Deutscher Bundestag Drucksache 18/4057 18. Wahlperiode 20.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Kerstin Kassner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3959 – Pläne der Bundesregierung für neue Anti-Terrorgesetze Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Mordanschläge von Djihadisten auf Redaktionsmitglieder und Karikaturisten der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“, Kunden eines koscheren Supermarktes , Polizistinnen und Polizisten sowie Sicherheitsleuten am 7. bzw. 8. Januar 2015 in Paris haben auch in Deutschland eine erneute Debatte über die Notwendigkeit von Gesetzesverschärfungen zur Terrorismusbekämpfung ausgelöst . So kündigte der Bundesminister der Justiz, Heiko Maas, die baldige Vorlage eines Gesetzespaketes mit neuen Anti-Terror-Gesetzen an. Pressemeldungen zufolge soll nach dem Willen der Bundesregierung zukünftig Terrorismusfinanzierung als eigener Straftatbestand eingeführt werden. Darunter kann auch das Sammeln von Spenden fallen, wenn damit Reisekosten von Mitgliedern terroristischer Organisationen bezahlt werden sollen. Zukünftig sollen nicht nur Angehörige terroristischer Vereinigungen strafrechtlich belangt werden, die aus Krisengebieten zurückkehren, sondern auch jene, die Deutschland verlassen wollen, um sich an schweren staatsgefährdenden Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder um sich für die Teilnahme an schweren Gewalttaten ausbilden zu lassen. Demnach soll es nach dem Willen der Bundesregierung zukünftig bereits strafbar sein, sich nur mit der Absicht einer Ausbildung in einem sogenannten Terrorcamp zu tragen (www.tagesschau.de/ inland/terrorabwehr-101.html; www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/StichwortANTI -TERROR-GESETZE-Plaene-der-Bundesregierung;art4306,3000467). 1. Welche Gesetzesänderungen und Gesetzesnovellen im Zusammenhang mit der Terrorismusbekämpfung plant die Bundesregierung im Einzelnen in der laufenden Legislaturperiode? a) Welche davon waren bereits vor den Anschlägen von Paris am 7. bzw. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 19. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 8. Januar 2015 in der Planung? b) Welche davon sind eine Reaktion auf die Anschläge von Paris oder sollen als Reaktion auf diese Anschläge beschleunigt in das Gesetzgebungsverfahren kommen, und welche mit den bisherigen Ergebnissen Drucksache 18/4057 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der Ermittlungen in Paris unmittelbar erkannten Defizite oder Lücken in der bisherigen Gesetzgebung sollen sie beheben? c) Welche davon dienen der Umsetzung von UN- und EU-Resolutionen in nationales Recht? Die Fragen 1, 1a bis 1c werden gemeinsam beantwortet. Am 4. Februar 2015 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG-Änderungsgesetz – GVVG-ÄndG) beschlossen. Er dient einerseits der Umsetzung der Resolution 2178 (2014) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 24. September 2014, um den Gefahren, die von ausländischen terroristischen Kämpfern („Foreign Terrorist Fighters“) ausgehen, zu begegnen. Andererseits setzt der Gesetzentwurf Forderungen der bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) angesiedelten Financial Action Task Force (FATF) für internationale Standards zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung um. Die FATF stützt sich dabei im Wesentlichen auf das Internationale Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1999 zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus, aus dem sich die Verpflichtung ergibt, möglichst umfassend die Finanzierung terroristischer Aktivitäten unter Strafe zu stellen. Der Gesetzentwurf war bereits vor den Anschlägen in Paris in der Vorbereitung. Gleichwohl mahnen diese zutiefst erschütternden Taten dazu, die geplanten Optimierungen der Regelungen zur Bekämpfung des Terrorismus zügig vorzunehmen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes am 14. Januar 2015 beschlossen. Er ist Teil einer seitens des Bundes verfolgten Gesamtstrategie, die nicht allein auf tragische Einzelereignisse reagiert und abstellt, sondern einen umfassenden Ansatz hat, der möglichst schon im Vorfeld ansetzt und von Maßnahmen der Deradikalisierung bis zu gesetzgeberischen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr reicht. Allerdings führten die von den Fragestellern in Bezug genommenen Ereignisse von Paris (nochmals) die Notwendigkeit und Dringlichkeit vor Augen, mit der auch gesetzgeberische Maßnahmen zu verfolgen sind. Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes zur Einführung eines Ersatz -Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes kommt der Bund auch den völkerrechtlich verbindlichen Vorgaben der Sicherheitsratsresolution 2178 (2014) vom 24. September 2014 nach, wonach alle Staaten gehalten sind, ausreiseverhindernde Maßnahmen zu treffen, um Bewegungen von Terroristen und terroristischen Gruppen zu verhindern (S/RES/2178 (2014), Seite 4 Nummer 2; vgl. auch Gesetzesbegründung, Teil A. I. letzter Absatz). Schließlich ist im Bereich der Terrorismusbekämpfung auf die derzeit laufende Evaluierung der Terrorismusbekämpfungsgesetze hinzuweisen, die ein Gesetz zur Umsetzung der Evaluierungsergebnisse zur Folge haben kann. Nach Artikel 9 des Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2553, 2576) ist die Anwendung der durch die Terrorismusbekämpfungsgesetze geschaffenen und geänderten Vorschriften von der Bundesregierung vor dem 10. Januar 2016 zu evaluieren. 2. Welche Untersuchungen (Studien etc.) zu den bestehenden Gesetzen zur Terrorismusbekämpfung und ihrer Wirkung sind der Bundesregierung seit 2010 bekannt (bitte nach Studien der Sicherheitsbehörden, der von der Bundesregierung selbst in Auftrag gegebenen und solchen unabhängiger wissenschaftlicher Einrichtungen unterscheiden)? a) Wer führte die jeweiligen Untersuchungen in wessen Auftrag durch? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4057 b) Zu welchem Ergebnis kamen diese Untersuchungen jeweils bezüglich der Wirksamkeit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der untersuchten Gesetze? c) Welche dieser Untersuchungen hatten als Untersuchungsgegenstand ausdrücklich grund- und menschenrechtliche Auswirkungen der AntiTerror -Gesetzgebung, und mit welchem Ergebnis? d) Inwieweit waren mit dem Komplex Grund- und Menschenrechte verbundene Fragestellungen Gegenstand der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Untersuchungen, und wenn das nicht der Fall war, warum nicht? Die Fragen 2, 2a bis 2d werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat im Jahr 2011 ein Forschungsvorhaben zum Thema „Evaluation des Gesetzes zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG)“ in Auftrag gegeben. Das rechtstatsächliche Forschungsvorhaben wurde von der Kriminologischen Zentralstelle e. V. (KrimZ) gemeinsam mit Prof. Dr. T. F., Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum im Auftrag des Bundesamtes für Justiz durchgeführt. Der Endbericht wurde im August 2012 vorgelegt. Gegenstand der Studie waren ausschließlich die durch das GVVG im Strafgesetzbuch (StGB) neu eingeführten Straftatbestände § 89a StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat), § 89b StGB (Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) und § 91 StGB (Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ). Im Hinblick darauf, dass das GVVG im August 2009 in Kraft getreten ist, stand für die Evaluation eine verhältnismäßig schmale Datenbasis zur Verfügung , die nur beschränkte Rückschlüsse auf die Auswirkungen des Gesetzes erlaubte . Eine abschließende Beurteilung der Wirksamkeit des GVVG gegen die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus kann erst erfolgen, wenn ein breiteres Datenmaterial zur Verfügung steht. Ferner waren nach Artikel 11 des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes (TBEG) vom 5. Januar 2007 (BGBl. I S. 2) die durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz und das TBEG geänderten Vorschriften zu evaluieren. In einem Vergabeverfahren erhielt die Ramboll Management GmbH, Hamburg, den Zuschlag , eine wissenschaftliche Methodenberatung durchzuführen. Der Deutsche Bundestag erklärte sein Einvernehmen mit der Bestellung durch einen Beschluss des Innenausschusses vom 17. Juni 2009. Zusätzlich wurde Prof. Dr. Heinrich Amadeus Wolff, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Staatsrecht und Verfassungsgeschichte an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/Oder), mit der Evaluierung einiger zentraler Normen beauftragt . Gegenstand seines Gutachtens war die Anwendungspraxis aus staatsrechtswissenschaftlicher Sicht unter Berücksichtigung grundrechtlicher Fragestellungen . Dabei waren auch die Auswirkungen der jeweiligen Maßnahmen auf die Grundrechte der Betroffenen zu würdigen. Das Gesetz zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2553, 2576) basiert auf den Ergebnissen der Evaluation (vgl. Bundestagsdrucksache 17/6925, S. 10 vom 6. September 2011). Nach Artikel 5 Absatz 2 des Gemeinsame-Dateien-Gesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3409) war außerdem das durch dieses Gesetz neu erlassene Antiterrordateigesetz (ATDG) unter Einbeziehung eines wissenschaftlichen Sachverständigen , der im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt wird, zu evaluieren. Auch diesbezüglich erhielt nach Durchführung eines Vergabever- fahrens die Ramboll Management GmbH, Hamburg, den Zuschlag, eine wissenschaftliche Methodenberatung durchzuführen. Der Deutsche Bundestag erteilte Drucksache 18/4057 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sein Einvernehmen mit der Beauftragung am 8. März 2011. Der Evaluierungsbericht wurde dem Deutschen Bundestag am 7. März 2013 zugeleitet (Bundestagsdrucksache 17/12665 (neu)). Die Ergebnisse des Berichts sind gemeinsam mit den Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum ATDG vom 24. April 2013 (1 BvR 1215/07) in das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Antiterrordateigesetzes und anderer Gesetze vom 18. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2318) eingeflossen. 3. Inwieweit sieht die Bundesregierung bei den bestehenden Anti-Terror-Gesetzen gemäß § 89a des Strafgesetzbuchs – StGB – (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat), § 89b StGB (Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat) und § 91 StGB (Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Straftat) Gesetzeslücken und Nachbesserungsbedarf? Die Bundesregierung hat zum aktuellen Änderungsbedarf den in der Antwort zu Frage 1 aufgeführten Gesetzentwurf (GVVG-ÄndG) vorgelegt. 4. Inwieweit sieht die Bundesregierung bei den bestehenden Anti-Terror-Gesetzen gemäß § 129 StGB (Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer kriminellen Vereinigung), § 129a StGB (Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung) und § 129b StGB (Mitgliedschaft bzw. Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung) Gesetzeslücken und Nachbesserungsbedarf? Innerhalb der Bundesregierung wird derzeit geprüft, ob der Vereinigungsbegriff der §§ 129, 129a StGB – wie er in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausgelegt wird – den Anforderungen des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität (2008/ABl. L 300 S. 42) und des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung (2002/475/JI; ABl. EG Nr. L 164 S. 3) genügt. 5. Inwieweit treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung die Einführung eines eigenen Straftatbestandes „Terrorismusfinanzierung“ plant? a) Aufgrund welcher konkreten Überlegungen hält die Bundesregierung die Einführung eines solchen neuen Straftatbestandes für geboten? Die Fragen 5 und 5a werden gemeinsam beantwortet. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein GVVG-Änderungsgesetz sieht die Schaffung eines eigenen Straftatbestandes der Terrorismusfinanzierung (§ 89c StGB) vor. Die Einführung des Straftatbestandes ist geboten aufgrund entsprechender Forderungen der bei der OECD angesiedelten FATF, deren Mitglied die Bundesrepublik Deutschland ist und die international geltende Standards zur Vorbeugung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche setzt. Die FATF forderte zur Einhaltung dieser Standards die Schaffung eines eigenen Straftatbestandes, der die Finanzierung der in Artikel 2 Absatz 1 des Internationalen Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Dezember 1999 zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus (BGBl. 2003 II S. 1923, 1924) genannten Handlungen betrifft, sowie den Verzicht auf die bisher in § 89a Absatz 2 Nummer 4 StGB vorgesehene Erheblichkeitsschwelle, nach der eine Strafbarkeit nur dann gegeben war, wenn sich die Tat auf „nicht unerhebliche Vermögenswerte“ bezog. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4057 b) In welchen Fällen und auf welcher rechtlichen Grundlage und aufgrund welcher bestehenden Straftatbestände kann schon jetzt die Terrorismusfinanzierung verfolgt werden? Bisher ist die Terrorismusfinanzierung nach § 89a Absatz 2 Nummer 4, § 129a Absatz 5 StGB sowie als Beihilfe zu allgemeinen Straftaten strafbar. c) Wo sieht die Bundesregierung Gesetzeslücken bei der Verfolgung von Terrorismusfinanzierung, und mit welchen Beispielen kann sie diese Lücken konkretisieren? Lücken können bei der Generierung finanzieller Mittel für terroristische Straftaten außerhalb des engen Katalogs des § 89a StGB bestehen, wenn die geplanten Taten das Versuchsstadium nicht erreichen. Dementsprechend ist es bisher beispielsweise nicht strafbar, wenn jemand zur Begehung einer entsprechenden terroristischen Straftat, die nicht in den Katalog des § 89a StGB fällt, Gelder sammelt und diese einem terroristischen Einzeltäter zukommen lässt und die Tat dann aber noch nicht einmal in das Versuchsstadium gerät. d) Welche Fälle von Terrorismusfinanzierung, die bislang nicht von den geltenden Strafgesetzen erfasst werden, soll ein neu zu schaffender Straftatbestand „Terrorismusfinanzierung“ abdecken? Der neue Straftatbestand enthält keine Erheblichkeitsschwelle mehr und erfasst daher nicht mehr nur Vermögensgegenstände, die nicht unerheblich sind. e) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung vonseiten der Strafverfolgungsbehörden oder anderer Sicherheitsbehörden oder der juristischen Praxis den Wunsch nach entsprechenden Gesetzesänderungen? Wenn ja, von wem wurde wann diese Forderung in welchem Zusammenhang erhoben? Nach Kenntnis der Bundesregierung bestand keine weitergehende Forderung zur Änderung bzw. Erweiterung der Terrorismusfinanzierung im Sinne des Gesetzentwurfs zum GVVG-Änderungsgesetz. 6. Bei welchen internationalen Terrorlisten ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Listung von Personen, Organisationen, Unternehmen oder anderen Institutionen mit der Möglichkeit oder der Pflicht zur Vermögenseinziehung oder Konteneinfrierung verbunden, und wie oft und in welchem Umfang wurden nach diesen Regelungen seit 2010 diese beiden Maßnahmen ergriffen? Im Rahmen von Sanktionsregimen der Vereinten Nationen (VN) sowie der Europäischen Union (EU) sind Vermögenseinfrierungen (nicht gleichzusetzen mit Vermögenseinziehungen) von gelisteten Personen oder Organisationen möglich, siehe dazu die beiden folgenden Links: www.un.org/sc/committees/ index.shtml zu den VN-Sanktionsregimen und ihren spezifischen Vorgaben sowie www.eeas.europa.eu/cfsp/sanctions/docs/measures_en.pdf zu Maßnahmen im Rahmen der EU. Die entsprechenden EU-Verordnungen gelten in den Mitgliedstaaten unmittelbar, eine Umsetzung in nationales Recht ist nicht erforderlich . In Deutschland sind aufgrund der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates vom 27. Dezember 2001 über spezifische, gegen bestimmte Personen und Organisationen gerichtete restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die An- Drucksache 18/4057 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode wendung bestimmter, spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen und der Verordnung (EU) Nr. 753/2011 des Rates vom 1. August 2011 über restriktive Maßnahmen gegen bestimmte Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen angesichts der Lage in Afghanistan zurzeit insgesamt knapp 12 000 Euro eingefroren. 7. Inwieweit treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung plane, bereits die Absicht zur Reise in ein sogenanntes Terrorcamp, „um sich an schweren staatsgefährdenden Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder um sich für die Teilnahme an schweren Gewalttaten ausbilden zu lassen“, unter Strafe zu stellen (www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/Stichwort-ANTITERROR -GESETZE-Plaene-der-Bundesregierung;art4306,3000467)? a) Welche konkreten Gesetzesänderungen plant die Bundesregierung, um bereits die Absicht zur Reise in ein sogenanntes Terrorcamp, um sich an schweren staatsgefährdenden Gewalttaten im Ausland zu beteiligen oder um sich für die Teilnahme an schweren Gewalttaten ausbilden zu lassen, unter Strafe zu stellen? Die Fragen 7 und 7a werden gemeinsam beantwortet. Der Regierungsentwurf eines GVVG-Änderungsgesetzes sieht vor, dass § 89a Absatz 1 StGB auch Anwendung findet, wenn der Täter eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet, indem er es unternimmt, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat oder der in § 89a Absatz 2 Nummer 1 StGB genannten Handlungen aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, um sich in einen Staat zu begeben, in dem Unterweisungen von Personen im Sinne des § 89a Absatz 2 Nummer 1 StGB erfolgen. b) Inwieweit und unter welchen Umständen ließe sich die geplante Reise in sogenannte Terrorcamps mit dem Ziel der Beteiligung an einer schweren staatsgefährdenden Straftat oder der Ausbildung für eine solche bereits mit den bestehenden Gesetzen strafrechtlich verfolgen? c) Welche Gesetzeslücken sieht die Bundesregierung, die eine geplante Reise in sogenannte Terrorcamps mit dem Ziel der Beteiligung an einer schweren staatsgefährdenden Straftat oder der Ausbildung für eine solche bislang nicht strafrechtlich verfolgen lassen? Die Fragen 7b und 7c werden gemeinsam beantwortet. Die Reise oder der Versuch der Reise in Terrorcamps ist bislang nicht strafbar. Von § 89b StGB erfasst ist lediglich, wenn der Täter in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Absatz 2 Nummer 1 StGB unterweisen zu lassen, zu einer Vereinigung im Sinne des § 129a StGB, auch in Verbindung mit § 129b StGB, Beziehungen aufnimmt oder unterhält. Nicht strafbar ist jedoch die Ausreise zwecks Teilnahme an einem sogenannten Terrorcamp oder zwecks Beteiligung an terroristischen Kampfhandlungen. Die Strafbarkeit tritt dann erst ein, wenn der Täter sich etwa nach § 89a Absatz 2 Nummer 1 StGB unterweisen lässt. Dann befindet sich der Täter bereits regelmäßig in einem Krisengebiet, wodurch die Strafverfolgung praktisch unmöglich wird. Nicht strafbar sind bisher auch die Reise und der Versuch der Reise zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in einem Krisengebiet. Die Grenze zur Strafbarkeit ist überschritten, sobald der Täter in das Versuchsstadium eintritt. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Handlungen des Tä- ters bei ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte in die Tatbestandshandlung unmittelbar einmünden sollen. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4057 Regelung stellt hierbei auf die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland ab. Das Unternehmen der Ausreise wird daher vorliegen, wenn die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland ohne weitere Zwischenschritte unmittelbar bevorsteht . Hierbei ist nach dem Transportmittel zu differenzieren. Erfolgt der Transport mittels eines Flugzeuges, wird der Beginn des Unternehmens der Ausreise anzunehmen sein, wenn der Antritt des Fluges zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland nunmehr unmittelbar bevorsteht. Erfolgt der Transport auf dem Landweg, wird der Beginn des Unternehmens der Ausreise dann eintreten, wenn zum Überschreiten der Landesgrenzen angesetzt wird. d) Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung vonseiten der Strafverfolgungsbehörden oder anderer Sicherheitsbehörden oder der juristischen Praxis den Wunsch nach entsprechenden Gesetzesänderungen? Wenn ja, von wem wurde wann diese Forderung in welchem Zusammenhang erhoben? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden über die genannte Umsetzungspflicht hinaus keine konkreten Gesetzesänderungen gefordert. e) Bei welchem Punkt der Absicht zu einer Reise in ein sogenanntes Terrorcamp soll nach Meinung der Bundesregierung bereits die Strafbarkeit einsetzen, und wie und anhand welcher Merkmale soll eine solche Absicht justiziabel nachgewiesen werden? Besondere Merkmale, die für den Nachweis der mit der Reise verbundenen Absicht erforderlich sind, sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Hier gelten die allgemeinen Beweisregeln für den Nachweis überschießender Innentendenz. Die entsprechende Absicht muss dem Täter damit eindeutig nachgewiesen werden können: nämlich, dass er entweder eine schwere staatsgefährdende Gewalttat begehen oder aber sie vorbereiten will. f) Inwiefern soll der Erwerb eines Flugtickets oder ähnlich fortgeschrittener Reisevorbereitungen Voraussetzung für die strafrechtlich relevante Annahme einer Reiseabsicht sein? Der Erwerb eines Flugtickets ist nicht Voraussetzung der Annahme einer Reiseabsicht . g) Wie gedenkt die Bundesregierung zu verhindern, dass entsprechende neue Strafrechtsparagraphen oder die Änderung bestehender Strafrechtsparagraphen in dieser Frage ein Gesinnungsstrafrecht schaffen, das nicht mehr auf eine konkrete Tat, sondern eben nur auf die Gesinnung einer Person abhebt? Die Gefahr eines Gesinnungsstrafrechts durch die neue Regelung besteht nicht. Die Regelung bezüglich des Reisens zu terroristischen Zwecken ergänzt den bereits bestehenden Katalog der Vorbereitungshandlungen nach § 89a StGB. Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 8. Mai 2014 (3 StR 243/13) insbesondere mit der Frage der Anforderungen an den bei Vorbereitungshandlungen nach § 89a StGB nachzuweisenden Vorsatz beschäftigt und die entsprechenden Voraussetzungen in verfassungskonformer Weise festgelegt. 8. In welchen anderen EU-Staaten gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Strafvorschriften, die ungefähr den von der Bundesregierung angestrebten entsprechen (bitte konkret benennen)? Drucksache 18/4057 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Welche Kritik von Grund- und Menschenrechtsorganisationen an diesen Regelungen ist der Bundesregierung bekannt, und welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus? Das Phänomen der „foreign terrorist fighters“ ist erst in jüngerer Zeit in das breite Bewusstsein gerückt. Der Rat der Europäischen Union hat daher die Mitgliedstaaten gebeten, die Gesetzeslage hinsichtlich der Umsetzung der Resolution 2178 (2014) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 24. September 2014, die sich mit den spezifischen Gefahren befasst, die von ausländischen terroristischen Kämpfern ausgehen, mitzuteilen. Aus der Auswertung ergibt sich, dass die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich die beiden ersten Staaten sind, die entsprechende Schritte zur Umsetzung unternommen haben. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333