Deutscher Bundestag Drucksache 18/4150 18. Wahlperiode 27.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sabine Zimmermann (Zwickau), Cornelia Möhring, Jutta Krellmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/3999 – Zunehmende Beschäftigung von Frauen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 8. März 2015 jährt sich zum 104. Mal der Internationale Frauentag. Das Anliegen der Gleichstellung der Geschlechter ist nach wie vor nicht eingelöst. Das gilt insbesondere für die Arbeitswelt. Seit Jahren wächst die Beschäftigung von Frauen. Erst kürzlich berichtete das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung e. V. in einem Wochenbericht (DIW Wochenbericht 5/2015), dass die Erwerbsquote der Frauen auf einen historischen Höchststand gestiegen ist. Es stellt sich die Frage, ob und wenn ja, auf welche besonderen Beschäftigungsfeldern und Branchen die wachsende Beschäftigung von Frauen zurückgeht , wie es dort um die Arbeitsbedingungen bestellt ist und ob die Entwicklung der vergangenen Jahre der bisherigen geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung in der Berufswelt entgegengewirkt oder diese verfestigt hat? 1. Wie hat sich seit dem Jahr 2000 bis heute die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern entwickelt (bitte jeweils Jahreszahlen nennen sowie nach abhängiger und selbständiger Beschäftigung und nach alten und neuen Bundesländern differenzieren)? Im Jahr 2000 waren nach den Ergebnissen des Mikrozensus insgesamt rund 36 604 000 Personen erwerbstätig, davon waren rund 20 680 000 bzw. 56 Prozent männlich und 15 924 000 bzw. 44 Prozent weiblich. Im Jahr 2013 waren insgesamt rund 39 618 000 Personen erwerbstätig. Der Anteil der Frauen erhöhte sich auf 47 Prozent (rund 18 425 000). In den letzten Jahren seit 2011 (wegen einer Revision aufgrund der Ergebnisse des Zensus 2011 sind Vergleiche mit den Jahren davor nicht sinnvoll) ist die Zahl der Erwerbstätigen insgesamt um rund 702 000 bzw. 1,8 Prozent gestiegen. HierDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 25. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. bei stieg die Zahl der weiblichen Erwerbstätigen mit etwa 403 000 bzw. 2,2 Prozent stärker als die der männlichen Erwerbstätigen (+300 000 bzw. 1,4 Prozent). Differenzierte Angaben (nach abhängiger und selbständiger Beschäftigung und nach alten und neuen Bundesländern) können der folgenden Tabelle 1 entnommen werden. Drucksache 18/4150 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4150 2. Wie hat sich seit dem Jahr 2000 bis heute die Erwerbsquote von Frauen und Männern entwickelt (bitte jeweils Jahreszahlen nennen)? Die Erwerbsquote weist den Anteil der Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose ) an der Bevölkerung aus. Im Jahr 2000 lag die Erwerbsquote der Frauen bei 63 Prozent und die der Männer bei 78,8 Prozent. Im Jahr 2013 konnte eine Frauenerwerbsquote von 72,4 Prozent verzeichnet werden. In den letzten Jahren seit 2011 (wegen einer Revision aufgrund der Ergebnisse des Zensus 2011 sind Vergleiche mit den Jahren davor nicht sinnvoll) ist die Erwerbsquote der Frauen um 0,6 Prozentpunkte gestiegen, während die Quote der Männer stagnierte (– 0,1 Prozentpunkte). Drucksache 18/4150 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Wie hat sich seit dem Jahr 2000 bis heute die abhängige Beschäftigung von Frauen und Männern entwickelt (bitte jeweils Jahreszahlen nennen sowie nach sozialversicherungspflichtiger Teil- und Vollzeit und geringfügiger Beschäftigung und nach alten und neuen Bundesländern differenzieren)? Angaben zu den sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten können der (revidierten) Beschäftigungsstatistik entnommen werden. Sie beziehen sich hier sowie in der Antwort zu Frage 5 jeweils auf den 30. Juni eines Jahres (die Juni-Werte werden in der Beschäftigungsstatistik üblicherweise als Jahreswerte ausgewiesen). Bundesweit ist die Beschäftigung, nach einer Phase der rückläufigen Entwicklung in den Jahren von 2000 bis 2005, kräftig gewachsen. Bezogen auf den Juni 2000 legten die Beschäftigtenzahlen bis Mitte 2014 deutlich um rund 2,33 Millionen oder 8,4 Prozent auf etwa 30,17 Millionen zu. Dieser Anstieg ist ausschließlich auf die Entwicklung in Westdeutschland zurückzuführen. Hier wuchs die Beschäftigung im oben genannten Zeitraum um etwa 2,38 Millionen oder 10,8 Prozent auf rund 24,49 Millionen Beschäftigte, während in Ostdeutschland sogar ein Beschäftigungsrückgang von rund 31 000 oder 0,6 Prozent auf rund 5,68 Millionen Beschäftigte zu verzeichnen ist. Frauen profitierten vom Beschäftigungszuwachs weit überdurchschnittlich. Von 2000 bis 2014 erhöhte sich ihre Beschäftigtenzahl um rund 1,7 Millionen oder 13,9 Prozent auf aktuell rund 13,93 Millionen. Bei den Männern fiel das Plus mit rund 630 000 oder 4,1 Prozent auf rund 16,24 Millionen Beschäftigte geringer aus. Damit stieg der Frauenanteil an den Beschäftigten seit Mitte 2000 um 2 Prozentpunkte auf aktuell 46 Prozent. Infolge der Modernisierung des Meldeverfahrens und der Revision der Beschäftigungsstatistik ist eine Unterscheidung der Beschäftigten nach Vollzeit- und Teilzeittätigkeit für Stichtage bis zum 31. März 2001 sowie nach dem 31. Dezember 2010 bis einschließlich zum 30. September 2012 nicht mehr sinnvoll möglich. Aussagen zur Entwicklung der Beschäftigung nach Arbeitszeit können daher nur eingeschränkt getroffen werden. Nach den vorliegenden Daten stieg die Zahl der Teilzeitbeschäftigungen im Zeitraum von 2001 bis 2014 um rund 3,24 Millionen, während die Zahl der Vollzeitbeschäftigungen um etwa 0,94 Millionen zurückging. Damit erhöhte sich der Teilzeitanteil an der Gesamtbeschäftigung um 10 Prozentpunkte auf 26 Prozent. Diese Entwicklung wird insbesondere von den weiblichen Beschäftigten getragen. Die Anstiege der Teilzeitbeschäftigung sind allerdings durch die Umstellung des Meldeverfahrens überzeichnet . Weitere Ergebnisse (differenziert nach Geschlecht sowie West- und Ostdeutschland ) können den Tabellen 3a bis 3c entnommen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4150 Drucksache 18/4150 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4150 Drucksache 18/4150 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wie hat sich seit dem Jahr 2000 bis heute die Erwerbsquote und Erwerbstätigkeit von alleinerziehenden Frauen und Männern entwickelt (bitte jeweils Jahreszahlen nennen sowie nach abhängiger und selbständiger Beschäftigung differenzieren)? Im Jahr 2000 lag die Erwerbsquote der alleinerziehenden Frauen (mit mindestens einem minderjährigen Kind) bei 77,1 Prozent und die der Männer bei 87,6 Prozent. Im Jahr 2013 konnte für alleinerziehende Frauen eine Erwerbsquote von 78,9 Prozent verzeichnet werden. Die Zahl der erwerbstätigen alleinerziehenden Frauen lag im Jahr 2000 bei rund 820 000. 2013 waren mehr als 1 Million (rund 1,014 Millionen) alleinerziehende Frauen erwerbstätig. Differenzierte Angaben (nach abhängiger und selbständiger Beschäftigung) können der Tabelle 4 entnommen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4150 Drucksache 18/4150 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Was sind die sechs Branchen, in denen in den zurückliegenden Jahren die stärksten Beschäftigungszuwächse für Frauen zu verzeichnen waren (bitte jeweils mit entsprechenden Zahlen nennen)? Methodisch sinnvolle und bruchfreie Auswertungen sind ab dem Jahr 2007 anhand der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 (WZ 2008) möglich. Die relativ stärksten, aber auch absolut bedeutsamsten Zuwächse an sozialversicherungspflichtig beschäftigten Frauen verzeichneten für den Zeitraum von Mitte 2007 bis Mitte 2014 – die Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (+31,7 Prozent oder +rund 240 000 auf rund 997 000), – die Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (+27,6 Pro- zent oder +rund 186 000 auf rund 858 000), – das Gesundheits- und Sozialwesen (+24,3 Prozent oder +rund 642 000 auf rund 3 285 000), – Erziehung und Unterricht (+22,3 Prozent oder +rund 148 000 auf rund 814 000) sowie – das Gastgewerbe (+18,3 Prozent oder +rund 82 000 auf rund 528 000). Absolut betrachtet gab es ebenfalls eine starke Beschäftigungszunahme von Frauen im Bereich Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen , wenngleich hier der prozentuale Zuwachs nur unterdurchschnittlich war (+8,3 Prozent oder +rund 167 000 auf rund 2 170 000). Relativ gesehen war die Beschäftigungsentwicklung der Frauen am stärksten bei privaten Haushalten mit Hauspersonal sowie der Herstellung von Waren und Erbringung von Dienstleistungen durch private Haushalte für den Eigenbedarf, allerdings mit vergleichsweise geringen absoluten Zuwächsen (+33,2 Prozent oder +rund 10 000 auf rund 39 000). Ergebnisse für weitere Wirtschaftsabschnitte können der Tabelle 5 entnommen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4150 Drucksache 18/4150 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Arbeits- und Entlohnungsbedingungen überproportional weiblich geprägter Branchen und Berufsfelder ? Erachtet sie eine Aufwertung der Berufsfelder für notwendig, und was ist gegebenenfalls dafür aus ihrer Sicht notwendig? Bei einigen weiblich geprägten Berufsbildern hält die Bundesregierung eine Aufwertung nicht nur unter dem Aspekt der Leistungsgerechtigkeit, sondern auch zur Sicherung des steigenden Fachkräftebedarfs für geboten. Gemeinsam mit den Tarifpartnern will sie daher die Feststellung des Wertes von Berufsfeldern , von Arbeitsbewertungen und die Bewertung von Fähigkeiten, Kompetenzen und Erfahrungen voranbringen. Ziel muss es sein, unter anderem die Arbeit in der Pflege, Betreuung und frühkindlichen Bildung weiter aufzuwerten. Aus Sicht der Statistik kann als Indiz zur Bewertung der Entlohnungsbedingungen in Branchen oder Berufsfeldern das Merkmal „Entgelt“ aus der (nicht revidierten) Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) herangezogen werden. Um überproportional weiblich geprägte Berufsfelder zu identifizieren , kann der Frauenanteil an den Beschäftigten herangezogen werden. Auswertungen hierzu liegen derzeit bis 2013 vor. Das im Rahmen der Entgeltstatistik abgebildete sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelt (kurz: Arbeitsentgelt) umfasst alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus der Hauptbeschäftigung bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung. Auswertungen zu den Entgelten werden jeweils nur für Beschäftigte am 31. Dezember eines Jahres durchgeführt. Ergebnisse zu den Bruttomonatsentgelten liegen klassiert in 100-Euro-Schritten vor. Aus den klassierten Daten kann der Median ermittelt werden. Umfassende methodische Informationen zur Entgeltstatistik der Bundesagentur für Arbeit können der Veröffentlichung „Sozialversicherungspflichtige Bruttoarbeitsentgelte – Deutschland “ auf den Internetseiten der BA-Statistik (statistik.arbeitsagentur.de) in der Rubrik „Statistik nach Themen“ → „Beschäftigung“ → „Entgelt“ entnommen werden. Die Auswertungen sind auf sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) eingeschränkt, da in der Beschäftigungsstatistik nur Angaben zu Bruttomonatsentgelten und keine Angaben zu Stundenlöhnen vorliegen . Durch die Beschränkung werden somit Vergleiche zwischen verschiedenen Stichtagen in ihrer Aussagekraft beispielsweise nicht durch unterschiedliche Anteile von Teilzeitbeschäftigten oder Auszubildenden beeinträchtigt. Das Medianentgelt aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten (ohne Auszubildende) betrug im Jahr 2013 branchenübergreifend 2 960 Euro. Für Frauen errechnet sich ein Medianwert von 2 631 Euro, für Männer ein Medianwert von 3 146 Euro. Branchenübergreifend erzielen Frauen damit 89 Prozent des geschlechtsunabhängigen Medianentgeltes, Männer 106 Prozent. Den folgenden Tabellen können die Medianentgelte sowie der Frauenanteil an den Vollzeitbeschäftigten (differenziert Branchen und Berufssegmenten) entnommen werden. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist jedoch zwingend zu beachten, dass ggf. entgeltrelevante Merkmale wie beispielsweise Qualifikation, Alter, Beruf berücksichtigt werden müssen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4150 Drucksache 18/4150 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4150 7. Wie haben sich seit dem Jahr 2000 bis heute die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern entwickelt? Das Statistische Bundesamt veröffentlicht seit dem Berichtsjahr 2006 jährlich EU-weit vergleichbare Zahlen zum sogenannten unbereinigten Gender Pay Gap für Deutschland. Die Entwicklung bis zum Jahr 2013 kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden. Nach Modellberechnungen des Statistischen Bundesamtes sind in Deutschland rund 63 Prozent des unbereinigten Gender Pay Gap auf Strukturunterschiede zurückzuführen. Als die wichtigsten strukturellen Unterschiede wurden dabei die zwischen weiblichen und männlichen Arbeitnehmern ungleiche Besetzung von Leistungsgruppen sowie eine zwischen den Geschlechtergruppen divergierende Berufs- beziehungsweise Branchenwahl ausgemacht. Darüber hinaus sind Frauen eher teilzeitbeschäftigt und schlechter ausgebildet, wenngleich die Unterschiede hier nur noch geringfügig sind. Der statistisch bereinigte Verdienstunterschied liegt demnach bei rund 7 Prozent. Er würde möglicherweise geringer ausfallen, wenn weitere lohnrelevante Eigenschaften für die Analysen zur Verfügung gestanden hätten. 8. Wie viele Männer und Frauen sind von Niedriglöhnen betroffen (bitte nach Zahl und Anteil aufgliedern)? Für den Begriff „Niedriglohn“ besteht keine einheitliche Definition. Neben absoluten Stundenlöhnen werden oft auch aus der statistischen Verteilung der Löhne abgeleitete Schwellen verwendet. Diese Analyse richtet sich nach einer Konvention der OECD, die einen Niedriglohn definiert als einen Bruttolohn, der unterhalb von zwei Dritteln des mittleren Bruttolohns (Median) liegt. Amtliche Daten zu einem so definierten Niedriglohnbereich differenziert nach dem Geschlecht können aus der Verdienststrukturerhebung (VSE) des Statistischen Bundesamtes aktuell für das Jahr 2010 bereitgestellt werden. Allerdings erfasst die VSE nach Maßgabe der gesetzlichen Grundlagen bislang keine Beschäftigten in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten. Es ist deshalb statistisch nicht möglich, die Gesamtzahl von Beschäftigten in Betrieben aller unbereinigter Gender Pay Gap in Prozent für die Jahre 2006 bis 2013 Betriebsgrößen anzugeben. Vertretbar ist jedoch die Angabe von Anteilen an Drucksache 18/4150 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Beschäftigten. Im Jahr 2010 bezogen 20,6 Prozent der Beschäftigten (in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten, im Alter von 15 bis 64 Jahren, ohne Auszubildende und Altersteilzeit) einen Niedriglohn (weniger als 10,36 Euro die Stunde). Für Männer lag diese Quote bei 15,8 Prozent, für Frauen bei 26,5 Prozent . Auch hier ist bei der Interpretation der Ergebnisse – wie in der Antwort zu Frage 6 – zu beachten, dass ggf. entgeltrelevante Merkmale wie beispielsweise Qualifikation, Alter, Beruf berücksichtigt werden müssen. Eine die amtliche Statistik ergänzende Datenquelle stellen die Berechnungen des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ) auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels dar. Danach lag die Niedriglohnschwelle für das Jahr 2012 bei einem Stundenlohn von 9,30 Euro. Für maximal einen solchen Stundenlohn arbeiteten im Jahr 2012 deutschlandweit rund 24,3 Prozent aller Beschäftigten. Bezogen auf männliche Beschäftigte betrug die Niedriglohnquote 18 Prozent und auf Frauen 30,8 Prozent. Nach dem Geschlecht differenzierte absolute Zahlen von Beschäftigten veröffentlichte das IAQ nicht. 9. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil von Frauen und Männern, die erwerbstätig sind und zugleich Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen? Bundesweit bezogen im September 2014 etwa 1 297 000 Arbeitslosengeld-IIBezieher gleichzeitig ein Bruttoeinkommen aus einer Erwerbstätigkeit, das sind knapp 30 Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Davon waren rund 595 000 männlich (28,4 Prozent aller männlichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten) und 701 000 weiblich (31,2 Prozent aller weiblichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten). Gründe für den gleichzeitigen Bezug von Grundsicherungsleistungen und Erwerbseinkommen liegen vor allem im Arbeitsumfang (Teilzeit- bzw. geringfügige Beschäftigung) und/oder im Haushaltskontext (Größe der Bedarfsgemeinschaft). Weitere Ergebnisse differenziert nach West- und Ostdeutschland können der folgenden Tabelle 8 entnommen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/4150 10. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil von Frauen und Männern, die ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle besitzen (wenn möglich, auch nach Erwerbsstatus differenzieren)? Wie lauten die entsprechenden Vergleichszahlen für den zurückliegenden Zeitraum bis zum Jahr 2000? Eine allgemein gültige Definition für eine Armutsschwelle in Deutschland gibt es nicht. In Anlehnung an das Konzept der relativen Einkommensarmut werden daher nachfolgend Anteil und Anzahl der Personen unterhalb der sogenannten Armutsrisikogrenze betrachtet. Die Armutsrisikogrenze ist eine statistische Kennziffer für die Einkommensverteilung. Sie misst die Grenze, ab der von einem relativ geringen Einkommen ausgegangen wird. Sie steht nicht im Zusammenhang mit dem soziokulturellen Existenzminimum. Nach einer EU-Konvention wird sie definiert als 60 Prozent des mittleren bedarfsgewichteten Haushaltsnettoeinkommens. Zum Haushaltsnettoeinkommen gehören dabei alle Einkünfte eines Haushalts; das sind neben den Erwerbseinkommen vor allem Transfereinkommen, wie Renten und Sozialleistungen, aber auch Vermögenseinkommen. Eurostat veröffentlicht auf Basis der Erhebung „Leben in Europa“ (EU-SILC) Anteil und Anzahl der Personen, auch differenziert nach dem Geschlecht, die über ein Nettoäquivalenzeinkommen unterhalb dieser Schwelle verfügen. Vergleichbare Werte liegen ab dem Erhebungsjahr 2007 vor. Die Angaben für Deutschland können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden (Angaben in Prozent bzw. tausend Personen). Eine weitere Differenzierung nach dem Beschäftigungsstatus im Vorjahr bietet Eurostat nur für die Armutsgefährdungsquote und den Personenkreis im Alter ab 16 Jahren an. Die Angaben für Deutschland können der nachfolgenden Tabelle 10 entnommen werden (Angaben in Prozent). Tabelle 9a: Armutsgefährdungsquote (Grenze: 60 Prozent des medianen Äquivalenzeinkommens) Tabelle 9b: Personen unterhalb der Armutsrisikogrenze (60 Prozent des medianen Äquivalenzeinkommens) – in Tausend – Drucksache 18/4150 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/4150 11. Inwiefern sind Frauen von den bestehenden Ausnahme- und Übergangsregelungen beim Mindestlohn besonders betroffen (bitte, sofern möglich, jeweils für die konkrete Ausnahme- und Übergangsregelung darlegen)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen darüber vor, wie stark Frauen von den bestehenden Ausnahme- und Übergangsregelungen beim Mindestlohn betroffen sind. Insbesondere fehlt es derzeit noch an belastbaren statistischen Daten zu Stundenlöhnen, die Auskunft darüber geben könnten, inwiefern von bestehenden Ausnahme- und Übergangsregelungen tatsächlich Gebrauch gemacht wird. Frauen profitieren jedoch in besonderem Maße von der Einführung eines allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns, da sie etwa doppelt so häufig von Löhnen unter 8,50 Euro betroffen waren wie Männer (vgl. DIW Wochenbericht 5/2014, vgl. auch Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts der Verdienststrukturerhebung 2010). 12. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil von Frauen und Männer, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten? Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Hauptursachen für unfreiwillige Teilzeit von Frauen, und was gedenkt sie dagegen zu unternehmen ? Das Statistische Bundesamt weist für die abhängig Erwerbstätigen (über 15 Jahre) unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung aus. 2013 waren ca. 1 111 000 Frauen und 407 000 Männer unfreiwillig teilzeitbeschäftigt. Dies entsprach einem Anteil an allen Teilzeitbeschäftigten von 13,7 Prozent bei den Frauen und 21,7 Prozent bei den Männern. Als unfreiwillig teilzeitbeschäftigt werden in der Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamts diejenigen Personen bezeichnet, die als Grund für ihre Teilzeitarbeit angeben, keinen Vollzeitarbeitsplatz gefunden zu haben. Der wesentliche Ansatzpunkt zur Reduzierung der unfreiwilligen Teilzeit besteht daher in der Ausweitung des Angebots an Vollzeitarbeitsplätzen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass im Zuge der gesamtwirtschaftlichen Ausweitung der Arbeitskräftenachfrage auch vermehrt Vollzeitarbeitsplätze entstehen. So ging der Anteil der unfreiwillig Teilzeitbeschäftigten seit 2008 von 21,3 Prozent auf 15,2 Prozent im Jahr 2013 zurück. Insofern trägt eine die Wachstumskräfte stärkende Politik auch zur Reduzierung der unfreiwilligen Teilzeitbeschäftigung bei. Die Bundesregierung wird diesen Trend durch eine Weiterentwicklung des Teilzeitrechts unterstützen. Vorgesehen ist, das Recht auf Teilzeitarbeit nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz um die Möglichkeit einer befristeten Teilzeit zu ergänzen. Teilzeitbeschäftigte können dann nach Ablauf der Frist zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückkehren. 13. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie viele Frauen infolge von Care-Arbeit (häusliche Pflege, Kindererziehung) ihre Arbeitszeit verkürzen oder ihre Beschäftigungsverhältnisse aufgeben müssen bzw. mussten? In der Arbeitskräfteerhebung des Statistischen Bundesamts können Teilzeitbeschäftigte als mögliche Gründe für ihre Teilzeittätigkeit u. a. „Betreuung von Kindern“ oder „sonstige persönliche oder familiäre Verpflichtungen“ nennen. Circa 1,935 Millionen Frauen arbeiteten im Jahr 2013 wegen Betreuung von Kindern, ca. 1,984 Millionen wegen sonstiger persönlicher oder familiärer Ver- pflichtungen Teilzeit. Zu den Gründen für eine Aufgabe eines Beschäftigungsverhältnisses liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 18/4150 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur verbleibenden Zeit für Frauen und Männer jenseits der Erwerbsarbeit und unbezahlter Arbeit? Die Zeitverwendungserhebung (ZVE) des Statistischen Bundesamts 2012/2013 befindet sich derzeit in der Aufbereitungs- bzw. Auswertungsphase. Mit ersten Ergebnissen ist voraussichtlich im Frühsommer 2015 zu rechnen. Zur Zeitverwendung von Frauen und Männern liegen daher aktuell nur Erkenntnisse aus der Zeitverwendungserhebung 2001/2002 vor. Diese können auf der Internetseite des Statistischen Bundesamts (www.destatis.de) unter der Rubrik „Zahlen & Fakten → Gesellschaft & Staat → Einkommen, Konsum, Lebensbedingungen , Wohnen → Zeitverwendung“ abgerufen werden. Unter der Rubrik „Publikationen“ findet sich unter anderem die Veröffentlichung „Zeitbudgets – Tabellenband I zur Zeitbudgeterhebung 2001/02 (Aktivitäten in Stunden und Minuten nach Geschlecht, Alter und Haushaltstyp)“. 15. Wie hoch ist die Zahl und der Anteil von Frauen und Männer, die am Wochenende arbeiten müssen? Von allen Erwerbstätigen gingen im Jahr 2013 etwa 25,8 Prozent ständig oder regelmäßig einer Samstagsarbeit und 14,6 Prozent einer Sonn- und/oder Feiertagsarbeit nach. Bei den Männern liegen diese Anteile mit 24,7 Prozent bzw. 14,4 Prozent etwas unter dem Durchschnitt und bei den Frauen mit 27,1 Prozent bzw. 14,9 Prozent leicht über dem Durchschnitt. Detaillierte Informationen können den folgenden Tabellen entnommen werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333