Deutscher Bundestag Drucksache 18/4129 18. Wahlperiode 26.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Christian Kühn (Tübingen), Harald Ebner, Peter Meiwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/3881 – Dämmstoffe für die energetische Gebäudesanierung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Für die Umwelt- und Klimaschutzwirkung von Dämmmaßnahmen sind die graue Energie, die zur Herstellung der Dämmmaterialien aufgewendet wird, sowie die Recyclingfähigkeit der Dämmmaterialien von Bedeutung. Diese variieren je nach Dämmstoff. Die Marktdurchdringung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen ist noch gering, während Dämmstoffe aus Styropor einen Marktanteil von 50 Prozent halten und jene aus Mineralwolle 39 Prozent, wie aus dem privaten „Branchenradar Dämmstoffe 2014“ hervorgeht. Die Verwendung von Dämmstoffen ist unter anderem wegen des Brandverhaltens von Polystyrol-Dämmstoffen in die öffentliche Kritik geraten. Zuletzt hatten die Bauminister der Länder untersucht, inwieweit geltende Brandschutzbestimmungen bei mit Styropor gedämmten Fassaden ausreichen, wenn die Brandquelle von außen auf das Gebäude einwirkt. Die Brandversuche haben ergeben, dass die Brandschutzbestimmungen nicht ausreichen. Die Bauminister haben sich infolgedessen darauf geeinigt, bei Neubauten die Anforderungen zu erweitern und bei bestehenden Gebäuden den Gebäudeeigentümern Informationen zu möglichen Vorsorgemaßnahmen an die Hand zu geben. Eine Nachrüstpflicht sei nicht verhältnismäßig. Es waren bis zum Jahr 2012 18 Brandfälle bekannt geworden. Dämmstoffe aus Styropor sind zudem wegen Verwendung des Brandhemmers HBCD (Hexabromcyclododecan) in die Kritik geraten. HBCD wird in mehreren Produkten verwendet, vor allem aber in erdölbasierten Dämmstoffen für Gebäude, die unter dem Namen Polystyrol (auch: Styropor, EPS, XPS) auf dem Markt sind. Es verzögert die Entzündung von Kunststoffen und die Ausbreitung von Flammen. Bei vollentwickelten Bränden jedoch brennen auch Gegenstände , die mit Flammhemmern wie HBCD behandelt sind. Nach Angaben der Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 24. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Europäischen Chemikalienagentur ECHA wurden 2006 jährlich in Europa circa 12 000 Tonnen HBCD eingesetzt. Drucksache 18/4129 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Laut Umweltbundesamt hat HBCD gesundheitsschädliche Effekte. In Tierversuchen wurde gezeigt, dass die Embryonal- und Säuglingsentwicklung gestört werden kann. HBCD steht auch im Verdacht, die Fortpflanzung zu beeinträchtigen . Human-Biomonitoring-Daten zur Belastung der Muttermilch zeigen, dass der Stoff in der Muttermilch enthalten sein kann. Zudem ist HBCD sehr schlecht zu entsorgen und schwer abbaubar. Er kann ins Grundwasser eindringen , sich dort anreichern und bei Wasserorganismen schwere Schädigungen hervorrufen, die sich über die Nahrungskette bis zum Menschen fortsetzen. Im Jahr 2011 wurde HBCD durch das UN-Umweltprogramm und die Stockholmer Konvention als biologisch schwer abbaubare Substanz eingestuft, und im Rahmen einer Anpassung der REACH-Chemikalienverordnung der EU in den Anhang XIV von REACH aufgenommen, in die Liste „Besonders besorgniserregender Stoffe“, deren Anwendung schrittweise verboten werden soll. Mit Beschluss der sechsten Vertragsstaatenkonferenz des Stockholmer Übereinkommens über persistente organische Schadstoffe, auch POP-Konvention genannt, wurde im Jahr 2013 ein weltweites Verbot von HBCD beschlossen, mit einer ca. einjährigen Übergangsfrist bis zum November 2014. Die Vertragsstaatenkonferenz legte fest, dass diese Übergangsfrist bis zum Juni 2014 nicht für die Verwendung von HBCD in EPS und XPS für den Baubereich gilt, da bereits durch die REACH-Verordnung ein Ende der Herstellung und Verwendung nach dem 21. August 2015 vorgeschrieben ist. Noch ist unklar, ob die Europäische Kommission die Möglichkeit der Ausnahmeverwendung für HBCD in Dämmstoffen unter der POP-Konvention über den 21. August 2015 hinaus anzeigt und demnach nach dem 21. August 2015 HBCD in Europa in Dämmstoffen, gegebenenfalls unter Auflagen, weiter verwendet werden kann (Quelle: Umweltbundesamt, 2014). Graue Energie zur Herstellung von Dämmstoffen 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Menge grauer Energie , die für die Herstellung von Dämmmaterialien aufgewendet wird (bitte nach Art des Dämmstoffes – geschäumte Kunststoffe – Styropor, Polystyrol , Polyurethan, anorganische Dämmstoffe – Mineralwolle, Blähton, Perlite, Kalziumsilikat-Platten, geschäumtes Glas, Aerogel-Platten, Naturdämmstoffe – Cellulosedämmplatte, Celluloseflocken-Einblasdämmstoff, Hanfdämmplatte, Baumwoll-Dämmmatte, Baumwollflocken-Einblasdämmstoff , Glimmerschiefer-Schüttdämmstoff, Schaumglas, Flachsfaser-Dämmplatte , Holzfaser-Dämmplatte, Blähperlit-Schüttdämmstoff, SchafwolleDämmmatten , Hobelspan-Einblasdämmstoff, Kork-Dämmplatten, Kokosrollfilz -Dämmstoff, Calciumsilikat-Platte und Schilfrohr-Leichtbauplatten, sonstige aufschlüsseln)? 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Menge grauer Energie , die für die fachgerechte Entsorgung von Dämmmaterialien aufgewendet wird (bitte wie in Frage 1 nach Art des Dämmstoffes aufschlüsseln)? 3. Wie bewertet die Bundesregierung diese Unterschiede, und welche Schlüsse zieht sie daraus? 4. Inwiefern plant die Bundesregierung, die graue Energie, also die Energiemenge , welche für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung der verschiedenen Dämmmaterialien notwendig ist, in die Bestimmung der Förderfähigkeit mit einzubeziehen? Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Grundlage des CO2-Gebäudesanierungsprogramms (KfW-Förderprogramme zum energieeffizienten Bauen und Sanieren) ist die Energieeinsparverordnung (EnEV), aus der sich die jeweiligen Förderstandards ableiten. Es wird keine bestimmte Form der Dämmung vorgeschrieben, die EnEV und die Förderpro- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4129 gramme des Bundes sind technologie- und materialoffen. Anforderungen bestehen an den Primärenergiebedarf und den Transmissionswärmeverlust von Gebäuden bzw. an die energetische Qualität einzelner Bauteile. Betrachtungsgegenstand ist auf der Grundlage des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) die aufzuwendende Energie während der Nutzungs- und Betriebsphase von Gebäuden . Auf dieser Grundlage ist die Betrachtung sogenannter grauer Energie im Nachweisverfahren nach der EnEV und damit auch bei der Förderung nicht enthalten . Die Daten über die sogenannte graue Energie sind in der Datenbank „oekobaudat.de“ im Detail veröffentlich. Je nach Dämmstoffart und -dicke ist der Entsorgungsaufwand an grauer Energie unterschiedlich. Die energetischen Amortisationszeiten, d. h. der Zeitraum, in dem der Energieaufwand für die Herstellung der Dämmstoffe durch Energiekostenersparnisse wieder erwirtschaftet wird, liegen je nach Gebäude, verwendetem Dämmstoff und dessen Dicke zwischen wenigen Monaten und mehreren Jahren. Recyclingfähigkeit von Dämmstoffen 5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, inwieweit verschiedene Dämmmaterialien recyclebar sind (bitte wie in Frage 1 nach Recyclingarten , insbesondere thermische Verwertung bzw. Verbrennung, Kompostierbarkeit , und stoffliches Recycling der Dämmmaterialien, aufschlüsseln )? 6. Wie bewertet die Bundesregierung diese Unterschiede, und welche Schlüsse zieht sie daraus? Die Fragen 5 und 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Zur Recyclingfähigkeit von Wärmedämmverbundsystemen liegt seit Ende 2014 ein Forschungsbericht vor, der folgende Kernaussagen beinhaltet: – Vom gesamten Abfallaufkommen in Deutschland in Höhe von rund 390 000 Ki- lotonnen (kT) entfallen nur rund 230 kT auf Dämmmaterialien. 42 kT sind Dämmmaterialabfall in Form von Polystyrol (Expandiertes Polystyrol – EPS/ Extrudiertes Polystyrol – XPS) und 35 kT gemischter Baustellenabfall. – Die im Forschungsbericht genannte geringe Abfallmenge von 85 kT erlaubt keine detaillierte Zuordnung. – Da die Abfallmenge insgesamt sehr gering ist, gibt es auch keine Aufschlüsselung über die Art der Entsorgung oder die Recyclingfähigkeit. – Zu Polystyrol ist folgende ergänzende Aussage gemacht worden: „Ist der Rückbau unvermeidlich, so ist derzeit die energetische Verwertung in kommunalen Müllverbrennungsanlagen das Verfahren der Wahl. Damit ist die Nutzung des höheren Brennwertes von Polystyrol als auch die Ausschleusung des Flammschutzmittels HBCD möglich.“ Ergänzend ist bekannt, dass das Potenzial einer Wiederverwendung insbesondere bei Dämmstoffen gegeben ist, die als Schütt- oder Einblasdämmung eingebracht werden. Es liegen jedoch noch keine weiteren Erfahrungen hierzu vor. Die Kompostierung, die in diesem Sinne ebenfalls als Recycling bezeichnet werden kann, kommt nur für nachwachsende Rohstoffe infrage. Bisher unternommene Versuche zur Kompostierung dieser Dämmstoffprodukte verliefen aufgrund von Zusätzen zur Flamm- und Fraßhemmung negativ. Drucksache 18/4129 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Anreize zur Verwendung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen 7. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Verwendung von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen seit 2003 in Deutschland entwickelt (bitte nach Jahren und verwendeten Kubikmetern oder Quadratmetern aufschlüsseln )? Zum Dämmstoffmarkt in Deutschland erfolgen von der Bundesregierung keine eigenen regelmäßigen statistischen Datenerhebungen. Im Rahmen von für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) 2006, 2008 und 2014 erstellten Marktanalysen und Studien wurden für die Jahre 2003, 2004, 2005, 2009 und 2011 Daten zur Dämmstoffverwendung aus nachwachsenden Rohstoffen erhoben. Für das Jahr 2012 wurden im Thünen-Report 9 „Holzverwendung im Bauwesen – Eine Marktstudie im Rahmen der Charta für Holz“ aktuelle Zahlen ermittelt. Für 2011 wurde im Rahmen der o. g. Marktanalysen in Deutschland für Dämmstoffe ein Gesamtmarkt von 28,4 Millionen Kubikmeter (m3) ermittelt. Die Marktanteile von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen lagen somit 2003 bei ca. 4 Prozent. Im Jahr 2009 wurde ein Anteil von 5 Prozent und im Jahr 2011 ein Anteil von 7,2 Prozent am Gesamtdämmstoffmarkt abgeschätzt. 8. In welchem Umfang förderte die Bundesregierung die Gebäudedämmung auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen (bitte in Euro, Bundesförderung und Jahr seit 2003 angeben)? Im Rahmen des von 2003 bis 2007 laufenden Markteinführungsprogrammes „Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“ wurden insgesamt 15,323 Mio. Euro Fördermittel ausgezahlt. * Auszahlung ausstehender Mittel aus 2007 9. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den Marktanteilen der Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen? Es wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Was unternimmt die Bundesregierung, um die Verwendung umweltfreundlicher Dämmmaterialien gezielt zu unterstützen? Die Bundesregierung unterstützt über das „Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe“ Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Hierzu wurden und werden seit 2003 (Stand: 31. Dezember 2014) 43 Vorhaben mit Fördermitteln in Höhe von insgesamt 10 Mio. Euro gefördert. Die Förderung von Forschung und Entwicklung wird fortgesetzt. Aktuell ist 2003 2004 2005 2009 2011 2012 0,98 Mio. m3 1,1 Mio. m3 1,2 Mio. m3 1,25 Mio. m3 2,03 Mio.3 2,94 Mio. m3 2003 2004 2005 2006 2007 2008* 720 000 € 3 635 000 € 2 978 000 € 3 021 000 € 3 160 000 € 1 809 000 € über das „Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe“ ein Forschungsverbund Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4129 „Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“ ausgelobt, der die Eigenschaften von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen weiter verbessern soll. Auf Grundlage der Ergebnisse soll für Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen ein klar quantifizierbarer Zusatznutzen aufgezeigt werden können. Über die Fachinformationsstelle Bauen und Wohnen mit nachwachsenden Rohstoffen bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) werden außerdem zahlreiche Maßnahmen, speziell zu Dämmstoffen, im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit gefördert (Beantwortung von Verbraucheranfragen, kostenfreie Printveröffentlichungen, Informationsangebote im Internet oder Informationsveranstaltungen ). Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) plant einen Runden Tisch zu Hemmnissen bei der Verwendung nachwachsender Rohstoffe im Baubereich. Maßgebend für den Einsatz nachwachsender Rohstoffe bzw. von Dämmstoffen ist das Baurecht. Insbesondere die jeweiligen Landesbauordnungen erschweren mitunter den Einsatz dieser Materialien. Das BMEL möchte mit einem Runden Tisch die Fachleute und Vertreter der Länder zum Thema Landesbauordnungen direkt ansprechen. 11. Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um den Marktanteil von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen zu erhöhen? Es wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 12. Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung, um den Marktanteil von Dämmstoffen auf Basis von pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen zu erhöhen? Die Bundesregierung unterstützt über das „Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe“ Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsvorhaben bei Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen. Über das Förderprogramm werden Vorhaben unterstützt, die sich mit pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen zur Herstellung von Dämmstoffen beschäftigen. Hier sind speziell die Verwendung von Stroh, Rinde, Altholz und Altpapier (Cellulose) zu nennen, beispielhafte Vorhaben sind: – Dämmstoffe aus expandierten Partikeln heimischer Baumrinde, – Strohbau 2012–2013 Erweiterte Zulassung, Qualitätssicherung und Stroh- baurichtlinie, – ERA-WoodWisdom: Isolierende Schäume und Bioenergie – Wertsteigernde Nutzung von Rinde (Biofoambark), – ERA-WoodWisdom: CaReWood, – Platten aus umweltfreundlichen Sandwichelementen aus pflanzlichen Rest- stoffen mit integrierter Schall- und Wärmeschutzfunktion. Zukünftig sollen unter einem gesonderten Förderschwerpunkt die Nutzung biogener Reststoffe optimiert und Recycling-Potentiale vor dem Hintergrund einer nachhaltigen und wettbewerbsfähigen biobasierten Wirtschaft erschlossen werden . 13. Welche Forschungsaktivitäten verfolgen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und Bundeseinrichtungen, um die Erforschung und Entwicklung von Dämmstoffen auf Basis von pflanzlichen Rest- und Abfallstoffen auszubauen und sicherzustellen, dass bei der Materialbewertung ökologische Faktoren und sozioökonomische Effekte be- Drucksache 18/4129 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rücksichtigt werden, wie Flächeninanspruchnahme bzw. Flächenkonkurrenzen und Auswirkungen auf die Biodiversität? Es wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. 14. Inwieweit plant oder erwägt die Bundesregierung, das Förderprogramm „Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen“, das unter der von der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN getragenen Bundesregierung von der damaligen Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz , Renate Künast, im Jahr 2003 aufgelegt und unter der von CDU, CSU und SPD getragenen Bundesregierung unter dem damaligen Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Horst Seehofer im Jahr 2006 beendet wurde, wieder aufzulegen? Die vom Markteinführungsprogramm erhofften positiven Effekte auf den Marktanteil von nachwachsenden Rohstoffen sind nicht im erwünschten Maße eingetreten. Die Maßnahme hat nicht zu einer signifikanten und nachhaltigen Steigerung des Marktanteils beigetragen. Wanderausstellung BAUnatour 15. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um künftig die Arbeit der Wanderausstellung BAUnatour der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) e. V. zu unterstützen? Die BAUnatour wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) seit 2009 an 75 Standorten präsentiert und endete mit dem sehr gut besuchten Auftritt auf der nature.tec im Rahmen der Internationalen Grünen Woche (IGW) 2015 in Berlin. Der große Zuspruch der Besucher, die positiven Reaktionen der Medien, die umfangreiche Resonanz von Verwaltung und Politik sowie unterschiedlichster Bildungseinrichtungen zeigen, dass das Konzept der BAUnatour aufgegangen ist. Auffallend ist das ungebrochene Interesse seitens der Kommunen. Angesichts dessen wird derzeit die erneute Ausschreibung der BAUnatour geprüft. 16. An wie vielen Standorten gastierte die Wanderausstellung BAUnatour der FNR e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2011 bis 2015 (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Wanderausstellung BAUnatour gastierte in den Jahren von 2011 bis 2015 an insgesamt 47 Standorten. Im Einzelnen sind dies: * 2015 ein Standort zum Projektabschluss auf der IGW Berlin 17. Wie viele Besucher hatte die Wanderausstellung BAUnatour der FNR e. V. nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2011 bis 2015 (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die Wanderausstellung BAUnatour hatte von 2011 bis 2015 insgesamt 67 420 Besucher (Personen, die in der Box auf Wunsch beraten wurden). Im Einzelnen waren es im Jahr 2011 16 620 Besucher, im Jahr 2012 15 380, im Jahr 2013 15 430 und in den Jahren 2014/2015 19 990 Besucher. Je Standort hat die durch- 2011 2012 2013 2014/15* 15 Standorte 14 Standorte 9 Standorte 9 Standorte schnittliche Besucherzahl seit dem Jahr 2012 kontinuierlich zugenommen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4129 Brandverhalten von Styropor-Dämmstoffen 18. Wie viele Brandfälle von Wohngebäuden sind der Bundesregierung bis heute bekannt, an denen Brände bei polystyrolgedämmten Fassaden aufgetreten sind? 19. Wie viele Brandfälle von Wohngebäuden sind der Bundesregierung insgesamt bekannt? Die Fragen 18 und 19 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Feuerwehr Frankfurt am Main hat aktuelle Brandfälle und Brandfälle der letzten Jahre bei deutschen Feuerwehren abgefragt, die im Zusammenhang mit Wärmedämmverbund -Systemen (WDV) zu sehen sind, und die entstandene Sammlung auf Ihrer Homepage zur Verfügung gestellt: www.feuerwehr-frankfurt.de/ index.php/projekte/wdvs. Die Feuerwehr Frankfurt am Main ist dabei auf die Mitarbeit der anderen Feuerwehren angewiesen, da es keine Brandstatistik in Deutschland gibt, die Angaben sind freiwillig. Aktuell sind 57 Fälle in der Liste, von denen die meisten innerhalb der letzten zehn Jahre liegen, was durchschnittlich rund sechs Brandereignissen pro Jahr entspricht. Diese sind in Relation zu 160 000 bis 200 000 deutschen Brandereignissen zu setzen, bei denen es ca. 400 Brandtote und 4 000 Brandverletzte gegeben hat. 20. Welche unterschiedlichen Ursachen liegen den Bränden von Wohngebäuden zugrunde (bitte nach Anzahl der Fälle und nach den Brandursachen aufschlüsseln)? Aufgrund der fehlenden Brandstatistik sind keine Angaben möglich. Grundsätzlich gibt es menschliches Fehlverhalten (Umgang mit Feuer, z. B. Rauchen, oder heißen Flächen, z. B. Kochen), Fehlfunktionen in elektrischen Geräten und Anlagen , Heizungsanlagen (und andere Ursachen unabsichtlicher Natur) sowie Brandstiftung, die bei brennendem Müll die Hauptursache sein dürfte. Verwendung des Brandschutzmittels HBCD in Styropor-Dämmstoffen 21. In welchen Baustoffen und in welchen Bauprodukten wurde nach Kenntnis der Bundesregierung HBCD eingesetzt? 22. In welchen Dämmstoffen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung HBCD eingesetzt? 23. In welchem Umfang wurde nach Kenntnis der Bundesregierung HBCD bisher in Wärmedämmung in Deutschland verwendet? Die Fragen 21 bis 23 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Neben Polystyrol (EPS und XPS) wurde Hexabromcyclododecan (HBCD) in Textilien mit Brandschutzanforderungen verwendet. Textilien kommen im Bauwesen in der Regel in der Innenausstattung/Möblierung zum Einsatz. Textilien würden dann als Bauprodukte gelten, wenn sie fest in ein Gebäude eingebaut werden (Wand- bzw. Deckenbekleidung). Lose Möblierungen gelten nicht als Bauprodukte, könnten jedoch Quellen von HBCD sein. Über Mengen und Stoffströme liegen zu HBCD in Bautextilien keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/4129 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode HBCD war das Standardflammschutzmittel für Polystyrol und ist durch das neue Flammschutzmittel Polymer FR ersetzt worden. Die Statistik für Polystyrol (EPS und XPS) erfasst derzeit die Produktion bis zum Jahr 2012. Im Zeitraum von 1960 bis 2012 kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland ca. 300 Millionen m3 (ca. 5 800 kt) an expandiertem PolystyrolHartschaumstoff EPS verbaut wurden. Cirka 40 kt des Flammschutzmittels HBCD wurde für EPS verbraucht. Im Zeitraum von 1965 bis 2012 kann davon ausgegangen werden, dass in Deutschland ca. 40 Millionen m3 XPS (ca. 1 200 kt) verbaut worden sind. Circa 20 kt des Flammschutzmittels HBCD wurden für XPS verbraucht. 24. In welchem Umfang wurde nach Kenntnis der Bundesregierung HBCD bisher in Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Polystyrol, Styropor , EPS, und/oder XPS in Deutschland verwendet (bitte nach den einzelnen WDVS aufschlüsseln)? Dort wo Polystyrol (EPS und XPS) eingesetzt wurde, ist auch HBCD zu finden. Polystyrol, Styropor, EPS und XPS sind aus chemischer Sicht Synonyme, eine Unterscheidung ist daher nicht sinnvoll. 25. In welchem Umfang wurde nach Kenntnis der Bundesregierung HBCD bisher in Wärmedämmverbundsystemen aus anderen Materialien in Deutschland verwendet? HBCD wurde nur in Polystyrol eingesetzt, nicht jedoch in anderen Materialien. 26. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Verwendung von Wärmedämmverbundsystemen aus Polystyrol seit 2003 in Deutschland entwickelt (bitte nach Jahren und verwendeten Kubikmetern oder Quadratmetern aufschlüsseln)? Aus der nachstehenden Grafik ergeben sich die Produktionsmengen. Grafik: Produktionsmengen an expandiertem Polystyrol-Hartschaumstoff, EPS für den Bereich WDVS in Deutschland nach FV-WDVS aus Zukunft Bau-Forschungsbericht Rückbau, Recycling und Verwertung von WDVS. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4129 27. In welchem Umfang förderte die Bundesregierung die Gebäudedämmung mit Wärmedämmverbundsystemen auf Polystyrol-Basis (bitte in Euro, Bundesförderung und Jahr seit 2003 angeben)? Die Förderung von Wärmedämmmaßnahmen erfolgt nicht baustoffspezifisch sondern baustoffoffen. Deshalb kann diese Frage nicht beantwortet werden. Es kann jedoch dazu folgender Hinweis gegeben werden: Im Jahr 2010 wurden in Deutschland ca. 28 Millionen m3 Dämmstoffe verkauft; zehn Jahre zuvor war der Absatz etwa gleich groß, während er im Jahr 2005 mit ca. 22 Millionen m3 seinen Tiefpunkt erreicht hatte. In den Jahren 2011 bis 2014 dürfte der Absatz etwas höher als 2010 gewesen sein. Auffällig ist, dass sich die Anteile unterschiedlicher Materialgruppen kaum verändert haben: Mineralwolle 55 Prozent, EPS-Hartschaum 32 Prozent. 28. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Umweltverträglichkeit des Brandschutzmittels HBCD zu bewerten? 29. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesundheitsverträglichkeit von HBCD zu bewerten? Die Fragen 28 und 29 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nach der EU-Verordnung zur Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung) ist HBCD zu kennzeichnen mit drei Gefahrenhinweisen: „Kann vermutlich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder das Kind im Mutterleib schädigen – H 361“ und „Kann Säuglinge über Muttermilch schädigen – H 362“ und „Sehr giftig für Wasserorganismen mit langfristiger Wirkung – H 410“. Im Rahmen der REACH-Verordnung wurde HBCD identifiziert als besonders besorgniserregender Stoff aufgrund seiner persistenten (schlecht abbaubar und daher langlebig) und bioakkumulierenden (reichert sich in Lebewesen an) und toxischen (giftig für Gewässerorganismen) Eigenschaften (sogenannter PBT-Stoff). Darüber hinaus ist sein hohes „Ferntransportpotenzial “ bekannt, da es bereits in Meeressäugern und Fischen der arktischen Regionen nachgewiesen werden konnte. Im Rahmen der Stockholmer Konvention ist HBCD als persistenter organischer Schadstoff bewertet worden (sogenannter POP). 30. Hält die Bundesregierung eine Einstufung von gebrauchten HBCD-Platten als Sondermüll für notwendig, und inwiefern setzt sie sich dafür ein? Die Bundesregierung hält die Einstufung als Sondermüll nicht für sinnvoll und erforderlich. Ergänzend wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. 31. Wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung Dämmstoffe aus Polystyrol verwertet, und ist aus Sicht der Bundesregierung bei dieser Verwertung eine Freisetzung von Brandschutzmitteln, und im Falle der Verbrennung dessen vollständige Umwandlung in ungefährliche Endprodukte sichergestellt ? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. Drucksache 18/4129 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 32. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für die umwelt- und fachgerechte und verbraucherfreundliche Entsorgung von Styropor-Dämmplatten ein? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. 33. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung dafür ein, das Verbot von HBCD nach der REACH Chemikalienverordnung der EU ab dem 21. August 2015 umzusetzen? Die in der der POP-Verordnung verankerte Ausnahmeregelung kann nach Auffassung der Bundesregierung nur in Verbindung mit einer nach REACH erteilten Zulassung genutzt werden. Es wird ergänzend auf die Antwort zu Frage 35 verwiesen . 34. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, ob von in Deutschland tätigen Unternehmen, Verbänden oder sonstigen Institutionen Anträge für Ausnahmen vom Verbot der HBCD-Verwendung nach REACH gestellt worden sind? Auf der Homepage der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) sind fortlaufend Informationen über das Zulassungsverfahren nach REACH öffentlich verfügbar . Seit Sommer 2013 führt die ECHA eine Übersicht über die eingegangenen Zulassungsanträge (Statistics on receivesd applications) mit jahres- und stoffbezogenen Angaben zu Anzahl der Anträge, Anzahl der Antragsteller und Anzahl der betroffenen Verwendungen sowie mit Angaben, ob die ECHA-Ausschüsse RAC (Risk Assessment Comittee) und SEAC (Sozio-ökonomische Analyse) ihre Stellungnahmen bereits fertiggestellt haben und ob die Zulassungsentscheidung auf Vorschlag der Europäischen Kommission von den Mitgliedstaaten bereits beschlossen wurde. Da zu jedem Zulassungsantrag eine öffentliche Konsultation erfolgen muss, führt die ECHA ergänzend eine Liste der Konsultationen mit Angaben zu Stoff, Antragsteller und Verwendung, für die die Zulassung beantragt wird (siehe www.echa.europa.eu/addressing-chemicals-ofconcern /authorisation/applications-for-authorisation-previous-consultations ). Laut ECHA-Homepage wurde für zwei Verwendungen des HBCD je ein Zulassungsantrag gestellt, jeweils von einem Konsortium aus 13 Unternehmen, davon ein Unternehmen aus Deutschland. 35. Inwieweit hält die Bundesregierung Ausnahmen für HBCD vom Verbot nach REACH ab dem 21. August 2015 für sinnvoll? HBCD gehört zu den besonders Besorgnis erregenden Stoffen, die gemäß der REACH-Verordnung schrittweise durch geeignete Alternativstoffe oder -technologien ersetzt werden sollen, sofern dies wirtschaftlich und technisch tragfähig ist. Die Dauer dieses Transferprozesses kann für verschiedene Unternehmen durchaus unterschiedlich sein: Während einige große Unternehmen im Rahmen der Fristen die Umstellung bis zum 21. August 2015 bewältigen können, werden insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gegebenenfalls längere Umstellungsfristen erforderlich sein. Bezüglich der vorliegenden REACHZulassungsanträge zweier Konsortien werden seitens der Bewertungsausschüsse der ECHA jeweils Zweijahresfristen bis zur Revision der Zulassung als angemessen angesehen. Konkrete Entscheidungsvorschläge der Europäischen Kommission hierzu wurden den Mitgliedstaaten noch nicht zur Abstimmung vorgelegt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333