Deutscher Bundestag Drucksache 18/3874 18. Wahlperiode 29.01.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3692 – Veränderungen in der Energiewirtschaft im Rahmen des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Reduktion von CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft ist einer der Eckpfeiler der deutschen Klimaschutzpolitik. Dennoch sind die Emissionen hier seit dem Jahr 1995 um lediglich 5 Prozent und damit weniger als in allen anderen Sektoren gefallen. Deshalb hat die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz , Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, sich auch für eine Reduktion der besonders klimaschädlichen Kohleverstromung eingesetzt. Infolge der Beratungen zu dem von ihr angeregten „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ hat der Bundesminister für Wirtschaft und Energie und SPD-Parteivorsitzende , Sigmar Gabriel, sich dazu verpflichtet, im Sektor Energiewirtschaft bis zum Jahr 2020 gegenüber 2012 insgesamt ein Viertel der emittierten Treibhausgase einzusparen. Das am 3. Dezember 2014 vom Bundeskabinett beschlossene „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ sowie der „Nationale Aktionsplan Energieeffizienz “ (NAPE) sollen das bereits im Jahr 2007 vom Bundeskabinett beschlossene CO2-Einsparziel von minus 40 Prozent bis zum Jahr 2020 absichern. Demnach muss die Bundesrepublik Deutschland im Zieljahr rund 200 Millionen Tonnen CO2 weniger ausstoßen als im Jahr 2012. Um diese „KlimaschutzLücke “ zu schließen, wurden nun zusätzlich zu den bereits beschlossenen und verbuchten Reduktionen weitere Maßnahmen angekündigt. Schwerpunkte des alle Sektoren umfassenden Aktionsprogrammes sind die Bereiche Energieeffizienz, Stromwirtschaft und ein klimafreundlicherer Verkehrssektor . Insgesamt soll das Aktionsprogramm eine zusätzliche Minderung von 62 bis 78 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2020 nach sich ziehen. Hierbei ist umstritten, ob diese Summe ausreicht, um die „Klimaschutz-Lücke“ zu schließen. Denn die „Sowieso-Maßnahmen“ (im Bereich der Energiewirtschaft sind das Maßnahmen, „die also bei der Weiterentwicklung des Strommarkts in Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 27. Januar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. jedem Fall umgesetzt werden sollen“, www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/ strommarkt-bundesregierung-sammelt-in-gruenbuch-vorschlaege-fuer-umbaua -999820.html, siehe auch Bundesumweltministerin, Dr. Barbara Hendricks, Aktuelle Stunde am 4. Dezember 2014, www.dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/ 18073.pdf) sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet, weil z. B. eine maximale Betriebsdauer von Kohlekraftwerken von 45 Jahren oder ein CO2-Preis von 14 Euro je Tonne angenommen werden. Drucksache 18/3874 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bestätigte nach dem Beschluss des Aktionsprogrammes auf Nachfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass die Lücke größer ist und jene CO2-Reduktion, „die bis heute in einem Umfang von circa 34 Millionen Tonnen noch nicht unterlegt ist […] in die Kapazitätsreserve eingebracht wird.“ (Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, Befragung der Bundesregierung am 3. Dezember 2014, www.dipbt.bundestag.de/doc/btp/18/18072.pdf). Über die genaue Ausgestaltung dieses Mechanismus und die Höhe der damit möglichen Emissionsreduktion wird nach Aussage der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2015 im Rahmen des Weißbuchs Strommarkt entschieden. Auch die weiteren Maßnahmen sollen mit Rechtsakten untermauert werden – das Klimaschutzaktionsprogramm liefert derzeit nur Absichtserklärungen und Ankündigungen. 1. Seit wann ist der Bundesregierung bekannt, dass die Klimaschutzlücke im Kraftwerksbereich nicht nur – die öffentlich genannten – mindestens 22 Millionen Tonnen CO2 beträgt, sondern um 34 Millionen Tonnen CO2 größer ist? 2. Sind diese 34 Millionen Tonnen bereits in den 71 Millionen Tonnen Reduktionsmenge bis zum Jahr 2020 enthalten (2013 bis 2020 von 377 auf 306 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent)? 3. Wie erklärt die Bundesregierung, dass dieser Sachverhalt im vom Bundeskabinett am 3. Dezember 2014 beschlossenen Aktionsprogramm Klimaschutz weder dargestellt, noch mit Maßnahmen unterlegt ist? 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am 3. Dezember 2014 genannte CO2-Minderungslücke von 34 Millionen Tonnen CO2 im Kraftwerkspark bis zum Jahr 2020 zu den bereits vorher genannten 22 Millionen Tonnen CO2 hinzugezählt werden muss, folglich also zusätzliche Anstrengungen für eine Reduzierung von 56 Millionen Tonnen CO2 bis zum Jahr 2020 erforderlich sind? 5. Durch welche Maßnahmen ist die verbleibende „Sowieso-Reduktion“ von rund 37 Millionen Tonnen CO2 nach Kenntnis der Bundesregierung unterlegt , und wie groß schätzt die Bundesregierung hierbei die verbleibende Prognoseunsicherheit? Die Fragen 1 bis 5 werden gemeinsam beantwortet. Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 legt keine Emissionsobergrenzen für die betrachteten Sektoren fest, sondern enthält eine Reihe von Maßnahmen, durch die zusätzliche Minderungsbeiträge gegenüber dem im Projektionsbericht 2013 unterstellten Minderungstrend erreicht werden sollen. Um beurteilen zu können, wie diese Maßnahmen insgesamt auf die Emissionen in den betrachteten Sektoren wirken, muss einerseits berücksichtigt werden, dass manche Maßnahmen sektorenübergreifend wirken. Zudem sind mögliche Überlagerungen zwischen verschiedenen Instrumenten zu berücksichtigen. Der exakte Ausgangswert für den zusätzlichen Minderungsbeitrag von 22 Millionen t CO2-Äquivalenten (Äq.). ist im Rahmen der Umsetzung zu klären, da Überlappungseffekte beispielsweise durch in der Energiewirtschaft wirkende Maßnahmen aus anderen Wirtschaftsbereichen zum Tragen kommen und festgelegt werden muss, welche Bereiche der gesamten Stromerzeugung welchen Minderungsbeitrag erbringen sollen. Das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 enthält keine Abschätzungen zur Entwicklung der CO2-Emissionen des deutschen Kraftwerksparks bis 2020. Die Energiewirtschaft in der Abgrenzung des Aktionsprogramms ist nicht deckungs- gleich mit der Stromerzeugung in Deutschland. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/3874 6. Plant die Bundesregierung zur Erreichung der angekündigten 22 Millionen Tonnen CO2-Reduktion und für die Reduktion der „noch nicht geschafften “ 34 Millionen Tonnen CO2 unterschiedliche Instrumente, und wenn ja, warum, und welche? 8. Soll die CO2-Minderung im Kraftwerkspark durch eine Reduktion der Kohleverstromung erbracht werden oder durch Maßnahmen im gesamten Stromsektor (falls ja, durch welche)? 11. Beinhaltet der im Rahmen der anvisierten CO2-Reduktion im Kraftwerksbereich gemachte Vorschlag auch Industriekraftwerke? 14. Wie genau soll die am 3. Dezember 2014 von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel genannte CO2-Obergrenze für den Kraftwerkspark ausgestaltet und rechtlich verankert werden, und wann genau wird die Bundesregierung ein entsprechendes Gesetz vorlegen? 15. Prüft oder hat die Bundesregierung geprüft, ob eine nationale CO2-Obergrenze für den Kraftwerkspark rechtlich zulässig ist, und wenn ja, wie, und mit welchem Ergebnis? 16. Hat die Bundesregierung weitere Instrumente, wie CO2-Grenzwerte für einzelne Erzeugungsunternehmen oder auch bezogen auf die verschiedenen Kraftwerksflotten rechtlich geprüft, und wenn ja, wie, und mit welchen Ergebnissen? Wenn nein, warum nicht? 17. Prüft die Bundesregierung, ähnlich dem ersten Atomausstieg, eine vertragliche Lösung mit den Energiekonzernen zu wählen, um eine CO2-Reduktion im Kraftwerkspark im Einvernehmen mit den beteiligten Konzernen zu erzielen, und wenn nein, warum nicht? 22. Wird nach derzeitigen Diskussionen in der Bundesregierung das Gesetz bzw. Legislativpaket über das zukünftige Strommarktdesign, welches nach Aussage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auch die Regelungen über die 22 Millionen Tonnen extra zu erbringende sowie die 34 Millionen Tonnen „noch nicht geschafften“ CO2-Reduktionen beinhalten wird, dem Bundesrat als Zustimmungs- oder Einspruchsgesetz zugeleitet? 23. Plant die Bundesregierung die Einführung einer Kapazitätsreserve, wie in der Befragung der Bundesregierung am 3. Dezember 2014 von Bundesminister Gabriel angekündigt, und wenn ja, in welchem Umfang und entlang welcher Kriterien? 24. Hat die Bundesregierung gutachterlich prüfen lassen, ob ordnungspolitische Auflagen für Kohlekraftwerke über einer gewissen Altersgrenze, z. B. 45 Jahren, möglich sind, und wenn ja, sind die Gutachten öffentlich einsehbar? Wenn nein, warum nicht? Und wie will die Bundesregierung dafür sorgen, dass die Kraftwerke – wie im Aktionsprogramm angenommen – altersbedingt vom Netz gehen? Die Fragen 6, 8, 11, 14 bis 17 und 22 bis 24 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat diese Fragen nicht gutachterlich prüfen lassen. Die Eckpunkte zur gesetzlichen Umsetzung des Minderungsbeitrags der Stromerzeugung werden derzeit erarbeitet und sollen im ertsen Halbjahr 2015 vor- gelegt werden. Dabei wird ggf. auch auf gutachterliche Expertise zurückge- Drucksache 18/3874 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode griffen. Zu Ausgestaltungsdetails können daher noch keine Aussagen getroffen werden. Die Ausgestaltung wird konsistent erfolgen zu bestehenden und den weiteren derzeit zu implementierenden Instrumenten. 7. Schließt die Bundesregierung aus, dass es neben der Reduktion von 22 Millionen Tonnen CO2 sowie den 34 Millionen Tonnen „noch nicht geschafften“ CO2-Reduktionen im Kraftwerkspark weitere Maßnahmen bis zum Jahr 2020 geben wird? Aktuelle Projektionen (u. a. Projektionsbericht 2013) gehen davon aus, dass durch die bisher beschlossenen und umgesetzten Maßnahmen bis 2020 eine Minderung der Treibhausgase um etwa 33 bis 34 Prozent erreicht werden kann, mit einer Unsicherheit von +/– 1 Prozent. Die verbleibende Lücke wird durch das von der Bundesregierung am 3. Dezember 2014 beschlossene Klima- und Energiepaket mit den darin genannten Maßnahmen geschlossen. Gleichwohl wird die Bundesregierung auf Basis fortlaufend aktualisierter Prognosen, die Emissionsentwicklung und ihre Vorhersage für das Jahr 2020 weiterhin beobachten . 9. Wie viel CO2 darf die Energiewirtschaft im Jahr 2020 nach Auffassung der Bundesregierung – und mit Blick auf das Ziel von minus 40 Prozent – maximal ausstoßen (bitte in Millionen Tonnen pro Jahr angeben)? Mit der Festlegung des Klimaschutzziels, die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, wurden durch die Bundesregierung keine Emissionsobergrenzen für einzelne Sektoren festgelegt. Die für das Jahr 2020 anvisierte Emissionsobergrenze in Höhe von 749 Millionen t CO2-Äq. bezieht sich insoweit auf den Gesamtausstoß von Treibhausgasen aller Sektoren. Daher sind auch alle Sektoren angehalten, einen angemessenen Beitrag zur Erreichung des Ziels beizutragen. 10. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff Energiewirtschaft in ihrem Aktionsprogramm? 12. Wie errechnen sich auf Grundlage des Projektionsberichtes 2013 Prognosen für das Jahr 2020, wonach sich aus dem Sektor Energiewirtschaft 306 Millionen Tonnen CO2-Emissionen ergeben, und mit welchen konkreten Maßnahmen ist diese „Mit-Maßnahmen-Reduktion“ unterlegt? Die Fragen 10 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Laut Projektionsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 ist davon auszugehen , dass die Emissionen der Energiewirtschaft in der im Aktionsprogramm Klimaschutz vorgenommenen Abgrenzung zu anderen Quellgruppen aufgrund der bis Oktober 2012 umgesetzten und weiter wirksamen Maßnahmen bis 2020 auf rund 306 Millionen t CO2-Äq. zurückgehen. Die zentralen bestehenden Klimaschutzmaßnahmen in diesem Sektor sind der Emissionshandel, der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Kraft-WärmeKopplung auf der Angebotsseite sowie alle Maßnahmen zur Verringerung der Strom-, Wärme- und Kältenachfrage aus Kraftwerken der öffentlichen Versorgung (Steigerung der Energieeffizienz). Hinsichtlich der Interpretation der genannten Mengenangaben ist darauf hinzuweisen , dass der Bereich Energiewirtschaft allerdings nicht mit der Stromerzeu- gung gleichzusetzen ist. Einerseits sind hierin auch die mit der Wärmeversorgung verbundenen Emissionen enthalten, andererseits ist die Stromerzeugung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/3874 der Industriekraftwerke hier nicht erfasst, jedoch die flüchtigen Emissionen der Gasversorgung. Anders als im Projektionsbericht werden diesem Sektor im Aktionsprogramm zudem die flüchtigen Emissionen der Gasversorgung zugerechnet . 13. Hat die Bundesregierung zusätzlich zum Projektionsbericht 2013 weitere Gutachten über die Emissionen im Jahr 2020 erstellen lassen, und wenn ja, gab es dabei vom Projektionsbericht abweichende Ergebnisse? Die Bundesregierung hat einen Gutachterabgleich zur Identifikation eines Korridors zur Referenzentwicklung in Auftrag gegeben, der unter folgendem Link zum Download bereitsteht: www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/Publikationen/ entwicklung-der-energiemaerkte-energiereferenzprognose-baseline-clearing, property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf Eine zusammenfassende Darstellung des Gutachterabgleichs, ist unter folgendem Link zu finden: www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_ PDF/Aktionsprogramm_Klimaschutz/oekoinstitut_klimaschutzluecke_2020_ bf.pdf Dieser Gutachterabgleich stellt einen Korridor zur Referenzentwicklung auf Grundlage ● der Energiereferenzprognose 2014 (www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=644920.html), ● der Klimaschutzszenarien 2050 und ● des Projektionsberichts 2013 dar. Hiernach wurde im Gesamtergebnis die o. g. wahrscheinliche Zielerreichung von 33 bis 34 Prozent mit einer Unsicherheit von +/– 1 Prozent ermittelt. 18. Warum wird die besonders klimaschädliche Braunkohle im Klimaaktionsprogramm der Bundesregierung nicht explizit genannt? Braunkohle weist als Brennstoff gegenüber anderen häufig verwendeten fossilen Brennstoffen, wie Erdgas oder Steinkohle die höchsten spezifischen CO2- Emissionen auf. Welche Rolle die Braunkohle im künftigen Mix der Stromerzeugung in Deutschland spielen wird, ist in den Eckpunkten zur gesetzlichen Umsetzung des Minderungsbeitrags der Stromerzeugung zu klären. Diese werden derzeit erarbeitet und im ersten Halbjahr 2015 vorgelegt. 19. Wie viele Kraftwerke über 10 Megawatt sind derzeit zur Stilllegung bei der Bundesnetzagentur angemeldet, und welche Menge an CO2-Reduktion würde sich durch eine komplette Stilllegung ergeben (bitte auf Grundlage der Kraftwerksauslastung im Jahr 2013 angeben)? Laut aktueller Kraftwerksstilllegungsanzeigenliste der Bundesnetzagentur (Stand: 20. Oktober 2014) sind 48 Anlagen in 31 Kraftwerken zur Stilllegung angezeigt. In welchem Umfang CO2-Emissionen der angezeigten Anlagen eingespart werden, kann die Bundesregierung nicht beantworten. Die für diese Berechnungen notwendigen Angaben zu einzelnen Betriebsanlagen bzw. Kraftwerken stehen aus Gründen der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zur Verfügung. Drucksache 18/3874 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Welche Kraftwerke (bitte Benennung der Blöcke) mit jeweils welchen zu erwartenden CO2-Emissionen gehen in den nächsten Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung noch ans Netz, und welche davon sind in welchem Umfang in die Annahmen der Minderungsprojektion für das Jahr 2020 eingeflossen? Der erwartete Zubau an Kraftwerksblöcken findet sich in der sogenannten Kraftwerksliste der Bundesnetzagentur, die unter dem Stichwort „Kraftwerksliste“ auf den Webseiten der Bundesnetzagentur zu finden ist. Mit Stand 29. Oktober 2014 wird ein Zubau von 17 Kraftwerksblöcken mit einer Leistung von 6,5 GW erwartet. Zu den Emissionen einzelner Kraftwerksblöcke liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 21. Steht die Bundesregierung weiter zur Aussage von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dass fossile Kraftwerke mit „mindestens 22 Millionen Tonnen CO2“ (Interview mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im SPIEGEL, www.spiegel.de/spiegel/vorab/klimagase-gabriel-will-22- millionen-tonnen-co2-reduzieren-a-1004403.html) zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels beitragen müssen, und wenn ja, wird sie die entsprechende Passage im Aktionsprogramm (Unter Punkt 4.3.2 des Aktionsprogrammes werden glatt „22 Mio. t CO2-Äq.“ als zu erreichender Zielwert angegeben.) revidieren, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung steht zu den im Aktionsprogramm Klimaschutz beschlossenen Aussagen. Die Erbringung eines zusätzlichen CO2-Minderungsbeitrags von 22 Millionen t CO2-Äq. wird insbesondere unter Berücksichtigung des Stromsektors und des Emissionshandels erfolgen. Eckpunkte der gesetzlichen Umsetzung werden derzeit erarbeitet und im ersten Halbjahr des Jahres 2015 vorgelegt. 25. Hält die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Ziele des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 an der Notwendigkeit der Aufschließung neuer Tagebaue fest (vgl. Schreiben des Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel an den schwedischen Premierminister Stefan Löfven vom 13. Oktober 2014 www.altinget.se), und falls ja, wie soll die dadurch zusätzlich zu fördernde Menge an Braunkohle verstromt werden, ohne die deutschen Klimaziele weiter zu gefährden? Über die Notwendigkeit des Aufschlusses neuer Tagebaue entscheidet nach der vorgesehenen Kompetenzverteilung die jeweilige Landesregierung im Rahmen des Braunkohlenplanverfahrens und der bergrechtlichen Genehmigungsverfahren unter Abwägung sämtlicher Interessen. Die Bundesregierung kann daher keine Aussagen zur Verstromung eventuell zusätzlich zu fördernder Mengen Braunkohle oder dem Einfluss auf die Erreichung der Klimaziele machen. 26. Geht die Bundesregierung davon aus, dass zur Erreichung der Klimaziele im Jahr 2050 ein Ende der Braunkohleverstromung bis spätestens zur Mitte des Jahrhunderts notwendig ist, und wenn nein, wie will sie das Erreichen der Klimaziele sicherstellen? Wenn ja geht die Bundesregierung davon aus, dass der europäische Emissionshandel allein dafür ausreichend ist? Mit der Verabschiedung des Aktionsprogramms Klimaschutz 2020 wurde die Bundesregierung beauftragt, einen Klimaschutzplan 2050 vorzulegen. Darin verankert sie die bereits beschlossenen Zwischenziele für die Zeit nach 2020 zum Erreichen des langfristigen Klimaschutzziels, beschreibt die konkreten Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/3874 nächsten Reduktionsschritte im Lichte der europäischen Ziele und der Ergebnisse der Pariser Klimaschutzkonferenz 2015 und unterlegt diese in einem breiten Dialogprozess mit Maßnahmen. Der Klimaschutzplan wird danach in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben. Die regelmäßige Fortschreibung von Klimaschutzplänen dient zusätzlich zu den jährlichen Klimaschutzberichten dazu, dass die jeweils beschlossenen Maßnahmen regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden (Erfolgskontrolle) und, wenn notwendig, angepasst oder neu ausgerichtet werden. So soll sichergestellt werden, dass sich Deutschland aktuell und in Zukunft auf einem Pfad befindet, auf dem die Klimaschutzziele konsequent erreicht werden. 27. Hält die Bundesregierung Zwangsumsiedlungen für die Erschließung neuer Tagebaue für verfassungskonform, wenn zeitgleich die Kohleverstromung ausläuft? Eine Grundabtretung nach dem Bundesberggesetz ist zulässig, wenn das Vorhaben zur Erreichung eines Gemeinwohlziels, hier die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, vernünftigerweise geboten ist. Ob diese Voraussetzung gegeben ist, ist anhand einer umfassenden Gesamtabwägung von der zuständigen Landesbehörde zu entscheiden. 28. Plant die Bundesregierung, eine Novelle des Bundesberggesetzes vorzulegen , in der es auch Veränderungen hinsichtlich der Möglichkeit von neuen Tagebauen geben wird, und wenn ja, bis wann, und welche konkreten Optionen werden von der Bundesregierung rechtlich geprüft? Solche Veränderungen des Bundesberggesetzes sind von der Bundesregierung nicht geplant. 29. Ist es Auffassung der Bundesregierung, dass das Ziel einer 40-ProzentEmissionsreduktion bis zum Jahr 2020 nur flankiert von einem „schnell und effektiv wirkenden Marktstabilitätsmechanismus im EU-ETS“ sichergestellt werden kann, und wenn ja, welche zusätzlichen Anstrengungen wird sie unternehmen, wenn es nicht gelingt, diesen Mechanismus noch vor dem Jahr 2020 in Kraft zu setzten? Ein schnell und effektiv wirkender Marktstabilitätsmechanismus im EU-ETS ist als flankierende Maßnahme erforderlich, um durch die Aufnahme von Überschüssen Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Politikinstrumenten im Energiebereich zu absorbieren und Synergien sicherzustellen. Zu einer frühzeitigen und ambitionierten Reform gehört die Einführung der Markstabilitätsreserve bereits im Jahr 2017 und Überführung der im Rahmen des Backloading zurückgehaltenen Zertifikate direkt in diese Reserve. Auf europäischer Ebene finden diese Vorschläge der Bundesregierung eine zunehmend breite Unterstützung . Die konkreten Emissionsminderungseffekte einer solchen Reform des EU-ETS bis 2020 hängen sehr stark von der konkreten Ausgestaltung auf europäischer Ebene und insbesondere auch dem Zeitpunkt der Einführung der Marktstabilitätsreserve (MSR) ab. Drucksache 18/3874 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 30. Mit welchen Maßnahmen will die Bundesregierung insbesondere die polnische Regierung von einem ambitionierteren Emissionshandel überzeugen , um auf EU-Ebene bei einer ETS-Reform schneller voranschreiten zu können? Auf dem Europäischen Rat im Oktober 2014 haben sich die 28 Staats- und Regierungschefs auf einen neuen EU-Klima- und -Energierahmen bis 2030 verständigt und dabei die wichtige Einigung erzielt, die EU-weiten TreibhausgasEmissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken und eine Marktstabilitätsreserve einzuführen. Dabei wurden auch umfangreiche Solidaritätsmaßnahmen zugunsten der weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten der Europäischen Union und zur Unterstützung des dortigen Transformationsprozesses insbesondere im Energiesektor verabredet. Zur Ausfüllung dieses Rahmens wird die Europäische Kommission in wenigen Monaten einen Vorschlag zur Ausgestaltung der Einzelregelungen für den Emissionshandel bis 2030 vorlegen und mit den Mitgliedstaaten verhandeln. Die Bundesregierung wird sich aktiv in diesen Beratungsprozess einbringen. 31. Hält die Bundesregierung im Hinblick auf die bevorstehende Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes am gesetzlich verankerten Ziel von 25 Prozent Kraft-Wärme-Kopplungsanteil bis zum Jahr 2020 fest, und wenn ja, mit welche konkreten Maßnahmen will die Bundesregierung dies erreichen? Die politischen Entscheidungen zur Kraft-Wärme-Kopplung und zur Ausgestaltung der Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) werden wegen des engen sachlichen Zusammenhangs mit den anstehenden Entscheidungen zum Strommarkt verzahnt. Grundlage sind dabei auch die Ergebnisse der Evaluierung des KWKG, die Ende 2014 durchgeführt und konsultiert wurde. Ziel ist, auf Basis dieser Entscheidungen dann eine rasche Novellierung des KWKG umzusetzen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333