Deutscher Bundestag Drucksache 18/4084 18. Wahlperiode 23.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3968 – Mögliche Zusammenarbeit der EU-Polizeimission in der Ukraine mit rechtsextremen bewaffneten Kräften Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die EU-Polizeimission in der Ukraine (EUAM) hat am 1. Dezember 2014 offiziell begonnen und soll nun personell ausgeweitet werden. Obwohl sie von der EU als Mission zur Reform des „zivilen“ Sicherheitssektors bezeichnet wird, gab die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. an, die Mission richte sich „an die Sicherheitsbehörden in der Ukraine in ihrer Gesamtheit“ (Bundestagsdrucksache 18/ 2327). EUAM selbst gibt an, „so eng wie möglich mit allen Sicherheitseinrichtungen, auch mit dem Nachrichtendienst, der Bereitschaftspolizei oder den Grenzschutzbeamten “ zusammenzuarbeiten (vgl. Video auf der EUAM-Facebookseite ), dabei aber den „Verteidigungsbereich“ aus der Kooperation auszuschließen . Allerdings unterstehen militärische Kräfte keineswegs nur dem ukrainischen Verteidigungsministerium, sondern auch dem Innenministerium. Dazu gehört unter anderem die Nationalgarde, die direkt militärische Angriffe gegen Aufständische führt (vv.gov.ua). Dem Innenministerium zumindest formal angegliedert sind auch zahlreiche irreguläre bewaffnete Milizen bzw. Freiwilligenbataillone , von denen unter anderem die Bataillone Asow, Donbass, Dnipro und Aidar in großen Teilen rechtsextrem orientiert sind (vgl. Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes, 220/14). Nach Angaben des Wissenschaftlichen Dienstes sind mindestens 36 Freiwilligenbataillone, die, jedenfalls formal, unter Kontrolle des Innenministeriums stehen, bislang an den Kämpfen im Osten eingesetzt worden. Die Fragestellerinnen und Fragesteller sehen sich deswegen in ihrer Befürchtung bestärkt, dass die enge Zusammenarbeit der EU-Polizeimission mit dem ukrainischen Innenministerium und seinen Gliederungen faktisch die ausbildungsmäßige Unterstützung einer Bürgerkriegspartei bedeutet. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Bedenken erhöhen sich insbesondere durch zahlreiche Hinweise auf eine anhaltende rechtsextreme Durchdringung der offiziellen Politik und des Sicherheitsapparates . Insbesondere über die Wahllisten der Parteien „Volksfront“ und „Selbsthilfe“, die an der Regierung beteiligt sind, sind mehrere Anführer pro- Drucksache 18/4084 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode blematischer Milizen ins Parlament gewählt worden, darunter etwa die Kommandanten der Bataillone Donbass, Semjon Sementschenko (über „Selbsthilfe “), des Asow-Bataillons, Andrij Bilezkij, des Bataillons Dnipro 1, Juri Beresa, sowie des Bataillons Aidar, Ihor Lapin (die Letztgenannten über die Liste der „Volksfront“). Insbesondere das Asow-Bataillon lässt an seiner rechtsextremen Einstellung durch die Wahl faschistischer Symbole (Wolfsangel, Hakenkreuz, SS-Runen) keinen Zweifel. Dennoch wurde dessen Kommandeur Bilezkij im August 2014 vom ukrainischen Innenminister Arsen Awakow zum Polizeileutnant ernannt (DIE ZEIT, 11. Dezember 2014). Anfang November 2014 ernannte Awakow außerdem Asow-Vizekommandeur Wadim Trojan zum neuen Chef der Polizei der Oblast Kiew. Das Asow-Bataillon wurde formal in die Nationalgarde eingereiht und hat damit einen legalisierten Status erhalten. Das bedeutet aber, auch dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes zufolge, keineswegs, dass damit das ukrainische Innenministerium auch faktisch Kontrolle über dieses und andere Bataillone hat, die ihm pro forma unterstellt sind. Bilanzierend spricht selbst der ansonsten äußerst Maidan- und Kiew-freundliche ukrainische Rechtsextremismusexperte Anton Schechowzow von einer „problematischen Beziehung zwischen dem Innenministerium und den Neonazis “ (DIE ZEIT, 11. Dezember 2014). Ein weiteres Beispiel für die enge Zusammenarbeit des Sicherheitsapparates mit Neonazis ist die Aufnahme des früheren Swoboda-Politikers Juriy Michaltschischin in den Geheimdienst (SBU), wo er nach eigenen Angaben unter anderem mit Propaganda („operativer Information“) betraut ist (www. glavcom.ua/articles/23838.html). Michaltschischin hatte u. a. den Holocaust als „Lichtblick in der europäischen Geschichte“ bezeichnet und sich an Paraden zu Ehren der Waffen-SS-Division Galizien beteiligt (junge welt, 20. Dezember 2012, www.dokmz.wordpress.com/?s=michaltschischin). In Kiew haben die rechtsextreme Partei „Rechter Sektor“ und der Polizeichef von Kiew-Stadt im November 2014 angekündigt, gemeinsam im Stadtteil Troieschina gegen Drogen und illegales Glücksspiel vorzugehen (Ukraine Crisis media center, 12. November 2014). Eine Zusammenarbeit mit dem ukrainischen Innenministerium und seinen Sicherheitsbehörden, wie sie von EUAM Ukraine angestrebt wird, ist daher von einer Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten kaum zu trennen. Die letzten faschistischen „Sicherheitskräfte“ in der Ukraine wurden im Jahr 1944 von der Roten Armee zerschlagen. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller sollten nun nicht mit deutscher Hilfe wieder welche ausgebildet werden. 1. Welche Aktivitäten hat EUAM nach Kenntnis der Bundesregierung bislang entwickelt, und welche Schlussfolgerungen zieht sie aus dem bisherigen Verlauf der Mission (inklusive Erkundungsmission)? Die zivile EU-Beratungsmission (EU Advisory Mission – EUAM) in der Ukraine hat gemäß ihrem Mandat zunächst Kontakte zu den Akteuren des zivilen Sicherheitssektors geknüpft, um die nächsten Schritte bei der Reform und Reorganisation des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine zu besprechen. Als Querschnittsthema plant die Mission die Beratung des ukrainischen Innenministeriums zu den Aspekten Menschenrechte und Gender. Die Implementierung von rechtsstaatlichen Prinzipien stellt einen weiteren Gesprächsschwerpunkt dar. Die Mission koordiniert ihre Aktivitäten dabei eng mit den übrigen internationalen Akteuren vor Ort, insbesondere der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Darüber hinaus hat die Mission in Lviv im Oktober 2014 das Pilotprojekt des ukrainischen Innenministeriums im Bereich „Community Policing“ unterstützt und sich bei der Gelegenheit mit lokalen Akteuren und der Zivilgesellschaft ausgetauscht . Zudem pflegt die Mission mandatsgemäß engen Austausch mit dem Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4084 ukrainischen Parlament, der Zivilgesellschaft und lokalen Thinktanks, um ihre Arbeit bekannter zu machen. Die Bundesregierung begrüßt die Erfüllung des Mandats durch die Mission. 2. Wie hat sich die Mission personell entwickelt? a) Wie viele internationale (diese bitte nach Herkunftsländern aufschlüsseln ) und nationale Beschäftigte gehören ihr derzeit an? Der Mission gehören momentan 54 internationale Mitarbeiter an (Belgien: 2, Bulgarien: 3, Deutschland: 8, Dänemark: 2, Estland: 2, Finnland: 1, Frankreich: 1, Griechenland: 1, Großbritannien: 5, Irland: 3, Italien: 3, Litauen: 3, Luxemburg: 1, Niederlande: 2, Rumänien: 7, Schweden: 3, Slowenien: 1, Spanien: 1, Ungarn: 5). Die Mission kann nach Erfüllung der einschlägigen Ratifizierungserfordernisse durch die Ukraine auch nationale Beschäftige einstellen. b) Wie viele Angehörige der Bundespolizei und welcher Länderpolizeien gehörten ihr bisher an, wie viele gehören ihr derzeit an, und wie wird sich die deutsche Beteiligung künftig voraussichtlich entwickeln? Derzeit sind fünf deutsche Polizeivollzugsbeamte in die Mission entsandt. Hierbei handelt es sich um einen Bundespolizisten, drei Polizisten aus NordrheinWestfalen und einen Polizisten aus Sachsen-Anhalt. Die Bundesregierung hat beschlossen, sich insgesamt mit bis zu 20 Polizistinnen und Polizisten an der Mission zu beteiligen. c) Welche Resonanz hat es auf den jüngsten Aufruf der EU zur Teilnahme an der Mission gegeben? Auf den jüngsten Aufruf der EU vom Dezember 2014 haben sich 27 Bewerber aus den Mitgliedstaaten gemeldet, die die entsprechenden Anforderungsprofile erfüllen. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind die Auswahlverfahren für den jüngsten Aufruf der EU zur Teilnahme an der Mission noch nicht abgeschlossen . Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Trifft es zu, dass als Gesamtumfang der Mission 100 internationale und 75 lokale Beschäftigte geplant sind (bitte ggf. korrigieren), und inwiefern lässt die Resonanz auf den jüngsten Aufruf der EU zur Teilnahme an der Mission erwarten, dass dieses Ziel erreicht wird? Die Angaben zum Gesamtumfang treffen zu. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2c verwiesen. 3. Inwiefern beteiligen sich Drittstaaten an EUAM, bzw. inwiefern ist ihre Beteiligung derzeit angestrebt, welche Staaten sind dies, und in welchem Umfang und mit jeweils welcher speziellen Expertise beteiligen sich diese bzw. sind sie angefragt? Eingeladene Drittstaaten sind Albanien, Australien, Chile, Island, Japan, Kanada, Kolumbien, Mazedonien, Montenegro, Neuseeland, Norwegen, Schweiz, Serbien, Südkorea, Türkei und die USA. Momentan beteiligen sich keine Drittstaaten an der Mission. Drucksache 18/4084 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Mit welchen Sicherheitsbehörden und anderen Gesprächspartnern haben sich EUAM-Vertreter nach Kenntnis der Bundesregierung bislang getroffen ? a) Wie häufig haben sich EUAM-Vertreter mit Angehörigen der Nationalgarde getroffen? b) Wie häufig haben sich EUAM-Vertreter mit Angehörigen von Freiwilligen -Bataillonen getroffen, und welche Bataillone waren dies? c) Wie häufig haben sich EUAM-Vertreter mit Angehörigen des Inlandsgeheimdienstes SBU getroffen (bitte jeweils vollständig unter Angabe der Behörde, der Einrichtung bzw. des Bataillons, der Ortschaft, des Namens und der Funktion aller Gesprächspartner angeben, außerdem bitte jeweils den Inhalt der Gespräche angeben, die ggf. angesprochenen Defizite und den Unterstützungsbedarf durch EUAM sowie darauffolgende Zusagen oder Maßnahmen seitens EUAM; außerdem bitte angeben, ob bei den Gesprächen deutsche Polizisten dabei waren)? Die Mission trifft Gesprächspartner aus dem zivilen Sicherheitssektor im Rahmen ihres Mandats eigenverantwortlich, sofern dies zur Umsetzung der Reform und Restrukturierung des zivilen Sicherheitssektors erforderlich ist. Zu den Gesprächspartnern gehören beispielsweise Vertreter des Innenministeriums, der Justizbehörden oder der Präsidialadministration. Zu einzelnen Gesprächen, einzelnen Gesprächspartnern, genauen Gesprächsinhalten und der Häufigkeit der Treffen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 5. In welchen (weiteren) Städten war EUAM bisher vertreten, und was waren jeweils Gegenstand und Ziel des Aufenthaltes dort (bitte ggf. Angaben zu möglichen Gesprächspartnern und Gegenstand der Besprechungen machen)? Schwerpunkt der Missionstätigkeit ist das Hauptquartier in Kiew. Ausgehend von Kiew darf EUAM Ukraine im Rahmen des Mandats und der Sicherheitslage Dienstreisen unternehmen. Der Bundesregierung liegen Kenntnisse von Dienstreisen nach Lviv, Odessa und Dnepropetrovsk vor. Ergänzend sei hier auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Welche der vorgenannten Gesprächspartner sind oder waren nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit Mitglieder des Rechten Sektors, der Swoboda, der Radikalen Partei, der Organisation UNA-UNSO, Patriot der Ukraine oder anderer rechtsextremer Zusammenschlüsse? Bei welchen Gesprächen mit solchen Gesprächspartnern waren deutsche Polizisten dabei? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 7. Hat die Bundesregierung besondere Anweisungen, Empfehlungen oder sonstige Hinweise für die deutschen Polizisten herausgegeben hinsichtlich potenzieller Begegnungen mit Rechtsextremen bzw. Vertretern rechtsextrem beeinflusster Organisationen unter den Gesprächspartnern, und wenn ja, welche sind dies, und für welche Sicherheitseinrichtungen, Personen und Milizen gelten diese? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4084 Wie beurteilt die Bundesregierung die allfällige Teilnahme deutscher Missionsmitglieder an Gesprächen mit Angehörigen rechtsextremer Milizen oder sonstiger Organisationen? Die Bundesregierung hat keine besonderen Anweisungen, Empfehlungen oder sonstige Hinweise im Sinne der Fragestellung an die deutschen Polizeivollzugsbeamten in der Mission herausgegeben. Der Bundesregierung liegen keine Hinweise darauf vor, dass in die Mission entsandte deutsche Polizistinnen und Polizisten an Gesprächen mit Angehörigen rechtsextremer Milizen oder sonstiger rechtsextremer Organisationen teilgenommen haben. 8. Inwiefern ist von EUAM sowie von der Bundesregierung gegenüber den ukrainischen Gesprächspartnern deren Verhältnis zu Rechtsextremisten und Milizen, einschließlich zu Angehörigen des Bataillons Asow, angesprochen worden, und wie haben die ukrainischen Gesprächspartner darauf reagiert (bitte detailliert darlegen)? Die Bundesregierung wird im Rahmen von EUAM Ukraine nicht selbst tätig, sondern unterstützt die Mission durch die Entsendung von deutschem Personal. Die strategische und politische Steuerung und Kontrolle nimmt die Bundesregierung über ihren Vertreter im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee in Brüssel wahr. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Unabhängig davon hat die deutsche Botschaft in Kiew insbesondere das Verhalten des Bataillons Asow wiederholt gegenüber ukrainischen Behörden angesprochen . 9. Welche Schlussfolgerungen hat EUAM nach Kenntnis der Bundesregierung aus der Ernennung von Asow-Vizekommandant Wadim Trojan zum Polizeichef der Oblast Kiew für die Reformbereitschaft des ukrainischen Innenministeriums gezogen, und welche Schlussfolgerungen zieht sie selbst daraus? Legt die Bundesregierung Wert darauf, dass die deutschen Missionsangehörigen nicht mit Trojan kooperieren, und wenn ja, was unternimmt sie in dieser Hinsicht? Hat es bereits Begegnungen mit Trojan gegeben, und wenn ja, wann, wo, wer war daran beteiligt und was war Gegenstand des Gesprächs? Zu eventuellen Schlussfolgerungen der EUAM Ukraine liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 sowie die zu Protokoll gegebene Antwort der Staatsministerin beim Bundesminister des Auswärtigen Dr. Maria Böhmer auf die Mündliche Frage 22 der Abgeordneten Ulla Jelpke in der Fragestunde des Deutschen Bundestages vom 12. November 2014 verwiesen (Plenarprotokoll 18/65). 10. Wie stellt sich aus Sicht der Bundesregierung die Problematik der Dominanz oder der Beeinflussung von Freiwilligenbataillonen sowie der Sicherheitsbehörden durch Rechtsextremisten dar? Welche Schlussfolgerungen zieht sie daraus, und inwiefern wird diese Problematik von EUAM angesprochen? Der Bundesregierung sind Berichte über rechtsextreme Tendenzen in einigen Einheiten bekannt. Sie beobachtet die Entwicklung aufmerksam und setzt sich der ukrainischen Regierung gegenüber klar gegen Rechtsextremismus ein. Zur Drucksache 18/4084 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Behandlung dieser Frage durch EUAM liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 11. Welche Angaben kann die Bundesregierung über die konkrete Funktion machen, die der rechtsextreme Politiker Juriy Michaltschischin nun beim Inlandsgeheimdienst SBU innehat? Juri Mychaltschyschyn hat in einem Interview angegeben, seit September 2014 beim SBU tätig zu sein. Der SBU hat hierzu sowie zu Juri Mychaltschyschyns Funktion keine offiziellen Angaben gemacht. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der angekündigten Kooperation der rechtsextremen Partei Rechter Sektor und der Polizei im Kiewer Stadtteil Troieschina? a) Welche Rolle übernehmen Angehörige des Rechten Sektors dabei konkret ? b) Inwiefern ist diese Kooperation aus Sicht der Bundesregierung ein Indiz für die Reformbereitschaft der Polizei bzw. des vorgesetzten Innenministeriums ? Der Bundesregierung sind entsprechende Meldungen bekannt. Im November 2014 kündigte der Leiter der Miliz in Kiew, Oleksandr Tereschtschuk, eine derartige Zusammenarbeit für den Stadtteil Trojeschtschyna offiziell an. Über die genaue Rollenverteilung wurde hingegen nichts verlautbart. Die Bundesregierung sieht nicht, dass sich aus diesem Vorgang generelle Rückschlüsse auf die Reformbereitschaft der ukrainischen Innenbehörden ergeben. c) Inwiefern hat EUAM dieser Kooperation in seinen Gesprächen angesprochen , und wie bewertet EUAM sie? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. d) Muss aus Sicht der Bundesregierung ausgeschlossen bleiben, dass die Kiewer Polizei sowie der Rechte Sektor durch EUAM oder wenigstens deutsche Missionsangehörige bei ihrer Kooperationstätigkeit unterstützt werden, und wenn ja, was unternimmt sie in dieser Hinsicht? Die Bundesregierung achtet darauf, dass sich die Mission an das für sie gültige EU-Mandat hält, welches ausschließlich eine Unterstützung des zivilen Sicherheitssektors vorsieht. 13. Welche Angaben kann die Bundesregierung zur Rolle der Nationalgarde bei den Kämpfen gegen die Aufständischen im Osten der Ukraine machen ? Die Nationalgarde (insgesamt ca. 46 000 Personen) untersteht dem Innenministerium und gliedert sich in eine Hauptabteilung, sechs Territorialkommandos, zehn Brigaden, 16 Regimenter und 20 Bataillone. Die Nationalgarde hat eine militärische Struktur mit militärischen und polizeilichen Aufgaben. Zu Beginn der sog. Anti-Terror-Operation wurde die Nationalgarde an der Front eingesetzt, später wurde sie mehrheitlich im rückwärtigen Raum eingesetzt. Nach eigenen Angaben war sie am 10. Februar 2015 erstmals seit September 2014 wieder an Gefechten mit den Separatisten beteiligt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4084 Eine weitere Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Die erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen zur Führung nachrichtendienstlicher Quellen enthalten. Der Quellenschutz stellt für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Die öffentliche Bekanntgabe der Identität von Quellen gegenüber Unbefugten würde zum einen die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Betroffenen verletzen. Zum anderen würde die künftige Anwerbung von Quellen schon durch die bloße Möglichkeit des Bekanntwerdens der Identität von Quellen insgesamt nachhaltig beeinträchtigt. Dieses würde wiederum zu einer erheblichen Schwächung der den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Eine Kenntnisnahme durch Unbefugte würde daher für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich “ eingestuft und werden in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.* 14. Welche jener Sicherheitseinrichtungen, mit denen EUAM bislang in Kontakt stand, werden auch im Rahmen der sogenannten Anti-Terror-Operation eingesetzt? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 15. Welche Position hat EUAM nach Kenntnis der Bundesregierung hinsichtlich des Status der Freiwilligenbataillone? a) Welche Position hat die Bundesregierung dazu? Der Status der Freiwilligenbataillone ergibt sich nach Verständnis der Bundesregierung daraus, dass diese dem Verteidigungs- oder dem Innenministerium oder in einigen Fällen direkt der Führung der Anti-Terror-Operation unterstellt sind. b) Inwiefern hält es EUAM nach Kenntnis der Bundesregierung für die angestrebte Sicherheitssektorreform zielführend, dass die ukrainische Regierung die Bataillone bislang nicht auflöst und dies offenbar auch nicht beabsichtigt (siehe Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes), sondern sie entweder formal integriert oder die irregulären Formationen etwa des Rechten Sektors und der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) unangetastet lassen will? Eine eventuelle Einschätzung der EUAM Ukraine zu dem behaupteten Sachverhalt ist der Bundesregierung nicht bekannt. Der Bundesregierung liegen auch keine Hinweise darauf vor, dass die ukrainische Regierung von der angekündigten vollständigen Integration der Freiwilligenverbände in die Struktur der Streitkräfte oder der Nationalgarde Abstand genommen hätte. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheim- schutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/4084 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Kann man nach Kenntnis der Bundesregierung davon sprechen, dass die ukrainische Regierung eine effektive Kontrolle über die ihr formal unterstellten Freiwilligenverbände ausübt? Welche Defizite erkennt die Bundesregierung? Die Bundesregierung stellt fest, dass die ukrainische Regierung Anstrengungen unternommen hat und unternimmt, um eine vollständige Kontrolle über die Freiwilligenverbände sicherzustellen. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung beobachtet die aktuelle Entwicklung genau. Eine weitere Beantwortung der Frage kann nicht offen erfolgen. Die erbetenen Auskünfte sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie Informationen zur Führung nachrichtendienstlicher Quellen enthalten. Der Quellenschutz stellt für die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste einen überragend wichtigen Grundsatz dar. Die öffentliche Bekanntgabe der Identität von Quellen gegenüber Unbefugten würde zum einen die staatliche Fürsorgepflicht gegenüber den Betroffenen verletzen. Zum anderen würde die künftige Anwerbung von Quellen schon durch die bloße Möglichkeit des Bekanntwerdens der Identität von Quellen insgesamt nachhaltig beeinträchtigt. Dieses würde wiederum zu einer erheblichen Schwächung der den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Eine Kenntnisnahme durch Unbefugte würde daher für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben. Sie kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VSA mit dem VS-Grad „VS – Vertraulich“ eingestuft und werden in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt.* 17. Inwiefern ist nach Kenntnis der Bundesregierung sichergestellt, dass bei einer Beratung der Nationalgarde oder des Nachrichtendienstes durch EUAM nicht auch militärisch relevante Fragen erörtert werden? Inwiefern ist es überhaupt machbar, einerseits „so eng wie möglich mit allen Sicherheitseinrichtungen, auch mit dem Nachrichtendienst, der Bereitschaftspolizei oder den Grenzschutzbeamten“ zusammenzuarbeiten, andererseits „Verteidigungsfragen“ dabei ausklammern zu können, angesichts der Tatsache, dass etwa der SBU die sog. Anti-Terror-Operation leitet und die Nationalgarde aktiv Kämpfe führt? Auf die Antwort zu den Fragen 4 und 12d wird verwiesen. 18. Wie drückt sich die von EUAM angesprochene „enge Koordination“ mit dem Verteidigungssektor (Facebookeintrag vom 1. Dezember 2014) bislang konkret aus? Mit welchen Einrichtungen und Personen des Verteidigungssektors fanden seit Missionsbeginn Gespräche statt, was war ihr Gegenstand, und welche Schlussfolgerungen hat EUAM daraus gezogen? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheim- schutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4084 19. Was sind die wesentlichen Aussagen des Status of Mission Agreement? Das „Status of Mission Agreement“ (SOMA) regelt den Status der Mission und der Missionsangehörigen im Gastland. Es wurde für die EU von der Hohen Vertreterin , Federica Mogherini, sowie für die Ukraine von Außenminister Pawlo Klimkin unterzeichnet. Es stellt die Arbeitsfähigkeit der Mission unter statusrechtlichen Aspekten durch Regelungen zur Sicherheit der Mission sowie zum Respekt der Gesetze und Gebräuche des Gastlandes sicher und definiert den räumlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Missionsmandats. 20. Was genau sieht der Operationsplan vor, den der Europäische Rat im Oktober 2014 bestätigt hat? Der Operationsplan (OPLAN) definiert im Detail das Mandat, die Organisation und die Ausführung der Aufgaben durch die Mission. Zudem enthält er Vorschriften zur internen Organisation der Mission. 21. Inwiefern hat EUAM bislang einen Beitrag zur Erarbeitung neuer Polizeigesetze geleistet (bitte möglichst konkret ausführen)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 4 verwiesen. 22. Worin besteht das „Lviv Police Project“, das auf der Facebookseite von EUAM erwähnt wird? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Frage, inwiefern Deserteure nach ukrainischem Recht erschossen werden können, und inwiefern a) gilt dies auch für Personen, die aus den Freiwilligenbataillonen desertieren , b) haben Angehörige solcher Bataillone das Recht, die Erschießungen vorzunehmen, und c) hat die Bundesregierung Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte Erschießungen ? Das ukrainische Recht erlaubt keine Erschießung von Deserteuren. Die Ukraine hat das 13. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention ratifiziert , das eine ausnahmslose Abschaffung der Todesstrafe vorsieht. Zu tatsächlich erfolgten Erschießungen hat die Bundesregierung keine Kenntnisse. 24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Rekrutierung von Minderjährigen durch (para)militärische Einheiten (siehe Kyiv Post, 27. Januar 2015)? a) Welche Einheiten rekrutieren Minderjährige? b) Inwiefern werden Minderjährige in den umkämpften Gebieten oder in deren Hinterland eingesetzt? c) Inwiefern beteiligen sich Minderjährige an Gefechten? d) Inwiefern ist diese Praxis von EUAM angesprochen worden? Drucksache 18/4084 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode e) Wie positionieren sich nach Kenntnis der Bundesregierung die ukrainischen Behörden diesbezüglich? Der Bundesregierung ist der in der Frage genannte Artikel bekannt. Weitere Erkenntnisse liegen ihr nicht vor. 25. Wie viele und welche Angehörige welcher Freiwilligenbataillone sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit im ukrainischen Parlament vertreten, und welchen Fraktionen gehören sie dort jeweils an? Nach Kenntnis der Bundesregierung gehören folgende 15 Angehörige von Freiwilligenbataillonen derzeit dem ukrainischen Parlament an: Juri Beresa (Bataillon „Dnipro-1“, Fraktion Volksfront), Andri Teteruk („Myrotworez“, Volksfront ), Jewhen Dejdej („Kyjiw-1“, Volksfront), Mychajlo Hawryljuk („Soloti Worota“, Volksfront), Oleh Petrenko („Asow“, Block Petro Poroschenko), Ihor Luzenko („Asow“, Vaterlandspartei), Nadija Sawtschenko („Ajdar“, Vaterlandspartei ), Semen Sementschenko („Donbass“, Selbsthilfe), Pawlo Kischkar („Donbass“, Selbsthilfe), Jaroslaw Markewytsch („Donbass“, Selbsthilfe), Artem Witko („Luhansk-1“, Radikale Partei), Dmytro Jarosch („Prawy Sektor“, fraktionslos), Wolodymyr Parasjuk („Dnipro-1“, fraktionslos), Andri Bilezky („Asow“, fraktionslos), Serhi Melnytschuk („Ajdar“, fraktionslos). Gesamtherstellung: H. 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