Deutscher Bundestag Drucksache 18/4162 18. Wahlperiode 02.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4004 – Straf- und Gewalttaten unter Bezugnahme auf den Nationalsozialistischen Untergrund seit Juli 2014 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In Teilen der neonazistischen Szene werden die rassistisch motivierte Mordund Bombenanschlagsserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) verherrlicht und die Angeklagten im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München als Neonazi-Bewegungs-Idole gefeiert. Immer wieder beziehen sich rechte und rassistische Straf- und Gewalttäter auch explizit auf die Mordserie des NSU an neun migrantischen Kleinunternehmern oder auf den NSU als neonazistische Terrororganisation. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Dem Bundeskriminalamt (BKA) werden im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes – Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) jene Straftaten gemeldet, die seitens der zuständigen Landespolizei als politisch motiviert bewertet werden. Vor dem Hintergrund, dass im Rahmen des KPMD-PMK kein eigenständiges Themenfeld „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“ existiert , wird im Rahmen der statistischen Erfassung im BKA das Kürzel „NSU“ in das Sachverhaltsfeld eingefügt, soweit aus der entsprechenden Kriminaltaktischen Anfrage, mit welcher der Sachverhalt durch das jeweilige Land dem BKA übermittelt wird, ein entsprechender Zusammenhang erkennbar ist. Dieser Zusammenhang bezieht sich aber nicht nur auf Straftaten im Sinne der Fragestellung („bei denen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter auf den NSU und/ oder auf die rassistische Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern Bezug nehmen“), sondern auf jegliche Straftaten mit der Thematik NSU. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 26. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/4162 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wie viele Straftaten sind dem Bundeskriminalamt und/oder dem Gemeinsamen Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus/-terrorismus (GAR) bzw. dem Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) seit Juli 2014 bekannt geworden, bei denen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter auf den NSU und/oder auf die rassistische Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern Bezug nehmen (bitte nach Tatort, Tatdatum, Bundesland und Delikt aufschlüsseln)? Insgesamt wurden dem BKA im Rahmen des KPMD-PMK 18 Fälle im Zusammenhang mit dem NSU übermittelt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Ein darüber hinausgehender Sachverhalt wurde im Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrum bekannt. Dieser betrifft jedoch ein laufendes Ermittlungsverfahren. Nr. Datum Ort Land Deliktsart 1 09.09.2014 Berlin BE Volksverhetzung § 130 StGB 2 05.12.2014 München BY Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole § 90 a StGB 3 10.10.2014 München BY Üble Nachrede § 186 StGB 4 05.12.2014 München BY Sachbeschädigung § 303 StGB 5 17.07.2014 Eiterfeld HE Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 6 15.12.2014 Rotenburg (Wümme) NI Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 7 17.07.2014 Hollenstedt NI Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 8 29.10.2014 Zarpen SH Volksverhetzung § 130 StGB 9 10.07.2014 Großpösna SN Sachbeschädigung § 303 StGB 10 01.09.2014 Torgau SN Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 11 11.08.2014 Halle/Saale ST Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 12 16.09.2014 Halle/Saale ST Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 13 28.10.2014 Aschersleben ST Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 14 03.11.2014 Naumburg/Saale ST Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens § 188 StGB 15 16.07.2014 Bleicherode TH Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86 a StGB 16 30.08.2014 Saalfeld/Saale TH Nötigung § 240 StGB 17 05.07.2014 Gera TH Volksverhetzung § 130 StGB 18 17.07.2014 Meiningen TH Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener § 189 StGB Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4162 Um den Fortgang der Ermittlungen nicht zu gefährden, äußert sich die Bundesregierung hierzu nicht. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen , tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Pflicht zur Durchführung von Strafverfahren und die damit verbundenen berechtigten Geheimhaltungsinteressen in einem laufenden Ermittlungsverfahren zurück. 2. In wie vielen der dem Bundeskriminalamt (BKA) und/oder dem GAR/ GETZ seit Juli 2014 bekannt gewordenen Straftaten, bei denen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter auf den NSU und/oder auf die rassistische Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern Bezug nehmen, handelt es sich um Gewalttaten (bitte nach Tatort, Tatdatum, Bundesland und Delikt aufschlüsseln)? Es wurden keine Gewalttaten im Sinne der Frage gemeldet. 3. In wie vielen der dem BKA und/oder dem GAR/GETZ seit Juli 2014 bekannt gewordenen Straftaten, bei denen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter auf den NSU und/oder auf die rassistische Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern Bezug nehmen, ist es bislang zu einer Anklage von Tatbeteiligten gekommen (bitte nach Tatort, Tatdatum, Bundesland und dem zuständigen Gericht aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen im Sinne der Frage vor. 4. In wie vielen der dem BKA und/oder dem GAR/GETZ seit Juli 2014 bekannt gewordenen Straftaten, bei denen die mutmaßlichen Täterinnen und Täter auf den NSU und/oder auf die rassistische Mordserie an neun migrantischen Kleinunternehmern Bezug nehmen, haben die Staatsanwaltschaften nach Kenntnis der Bundesregierung Ermittlungsverfahren wegen Werbung für eine terroristische Vereinigung nach §129a Absatz 5 Satz 2 des Strafgesetzbuchs (StGB) eingeleitet (bitte nach Tatort, Tatdatum, Bundesland und zuständiger Staatsanwaltschaft aufschlüsseln)? Strafverfahren im Sinne der Frage sind der Bundesregierung nicht bekannt. 5. Inwieweit hat sich das GAR/GETZ seit Juli 2014 mit Straf- und Gewalttaten befasst, bei denen sich die Täterinnen und Täter auf die Mordserie des NSU und den NSU beziehen? Straf- und Gewalttaten im Sinne der Frage sind seit Juli 2014 im GETZ nicht behandelt worden. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Straf- und Gewalttaten unter Bezugnahme auf den ‚Nationalsozialistischen Untergrund‘ seit dem 4. November 2011“ (Bundestagsdrucksache 18/2166 vom 21. Juli 2014, Antwort zu Frage 6) verwiesen. Drucksache 18/4162 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. In wie vielen Fällen haben Sicherheitsbehörden des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregierung der Länder bei Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten seit Juli 2014 Waffen, Sprengstoffe, Sprengkörper und Hinweise auf Planungen und Durchführungen von Wehrsportübungen gefunden sowie Hinweise feststellen können, dass sich diese Personen ausdrücklich auf die rassistisch motivierte Mordserie und Bombenanschläge des NSU beziehen (bitte einzeln auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine Informationen im Sinne der Frage vor. 7. In wie vielen Fällen haben Sicherheitsbehörden des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregierung der Länder bei Rechtsextremistinnen und Rechtsextremisten seit Juli 2014 feststellen können, dass diese Personen in Netzwerken und Gruppierungen operieren bzw. neue Netzwerke und Gruppierungen bilden, und dass sie sich dabei positiv auf die rassistisch motivierte Mordserie und Bombenanschläge des NSU beziehen (bitte einzeln, auch nach Bundesländern auflisten)? Der Bundesregierung liegen zwei Einzelerkenntnisse über die in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Straf- und Gewalttaten unter Bezugnahme auf den ‚Nationalsozialistischen Untergrund‘ seit dem 4. November 2011“ (Bundestagsdrucksache 18/2166 vom 21. Juli 2014) hinausgehenden Informationen vor. So wurde eine Internetpräsenz festgestellt, die sich auf das im Zusammenhang mit dem NSU stehende „Progromly-Spiel“ bezog. Zum anderen Sachverhalt wird polizeilich ermittelt. Nähere Auskünfte im Sinne der Frage würden den Fortgang der Ermittlungen gefährden. Trotz der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, tritt hier nach sorgfältiger Abwägung der betroffenen Belange das Informationsinteresse des Parlaments hinter die aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Pflicht zur Durchführung von Strafverfahren und die damit verbundenen berechtigten Geheimhaltungsinteressen in einem laufenden Ermittlungsverfahren zurück. 8. In wie vielen Fällen haben Sicherheitsbehörden des Bundes und nach Kenntnis der Bundesregierung der Länder seit Juli 2014 bei rechtsextremen , rassistischen Netzwerken und Gruppierungen mit internationalen Beziehungen feststellen können, dass diese sich positiv auf die rassistisch motivierte Mordserie und Bombenanschläge des NSU beziehen (bitte einzeln auflisten und nach Bundesländern aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Frage vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333