Deutscher Bundestag Drucksache 18/4056 18. Wahlperiode 20.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, Ulle Schauws, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3946 – Bundesförderung für sogenannte niedrigschwellige Integrationskurse für Frauen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit den sogenannten niedrigschwelligen Integrationskursen für Frauen werden Einwanderinnen angesprochen, die durch konventionelle Integrationsangebote oft nicht erreicht werden. Dabei geht es vor allem um die Zielgruppe der eher bildungsfernen Frauen. Diese Integrationskurse sollen Kenntnisse über die deutsche Gesellschaft und über das Bildungssystem vermitteln. Sie dienen zudem der Stärkung der Erziehungskompetenz , der Vermittlung von Wissen über die Rechte von Frauen und über Fragen der Gewaltprävention. Zugleich kann hier eine erste Sprachorientierung erfolgen und dadurch eine Brücke zum konventionellen Integrationskurs gebaut werden. Die Nachfrage der Einwanderinnen an diesem speziellen Kursangebot liegt regelmäßig deutlich über den zur Verfügung stehenden Kursplätzen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass seit rund zehn Jahren die Haushaltsmittel für diese Kurse stark gekürzt worden sind. Im Haushaltsentwurf des Jahres 2014 waren lediglich 600 000 Euro für die niedrigschwelligen Frauenkurse vorgesehen – gerade einmal ein Drittel der Mittel, die im Jahr 2013 für diese Kurse aufgewendet worden waren. Allerdings könnten aufgrund eines sogenannten Verstärkungsvermerks mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden, als im eigentlichen Haushaltsansatz vorgesehen sind. Zudem besteht die theoretische Möglichkeit, Mittel aus dem sogenannten Bildungsfonds abzurufen. Hierfür müsste aber ein entsprechender haushalterischer Mehrbedarf geltend gemacht werden. Dies wurde – bezogen auf den Bundeshaushalt 2014 – nicht vorgenommen. Das Bundesministerium des Innern (BMI) hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darüber unterrichtet, dass es im letzten Jahr erstmals die ohnehin schon dünne Personalausstattung dieser Kurse (0,5 Personalstellen pro 100 Kurse) Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 19. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. so gekürzt hat, dass der Personalkostenanteil der diese Kurse ausführenden fünf Zentralstellen auf 15 Prozent halbiert wurde. Ebenfalls hat das BMI die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darüber informiert , dass es die vom Bundesrechnungshof (BRH) Mitte 2012 geforderte Erfolgskontrolle bzw. Evaluierung der Nachhaltigkeit des Kursangebotes bzw. die Neukonzeption dieses Förderprogramms im Jahr 2013 nicht durchgeführt Drucksache 18/4056 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode hat. Ob und in welchem Umfang für das Jahr 2014 eine solche Evaluierung durchgeführt werde, will das BMI von den endgültig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln für die niedrigschwelligen Frauenkurse abhängig machen. 1. Wie viele Haushaltsmittel wurden im Jahr 2014 für die niedrigschwelligen Integrationskurse für Frauen in den Einzelplan des BMI eingestellt (bitte jeweils nach „Soll“ und „Ist“ aufschlüsseln)? Wegen der knappen Haushaltsmittel wurde im Jahr 2014 auf die Durchführung der Evaluation in Höhe von 50 000 Euro zugunsten weiterer Kurse verzichtet. Zusätzlich wurden freie Mittel aus anderen Bereichen für die niederschwelligen Frauenkurse verwendet. 2. Wie viele Haushaltsmittel sind diesbezüglich für das Jahr 2015 bewilligt worden? Für das Jahr 2015 sind 600 000 Euro für niederschwellige Frauenkurse vorgesehen . Darüber hinaus stehen 50 000 Euro für eine Evaluierung zur Verfügung. 3. Waren im Jahr 2014 bzw. wurden für das Jahr 2015 im Hinblick auf diese Frauenkurse Mehraufwendungen geltend gemacht, um über den sogenannten Verstärkungsvermerk bzw. über den Bildungsfonds Zugang zu weiteren Haushaltsmitteln zu erhalten? Wenn ja, in welcher Höhe (bitte für die Jahre 2014 und 2015 aufschlüsseln)? Wenn nein, warum nicht? Die Durchführung von niederschwelligen Frauenkursen wird aus einem Teilansatz des Titels 0603 684 14 finanziert. Der Gesamtansatz dieses Titels ist nach den Entscheidungen des Haushaltsgesetzgebers in den Jahren 2014 und 2015 unverändert. Ein Verstärkungsvermerk zugunsten dieses Titels stand lediglich im Jahr 2013 zur Verfügung; für die Jahre 2014 und 2015 hat der Haushaltsgesetzgeber einen solchen Vermerk nicht mehr ausgebracht. 4. Wie viele Anträge auf Durchführung eines niedrigschwelligen Integrationskurses für Frauen wurden für die Jahre 2012 bis 2015 gestellt? Anzahl der Anträge auf niederschwellige Frauenkurse: Soll Ist 2014 600 000,– Euro 664 626,50 Euro Jahr Anzahl Anträge 2012 2 964 2013 2 795 2014 1 639 2015 1 665 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4056 a) Wie viele Kurse wurden in den Jahren 2012 bis 2014 durchgeführt? b) Wie viele Frauen haben an einem solchen Kurs teilgenommen (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Statistische Angaben zur Anzahl der Kursteilnehmerinnen liegen nicht vor, daher handelt es sich bei den genannten Teilnehmerzahlen nur um Schätzungen. Da eine Frau an bis zu fünf Kursen teilnehmen kann, sind in den Angaben Mehrfachzählungen enthalten. 5. Wird bei der Anmeldung zu einem konventionellen Integrationskurs abgefragt , ob eine Frau zuvor an einem niedrigschwelligem Integrationskurs teilgenommen hat oder wird anderweitig versucht, dies zu ermitteln? Wenn ja, wie viele der Frauen, die zuvor an einem niedrigschwelligen Integrationskurs teilgenommen hatten, haben anschließend einen konventionellen Integrationskurs besucht bzw. erfolgreich abgeschlossen? Wenn nein, warum nicht? Die Unterstützung, den Weg in den Integrationskurs zu finden, ist ein wichtiges, aber nicht das alleinige Anliegen niederschwelliger Frauenkurse. Insbesondere sollen bildungsferne Frauen aus ihrer Isolation geholt und zur Inanspruchnahme weiterführender allgemeiner Integrationsangebote ermutigt und unterstützt werden . Die Kurse vermitteln dabei Kenntnisse über die deutsche Gesellschaft, über das Bildungssystem und dienen der Stärkung der Erziehungskompetenz, der Rechte der Frauen sowie der Gewaltprävention. Die Angabe der Teilnehmerin, ob ein niederschwelliger Frauenkurs besucht wurde, kann im Rahmen der Kursbeginnmeldung auf rein freiwilliger Basis erfolgen. Um belastbare Daten zu erheben, müssten flächendeckend und verpflichtend detaillierte Abfragen durchgeführt werden. Eine solche aufwändige Datenerhebung wäre im Hinblick auf die niederschwellige Zielsetzung des Angebots unverhältnismäßig. Jahr Anzahl Kurse 2012 2 074 2013 2 169 2014 975 Jahr Teilnehmerinnen (geschätzt) 2009 ca. 21 500 2010 ca. 20 500 2011 ca. 24 000 2012 ca. 23 000 2013 ca. 24 000 2014 ca. 10 230 Drucksache 18/4056 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Wie hat sich die vom BMI veranlasste Halbierung des Personalkostenanteils auf die personelle Ausstattung dieser Frauenkurse ausgewirkt? Bis einschließlich 2013 wurden den fünf Zentralstellenträgern aufgrund einer langjährigen seinerzeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) getroffenen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) übernommenen Regelung 0,5 Personalstellen pro 100 Kurse zugestanden . Aufgrund der im Jahr 2014 zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel in Höhe von rund 600 000 Euro wurde der Personalkostenanteil von 30 Prozent auf 15 Prozent reduziert. Konkrete Auswirkungen auf die Personalsituation der Zentralstellenträger sind hier nicht bekannt. a) Gilt immer noch der Schlüssel von elf Teilnehmerinnen pro Kurs? Wenn nein, welcher Schlüssel gilt inzwischen? Der Schlüssel pro niederschwelligem Frauenkurs ist eine Teilnehmerzahl von mindestens zehn Frauen. Grundlage hierfür ist das „Konzept zur Orientierung niederschwelliger Kurse zur Integration ausländischer Frauen (Konzept Frauenkurse ) vom 05.12.2005“ in der Fassung vom 16. Mai 2014. Diese Mindestteilnehmerinnenzahl von zehn Frauen existiert seit 2005. b) Ist aus Sicht der Bundesregierung bei einem halbierten Personalkostenanteil eine sinnvolle Fortbildung der Kursleiterinnen noch möglich? Im Jahr 2014 waren keine Schulungen für Frauenkursleiterinnen vorgesehen, da die vorhandenen knappen Mittel zugunsten der Durchführung einer möglichst großen Anzahl von Frauenkursen verwendet wurden. Aufgrund von Nachbewilligungen im Haushaltsjahr 2014 konnten die fünf Zentralstellen dennoch Fortbildungen für die Kursleiterinnen durchführen. Insgesamt wurden im Jahr 2014 dafür 26 112 Euro zur Verfügung gestellt und den fünf Zentralstellen zur Auszahlung angewiesen. Ob im Jahr 2015 noch Fortbildungsmaßnahmen notwendig sind bzw. von den Trägern gewünscht sind, ist hier noch nicht bekannt. 7. Hat die Bundesregierung inzwischen die vom BRH geforderte Evaluation bzw. Neukonzeption dieser Frauenkurse begonnen bzw. abgeschlossen? Wenn ja, a) wer wurde mit dieser Aufgabe betraut, b) zu welchen Ergebnissen, Schlussfolgerungen bzw. Empfehlungen kam die Evaluation, c) inwiefern wurde die Sichtweise der Teilnehmerinnen und der Kursanbieter berücksichtigt, d) welche Kosten hat diese Evaluation verursacht, e) gingen diese Kosten zulasten der für diese Frauenkurse zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel, Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4056 f) wann wird diese Evaluation dem Deutschen Bundestag zur Verfügung gestellt? Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung die erneute Missachtung des Auftrags des BRH? Wann ist mit dieser Evaluation bzw. Neukonzeption zu rechnen? Eine Evaluation dieser Frauenkurse ist bis Ende 2015 vorgesehen und wird derzeit vorbereitet. Das Ergebnis der Evaluation wird dann Grundlage für die Entscheidung sein, ob eine Neukonzeption der niederschwelligen Frauenkurse erfolgen wird. Im Haushaltsjahr 2015 sind eigens Haushaltsmittel in Höhe von 50 000 Euro für die Evaluation ausgewiesen. Berlin, den 3. Februar 2015 Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333