tkac sowie der Investmentgruppe J&T. Bei der Eigentumsübertragung der MIBRAG im Jahr 2009 auf das Vorgängerkonsortium aus der ČEZ-Tochter Severočeské doly und der J&T Group wurde auf Braunkohlereserven von Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. insgesamt 530 Millionen Tonnen sowie auf „signifikante Expansionsoptionen“ verwiesen (Erklärung von ČEZ vom 25. Februar 2009 unter www.cez.de „MIBRAG acquisition contract signed by Severočeské doly and J&T Group“). Die von der schwedischen Vattenfall AB beabsichtigte Veräußerung ihrer deutschen Braunkohlebetriebe macht überdies die Fortsetzung des bestehenden Drucksache 18/3819 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bergbaus im Lausitzer Revier sowie in dem für das Vattenfall-Kraftwerk Lippendorf betriebenen MIBRAG-Tagebau Vereinigtes Schleenhain wahrscheinlich . Denn eine Reduzierung der Braunkohleförderung würde sich negativ auf den Verkaufserlös auswirken. Gleichzeitig prüft die MIBRAG nach Presseinformationen ein Gebot für die Übernahme des gesamten Braunkohlegeschäfts von Vattenfall in der Lausitz. Das Unternehmen würde bei einem Kauf die Tagebaue und Kraftwerke in eigenständigen Gesellschaften fortführen , so die Mitteldeutsche Zeitung vom 25. November 2014 mit Berufung auf Unternehmenskreise in ihrer Online-Ausgabe www.mz-web.de unter der Überschrift „Tschechischer Unternehmer plant große Übernahme“. Der tschechische MIBRAG-Eigner EPH würde die Übernahme finanzieren, so der Artikel. Wie aus www.euracoal.org, aus der Erläuterung „Brown coal mining limits in North Bohemia“ bei Wikipedia sowie aus weiteren Quellen hervorgeht, dürfte nach dem Jahr 2022 die Nutzung von Braunkohle in der Tschechischen Republik nahezu vollständig auf Einfuhren angewiesen sein. Diese Aussicht beruht auf zwei wesentlichen Entwicklungen. 1. Nach dem Parlamentsbeschluss 444 der Tschechischen Republik aus dem Jahr 1991 ist der Abbau von Braunkohle im Hauptfördergebiet Nordböhmen nur innerhalb der bestehenden Tagebaugrenzen und damit auf das Jahr 2022 begrenzt. 2. Nach Änderung des tschechischen Berggesetzes im Jahr 2012 („Parliament removes expropriation clause from Mining Act“) sind keine unfreiwilligen bergbaulichen Grundabtretungen mehr zulässig (Wikipedia „Brown coal mining limits in North Bohemia“). Die Mehrheit der nordböhmischen Bevölkerung ist den jüngsten kommunalen Wahlergebnissen zufolge gegen die Auflösung der im Jahr 1991 beschlossenen Bergbaugrenzen (www.greenpeace.org bzw. www.nevolteuhli.cz vom 11. Oktober 2014: „Voliči v Horním Jiřetíně i Litvínově prolomení limitů odmítli“). Es besteht deshalb keine begründete Aussicht auf ein erfolgreiches Referendum zur Aufhebung dieser Festlegung („Support for breaching the mining limits “). Diese Vorhaben korrespondieren mit der Entscheidung des Unternehmens, das Atomkraftwerk Temelin nicht durch die früher geplanten Blöcke 3 und 4 bis zum Jahr 2026 zu erweitern, wie einer Erklärung des Konzerns vom 10. April 2014 unter der Überschrift „Today ČEZ decided to cancel procurement procedure for construction of Temelin nuclear power plant“ (www.cez.cz) zu entnehmen ist. Nach dem Jahr 2022 wird demnach die nordböhmische Braunkohle nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine anschließende Ersatzversorgung der darauf abgestimmten Kraftwerke mit Braunkohle aus Deutschland erscheint unter diesem Umstand naheliegend. Der derzeitige Transport von MIBRAG-Braunkohle in die Tschechische Republik könnte also in Zukunft von einem wesentlich höheren grenzüberschreitenden Lieferbedarf übertroffen werden, der die vorhandenen Förderkapazitäten in Mitteldeutschland bedeutend übersteigen würde und ggf. nur durch die zusätzliche Belieferung aus dem Lausitzer Revier zu decken wäre. Die Jahresförderung im tschechischen Braunkohlebergbau beträgt gegenwärtig zwischen 44 und 49 Mt/a (www.euracoal.org). In der Lausitz wurden 63,6 Mt Braunkohle im Jahr 2013 abgebaut (www.kohlenstatistik.de). Damit wurde die Förderung bei der MIBRAG von zuletzt 19,1 Mt (www.mibrag.de) um gut das Dreifache übertroffen. Bürgerinnen und Bürger in von Umsiedlung für neue Tagebaue betroffenen Regionen der Lausitz könnten sich also in Zukunft vor die Situation gestellt sehen, in der ihre Heimat noch bis in die Mitte des Jahrhunderts abgebaggert werden soll, auch um Kraftwerke in Tschechien zu beliefern, wo bereits seit dem Jahr 2012 unfreiwillige bergbauliche Grundabtretungen nicht mehr zulässig sind, und wo offensichtlich spätestens im Jahr 2022 der Betrieb von Tage- bauen eingestellt wird. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3819 1. Wie viel MIBRAG-Braunkohle ist nach Kenntnis der Bundesregierung bislang in die Tschechische Republik geliefert worden? Der Bundesregierung liegt ausschließlich die Gesamtzahl der ausgeführten Jahresmenge an Rohbraunkohle statistisch vor. Im Jahr 2013 wurden 179 000 t Rohbraunkohle aus Deutschland exportiert. Dies entspricht einem Anteil von 0,1 Prozent an der deutschen Jahresfördermenge. Daten über Herkunftsregion, Produktionsunternehmen, Zielkraftwerk oder Einfuhrland sind der Bundesregierung nicht bekannt. 2. Wie viel Braunkohle im MIBRAG-Tagebau Vereinigtes Schleenhain ist nach Kenntnis der Bundesregierung bislang aufgrund von Lieferungen an andere Bestimmungsorte einer Verbrennung durch das grubennahe Kraftwerk Lippendorf entzogen worden? Die im Tagebau Vereinigtes Schleenhain gewonnene Braunkohle wird von der MIBRAG mbH außer zur Verstromung an das grubennahe Kraftwerk Lippendorf an den ROMONTA-Unternehmensverbund zur stofflichen Nutzung und zur Wärmeerzeugung, aufgrund der nach dem Grubenunglück vom 6. Januar 2014 vorübergehenden Einstellung des Tagebaubetriebs in Amsdorf, sowie an die Südzucker AG Werke Zeitz und Brottewitz und die CropEnergies Bioethanol GmbH zur Wärmeerzeugung abgesetzt. Daten über Absatzzahlen liegen der Bundesregierung nicht vor. 3. Aus welchem Grund sind nach Kenntnis der Bundesregierung Braunkohletransporte aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain an den Kohleumschlagplatz Profen erfolgt? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 4. Welche Menge Braunkohle aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain ist nach Kenntnis der Bundesregierung bislang über den Kohleumschlagplatz Profen in die Tschechische Republik geliefert worden? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor, im Übrigen wird auf Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tschechischen Republik energiestrategische Koordinierungsgespräche begleitend zu den Braunkohlelieferungen aus Deutschland erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine energiestrategischen Koordinierungsgespräche zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tschechischen Republik erfolgt. 6. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tschechischen Republik energiestrategische Koordinierungsgespräche im Hinblick auf die voraussichtliche Beendigung des nordböhmischen Braunkohleabbaus im Jahr 2022 erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine energiestrategischen Koordinierungsgespräche zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tschechischen Republik erfolgt. Drucksache 18/3819 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Deutschland eingetragenen Unternehmen irgendwelche Unterredungen über die zukünftigen Absatzbedingungen für Brennstoffe, elektrischen Strom oder energietechnische Erzeugnisse (einschließlich erneuerbare Energie-Anlagen ) in der Tschechischen Republik erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt ? Es sind hierzu keine Unterredungen zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Deutschland eingetragenen Unternehmen erfolgt. 8. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und einzelnen in der Tschechischen Republik eingetragenen Unternehmen irgendwelche Unterredungen über die dortigen zukünftigen Absatzbedingungen für Braunkohle , elektrischen Strom oder energietechnische Erzeugnisse (einschließlich erneuerbare Energie-Anlagen) aus Deutschland erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine Unterredungen zwischen der Bundesregierung und einzelnen in der Tschechischen Republik eingetragenen Unternehmen erfolgt. 9. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und der Regierung Polens energiestrategische Koordinierungsgespräche im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der Vattenfall-Braunkohlebetriebe erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der VattenfallBraunkohlebetriebe keine energiestrategischen Koordinierungsgespräche zwischen der Bundesregierung und der Regierung Polens erfolgt. 10. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Deutschland eingetragenen Unternehmen irgendwelche Unterredungen über die zukünftigen Absatzbedingungen für Brennstoffe, elektrischen Strom oder energietechnische Erzeugnisse (einschließlich erneuerbare Energie-Anlagen ) in Polen im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der Vattenfall-Braunkohlebetriebe erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine Unterredungen zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Deutschland eingetragenen Unternehmen erfolgt. 11. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Polen eingetragenen Unternehmen irgendwelche Unterredungen über die dortigen zukünftigen Absatzbedingungen für Braunkohle, elektrischen Strom oder energietechnische Erzeugnisse aus Deutschland (einschließlich erneuerbare Energie-Anlagen) im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der Vattenfall-Braunkohlebetriebe erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine Unterredungen zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Polen eingetragenen Unternehmen erfolgt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3819 12. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und der Regierung Schwedens energiestrategische Koordinierungsgespräche im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der Vattenfall-Braunkohlebetriebe erfolgt , und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind keine energiestrategischen Koordinierungsgespräche zwischen der Bundesregierung und der Regierung Schwedens im Zusammenhang mit dem voraussichtlichen Verkauf der Vattenfall-Braunkohlebetriebe erfolgt. 13. Sind bislang zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Schweden eingetragenen Unternehmen irgendwelche Unterredungen über die möglichen zukünftigen Absatzbedingungen für deutsche Braunkohle in der Tschechischen Republik erfolgt, und wenn ja, mit welchem Inhalt? Es sind hierzu keine Unterredungen zwischen der Bundesregierung und einzelnen in Schweden eingetragenen Unternehmen erfolgt. 14. Bis zu welchem Jahr sollen nach Kenntnis der Bundesregierung in der Tschechischen Republik die Kraftwerke an den Standorten Prunéřov, Počerady, Ledvice, Trmice, Tušimice, Tisová, Chvaletice, Dětmarovice, Mělník, Hodonin, Poříčí, Opatovice, Most-Komořany und Vřesová jeweils weiterbetrieben werden? Der Bundesregierung liegen über den Betrieb der genannten Kraftwerke keine Kenntnisse vor. 15. Reicht nach Kenntnis der Bundesregierung der Braunkohlevorrat im MIBRAG-Tagebau Profen wie ursprünglich vorgesehen bis zum Jahr 2035 für das Kraftwerk Schkopau und für alle sonstigen bislang von dort belieferten Kraftwerke aus, seitdem auch zusätzliche Braunkohlelieferungen aus diesem Tagebau an weiter entfernte Abnehmer im In- und Ausland durchgeführt werden? Über das Ausreichen des Braunkohlevorrates im Tagebau Profen kann die Bundesregierung keine Aussage treffen, da dies auch maßgeblich von den Bedingungen und der Auslastung des Kraftwerksbetriebes abhängig ist. 16. Ist es mit § 13 des Bundesberggesetzes (BBergG) im Sinne „einer wirtschaftlichen Gewinnung im gesamten beantragten Feld“ vereinbar, die Braunkohle in einzelnen Tagebauen wie derzeit Vereinigtes Schleenhain und Profen zum neu hinzugekommenen Zwecke von Fernlieferungen abzubauen, wenn dadurch die Versorgung der grubennahen Kraftwerke (Lippendorf, Schkopau) entsprechend eingeschränkt und indes eventuell von der zukünftigen Entwicklung des überregionalen Brennstoffwettbewerbs abhängig gemacht wird? Ob Gründe für die Versagung der Verleihung von Bergwerkseigentum vorliegen , obliegt der Entscheidung der zuständigen Landesbehörde unter Berücksichtigung aller relevanter Tatsachen des Einzelfalls. Die Bundesregierung kann anhand hypothetischer Annahmen zu dieser Rechtsfrage keine Auskunft geben. Drucksache 18/3819 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Sind bergbauliche Grundabtretungen nach §§ 77 bis 79 BBergG auch dann mit der Beteiligung des Betreiberunternehmens am überregionalen Brennstoffwettbewerb vereinbar, wenn zugleich andere Brennstoffe und Ersatztechnologien marktgerecht und ohne Grundabtretungen zur Verfügung stehen? Eine Grundabtretung ist zulässig, wenn das Vorhaben zur Erreichung eines Gemeinwohlziels , hier die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, vernünftigerweise geboten ist. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung von der zuständigen Landesbehörde zu entscheiden. 18. Welche „signifikanten Expansionsoptionen“ bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung bei der MIBRAG für den Abbau von Braunkohle? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die MIBRAG mbH an einer Übernahme der Vattenfall Braunkohlesparte im Lausitzer Revier interessiert, womit sie ihre jährliche Fördermenge erheblich steigern könnte. 19. Wird nach Auffassung der Bundesregierung der bergbauliche Landschaftsverbrauch in Nordböhmen durch die Belieferung von Braunkohle aus Mitteldeutschland begrenzt, während in der Folge der Landschaftsverbrauch in Sachsen und in Sachsen-Anhalt, und später ggf. auch in Brandenburg, erhöht wird? Die Abbaugrenzen der Tagebaue werden in den jeweiligen Braunkohlenplänen festgelegt, für deren Genehmigung ausschließlich die entsprechenden Bundesländer zuständig sind. Die Bundesregierung kann hierzu keine Aussagen machen . 20. Sind bergbauliche Grundabtretungen nach §§ 77 bis 79 BBergG mit Lieferungen von Braunkohle in einen anderen EU-Staat vereinbar, obwohl diese nicht der heimischen Versorgungssicherheit dienen? Wie in der Antwort zu Frage 17 dargestellt, ist eine Gesamtabwägung aller entscheidungsrelevanter Belange durch die zuständige Landesbehörde erforderlich. Der Umstand, dass Braunkohle in andere EU-Staaten exportiert wird, ist dabei ebenfalls zu berücksichtigen, schließt eine Grundabtretung jedoch nicht aus. 21. Welche Abwägungen wären durch welche Instanzen durchzuführen, um ein überwiegendes öffentliches Interesse nach § 11 Nummer 10 BBergG an der Durchsetzung von bergbaulichen Eigentumsansprüchen für Braunkohlelieferungen in die Tschechische Republik sicherzustellen? Die Entscheidung über eine Erlaubnis nach den §§ 7, 11 BBergG wird von der nach Landesrecht zuständigen Bergbehörde getroffen. Welche Abwägungen durchzuführen sind, muss die zuständige Behörde im Einzelfall entscheiden. Es sind nach überwiegender Auffassung nur solche Aspekte zu berücksichtigen, aus denen bereits zum Zeitpunkt der Erlaubnisprüfung gefolgert werden kann, dass die Erlaubnis nie tatsächlich ausgeübt werden wird, weil aufgrund entgegenstehender öffentlicher Interessen keine Betriebsplanzulassung erteilt werden kann. Die Frage des Exports der Braunkohle dürfte in diesem Zusammenhang in der Regel eine untergeordnete Rolle spielen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3819 22. Hält die Bundesregierung Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik in einem großen Umfang für technisch möglich? Da die örtlichen und technischen Gegebenheiten nicht bekannt sind, kann die Bundesregierung hierzu keine Aussage treffen. 23. Hält die Bundesregierung Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik im großem Umfang für wirtschaftlich möglich? Aufgrund der geringen Energiedichte und daraus resultierenden hohen Transportkosten wird Rohbraunkohle hauptsächlich grubennah verstromt. Ob im großen Umfang Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik trotz hoher Transportkosten wirtschaftlich möglich wären, sind betriebswirtschaftliche Überlegungen, die vom Unternehmen anzustellen sind. Die Bundesregierung kann hierzu keine Aussagen treffen. 24. Hält die Bundesregierung den Verkehrsaufwand und die damit verbundenen zusätzlichen Emissionen von Treibhausgasen, Lärm und Staub von möglichen zukünftigen Braunkohlelieferungen aus der Lausitz in die Tschechische Republik für vertretbar? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über Planungen von großumfänglichen Braunkohlentransporten aus der Lausitz in die Tschechische Republik vor. Hypothetische Annahmen wird die Bundesregierung nicht bewerten. 25. Sind beim Braunkohlebergbau die Bestimmungen von §§ 77 bis 79 BBergG mit der Zielsetzung von UVP-Richtlinie RL 2014/52/EU über eine gesteigerte Ressourceneffizienz noch vereinbar, sobald die Braunkohle per Straßen - und Schienenferntransport befördert wird? Eine direkte Auswirkung der Richtlinie 2014/52/EU auf die §§ 77 bis 79 BBergG ist nicht gegeben. Die Umweltverträglichkeit eines Vorhabens nach Maßgabe der RL 2014/52/EU einschließlich der Transportmodalitäten ist jedoch im Rahmen der Gesamtabwägung nach den §§ 77 bis 79 BBergG zu berücksichtigen. 26. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass nach Parlamentsbeschluss 444 der Tschechischen Republik von 1991 der Abbau von Braunkohle im Hauptfördergebiet Nordböhmen nur innerhalb der bestehenden Tagebaugrenzen und damit auf das Jahr 2022 begrenzt ist, und wenn nein, wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung hier die Rechtslage? Der Bundesregierung liegt der Parlamentsbeschluss 444 der Tschechischen Republik von 1991 nicht vor. 27. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass nach der Änderung des tschechischen Berggesetzes im Jahr 2012 keine unfreiwilligen bergbaulichen Grundabtretungen mehr zulässig sind, und wenn nein, wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung hier die Rechtslage? Der Bundesregierung ist die Rechtslage zur Grundabtretung in der Tschechischen Republik nicht bekannt. Drucksache 18/3819 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Wie bewertet die Bundesregierung eine Entwicklung, nach der Braunkohle in Deutschland für Lieferungen in einen anderen EU-Staat abgebaut wird, in dem Grundabtretungen gesetzlich untersagt worden sind? Eine derartige Bewertung kann von der Bundesregierung unter anderem wegen mangelnder Datenlage (vgl. Antwort zu Frage 1) nicht vorgenommen werden. 29. Sind die Bestimmungen von §§ 77 bis 79 BBergG mit der UVP-Richtlinie RL 2014/52/EU vereinbar, wenn dadurch Braunkohle für Lieferungen in einen anderen EU-Staat abgebaut wird, in dem aufgrund vergleichbarer UVP-Kriterien bergbauliche Grundabtretungen gesetzlich untersagt worden sind? 30. Sind die Bestimmungen von §§ 77 bis 79 BBergG mit der UVP-Richtlinie RL 2014/52/EU vereinbar, wenn dadurch Braunkohle für Lieferungen in einen anderen EU-Staat abgebaut wird, in dem aufgrund vergleichbarer UVP-Kriterien der Braunkohleabbau beendet werden soll? Die Fragen 29 und 30 werden gemeinsam beantwortet. Aus der Richtlinie 2014/52/EU ergeben sich keine materiellen Anforderungen hinsichtlich der Zulässigkeit bestimmter Vorhaben. Soweit nach Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) im Einzelfall entschieden wird, ein bergbauliches Vorhaben nicht zu genehmigen, hat dieses Ergebnis generell keine Bindungswirkung für andere Vorhaben. Dies gilt erst recht, wenn die UVP in einem anderen Mitgliedstaat durchgeführt worden ist. 31. Hielte es die Bundesregierung für Umweltdumping seitens Deutschlands, wenn unter den Bestimmungen des BBergG heimische Braunkohle für Lieferungen in einen anderen EU-Staat mit diesbezüglich strengeren Umweltauflagen abgebaut würde? 32. Hielte es die Bundesregierung für Sozialdumping seitens Deutschlands, wenn unter den Bestimmungen des BBergG heimische Braunkohle für Lieferungen in einen anderen EU-Staat mit diesbezüglich strengeren Sozialauflagen abgebaut wird? Die Fragen 31 und 32 werden wegen ihres inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verweist auf die bestehenden hohen Umwelt- und Sozialstandards in Deutschland. 33. Welche staatlichen Kontroll- und Berufungsverfahren sind gesetzlich vorgeschrieben , um unter § 78 BBergG eine Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft durch die Bergbauunternehmen zu verhindern? Gegen einen Grundabtretungsbeschluss ist der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eröffnet. Im Jahr 2013 ist eine Klage gegen Grundabtretungsbeschlüsse vom Bundesverfassungsgericht entschieden worden (Urteil vom 17. Dezember 2013 – 1 BvR 3139/08 –, – 1 BvR 3386/08 –). Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333