Deutscher Bundestag Drucksache 18/4128 18. Wahlperiode 26.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jürgen Trittin, Dr. Frithjof Schmidt, Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3943 – Konzept und Umsetzung der schnellen NATO-Eingreiftruppe Very High Readiness Joint Task Force Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Auf dem NATO-Gipfel in Wales am 4. und 5. September 2014 einigten sich die NATO-Mitgliedstaaten als Reaktion auf die Situation in der Ukraine auf einen Readiness Action Plan. Teil des Aktionsplans ist die Steigerung der Reaktionsschnelligkeit der NATO-Reaktionskräfte (NRF). Eine streitkräftegemeinsame NRF-Einheit soll in höchster Bereitschaft (Very High Readiness Joint Task Force – VJTF) aufgestellt werden. Dieser neue Verband der NATO soll in der Lage sein, innerhalb weniger Tage verlegt zu werden, um auf sicherheitspolitische Herausforderungen zu reagieren. Die NATO nimmt für sich selbst in Anspruch , auf die Verletzung völkerrechtlicher Normen wie der NATO-RusslandGrundakte durch Russland eine Antwort zu geben, ohne selber diese Grundakte infrage zu stellen. Am 5. Februar 2015 werden die NATO-Verteidigungsminister in Brüssel das Konzept der VJTF beschließen. Viele Fragen zur Struktur, Ausrichtung und Aufgabe des Verbandes sind noch offen, insbesondere was die Entscheidungshoheit , die Befehlskette, die Verwendung der Truppen, vor allem aber die Wahrung der Parlamentsbeteiligungsrechte bei der Entsendung bewaffneter Streitkräfte angeht. Angesichts der Planung, die Marschbereitschaft von Teilen der einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten innerhalb von 48 Stunden zu gewährleisten , ergeben sich außerdem Fragen zur praktischen Umsetzung des VJTF-Konzepts. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Im Zentrum des NATO-Gipfels in Wales am 4. und 5. September 2014 stand die strategische Anpassung des Bündnisses an ein durch das russische Vorgehen in der Ukraine verändertes Sicherheitsumfeld. Dank des erheblichen Engagements Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 24. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. der Bundesregierung gelang es dabei, die Balance zwischen der Stärkung der kollektiven Verteidigung durch die Verabschiedung des defensiv ausgerichteten „Readiness Action Plan“ einerseits und die Bekräftigung der regelbasierten Drucksache 18/4128 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode europäischen Sicherheitsarchitektur einschließlich der NATO-Russland-Grundakte von 1997 andererseits zu wahren. Im Mittelpunkt des NATO-Verteidigungsministertreffens am 5. Februar 2015 standen erste Entscheidungen zur Umsetzung des „Readiness Action Plan“, insbesondere die Indossierung der Grobkonzepte für die Landkomponente der schnell verlegbaren Eingreiftruppe der NATO (Very High Readiness Joint Task Force – VJTF) und für die neu einzurichtenden NATO-Aufnahmestäbe zunächst in den baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien (NATO Force Integration Units – NFIU). Die konzeptionelle Ausarbeitung der Umsetzung des „Readiness Action Plan“ durch die NATO-Gremien dauert an. Die Entscheidungen zu weiteren Umsetzungsschritten werden voraussichtlich beim NATO-Verteidigungsministertreffen im Juni 2015 getroffen. 1. Welche Position wird die Bundesregierung bei dem Treffen der NATO-Verteidigungsminister und in Bezug auf die VJTF am 5. Februar 2015 vertreten ? Die Bundesregierung hat sich im Vorfeld und während des NATO-Verteidigungsministertreffens am 5. Februar 2015 dafür eingesetzt, den beim NATOGipfel in Wales vereinbarten zweigleisigen Ansatz aus glaubhafter Verteidigung und dem beharrlichen Angebot an Russland zum Dialog zu wahren. Über die Fortsetzung der bisherigen Rückversicherungsmaßnahmen der NATO hinaus, an denen sich Deutschland im Sinne verlässlicher Bündnissolidarität seit Anbeginn umfangreich beteiligt, hat die Bundesregierung substanzielle Beiträge auch für die Umsetzung der Anpassungsmaßnahmen angekündigt. Dazu gehören die Bereitstellung von Kräften für die sog. Interim-VJTF 2015 sowie die generelle Bereitschaft zur Übernahme einer Führungsrolle als VJTF-Rahmennation. Darüber hinaus wird das von Deutschland, Polen und Dänemark geführte Multinationale Korps Nordost in Stettin als Hauptquartier hoher Bereitschaft sowie zur Drehscheibe für regionale Kooperation insbesondere im Bereich der Bündnisverteidigung ausgebaut. 2. Welche vorbereitenden Gespräche über das Konzept der VJTF hat es seitens der Bundesregierung mit welchen NATO-Partnerstaaten im Vorfeld wann gegeben, und mit welchem Inhalt? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung aus diesen Gesprächen darüber , welche Mitgliedstaaten der NATO sich als Rahmennationen an der VJTF mit welchen Fähigkeiten bzw. bei der NATO angemeldeten oder anzumeldenden nationalen Verbänden beteiligen und welche Mitgliedstaaten weitere Fähigkeiten in kleinerem Umfang bereitstellen oder sich im Sinne des framework nations concept an die Rahmennationen anlehnen sollen (bitte detailliert nach Mitgliedstaat, Art des geplanten Beitrags – Rahmennation oder anlehnendes Mitglied –, Status der Verbindlichkeit des Beitrags, bereitzustellenden Fähigkeiten, personellem Umfang aufschlüsseln)? Das Grobkonzept der VJTF wurde im Kreis der 28 Bündnispartner erarbeitet und verabschiedet. Zu gesonderten vorbereitenden Gesprächen der Bundesregierung mit Drittstaaten („NATO-Partnerstaaten“) bestand keine Veranlassung. Beim NATO-Verteidigungsministertreffen am 5. Februar 2015 haben sich folgende sechs Alliierte generell bereit erklärt, in den nächsten Jahren die Führung der VJTF als Rahmennation zu übernehmen: Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Polen und Spanien. Die weitere Detailausplanung der VJTF ist noch nicht abgeschlossen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4128 3. Auf welche Bedrohungen und sicherheitspolitischen Herausforderungen will die NATO mit der Etablierung der VJTF reagieren? Welche militärischen Fähigkeiten, welche Strukturen sowie welcher personelle Umfang werden vor diesem Hintergrund für die VJTF benötigt? Die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten haben auf dem Gipfel in Wales vereinbart, die Reaktionsfähigkeit der Allianz durch die Schaffung der VJTF zu erhöhen. Sie ist ein defensives Krisenreaktionsinstrument innerhalb der bestehenden Schnellen Eingreiftruppe der NATO (NATO Response Force – NRF), das sowohl zur kollektiven Verteidigung als auch im Rahmen des Krisenmanagements eingesetzt werden kann. Die VJTF soll aus Land-, Luft-, See- und Spezialkräften bestehen. Die bisherigen Planungen sehen bei Landstreitkräften ein Brigadeäquivalent (ca. 5 000 Soldaten ) vor. Die Ausplanung der übrigen Anteile ist noch nicht abgeschlossen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 4. Wie soll die schnellere Verlegefähigkeit der VJTF im Vergleich zur NRF konkret gewährleistet werden, und bis wann soll die VJTF fertig entwickelt und vollständig einsatzbereit sein? Die Interim-VJTF 2015 stellt eingeschränkte VJTF-Fähigkeiten bis zur Herstellung der vollen Einsatzbereitschaft der VJTF zur Verfügung. Im ersten Halbjahr 2015 sollen in einem ersten Testlauf der schnellen Verlegbarkeit Erfahrungen gesammelt werden, die in das endgültige VJTF-Konzept einfließen. Die volle Einsatzbereitschaft (Full Operational Capability – FOC) der VJTF soll im Jahr 2017 erreicht werden. Das nächste Zwischenziel ist die Schaffung einer VJTF mit einer grundsätzlichen Einsatzbefähigung (Operational Capability) bis zum Warschau-Gipfel 2016. 5. Wer wird den Oberbefehl über die Streitkräfte haben, die im Rahmen der VJTF eingesetzt werden sollen, und wie wird nach Meinung der Bundesregierung eine politische Kontrolle über die Einsatzentscheidung sichergestellt ? Wie bei der bisherigen NRF verbleibt die sogenannte volle Kommandogewalt („full command“) über die nationalen Streitkräfte bei der truppenstellenden Nation . Im Falle eines Einsatzes der NRF bzw. zukünftig der VJTF liegt der auf den Einsatz bezogene militärische Oberbefehl beim Alliierten Oberbefehlshaber der NATO (SACEUR). Verlegung und Einsatz erfordern einen vorherigen Beschluss des Nordatlantikrats, sodass die politische Kontrolle über die Einsatzentscheidung gewährleistet ist. 6. Welche Rolle wird der Supreme Allied Commander Europe – SACEUR im Rahmen der VJTF einnehmen, und wie ist die politische Kontrolle durch den NATO-Rat sichergestellt? Der SACEUR hat grundsätzlich die Aufgabe, die Verlegebereitschaft der VJTF sicherzustellen. Im Falle einer tatsächlichen Verlegung bzw. eines Einsatzes der NRF bzw. der VJTF liegt der militärische Oberbefehl beim SACEUR. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. Drucksache 18/4128 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 7. Hält die Bundesregierung Konsultationen auf der Ebene des NATO-Rates vor einer Verlegung der VJTF – auch zur Vorbereitung und Durchführung von Übungen und Manövern – für geboten? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hält grundsätzlich Konsultationen für geboten und hat sich von Beginn an für eine politische Kontrolle bei der Verlegung der VJTF auch bei Übungen ausgesprochen und eingesetzt. 8. Inwiefern bedarf es nach Auffassung der Bundesregierung bereits bei einem Zusammenziehen militärischer Verbände, beispielsweise im Rahmen der Vorbereitung einer NATO-Übung oder eines NATO-Manövers unter substanzieller Einbeziehung der VJTF, vorheriger politischer Konsultationen und Beschlüsse auf der Ebene des NATO-Rates? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. 9. Wann ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Mandatierung des Einsatzes von Bundeswehrsoldatinnen und Bundeswehrsoldaten im Rahmen der NRF bzw. VJTF im Sinne des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland (Parlamentsbeteiligungsgesetz) geboten, a) bei der Zusammenziehung von Truppen zu Übungs- und Bereitschaftszwecken , b) bei der Zusammenziehung im Rahmen der 48-Stunden-Frist, weil ein bewaffneter Einsatz droht? Die Fragen 9, 9a und 9b werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Ein mandatierungsbedürftiger Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (ParlBG) liegt vor, „wenn Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr in bewaffnete Unternehmungen einbezogen sind oder eine Einbeziehung in eine bewaffnete Unternehmung zu erwarten ist“ (§ 2 Absatz 1 ParlBG). Lediglich vorbereitende Maßnahmen sind kein Einsatz, der der Zustimmung des Bundestages bedarf (§ 2 Absatz 2 ParlBG). Für die VJTF gelten insofern keine Besonderheiten. Die Zusammenziehung von Truppen zu Übungs- und Bereitschaftszwecken ist grundsätzlich nicht mandatierungspflichtig. c) Wie will die Bundesregierung die geltenden gesetzlichen Bestimmungen und Verfahren zur Mandatierung bewaffneter Streitkräfte im Ausland im Sinne des Parlamentsbeteiligungsgesetzes sicherstellen, insbesondere vor dem Hintergrund einer notwendigen Mandatierung des bewaffneten Einsatzes von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr als Teil der VJTF innerhalb von nicht mehr als 48 Stunden? Die Bundesregierung sieht in der möglicherweise kurzfristigen Anberaumung eines mandatierungsbedürftigen Einsatzes im Sinne des ParlBG und den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum Verfahren in solchen Fällen keinen Widerspruch . Schon in der bisherigen Mandatierungspraxis gab es Einsätze, die innerhalb einer sehr kurzen Frist mandatiert wurden. Die frühzeitige Unterrichtung des Parlaments und die rechtzeitige Einbringung von Anträgen durch die Bundesregierung ermöglichen auch in solchen Fällen eine angemessene parlamen- tarische Befassung. Sollte im Ausnahmefall von Einsätzen bei Gefahr im Verzug , die keinen Aufschub dulden, ein parlamentarisches Beteiligungsverfahren Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4128 nicht rechtzeitig durchführbar sein oder nicht zeitgerecht zum Abschluss gebracht werden können, sieht das ParlBG in § 5 eine Ausnahmeregelung vor. Der Antrag auf Zustimmung zum Einsatz ist dann unverzüglich nachzuholen. 10. Wie lautet der genaue Auftrag der VJTF, und für welche Aufgaben sollen diese Kräfte entlang der Planungen der NATO eingesetzt werden? Nach dem Stand der Dinge bleibt der Auftrag der künftigen NRF grundsätzlich unverändert. Als Bestandteil der NRF soll die VJTF die Reaktionsfähigkeit der NATO erhöhen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 11. Sollen bestimmte Bedingungen oder Restriktionen für die Verlegung, die Übungspraxis, den etwaigen Einsatz und alle weiteren Aktivitäten der VJTF gelten, und wenn ja, welche (bitte detailliert aufschlüsseln)? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu den Fragen 5 und 9 wird verwiesen. 12. Welche konkreten Aufgaben wird Deutschland innerhalb der VJTF übernehmen ? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 13. Wie viele Soldatinnen und Soldaten werden von der NRF für die InterimsVJTF abgestellt? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 14. Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung die Befehls- und Entscheidungskette zu einem möglichen Einsatz der VJTF organisiert? Ein möglicher Einsatz der VJTF muss zunächst im NATO-Rat im Konsens der 28 NATO-Mitgliedstaaten beschlossen werden. Im Fall einer Verlegung bzw. eines Einsatzes der VJTF liegt der militärische Oberbefehl beim SACEUR. Ein Führungselement auf operativer Ebene und weitere multinationale Führungselemente auf taktischer Ebene vervollständigen die Befehls- und Entscheidungskette . 15. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Entscheidungskette in der Standby-Phase für einen möglichen Einsatz der Streitkräfte im Rahmen der VJTF innerhalb von 48 Stunden organisiert? Es wird auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. 16. Ist die Bundeswehr nach Meinung der Bundesregierung in der Lage, erste Truppenteile im Rahmen der VJTF innerhalb von 48 Stunden in Marschbereitschaft zu versetzen? a) Wenn ja, welcher Anpassungsbedarf ist damit verbunden (bitte detailliert darlegen)? Drucksache 18/4128 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wenn nein, welche Umstrukturierungen und Anpassungen innerhalb der Bundeswehr sind notwendig, um dies zu gewährleisten, und bis wann plant die Bundesregierung, dies zu realisieren? c) Welche finanziellen Kosten veranschlagt die Bundesregierung hierfür? Die Bundeswehr ist in der Lage, die Verpflichtungen als Rahmennation der VJTF zu erfüllen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 17. Welche Auswirkungen haben die Planungen zur Etablierung der VJTF für die Bundeswehr und die Einsatzbereitschaft – auch und insbesondere hinsichtlich der Durchhaltefähigkeit jenseits von NATO- bzw. NRF-Operationen ? Die Beteiligung der Bundeswehr an der geplanten VJTF erfolgt dergestalt, dass die Einsatzbereitschaft und die Durchhaltefähigkeit der Bundeswehr in den laufenden Einsätzen nicht gefährdet werden. 18. Wie soll nach Ansicht der Bundesregierung ausgeschlossen werden, dass durch ein Zusammenziehen militärischer Verbände im Osten des NATOGebietes zur schnelleren Reaktionsfähigkeit der einzusetzenden Streitkräfte eine dauerhafte Truppenstationierung stattfindet, die nicht im Einklang mit der NATO-Russland-Grundakte wäre? Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 19. Wie ist im Zusammenhang mit dem Festhalten der Bundesregierung an der NATO-Russland-Grundakte, die Schaffung von dauerhaften „NATO Force Integration Units“ in Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und Bulgarien zu beurteilen, bei der auch deutsche Soldaten beteiligt sind? Die NATO hat sich im Jahr 1997 in der NATO-Russland-Grundakte dazu bekannt , „dass das Bündnis in dem gegenwärtigen und vorhersehbaren Sicherheitsumfeld seine kollektive Verteidigung und andere Aufgaben eher dadurch wahrnimmt, dass es die erforderliche Interoperabilität, Integration und die Fähigkeit zur Verstärkung gewährleistet, als dass es zusätzlich substanzielle Kampftruppen dauerhaft stationiert“. Auf dem NATO-Gipfel in Wales am 4. und 5. September 2014 haben die Alliierten ihr Bekenntnis zur regelbasierten europäischen Sicherheitsarchitektur einschließlich der NATO-Russland-Grundakte von 1997 bekräftigt. NRF bzw. NRF-Bestandteile werden nicht dauerhaft in den östlichen Bündnisstaaten stationiert. Vielmehr können sie vorübergehend für Übungszwecke oder im Krisenfall dorthin verlegt werden. Bei den NFIU handelt es sich nicht um substanzielle Kampftruppen, sondern um kleine multinationale Aufnahmestäbe der NATO, die die Aufnahme von Kontingenten unterstützen sollen. Beides steht somit im Einklang mit dem in der NATO-Russland-Grundakte niedergelegten Bekenntnis der NATO. Zudem sieht die Grundakte bereits vor, dass das Bündnis sich auf eine „angemessene, den genannten Aufgaben gerecht werdende Infrastruktur“ stützt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4128 20. Wie schätzt die Bundesregierung das Eskalationspotenzial von etwaigen im Rahmen der VJTF durchgeführten Manövern an der östlichen Grenze des NATO-Gebietes für das Verhältnis zwischen der NATO und Russland ein? Welche Pläne gibt es, einen gegenseitigen Informationsaustausch zwischen der Russischen Föderation und der NATO über die Stationierung von militärischen Verbänden samt Großgerät, kurzfristig anberaumten Übungen und Manövern, der Konzentrierung größerer militärischer Verbände sowie über die gegenseitigen militärischen Absichten herzustellen? Die Maßnahmen zur Umsetzung des „Readiness Action Plan“, zu denen auch die Schaffung der VJTF gehört, haben einen defensiven Charakter. Diese Maßnahmen wurden vor dem Hintergrund des russischen Vorgehens in der Ukraine beschlossen und dienen der Sicherheit, Verteidigung und Rückversicherung der Alliierten innerhalb des NATO-Bündnisses. Das Anmelden von Übungen inklusive der ggf. erforderlichen Einladung von Beobachtern unterliegt auch in diesem Falle den Bestimmungen des „Wiener Dokuments über vertrauens- und sicherheitsbildende Maßnahmen“ von 2011. Aufgrund der erhöhten russischen Übungstätigkeit am Rande des Bündnisgebiets setzt sich die Bundesregierung für die Reaktivierung militärischer Kontakte zwischen der NATO und Russland ein. Dies soll u. a. der Vermeidung von Unfällen, Fehlperzeptionen und Missverständnissen dienen. Die Reaktivierung wurde im Grundsatz beim NATO-Außenministertreffen im Dezember 2014 beschlossen , die Ausgestaltung des Kontaktmechanismus ist weiterhin Gegenstand von Beratungen. 21. Wird sich das Operationsgebiet der VJTF nach Kenntnis der Bundesregierung auf das östliche NATO-Gebiet im Sinne der kollektiven Selbstverteidigung beschränken, und wann und unter welchen Bedingungen hielte die Bundesregierung den Einsatz der VJTF auch in anderen Regionen als im östlichen NATO-Gebiet für geboten? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 22. Werden Staaten außerhalb der NATO über die VJTF und alle damit verbundenen Aktivitäten gesondert in Kenntnis gesetzt? Wenn ja, welche Staaten werden in welcher Form bzw. innerhalb welcher Gremien worüber informiert? Die NATO-Partnerstaaten werden von der Allianz grundsätzlich im Rahmen der geltenden Partnerschaftsformate und Regularien einbezogen. Dies kann je nach Inhalt der Beteiligung beispielsweise auf der Ebene des NATO-Militärausschusses oder des Nordatlantikrats erfolgen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 23. Welche zusätzlichen Kosten ergeben sich aus der Einrichtung der VJTF? Die konzeptionelle Ausarbeitung der Umsetzung des „Readiness Action Plan“ und damit der VJTF dauert noch an. Erst nach deren Abschluss können die haushalterischen Folgen abschließend bewertet werden. Bislang beschlossen ist lediglich die gemeinschaftliche Finanzierung der Transportkosten für die Übung der VJTF in der Testphase 2015 mit bis zu 4 Mio. Euro (deutscher Anteil ca. 15 Prozent ). Die weiteren Ausgaben für die deutschen Beiträge zur VJTF werden aus den Titelansätzen des Einzelplans 14 finanziert. Zum gegenwärtigen Planungsstand kann der zusätzliche Finanzbedarf nicht belastbar beziffert werden. Drucksache 18/4128 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 24. Wann wird das Konzept für die VJTF innerhalb der NATO endgültig verabschiedet , und wird im Vorfeld der Deutsche Bundestag eingebunden? Die Ausarbeitung des NRF-Konzepts und somit auch der VJTF als dessen Bestandteil wird zum NATO-Verteidigungsministertreffen im Juni 2015 erwartet. Die Bundesregierung wird den Deutschen Bundestag auch weiterhin in geeigneter Weise unterrichten. 25. Innerhalb welchen Zeitraums soll die gesamte VJTF verlegbar und vollständig einsetzbar sein? Im Einklang mit dem von den NATO-Verteidigungsministern am 5. Februar 2015 indossierten Grobkonzept soll die von den Rahmennationen gestellte VJTF innerhalb weniger Tage verlegt werden können. 26. Plant die NATO, sich hierbei auf eigens dafür einzurichtende Depots, Lager oder Basen mit weiterem Personal sowie militärischer Ausrüstung und militärischem Gerät abzustützen, um die Verlegefähigkeit und Einsatzbereitschaft zu gewährleisten? Wenn ja, wo und in welchem Umfang plant die NATO dies? Wenn nein, warum nicht? Im Einklang mit dem von den NATO-Verteidigungsministern am 5. Februar 2015 indossierten Grobkonzept werden die NATO-Aufnahmestäbe zunächst in den baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Bulgarien errichtet. Diese Aufnahmestäbe sollen die Aufnahme von Kontingenten im Rahmen von Übungen sowie im Ernstfall sicherstellen. Die konzeptionelle Ausarbeitung dauert an. 27. Soll die volle Einsatzbereitschaft der VJTF nach wie vor erst ab dem Jahr 2017 erreicht werden (vgl. Schriftliche Frage 37 der Abgeordneten Agnieszka Brugger auf Bundestagsdrucksache 18/3711), und wenn ja, warum ? Wie genau unterscheidet sich die volle Einsatzbereitschaft von der Einsatzbereitschaft der Interims-VJTF (bitte detailliert aufschlüsseln)? Die Detailausplanung zur VJTF ist noch nicht abgeschlossen. Die Einsatzbereitschaft der Interim-VJTF orientiert sich an der Einsatzbereitschaft der Immediate Response Force als Bestandteil der bisherigen NRF. Es wird darüber hinaus auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 28. Welche Durchhaltefähigkeit bei welcher personellen Einsatzstärke soll die VJTF abbilden können, und inwiefern soll hier auf die übergeordnete Struktur der NRF zurückgegriffen werden? Die VJTF ist ein Bestandteil der NRF und wird aus der NATO-Kommandostruktur heraus geführt. Es zeichnet sich ab, dass die Kräfte, die für die Aufstellung der VJTF eingebracht werden, aufgrund der geplanten Rotation drei Jahre lang gebunden sein werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333