Deutscher Bundestag Drucksache 18/4085 18. Wahlperiode 23.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen, Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3970 – Die deutsch-armenischen Beziehungen heute und die Erinnerung an den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die seit 1991 unabhängige Republik Armenien gilt seit vielen Jahren als das ärmste Land Europas. Ein Drittel der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze (www.theguardian.com/world/2014/jun/09/-sp-post-soviet-world-need-to-knowarmenia ). Durch den bereits Ende der 1980er-Jahre noch innerhalb der Sowjetunion entfachten Bergkarabach-Konflikt sind die Beziehungen Armeniens zur Türkei und zu Aserbaidschan bis heute schwer belastet. Diplomatische Beziehungen zwischen den beiden Ländern und Armenien bestehen gar nicht. Bis heute wird Armenien aufgrund des Konfliktes um Bergkarabach in Ost und West durch Aserbaidschan sowie dessen türkischen Verbündeten blockiert. Im Jahr 1992 trat Armenien dem NATO-Kooperationsrat bei, aus welchem 1997 der Euro-Atlantische Partnerschaftsrat hervorging. Seit 1994 nimmt Armenien an der „Partnerschaft für den Frieden“ mit der NATO teil. Ein Partnerschaftsund Assoziierungsabkommen zwischen Armenien und der Europäischen Union (EU) folgte 1996 (in Kraft seit 1999). Seit 2004 nimmt Armenien an der „Europäischen Nachbarschaftspolitik“ der EU teil sowie seit 2009 an der Östlichen Partnerschaft der EU. Nach Jahren der politischen Annäherung an die EU und die NATO kam es im Herbst 2013 zu einer grundsätzlichen Neuorientierung in der armenischen Außenpolitik . Nachdem der armenische Präsident Sersch Sargsjan am 3. September 2013 ankündigte, dass Armenien der Zollunion/Eurasischen Union (ZU/EaU) beitreten werde (www.euobserver.com/foreign/121304), erklärten hochrangige Vertreter der EU und der Bundesregierung, dass eine Assoziierung mit der EU und ein Beitritt zur ZU/EaU nicht möglich ist. Am 2. Januar 2015 trat Armenien dann der Eurasischen Union bei. Ein großes Thema in der Innenpolitik Armeniens sowie den internationalen BeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 19. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. ziehungen der Republik spielt der Völkermord an den Armeniern von vor 100 Jahren . Dieses Jahr jährt sich zum 100. Mal der Beginn des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern. Nach wissenschaftlichen Schätzungen fielen dem Genozid in den Jahren 1915 und 1916 circa 1,5 Millionen Menschen zum Drucksache 18/4085 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Opfer. Eine überwältigende Mehrheit der Historiker weltweit bewertet die Deportationen und Massaker als einen Genozid im Sinne der UN-Konvention von 1948 zur Verhütung und Bestrafung des Völkermordes. Der Völkermord an den armenischen Bürgerinnen und Bürgern des Osmanischen Reichs war der Höhepunkt des Vernichtungs- und Vertreibungsprogramms der im Ersten Weltkrieg regierenden nationalistischen „Partei für Einheit und Fortschritt“ („Jungtürken“). Ihre Politik der ethnischen Homogenisierung richtete sich in der Tendenz gegen alle nichttürkischen Ethnien, wie beispielweise auch die assyrische, die aramäische und die griechische Minderheit. Das Deutsche Reich trägt nach Auffassung der Fragesteller als politischer und militärischer Patron des Jungtürkenregimes eine Mitverantwortung für die Verbrechen an den armenischen, assyrischen, aramäischen und griechischen Minderheiten des Osmanischen Reiches. Viele im Osmanischen Reich tätige deutsche Konsuln und Botschafter des Deutschen Kaiserreichs wussten von dem Völkermord an den Armeniern (Vahakn N. Dadrian: The Armenian Question and the Wartime Fate of the Armenians as Documented by the Officials of the Ottoman Empire’s World War I Allies: Germany and Austria-Hungary, in: International Journal of Middle East Studies, Jg. 34 [2002], Nummer 1, S. 59–85), taten jedoch nichts, was das deutsch-osmanische Bündnis im Ersten Weltkrieg gefährdet hätte. Erschwerend für die Rolle des Deutschen Reiches kommt hinzu, dass insgesamt 800 deutsche Offiziere und 25 000 Soldaten im Osmanischen Reich dienten und sich dabei zum Teil auch aktiv am Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern beteiligten. Der Deutsche Bundestag hat in dem verabschiedeten Antrag „Erinnerung und Gedenken an die Vertreibungen und Massaker an den Armeniern 1915 – Deutschland muss zur Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen“ lediglich von einer „unrühmlichen Rolle“ Deutschlands (Bundestagsdrucksache 15/5689) gesprochen. Von allen türkischen Regierungen seit der Gründung der Türkischen Republik wurde die systematische Ermordung der Armenierinnen und Armenier nicht als Völkermord anerkannt. Türkische Diplomaten versuchen bis in die Gegenwart, Konferenzen über den Völkermord an den Armeniern in anderen Ländern zu verhindern (www.asbarez.com/127432/genocide-conference-in-romania-helddespite -turkish-protests/). Im März 2010 erkannte der schwedische Reichstag den Völkermord an den armenischen , aramäischen und pontisch-griechischen Minderheiten des Osmanischen Reiches als Genozid im Sinne der UN-Konvention von 1948 an (www.aina.org/news/20100311192620.htm). Schweden ging damit inhaltlich weiter als Deutschland, Österreich, Ungarn und Bulgarien – die damaligen Verbündeten des Osmanischen Reiches. In bisher zwei Staaten der Europäischen Union (Griechenland und die Slowakei) sowie in der Schweiz ist die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern strafbar. So verabschiedete das griechische Parlament am 9. September 2009 ein Gesetz, welches im Falle einer Leugnung des Genozids eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren sowie Geldstrafen bis zu 30 000 Euro vorsieht (www.jurist.org/ paperchase/2014/09/greece-parliament-ratifies-bill-criminalizing-armeniangenocide -denial.php). 1. Wie beurteilt die Bundesregierung den gegenwärtigen Stand der bilateralen Beziehungen Deutschlands zur Republik Armenien? Die bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Armenien sind gut und vertrauensvoll und wurden in den vergangenen Jahren weiter vertieft. Zuletzt führte der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, am 23. Oktober 2014 politische Gespräche in Eriwan. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4085 2. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen hat die Bundesregierung aus der Anerkennung des Referendums auf der Krim am 16. März 2014 durch den Präsidenten Armeniens gezogen bzw. wird sie ziehen (www.asbarez. com/120847/sarkisian-backs-crimean-referendum-in-phone-call-withputin /)? Die völkerrechtswidrige russische Intervention stellt einen Verstoß gegen das Verbot von Androhung oder Anwendung von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen nach Artikel 2 Absatz 4 VN-Charta dar und verletzt die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine. Wegen der völkerrechtswidrigen Anwendung von Gewalt sind auch die dadurch erst ermöglichte Sezession der Krim von der Ukraine und ihr nachfolgender Anschluss an Russland völkerrechtswidrig . Die Bundesregierung hält daher an ihrer Nichtanerkennung der Annexion der Krim fest. 3. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der gegenwärtigen politischen Lage in der südkaukasischen Region? Die Bundesregierung setzt sich weiterhin mit Nachdruck in bilateralen Gesprächen wie auch im EU-Rahmen für eine friedliche Lösung der Territorialkonflikte im südlichen Kaukasus ein, damit diese Region ihr Potenzial voll entfalten kann. Die Kaukasus-Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung trägt durch länderübergreifende Entwicklungskooperation mit Armenien, Aserbaidschan und Georgien zu regionaler Verständigung und Krisenprävention bei. 4. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Entwicklung der außenpolitischen Beziehungen der Republik Armenien zu a) Aserbaidschan, b) Georgien, c) der Türkei, d) Iran, e) Russland, f) den USA und g) Belarus? Die Bundesregierung setzt sich für eine Normalisierung der politischen Beziehungen zwischen der Republik Armenien und der Republik Aserbaidschan sowie der Republik Türkei ein. Sie ermutigt in diesem Zusammenhang die Republik Armenien und die Republik Türkei zu einer Wiederaufnahme ihrer Annäherungsbemühungen, wie im Rahmen der von diesen beiden Staaten im Jahr 2009 unterzeichneten Züricher Protokolle vereinbart, und unterstützt die Fortsetzung der Gespräche zwischen armenischen und aserbaidschanischen Regierungsvertretern unter der Ägide der OSZE-Minsk-Gruppe. Zu allen anderen genannten Staaten unterhält die Republik Armenien normale diplomatische Beziehungen , über deren Ausgestaltung sie souverän entscheidet. Drucksache 18/4085 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der innenpolitischen Entwicklung der Republik Armenien seit 2008? Die Bundesregierung ermutigt die armenische Regierung, in ihren Reformanstrengungen nicht nachzulassen, und setzt ihre aktive Unterstützung des Reformprozesses in Armenien im Rahmen von bilateralen und europäischen Kooperationsprogrammen fort. 6. Welche strategische Bedeutung misst die Bundesregierung der Region Südkaukasus zu, und welche Aufgaben ergeben sich daraus für das Handeln der Bundesregierung? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 7. Auf welcher Grundlage erfolgt die militärische und wehrtechnische Zusammenarbeit der Bundesregierung mit den Streitkräften Armeniens, und welche Maßnahmen und Projekte sind im Rahmen dieser Zusammenarbeit in den nächsten Jahren geplant? Die militärische Zusammenarbeit im Bereich der bilateralen Jahresprogramme (JP) und der Militärischen Ausbildungshilfe (MAH) erfolgt auf Grundlage der „Vereinbarung über die Zusammenarbeit im militärischen Bereich“ vom 8. Juni 2007 und der „Vereinbarung über die Ausbildung von Angehörigen der Streitkräfte und Mitarbeitern der Streitkräfte der Republik Armenien in Einrichtungen der Bundeswehr im Rahmen der Militärischen Ausbildungshilfe“ vom 17. Januar 2012. Die im Rahmen der MAH für 2016 geplanten Maßnahmen sind in der Antwort zu Frage 8 aufgeführt. 8. Welchen Beitrag hat die Bundesregierung seit 2008 zur Ausstattung und Ausbildung der Streitkräfte Armeniens geleistet (bitte nach Jahren und Maßnahmen aufschlüsseln)? Angehörige der Streitkräfte der Republik Armenien durchliefen im Rahmen der MAH bisher folgende Ausbildungsgänge: Offizierausbildung (Dauer 3 Jahre); Lehrgang für Generalstabs- und Admiralstabsdienst mit internationaler Beteiligung (1 Jahr); Bataillonskommandeur-Praktikum (3 Monate); EinheitsführerPraktikum (3 Monate); Arzt-Weiterbildung (1 Jahr), Sanitätspersonal-Weiterbildung (6 Monate); VN-Ausbildung (3 Wochen); ABC-Abwehrlehrgang (3 Wochen ); Rüstungskontrolle (3 Wochen); Deutschlehrer-Fortbildungsseminar (3 Wochen); hinzu kommt jeweils eine 3- bis 12-monatige Sprachausbildung. Maßnahmen im Rahmen der MAH erstrecken sich mitunter über mehrere Jahre. Betrachtet wird daher jeweils das Jahr, in dem der militärische Anteil der Ausbildung beginnt. Mit dem Ausbildungsjahr 2008 beginnend durchliefen insgesamt 9 Angehörige der Streitkräfte der Republik Armenien eine Ausbildung im Rahmen der MAH; mit dem Ausbildungsjahr 2009 beginnend: 7 Angehörige; mit dem Ausbildungsjahr 2010 beginnend: 7 Angehörige; mit dem Ausbildungsjahr 2011 beginnend: 7 Angehörige; mit dem Ausbildungsjahr 2012 beginnend: 9 Angehörige; mit dem Ausbildungsjahr 2013 beginnend: 11 Angehörige; mit dem Ausbildungsjahr 2014 beginnend: 7 Angehörige; Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4085 mit dem Ausbildungsjahr 2015 beginnend durchlaufen insgesamt 12 Angehörige der Streitkräfte der Republik Armenien eine Ausbildung im Rahmen der MAH. Es ist geplant, dass mit dem Ausbildungsjahr 2016 beginnend 11 Angehörige der Streitkräfte der Republik Armenien an Ausbildungsgängen im Rahmen der MAH teilnehmen. 9. In welchem Umfang hat die Bundesregierung seit 2008 den Export von Rüstungsgütern der Ausfuhrliste Teil 1 A an Armenien genehmigt, und welche Kriegswaffen der Kriegswaffenliste B wurden tatsächlich in diesem Zeitraum an diesen Staat geliefert (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurde für den Export von sonstigen Rüstungsgütern der Ausfuhrliste Teil 1 A im Zeitraum von 2008 bis 2014 nach Armenien nur eine Genehmigung erteilt. Es handelt sich dabei um die Ausfuhr einer Laborchemikalie (Kleinmenge) im Wert von 654 Euro. Diese Genehmigung ist dem Rüstungsexportbericht 2013 zu entnehmen. Von 2008 bis 2014 wurden nach Kenntnis der Bundesregierung keine Kriegswaffen des Teils B der Kriegswaffenliste nach Armenien ausgeführt. 10. In welchem Umfang, wann und wo hat die Bundeswehr der armenischen Armee Uniformen und andere Materialien zur Verfügung gestellt (www.deutschlandfunk.de/bundeswehrrueckzug-beraten-statt-kaempfenin -afghanistan.724.de.html?dram:article_id=298702)? Die in Afghanistan mit den deutschen Einsatzkontingenten ISAF und Resolute Support eingesetzten armenischen Streitkräfte werden auf Grundlage sogenannter Technical Arrangements seit Januar 2010 zur Gewährleistung der Einsatzfähigkeit als Sicherungskräfte mit deutschem Material und deutscher Ausrüstung ausgestattet. Die Ausstattung mit Bekleidung (u. a. Uniformen) und persönlicher Ausrüstung erfolgt hierbei im Rahmen der Vorausbildung in Deutschland. Deutsche Hoheitsabzeichen werden durch armenische Hoheitsabzeichen ersetzt. Die übrige, für den Einsatz erforderliche Ausrüstung wird im Einsatzland übergeben . Dieses Material verbleibt zu jeder Zeit im deutschen Bestand und wird separat in deutschen Nachweis- und Bewirtschaftungssystemen nachgewiesen und bewirtschaftet. Zu dieser im Einsatzland übergebenen Ausrüstung gehören u. a. Fahrzeuge, Handwaffen, Fernmeldegerät und dienstliche Kommunikationsausstattung , Nachtsichtgeräte und persönliche Sanitätsausstattung. Der Ausstattungsumfang wird der jeweiligen Kontingentstärke und dem Auftrag angepasst. Nach Einsatzende werden das gesamte Material, Bekleidung und persönliche Ausrüstung im Einsatzland zurückgegeben. 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Tod von zwei armenischen Soldaten an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze im Bereich der Exklave Nachitschewan vom 5. Juni 2014 (www.asbarez.com/ 123801/2-armenian-soldiers-killed-on-nakhichevan-border/)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren Erkenntnisse vor. Drucksache 18/4085 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Beschuss eines OSZE-Beobachterteams (OSZE – Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) an der Kontaktlinie zwischen Bergkarabach und Kernaserbaidschan vom 10. Juni 2014 (www.asbarez.com/123939/ azeri-snipers-fire-shots-ahead-of-osce-monitoring-mission/)? Aus der in der Frage genannten Quelle geht hervor, dass das OSZE-Beobachterteam am 10. Juni 2014 nicht beschossen wurde und das Monitoring planmäßig durchgeführt hat. Dies deckt sich mit den Erkenntnissen der Bundesregierung. 13. Welche Veranstaltungen zum 100. Jahrestag des Beginns des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern führt die Bundesregierung im Zeitraum 2015 bis 2016 in Eigenregie durch (bitte entsprechend der Jahre nach Ressort, Veranstaltung, Ort und finanziellen Kosten einschl. der Haushaltstitel, aus denen die Kosten gedeckt werden, auflisten)? a) An welchen dieser Veranstaltungen wird die Bundeskanzlerin, Dr. Angela Merkel, teilnehmen? b) Welche Bundesminister werden an den entsprechenden Gedenkveranstaltungen teilnehmen? c) An welchen Veranstaltungen wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Bundespräsident, Joachim Gauck, teilnehmen? Die Bundesregierung möchte auch und gerade im Gedenkjahr 2015 im Sinne des Entschließungsantrags vom 15. Juni 2005 auf Bundestagsdrucksache 15/5689 durch die Förderung einer Reihe von Projekten zur Verständigung und Versöhnung zwischen Türken und Armeniern beitragen. Diese Projekte sollen Jugendaustausch , Workshops für Studierende, eine Journalistenreise im Rahmen des Gästeprogramms der Bundesrepublik Deutschland sowie kulturelle Veranstaltungen umfassen und sollen unter anderem die Zielgruppe der armenischen und der türkischen Jugendlichen erreichen. Für alle vorgesehenen Veranstaltungen und Projekte gilt, dass sie nicht unmittelbar und punktuell auf den 100. Jahrestag des Beginns der Vertreibung und Ermordung der Armenier im Osmanischen Reich am 24. April 2015 ausgerichtet sein werden, sondern über das gesamte Gedenkjahr 2015 verteilt stattfinden sollen. Die Projekte befinden sich aktuell in der Antragsphase, so dass über die einzelnen Partnerorganisationen und die finanziellen Mittel noch keine Angaben gemacht werden können. Der in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 13. Januar 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/3722 genannte Antrag des Instituts für internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschulverbands (DVV International) auf Förderung eines deutscharmenisch -türkischen Begegnungsprojekts in den Jahren 2015/16 befindet sich weiterhin in der Prüfphase. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 13. Januar 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/3722 verwiesen. 14. Welche Veranstaltungen zum 100. Jahrestag des Beginns des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern führt die Bundesregierung im Ausland im Zeitraum 2015 bis 2016 in Eigenregie durch (bitte entsprechend der Jahre nach Ressort, Veranstaltung, Ort und finanziellen Kosten einschließlich der Haushaltstitel, aus denen die Kosten gedeckt werden, auflisten)? a) An welchen Veranstaltungen wird die Bundeskanzlerin teilnehmen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4085 b) Welche Bundesminister werden an den entsprechenden Gedenkveranstaltungen teilnehmen? c) An welchen Veranstaltungen wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Bundespräsident teilnehmen? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 15. In welcher Höhe stellt die Bundesregierung finanzielle Mittel für eigene Veranstaltungen im Rahmen des Gedenkens an den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern in den Jahren 2015 und 2016 zur Verfügung (bitte entsprechend nach In- und Ausland nach Jahren getrennt angeben)? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 16. Welche Organisationen (Nichtregierungsorganisationen, staatliche Institutionen , Museen etc.) fördert die Bundesregierung bezüglich welcher Veranstaltungen mit finanziellen Mitteln für das Gedenken an den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern in den Jahren 2015 und 2016 (bitte entsprechend den Jahren nach Datum, Organisation und finanziellen Mitteln auflisten)? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 17. Wie viele Mittel stellen nach Kenntnis der Bundesregierung die Bundesländer dem Gedenken in den Jahren 2015 und 2016 anlässlich des Völkermordes an den Armenierinnen und Armeniern zur Verfügung (bitte entsprechend der Bundesländer nach Jahren auflisten)? Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg stellt dem Lepsiushaus Potsdam e. V. für 2015 und nach derzeitigem Stand auch für 2016 im Rahmen einer Projektförderung jeweils 45 000 Euro bereit, mit denen auch Veranstaltungen finanziert werden, die dem 100. Jahrestag der Vertreibung und Ermordung der Armenier im Osmanischen Reich gewidmet sind. Das Land Sachsen-Anhalt stellt anlässlich des Gedenkens an die Vertreibung und Ermordung der Armenier im Jahr 2015 Mittel in Höhe von 26 800 Euro zur Verfügung. Im Jahr 2014 wurden aus diesem Anlass in Vorbereitung für Maßnahmen im Jahr 2015 Mittel in Höhe von 10 250 Euro bereitgestellt. Für das Jahr 2016 sind keine weiteren Mittel vorgesehen. Die Bundesregierung hat bislang keine Kenntnis davon, dass andere Bundesländer Mittel für Gedenkveranstaltungen oder sonstige Projekte aus Anlass des 100. Jahrestages des Beginns der Vertreibung und Ermordung der Armenier 1915/16 in ihre Haushalte eingestellt haben. 18. Welche Publikationen planen Dienststellen des Bundesministeriums der Verteidigung anlässlich des Gedenkens an den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern? In den Medien der Informationsarbeit der Bundeswehr sind derzeit keine Veröffentlichungen zu der Thematik geplant. Drucksache 18/4085 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie hoch sind die Mittel der Bundeszentrale für politische Bildung, die für die Jahre 2015 und 2016 anlässlich des 100. Jahrestages des Beginns des Völkermords an den Armenierinnen und Armeniern eingesetzt werden sollen? Für 2015 sind für Veranstaltungen anlässlich des 100. Jahrestags des Beginns des Vertreibung und Ermordung der Armenier ca. 110 000 Euro veranschlagt; weitere etwa 55 000 Euro sind für Online- und Printpublikationen eingeplant. a) Wie ist die inhaltliche Ausrichtung dieser Veranstaltungen der Bundeszentrale für politische Bildung geplant? Die Projekte zielen auf eine historisch-kritische Auseinandersetzung mit der Vertreibung und Ermordung der Armenier und den offiziellen Narrativen zu den Ereignissen in den Jahren 1915/1916. Thematisiert werden neben Biografien von Armeniern, die durch diese Ereignisse ums Leben kamen, auch die historischen , politischen und gesellschaftlichen Hintergründe. Anhand schriftlicher Aufzeichnungen soll auch die Rolle konkreter Personen, Politiker und Militärs bei der Vertreibung und Ermordung der Armenier beleuchtet werden. b) Welche Veranstaltungen werden durch die Bundeszentrale für politische Bildung zu diesem Themenbereich durchgeführt? Die Bundeszentrale für politische Bildung beteiligt sich am internationalen wissenschaftlichen Symposium „Zeuge eines Jahrhundertverbrechens: Das Deutsche Reich und der Völkermord an den Armeniern“, das vom 1. bis 3. März 2015 im Deutschen Historischen Museum in Berlin und im Lepsiushaus Potsdam stattfinden wird, sowie am Festival „Es schneit im April … Eine Passion und ein Osterfest“ des Maxim Gorki Theaters, das vom 2. bis 4. April 2015 in Berlin stattfinden wird. c) Werden im Rahmen dieser Veranstaltungen auch friedenspolitische und antimilitaristische Organisationen in den Veranstaltungen beteiligt , und wenn ja, welche? Nein. 20. Betrachtet die Bundesregierung die Verständigung zwischen der Türkei und Armenien über den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern als einen wichtigen Aspekt für den Beitritt der Türkei zur Europäischen Union? Falls ja, wie könnte eine solche Einigung zwischen beiden Ländern aus Sicht der Bundesregierung konkret aussehen? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 13. Januar 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/3722 wird verwiesen. 21. Was unternimmt die Bundesregierung, um die Verdienste der historischen deutschen Persönlichkeiten zu würdigen, die sich seinerzeit für die bedrohten osmanischen Armenierinnen und Armeniern eingesetzt bzw. politische Aufklärung über ihr Schicksal eingefordert haben? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 10 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 25. Januar 2010 auf Bundestagsdrucksache 17/824 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4085 22. Welche Anerkennungsmöglichkeiten bezüglich historischer Tatsachen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die türkische Regierung sowie die Große Nationalversammlung der Türkei, und welche historischen Präzedenzfälle sind der Bundesregierung dazu bekannt? Es obliegt der Entscheidung der türkischen Regierung und der Großen Nationalversammlung der Türkei, inwiefern sie sich zu historischen Ereignissen konkret äußern. Präzedenzfälle sind der Bundesregierung nicht bekannt. 23. Sollte nach Ansicht der Bundesregierung eine gemeinsame Veranstaltung des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung im Deutschen Bundestag stattfinden, um an den Genozid an den Armenierinnen und Armeniern in angemessener Weise zu erinnern? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. 24. Teilt die Bundesregierung die „von türkischer Seite als einseitig proarmenisch [perzipierte] Haltung“, dass die Arbeit des Lepsiushauses in Potsdam einseitig proarmenisch ist, was „in der Konzeption bisheriger Veranstaltungen und Veröffentlichungen des Fördervereins Lepsiushaus Potsdam e. V. zum Ausdruck“ kommt (Bundestagsdrucksache 18/3722)? a) Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Beschäftigung mit dem Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern eine „proarmenische Haltung“ darstellt? b) Welche Konsequenzen und Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der ggf. „einseitig proarmenisch perzipierten Haltung“ des Lepsiushauses? c) Plant die Bundesregierung ein neues Format für die Aufarbeitung und Beschäftigung mit dem Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern ? Die Fragen 24, 24a bis 24c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. vom 13. Januar 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/3722 verwiesen. Die finanzielle Unterstützung der Programmtätigkeit des Lepsiushauses durch die Bundesregierung auf Grundlage der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung (vertreten durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien), dem Land Brandenburg, der Landeshauptstadt Potsdam und dem Förderverein Lepsiushaus Potsdam e. V. vom 4. Dezember 2008 ist im Jahr 2011 ausgelaufen. Ein neues institutionelles Format für eine Auseinandersetzung mit der Vertreibung und Ermordung der Armenier 1915/1916 ist seitens der Bundesregierung nicht geplant. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333