Deutscher Bundestag Drucksache 18/4055 18. Wahlperiode 20.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3945 – Sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In dem Abschlussbericht des Staatssekretärsausschusses der Bundesregierung zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ (Bundestagsdrucksache 18/2470) wird auf Seite 56 die punktuelle Einführung einer sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen angekündigt. Dies wird mit „Aktivierungs- und Mobilisierungsproblemen“ bei der „betroffenen Zielgruppe “ (also freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern ) im Hinblick auf die Teilnahme an den Integrationskursen begründet. Daher solle – so die Bundesregierung weiter – „im Hinblick auf den besonderen Bedarf der Zielgruppe im Rahmen eines Projekts in vier besonders betroffenen Städten (Duisburg, Dortmund, Berlin und München) sozialpädagogische Begleitung in den Integrationskursen eingeführt werden. So sollen die Integrationskursteilnehmerinnen und -teilnehmer nicht nur durch eine Lehrkraft unterrichtet , sondern parallel auch durch eine Sozialpädagogin oder einen Sozialpädagogen unterstützt werden. Damit soll den besonderen Bedürfnissen der Zielgruppe Rechnung getragen werden, soweit Lerndefizite und bildungsferne Biographien – oft verbunden mit und resultierend aus prekären Lebenslagen – feststellbar sind. Diese Begleitung wird in etwa 200 der 600 Stunden des regulären Integrationskurses umfassen. Im Rahmen dieses Projekts werden in den genannten Städten ausnahmsweise auch Erleichterungen beim Nachweis der Bedürftigkeit für eine Kostenbefreiung angewandt werden, um etwaige diesbezügliche Hemmnisse für die Teilnahme am Integrationskurs abzubauen.“ 1. Wer genau ist die Zielgruppe der sozialpädagogischen Begleitung? Sind dies Menschen aus bestimmten Herkunftsländern, z. B. aus Drittstaaten , aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder aus bestimmten Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 19. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Mitgliedstaaten der Europäischen Union (bitte erläutern und begründen)? Die Zielgruppe des Projekts der sozialpädagogischen Begleitung der Integrationskurse ist in der Vorbemerkung des genannten Abschlussberichts des Staats- Drucksache 18/4055 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sekretärsausschusses der Bundesregierung zu „Rechtsfragen und Herausforderungen bei der Inanspruchnahme der sozialen Sicherungssysteme durch Angehörige der EU-Mitgliedstaaten“ definiert als „Zuwanderer vor allem aus den EU-8-Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn) und den EU-2-Staaten (Bulgarien und Rumänien) sowie aus den von der Wirtschafts- und Finanzkrise besonders betroffenen südeuropäischen Ländern“. 2. Wäre es zur Feststellung eines Bedarfs an sozialpädagogischer Begleitung zur Behebung von „Aktivierungs- und Mobilisierungsproblemen“ nicht sachgerecht, an funktionalen Indikatoren anzuknüpfen, wie z. B. eine soziale bzw. familiäre Notlage oder Lerndefizite bzw. eine bildungsferne Biographie oder eine unregelmäßige Kursteilnahme, unabhängig von der jeweiligen Staatsangehörigkeit? Wenn nein, warum nicht (bitte begründen)? Ja. Daher ist die sozialpädagogische Begleitung zusätzlich an die Voraussetzung geknüpft, dass die Betroffenen Lerndefizite und bildungsferne Biographien haben und sich aus diesem Grund in prekären Lebenslagen befinden. 3. Wie viele Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen sollen bis zu welchem Zeitpunkt an den vorgesehenen vier Standorten in den Integrationskursen beschäftigt werden? Es werden insgesamt 13 sozialpädagogische Stellen in den vier Städten für zwei Jahre finanziert. a) Soll in den vier Städten in allen Integrationskursen eine sozialpädagogische Begleitung angeboten werden? Wenn nein, nach welchen Gesichtspunkten soll entschieden werden, wo eine solche Begleitung angeboten wird und wo nicht? Nein, die sozialpädagogische Begleitung wird nur bei nach folgenden Kriterien ausgesuchten Integrationskursträgern angeboten: ● Erfahrungen mit und Zugang zu der in Rede stehenden Zielgruppe ● Räumliche Verortung des Kursträgers im unmittelbaren Wohn- bzw. Arbeits- umfeld der Zielgruppe ● Vernetzung mit Akteuren der Integrationsarbeit vor Ort ● Zulassung und mehrjährige Erfahrung als Kursträger von Alphabetisierungs- und Jugendintegrationskursen ● Ausreichende räumliche sowie personelle Ausstattung mit Lehrkräften zur Gewährleistung zusätzlicher Kursangebote. b) Welchen Schlüssel zwischen Sozialpädagoginnen bzw. Sozialpädagogen und Teilnehmenden strebt die Bundesregierung an? Ein fester Schlüssel ist nicht festgelegt. Vielmehr soll durch die Finanzierung von Stellen ein bedarfs- und bedürftigkeitsabhängiger, flexibler Einsatz der sozialpädagogischen Begleitung gewährleistet werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4055 4. Was ist die konkrete Aufgabe bzw. die genaue Zielsetzung dieser sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen? Warum soll diese nur während 200 der 600 Kursstunden angeboten werden? Ziel des Projekts ist die Sicherstellung eines erfolgreichen Abschlusses des Integrationskurses durch sozialpädagogisch geschultes Personal. Die sozialpädagogische Begleitung der Integrationskursteilnehmer in Höhe von 200 der 600 Stunden des Integrationskurses wird sichergestellt, indem je nach dem von den Kommunen gemeldeten Bedarf bis zu vier sozialpädagogische Stellen in den vier Kommunen finanziert werden. Damit wird auch eine gewisse Flexibilität je nach Bedarf der einzelnen Integrationskursteilnehmer gewährleistet . 5. Handelt es sich hier um ein Modellprojekt, um zu testen, ob bzw. inwiefern es Sinn macht, eine sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen regelmäßig in allen Kursen anzubieten? Wenn nein, warum nicht? Die Ergebnisse des Projekts werden evaluiert. Etwaige Schlussfolgerungen können und sollen nicht vorweggenommen werden. 6. Ist das Angebot einer sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen zeitlich befristet? Wenn ja, auf welchen Zeitraum? Das Projekt ist auf zwei Jahre befristet. 7. Wie viele Haushaltsmittel wurden für die sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen in den vorgesehenen vier Städten im Jahr 2015 bewilligt ? Im Haushalt 2015 sind 1 Mio. Euro für die sozialpädagogische Begleitung eingestellt . 8. Inwiefern wird (zur Vermeidung von Doppelarbeit) auf eine Kohärenz zwischen der sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen und der Arbeit der Migrationsberatung für erwachsene Einwanderinnen und Einwanderer geachtet? Das Projekt zielt ausschließlich auf einen erfolgreichen Abschluss des Integrationskurses ab. Ausdrücklich und in enger Abstimmung mit den betroffenen Kommunen sollen keine Parallelstrukturen zu bestehenden Beratungsangeboten geschaffen werden. 9. Nach welchen objektiven bzw. nachvollziehbaren Kriterien wurden die vier vorgesehenen Städte ausgewählt, in denen zukünftig eine sozialpädagogischen Begleitung von Integrationskursen angeboten werden soll? a) Warum wurde München ausgewählt, eine Stadt, in der die sozialen Indikatoren (Arbeitslosigkeit, SGB-II-Bezug) bei eingewanderten Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern weit über dem Bundesdurchschnitt lie- gen (vgl. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: „Zuwanderungsmonitor Bulgarien und Rumänien“, Nürnberg 2014, S. 6)? Drucksache 18/4055 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Warum wurden Städte wie Offenbach oder Bremen nicht ausgewählt, die ganz ähnliche soziale Integrationsindikatoren aufweisen wie Berlin , Duisburg oder Dortmund (ebenda)? Die Fragen 9, 9a bis 9b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die sozialpädagogische Begleitung ist als Projekt auf vier Städte, die besonders von Zuwanderung aus den EU-8-Staaten (Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn) und den EU-2-Staaten (Bulgarien und Rumänien) sowie aus den von der Wirtschafts- und Finanzkrise besonders betroffenen südeuropäischen Ländern betroffen sind, begrenzt worden , darunter fällt – neben Berlin, Dortmund und Duisburg – auch München. 10. Warum sollen allein in den vier Städten, in denen eine sozialpädagogische Begleitung von Integrationskursen angeboten werden soll, Erleichterungen beim Nachweis der Bedürftigkeit für eine Kostenbefreiung geben, „um“ – so die Bundesregierung – „etwaige diesbezügliche Hemmnisse für die Teilnahme am Integrationskurs abzubauen? Die Erleichterungen des Nachweises der Bedürftigkeit zur Kostenbefreiung sind Bestandteil des Projekts. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333