Deutscher Bundestag Drucksache 18/4168 18. Wahlperiode 27.02.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Jan Korte, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/2144 – Krieg in Afghanistan – Eine Bilanz Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 22. Dezember 2001 erteilte der Deutsche Bundestag erstmals ein Mandat für den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan im Rahmen der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) (Bundestagsdrucksache 14/7930). Bereits am 16. November 2001 hatte der Deutsche Bundestag auf Antrag der vom Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geführten rot-grünen Bundesregierung die militärische Beteiligung an der Operation ENDURING FREEDOM (OEF) (Bundestagsdrucksache 14/7296) beschlossen. Die Fraktion der PDS war die einzige, die von Beginn an gegen das OEF- und das ISAF-Mandat stimmte. Der deutsche Beitrag zur OEF wurde am 29. Juni 2010 beendet. Am 28. Februar 2014 wurde das letzte ISAF-Mandat mit einer Laufzeit von zehn Monaten im Deutschen Bundestag beschlossen. Mit dem Auslaufen der Resolution 2120 (2013) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie des Operationsplans (OPLAN) der NATO laufen zudem die Rechtsgrundlagen für den ISAF-Einsatz aus. Mit Ablauf des 31. Dezember 2014 wird somit der NATOgeführte ISAF-Einsatz in Afghanistan beendet sein. Seit Beginn der Mission wurden das Einsatzgebiet des deutschen ISAF-Kontingents , dessen Kompetenzen und dessen Umfang schrittweise und kontinuierlich ausgeweitet. Zu Beginn war der Einsatz auf die Hauptstadt Kabul, einen Umfang von 1 200 Soldaten und einen Zeitraum von sechs Monaten begrenzt. Dem Deutschen Bundestag wurden nach Auffassung der Fragesteller zu keinem Zeitpunkt Kriterien vorgelegt, anhand derer die Bundesregierung den Erfolg oder den Misserfolg des Einsatzes bewertet. Zwar veröffentlicht die Bundesregierung seit Dezember 2010 regelmäßig sogenannte Fortschrittsberichte zur Lage in Afghanistan. Schon der Titel dieser Berichte aber macht nach Auffassung der Fragesteller hinreichend deutlich, dass hier keine kritische Bilanz der Entwicklung und Lage in Afghanistan und der deutschen Beteiligung am ISAF-Krieg vorgelegt werden soll. Wesentliche EntDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 25. Februar 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. wicklungen werden entweder ausgelassen oder gar nicht thematisiert. Stattdessen wäre es nötig, anhand des ISAF-Einsatzes eine institutionelle Selbstreflexion vorzunehmen. Anhand dieser umstrittenen Mission sollte die Bundesregierung die vorgetragenen Ziele des Krieges mit den ernüchternden Resultaten abgleichen und daran das eigene Handeln auch für die Zukunft kritisch reflektieren und überprüfen. Drucksache 18/4168 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Bundesregierung muss der Öffentlichkeit eine schonungslose Bilanz des 13-jährigen Krieges in Afghanistan vorlegen – und zwar bevor Ende 2014 ISAF für beendet erklärt und ein neues Mandat, mit dem Namen Resolute Support , einsetzen wird. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Seit 2001 hat sich die Bundesrepublik Deutschland im Auftrag des Deutschen Bundestages an der Internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe (ISAF) in Afghanistan beteiligt. ISAF war ein international mandatierter militärischer Stabilisierungseinsatz und handelte auf Basis eines Mandats des Sicherheitsratsrats der Vereinten Nationen. Dieses Mandat wurde erstmals erteilt in Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001 und dann kontinuierlich verlängert (Resolutionen des VN-Sicherheitsrates: S/RES/1413 (2002), S/RES/1444 (2002), S/RES/1510 (2003), S/RES/1563 (2004); S/RES/1623 (2005), S/RES/1707 (2006), S/RES/ 1776 (2007), S/RES/1833 (2008), S/RES/1890 (2009), S/RES/1943 (2010), S/RES/2011 (2011), S/RES/2069 (2012) und 2120 (2013)). Der Deutsche Bundestag hatte zugestimmt, als Ziel des ISAF-Einsatzes zu definieren , Afghanistan bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit so zu unterstützen, dass sowohl die afghanischen Staatsorgane als auch das Personal der Vereinten Nationen und anderes internationales Zivilpersonal, insbesondere solches, das dem Wiederaufbau und humanitären Aufgaben nachgeht, in einem sicheren Umfeld arbeiten können. Nach 13 Jahren ist ISAF seit dem 31. Dezember 2014 beendet . Die Bundesregierung sieht ISAF als ein wichtiges Element eines umfassenden deutschen Afghanistan-Engagements zum nachhaltigen Wiederaufbau. Das deutsche Engagement ist Teil der von den Vereinten Nationen angeführten Anstrengung der internationalen Gemeinschaft. Das „Petersberger Abkommen“ von 2001 ist der Beginn eines politischen Prozesses zur Stabilisierung und zum Wiederaufbau Afghanistans, der u. a. durch die NATO-Gipfel von Lissabon, Chicago und Newport sowie durch die Bonn-Konferenz von 2011 und die Geberkonferenzen von Tokio 2012 und London 2014 fortgeschrieben wurde. Die internationale Gemeinschaft hat bei diesen Treffen zugesagt, Afghanistan bei der Herstellung eines dauerhaften Friedens, wirtschaftlicher Stabilität und eines verantwortungsvollen Staatswesens zu unterstützen. Seit 2003 hat die Bundesregierung ihre Strategie für Afghanistan in ihren Afghanistan -Konzepten konkretisiert. Seit 2010 hat die Bundesregierung zur Überprüfung ihres Afghanistan-Engagements dem Deutschen Bundestag jährliche Fortschrittsberichte vorgelegt (jeweils mit Zwischenberichten), zuletzt im November 2014 einschließlich einer Zwischenbilanz des Afghanistan-Engagements. Immer wieder hat die Bundesregierung in diesen Unterrichtungen nuanciert und umfassend die Entwicklungen in Afghanistan dargestellt und bewertet. Nur auf Grundlage einer offenen und ehrlichen Lagebeschreibung war eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Engagements möglich. Diese Linie wird die Bundesregierung auch bei der Beantwortung dieser „Großen Anfrage“ fortsetzen. Soweit nicht anders angegeben, haben die numerischen Angaben in den Antworten den Stand 30. Juni 2014. I. Vorgeschichte des Krieges und Kriegsziele 1. Waren nach Kenntnis der Bundesregierung bereits vor dem Jahr 2001 Angehörige von NATO-Armeen oder NATO-Sicherheitsdiensten in Afghanistan im Einsatz? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4168 a) Von welchen dieser Einsätze/Operationen hat die Bundesrepublik Deutschland Kenntnis (bitte benennen)? b) Mit welchen afghanischen Akteuren wurde bei diesen Einsätzen/Operationen nach Kenntnis der Bundesregierung zusammengearbeitet? Die Fragen 1, 1a und 1b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Über ein militärisches Engagement einzelner NATO-Mitgliedstaaten in Afghanistan vor 2001 liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 2. Waren Bundeswehrangehörige oder Angehörige von Sicherheitsdiensten der Bundesrepublik Deutschland bereits vor dem Jahr 2001 in Afghanistan im Einsatz? Wenn ja, a) welche Einsätze waren das (ggf. bitte auflisten), b) durch wen waren diese Einsätze autorisiert, c) was war das Ziel dieser Einsätze, d) wurden Deutsche im Verlauf dieser Einsätze getötet, e) wurden nichtdeutsche Staatsangehörige im Verlaufe dieser Einsätze getötet ? Die Fragen 2, 2a bis 2e werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Zeitraum vom 27. Dezember 1972 bis 19. Februar 1989 waren Polizeivollzugsbeamte des Bundesgrenzschutzes zum Schutz der deutschen Auslandsvertretung in Kabul im Einsatz. Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) waren im Rahmen des gesetzlichen Auftrags des BND zur Beschaffung außen- und sicherheitspolitisch bedeutsamer Informationen auch vor 2001 in vielen Regionen der Welt „eingesetzt“. Einzelheiten sind jedoch nicht mehr recherchierbar. Darüber hinaus waren weder Soldatinnen oder Soldaten der Bundeswehr noch Angehörige staatlicher Sicherheitsbehörden (Bundeskriminalamt , Militärischer Abschirmdienst sowie Bundesamt für Verfassungsschutz ) vor 2001 in Afghanistan im Einsatz. 3. Welche Beweise und Hinweise basierend auf welchen Quellen lagen der Bundesregierung und der NATO nach dem 11. September 2001 dafür vor, dass der Ursprung der Angriffe auf die Twin Towers in New York in Afghanistan zu finden sei? Sind diese Beweise und Hinweise nachträglich überprüft worden? Wenn ja, von wem und mit welchem Ergebnis? Am 12. September 2001 hat der Nordatlantikrat eine Erklärung zur Anwendbarkeit von Artikel 5 des NATO-Vertrags verabschiedet. Diese besagt, dass der Bündnisfall in Kraft tritt, sobald der Beweis erbracht wird, dass die Anschläge vom 11. September 2001 aus dem Ausland gesteuert wurden. Diesen Beweis erbrachte der Koordinator für Terrorismusbekämpfung im Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika, Francis Taylor, in der Sitzung des Nordatlantikrats vom 2. Oktober 2001. Der Nordatlantikrat entschied daraufhin am 4. Oktober 2001, den Bündnisfall in Kraft zu setzen. Die Bundesregierung verortet auch aufgrund ihrer eigenen (auch nachrichtendienstlichen ) Erkenntnisse den Ursprung der Angriffe in Afghanistan. So hat Osama Bin Laden sich in mehreren Botschaften zu den Anschlägen vom 11. September 2001 bekannt. Der damalige Sprecher „Al-Qaidas“, Suleiman Drucksache 18/4168 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Abu Gaith, kündigte im Oktober 2001 weitere Anschläge mit dem Einsatz von Flugzeugen an. Die Beauftragung der Attentäter vom 11. September 2001 durch „Al-Qaida“ sowie der Aufenthalt der „Al-Qaida“-Führung in Afghanistan wurden mehrfach durch „Al-Qaida“-Mitglieder öffentlich dargelegt. Zu demselben Schluss kommt im Übrigen auch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in seinem Urteil im Fall Motassadeq vom 19. August 2005 (Az. IV-1/04). Die darüber hinausgehende Beantwortung von Teilen der Frage 3 kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) besonders schutzwürdig. Ebenso schutzbedürftig sind Einzelheiten zu der nachrichtendienstlichen Erkenntnislage. Eine Veröffentlichung selbst auszugweise von Einzelheiten der betreffenden Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem Bundesnachrichtendienst zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies würde für die Auftragserfüllung des Bundesnachrichtendienstes erhebliche Nachteile zur Folge haben und kann damit die Interessen und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigen. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der VS mit dem VS-Grad „VS-Vertraulich “ eingestuft. Sie sind in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages zur Einsichtnahme hinterlegt und können dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. 4. Welche Ziele wurden von der NATO für den Einsatz des Bündnisses in Afghanistan genau ausgegeben? a) Welche Ziele wurden vom Nordatlantikrat (NATO-Rat) im November 2001 bestimmt? b) Änderten sich die Zielbestimmungen im NATO-Rat im Laufe der folgenden Jahre mit Bezug auf den Einsatz des Bündnisses? Die Fragen 4, 4a und 4b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die militärischen Operationen als Antwort auf die Anschläge vom 11. September 2001 im Rahmen der „Operation Enduring Freedom “ (OEF) wurden nicht von der NATO, sondern von den Vereinigten Staaten von Amerika geführt und koordiniert. Dementsprechend hat der Nordatlantikrat auch keine Zielbestimmungen für einen Einsatz des Bündnisses festgelegt oder später verändert. 5. Welche Ziele benannte die Bundesregierung bei ihrer Bereitschaftserklärung zur Teilnahme an dem Einsatz im November 2001? Haben sich diese Zielstellungen bis heute geändert? Die Teilnahme der Bundesregierung an der von den USA geführten Koalition zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus verfolgte mehrere Ziele. Gemäß dem Beschlussantrag der Bundesregierung vom 7. November 2001 zur Beteiligung am Einsatz „Operation Enduring Freedom“ (OEF) der internationalen , unter US-amerikanischer Führung stehenden Terrorbekämpfungskoalition ging es im Allgemeinen darum, die „Bereitschaft zu beseitigen, das unheilvolle Wirken […] [weltweit agierender Terror-] Gruppierungen zu unterstützen“. Zudem sollten im Rahmen des Einsatzes die „Grundlagen für die Vorbereitung und Durchführung von terroristischen Handlungen im wirtschaftlichen Bereich, auf den Finanzmärkten, beim internationalen Verkehr und bei illegalem Handel mit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4168 Waffen, Drogen und auch mit Menschen, […] entzogen werden.“ Der Auftrag der deutschen Beteiligung an OEF enthält zudem das konkrete Ziel, „Führungsund Ausbildungseinrichtungen von Terroristen auszuschalten, Terroristen zu bekämpfen , gefangen zu nehmen und vor Gericht zu stellen sowie Dritte dauerhaft von der Unterstützung terroristischer Aktivitäten abzuhalten.“ Im Besonderen ging es darum, die Taliban daran zu hindern, die Urheber und die Mittäter der Anschläge vom 11. September 2001 („Al-Qaida“) weiter zu unterstützen. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte in seiner Einbringungsrede zur deutschen Beteiligung an OEF vor dem Bundestag am 16. November 2001 unter anderem das Ziel, „Verlässlichkeit gegenüber den Bürgern, gegenüber unseren Freunden in Europa und gegenüber unseren internationalen Partnern “ zu zeigen und insbesondere „Solidarität mit den Vereinigten Staaten“ zu demonstrieren. Die Bundesregierung hat die deutsche Beteiligung an OEF im Jahr 2010 beendet . 6. Befürwortet die Bundesregierung Verhandlungen mit den Anführern der Taliban zur Beilegung des bewaffneten Konfliktes, und haben die früheren Bundesregierungen und die jetzt amtierende Bundesregierung im Laufe der vergangenen zwölf Jahre derartige Initiativen für eine Verhandlungslösung praktisch unterstützt oder selbst geführt (bitte gegebenenfalls konkrete Initiativen unter Angabe des Zeitraums und der Ergebnisse dieser Initiativen benennen)? Die Bundesregierung sieht in einem substantiellen Friedens- und Versöhnungsprozess unverändert die entscheidende Bedingung für einen dauerhaften Frieden in Afghanistan. Am Ende dieses Prozesses müssen alle Seiten die auf der internationalen Afghanistan-Konferenz in Bonn 2011 bekräftigten „roten Linien“ respektieren : Neben dem Verzicht auf Gewalt und dem vollständigen Bruch mit dem internationalen Terrorismus muss die afghanische Verfassung anerkannt werden. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren vielversprechende Ansätze , darunter auch solche, die Deutschland maßgeblich initiiert hat: Ein von der Taliban-Führung zunächst gewünschter Gesprächsstrang zu Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika kam nach wiederholten Sondierungen aber stets wieder zum Stillstand. Die Bundesregierung unterstützt seit Jahren ein Wiedereingliederungsprojekt für ehemalige Kämpfer der regierungsfeindlichen Kräfte: Im Rahmen des seit 2010 laufenden Friedens- und Reintegrationsprogramms der afghanischen Regierung („Afghanistan Peace and Reintegration Programme“, APRP) steht die Zahl der re-integrierten Kämpfer bei etwa 8 500, davon rund 3 100 in Nordafghanistan . Die Bundesregierung hat das Programm bislang mit über 20 Mio. Euro unterstützt und ist nach Japan zweitgrößter Geber. II. OEF/ISAF 7. Wie erfolgte die institutionelle Abgrenzung von Kräften und Material der Bundeswehr, die/das im Rahmen des ISAF-Mandats eingesetzt wurden bzw. wurde, von eingesetzten Kräften und Material der Bundeswehr im Rahmen der OEF, konkret „ISAF“ und „OPERATION ENDURING FREEDOM“ (OEF) sind getrennte Operationen auf der Basis verschiedener Rechtsgrundlagen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Drucksache 18/4168 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Einsatzgebiet im Rahmen von OEF war das Gebiet der NATO-Vertragsstaaten gemäß Artikel 6 des Nordatlantikvertrags sowie die arabische Halbinsel, Mittelund Zentralasien, Nord-Ost-Afrika und die angrenzenden Seegebiete. Deutsche Kräfte durften sich an etwaigen Einsätzen gegen den internationalen Terrorismus in anderen Staaten als Afghanistan nur mit Zustimmung der jeweiligen Regierung beteiligen (siehe Bundestagsdrucksache 14/7296 vom 7. November 2001, Gliederungspunkt 7, S. 4). Das Einsatzgebiet im Rahmen des ISAF-Mandats war demgegenüber grundsätzlich auf Afghanistan beschränkt. Der notwendige Zugang und die Versorgung (Materialumschlag, Verpflegung etc.) über Nachbarländer Afghanistans erfolgte mit Zustimmung des jeweiligen Staats nach Maßgabe der mit ihm getroffenen Vereinbarungen, ohne dass dort den deutschen Kräften die in dem völkerrechtlichen Mandat gewährten Befugnisse für ISAF zugestanden hätten. Ungeachtet dessen hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wiederholt eine Kooperation zwischen beiden Operationen eingefordert, zuletzt mit der Resolution 2120 (2013). Diese wurde auch durch die Bundesregierung im Interesse von ISAF sowie zur Vermeidung ziviler Oper für erforderlich erachtet (vergleiche Bundestagsdrucksache 16/6460 vom 19. September 2007 und Bundestagsdrucksache 17/5190 vom 23. März 2011). Auch eine wechselseitige Nothilfe zwischen Einheiten beider Operationen wurde durch die Bundesregierung als zulässig erachtet (siehe Bundestagsdrucksache 17/5190 vom 23. März 2011). a) wie viele Bundeswehrsoldaten welcher Einheiten wurden wann im Rahmen von ISAF eingesetzt, wann im Rahmen von OEF (bitte auch Angaben zum Aufgabenspektrum und zu den tatsächlich durchgeführten Einsätzen machen), Von Dezember 2001 bis 30. Juni 2014 (Stichtag) haben deutsche Soldatinnen und Soldaten 132 573 Einsätze im Rahmen von ISAF in Afghanistan geleistet. Von Januar 2002 bis Juni 2010 haben deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen von OEF 9 249 Einsätze geleistet. Die Einsatzkontingente wurden jeweils separat ausgeplant und aufgestellt, eine planerische Durchmischung fand nicht statt. Fast alle Verbände und Einheiten der Bundeswehr stellten über die Jahre hinweg Soldaten für beide Einsätze. Die Anzahl der im Rahmen von ISAF und OEF eingesetzten Kräfte der Bundeswehr lag innerhalb der jeweils durch den Deutschen Bundestag beschlossenen Personalobergrenzen der einzelnen Mandate, die auch den Auftrag definieren. Die vorhandenen Daten lassen eine detaillierte zeitliche Darstellung nicht zu. b) welches Material kam in welcher Zahl wann im Rahmen von ISAF zum Einsatz, wann im Rahmen von OEF, Die vorhandenen Daten lassen eine detaillierte zeitliche Darstellung nicht zu. c) in welcher Form und mit welchem Aufgaben-/Einsatzspektrum kam es – unter Beteiligung der Bundeswehr – wann in welchen Gebieten zur Kooperation zwischen im Rahmen von ISAF und im Rahmen von OEF eingesetzten Kräften oder zur gemeinsamen bzw. sukzessiven Nutzung von Material? Eine Zusammenarbeit zwischen beiden Operationen erfolgte auf der Grundlage des jeweiligen Bundestagsmandats im Rahmen von allgemeinen Unterstüt- zungsleistungen, wie beispielsweise durch Unterbringung, Verpflegung oder durch medizinische Versorgung. Des Weiteren erfolgte ein Informationsaus- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4168 tausch bezüglich der Lage regierungsfeindlicher Kräfte zum Schutz eigener Soldaten . Außerdem wurden geplante Operationen von OEF mit denen von ISAF koordiniert, um eine gegenseitige Behinderung und Gefährdung auszuschließen. Eine Aufschlüsselung gemeinsam eingesetzter Kräfte oder gemeinsam genutzten Materials lässt das vorhandene Datenmaterial nicht zu. 8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung nach der Teilnahme Deutschlands an OEF aus der Auffassung von Völkerrechtsexperten , OEF und die UN-Sicherheitsratsresolution 1368 (2001) vom 12. September 2001 hätten das Völkerrecht überdehnt und das von den USA behauptete Selbstverteidigungsrecht könne allein deshalb rechtlich nicht gegeben sein, weil die Angriffe vom 11. September 2001 weder von einem Staat ausgingen, noch einem Staat zuzurechnen waren (www.bpb.de/apuz/ 28038/epochenwechsel-im-voelkerrecht?p=all)? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass ein bewaffneter Angriff, gegen den nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen ein Selbstverteidigungsrecht besteht, auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen kann. Die Sicherheitsratsresolution 1368 vom 12. September 2001 brachte dies zum Ausdruck, indem sie das Selbstverteidigungsrecht im Kontext der am 11. September 2001 verübten terroristischen Anschläge ausdrücklich anerkannte. Wie den Anträgen der Bundesregierung auf Zustimmung zur Teilnahme Deutschlands an der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) zu entnehmen ist, sieht die Bundesregierung das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen als völkerrechtliche Rechtsgrundlage für OEF an (s. Bundestagsdrucksachen 14/7296 vom 7. November 2001, 15/37 vom 6. November 2002, 15/1880 vom 5. November 2003, 15/4032 vom 27. Oktober 2004, 16/26 vom 3. November 2005, 16/3150 vom 25. Oktober 2006, 16/6939 vom 7. November 2007, 16/10720 vom 29. Oktober 2008 und 17/38 vom 18. November 2009). 9. Wie wirkt sich nach Auffassung der Bundesregierung die insofern mögliche fehlende völkerrechtliche Legitimation von OEF auf die Kooperationsformen zwischen OEF und ISAF bezüglich Einsatzkräften und Material aus? Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. III. Afghanistan nach 13 Jahren Krieg Sicherheitslage 10. Wie viel Prozent des Landes Afghanistan sind nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig (Stand 30. Juni 2014) unter der Kontrolle der Regierungskräfte („kontrollierbar“), in welchen Gebieten gibt es eine vermehrte Aktivität von Rebellen („schwer kontrollierbar“), in welchen Gebieten ist die Kontrolle durch die Vertreter der Karsai- bzw. Nachfolgeregierung nicht möglich („nicht kontrollierbar“; es wird um Darstellung der genannten Möglichkeit der Kontrolle über das jeweilige Territorium durch eine oder mehrere Karten und ggf. mit Darstellung der Veränderungen in den vergangenen fünf Jahren gebeten)? Die Sicherheit des Landes wird durch die Bundesregierung anhand von fünf Be- wertungsstufen beschrieben. Die Methodik zur Bewertung und die Kategorisierung der Sicherheitslage in Afghanistan wurden in der Unterrichtung des Parla- Drucksache 18/4168 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ments über die Auslandseinsätze der Bundeswehr (UdP) 42/13 vom 16. Oktober 2013 dargestellt und seitdem wöchentlich als Anlage beigefügt. Darüber hinaus ist diese Kategorisierung als Anlage des Fortschrittsberichts Afghanistan zur Unterrichtung des Deutschen Bundestages vom Januar 2014, im Zwischenbericht von Juni 2014 sowie im Fortschrittsbericht vom November 2014 aufgeführt . Bei landesweiter Betrachtung ist unverändert festzustellen, dass der Großteil der afghanischen Bevölkerung in Regionen mit einer mindestens „ausreichend kontrollierbaren “ Sicherheitslage lebt. Nur in einigen abgelegenen Gebieten ist die Sicherheitslage „überwiegend nicht kontrollierbar“, in wenigen lokal sehr begrenzten Gebieten „nicht kontrollierbar“. Zur fortlaufenden Bewertung der Sicherheitslage für Gesamt- und Nordafghanistan wird auf die jüngsten Fortschrittsberichte der Bundesregierung zu Afghanistan verwiesen. Eine Kurzbewertung der Sicherheitslage in den neun Nordprovinzen sowie in der Landeshauptstadt Kabul ist zudem den Unterrichtungen des Parlaments über die Auslandseinsätze der Bundeswehr zu entnehmen. Zur graphischen Darstellung der Bedrohungslage aus strategischer Perzeption wird ebenfalls auf die Unterrichtungen des Parlaments über die Auslandseinsätze der Bundeswehr und auf die jüngsten Fortschrittsberichte der Bundesregierung zu Afghanistan verwiesen . 11. Wie entwickelte sich die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Afghanistan seit Beginn des NATO-Einsatzes im Rahmen von ISAF, OEF und später nach Kenntnis der Bundesregierung unter afghanischer Militärverantwortlichkeit (bitte nach Quartalen, Jahren und Verantwortungsbereichen aufschlüsseln)? Die in der entsprechenden Einstufung verfügbaren Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle für Gesamtafghanistan und Nordafghanistan sind in den verschiedenen Fortschrittsberichten und Fortschrittszwischenberichten der Bundesregierung zu Afghanistan dargestellt und eingeordnet. Die Statistik der Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle hat nur eine geringe Aussagekraft bei der ganzheitlichen und qualitativen Bewertung der Sicherheitslage und dient daher lediglich als ein quantitatives Hilfskriterium. Daher wurde im Rahmen einer ressortübergreifenden Arbeitsgruppe eine neue qualitative Bewertungsmethode der Sicherheitslage in Afghanistan entwickelt und angewendet. Hierzu wird auf die Unterrichtung des Parlaments über die Auslandseinsätze der Bundeswehr (UdP) 42/13 vom 16. Oktober 2013 verwiesen. Die Erfassung der Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle erfolgt mittlerweile im Wesentlichen auf Basis der Meldungen der afghanischen Sicherheitskräfte. Verfügbare und als Verschlusssache „VS – Vertraulich“ eingestufte statistische Daten zu den Sicherheitsrelevanten Zwischenfällen in Afghanistan werden separat bereitgestellt und können in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingesehen werden.* Über die Herausforderungen der Erfassung der Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle, ihren zunehmenden Verlust an Belastbarkeit und die daraus zwingende Entwicklung einer neuen ressortgemeinsamen qualitativen Bewertungsmethode wurde das Parlament fortlaufend in der Unterrichtung des Parlaments über die Auslandseinsätze der Bundeswehr (UdP) unterrichtet . Hierzu wird auf die UdP 1-2/13, UdP 3/13, UdP 4/13, UdP 5/13, UdP 6/13, UdP 7/13, UdP 8/13, UdP 9/13, UdP 10/13, UdP 22/13, UdP 25/13, UdP 26/13, UdP 33/13, UdP 34/13 und UdP 42/13 verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4168 12. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung knapp zehn Jahre nach Beginn des deutschen Engagements beim Polizeiaufbau die Möglichkeit festzustellen , wie viele von deutschen Ausbildern ausgebildete afghanische Polizisten heute noch ihren Dienst versehen bzw. welche aus anderen als Alters - oder Krankheitsgründen ausgeschieden sind, und wenn ja, welche Angaben kann die Bundesregierung hierzu machen? Entsprechende Statistiken werden von der afghanischen Polizei bzw. dem afghanischen Innenministerium nicht geführt. Die Bundesregierung hat daher keine Möglichkeit festzustellen, wie viele von deutschen Ausbildern ausgebildete Polizisten heute noch ihren Dienst versehen bzw. ausgeschieden sind. 13. Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit die Anzahl der Schusswaffen, die aus afghanischen Polizeibeständen verschwanden (bitte soweit möglich nach Jahren sowie Waffentypen getrennt angeben)? Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung seitens internationaler Polizeiausbilder oder afghanischer Behörden Angaben oder Schätzungen, welcher Anteil an diesen Verlusten auf den Diebstahl durch Polizeibeamte bzw. auf deren Beihilfe zurückzuführen ist, und wenn ja, welche? Ein landesweit funktionierendes System zur Registrierung von Polizeiwaffen und Munition existiert in Afghanistan nicht. Die Bundesregierung führt überdies keine eigenen entsprechenden Statistiken. 14. Welchen personellen Umfang haben nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig (Stand 30. Juni 2014) die verschiedenen regulären Polizeiformationen der Afghan National Police (ANP), Afghan Uniformed Police (AUP), Afghan National Civil Order Police (ANCOP), Afghan Border Police (ABP), Counter Narcotics Police of Afghanistan (CNPA), City Traffic Police (CTP), und wie ist ihre gegenwärtige Zielgröße? Die Zielgröße der afghanischen Polizei („Afghan National Police“, ANP) beträgt nach Kenntnis der Bundesregierung 157 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (MA), davon 3 000 in Ausbildung. Die Personalstärke der ANP mit Stichtag 30. Juni 2014 beträgt ca. 152 000, davon 2 500 in Ausbildung. Bei den Unterorganisationen der ANP stellt sich der personelle Umfang wie folgt dar: ● Allgemeine Polizei („Afghan Uniformed Police“, AUP): Zielstärke (ein- schließlich Kriminalpolizei, Verkehrspolizei und Unterstützungseinheiten): 116 000 MA; Ist-Stärke ca. 109 400 MA. ● Grenzpolizei („Afghan Border Police“, ABP): Zielstärke: rund 24 000 MA; Ist-Stärke: rund 21 600 MA. ● Bereitschaftspolizei („Afghan National Civil Order Police“, ANCOP): Zielstärke rund 15 500 MA; Ist-Stärke rund 14 900 MA. ● Die Verkehrspolizei („City Traffic Police“, CTP) ist Bestandteil der AUP. Ihr Personalanteil ist entsprechend im Stellenplan der AUP enthalten. ● Drogenbekämpfungspolizei („Counter Narcotics Police of Afghanistan“, CNPA): Zielstärke rund 3 000 MA; Ist-Stärke ca. 2 900 MA. Rund 3 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind als Reserve verfügbar. Darüber hinaus existieren weitere kleine – nicht im Detail bekannte – Teileinheiten im Geschäftsbereich des afghanischen Innenministeriums. Drucksache 18/4168 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie viele Tote sowie Verletzte hat es nach Kenntnis der Bundesregierung auf Seiten der ANP (bitte nach Jahren getrennt darstellen) jeweils durch Einwirkung von Aufständischen, unter Einwirkung sogenannter Innentäter , durch sogenanntes friendly fire seitens der Afghan National Security Forces (ANSF) oder der ISAF-/OEF-Kräfte gegeben? Die Bundesregierung führt keine eigene Statistik zu gefallenen Angehörigen der ANP infolge von Innentäterangriffen oder zum versehentlichen Beschuss durch internationale Sicherheitskräfte. Die der Bundesregierung zur Verfügung stehende Statistik zu gefallenen Angehörigen der ANP durch Anschläge oder Gefechte der „Opposing Military Forces“ deckt den Zeitraum seit 2005 ab. Die Angaben sind insofern mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, als im afghanischen Meldungsbild regelmäßig eine Trennung zwischen Opfern aus der afghanischen Armee und solchen aus der afghanischen Polizei nicht vorgenommen wird. Demnach sind im Jahr 2005: 231 Angehörige der ANP gefallen, 2006: 335, 2007: 709, 2008: 655, 2009: 798, 2010: 897, 2011: 1 008, 2012: 1 658, 2013: 3 403 und in den ersten sechs Monaten 2014: 1 489. 16. Wie viele Tote sowie Verletzte hat es nach Kenntnis der Bundesregierung auf Seiten der Afghan Local Police (ALP) (bitte nach Jahren getrennt darstellen ) jeweils durch die Einwirkung von Aufständischen, durch die Einwirkung sogenannter Innentäter, durch sogenanntes friendly fire seitens der ANSF oder der ISAF-/OEF-Kräfte gegeben? Die Bundesregierung führt keine eigenen Statistiken zu gefallenen Angehörigen der ALP. Auch anderweitige Statistiken liegen ihr nicht vor. 17. Wie zuverlässig erfolgt nach Einschätzung der Bundesregierung die strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen der ALP wie auch der ANP, wenn ihnen Gewalttaten gegen die Bevölkerung vorgeworfen werden, durch die afghanischen Justizbehörden, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie aus dem möglichen Problem der Straflosigkeit für Polizisten ? Die afghanischen Strafverfolgungsbehörden sind gesetzlich verpflichtet, Ermittlungsverfahren einzuleiten, wenn sie Kenntnis von Vergehen bzw. Straftaten von Angehörigen der ANP und ALP erlangen. Zum Umfang der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren sowie den Verurteilungen von ANP- und ALP-Angehörigen führen die afghanischen Behörden keine belastbaren Statistiken. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4168 18. Welche materielle Ausstattung haben die Bundeswehr, das German Police Project Team (GPPT) oder EUPOL AFG der ALP zukommen lassen (bitte nach Jahren getrennt auflisten)? Es liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, dass Angehörige des deutschen Polizeiberaterteams (seit Juni 2007 als „German Police Project Teams“ [GPPT] bezeichnet) oder der europäischen Polizeimission Afghanistan („European Union Police Mission in Afghanistan“, EUPOL AFG) Anteil an der materiellen Ausstattung der afghanischen Lokalpolizei („Afghan Local Police“, ALP) hatten. Gelegentlich wurden einzelnen Einheiten der ALP allerdings durch deutsche ISAF-Kräfte Gegenstände des täglichen Bedarfs (beispielsweise Decken, Lebensmittel , Trinkwasser oder Verbandmaterial) bei Begegnungen vor Ort überlassen . Umfang und Zeitpunkt der Übergabe solcher Gegenstände wurden nicht dokumentiert. 19. Inwiefern sind Kriterien für die nach der erhofften Beruhigung der Sicherheitslage angestrebte Reduzierung der afghanischen Polizeikräfte erarbeitet worden (vergleiche Antwort zu Frage 7 auf Bundestagsdrucksache 17/ 10665), und wie sind diese gegebenenfalls ausgestaltet? Bisher wurden vom afghanischen Innenministerium keine Kriterien veröffentlicht , wie eine potentielle Personalreduzierung der ANP umgesetzt werden könnte. 20. Welchen personellen Umfang haben gegenwärtig (Stand 30. Juni 2014) nach Kenntnis der Bundesregierung andere bewaffnete Formationen in Afghanistan (z. B. Milizen, Hilfspolizeien, Einheiten im Rahmen der Local Defense Initiative, Critical Infrastructure Programme und vergleichbare Formationen; bitte getrennt angeben), die die Bundesregierung in ihren Fortschrittsberichten (www.auswaertiges-amt.de/cae/servlet/contentblob /669968/publicationFile/189500/ 140205_Fortschrittsbericht_Januar_2014.pdf) als mehr oder weniger regierungsfreundlich einschätzt? a) Inwiefern werden diese Formationen nach Kenntnis der Bundesregierung von der afghanischen Regierung unterstützt? b) Inwiefern werden diese Formationen von den ISAF-Truppenstellern unterstützt? Die Fragen 20, 20a und 20b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die afghanische Lokalpolizei („Afghan Local Police“, ALP, Stärke etwa 26 600) ist dem afghanischen Innenministerium unterstellt. Sie ist daher ein Teil der nationalen Sicherheitsstruktur und keine „andere bewaffnete Formation“. Eine durch die USA finanzierte Unterstützung nichtstaatlicher Kräfte wie „Critical Infrastructure Program“ oder „Community Based Security Solution“ wurde 2012 eingestellt. Ein größerer Teil der Kräfte wurde dabei nach eingehender Überprüfung des Personals (sogenanntes Vetting) und Grundlagenausbildung über das sogenannte Village Stability Operations – Programm in die ALP überführt . Milizen sind dem entgegen von einzelnen lokalen Machthabern geführte und bezahlte Gruppen, die der jeweiligen Agenda der lokalen Machthaber folgen. Über den Gesamtumfang aller Milizen lässt sich keine belastbare Aussage treffen. Die Bundeswehr arbeitet grundsätzlich nicht mit Milizen zusammen. Eine offizielle Drucksache 18/4168 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Unterstützung durch die afghanische Regierung ist der Bundesregierung nicht bekannt. Eine Sonderform von anderen bewaffneten Formationen sind Dorfschutzkräfte (sogenannte Arbakis), die von der Dorfgemeinschaft zur Verteidigung des eigenen Dorfs aufgestellt werden. Hierbei handelt es sich um eine historisch gewachsene Form der Gewährung von Sicherheit im Bereich der Selbstverwaltung der einzelnen Dörfer, insbesondere in den traditionellen paschtunischen Stammesstrukturen . Arbakis werden durch die Dorfgemeinschaft ernannt. Insbesondere in paschtunisch dominierten Räumen mit erheblichen oder hohen Bedrohungspotenzialen sind Arbakis unverändert zu beobachten und von Bedeutung. Erkenntnisse über deren Gesamtstärke liegen der Bundesregierung nicht vor. Die Bundesregierung arbeitet nicht mit Arbakis zusammen. Mit Schwerpunkt in Ostafghanistan haben sich zudem kleinere lokale Gruppen in einigen Distrikten als spontaner Widerstand der Bevölkerung gegen die Taliban gegründet („Anti Taliban Movement“), die lokal die Taliban bekämpfen. Diese Gruppen sind sehr unbeständig, Erkenntnisse der Bundesregierung über eine Gesamtzahl sind daher nicht vorhanden. Die afghanische Regierung versucht , diese Gruppen in die ALP einzubinden, was teilweise gelingt. Eine Unterstützung von ISAF abseits des ALP-Programms ist der Bundesregierung nicht bekannt. Afghanische Ortskräfte 21. Wie vielen afghanischen Ortskräften und ggf. ihren Familienangehörigen wurde aufgrund ihrer individuellen Gefährdung insgesamt ein Aufenthaltsstatus für die Bundesrepublik Deutschland erteilt, und wie viele von ihnen leben mittlerweile (Stand 30. Juni 2014) in Deutschland? Mit Stand 30. Juni 2014 wurde 350 Ortskräften eine Aufnahmezusage nach § 22 Satz 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) erteilt. Davon sind 164 Ortskräfte zusammen mit ihren Familien (weitere 366 Personen) nach Deutschland ausgereist . 22. Wie viele Anträge afghanischer Ortskräfte und ggf. ihrer Familienangehöriger wurden aus welchen Gründen abgelehnt (bitte unter Angabe von Datum , konkretem Ablehnungsgrund, ggf. ehemals beschäftigendem Bundesministerium )? Von denjenigen afghanischen Ortskräften, die eine Gefährdung geltend gemacht haben, wurden 704 als nicht individuell gefährdet eingestuft, davon 590 aus dem Bereich des Bundesministeriums der Verteidigung, 113 aus dem Bereich des Bundesministeriums des Innern und einer aus dem Bereich des Auswärtigen Amts (Stand: 30. Juni 2014). Das Bundesministerium des Innern hat nach § 22 Satz 2 AufenthG über die Erteilung einer Aufnahmezusage zu entscheiden. In allen Fällen, die bislang zur Entscheidung vorgelegt wurden, wurde eine Aufnahmezusage erteilt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/1264 vom 29. April 2014 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4168 Ressort Datum der Einstufung "nicht individuell gefährdet" Anzahl BMI 29.05.2013 1 BMI 10.06.2013 2 BMI 30.06.2013 3 BMI 18.01.2014 1 BMI 21.01.2014 1 BMI 02.02.2014 1 BMI 03.02.2014 1 BMI 06.02.2014 1 BMI 26.02.2014 1 BMI 04.03.2014 1 BMI 08.03.2014 6 BMI 09.03.2014 1 BMI 12.03.2014 1 BMI 20.03.2014 1 BMI 01.04.2014 1 BMI 02.04.2014 1 BMI 05.04.2014 1 BMI 06.04.2014 1 BMI 07.04.2014 1 BMI 09.04.2014 2 BMI 10.04.2014 1 BMI 12.04.2014 1 BMI 14.04.2014 1 BMI 15.04.2014 2 BMI 21.04.2014 1 BMI 22.04.2014 5 BMI 23.04.2014 1 BMI 26.04.2014 8 BMI 27.04.2014 3 BMI 29.04.2014 5 BMI 05.05.2014 1 BMI 06.05.2014 1 BMI 07.05.2014 3 BMI 10.05.2014 4 Drucksache 18/4168 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode BMI 11.05.2014 1 BMI 12.05.2014 2 BMI 14.05.2014 2 BMI 15.05.2014 1 BMI 17.05.2014 2 BMI 18.05.2014 1 BMI 20.05.2014 1 BMI 22.05.2014 8 BMI 24.05.2014 2 BMI 29.05.2014 5 BMI 01.06.2014 2 BMI 10.06.2014 1 BMI 11.06.2014 2 BMI 16.06.2014 6 BMI 18.06.2014 1 BMI 20.06.2014 2 BMI 22.06.2014 4 BMI 30.06.2014 4 BMI 113 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4168 BMVg 03.01.2013 1 BMVg 13.02.2013 1 BMVg 22.03.2013 3 BMVg 28.07.2013 5 BMVg 02.08.2013 3 BMVg 09.08.2013 4 BMVg 16.08.2013 3 BMVg 23.08.2013 3 BMVg 30.08.2013 4 BMVg 06.09.2013 8 BMVg 11.09.2013 6 BMVg 13.09.2013 11 BMVg 20.09.2013 8 BMVg 25.09.2013 4 BMVg 04.10.2013 1 BMVg 15.11.2013 1 BMVg 22.11.2013 4 BMVg 29.11.2013 6 BMVg 06.12.2013 4 BMVg 16.12.2013 8 BMVg 23.12.2013 4 BMVg 30.12.2013 19 BMVg 06.01.2014 10 BMVg 13.01.2014 19 BMVg 20.01.2014 17 BMVg 27.01.2014 21 BMVg 03.02.2014 23 BMVg 10.02.2014 22 BMVg 17.02.2014 24 BMVg 24.02.2014 28 BMVg 03.03.2014 23 BMVg 10.03.2014 27 BMVg 17.03.2014 19 BMVg 26.03.2014 22 Drucksache 18/4168 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über politisch motivierte Gewalttaten/Racheakte gegen (auch ehemalige) afghanische Ortskräfte? a) Wie viele dieser Opfer erhielten Ablehnungen auf ihre Anträge zur Aufnahme in Deutschland aufgrund ihrer individuellen Gefährdung? b) Wie viele dieser Opfer besaßen zum Zeitpunkt der Gewalttaten bereits Aufenthaltsgenehmigungen für die Bundesrepublik Deutschland? c) Um welche konkreten Gewalttaten/Racheakte handelte es sich dabei genau (bitte nach individuellen Fällen aufschlüsseln)? Die Fragen 23 und 23a bis 23c werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Aufgrund individueller Gefährdungen haben 350 Ortskräfte eine Aufnahmezusage für Deutschland erhalten (Stand: 30. Juni 2014). Nach Erteilung der Aufnahmezusage waren keine afghanischen Ortskräfte Opfer von politisch motivierter Gewalt und Racheakten. Allen Ortskräften, die von unten aufgeführten Taten betroffen waren, wurde eine Aufnahmezusage erteilt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. BMVg 31.03.2014 19 BMVg 07.04.2014 11 BMVg 14.04.2014 15 BMVg 01.05.2014 41 BMVg 05.05.2014 19 BMVg 12.05.2014 22 BMVg 19.05.2014 22 BMVg 26.05.2014 10 BMVg 03.06.2014 20 BMVg 09.06.2014 14 BMVg 16.06.2014 16 BMVg 23.06.2014 15 BMVg 590 AA 03.06.2014 1 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/4168 Nr. Ressort Sachverhalt 1 BMVg Tätlicher Angriff durch Unbekannte in der Nacht 2 BMVg Schussabgabe ohne Verletzung , Brandanschlag auf Wohnhaus, telefonische Bedrohung 3 BMVg Vergiftetes Trinkwasser, telefonische Bedrohung 4 BMVg Einbruch in Wohnhaus, tätlicher Angriff auf Ehefrau 5 BMVg Schwiegermutter und Schwägerin wurden von Schwager getötet 6 BMVg Brandanschlag auf Wohnhaus, Entführungsversuch 7 BMVg Schwester wurde von Wohnungseinbrecher getötet 8 BMVg Tätlicher Angriff auf Sohn durch Motorradfahrer 9 BMvg Einbruch in Wohnhaus, dabei gefesselt worden 10 BMVg Schussabgabe ohne Verletzung nach einer Hochzeit 11 BMVg Bedrohung und Schussabgabe auf dem Weg nach Hause, leichte Verletzungen 12 BMI Messerangriff auf Ortskraft mit Verletzung, Drohung mit Tod 13 BMI Erpressung der Ortskraft und Schussabgabe ohne Verletzung 14 BMI Zerstörung des Hauses der Familie, Schüsse auf Ortskraft ohne Verletzung 15 BMI Bedrohung in der Moschee und Steinwürfe auf Ortskraft 16 BMI Bedrohung durch Mullah und körperlicher Angriff 17 BMI Raubüberfall mit Messerangriff, leichte Verletzungen 18 BMI Bedrohung, körperliche Misshandlung des Bruders der Ortskraft 19 BMI Raubüberfall auf Haus der Familie, Drohung mit Ermordung der Ortskraft 20 BMI Körperlicher Angriff auf Ortskraft, leichte Verletzungen 21 BMI Schussabgabe auf Ortskraft, leichte Verletzung durch Sturz 22 AA Brandanschlag auf Haus der Familie, IED-Anschlag auf Ortskraft Drucksache 18/4168 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode d) Wie wird der Zugang von ehemaligen afghanischen Ortskräften zu Aufnahmemöglichkeiten in Deutschland nach dem Abzug der Bundeswehr sichergestellt, und welche deutschen Stellen werden gegebenenfalls über diese Fälle zukünftig aufgrund welcher Faktenlage entscheiden ? Nach Abzug der Bundeswehr können sich die afghanischen Ortskräfte mit ihrem Anliegen an die deutsche Botschaft Kabul wenden. Im Übrigen werden dort bereits jetzt die Gefährdungsanzeigen derjenigen Ortskräfte bearbeitet, deren Beschäftigungsverhältnis vor dem 1. Januar 2013 beendet wurde. 24. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Aufnahmepraxis anderer (auch ehemaliger) ISAF- und/oder OEF-Truppen entsendender Staaten hinsichtlich der Aufnahme (auch ehemaliger) afghanischer Ortskräfte ? Nach Kenntnis der Bundesregierung haben einige ISAF- und/oder OEF-Truppen entsendende Staaten hinsichtlich der Aufnahme (auch ehemaliger) afghanischer Ortskräfte eine Aufnahmepraxis eingeführt, die zwar eine ähnliche Zielsetzung verfolgt, sich im Einzelfall aber von der Praxis in Deutschland unterscheidet . a) Welche dieser Länder unterhalten bzw. unterhielten ähnliche Aufnahmeprogramme wie Deutschland, und welche nicht? Die USA haben für Ortskräfte ein „Special Immigrant“-Visaverfahren aufgelegt , welches bislang jährlich auf 1 500 Plätze plus Ehepartner und Kinder begrenzt war, nunmehr für 2014 auf 4 000 Plätze erhöht wurde. Kanada hat für einen begrenzten Zeitraum ein „Special Immigration Measures Program“ (SIM) für Ortskräfte aufgesetzt, welches mit Beendigung des Einsatzes in der Provinz Kandahar im September 2011 abgeschlossen wurde. Dänemark hat ein gesondertes Aufnahmeprogramm, welches grundsätzlich auf die 195 durch das Militär eingesetzten Sprachmittler begrenzt wurde. Ähnlich Norwegen mit einem inzwischen beendeten Programm für Übersetzer nach dem norwegischem Truppenabzug aus der Provinz Faryab. Neuseeland hat ein „Refugee Quota Programme “ von max. 750 Plätzen pro Jahr, welches pauschal für Sprachmittler und andere Ortskräfte gilt. Australien hat kein Sonderprogramm, sondern gewährt Visa im Rahmen „AUS Humanitarian Resettlement Program“. Frankreich hat ebenfalls kein Sonderprogramm , gewährt jedoch bei „hoher Bedrohung“ Aufenthalt. GBR hat kein Sonderprogramm , sondern „Ex-Gratia-Verfahren“ als Aufnahmezusage für Ortskräfte , die mindestens zwölf Monate kontinuierlich im Kampfeinsatz in Provinz Helmand beschäftigt wurden. b) Wie viele afghanische Ortskräfte und ggf. deren Familienangehörige wurden in diesen Ländern jeweils aufgenommen? Die USA haben bislang ca. 8 000 spezielle Visa ausgestellt, davon über 3 000 für Ortskräfte und etwa 5 000 für Familienmitglieder. Kanada hat für die Dauer des Programms insgesamt ca. 800 ehemalige Ortskräfte mit ihren Familien aufgenommen (Verfahren wurde beendet). Für Dänemark gibt es keine offiziellen Zahlen, Norwegen hat insg. 106 Anträge plus Familien positiv entschieden (Verfahren beendet). Neuseeland hat bislang ca. 39 Sprachmittler mit Familien aufgenommen (insg. ca. 121 Personen). Großbritannien hat bislang zwei Ortskräfte aufgrund Gefährdung aufgenommen, bei ca. 260 Ortskräften laufen Aufnahme- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/4168 anträge aufgrund „Ex-Gratia-Verfahren“ (vgl. oben). Zu weiteren Staaten liegen keine Zahlen vor. c) Wie hoch ist die Ablehnungszahl von Anträgen (auch ehemaliger) afghanischer Ortskräfte in diesen Staaten, und wie werden die Ablehnungen in diesen Ländern begründet? Kanada hat während der Dauer des Programms insgesamt 318 von 351 Anträgen genehmigt. Australien hat von etwa 300 Visaanträgen ca. 2/3 positiv entschieden . Frankreich hat von etwa 200 Fällen (Ortskräfte + Familien) bislang 60 Fälle (Ortskräfte + Familien) positiv entschieden. Für die übrigen erwähnten Staaten liegen keine Zahlen bzw. Angaben vor. Darüber hinaus liegen keine Erkenntnisse zu Ablehnungsgründen vor. d) Fanden oder finden mit den anderen an dem ISAF-Einsatz beteiligten Staaten Konsultationen zu diesem Themenkomplex statt (falls ja, bitte unter Angabe der beteiligten Stellen, von Anlass, Datum, Ergebnis)? Für Ortskräfte, die einen Arbeitsvertrag mit ISAF haben, fanden in den vergangenen 18 Monaten wiederholt Konsultationen im NATO-Rahmen zu diesem Themenkomplex statt. Es wurde eine Anlaufstelle („Point of Contact“) beim „Senior Civilian Representative“ der NATO und bei COMISAF geschaffen, um im Einzelfall zu prüfen ob und wie einer Ortskraft mit praktischen Maßnahmen geholfen werden kann. Aufständische in Afghanistan 25. Welche bewaffneten Gruppierungen hat die NATO im Einzelnen bekämpft (bitte aufschlüsseln nach Namen, Jahr, lokaler Zuordnung und ungefährerer Zahl der bewaffneten Kämpfer)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine belastbaren, nach Raum, Zeit und Quantität differenzierten Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 27 verwiesen. 26. Wie viele bewaffnete Aufständische haben gegen die NATO-Truppen nach Schätzung der Bundesregierung gekämpft (bitte nach Provinz und Jahr von 2001 bis heute, Stand 30. Juni 2014, aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 25 und 27 verwiesen. 27. Wie viele Aufständische sind nach Kenntnis der Bundesregierung weiterhin aktiv im Kampf gegen die Sicherheitskräfte der Zentralregierung in Kabul oder gegen lokale Machthaber (bitte nach Provinz, Name der aufständischen Gruppierung und Namen ihrer/ihres jeweiligen Anführerin/ Anführers aufschlüsseln)? Die Gesamtgrößenordnung der regierungsfeindlichen Kämpfer wird nach Kenntnis ISAF landesweit auf eine niedrige fünfstellige Zahl geschätzt. Die mit Abstand größte Anzahl an Kämpfern ist den verschiedenen Gruppierungen und Netzwerken der Taliban-Bewegung unter ihrem geistigen Führer Mullah Omar zuzuordnen, die landesweit operiert. Des Weiteren agiert das Haqqani-Netzwerk als Teil der Taliban-Bewegung unter ihrem Führer Sirajuddin Haqqani in einer geschätzten Stärke von einer hohen dreistelligen bis niedrigen vierstelligen Anzahl an Kämpfern vorwiegend in den Drucksache 18/4168 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Provinzen Khost, Paktiya, Paktika, Logar, Ghazni, Zabul und zumindest temporär auch in Kunduz. Darüber hinaus gehört die Hezb-e Islami Gulbuddin unter ihrem Führer Gulbuddin Hekmatyar, in einer geschätzten Stärke ähnlich wie das HaqqaniNetzwerk , in den Provinzen Kunar, Nuristan, Kapisa, Logar, Wardak, Paktiya und Baghlan zu den Bedrohungspotenzialen. Die Rolle von terroristischen Kräften wie der „Islamischen Bewegung Usbekistans “, der „Islamischen Jihad Union“ oder „Al-Qaida“ liegt im Wesentlichen in der Unterstützung der oben genannten Gruppierungen mit Schwerpunkt zugunsten der Taliban-Bewegung. Die Anzahl der Kämpfer der terroristischen Gruppierungen liegt im niedrigen dreistelligen Bereich. 28. Über welche Kampfmethoden und Waffen verfügten und verfügen (Stand 30. Juni 2014) die Aufständischen nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte nach Provinz und Jahr von 2001 bis heute, Stand 30. Juni 2014, aufschlüsseln )? In Afghanistan ist der Infanteriekampf in Verbindung mit Guerillataktiken fortgesetzt die häufigste Form des bewaffneten Kampfes. Dabei kommt ein breites Arsenal von Bewaffnung und Ausrüstung zum Einsatz. Hierbei sind die regierungsfeindlichen Kräfte überwiegend mit Waffen sowjetischen Typs, zumeist aus iranischer, chinesischer oder pakistanischer Lizenzfertigung beziehungsweise Nachbauten, ausgerüstet. Weit verbreitete und hauptsächlich genutzte Waffen sind das Sturmgewehr AK-47 und die Panzerabwehrhandwaffe RPG-7. Zusätzlich sind die meisten regierungsfeindlichen Gruppen für den Infanteriekampf mit einem leichten Maschinengewehr (überwiegend der PK-Reihe) und/oder 82-mm-Mörsern ausgerüstet . Für den Beschuss der Liegenschaften der afghanischen und internationalen Sicherheitskräfte werden zumeist ungelenkte Artillerieraketen 107 mm verwendet. Diese werden provisorisch gerichtet und abgeschossen, da originäre Abschussvorrichtungen des Typs BM-1 selten vorhanden sind. Zum Beschuss von Luftfahrzeugen werden entweder die verfügbaren Infanteriewaffen oder schwere Maschinengewehre vom Typ DshK-38/42 eingesetzt. Auch der Beschuss von tief fliegenden Flugzeugen und Hubschraubern mittels Panzerabwehrhandwaffen ist üblich. Anspruchsvolle Waffensysteme, wie schultergestützte Flugabwehrsysteme (Man Portable Air Defence Systems, MANPADS ) oder gelenkte Panzerabwehrraketen, sind zwar in überschaubarer Anzahl vorhanden, werden aber selten eingesetzt. Der Einsatz von behelfsmäßig hergestellten Sprengvorrichtungen (Improvised Explosive Devices, IED) und Minen ist in Afghanistan lange bekannt, weit verbreitet und ein bevorzugtes und wirkungsvolles Einsatzmittel. Die regierungsfeindlichen Kräfte zeigen sich zunehmend befähigt, IED und Auslösevorrichtungen anzufertigen und bedienungssicher auszubringen. Die verwendeten IEDTechniken und die Taktik der Ausbringung waren anfänglich von einer gewissen Einfachheit und Anpassung an die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten geprägt. Durch den längeren Gebrauch, die Verwendung vorgefertigter Komponenten, den Austausch von Techniken und Taktiken auch in Ausbildungslagern in Pakistan und die Verbreitung von IED-Handbüchern oder Lehrvideos ist in Afghanistan ein gewisses Grundwissen verfügbar. Beim Bau der IED wird oft improvisiert , als Sprengmittel werden häufig Selbstelaborate verwendet. Ferner ist der Einsatz von Selbstmordattentätern ein gängiges Vorgehen der regierungsfeindlichen Kräfte. Zu unterscheiden sind Einzeltäter, die meist gegen hochrangige Einzelziele (Personen) eingesetzt werden und Selbstmordkommandos , also zusätzlich infanteristisch bewaffnete Gruppen mit und ohne Spreng- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/4168 westen, die meistens ohne Aussicht auf einen nachhaltigen taktischen Erfolg bestimmte Ziele angreifen oder sich medial wirksam an strategischen Punkten möglichst lange verschanzen. Sämtliche beschriebene Wirkmittel, Waffen und Kampfmethoden können landesweit beobachtet werden. 29. Mit welchen Gruppierungen war die Bundeswehr in ihrem Verantwortungsbereich konfrontiert, und wie viele bewaffnete Kämpfer gehörten diesen nach ihrer Kenntnis an (ggf. bitte schätzen)? Im deutsch geführten Verantwortungsbereich in Nordafghanistan standen nach Kenntnis der Bundesregierung den deutschen Kräften zumeist regional verwurzelte Taliban-nahe regierungsfeindliche Kräfte gegenüber, über deren Anzahl keine belastbaren Angaben vorliegen. Darüber hinaus waren Aktionen von nicht paschtunischen regierungsfeindlichen Gruppierungen, der „Islamischen Bewegung Usbekistans“, „Hezb-Islami Gulbuddin Hekmatyar“, des „Haqqani-Netzwerks“ und im Rahmen von Einzelpersonen auch von „Al-Qaida“ festzustellen. 30. Wie viele Aufständische wurden durch Soldatinnen bzw. Soldaten der Bundeswehr gefangen genommen, wie lange wurden sie von der Bundeswehr jeweils in Gewahrsam genommen, wem wurden sie auf afghanischer Seite übergeben, und wie viele dieser Gefangenen sind nach Kenntnis der Bundeswehr weiter in Haft, verschwunden oder hingerichtet worden (bitte nach Jahr, Ort der Festnahme und Ort der Übergabe, Namen derjenigen/ desjenigen afghanischen Stelle/Gouverneurs, die/der die Gefangenen jeweils verantwortlich in Gewahrsam nahm, aufschlüsseln)? Liegen Erkenntnisse über deren Behandlung in afghanischem Gewahrsam vor? Wenn nein, warum nicht? Wurde angesichts wiederholter Foltervorwürfe (www.amnesty.de/umleitung /2007/deu01/055; www.dw.de/deutscher-general-best%C3%A4tigtfoltervorw %C3%BCrfe/a-2913143) und mit Blick auf eine nach Auffassung der Fragesteller eigene rechtliche Verantwortung seitens deutscher Stellen versucht, Erkenntnisse zu erlangen? Falls nein, warum nicht? Das Deutsche Einsatzkontingent ISAF hat seit dem 26. April 2007 keine Personen mehr in Gewahrsam genommen. Zur Situation vor diesem Stichtag wird auf die detaillierten Ausführungen in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/2551 vom 12. Juli 2010 verwiesen. Zur Fragestellung der Foltervorwürfe wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/7748 vom 15. November 2011 verwiesen. Ökonomische Lage Vorbemerkung zum Kapitel Die Bundesregierung betreibt keine eigene Erhebung makroökonomischer Kenndaten ausländischer Staaten mit Ausnahme der bilateralen Wirtschaftsdaten . Die nachfolgend dargestellten ökonomischen Kennziffern wurden amtli- chen Meldungen der afghanischen Regierung entnommen, soweit nicht anders angegeben. Drucksache 18/4168 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 31. Wie setzt sich das afghanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell nach Wirtschaftsbereichen zusammen? Wie hat sich diese Zusammensetzung ggf. seit dem Jahr 2001 verändert? 32. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Außenhandelsquote in Afghanistan heute? Wie hat sie sich ggf. in den vergangenen Jahren seit dem Jahr 2001 entwickelt ? Welche Güter sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Hauptexportund -importgüter? Welches sind nach Kenntnis der Bundesregierung die wichtigsten Exportund Importländer? 33. Wie sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Beschäftigten in Afghanistan den Wirtschaftssektoren zuzuordnen (bitte Angabe in Prozent)? Laut Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation („International Labour Organization “, ILO) von 2012 sind die Beschäftigten in Afghanistan den Wirtschaftssektoren wie folgt zuzuordnen: Landwirtschaft 59,1 Prozent Industrie und Bergbau 12,5 Prozent Dienstleistung 24,6 Prozent Öffentliche Verwaltung 3,9 Prozent. Nach Informationen aus dem „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes – „Central Statistics Office “ (CSO) – waren in den Jahren 2011/2012 ca. 40 Prozent aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Haushaltsjahr* ϭϯϵϮ�� ϭϯϵϭ� ϭϯϵϬ� 1389 1388 1387 1386 1385 1384 1383 1382 1381 1380 2013/14 2012/13 2011/12 2010/11 2009/10 2008/09 2007/08 2006/07 2005/06 2004/05 2003/04 2002/03 2001/02 BIP nom 1.197.168 1.086.198 896.163 746.859 632.715 541.112 518.611 407.673 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. sektorale Aufteilung des BIP Landwirtschaft 294.232 275.818 241.743 207.301 196.843 150.133 174.343 153.754 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. proz. Anteil am BIP 24,6% 25,4% 27,0% 27,8% 31,1% 27,7% 33,6% 37,7% entfällt entfällt entfällt entfällt entfällt Industrie 236.066 222.825 193.371 153.608 133.942 138.628 130.491 105.496 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. proz. Anteil am BIP 19,7% 20,5% 21,6% 20,6% 21,2% 25,6% 25,2% 25,9% entfällt entfällt entfällt entfällt entfällt Dienstleistung 619.580 546.161 428.571 358.650 280.148 238.021 200.583 136.844 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. proz. Anteil am BIP 51,8% 50,3% 47,8% 48,0% 44,3% 44,0% 38,7% 33,6% entfällt entfällt entfällt entfällt entfällt * Das afghanische Haushaltsjahr bestimmt sich nach dem Sonnenkalender jeweils vom 21.03 - 20.03 Quelle: Central Statistics Organization, alle Angaben in Mio. AFS Haushaltsjahr ϭϯϵϮ�� ϭϯϵϭ� ϭϯϵϬ� 1389 1388 1387 1386 1385 1384 1383 1382 1381 1380 2013/14 2012/13 2011/12 2010/11 2009/10 2008/09 2007/08 2006/07 2005/06 2004/05 2003/04 2002/03 2001/02 Außenhandelsquote 55 55 48 54 55 64 72 87 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Hauptexportgüter Teppiche Teppiche Rosinen Teppiche Teppiche Teppiche Teppiche Teppiche k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. weisser Assant Rosinen Teppiche Rosinen Rosinen Rosinen Rosinen Rosinen k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Pistazienkerne Pistazienkerne Süßholzwurzel Süßholzwurzel Mandelkerne Pistazien Mandelkerne Mandelkerne k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Hauptimportgüter Diesel T one Oil T one Oil PKW Weizen Benzin PKW PKW k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. T one Oil Diesel PKW T one Oil PKW PKW PKW-Reifen LKW k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Zement Zement Eisenhalbzeuge Diesel Diesel Pflanzenöl Motorteile Polyesterstoffe k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Hauptexportländer PAK PAK PAK PAK PAK PAK PAK PAK k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. IND IND IND IND IND IND IND IND k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. IRN IRN RUS TUR IRN RUS RUS RUS k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Hauptimportländer PAK PAK PAK UZB UZB UZB CHN CHN k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. IRN VAE RUS CHN CHN PAK JPN PAK k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. VAE IRN UZB PAK JPN CHN PAK JPN k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. Quelle: Central Statistics Organization Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/4168 34. Wie viel Prozent der Landesfläche Afghanistans werden nach Kenntnis der Bundesregierung landwirtschaftlich bearbeitet? Nach Angaben der Weltbank sind ca. 58 Prozent (2009 bis 2011) der afghanischen Landesfläche landwirtschaftliche Nutzfläche. Eine weitergehende Aufteilung in Ackerflächen, Weideflächen und sonstige Nutzflächen ist nicht erfolgt. Das vom afghanischen Statistikamt („Central Statistics Office“ – CSO) herausgegebene Jahrbuch macht folgende Angaben zur landwirtschaftlichen Nutzfläche des Landes: 35. Wie viel Prozent der arbeitenden Bevölkerung waren nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen 2001 und 2014 in der Landwirtschaft beschäftigt (bitte für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne auflisten)? Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes waren 2007/2008 59 Prozent der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. In den Jahren 2011/2012 sind ca. 40 Prozent aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt. Der Rückgang der Zahlen lässt darauf schließen, dass andere Sektoren (Dienstleistungen und industrieller Sektor) Zuwächse verzeichnen. Weitergehende disaggregierte Daten nach Jahren liegen für Afghanistan nicht vor. 36. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der in der Landwirtschaft beschäftigten Afghaninnen und Afghanen zwischen 2001 und 2014 (bitte Angaben für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne machen)? Internationale Organisationen und afghanische Stellen liefern hierzu keine verlässlichen Daten, da das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen nach Sektoren kein üblicher Entwicklungsindikator ist. Aufgrund der verfügbaren Daten zum prozentualen Anteil des Landwirtschaftssektors am gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) und der Schätzwerte zum prozentualen Anteil in der Landwirtschaft Beschäftigter aus den Berichten des „National Risk and Vulnerability Assessment “ (NRVA) der Jahre 2007/2008 und 2011/2012 kann ein Annäherungswert für das Pro-Kopf-Einkommen der in der Landwirtschaft Beschäftigten berechnet werden. Dieser lässt auf einen positiven Trend schließen: 2013-2014 km² (in tausend) Prozent Landwirtschaftliche Fläche 378,30 58 Gesamtfläche 652,23 100 Jahr 2007 2008 2011 2012 Pro-Kopf-Einkommen in US-Dollar 441 369 855 961 Drucksache 18/4168 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 37. Wie hoch waren nach Kenntnis der Bundesregierung die ausländischen Direktinvestitionen in den Jahren 2001 bis 2014 (bitte Angaben für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne machen)? Wurde bzw. wurden zwischen Afghanistan und der EU bzw. Deutschland ein bzw. mehrere Investitionsschutzabkommen abgeschlossen? Der Investitionsförderungs- und -schutzvertrag (IFV) mit Afghanistan wurde am 19. und 20. April 2005 unterzeichnet. Der Vertrag trat am 12. Oktober 2007 in Kraft. Investitionsförderungs- und -schutzverträge dienen dazu, einen ausreichenden Rechtsschutz für deutsche Auslandsinvestitionen auf völkerrechtlicher Basis zu schaffen. Auf Grundlage dieses Rechtsschutzes kann die Bundesregierung Investitionsgarantien für deutsche Direktinvestitionen im Ausland übernehmen . Welche Regelungen zu Ausschreibung und Vergabe von öffentlichen Aufträgen sind ggf. darin festgelegt? Der IFV enthält keine Regelungen zu Ausschreibungen und Vergabe von öffentlichen Aufträgen. 38. In welchem Umfang haben deutsche Unternehmen seit dem Jahr 2002 nach Kenntnis der Bundesregierung in Afghanistan investiert (bitte nach Branchen aufschlüsseln)? Nach der Zahlungsbilanzstatistik haben sich Nettotransfers in Mio. Euro wie folgt entwickelt: Jahr Zuflüsse Bestand 2001 0,7 17,9 2002 50,0 67,9 2003 57,8 125,7 2004 186,9 312,6 2005 271,0 583,6 2006 238,0 821,6 2007 188,7 1.010,3 2008 94,4 1.104,7 2009 75,7 1.180,4 2010 211,3 1.391,6 2011 83,4 1.475,1 2012 93,8 1.568,9 2013 69,3 1.638,1 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/4168 * Negative Werte spiegeln den Abzug von bereits investiertem Kapital wider. Quelle: Deutsche Bundesbank (Stand August 2014), Erläuterung: 0 = Volumen zwischen 0 und 0,49 Mio. Informationen zur Aufschlüsselung der deutschen Direktinvestitionen in Afghanistan nach Branchen liegen der Bundesregierung nicht vor. 39. In welchem Umfang waren nach Kenntnis der Bundesregierung darunter auch Investitionen in strategische Wirtschaftsbereiche (Rohstoffe, Energie ) oder in die öffentliche Daseinsvorsorge (Wasserversorgung, Wasserentsorgung , Stromversorgung, Bildungseinrichtungen, Finanzdienstleistungen , Versicherungen etc.)? Informationen über deutsche Direktinvestitionen in den oben genannten Wirtschaftsbereichen liegen der Bundesregierung nicht vor. 40. Welche Investitionshemmnisse sieht die Bundesregierung für deutsche Konzerne in Afghanistan, und wie trägt die Bundesregierung dazu bei, die Hemmnisse abzubauen? Nach Ansicht der Bundesregierung sind die wesentlichen Investitionshemmnisse die von den deutschen Unternehmen als instabil empfundene Sicherheitslage , weit verbreitete Korruption, mangelhafte Infrastruktur (Verkehr, Energie), das geringe Ausmaß an Rechtssicherheit, hohe Kosten und Zeitverzögerungen bei der Ein- und Ausfuhr von Gütern sowie die geringe Arbeitsproduktivität bei gleichzeitig fehlendem Fachpersonal. Die Bundesregierung hat mit einer Vielzahl von Programmen, die primär der Verbesserung des Lebensstandards dienen, auch Investitionshemmnisse abgebaut . Zu nennen sind insbesondere der Beitrag zum Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte , die Programme zur Verbesserung der Regierungsführung bzw. Jahr Deutsche Netto-Direktinvestitionen in Afghanistan* 2001 0 2002 -1 2003 +1 2004 0 2005 0 2006 +2 2007 -4 2008 +1 2009 0 2010 0 2011 +1 2012 -1 2013 +9 zur Korruptionsbekämpfung (es wird auf die Antwort zu Frage 165 verwiesen) Drucksache 18/4168 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und die erfolgreiche Durchführung von Infrastrukturmaßnahmen inkl. Gesundheit /Bildung (es wird auf die Antwort zu den Fragen 79, 82, 167 und 169 verwiesen ). Außerdem tragen die Vorhaben im Bereich „Rule of Law“ zur Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit, TVET („Technical Vocational Education and Training“) und NaWi („Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“) zur Steigerung der Arbeitsproduktivität durch die Qualifizierung von Arbeitskräften in der Verarbeitung von Agrarprodukten und ESRA (Programm Dezentrale Stromversorgung durch erneuerbare Energien) zur Reduzierung der o. g. Investitionshemmnissen bei. Im Schwerpunkt „Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung“ (NaWi) widmet sich die deutsche Entwicklungszusammenarbeit insbesondere dem Investitionshemmnis Kosten/Zeitverzögerungen bei der Ein- und Ausfuhr von Gütern. Hervorzuheben sind dabei Aktivitäten im Bereich Beratung des Wiedereintritts Afghanistans zum TIR-Abkommen („Transports Internationaux Routiers“, „Convention on International Transport of Goods under Cover of TIR carnets“); Beratung des Handelsministeriums bei der Vereinfachung von Exportprozeduren durch die in 2012 erfolgte Reform des Qualitätszertifikats; Beratung des Beitrittsprozesses zur Welthandelsorganisation (WTO); Stärkung der Kapazitäten des Handelsministeriums bei der Erbringung von Dienstleistungen für Unternehmen in Afghanistan (betrifft die nationale Ebene des Ministeriums in Kabul wie auch Dependancen des Ministeriums in den Nordprovinzen) sowie der Aufbau einer Exportförderagentur, die die weltweite Vermarktung von in Afghanistan produzierten Gütern unterstützt. Des Weiteren zielt das von der Bundesregierung geförderte Programm NaWi auf die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der afghanischen Privatwirtschaft ab. Das Vorhaben setzt zum einen auf die Verbesserung der Rahmenbedingungen und Förderinstrumente auf nationaler Ebene im Bereich der Wirtschaftsund Außenwirtschaftspolitik. Zum anderen strebt es die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit verarbeitender Betriebe, speziell im Norden Afghanistans, und die Unterstützung der subnationalen Verwaltungsebene an. Die Maßnahmen des Vorhabens dienen der lokalen Wirtschaftsförderung mit dem Ziel der Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen und Männer. Zudem wird im Rahmen der NaWi eine Beratung auf Makroebene durchgeführt. Deutschland unterstützt das Ministerium für Handel und Industrie (MOCI – „Ministry of Commerce and Industries“), um die Kapazitäten der afghanischen Regierung zu stärken. Weitere enge Kooperationen bestehen außerdem mit dem Landwirtschaftsministerium (MAIL – „Ministry of Agriculture, Irrigation and Livestock“) und dem Ministerium für ländliche Entwicklung (MRRD – „Ministry of Rural Rehabilitation and Development“). Ferner wirkt die deutsche Seite darauf hin, die afghanische Rechtssicherheit zu fördern. Dies geschieht durch Vorhaben im Bereich Rechtsstaatlichkeit, um insbesondere eine verlässliche Gerichtsbarkeit zu erlangen. Die Bundesregierung hilft, Rechtsanwälte sowie Staatsanwälte und Richter und Richterinnen auszubilden , um den Rechtsstaat zu stärken und die Korruption zu bekämpfen. Unter anderem werden Beamtinnen und Beamte sowie Juristinnen und Juristen in wichtigen Bereichen wie Verwaltungsrecht, Strafrecht und Familienrecht weitergebildet . Es wird darüber hinaus auf die Antwort zu Frage 165 verwiesen, die das Volumen der gesamten Programme zur „Guten Regierungsführung“ nennt. 41. Welche Staatsunternehmen wurden in Afghanistan nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 privatisiert? Laut afghanischem Finanzministerium wurde bisher keine Privatisierung vollständig und erfolgreich abgeschlossen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/4168 Welche Pläne für weitere Privatisierungen gibt es gegebenenfalls nach Kenntnis der Bundesregierung? Laut afghanischem Finanzministerium ist die Privatisierung von 14 Staatsunternehmen geplant. An welchen Plänen für Privatisierungen waren nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Unternehmen beteiligt? Auf die erste Teilfrage wird verwiesen. 42. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Durchschnittsverkaufspreis für ein Kilo Weizen in Afghanistan (Stand 30. Juni 2014), und wie hoch war er in den Jahren 2001 bis 2014 (bitte Angaben für jedes Jahr der genannten Zeitspanne machen)? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Auch von anderer Stelle wurden nach Kenntnis der Bundesregierung belastbare Daten für die Zeit vor 2009 nicht erhoben. Für die Jahre ab 2009 gibt das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen im „Afghanistan Market Price Bulletins“ jeweils für den Referenzmonat Juni folgende durchschnittliche Weizenverkaufspreise an: 43. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen der afghanischen Bevölkerung zwischen 2001 und 2014 (bitte Angaben für jedes Jahr der angegeben Zeitspanne machen)? Nach Angaben der Weltbank hat sich das afghanische Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf seit 2001 wie folgt entwickelt: Das afghanische Bruttonationaleinkommen (BNP) pro Kopf gemessen an der Kaufkraftparität wird für das Jahr 2013 mit 1 960 US-Dollar angegeben (Quelle: Weltbank). 44. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Afghanistan seit dem Jahr 2002 entwickelt (anhand von Gini-Koeffizient oder anderen Parametern)? Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes erreichte Afghanistan einen Gini-Koeffizienten von 29,7 im Jahre 2011. Der Koeffizient stieg im Jahr 2012 auf 31,6. Jahr 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Preis/Kg Weizen in Afghani 18,2 13,1 19,8 15,5 20,7 24,7 BIP/ Kopf 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 US $ 115 186 198 220 252 275 374 377 451 561 614 688 678 Drucksache 18/4168 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 45. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der absolut Armen und der Armutsgefährdeten in Afghanistan seit dem Jahr 2002 entwickelt (bitte Angaben für jedes Jahr der angegeben Zeitspanne machen)? Nach Angaben der Weltbank führten 2008 36,3 Prozent und 2011 35,8 Prozent der afghanischen Bevölkerung ein Leben unterhalb der nationalen Armutsgrenze . Laut UNDP waren in den Jahren 2010/2011 weitere 16 Prozent der Afghaninnen und Afghanen von Armut gefährdet. Gesicherte Angaben für weitere Zeiträume liegen nicht vor. Ergänzende Informationen können dem von UNDP herausgegebenen Berichten zur menschlichen Entwicklung („Human Development Report“ – HDR) entnommen werden. 46. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das durchschnittliche Einkommen der in der Armee beschäftigten Afghaninnen und Afghanen zwischen 2001 und 2014 (bitte für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne auflisten)? Die Aufstellung der ersten Einheiten der afghanischen Armee (Afghan National Army, ANA) begann Ende 2002. Eine verbindliche Angabe eines Durchschnittseinkommens ist nicht möglich, da verglichen mit dem Grundeinkommen teilweise erhebliche Zulagen für besondere Verwendungen (beispielsweise für Personal der ANA in der Kampfmittelbeseitigung, Spezialkräfte oder medizinisches Personal) gezahlt werden, oder entsprechende Erkenntnisse nicht vorliegen . Offenen Quellen zufolge hat sich die Bezahlung der ANA seit 2002 mehrmals erhöht. Im Jahr 2002 verdiente ein durchschnittlicher Soldat nach Abschluss der Grundausbildung 50 US-Dollar im Monat, bei höheren Dienstgraden betrug das Monatseinkommen bis zu 150 US-Dollar. 2003 waren es zwischen 70 US-Dollar und bis zu 300 US-Dollar. Im Jahr 2009 waren es zwischen 170 US-Dollar und bis zu 950 US-Dollar. Die Bandbreite des Grundeinkommens reicht derzeit von monatlich 165 USDollar für den niedrigsten Dienstgrad mit der kürzesten Dienstzeit bis zu monatlich 1 095 US-Dollar für den höchsten Dienstgrad mit der längsten Dienstzeit. Dies ergibt (nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2011 unverändert) ein nicht nach Dienstgrad und Dienstaltersstufe gewichtetes Durchschnittseinkommen von monatlich 630 US-Dollar ohne Zulagen und ohne Berücksichtigung von schwankenden Wechselkursen zwischen US-Dollar und Afghani: Quelle: “NATO Training Mission Afghanistan” (NTM-A, Stand 20. April 2011). Zulagen bei Tätigkeit mit besonderer Gefährdung oder Verantwortung belaufen Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/4168 sich beispielsweise für Soldaten in Kampfhandlungen auf monatlich mindestens 45 US-Dollar, für Fachpersonal zur Beseitigung von behelfsmäßig hergestellten Sprengvorrichtungen auf mindestens 30 US-Dollar und für Ärzte auf bis zu 300 US-Dollar. 47. Welchen Einfluss hatten nach Kenntnis der Bundesregierung die Soldatinnen und Soldaten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ausländischen Truppen ggf. auf das afghanische BIP? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 48. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Frauenerwerbsarbeit in Afghanistan entwickelt? Der afghanische Arbeitsmarkt ist gekennzeichnet durch überwiegend informelle Beschäftigungsverhältnisse (60 bis 90 Prozent) und einen hohen Grad an Unterbeschäftigung (45 bis 60 Prozent). Für Frauen gestaltet sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt aufgrund kulturell bedingter Einschränkungen weitaus schwieriger als für Männer. Dabei ist die Teilnahme von Frauen am Wirtschaftsleben in ländlichen Gebieten generell höher als in urbanen Räumen. Grund hierfür ist die Einbeziehung weiblicher Arbeitskräfte in die Landwirtschaft. Nach Angaben der Weltbank lag die Quote beschäftigter Frauen in der Altersgruppe über 15 Jahre gemessen an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2004 bei 11 Prozent, im Zeitraum 2007/2008 bei 13 Prozent sowie in den Jahren 2011 bis 2013 bei 14 Prozent. Damit ist ein insgesamt positiver Trend feststellbar. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 62 verwiesen. 49. Was hat die Bundesregierung für die Entwicklung eines ökonomischen Sektors für weibliche Beschäftigte geleistet? Aus Sicht der Bundesregierung ist es für Afghanistan alternativlos, das ökonomische Potenzial von Frauen stärker in Wert zu setzen, um Entwicklungsrückstände aufzuholen und das Ziel zu erreichen, bis zum Ende der Transformationsdekade im Jahr 2024 zu finanzieller und wirtschaftlicher Eigenständigkeit zu gelangen. Der weitaus größte Teil der in Afghanistan erwerbstätigen Frauen ist in der Landwirtschaft tätig. Vor diesem Hintergrund richten Vorhaben der Bundesregierung zur Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung ein besonderes Augenmerk auf die Einbindung von Frauen. So wird über ein Vorhaben zur Förderung der Landwirtschaft in der Provinz Baghlan konkret die Geflügelzucht und Schafhaltung intensiviert, da es sich hierbei um traditionelle Domänen von Frauen handelt. Die auf diese Weise Frauen zugutekommenden Einkommenszuwächse tragen somit indirekt auch zur Verbesserung der Ernährungssituation bei. Ferner wurden Verbesserungen gezielt in solchen Wertschöpfungsketten gefördert , die traditionell einen hohen Frauenanteil aufweisen. Zu nennen sind hier insbesondere die Teppichproduktion, die Verarbeitung von Halbedelsteinen sowie die Herstellung von Molkereiprodukten. Ein Mitte 2014 in Auftrag gegebenes Neuvorhaben der Bundesregierung zur nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung und Beschäftigungsförderung hat es sich auch zur Aufgabe gemacht, entlang ausgewählter landwirtschaftlicher Wertschöpfungsketten zusätzliche Einkommens- und Beschäftigungsmöglichkeiten für wenigstens 5 000 Frauen zu schaffen. Drucksache 18/4168 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Mehr und mehr afghanische Frauen streben Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft und der häuslichen Ökonomie an. Um auch in dieser Hinsicht die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern, fördert die Bundesregierung gezielt den Zugang von Mädchen und Frauen zu Bildungs- und Berufsbildungseinrichtungen sowie zu Hochschulen und die Berufstätigkeit von Frauen als Lehrerinnen oder Anwältinnen. Nichtstaatliche Organisationen fördern zudem die Ausbildung im medizinischen Bereich, z. B. von Hebammen. Durch diese Maßnahmen ergeben sich sowohl Einkommenseffekte als auch eine Verbesserung von Rechts-, Bildungs- und Gesundheitssituation von Mädchen und Frauen. Komplementär hierzu wirken Interventionen auf der Meso- und Makroebene. So fördert die Bundesregierung in Kooperation mit dem afghanischen Handelsministerium sowie der Handels- und Handwerksföderation gezielt wirtschaftliche Aktivitäten von Frauen. Unterstützt werden ferner der Aufbau von Strukturen zur Stärkung des weiblichen Unternehmertums bei der Afghanischen Industrieund Handelskammer sowie ein Unternehmerinnenverband („Afghan Women Business Federation“). In Kooperation mit der afghanischen Mikrofinanzinstitution „First Micro Finance Bank“ – FMFB wurde gezielt für Frauen ein erleichterter Zugang zu Finanzdienstleistungen wie Kleinkredite zur Existenzgründung geschaffen. Schattenwirtschaft Vorbemerkung zu den Fragen 50 bis 57 Die Bundesregierung erhebt keine eigenen Daten zum Drogenanbau/zur Drogenwirtschaft in Afghanistan. Bei Bedarf wurde regelmäßig auf die Erkenntnisse des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) zurückgegriffen. Dort vorliegende Erkenntnisse sind über die Website www.unodc.org abrufbar. 50. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Größe der Anbaufläche (Angabe in Hektar) für Mohn von 2001 bis 2014 in Afghanistan entwickelt (bitte einzeln aufführen für jede Provinz und jedes Jahr)? Die vorhandenen UNODC Daten gehen bis ins Jahr 1994 zurück und zeigen, dass Afghanistan schon damals Schlafmohn angebaut hat (z. B. im Jahr 1994: ca. 71 000 ha, Ertrag ca. 3 400 t Opium). Die Schwerpunkte des Anbaus liegen traditionell im Süden und Westen. Hier werden fast 90 Prozent der Gesamtproduktion angebaut. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Vergrößerung der Anbaufläche nicht unbedingt auch eine Steigerung der Opiumproduktion nach sich zieht. So wurde 2013 auf einer Fläche von etwa 209 000 ha Schlafmohn angebaut , der Ertrag lag bei ca. 5 500 t Opium. Weitere Details können über die UNODC-Website abgerufen werden. 51. Wie viel Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Anbaufläche wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen 2001 und 2014 für den Mohnanbau genutzt (bitte Angaben in Hektar und in Prozent für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne machen)? Afghanistan ist etwa 652 225 km2 groß. Die landwirtschaftlich nutzbare Fläche wird von der Weltbank auf etwa 58 Prozent geschätzt. Wird die bisher größte für den Schlafmohnanbau genutzte Fläche von 209 000 ha zugrunde gelegt, wurden 2013 etwa 0,55 Prozent der gesamten landwirtschaftlich nutzbaren Fläche für den Schlafmohnanbau verwendet. Weitere Details können über die UNODCWebsite abgerufen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/4168 52. Wie viel Prozent des BIP in Afghanistan machte nach Kenntnis der Bundesregierung der Verkauf von Opium in den Jahren 2001 bis 2014 aus (bitte für jedes Jahr auflisten)? UNODC selbst mahnt zur Vorsicht bei den eigenen Statistiken zu diesem Thema, weil die Erhebung der Zahlen sowie die Berechnung mit vielen Unsicherheiten verbunden sind. Für das Jahr 2012 schätzt UNODC den Gesamtwert der Opiumindustrie auf 14 Prozent des afghanischen BIP. Weitere Details können über die UNODC-Website abgerufen werden, siehe u. a. „Afghan Opium Survey 2013“ ab Seite 70. 53. Wie viele Personen waren nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen 2001 und 2014 in den Mohnanbau involviert (bitte für jedes Jahr auflisten )? UNODC hat folgende Zahlen veröffentlicht (nur zwischen 2002 und 2010): Wie viele sind es aktuell? Auf die Antwort zur ersten Einzelfrage wird verwiesen. UNODC hat seit 2010 keine Daten mehr zur Anzahl der Personen, die in Afghanistan am Mohnanbau involviert waren, veröffentlicht. Als Grund wurden Ungewissheiten zur Erhebungs - und Schätzmethode sowie den Ergebnissen genannt. 54. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen im Bereich der im Mohnanbau beschäftigten Afghaninnen und Afghanen zwischen 2001 und 2014 (bitte Angaben für jedes Jahr der angegebenen Zeitspanne machen)? Statistische Werte über die Einkommen der Tagelöhner und Landwirte können Jahr In den Schlafmohnanbau involvierte Personen 2010 1.528.300 2009 1.446.460 2008 2.382.250 2007 3.308.500 2006 2.900.000 2005 2.000.000 2004 2.300.000 2003 1.700.000 2002 1.020.000 den UNODC-Berichten entnommen werden. Drucksache 18/4168 – 32 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 55. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Verbindungen zwischen der afghanischen Regierung und in den Mohnanbau involvierten Personen? Es war immer wieder Gegenstand von Veröffentlichungen, dass Angehörige der afghanischen Regierung, der Verwaltung und der Sicherheitskräfte, ohne diese näher zu spezifizieren, über Verbindungen zur Drogenwirtschaft verfügen sollen . Eigene belastbare oder gesicherte nachrichtendienstliche Erkenntnisse liegen dazu nicht vor. Wenn ja, welche? Auf die Antwort zur ersten Teilfrage wird verwiesen. 56. Sind der Bundesregierung Fälle von Verbindungen zwischen Truppenangehörigen und der Opiumproduktion bekannt? Wenn ja, welche? Auf die Antwort zu Frage 55 wird verwiesen. 57. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil des Opiumexportes am Gesamtexport Afghanistans zwischen 2001 und 2014 (bitte auch in Prozent für jedes Jahr des angegebenen Zeitraums auflisten)? UNODC selbst mahnt zur Vorsicht bei den eigenen Statistiken zu diesem Thema, weil die Erhebung der Zahlen sowie die Berechnung mit vielen Unsicherheiten verbunden sind. Da der Opiumexport nicht legal erfolgt, kann er nicht als „Anteil“ des Gesamtexports Afghanistans dargestellt werden, sondern nur im Vergleich. Für das Jahr 2002 beispielsweise schätzt UNODC, dass der Exportwert des Opiums 120 Prozent des Gesamtexports Afghanistans beträgt, 2008 sind es 178 Prozent und 2012 67 Prozent. Weitere Details können über die UNODC-Website abgerufen werden. Menschenrechtliche Lage 58. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle durchschnittliche Lebenserwartung von Männern und Frauen? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO liegt die durchschnittliche Lebenserwartung in Afghanistan von Männern bei 58 Jahren und von Frauen bei 61 Jahren (Stand: 2012). Der „Human Development Report“ (HDR) 2014 kommt zu einer ähnlichen Zahl, nämlich durchschnittlich 60,9 Jahre, ebenso die Weltbank. Für den Anfang des Jahrtausends gibt es unterschiedliche Zahlen. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lag die Lebenserwartung der Menschen in Afghanistan im Jahr 2000 bei 45 Jahren, der HDR Bericht von 2001 beziffert die Lebenserwartung auf 42 Jahre (für den Zeitraum 1995 bis 2000), das „CIA World Factbook“ gibt für 2001 eine Lebenserwartung von 46 Jahren an. Die Weltbank hingegen nennt 55 Jahre. In jedem Fall wird deutlich: In den Jahren seit 2001 ist die Lebenserwartung in Afghanistan gestiegen. 59. Wie viel Prozent der Bevölkerung haben nach Kenntnis der Bundesregierung Zugang zu ärztlicher und medizinischer Versorgung? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 33 – Drucksache 18/4168 Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO haben 57 Prozent der afghanischen Bevölkerung Zugang zu medizinischer Versorgung. In urbanen Gebieten gilt dies für 79 Prozent der Bevölkerung, in ländlichen Gebieten für 54 Prozent (Stand: 2012). Laut afghanischem Gesundheitsministerium lag der Anteil 2002 bei 9 Prozent für die Gesamtbevölkerung. Wie ist die aktuelle ärztliche Betreuung der Bevölkerung (Arzt pro Einwohner /Einwohnerin)? Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es in Afghanistan 2,9 Ärzte pro 10 000 Einwohner (Stand: 2012). Im Jahr 2001 lag die Zahl laut WHO bei 1,9. 60. Welches sind nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die zehn am meisten auftretenden Todesursachen der Bevölkerung (bitte nach Geschlecht und Alter aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Wie aus dem 2013 vom „Afghan Public Health Institute“ beauftragten Bericht „Afghan Mortality Survey“ hervorgeht, gibt es in Afghanistan keine belastbaren Statistiken zu den am häufigsten auftretenden Todesursachen, u. a. weil keine Totenscheine ausgestellt werden. Auf der Grundlage einer repräsentativen Stichprobe des „Afghan Public Health Institute“ können folgende Todesursachen als die am häufigsten auftretenden benannt werden: Drucksache 18/4168 – 34 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Quelle: Afghan Mortality Survey, 2013 61. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl von Menschen mit traumatischen oder posttraumatischen Erscheinungen (bitte nach Geschlecht und Altersgruppen aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut afghanischem Gesundheitsministerium werden traumatische oder posttraumatische Krankheitsbilder nicht gesondert in der Statistik erfasst. Frauen Männer 0-4 5-14 15-59 60+ 0-4 5-14 15-59 60+ Infektionen einschließlich Parasitenerkrankungen (Infections and parasitic diseases) 22.0 25.3 15.2 13.7 21.7 19.7 7.7 13.7 Atemwegsinfektionen (Respiratory infections) 28.1 17.7 0.8 5.5 19.7 11.7 1.7 4.9 Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Cardiovascular diseases) 0.4 1.2 23.2 45.2 0.4 1.5 14.2 38.4 Perinatale Erkrankungen (Perinatal conditions) 27.3 0.0 0.0 0.0 31.3 0.0 0.0 0.0 Unabsichtliche Verletzungen (Unintentional injuries) 5.8 29.3 7.6 0.6 10.3 32.9 23.4 3.0 Maligne Neoplasien (Malignant neoplasms) 0.8 13.0 16.0 12.6 0.7 4.9 11.4 14.6 Vorsätzliche Verletzungen (Intentional injuries) 0.2 0.0 1.2 0.2 0.4 8.2 26.1 2.0 Mütterliche Erkrankungen (Maternal conditions) 0.0 0.0 20.3 0.0 0.0 0.0 0.0 0.0 Diabetes mellitus 0.1 0.0 4.7 5.8 0.1 0.0 3.1 10.6 Erkrankungen der Atemwege (Respiratory diseases) 0.2 1.7 1.9 6.4 0.2 1.9 1.9 4.7 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 35 – Drucksache 18/4168 Menschenrechtliche Lage von Frauen 62. Wie viele Frauen haben nach Kenntnis der Bundesregierung ein eigenes Einkommen (bitte nach Witwen, Alleinstehenden, Verheirateten und Anzahl der Kinder aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Angaben der Weltbank waren in den Jahren 2011/2012 16 Prozent der in Afghanistan lebenden Frauen in einem Beschäftigungsverhältnis (Indikator: Anteil arbeitender Frauen zur Gesamtzahl der weiblichen Bevölkerung). Dies ist ein leichter Anstieg im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2010 (15 Prozent), und den Jahren 2004 bis 2007 (14 Prozent). Disaggregierte Daten nach Witwen, Alleinstehenden , Verheirateten und Anzahl der Kinder sind nicht verfügbar. Nach unbestätigten Schätzungen sollen rund 1,5 Millionen Afghaninnen verwitwet sein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 48 verwiesen. 63. Wie viele Frauen leben nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit unter der Armutsuntergrenze (bitte nach Witwen, Alleinstehenden, Verheirateten und Anzahl der Kinder aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Auch von anderen Stellen erhobene nach Geschlecht aufgeschlüsselte Angaben zu Armutslinien sind der Bundesregierung nicht bekannt. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes (in „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ – NRVA) leben 57 Prozent der Haushalte mit einer Frau als Haushaltsvorstand unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Diese Zahl lässt jedoch keine generellen Rückschlüsse auf die ökonomische Situation von Frauen in Afghanistan zu, da Haushalte mit Frauen als Haushaltsvorstand lediglich 0,5 Prozent der Bevölkerung ausmachen. 64. Welche Unterstützung gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für Frauen, die durch den Krieg zu Witwen geworden sind und aufgrund ihrer Kinder und/oder aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit selbst nicht arbeiten können? Die afghanische Verfassung fordert in Kapitel 2 „Die Grundrechte und Pflichten der Bürger“, Artikel 53, die staatliche Unterstützung für bedürftige Personengruppen sicherzustellen. Dort wird unterschieden zwischen „überlebenden Angehörigen von Märtyrern und Vermissten“ einerseits sowie u. a. „Frauen ohne Beistand“ und „Waisen“ andererseits. Laut Artikel 94 des Gesetzes über Ansprüche von Familienmitgliedern von „Märtyrern“ und Vermissten erhalten Familien von Verstorbenen, die für das Land gekämpft haben, 30 Prozent bis 35 Prozent des Gehaltes des Verstorbenen als monatliche Unterstützung. Das Gesetz sieht die Auszahlung an nicht wieder verheiratete Witwen der Verstorbenen, an deren unverheiratete Töchter oder an Söhne unter 18 Jahren vor. Die Gesetzesausführung obliegt dem Ministerium für Arbeit, soziale Angelegenheiten, Märtyrer und Behinderte. Zudem werden an die Witwe und/oder Familie eines im Dienst umgekommenen afghanischen Soldaten 100 000 Afghani (nach derzeitigem Wechselkurs rund 1 360 Euro) ausgezahlt . 65. Wie viele Frauen sind nach Kenntnis der Bundesregierung Analphabetinnen (bitte nach Alter aufschlüsseln)? Drucksache 18/4168 – 36 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Wie hat sich diese Zahl relativ zur Gesamtbevölkerung seit dem Jahr 2001 entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Angaben des afghanischen Statistikamtes im „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) und des afghanischen Bildungsministeriums („National Literacy Strategy“) wurden nachfolgende disaggregierte Alphabetisierungsdaten basierend auf Selbsteinschätzungen der Befragten erhoben : In der Altersgruppe der Frauen von 15 bis 24 Jahren konnten 2007/2008 76,1 Prozent weder lesen noch schreiben, in den Jahren 2011/2012 waren es 67,9 Prozent. Ein positiver Trend ist somit feststellbar. Gesicherte Daten für weitere Zeiträume liegen nicht vor. 66. Wie viele Frauen haben einen Schulabschluss (und welchen) und eine Berufsausbildung (bitte nach Alter und Veränderung seit dem Jahr 2001 aufschlüsseln )? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Angaben des afghanischen Bildungsministeriums hat sich die Zahl der Mädchen und Frauen mit Schulabschlüssen nach Klasse 9 bzw. 12 wie folgt entwickelt : Jahr (Quelle) Alter der Frauen Analphabetenrate Frauen - Stadt Analphabetenrate Frauen - Land Gesamt 2013 (National Literacy Strategy) Alter 15+ nA nA 80,0% 2011/2012 (NRVA) Alter 15+ 62,1%, 89,6% 83,0% 2007/2008 (NRVA) Alter 15+ 67,0% 93,0% 87,5% Jahr Nach der 9. Klasse Nach der 12. Klasse 2013 n/a n/a 2012 95.785 allgemein-, berufsbildender und islamischer Abschluss 69.299 allgemein-, berufsbildender und islamischer Abschluss 2011 n/a 45.557 allgemeinbildender Abschluss 2010 n/a 32.152 allgemeinbildender Abschluss 2009 n/a 25.973 allgemeinbildender Abschluss 2008 n/a 20.446 allgemeinbildender Abschluss 2007 – 2001 n/a n/a Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 37 – Drucksache 18/4168 Die Anzahl der Schülerinnen in diesen beiden Jahrgangsstufen wird vom afghanischen Bildungsministerium wie folgt angegeben: Eine Berufsbildungsstatistik wird in Afghanistan erst ab 2002 geführt. Genderdifferenzierte Daten werden seit 2009 in Afghanistan erhoben. Hiernach ergibt sich folgende Beteiligung von Frauen an der formalen beruflichen Erstausbildung (Berufsbildungsabsolvent/-innen 2009 bis 2012): 67. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Quote der frauenärztlichen Betreuung der Bevölkerung (Arzt pro Einwohnerin)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO von 2013 liegt die frauenärztliche Betreuung (inklusive Hebammen) bei 3,6 je 10 000 Einwohnern. Im Jahr 2001 lag der Wert bei 2,2. 68. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuellen Zahlen für häusliche Gewalt, Vergewaltigungen und sexuelle Übergriffe an Frauen (bitte ggf. auch die Schätzungen der Dunkelziffern mit angeben)? Jahr Klasse 9 Klasse 12 2013 144.807 99.904 2012 n/a n/a 2011 137.692 48.965 2010 138.757 36.836 2009 78.371 25.355 2008 57.377 21.120 2007 42.499 17.205 2006 – 2001 n/a n/a Jahr Berufliche Bildung insgesamt Jahrgänge der Klassen 10-12 Weiblich (absolut & Anteil) Männlich (absolut) Gesamt (absolut) 2009 333 (9,4%) 3209 3542 2010 494 (12,6%) 3438 3932 2011 615 (7,4%) 7717 8332 2012 1187 (14,9%) 6800 7987 Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut Angaben der VN-Mission in Afghanistan (UNAMA) gibt es keine belastbaren Drucksache 18/4168 – 38 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode landesweiten Statistiken zu Gewalt gegen Frauen. Häusliche Gewalt wird als privates Thema betrachtet und Vergewaltigung als Schande für die ganze Familie . Zudem gibt es große Unterschiede zwischen Norden und Süden und ländlichen und städtischen Distrikten. Umfragen zeigen, dass bei Befragungen im Jahr 2011 92 Prozent der Frauen in Afghanistan angaben, dass Männer unter bestimmten Umständen das Recht hätten, ihre Ehefrau zu schlagen. 46 Prozent der Frauen sehen die Weigerung der Frau, mit ihrem Ehemann Geschlechtsverkehr zu haben, als Rechtfertigungsgrund von Gewalt gegenüber einer Frau. Die Bereitschaft , sich bei häuslicher und sexueller Gewalt an offizielle Stellen zu wenden , ist sehr gering. Das afghanische Frauenministerium gibt an, dass pro 100 000 Einwohnerinnen 35 Fälle im Zeitraum März 2012 bis März 2013 bei offiziellen Stellen registriert wurden (insgesamt 4 505 Fälle). 40 Prozent der Fälle betreffen Körperverletzung, 9 Prozent Vergewaltigung und 7 Prozent Mord/Totschlag an Frauen. Zugenommen hat in den letzten Jahren die öffentliche Beschäftigung mit dem Thema; so werden Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen intensiv in den Medien diskutiert. a) Werden nach Kenntnis der Bundesregierung vergewaltigte Frauen geächtet , aus den Familienverbänden ausgeschlossen, und welche wirtschaftlichen Nachteile haben sie? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Basierend auf den traditionellen Normen der afghanischen Gesellschaft werden vergewaltigte Frauen oft als Schande für die Familie oder den Stamm betrachtet. Im schlimmsten Fall wird die Frau getötet, um die Ehre der Familie wiederherzustellen . Bis zu 38 Prozent der Ehrenmorde passieren, weil das Opfer vorher vergewaltigt wurde. Oft wird die Ehre durch eine Zwangsehe mit dem Vergewaltiger wiederhergestellt, oder es wird die Lösung durch Zahlung einer Kompensation („baad“) an die Familie des Opfers gesucht. Es gibt aber auch vermehrt Fälle, in denen die Frauen in die (Herkunfts-)Familie wiederaufgenommen und von ihr geschützt werden, und in denen die Familien sich öffentlich für die Strafverfolgung von Gewalttätern einsetzen. Zur wirtschaftlichen Situation von vergewaltigten Frauen lassen sich keine allgemeinen Aussagen treffen. b) Welche Unterstützung gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung für misshandelte und vergewaltigte Frauen vor Ort? Da dieser Bereich nicht strukturell organisiert ist, ergeben sich unterschiedliche Unterstützungsmöglichkeiten, u. a.: ● Rechts- und Provinzabteilung des Frauenministeriums als Anlaufstelle für Frauen; ● spezielle Einheiten der Generalstaatsanwaltschaft („EVAW Units“): 2013 wurden 2 700 Fälle registriert, von denen 386 Vergewaltigungsfälle waren; ● Angebot von Frauenhäusern durch Nichtregierungsorganisationen (z. B. „CCA“ in Mazar-e Sharif; „Women for Afghan Women“ unterstützen mehrere Frauenhäuser landesweit); ● Hohe Kommission zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen („EVAW-Commission “) und Zweigstellen der Kommission in 32 von 34 Provinzen; ● „Afghanistan Independent Human Rights Commission“ (AIHRC): AIHRC unterstützt die Verfolgung von Gewalt vor Gericht. Seit 2010 bis Mitte 2013 wurden 163 Fälle von Vergewaltigung durch AIHRC erfasst; ● spezielle Polizeieinheit, sogenannte Family Response Unit; ● kostenlose rechtliche Beratung bspw. durch die afghanische Anwaltskammer (AIBA). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 39 – Drucksache 18/4168 c) Inwiefern wurden Vergewaltigungen von Frauen nach Kenntnis der Bundesregierung als Kriegsstrategie eingesetzt? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine Erkenntnisse vor. d) Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über das weitere Schicksal vergewaltigter Frauen in Afghanistan vor? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Generell ist die Wiedereingliederung von Frauen nach Vergewaltigungsvorfällen schwierig. In Frauenhäusern gibt es Angebote zur Weiterqualifizierung, wie Alphabetisierungskurse und Kurse zum Erlernen eines Handwerks, im Vordergrund steht jedoch die psychologische und rechtliche Betreuung. Durch Mediationsangebote wird mit den betroffenen Familien (v. a. Herkunftsfamilien) gesprochen und gemeinsam nach Lösungen für die Frauen gesucht, so dass sie im Familienverband bleiben/zurückkehren können. 69. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Müttersterblichkeit bei der Geburt? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Nach Angaben von UNDP ist die Zahl der Todesfälle pro 100 000 Lebendgeburten in Afghanistan von 1 600 Fällen im Jahr 2003 auf 327 Todesfälle im Jahr 2010 gesunken. Menschenrechtliche Lage von Kindern 70. Wie viele Kinder werden nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell eingeschult (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut afghanischem Statistikamt („Afghanistan Statistical Yearbook 2013–2014“) sind aktuell 8,2 Millionen Kinder eingeschult, davon 3,3 Millionen Mädchen, was einer Quote von circa 40 Prozent entspricht. Laut UNICEF – Angaben aus dem „2013 Education Joint Sector Review“ – betrug die Anzahl der eingeschulten Kinder 8,5 Millionen, davon 3,3 Millionen Mädchen; dies entspricht einem Anteil von ca. 39 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 lag die Zahl der eingeschulten Kinder bei 1 Million (ausschließlich Jungen). 71. Wie lange gehen Kinder nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell durchschnittlich zur Schule (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut UNESCO-Bericht von 2013 gehen Kinder durchschnittlich 8,1 Jahre zur Schule (Jungen durchschnittlich 10,1 Jahre und Mädchen 6,1 Jahre). Die Zahlen beziehen sich auf das Schuljahr 2008 bis 2009. 72. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Schulklassen im Durchschnitt (bitte nach Jungen- und Mädchenschulen aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Vorabfassung des „National EFA (‚Education for All‘) Review“ von 2014 ent- hält keine Schüler/Lehrer-Verhältniszahlen (sortiert nach Klassenstufe). Grund ist die Tatsache, dass in afghanischen Schulen Lehrende mehrere Klassenstufen Drucksache 18/4168 – 40 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode zusammen unterrichten. Eine Aufschlüsselung Schüler/Lehrer-Verhältnis in der Primarstufe nach Jahren (2006 bis 2013) liegt vor: Quelle: Vorabfassung National EFA Review, 2014 – EMIS Daten. 73. Welchen Ausbildungsstand haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Lehrkräfte in den Schulen (bitte nach der Art der Schule unterscheiden)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National EFA Review“ schlüsselt sich der Ausbildungsstand der Lehrkräfte wie folgt auf (Anzahl und Anteil der Lehrer/-innen nach akademischer Qualifikation (2007 bis 2013) in absoluten Zahlen): Quelle: Vorabfassung National EFA Review, 2014. 74. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Prozentsatz der gegen die allgemein üblichen Krankheiten geimpften Kinder (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Jahr Schüler/innen Lehrer/innen Schüler/Lehrer Verhältnis 2013 6,090,288 136,429 45 2012 5,765,224 130,012 44 2011 5,291,624 114,862 46 2010 5,112,728 121,124 42 2009 4,850,929 122,133 40 2008 4,800,210 114,594 42 2007 4,669,110 114,392 41 2006 4,640,870 110,975 42 Jahr Bis Klasse 11 Klassen 12-13 Klasse 14 Bachelor Master und höher Gesamt 2013 11.487 63.543 41.818 14.343 308 131.499 2012 11.553 67.756 36.940 13.346 329 129.924 2011 - - - - - - 2010 24.418 61.304 25.006 8.475 211 119.414 2009 25.234 60.439 23.208 8.205 215 117.301 2008 25.742 57.789 22.500 8.074 247 116.352 2007 30.186 52.192 21.809 6.813 269 111.269 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 41 – Drucksache 18/4168 Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO von 2014 und dem afghanischen Statistikamt ergibt sich folgendes Bild: Quelle: WHO und afghanisches Statistikamt. Daten, die Impfungen nach Geschlecht aufschlüsseln, liegen nicht vor. Daher kann der Prozentsatz der gegen die allgemein üblichen Krankheiten geimpften Kinder nur allgemein angegeben werden. 75. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Kindersterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut UNICEF lag die Kindersterblichkeit bei Kindern unter fünf Jahren im Jahr 2000 bei 137 Jungen und 130 Mädchen je 1000 Lebendgeburten. Im Jahr 2013 lag sie bei 102 Jungen und 95 Mädchen. Die Weltbank gibt die Zahlen mit 134 Kindern im Jahr 2000 und 99 Kindern je 1000 Lebendgeburten im Jahr 2012 an. Laut „Human Development Report“ (HDR) 2001 lag die Zahl im Jahr 1999 bei 257 Kindern und im Jahr 2014 bei 99 Kindern je 1000 Lebendgeburten. Somit ist die Kindersterblichkeit in den Jahren seit 2000/2001 deutlich gesunken. 76. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die aktuelle Säuglingssterberate bei der Geburt? Der Bundesregierung liegen zu der Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Weltbank vermerkt im Jahr 2012 eine Zahl von durchschnittlich 71 Säuglingen (67 Mädchen; 75 Jungen) je 1000 Lebendgeburten. Im Jahr 2000 betrug die Zahl laut UNICEF 98 Jungen und 88 Mädchen je 1000 Lebendgeburten. Laut „Human Development Report“ lag die Zahl im Jahr 1999 bei insgesamt 165 Neugeborenen , im Jahr 2014 bei 71. Auch in der Säuglingssterberate ist demnach ein deutlich abnehmender Trend zu verzeichnen. Zugang zu Nahrung, Wasser, sanitärer Grundversorgung und Strom 77. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Ernährungssituation der Bevölkerung, und gibt es Fälle von Mangel- und Unterernährung (bitte aufschlüsseln nach Geschlecht und Alter)? Impfung WHO AFG-Reg Impfrate (%) 2012, BCG gegen Tuberkulose 75 89 Impfrate (%) 2012, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten (1 Impfung) 86 98 Impfrate (%) 2012, Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten (3 Impfungen) 71 90 Impfrate (%) 2012, Polio (3 Impfungen) 71 90 Impfrate (%) 2012, Meningokokken 68 82 Impfrate (%) 2012, Hepatitis B (3 Impfungen) 71 90 Impfrate (%) 2012, Haemophilus influenzae Typ b (3 Impfungen) 71 90 Impfrate (%) 2012, Tetanus 60 65 Drucksache 18/4168 – 42 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut UNDP Bericht zur menschlichen Entwicklung („Human Development Report “ – HDR) 2014 waren in den Jahren 2008 bis 2012 rund 59 Prozent der Kinder unter 5 Jahren in Afghanistan unterernährt. Nach Angaben im „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes sind etwa 7,6 Millionen Afghaninnen und Afghanen von ständiger oder temporärer Ernährungsunsicherheit betroffen. Hiervon wird bei 2,2 Millionen Betroffenen die Ernährungsunsicherheit als sehr schwerwiegend bewertet, bei 2,4 Millionen Menschen als schwerwiegend, und bei weiteren 3,1 Millionen Menschen wird die Mangel- bzw. Unterernährung als weniger schwerwiegend erachtet. Gesicherte disaggregierte Daten nach Geschlecht und Alter sowie Angaben für weitere Zeiträume liegen der Bundesregierung für Afghanistan nicht vor. 78. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Nahrungsmittelpreise , gemessen prozentual am Nettohaushaltseinkommen (Stand 30. Juni 2014)? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Verlässliche Daten zum Nettohaushaltseinkommen mit Stand Juni 2014 sind nicht bekannt. Daher kann der prozentuale Anteil des für Nahrungsmittel verwendeten Haushaltseinkommens nicht ermittelt werden. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen hat mit Stand Juni 2014 folgende Preise/kg in Afghani für Grundnahrungsmittel in Afghanistan ermittelt : 79. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu sicherem Trinkwasser (bitte ggf. regional unterscheiden )? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes haben ca. 46 Prozent der Bevölkerung Afghanistans Zugang zu sicherem Trinkwasser. In den Jahren 2007 und 2008 waren es lediglich 27 Prozent. In ländlichen Regionen lag der Anteil in den Jahren 2011 und 2012 bei 39 Prozent der Bevölkerung, wohingegen in Städten der Versorgungsgrad durchschnittlich 71 Prozent erreichte. Die regionalen Unterschiede zwischen den Provinzen sind erheblich und reichen von 7 und 9 Prozent in Urozgan und Zabul bis hin zu 67 Prozent in Balkh und 78 Prozent in Kabul. 80. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der monatli- Kabul Herat Mazar-e-Sharif Kandahar Weizen 27 19,9 21,5 29,2 Weizenmehl 29,8 30 28,8 28,6 Reis (gute Qualität) 96 76,1 85 77,6 Reis (schlechte Qualität) 50 29,1 42 26,3 Speiseöl 81 74,2 78 81 chen Ausgaben der Haushalte für die Wasserversorgung, gemessen prozentual am Nettohaushaltseinkommen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 43 – Drucksache 18/4168 Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Verlässliche Daten zum afghanischen Nettohaushaltseinkommen sind nicht bekannt . Generell kann festgehalten werden, dass die Kosten zur Wasserbeschaffung stark variieren. Ärmere Haushalte beziehen das Trinkwasser oftmals aus Flachbrunnen oder aus Oberflächenwasser. Finanziell besser gestellte Haushalte haben bisweilen Zugang zu Tiefbrunnen. An manchen Standorten bestehen öffentliche Zapfstellen. Dort wird zumeist keine Wassergebühr erhoben. Vielfach sind Haushalte auf die Wasserversorgung durch Tanklaster angewiesen. Diese werden i. d. R. kommerziell betrieben. Das Wasser aus Flachbrunnen, Oberflächenwasser sowie von Tanklastern ist hygienisch bedenklich. Die Folgekosten aufgrund von Erkrankungen und Arbeitsausfall stellen eine zusätzliche finanzielle und soziale Belastung für die Haushalte dar. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die afghanischen Wasserbehörden bei der Festsetzung und Erhebung angemessener Wasserpreise, so dass staatliche Trinkwassersysteme nachhaltig genutzt und unterhalten werden können. Die Tarife sind in der Regel niedriger als die von privaten bzw. kommerziellen Anbietern verlangten Entgelte für in Flaschen abgefülltes oder mittels Tanklaster bereitgestelltes Wasser. 81. Wie weit ist nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittliche Weg zu einer sicheren Wasserquelle? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes variiert der Zeitaufwand zum Erreichen einer sicheren Wasserquelle erheblich. Im Landesdurchschnitt erfordert der Hinweg zur nächstgelegenen Wasserquelle sechs Minuten. Während 50 Prozent der Haushalte eine Wasserquelle nach maximal einer Minute erreichen, benötigen 11 Prozent der Haushalte mehr als eine Viertelstunde. In städtischen Gebieten haben fast 80 Prozent der Bevölkerung eine sichere Wasserquelle in oder neben ihrer Unterkunft. In ländlichen Regionen trifft dies auf lediglich 39 Prozent der Menschen zu. 82. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu sanitärer Grundversorgung (bitte ggf. regional unterscheiden )? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Bei der Beurteilung des Zugangs zu sanitärer Grundversorgung werden weltweit die durch das „Joint-Monitoring-Program“ (JMP) von WHO und Unicef ermittelten Standards zugrunde gelegt. Die Ermittlungen von WHO und UNICEF für Afghanistan aus dem Jahre 2012 sind aus der folgenden Tabelle ersichtlich. Zugang zu sanitären Einrichtungen in Afghanistan (2012) gemäß JMP Städtisch (%) Ländlich (%) Gesamt (%) Akzeptable Einrichtungen 47 23 29 Gemeinsam genutzte Einrichtungen 21 8 11 Unzureichende Einrichtungen 32 49 45 Unter freiem Himmel 0 20 15 Drucksache 18/4168 – 44 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Werden die ersten zwei Kategorien als Zugang zu sanitärer Grundversorgung bewertet, kann man für 40 Prozent der afghanischen Bevölkerung einen Zugang zu sanitärer Grundversorgung feststellen. 83. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Anteil der öffentlichen Einrichtungen wie Schulen mit Zugang zu sanitärer Grundversorgung ? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine eigenen Erkenntnisse vor. Generell sind für öffentliche Einrichtungen in Afghanistan keine derartigen Informationen verfügbar. Nach Angaben des afghanischen Bildungsministeriums und internationaler Entwicklungsorganisationen im Rahmen einer Bestandsaufnahme im Bildungssektor („Education Joint Sector Review“) fehlten im Jahr 2011 bei 60 Prozent der Schulen sanitäre Einrichtungen. Aus Daten des afghanischen Bildungsministeriums lassen sich Angaben zur durchschnittlichen Anzahl der Toiletten pro Schule für 2008 (3,25), 2009 (4,77) und 2011 (2,34) generieren . 84. Wie weit ist nach Kenntnis der Bundesregierung der durchschnittliche Weg zu einer geschlechtsgerechten, zugänglichen Toilette für Mädchen und Frauen? Der Bundesregierung liegen zu dieser Frage keine Erkenntnisse vor. Auch das „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes macht hierzu keine Angaben. Zugang zum Recht auf Wohnen 85. Wie viele Häuser von Zivilisten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beginn des OEF- und ISAF-Einsatzes zerstört (bitte nach Jahren von 2001 bis heute, Stand 30. Juni 2014, aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu der Zahl der bei militärischen Einsätzen zerstörten Häuser vor. Auch liegen keine Erkenntnisse über derartige Statistiken anderer Nationen oder Organisationen vor. 86. Wie viele zerstörte Häuser von Zivilisten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung wieder aufgebaut? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Auch liegen keine Erkenntnisse über derartige Statistiken anderer Nationen oder Organisationen vor. 87. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle durchschnittliche Wohnraum (in m2/Person)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes lebt ca. ein Drittel aller Haushalte in Wohnungen/Häusern mit zwei Wohnräumen, 40 Prozent der Haushalte verfügen über drei oder vier Zimmer . Kuchi-Haushalte (Nomaden) verfügen über ein oder zwei Zelte. Durchschnittlich leben 7,4 Personen in einem Haushalt und 3,2 Personen teilen sich ei- nen Raum. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 45 – Drucksache 18/4168 88. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Preis für Wohnraum, gemessen in Prozent am Nettohaushaltseinkommen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes kosten normale Mietwohnungen mit 3 bis 4 Zimmern im urbanen Bereich zwischen 300 und 400 US-Dollar/Monat. Im ländlichen Bereich existieren so gut wie keine Mietverhältnisse. Afghanische Mieter geben durchschnittlich zwischen 10 und 11 Prozent ihres Einkommens für Miete aus (NRVA 2012, S. 160). 89. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl obdachloser Menschen, und wie groß (prozentual) ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung (bitte aufschlüsseln nach Geschlecht und Alter)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes leben ca. 14 Prozent der Afghanen (45 Prozent im urbanen, 5 Prozent im ruralen Raum) in Unterkünften, die als „dauerhaft“ bezeichnet werden . Genaue Zahlen zu Menschen, die im engeren Sinne obdachlos sind, liegen nicht vor. 90. Wo kommen nach Kenntnis der Bundesregierung Menschen und Familien ohne eigenen Wohnraum ggf. unter? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Laut „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes kommen im urbanen Bereich (in „Slum“-ähnlichen Vierteln) Menschen ohne permanenten Wohnraum in teilweise selbst provisorisch mit gerade vorhandenem Baumaterial gebauten Hütten/Häusern unter. Daneben existieren im gesamten Land Notunterkünfte („shelter“). Diese werden – auch mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung – von UNHCR oder Nichtregierungsorganisationen gebaut. Lage von Flüchtlingen 91. Wie viele Afghaninnen und Afghanen (differenziert nach Kindern, Frauen und Männern) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 vertrieben oder sind geflüchtet, und wie viele davon waren Binnenflüchtlinge (bitte sowohl die absoluten Zahlen als auch den prozentualen Anteil an den jeweiligen Bevölkerungsgruppen angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Zahl der Flüchtlinge aus Afghanistan ist während der sowjetischen Besatzung des Landes sprunghaft angestiegen. UNHCR schätzt, dass in den 1980er-Jahren mehr als die Hälfte der Bevölkerung auf der Flucht gewesen war, davon etwa 3 Mio. Flüchtlinge in Pakistan und etwa 1,5 Millionen Flüchtlinge im Iran. Ab 1990, so UNHCR, hätten sogar 3,3 Millionen afghanische Flüchtlinge in Pakistan sowie 3 Millionen im Iran Schutz gesucht. Laut UNHCR sind seit 2002 zwischen 4,7 und 5,7 Millionen Flüchtlinge freiwillig nach Afghanistan zurückgekehrt. Derzeit leben etwa 1,7 Millionen registrierte Flüchtlinge in Pakistan und etwa 1 Million registrierte Flüchtlinge in Iran. Hinzu kommen nach UNHCR-Angaben etwa 630 000 Binnenflüchtlinge inner- Drucksache 18/4168 – 46 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode halb Afghanistans. Trotz rückläufiger Tendenz bleibt die Zahl der afghanischen Flüchtlinge hoch. Mehr bei UNHCR unter www.unhcr.org/pages/49e486eb6.html und bei VN: www.un.org/news/dh/latest/afghan/un-afghan-history.shtml#1980s. 92. Wie viele Angehörige nichtafghanischer Bevölkerungsgruppen (differenziert nach Kindern, Frauen und Männern) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung aus Afghanistan seit dem Jahr 2001 bis heute (Stand 30. Juni 2014) vertrieben oder sind geflüchtet, und welchen Volks- und/oder Glaubensgruppen gehören diese jeweils an? Auf die Antwort zu Frage 91 wird verwiesen. 93. Wie viele afghanische Flüchtlinge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils von welchen Anrainerstaaten Afghanistans und jeweils von welchen weiteren Staaten aufgenommen? Auf die Antwort zu Frage 91 wird verwiesen. 94. Wie viele afghanische Asylsuchende stellten nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einen Asylantrag oder Antrag auf anderweitigen Schutz, und wie viele wurden als Flüchtlinge anerkannt oder erhielten einen subsidiären oder humanitären Schutzstatus (bitte getrennt nach Kindern, Frauen, Männern , Menschen über 60 Jahre, Kranken und Verletzten, Jahren, Staaten und Status aufführen)? Die Zahl afghanischer Asylsuchender in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union lässt sich aus der EUROSTAT-Datenbank entnehmen, die über den Link www.epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/statistics/search_database aufgerufen werden kann. Eine weitere Quelle ist die 5. Fortschreibung des GASIM-Lagebildes „Irreguläre Migration von Staatsangehörigen der Islamischen Republik Afghanistan“ von September 2014 (GASIM ist das deutsche „Gemeinsame Analyse- und Strategiezentrum illegale Migration“). Daraus ergeben sich für einige ausgewählte europäische Staaten folgende Zahlen: 2012 2013 Veränderung 1. Deutschland 7.840 8.240 +5 % 2. Schweden 4.760 3.025 -36 % 3. Österreich 4.015 2.590 -35 % 4. Ungarn 880 2.330 +165 % 5. Italien 1.495 2.055 +37 % 6. Belgien 3.290 1.675 -49 % 7. Vereinigtes Königreich 1.355 1.550 +14 % 8. Griechenland 585 1.225 +109 % 9. Schweiz 1.385 895 -35 % EU gesamt (28 MS) 30.405 27.820 -9 % Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 47 – Drucksache 18/4168 Angaben zu afghanischen Asylsuchenden in Deutschland können – soweit entsprechende Daten vorliegen – den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: * einschließlich subsidiärem Schutz nach § 4 I AsylVfG (ab Jan 2014) Asylbewerber Afghanistan Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheidungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Flüchtlingsschutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbote nach §60 II, III, V, VII AufenthG (incl. subsidiärem Schutz nach § 4 I AsylVfG ab Jan 2014) Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 59.460 59.103 3.126 9.266 10.682* darunter: 2001 11.421 11.601 2.746 4.486 2.189 2002 3.003 1.164 12 12 266 2003 1.672 11.452 48 28 390 2004 1.099 3.161 53 42 289 2005 1.194 1.238 17 55 93 2006 1.524 1.512 10 71 163 2007 574 720 2 70 127 2008 831 398 5 77 96 2009 3.519 1.624 31 263 658 2010 6.063 5.007 18 549 1.628 2011 7.954 6.574 54 680 1.524 2012 7.838 4.624 27 762 1.014 2013 8.240 6.126 56 1.233 1.648 Drucksache 18/4168 – 48 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Asylbewerber Afghanistan (unter 18 Jahre) Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheidungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Flüchtlingsschutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbot nach §60 II, III, V, VII AufenthG Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 25.777 23.955 1.409 3.847 5.448 darunter: 2001 5.283 5.074 1.239 1.904 1.100 2002 1.476 475 2 - 117 2003 808 4.489 31 9 179 2004 506 1.469 31 18 127 2005 486 494 8 34 27 2006 633 608 7 37 73 2007 247 297 2 38 66 2008 356 153 4 44 43 2009 1.614 688 12 127 374 2010 2.658 2.270 8 250 915 2011 3.473 2.510 15 277 842 2012 3.390 1.929 8 316 529 2013 3.101 2.175 20 465 743 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 49 – Drucksache 18/4168 Asylbewerber Afghanistan (weiblich) Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheidungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Flüchtlingsschutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbot nach §60 II, III, V, VII AufenthG Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 19.881 21.128 1.505 4.111 4.311 darunter: 2001 4.642 5.066 1.348 2.210 788 2002 1.012 436 2 4 120 2003 545 4.238 20 8 199 2004 405 1.299 27 17 158 2005 394 442 8 32 55 2006 587 584 5 37 89 2007 176 233 1 27 61 2008 250 131 1 36 48 2009 1.194 508 17 125 248 2010 1.907 1.716 9 277 658 2011 2.523 1.964 15 276 617 2012 2.512 1.446 8 299 430 2013 2.385 1.925 23 467 626 Drucksache 18/4168 – 50 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Asylbewerber Afghanistan (männlich) Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheidungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Flüchtlingsschutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbot nach §60 II, III, V, VII AufenthG Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 39.579 37.975 1.621 5.155 6.371 darunter: 2001 6.779 6.535 1.398 2.276 1.401 2002 1.991 728 10 8 146 2003 1.127 7.214 28 20 191 2004 694 1.862 26 25 131 2005 800 796 9 23 38 2006 937 928 5 34 74 2007 398 487 1 43 66 2008 581 267 4 41 48 2009 2.325 1.116 14 138 410 2010 4.156 3.291 9 272 970 2011 5.431 4.610 39 404 907 2012 5.326 3.178 19 463 584 2013 5.855 4.201 33 766 1.022 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 51 – Drucksache 18/4168 Asylbewerber Afghanistan (60 Jahre und älter) Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheidungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Flüchtlingsschutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbot nach §60 II, III, V, VII AufenthG Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 1.918 2.106 123 306 789 darunter: 2001 420 439 115 182 85 2002 90 38 1 1 11 2003 53 400 1 - 62 2004 56 168 3 5 63 2005 39 60 - 3 21 2006 77 74 - - 27 2007 16 27 - 2 14 2008 23 9 - 2 6 2009 88 57 2 8 38 2010 197 157 - 15 96 2011 232 196 1 14 111 2012 282 180 - 19 111 2013 229 210 - 34 114 Drucksache 18/4168 – 52 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 95. Wie viele afghanische Staatsangehörige wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen von Resettlement-Programmen aus den Anrainerstaaten oder unmittelbar aus Afghanistan aufgrund einer konkreten Gefährdungslage , beispielsweise als sogenannte Ortskräfte, in den Staaten der EU oder anderen an ISAF beteiligten Staaten aufgenommen (bitte nach Staaten getrennt aufführen)? Es wurden bisher keine afghanischen Staatsangehörigen mittels ResettlementProgrammen in Deutschland aufgenommen. Inwieweit andere Staaten afghanische Staatsangehörige aufnehmen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Im Übrigen wird auf Antwort zu Frage 21 verwiesen. 96. Wie viele Kinder wurden während des Aufenthaltes ihrer Eltern in Deutschland und nach Kenntnis der Bundesregierung in den anderen Aufnahmeländern geboren (bitte Angaben zu den einzelnen Aufnahmeländern machen)? Exakte Angaben zu in Deutschland geborenen afghanischen Staatsangehörigen lassen sich aus Daten des Ausländerzentralregisters (AZR) nicht ermitteln. Bei Gleichheit der im AZR gespeicherten Personendaten zum Ersteinreisedatum und zum Geburtsdatum kann jedoch angenommen werden, dass diese Personen in Deutschland geboren wurden, ohne allerdings eine Aussage dazu treffen zu können, ob die Geburt während des Aufenthalts beider Elternteile in Deutschland erfolgte. Die in diesem Sinne ermittelten Angaben können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Jan-Jun 2014 Asylbewerber (Erst und Folgeanträge) Entscheid ungen Asylberechtigt (Art. 16a und Familienasyl) Anerkennung als Flüchtling nach § 3 I AsylVfG Subsidiärer Schutz nach § 4 I AsylVfG Abschiebungsver bot nach § 60 V/VII AufenthG Afghanische Asylbewerber insgesamt 4.528 3.902 47 938 188 409 darunter unter 18 Jahre 1.746 1.324 22 328 90 223 weiblich 1.349 1.140 21 296 61 153 männlich 3.179 2.762 26 642 127 256 60 Jahre und älter 116 91 - 21 7 23 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 53 – Drucksache 18/4168 Erkenntnisse zu Geburten afghanischer Kinder in anderen Aufnahmeländern liegen der Bundesregierung nicht vor. 97. Welchen Aufenthaltsstatus haben ggf. diese Kinder in Deutschland und nach Kenntnis der Bundesregierung in den anderen Aufnahmeländern, und welche Folgen hat die Geburt eines Kindes für den Aufenthaltsstatus bzw. eine gegebenenfalls bestehende Ausreisepflicht der Eltern (bitte Angaben zu den einzelnen Aufnahmeländern machen)? Angaben zum Aufenthaltsstatus in Deutschland können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Geburtsjahr Anzahl davon zum Stichtag 30. Juni 2014 aufhältig 2001 299 271 2002 326 298 2003 320 299 2004 285 273 2005 275 267 2006 282 271 2007 228 217 2008 192 190 2009 214 211 2010 332 322 2011 530 522 2012 606 599 2013 717 715 2014 313 312 Insgesamt 4.919 4.767 Aufenthaltsrecht Anzahl unbefristet 93 befristet 3.552 gestattet 337 geduldet 97 Sonstiges (z.B. Antrag auf Titel gestellt, ohne Aufenthaltsrecht) 688 Insgesamt 4.767 Drucksache 18/4168 – 54 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Kinder teilen zunächst die aufenthaltsrechtliche Situation der Eltern. Die Geburt eines Kindes lässt die ggf. bestehende Ausreisepflicht der Eltern daher grundsätzlich unberührt. Eine andere Bewertung kann sich dann ergeben, wenn die Kinder eigenständig Aufenthaltsrechte erlangen. Neben den in jedem Einzelfall zu prüfenden Abschiebungsverboten sieht § 60a Absatz 2b im Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) beispielsweise vor, dass die Abschiebung der Eltern ausgesetzt werden soll, wenn das minderjährige Kind eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG besitzt. Dies wäre entsprechend auch bei der Entscheidung über eine Ausweisung gemäß § 55 Absatz 3 Nummer 3 AufenthG zu berücksichtigen . Generell soll zudem nach 18-monatiger Aussetzung der Abschiebung ein humanitärer Titel gemäß § 25 Absatz 5 AufenthG erteilt werden. 98. Welche Unterstützung erhalten Kranke und Traumatisierte aus Afghanistan in der Bundesrepublik Deutschland? Werden sie von der Rückkehraufforderung ausgenommen, und wenn nein, warum nicht? Kranke und Traumatisierte aus Afghanistan, denen nicht bereits im Rahmen eines Asylverfahrens aus anderen Gründen Schutz (insbesondere Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz nach den §§ 3, 4 AsylVfG) gewährt wird, erhalten Abschiebungsschutz, wenn sich aus der Krankheit oder Traumatisierung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 AufenthG i. V. m. Artikel 3 EMRK oder aus § 60 Absatz 7 AufenthG ergibt. Flüchtlinge i. S. d. § 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) haben im Rahmen der §§ 4 und 6 AsylbLG Anspruch auf Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt. Aufwendungen für psychotherapeutische oder ähnliche Behandlungen für traumatisierte Flüchtlinge werden gewährt, wenn sie zur Sicherung der Gesundheit des leistungsberechtigten Flüchtlings unerlässlich sind. Kranke und traumatisierte afghanische Staatsangehörige, die auf Grund der Zuerkennung von Abschiebungshindernissen durch das BAMF im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 AufenthG sind, erhalten von den Ausländerbehörden keine Ausreiseaufforderung/Abschiebungsandrohung. Sie erhalten alle erforderlichen Leistungen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes . Straftäter, die entsprechend der ausländerrechtlichen Regelungen nach §§ 53 ff. AufenthG ausgewiesen werden, erhalten gleichzeitig eine Ausreiseaufforderung /Abschiebungsandrohung. Liegen nachgewiesene inlandsbezogene Abschiebungshindernisse in Form von Krankheiten oder Traumatisierung vor, werden sie bis zur Herstellung der Reisefähigkeit geduldet. Bei zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen werden sie an das BAMF verwiesen. 99. Wie viele afghanische Asylsuchende und Geduldete im Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhielten ggf. wegen einer vermeintlich fehlenden Mitwirkung an ihrer Abschiebung verminderte Leistungen nach § 1a Nummer 2 AsylbLG (bitte getrennt nach Bundesländern, Jahren, Kindern, Frauen und Männern aufführen)? Eine Leistungseinschränkung nach § 1a des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) kommt nur bei Personen in Betracht, die im Besitz einer Duldung nach § 60a des Aufenthaltsgesetzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 4 AsylbLG) oder sonst vollziehbar ausreisepflichtig (§ 1 Absatz 1 Nummer 5 AsylbLG) sind, so- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 55 – Drucksache 18/4168 wie bei ihren Familienangehörigen (§ 1 Absatz 1 Nummer 6 AsylbLG). Auf Asylsuchende, die im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach dem Asylverfahrensgesetz sind (§ 1 Absatz 1 Nummer 1 AsylbLG) sind, findet die Regelung in § 1a AsylbLG demnach keine Anwendung. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Angaben dazu vor, wie viele afghanischen Geduldete, die im Leistungsbezug nach dem AsylbLG stehen, nach § 1a Nummer 2 AsylbLG verminderte Leistungen erhielten. Die Anzahl der Fälle, bei denen die Leistung nach § 1a Nummer 2 AsylbLG gemindert wurde, wird nicht statistisch erfasst. 100. Wie viele Afghaninnen und Afghanen wurden seit dem Jahr 2001 in welche Länder abgeschoben (bitte getrennt nach Kindern, Frauen, Männern und Menschen über 60 Jahre, Bundesländern sowie Zielstaaten aufführen )? Die im angefragten Zeitraum durchgeführten Abschiebungen können der Übersichtstabelle entnommen werden. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Zielland Jan. - Jul. 2014 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 Afghanistan 5 8 9 12 16 14 27 71 173 149 26 5 Argentinien 1 Belgien 50 20 15 3 10 5 5 1 2 1 Bulgarien 1 1 1 Dänemark 18 9 12 19 2 1 1 1 6 4 7 2 Estland 1 Finnland 2 1 1 Frankreich 2 1 6 3 2 1 2 1 Griechenland 5 12 19 24 9 2 3 22 4 Großbritannien 1 2 4 5 2 2 1 1 2 Indien 1 Irland 1 Island 1 Italien 12 20 69 96 30 19 4 2 1 6 1 1 Litauen 1 Niederlande 2 4 23 14 8 1 2 5 9 4 6 1 1 Norwegen 12 10 12 36 17 3 6 4 12 4 Österreich 10 12 14 10 13 1 3 1 2 1 25 44 66 4 Pakistan 1 Polen 1 2 2 1 1 5 5 1 Portugal 6 Rumänien 1 1 Schweden 6 7 16 6 1 2 5 1 12 1 1 Schweiz 7 4 9 6 7 1 2 Slowakische Republik 2 1 4 1 3 3 2 5 2 Spanien 1 1 1 1 Tschechische Republik 1 1 1 1 1 Ungarn 15 2 6 25 22 7 4 1 1 Weißrussland 1 1 nicht bekannt 1 Gesamt 150 111 201 239 143 80 89 95 201 183 108 77 77 8 Rückführungen afghanischer Staatsangehöriger Jahr Drucksache 18/4168 – 56 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 101. Wie waren die Anerkennungs- bzw. Ablehnungsquoten bei afghanischen Asylsuchenden seit dem Jahr 2001 in Deutschland (bitte nach Jahren und Status differenzieren)? Die Angaben zu den Anteilen der einzelnen Entscheidungen an allen Entscheidungen können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: Asylberechtigt (Art. 16a und Famil.asyl) Flüchtlingss chutz nach § 60 I AufenthG Abschiebungsverbot nach §60 II, III, V, VII AufenthG (incl. subsidiärem Schutz nach § 4 I AsylVfG ab Jan 2014) Ablehnungen sonstige Verfahrens- erledigungen Januar 2001-Juni 2014 insgesamt 5,3% 15,6% 18,1% 39,8% 21,2% darunter im Jahr 2001 23,7% 38,7% 18,9% 8,7% 10,1% 2002 1,0% 1,0% 22,9% 0,6% 74,5% 2003 0,4% 0,2% 3,4% 62,6% 33,3% 2004 1,7% 1,3% 9,1% 63,1% 24,7% 2005 1,4% 4,4% 7,5% 55,7% 30,9% 2006 0,7% 4,7% 10,8% 25,3% 58,5% 2007 0,3% 9,7% 17,6% 31,9% 40,4% 2008 1,3% 19,3% 24,1% 16,8% 38,4% 2009 1,9% 16,2% 40,5% 26,0% 15,4% 2010 0,4% 11,0% 32,5% 47,6% 8,6% 2011 0,8% 10,3% 23,2% 58,4% 7,3% 2012 0,6% 16,5% 21,9% 49,2% 11,8% 2013 0,9% 20,1% 26,9% 36,8% 15,2% Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 57 – Drucksache 18/4168 102. Welche genaueren Regelungen (Erlasse, Weisungen usw.) galten nach Kenntnis der Bundesregierung auf Ebene der Bundesländer seit dem Jahr 2001 zum Umfang und zur Art und Weise von Abschiebungen welcher afghanischer Staatsangehöriger nach Afghanistan (bitte nach Jahren differenziert angeben und Veränderungen kenntlich machen, beispielsweise aufführen, welche Personengruppen vorrangig bzw. nachrangig abgeschoben werden sollten)? Die Antworten zu den Fragen 102 und 103 werden in der nachstehenden Tabelle dargestellt: Asylberechtigt (Art. 16a und Famil.asyl) Anerkennung als Flüchtling nach § 3 I AsylVfG Subsidiärer Schutz nach § 4 I AsylVfG Abschiebungsverbot nach § 60 V/VII AufenthG Ablehnun gen sonstige Verfahrens- erledigungen Jan-Jun 2014 1,2% 24,0% 4,8% 10,5% 20,6% 38,9% Bundesland Datum Betreff BadenWürttemberg 14.06.02 Auf Grundlage der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren (IMK) wurde mit Rundschreiben informiert, dass angesichts der zivilen und militärischen Lage und des Fehlens ausreichender Flugverbindungen die zwangsweise Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger nicht in Betracht kommt. Die Abschiebung von Straftätern aus tatsächlichen Gründen ist nicht möglich. 12.12.02 Auf Grundlage der Beschlüsse der IMK wurde mit Rundschreiben der erste allgemeine Abschiebungsstopp nach Afghanistan erlassen. Davon ausgenommen waren Personen, die schwere Straftaten, insbesondere Gewalttaten begangen haben und sonstige Personen, die – nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes – die innere Sicherheit gefährden. Es erfolgte durch das Innenministerium Baden-Württemberg eine Einzelfallprüfung, ob eine vorzeitige Rückführung nach Afghanistan möglich war. Dieser förmliche Abschiebungsstopp wurde in der Folgezeit durch Rundschreiben vom 23.05.2003, 27.11.2003 und 29.07.2004 bestätigt bzw. verlängert. 15.04.05 Rückführungen aus Baden-Württemberg erfolgen seit 01.05.2005 auf der Grundlage der von der IMK im November 2004 beschlossenen Grundsätze zur Rückführung afghanischer Staatsangehöriger. Dies geht aus dem Runderlass des Innenministeriums Baden-Württemberg hervor. 01.08.05 Auf der Grundlage des IMK-Beschlusses vom 23./24.06.2005 sowie der „Grundsätze zur Rückführung und weiteren Behandlung der afghanischen Staatsangehörigen“ wurde mit Rundschreiben nach § 23 Abs. 1 AufenthG angeordnet, dass Aufenthaltserlaubnisse an afghanische Staatsangehörige erteilt und verlängert werden können, so dass hier die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 8 EMRK in Betracht kommt. Die IMK-Beschlüsse zu Afghanistan vom 04.-06.12.2013 und 11. bis 13. Juni 2014 werden von Baden-Württemberg umgesetzt Bayern 30.12.02 Mit Runderlass wurde unter Hinweis auf den IMK-Beschluss vom Drucksache 18/4168 – 58 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesland Datum Betreff 06.12.2002 festgelegt, dass nach gründlicher Vorprüfung im Einzelfall die Abschiebung nach Afghanistan von Straftätern und sonstigen Personen, die nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden, möglich ist. Diese Erlasslage wurde mit Rundschreiben vom 23.06., 22.12.2003 und 27.07.2004 bestätigt. 03.08.05 Mit Rundschreiben erfolgte die Umsetzung der Nrn. 1 bis 3 des IMKBeschlusses vom 18./19.11.2004 und des IMK-Beschlusses vom 24.06.2005. Diese Regelung hat in den Verwaltungsvorschriften des Bayerischen Staatsministeriums des Innern für Bau und Verkehr zum Ausländerrecht (BayVVAuslR) vom 10.08.2012 ihren Niederschlag gefunden und gilt bis heute fort. 17.12.01 Mit Rundschreiben wurde die Regelung zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis an afghanische Staatsangehörige vom 17.07.1998 wegen der damals faktischen Unmöglichkeit der Abschiebung verlängert. Eine erneute Verlängerung erfolgte mit Rundschreiben vom 24.06.2002 bis zum 01.01.2003 mit der Maßgabe, dass eine Ersterteilung von Aufenthaltsbefugnissen ausgeschlossen wurde. Mit Rundschreiben vom 03.08.2005 erfolgte die Umsetzung der IMK-Beschlüsse vom 18./19.11.2004 und 24.06.2005 (siehe oben). Berlin In Berlin wurden Abschiebungen ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger seit spätestens Dezember 1999 nicht mehr vorgenommen (UN-Embargo und weltweites Start- und Landeverbot der landeseigenen Fluggesellschaft Ariana-Airline). 20.12.02 In Umsetzung des auf der 171. Sitzung der IMK am 06.12.2002 gefassten Beschlusses wies die damalige Senatsverwaltung für Inneres die Abteilung IV des Landeseinwohneramtes Berlin an, die Aussetzung von Rückführungen nach Afghanistan gem. § 54 Abs. 1 AuslG bis zum 20.06.2003 auszusetzen. Ausgenommen von dieser Anordnung waren Straftäter, die unmittelbar nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe aus der Haft abgeschoben werden sollten und sonstige Personen, bei denen Versagungsgründe nach § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG festgestellt wurden. Unabhängig von der tatsächlichen Möglichkeit der Rückführung auf dem Luftweg war in diesen Fällen die Zustimmung der Senatsverwaltung für Inneres zur Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen einzuholen. Diese Anordnung wurde in der Folgezeit verlängert und galt ab Januar 2005 als Anordnung nach § 60a Abs. 1 AufenthG fort. Auch diese Regelung galt nicht für Straftäter, die unmittelbar nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe aus der Haft abgeschoben werden sollten und sonstige Personen, bei denen Versagungsgründe nach § 5 Abs. 4 AufenthG festgestellt worden waren. 01.07.05 Die Anordnung wurde durch eine Weisung zur Umsetzung des IMKBeschlusses vom 24.06.2005 ersetzt. Diese Weisung wurde durch die Ausländerbehörde Berlin in die Arbeitsanweisungen Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger und Bleiberechtsregelung für afghanische Staatsangehörige bei Antragstellung bis zum 24.09.2005 umgesetzt. Diese auch im Internet als Bestandteil der Verfahrenshinweise der Ausländerbehörde Berlin (VAB) einsehbare (www.verwaltberlin .de/formularserver/formular.php?157323) Weisungslage gilt bis heute fort, sie wurde lediglich mit Schreiben vom 02.04.2007 um einen Zustimmungsvorbehalt der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin im Falle beabsichtigter Abschiebungen nach Afghanistan ergänzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 59 – Drucksache 18/4168 Bundesland Datum Betreff Durch den Zustimmungsvorbehalt wird auch die Einhaltung der IMKBeschlüsse vom 04./06.12.2013 und 11./13.06.2014, nach denen zwangsweise Rückführungen bis zu einer Neubewertung der rückführungsrelevanten Situation nur nach umfassender Einzelfallprüfung erfolgen sollen, gewährleistet. Brandenburg 2002 Auf der Grundlage der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren wurde mit Erlass Nr. 99 den Ausländerbehörden empfohlen, von Rückführungen nach Afghanistan generell Abstand zu nehmen und beabsichtigte Rückführungen vorab dem Ministerium für Inneres und Kommunales (MIK) zur Kenntnis und Genehmigung zuzusenden. 2004 Mit Erlass Nr. 07 erging ein bis zum 31.12.2004 befristeter Abschiebestopp, Straftäter und Personen, die die innere Sicherheit gefährden, waren davon ausgenommen 06.01.05 Der Erlass Nr. 04 regelte gemäß § 60a Absatz 1 AufenthG einen Abschiebestopp für Afghanistan. Auch hier waren Straftäter und die innere Sicherheit gefährdende Personen davon ausgenommen. 22.07.05 Mit Erlass Nr. 08 erfolgte auf Basis der durch die IMK im Rahmen der Sitzung vom 18./19.11.2004 erarbeiteten und durch die IMK-Sitzung vom 23./24.06.2005 beschlossenen Grundsätze zur Rückführung und weiteren Behandlung der afghanischen Flüchtlinge eine Regelung zu Rückführungen nach Afghanistan sowie Bleiberechtsregelung auf der Grundlage des § 23 AufenthG. Rückführungen nach Afghanistan erfolgten in der gesamten Berichtszeit nur als freiwillige Rückkehr und in sehr geringem Maße. Bremen 02.07.02 Auf Grundlage der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren wurde im Juli 2002 mit Erlass der erste allgemeine Abschiebungsstopp nach Afghanistan erlassen. Straftäter und die innere Sicherheit gefährdende Personen waren von der Abschiebungsstoppanordnung ausgenommen. Dieser förmliche Abschiebungsstopp wurde in der Folgezeit durch Erlass fortlaufend, zuletzt bis zum August 2005 verlängert. Danach erfolgten noch weitere Verlängerungen, allerdings wurden mit Blick auf den Beginn von Rückführungen nach Afghanistan volljährige alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die sich am Stichtag 24.06.2005 noch keine sechs Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhielten, hiervon schon ergänzend ausgenommen 09.08.05 Rückführungen aus Bremen können seit 2005 auf der Grundlage der von der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) im November 2004 beschlossenen Grundsätze zur Rückführung der afghanischen Flüchtlinge, die im Juni 2005 veröffentlicht wurden, erfolgen. Die Ausländerbehörden wurden angewiesen, bei beabsichtigten Abschiebungen nach Afghanistan vor einer Flugbuchung die Akten des Betroffenen dem Senator für Inneres und Sport vorzulegen. Mit dem Erlass vom 09.08.2005 sind die von der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren beschlossenen Grundsätze zur Gewährung eines Bleiberechts für afghanische Staatsangehörige umgesetzt worden. Hamburg 01/03 Auf Grundlage der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren wurde mit der Weisung 1/2003 der erste allgemeine Abschiebungsstopp nach Afghanistan erlassen. Straftäter und die innere Drucksache 18/4168 – 60 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesland Datum Betreff Sicherheit gefährdende Personen, waren von der Abschiebungsstoppanordnung ausgenommen. Dieser förmliche Abschiebungsstopp wurde in der Folgezeit durch die Weisungen 4/2003, 5/2003, 1/2004 und 3/2004 fortlaufend, zuletzt bis zum 30.04.2005 verlängert. Hiernach erfolgte mit der Weisung 6/2005 vom 05.04.2005 noch einmal eine weitere Verlängerung bis zum 30.06.2005 - allerdings wurden mit Blick auf den Rückführungsbeginn zum 01.05.2005 volljährige alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die sich am 01.05.2005 noch keine sechs Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet aufhielten, hiervon schon ergänzend ausgenommen. Rückführungen aus Hamburg erfolgen seit Mai 2005 auf der Grundlage der von der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) im November 2004 beschlossenen Grundsätze zur Rückführung der afghanischen Flüchtlinge, die im Juni 2005 veröffentlicht wurden. Dabei sind aus Hamburg in den vergangenen Jahren nach der in den IMK-Beschlüssen vorgesehenen Prioritätensetzung nur vereinzelt alleinstehende männliche Straftäter oder Personen, bei denen sonstige Hinweise für eine die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdende Betätigung bestehen, nach Afghanistan zurückgeführt worden. 12.07.05 Mit der Weisung 7/2005 vom 12.07.2005 sind in Hamburg die von der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren beschlossenen Grundsätze zur Gewährung eines Bleiberechts für afghanische Staatsangehörige umgesetzt worden. Alle genannten Hamburger Weisungen sind veröffentlicht worden und im Internet unter der Adresse: http://www.hamburg.de/innenbehoerde/weisungen/3937444/archiv/ einsehbar. Hessen Es sind folgende Erlasse an die hessischen Ausländerbehörden ergangen: 16.01.03 In Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 06.12.2002 können die Duldungen von vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen um weitere sechs Monate bei Familien mit Schulkindern bis zum Beginn der Sommerferien verlängert werden. 28.05.03 Möglichkeit der Verlängerung der Duldung um weitere drei Monate, wenn keine Entscheidung über den Beginn der Rückführung seitens der IMK getroffen wird. 03.12.03 Die Duldungen von vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen können bis zum 31. März 2004 verlängert werden. Die Regelung findet keine Anwendung auf Straftäter und solche Personen, die im Sinne des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden (Hinweis auf IMK-Beschluss vom 06.12.2002). Die Verlängerung und Neuerteilung von Aufenthaltsbefugnissen nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG ist nicht mehr möglich. 26.01.04 Aufenthaltsbefugnisse nach § 30 Abs. 3 und 4 AuslG können für diejenigen afghanischen Staatsangehörigen verlängert werden, die in einem Arbeitsverhältnis stehen 29.03.04 Die Duldungen von vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen können bis zum 31. Juli 2004 verlängert werden 22.07.04 Hinweis auf den IMK-Beschluss vom 07./08.07.2004. Der Zeitpunkt der Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger ist weiterhin offen, die Duldungen können bis zum 31.12.2004 verlängert werden. 06.12.04 Hinweis auf den IMK-Beschluss vom 18./19.11.2004, dass Rückführungen von ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen beabsichtigt sind. Da Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 61 – Drucksache 18/4168 Bundesland Datum Betreff der Termin noch nicht feststand, sollten die Duldungen bis zum 31.05.2005 verlängert werden. Bei Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 7 AufenthG sollten Aufenthaltserlaubnisse erteilt werden, soweit Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht entgegenstehen. 17.05.05 Aufhebung des Erlasses vom 06.12.2004. Neben Straftätern (Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen, additiv, bleiben außer Betracht) können nunmehr ebenfalls mit Vorrang ab sofort volljährige alleinstehende männliche afghanische Staatsangehörige, die sich noch nicht seit dem 19.11.1998 im Bundesgebiet aufhalten, zurückgeführt werden. Ausgenommen sind Schüler und Auszubildende, die sich im letzten Schul- bzw. Ausbildungsjahr befinden. Im Regelfall ist das Schuljahresende abzuwarten. Anschließend sind alleinstehende Frauen und Ehepaare ohne Kinder zurückzuführen. Diejenigen, die ihren Lebensunterhalt sichern, sollen nachrangig zurückgeführt werden. Ausgenommen sind Personen, die am 19.11.2004 das 65. Lebensjahr vollendet haben oder sich seit dem 19.11.1998 im Bundesgebiet aufhalten. 27.07.05 Bleiberechtsregelung für afghanische Staatsangehörige sowie die Rückführung afghanischer Staatsangehöriger in Umsetzung der IMKBeschlüsse vom 18./19. November 2004 und 23./24. Juni 2005. Zwangsweise Rückführungen nach Afghanistan sollen weiterhin nur nach umfassender Einzelfallprüfung erfolgen. 01.07.14 Hinweis auf den IMK-Beschluss vom 11./13. Juni 2014, dass zwangsweise Rückführungen nach Afghanistan weiterhin nur nach umfassender Einzelfallprüfung erfolgen sollen. MecklenburgVorpommern 26.11.01 Weitergabe der Bitte des BMI, vor dem Hintergrund der unübersichtlichen Lage in Afghanistan sowie des Entscheidungsstopps des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, zunächst keine Abschiebungen dorthin durchzuführen, selbst wenn diese tatsächlich möglich sein sollten. 08.08.02 Umsetzung der Feststellungen der IMK vom 06.06.2002. Es bestehen keine Bedenken, wenn vollziehbar ausreisepflichtigen Afghanen Duldungen für weitere sechs Monate erteilt werden. Die Abschiebung von Straftätern ist im Einzelfall nicht ausgeschlossen. 13.01.03 Umsetzung der Feststellungen der IMK vom 06.12.2002. Es begegnet auch weiterhin keinen Bedenken, wenn vollziehbar ausreisepflichtigen Afghanen Duldungen für weitere sechs Monate erteilt werden. Die Abschiebung von Straftätern und sonstigen Personen, die nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden ist im Einzelfall möglich. 12.02.04 Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 21.11.2003. Vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen können weiterhin Duldungen erteilt werden. Die jeweilige Erteilung/ Verlängerung sollte 3 Monate nicht unterschreiten. Straftäter und Personen, die nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden, können im Einzelfall abgeschoben werden. 28.07.04 Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 07./08.07.2004. Anordnung nach § 54 Satz 2 AuslG, Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger in ihr Heimatland bis zum 31.12.2004 auszusetzen. Straftäter und sonstige Personen, die nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden, können im Einzelfall abgeschoben werden. Vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen können weiterhin Duldungen erteilt werden. Die jeweilige Erteilung/ Verlängerung Drucksache 18/4168 – 62 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesland Datum Betreff sollte 3 Monate nicht unterschreiten. 03.12.04 Anordnung nach § 60a Satz 1 AufenthG, Abschiebungen afghanischer Staatsangehöriger in ihr Heimatland weiterhin auszusetzen. Straftäter und sonstige Personen, die nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes die innere Sicherheit gefährden, können im Einzelfall abgeschoben werden. Vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen können weiterhin Duldungen erteilt werden. Die jeweilige Erteilung/ Verlängerung sollte 3 Monate nicht unterschreiten. 12.04.05 Ab dem 01.05.2005 Beginn der Rückführungen in einer überschaubaren Größenordnung auf der Grundlage des IMK-Beschlusses vom 18./19.11.2004. Die Anordnung nach § 60a Satz 1 AufenthG wird mit Wirkung zum 01.05.2005 aufgehoben. 01.08.05 Umsetzung der IMK-Beschlüsse vom 18./19.11.2004 (TOP 3.1) und 23./24.06.2005 (TOP 5.1) – Anordnung eines Bleiberechts nach § 23 Absatz 1 AufenthG und Bekanntgabe von Grundsätzen zur Rückführung (Prioritätenkatalog). Niedersachsen 09.06.02 Auf Grundlage der Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren wurde im Juli 2002 mit Erlass vom 09.06.2002 der erste allgemeine Abschiebungsstopp nach Afghanistan erlassen. Straftäter und die innere Sicherheit gefährdende Personen waren von der Abschiebungsstoppanordnung ausgenommen. Dieser förmliche Abschiebungsstopp wurde in der Folgezeit durch die Erlasse fortlaufend, zuletzt bis zum August 2005 verlängert. Rückführungen erfolgen seit Mai 2005 auf der Grundlage der von der Ständigen Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder (IMK) im November 2004 beschlossenen Grundsätze zur Rückführung der afghanischen Flüchtlinge, die im Juni 2005 veröffentlicht wurden. 12.07.05 Mit Erlass vom 12.07.2005 wurden die von der Ständigen Konferenz der Innenminister und – senatoren beschlossenen Grundsätze zur Gewährung eines Bleiberechts für afghanische Staatsangehörige umgesetzt worden. NordrheinWestfalen 03.06.03 Hinweis auf die maßgebliche IMK-Beschlusslage aus 2002 (170. und 171. Sitzung: zwangsweise Rückführungen nach Afghanistan kommen mit Ausnahme von Straftätern und Gefährdern grundsätzlich nicht in Betracht). 25.03.04 Nochmaliger Hinweis auf die IMK-Beschlusslage. 13.07.05 Alle ausreisepflichtigen Staatsangehörigen aus Afghanistan betreffende Umsetzung der Vorgaben des IMK-Beschlusses vom 24.06.2005. Der IMKBeschluss vom 24.06.2005 enthielt eine Staffelung der Rückführungen nach dem Vorrangprinzip. 29.08.06 Mit Blick auf die seinerzeitige medizinische und allgemeine Versorgungslage eine ausreisepflichtige afghanische Familien mit minderjährigen Kindern betreffende Anweisung, im Vorfeld von Rückführungen eng mit dem BAMF zusammenzuarbeiten und ggf. eine aktuelle Einschätzung zu erfragen. Erlass vom 13.07.2005 (Az.: 15-39.10.05-3-A 1), Anordnung nach § 23 Abs. 1 AufenthG zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an afghanische Staatsangehörige. Der Erlass setzte den zweiten Teil des IMK-Beschlusses vom 24.06.2005 um. RheinlandPfalz 12.06.02 Angesichts der zivilen militärischen Lage und des Fehlens ausreichender Flugverbindungen kommt die zwangsweise Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger nicht in Betracht, eine Abschiebung von Straftätern ist jedoch im Einzelfall nicht ausgeschlossen (vornehmlich Personen, die die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 47 AuslG erfüllen). Erteilung von Duldungen für zunächst bis zu sechs Monaten. Bei Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 63 – Drucksache 18/4168 Bundesland Datum Betreff Bewerbern für Wiederaufbauprojekte in Afghanistan soll großzügig von der Möglichkeit des § 44 Abs. 3 AuslG Gebrauch gemacht werden. 22.07.05 Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 24.06.2005 Zusätzlich: afghanische Staatsangehörige, die bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis waren, soll diese auf der Grundlage des § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auch weiterhin verlängert werden. 22.03.07 Bei der Terminierung von anstehenden Abschiebungen nach Afghanistan soll den betroffenen Ausreisepflichtigen Gelegenheit gegeben werden, mögliche zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zuvor in einem Asyl- und Asylfolgeverfahren geltend zu machen. Beabsichtigte Abschiebungen nach Afghanistan sind bis auf Weiteres vor der endgültigen Flugbuchung mit dem Ministerium des Innern und für Sport abzustimmen. 12.11.2010 Erneuter Hinweis, dass bis auf weiteres bei geplanten Rückführungen nach Afghanistan vor der endgültigen Flugbuchung eine Abstimmung mit dem Ministerium des Innern und für Sport zu erfolgen hat. 14.10.13 Bis zur generellen Klärung der abschiebungsrelevanten Situation durch die Innenministerkonferenz wird das Ministerium für Integration, Familie, Kinder, Jugend und Frauen (MIFKJF) keinen Abschiebungen nach Afghanistan mehr zustimmen, Straftäter sind ausdrücklich ausgenommen. Sofern in der Vergangenheit bereits die Zustimmung zur Abschiebung erteilt wurde, sind die Betroffenen zunächst weiter zu dulden. 29.01.2014 Information über die Aufnahme afghanischer Ortskräfte gem. § 22 Abs. 2 AufenthG 28.07.14 Aussetzung von Abschiebungen nach Afghanistan gem. § 60a Abs. 1 AufenthG. Ausgenommen sind Personen, bei denen Ausweisungsgründe nach den §§ 53, 54 oder 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und Nr. 8 bis 11 AufenthG vorliegen, eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58a AufenthG erlassen wurde oder die wegen einer im Bundesgebiet begangenen Straftat verurteilt worden sind, wobei Geldstrafen bis zu 50 Tagessätzen außer Betracht bleiben können, oder die über Bezüge zu extremistischen oder terroristischen Organisationen verfügen. In diesen Fällen kann eine Rückführung nach einer umfassenden Einzelfallprüfung und in Abstimmung mit dem Ministerium (MIFKJF) erfolgen. Hinweis auf das Rundschreiben über den Arbeitsmarktzugang für Asylbewerber und Duldungsinhaber vom 08. Juli 2014, wonach von dem eingeräumten Ermessen regelmäßig zugunsten von Duldungsinhabern Gebrauch gemacht werden soll, sofern unmittelbar keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen anstehen oder Versagungsgründe gem. § 33 BeschV vorliegen. Saarland 16.09.05 Die von der IMK im November 2004 beschlossenen und im Juni 2005 veröffentlichten Grundsätze zur Rückführung der afghanischen Flüchtlinge sind mit Erlass vom 16.09.2005 umgesetzt worden. Darüber hinaus wurde mit Anordnung vom 16.09.2005 die IMKBeschlusslage zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen an afghanische Staatsangehörige auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 AufenthG umgesetzt. 19.12.13 Mit Schreiben vom 19.12.2013 wurde auf den IMK-Beschluss vom 04./06.12.2013 hingewiesen, wonach zwangsweise Rückführungen bis zu einer Neubewertung der rückführungsrelevanten Situation weiterhin nur nach umfassender Einzelfallprüfung erfolgen sollen. Sachsen 23.01.04 u. 13.07.04 Mit Schreiben vom 23.01.2004 und 13.07.2004 wurden die Ausländerbehörden darauf hingewiesen, dass die Duldungen ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger mindestens für drei Drucksache 18/4168 – 64 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesland Datum Betreff Monate, regelmäßig jedoch für sechs Monate auszustellen sind. 05.01.05 Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 18./19.11.2004: x Anordnung vom 05.01.2005: Aussetzung der Abschiebungen bis zum 30.06.2005. Ausgenommen sind Straftäter, afghanische StA, für die Ausweisungsgründe vorliegen, Gefährder (entsprechend IMKBeschluss ). 21.06.05 x Anordnung vom 21.06.2005: Beginn der Rückführung afghanischer StA auf der Grundlage der von der IMK beschlossenen Grundsätze zur Rückführung. 21.07.05 x VwV vom 21.07.2005: VwV nach § 23 Abs. 1 AufenthG zum weiteren Aufenthalt afghanischer Flüchtlinge entsprechend der Festlegungen des IMK-Beschlusses. SachsenAnhalt 01.07. u. 30.12.02 Auf der Basis der Beschlüsse der Innenministerkonferenz im Jahr 2002 wurde mit Erlass sowie Folgeerlassen angeordnet, die zwangsweise Rückführung ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger grundsätzlich - mit Ausnahme von Straftätern – auszusetzen. Auf Basis der im Rahmen der Sitzung der Innenministerkonferenz am 18. und 19.11.2004 erarbeiteten und im Rahmen der Sitzung am 23. und 24.06.2005 bestätigten Grundsätze zur Rückführung und weiteren Behandlung der afghanischen Flüchtlinge erfolgte mit Erlass vom 09.05.2005 die Ankündigung der zu erwartenden Modalitäten. 06.07.05 Mit Erlass wurden die beschlossenen Grundsätze auf Landesebene umgesetzt und mit Folgeerlassen vom 01.09. sowie 01., 18. und 22.11.2005 im Detail nachjustiert. Zwangsweise Rückführungen erfolgten im Berichtszeitraum in nur wenigen Einzelfällen. SchleswigHolstein 28.06.05 Entsprechend der Beschlusslage der IMK vom 23./24.06.2005 erfolgen Rückführungen aus Schleswig-Holstein nur nach den dort vorgegebenen Kriterien mit einer sogenannten Prioritätensetzung (Erlass vom 28.06.2005). Es kam nur vereinzelt zur Rückführung von alleinstehenden männlichen Personen. Von der im Beschluss enthaltenen Bleiberechtsregelung nach § 23 Abs. 1 AufenthG für bestimmte Personengruppen und Einzelfallkonstellationen zur Vermeidung von humanitären Härten (z. B. alte und kranke Menschen, unbegleitete Kinder, Frauen und allein erziehende Mütter und Familien) wurde hingegen vielfach Gebrauch gemacht. 19.05.09 Mit Erlass vom 19.05.2009 wurden die schleswig-holsteinischen Ausländerbehörden über eine sich wegen der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan ändernden Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und auch der Verwaltungsgerichte zugunsten der betroffenen ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen informiert und gebeten, die Betroffenen entsprechend zu beraten und auf die Möglichkeit der Folgeantragstellung beim BAMF hinzuweisen. 28.02.14 Nach Abzug ausländischer Truppen aus Afghanistan war eine Verschlechterung der Sicherheitslage zu erwarten. Diese Problematik wurde auf der IMK Ende 2013 thematisiert. Eine Entscheidung für einen allgemeinen Abschiebungsstopp wurde nicht getroffen. Es wurde festgehalten, dass Rückführungen nur nach umfassender Einzelfallprüfung erfolgen sollen. Die schleswig-holsteinischen Ausländerbehörden wurden daraufhin mit Erlass vom 28.02.2014 aufgefordert, vor Einleitung konkreter Rückführungsmaßnahmen eine Sachverhaltsdarstellung des Einzelfalles und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 65 – Drucksache 18/4168 103. Welche spezifischen, auf afghanische Staatsangehörige abzielenden Abschiebestopp - bzw. Bleiberechtsregelungen bzw. Ländererlasse zur positiven Ausnutzung von Ermessensspielräumen im Aufenthaltsrecht gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in den einzelnen Bundesländern seit dem Jahr 2001 (bitte einzeln aufführen)? Es wird auf die Antwort zu Frage 102 verwiesen. 104. Welche Unterstützung erhalten die zurückkehrenden oder bereits zurückgekehrten Flüchtlinge seitens der Bundesrepublik Deutschland? Bund und Länder fördern eine freiwillige Ausreise insbesondere ausreisepflichtiger Personen seit 35 Jahren mit den Programmen REAG/GARP („Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany“ (REAG) und „Government Assisted Repatriation Programme“ (GARP)). Sie sehen bei Erfüllung der Programmvoraussetzungen organisatorische und finanzielle Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Ausreise, etwa durch Beratung , Planung und Übernahme der Reisekosten sowie die Gewährung eines Startgeldes, vor. Die Programme werden im Auftrag des Bundes und der Länder von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durchgeführt. Darüber hinaus gewinnt im Rahmen der Rückkehrpolitik die Reintegration von Rückkehrern in ihrer Heimat zunehmend an Bedeutung. Durch eine wirtschaftliche und soziale Verwurzelung vor Ort soll den Rückkehrern ein Neuanfang in ihrem Heimatland ermöglicht werden. Im Herkunftsstaat Afghanistan beteiligt sich Deutschland mit anderen EU-Mitgliedstaaten (Belgien, Finnland, Frankreich , Niederlande, Vereinigtes Königreich) und Norwegen im Rahmen des Projektes ERIN (European Reintegration Instrument Network) hieran. Das Projekt steht sowohl freiwilligen Rückkehrern als auch zwangsweise rückgeführten Personen offen. Die Reintegrationshilfen umfassen z. B. Ankunftsservice, Beratung und Begleitung zu behördlichen, medizinischen und karitativen Einrichtungen, Bundesland Datum Betreff die Ausländerakte dem Innenministerium zur Prüfung zuzusenden Thüringen 20.09.05 Mit Erlass vom 20.09.2005 wurde angeordnet, dass unter Beachtung der Grundsätze zur Rückführung und weiteren aufenthaltsrechtlichen Behandlung der afghanischen Flüchtlinge, deren Anwendung die IMK in ihrer Sitzung am 24.06.2005 beschlossen hatte, mit der Rückführung begonnen werden bzw. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG erteilt werden soll. 11.06.02 In Umsetzung des IMK-Beschlusses unter TOP 7.1, Ziffer 3 (Rückkehr afghanischer Staatsangehöriger) vom 05./06.06.2002 wurde mit Erlass vom 11.06.2002 auf der Grundlage von § 54 AuslG die Aussetzung der Abschiebung afghanischer Staatsangehöriger für sechs Monate angeordnet. Die Abschiebung von Straftätern im Einzelfall war nicht ausgeschlossen. 17.12.02 In Umsetzung des IMK-Beschlusses unter TOP 8.1, Ziffer 3 (Rückführung von Flüchtlingen nach Afghanistan) vom 06.12.2002 wurde mit Erlass vom 17.12.2002 angeordnet, dass aufgrund der aktuellen Lage in Afghanistan zwangsweise Rückführungen zunächst weiterhin grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Den Betroffenen sind deshalb weiterhin Duldungen auf Grundlage des § 54 AuslG zu erteilen. Es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Abschiebung von Straftätern und sonstigen Personen, die – nach Maßgabe des Terrorismusbekämpfungsgesetzes – die innere Sicherheit gefährden, im Einzelfall möglich ist. Drucksache 18/4168 – 66 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode berufliche Qualifizierungsmaßnahmen, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche und bei Geschäftsgründungen. Die Unterstützung wird als Sachleistung gewährt und nach Durchführung der erforderlichen Ausschreibungsverfahren voraussichtlich ab Anfang 2015 zur Verfügung stehen. Die Reintegrationshilfen werden meist durch lokale, auf dem Gebiet der sozialen und beruflichen Betreuung spezialisierte Vertragspartner durchgeführt. Direkte Ansprechpartner im Herkunftsland führen häufig bereits während einer Rückkehrberatung zu einer schnelleren Zustimmung, sich für eine freiwillige Ausreise zu entscheiden. Zudem schafft eine solche Betreuungsstruktur ein Vertrauensverhältnis, um Hürden während der ersten Phase nach der Ankunft zu mildern und eine dauerhafte soziale und berufliche Reintegration in die Wege zu leiten. In Kombination mit den Angeboten des REAG/GARP-Programms ist so eine nachhaltige Reintegration der Rückkehrer möglich. Eine Förderung von rückkehrenden Personen erfolgt stets nach den Prinzipien der Bedürftigkeit und der temporären „Hilfe zur Selbsthilfe“. Ohne die aktive Mitgestaltung des eigenen Reintegrationsverlaufs durch die Rückkehrer werden trotz guter Rahmenbedingungen nachhaltige Erfolge nicht zu erreichen sein. IV. Opfer des Krieges Zivile Opfer 105. Wie viele Zivilisten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von ISAF- bzw. OEF-Kräften sowie im Rahmen geheimer Operationen von an OEF oder ISAF beteiligten Staaten seit dem Jahr 2001 getötet (bitte getrennt nach Männern, Frauen, Kindern aufschlüsseln sowie unter Nennung von Ort, Monat/Jahr, Name der Operation und verantwortlicher militärischer Einheit)? Der Bundesregierung liegt keine Statistik zu der Gesamtzahl der seit 2001 von ISAF- beziehungsweise OEF-Kräften verursachten zivilen Opfer in Afghanistan vor. Eine entsprechende Statistik wird nicht geführt. Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) veröffentlicht seit einigen Jahren eigene Berichte zur „Protection of Civilians in Armed Conflict “, die Schätzungen von zivilen Opfern der Auseinandersetzungen enthält. Im Bericht vom Juli 2014 schätzt UNAMA, dass es in der ersten Jahreshälfte 2014 1 564 zivile Todesopfer gegeben habe. UNAMA stellt auch fest, dass 1 Prozent der zivilen Opfer auf internationale Militäroperationen zurückzuführen waren, 74 Prozent auf Aktionen der regierungsfeindlichen und 8 Prozent auf afghanische Sicherheitskräfte (die weiteren 17 Prozent konnten nicht zugeordnet werden oder hatte andere Ursachen wie Unfälle durch Minen usw.). Alle Berichte sind auf der Webseite von UNAMA einsehbar: www.unama. unmissions.org/Default.aspx?tabid=13941&language=en-US. In den von der Bundesregierung beobachteten „Sicherheitsrelevanten Zwischenfällen “ werden für Afghanistan zivile Todesopfer registriert, die unmittelbar durch den Konflikt zwischen regierungsfeindlichen Kräften und Sicherheitskräften getötet wurden. Eine Unterscheidung, ob getötete Zivilpersonen als Opfer den Anschlägen der regierungsfeindlichen Kräfte zuzuordnen sind oder den Gefechten regierungsfeindlicher Kräfte mit den afghanischen Sicherheitskräften oder mit ISAF-Kräften zum Opfer fielen, ist in diesen Statistiken nicht möglich. Über die Herausforderungen der Erfassung der Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle , ihren zunehmenden Verlust an Belastbarkeit und die dadurch notwendig gewordene Entwicklung einer neuen ressortgemeinsamen qualitativen Bewer- tungsmethode wurde fortlaufend im Rahmen der Unterrichtung des Parlaments Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 67 – Drucksache 18/4168 über die Auslandseinsätze der Bundeswehr (UdP) berichtet. Hierzu wird auf die UdP 1-2/13, UdP 3/13, UdP 4/13, UdP 5/13, UdP 6/13, UdP 7/13, UdP 8/13, UdP 9/13, UdP 10/13, UdP 22/13, UdP 25/13, UdP 26/13, UdP 33/13, UdP 34/ 13 und UdP 42/13 verwiesen. 106. Wie viele Zivilisten wurden von Bundeswehrtruppen oder nach Kenntnis der Bundesregierung in von Offizieren der Bundeswehr angeforderten Einsätzen verbündeter Truppen im Rahmen von ISAF, OEF sowie im Rahmen geheimer Operationen seit dem Jahr 2001 getötet (bitte getrennt nach Männern, Frauen, Kindern aufschlüsseln sowie unter Nennung von Ort, Monat/Jahr, Name der Operation und verantwortlicher militärischer Einheit)? Auf die Antwort zu Frage 105 wird verwiesen. 107. Wie viele Kinder wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch den Krieg zu Waisen? Die Bundesregierung hat keine eigene Kenntnis zu diesem Thema. Die der Bundesregierung bekannten Berichte von UNAMA und afghanischen Behörden enthalten keine Angaben zur Zahl der Personen, die durch den Krieg zu Waisen, Witwen oder Witwern geworden sind. Im „National Risk and Vulnerability Assessment 2011–2012“ (NRVA) des afghanischen Statistikamtes („Central Statistics Organisation“, CSO) wird die Gesamtzahl der Witwen in Afghanistan mit 471 000 und die der Witwer mit 108 000 angegeben; Angaben über die Zahl der Waisen sind nicht enthalten. Der Bericht „Women and Men in Afghanistan 2011“ des afghanischen Ministeriums für Frauen in Zusammenarbeit mit der CSO schätzt, dass etwa 90 Prozent der Witwen Kinder haben. 108. Wie viele Frauen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zu Witwen , und wie viele davon haben nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. Kinder? Auf die Antwort zu Frage 107 wird verwiesen. 109. Wie viele Männer wurden nach Kenntnis der Bundesregierung zu Witwern , und wie viele davon haben nach Kenntnis der Bundesregierung ggf. Kinder? Auf die Antwort zu Frage 107 wird verwiesen. 110. Wie viele Zivilisten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von Taliban bzw. weiteren sogenannte Kombattanten (regierungsfeindliche Kräfte – RFK) seit dem Jahr 2001 getötet? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 105 wird verwiesen. 111. Wie viele Gewalttaten verübten nach Kenntnis der Bundesregierung afghanische Sicherheitskräfte oder paramilitärische Verbände an der Zivilbevölkerung und an mutmaßlichen Taliban-Kämpfern? Wie viele Zivilisten kamen dabei ggf. zu Tode? Drucksache 18/4168 – 68 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 105 wird verwiesen. Opfer unter den Aufständischen 112. Wie viele Aufständische wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von NATO-Truppen insgesamt im Rahmen von ISAF, OEF sowie im Rahmen geheimer Operationen seit dem Jahr 2001 getötet (bitte nach Ort, Monat/ Jahr, Name der Operation und verantwortlicher militärischer Einheit aufschlüsseln )? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Statistiken vor, die die Anzahl der durch Angehörige der Streitkräfte der in Afghanistan eingesetzten NATO-Staaten getöteten regierungsfeindlichen Kräfte benennen und aufschlüsseln. Entsprechende Statistiken werden nicht geführt. 113. Wie viele Aufständische wurden von Bundeswehrtruppen oder nach Kenntnis der Bundesregierung in von Offizieren der Bundeswehr angeforderten Einsätzen verbündeter Truppen im Rahmen von ISAF, OEF sowie im Rahmen geheimer Operationen seit dem Jahr 2001 getötet oder verletzt (bitte nach Ort, Monat/Jahr, Name der Operation und verantwortlicher militärischer Einheit aufschlüsseln)? Eine Feststellung von getöteten regierungsfeindlichen Kräften im Rahmen von Gefechtshandlungen ist nicht möglich. Auf die Antwort zu Frage 112 wird verwiesen . Folteropfer Vorbemerkung: Folter ist gemäß Artikel 29 der afghanischen Verfassung vom 27. Januar 2004 verboten. Afghanistan ist Vertragsstaat der Antifolterkonvention, insofern hat es bereits bindende Verpflichtungen zur Verhütung von Folter und anderer grausamer , unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung und Strafe übernommen. Die Bundesregierung wirbt bei der afghanischen Regierung dafür, auch das Zusatzprotokoll zur Antifolterkonvention zu ratifizieren und einen nationalen Präventionsmechanismus , wie im Fakultativprotoll zur Antifolterkonvention vorgesehen , einzurichten. In Afghanistan erschweren aber weiterhin insbesondere ein schwaches Justizsystem und die mangelnde Kenntnis der geltenden Rechtslage die Durchsetzung des nationalen Rechts einschließlich der Menschenrechte. Die Bundesregierung fördert seit mehreren Jahren den Aufbau des afghanischen Justizwesens und finanziert verschiedene Vorhaben, um Rechtsstaatlichkeit („Rule of Law“) zu stärken. Dies geschieht über eine Vielzahl einzelner Maßnahmen, die zum einen auf die Verbreitung des nationalen Rechts, zum anderen auf eine bessere Rechtsanwendung durch staatliche Institutionen abzielen. Vor dem Hintergrund dieser grundsätzlichen Defizite können Verbesserungen nur langsam und mit Geduld herbeigeführt werden. Angesichts der strukturellen Mängel wird der afghanische Justizsektor auch in Zukunft internationaler Unterstützung bedürfen. 114. Wie viele Menschen wurden oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 in afghanischen Gefängnissen gefoltert? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 69 – Drucksache 18/4168 Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Die „United Nations Assistance Mission in Afghanistan“ (UNAMA) berichtet regelmäßig über Vorfälle und die Behandlung von im Zusammenhang mit dem Konflikt gefangengenommenen Personen, so auch jüngst im Januar 2013 („Detention Report“), auf Basis eigener Untersuchungen. Die afghanische Regierung selbst schließt Missbrauch in den afghanischen Gefängnissen nicht aus, hält aber die im UNAMA Bericht genannten Zahlen für übertrieben. UNAMA und die afghanische Regierung stehen hierzu im Kontakt. 115. Hat die Bundeswehr Kontakte mit dem afghanischen Inlandsgeheimdienst Nationale Sicherheitsdirektion (NDS)? Ja. Neben anderen Vertretern der afghanischen Sicherheitskräfte hatte auch der afghanische Geheimdienst („National Directorate of Security“, NDS) ein Verbindungselement im multinationalen Gefechtsstand („Joint Operation Center“) des Hauptquartiers Regionalkommando Nord („Regional Command North“, seit 1. August 2014 “Train, Advise, Assist Command North”) in Mazar-e Sharif. Arbeiten die Einheiten der Bundeswehr mit Einheiten der NDS zusammen ? Ja. Eine Zusammenarbeit des Deutschen Einsatzkontingents ISAF mit den Kräften der afghanischen Sicherheitsstrukturen, den Afghan National Security Forces und somit auch dem NDS, ist Bestandteil des ISAF-Mandats. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Standorte der NDS im Verantwortungsbereich der Bundeswehr im Norden Afghanistans? Der Bundesregierung sind Standorte des NDS in Nordafghanistan bekannt. Sind ggf. Folterpraktiken der NDS in bestimmten Standorten im Norden Afghanistans bekannt? Der Bundesregierung ist bekannt, dass in Berichten von UNAMA (beispielsweise im „UNAMA Detention Report“ vom 20. Januar 2013) wiederholt schwere Vorwürfe bezüglich Folterpraktiken in afghanischen Gefängnissen erhoben wurden. Hiervon waren auch Gefängnisse betroffen, die durch den NDS geführt und betrieben wurden. In Nordafghanistan wurden basierend auf durch UNAMA als glaubhaft eingeschätzten Informationen Einrichtungen des NDS in den Provinzen Faryab (Maimanah), Jowzjan (Shibirghan), Kunduz (Stadt Kunduz ) und Takhar (Taloqan) genannt. 116. Hat die Bundesregierung die US-Partner aufgefordert, offenzulegen, wohin die Central Intelligence Agency (CIA) ihre Gefangenen verbringt? Wird sie ggf. weiterhin die US-Regierung auffordern, keine Gefangenen an die NDS zu übergeben, solange die Vorwürfe von Folter im Raum stehen (vgl. Frage 30)? Die Bundesregierung steht sowohl mit der amerikanischen als auch mit der afghanischen Regierung im Dialog über die Menschenrechtslage in Afghanistan. Die Bundesregierung setzt sich hierbei – im Einklang mit ihrem kontinuierlichen Einsatz für die weltweite Abschaffung der Folter – dafür ein, dass afghanische Regierungsinstitutionen nicht auf Folterpraktiken zurückgreifen. Auf die Antwort zu Frage 30 wird verwiesen sowie auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 18/4168 – 70 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundestagsdrucksache 17/2551 vom 12. Juli 2010 und auf die Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 17/7748 vom 15. November 2011. 117. Wird die Bundesregierung darauf drängen, dass der ehemalige Geheimdienstchef von Kandahar, H. G. (www.washingtonpost.com/world/national -security/mystery-surrounds-move-of-afghan-torturer-in-chief-to-usamid -allegations-of-agency-abuse/2014/04/28/0916144a-ca4b-11e3- 93eb-6c0037dde2ad_story.html), und andere potenzielle Folterverantwortliche der Karsai-Regierung und ihres Apparats, strafrechtlich verfolgt werden? Die Strafverfolgung bei Foltervorwürfen ist Aufgabe der afghanischen Regierung . V. Kriegsschäden 118. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung (ggf. bitte schätzen) die Folgen der durch den Krieg zugefügten Schäden auf die zivile Wirtschaft Afghanistans insgesamt? Welche Angaben gibt es dazu, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus diesen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 119. Was hat die Bundesregierung unternommen, um ggf. Angriffe von OEFund ISAF-Kräften auf zivile Objekte, wie Krankenhäuser, Schulen, Altenheime , Gefängnisse, Flüchtlingstrecks, Marktplätze etc., zu verhindern ? Vorgenannte zivile Objekte stehen unter besonderem Schutz des Völkerrechts. Die für die eingesetzten Kräfte geltenden Einsatzregeln („Rules of Engagement “, ROE) bilden dies ab. Auch hat der Befehlshaber (Commander [COM]) ISAF im Laufe des Einsatzes weitere Einschränkungen („Tactical Directives“) erlassen, um solchen Angriffen vorzubeugen. Im Rahmen der deutschen Beteiligung bei ISAF wurden in deutscher Verantwortung erfasste Daten über besonders zu schützende zivile Objekte (wie beispielsweise Krankenhäuser, Schulen, Moscheen, Begräbnisstätten) an die übergeordneten ISAF-Hauptquartiere weitergegeben, um deren Schutz im Rahmen vorgeplanter Operationen sicherstellen zu können. a) Wie viele zivile Produktionsstätten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung durch Luftangriffe beschädigt oder zerstört? b) Wie viele öffentliche und private Gebäude wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt in Afghanistan und den Anrainerstaaten durch OEF- und ISAF-Kräfte beschädigt oder zerstört? c) Wie viele Wohneinheiten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt in Afghanistan und den Anrainerstaaten durch OEF- und ISAF-Kräfte beschädigt oder zerstört? d) Wie viele Infrastruktureinrichtungen (wie Brücken, Straßen, Kanäle, Energieleitungen etc.) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt in Afghanistan und den Anrainerstaaten durch OEF- und ISAF-Kräfte beschädigt oder zerstört? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 71 – Drucksache 18/4168 e) Wie viele Bildungseinrichtungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung insgesamt in Afghanistan und den Anrainerstaaten durch OEF- und ISAF-Kräfte in Mitleidenschaft gezogen? Wie viele davon wurden ggf. so schwer beschädigt oder zerstört, dass sie nicht mehr nutzbar sind (waren)? f) Wie viele Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Afghanistan durch OEF- und ISAFKräfte zerstört? g) Wie viele religiöse und Kunstdenkmäler und andere kulturelle Einrichtungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in Afghanistan und in den Anrainerstaaten seit dem Beginn der NATO-Angriffe im Jahr 2001 durch diese zerstört oder beschädigt? Die Fragen 119a bis 119g werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Statistiken darüber vor, ob und wenn ja, wie viele der vorgenannten Objekte durch Angriffe von ISAF oder OEF insgesamt beschädigt oder zerstört wurden. Auf die Antwort zu Frage 128 wird verwiesen. 120. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung im Hinblick auf das Ausmaß der ökologischen Schäden und möglichen Folgeschäden auf dem Gebiet Afghanistans und der Anrainerstaaten , die ggf. durch die Angriffe hervorgerufen wurden? Auf welchen Quellen basieren ggf. die Angaben? In der modernen Operationsführung wird diesem Aspekt unter dem Begriff „Industrial Hazard“ Rechnung getragen. Insbesondere im ISAF-Operationsplan finden sich dazu explizite Auflagen. So müssen Kommandeure bei der Operationsplanung in allen Phasen der Operation die Auswirkungen einer Freisetzung von Gefahrenstoffen berücksichtigen sowie Maßnahmen ergreifen, um Umweltauswirkungen möglichst zu vermeiden oder zu reduzieren. Über das Ausmaß ökologischer Schäden im deutsch geführten Verantwortungsbereich in Nordafghanistan kann auf Grund fehlender Erhebungen im Einsatzgebiet keine Aussage getroffen werden. 121. Welche Giftstoffe sind nach Kenntnis der Bundesregierung infolge der Kriegshandlungen in welchem Umfang freigesetzt worden? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 122. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Bombardierung von Industrieanlagen die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gefährdet ? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 123. In welchem Ausmaß sind nach Kenntnis der Bundesregierung Landminen verlegt worden? Der Bundesregierung liegen keine genauen Erkenntnisse über das Ausmaß der in Afghanistan verlegten Landminen vor. Die Anzahl der Landminen wird sich erst nach freiem Zugang zu allen Gebieten und Provinzen und vollständiger Räumung aller Verdachtsflächen darstellen lassen. Nach Angaben des nationa- Drucksache 18/4168 – 72 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode len „Mine Action Coordination Center Afghanistan“ (MACCA) vom Februar 2014 sind in Afghanistan noch 516 km² mit Minen und explosiven Kampfmittelrückständen kontaminiert. 124. Welche Maßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung ergriffen , um die Landminen zu beseitigen? Afghanistan trat am 11. September 2002 dem „Übereinkommen über das Verbot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonenminen und über deren Vernichtung“ bei und ratifizierte am 8. September 2011 das am 3. Dezember 2008 gezeichnete „Übereinkommen über Streumunition “. Damit hat sich die afghanische Regierung unter anderem dazu verpflichtet , keine der den Abkommen zuzuordnenden Munitionsarten und Waffen zu lagern und zu verwenden sowie dazu, bestehende Lagerbestände zu vernichten. Nach der von Afghanistan im März 2012 beantragten Fristverlängerung soll Afghanistan bis März 2023 alle Antipersonenminen geräumt und zerstört haben. Die in Afghanistan zuständige Behörde für Fragen des Minenräumens ist das von „United Nations Mine Action Service“ (UNMAS) aufgelegte Projekt des „Mine Action Coordination Centre of Afghanistan“ (MACCA). Die Bundesrepublik Deutschland, selbst Mitglied der genannten Konventionen sowie des „Übereinkommens über das Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen“, hat sich mit deren Ratifizierung dazu verpflichtet solchen Staaten zu helfen, die die Obligationen der Konventionen nicht aus eigener Kraft erfüllen können. Afghanistan gehört zu den Ländern , deren Anstrengungen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus den Übereinkommen durch die Bundesregierung gefördert werden. VI. Kosten des Krieges 125. Welche Kosten sind der Bundesrepublik Deutschland für den unmittelbaren Kriegseinsatz der Bundeswehr in Afghanistan bisher entstanden? Im Zusammenhang mit der Beteiligung der Bundeswehr am ISAF-Einsatz wurden von Mandatsbeginn bis zum 30. Juni 2014 aus dem Einzelplan 14 (Kapitel 14 03 Titelgruppe 08) einsatzbedingte Zusatzausgaben (z. B. für Personal, Material , Infrastruktur und den deutschen Beitrag zu den gemeinsamen NATO-Kosten ) in Höhe von insgesamt rund 8,41 Mrd. Euro geleistet. Darüber hinaus beträgt der deutsche Beitrag zu den NATO-Infrastrukturmaßnahmen für ISAF im Rahmen des NATO Sicherheits- und Investitionsprogramms bis einschließlich 2013 rund 288,8 Mio. Euro. Die im Rahmen der Beteiligung der Bundeswehr an der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) aus dem Einzelplan 14 (Kapitel 14 03 Titelgruppe 08) geleisteten einsatzbedingten Zusatzausgaben betrugen im Mandatszeitraum insgesamt rund 1,08 Mrd. Euro. Diese Ausgaben können jedoch dem Engagement in Afghanistan nicht eindeutig zugeordnet werden, da bei der Erfassung keine Aufteilung auf die im Mandat genannten Einsatzregionen erfolgte. 126. Welche Kosten sind bisher insgesamt für die Stationierung der Bundeswehr in Afghanistan entstanden? Auf die Antwort zu Frage 125 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 73 – Drucksache 18/4168 127. Welche Mittel wurden seit dem Jahr 2002 von den OEF- und ISAF-Truppenstellerstaaten nach Kenntnis der Bundesregierung zur Finanzierung ihrer militärischen Strukturen in Afghanistan bereitgestellt, und welcher Anteil daran wurde von der Bundesrepublik Deutschland bestritten? Zur Finanzierung anderer Truppenstellerstaaten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 128. In welcher Höhe haben nach Kenntnis der Bundesregierung die OEFund ISAF-Truppenstellerstaaten Entschädigungen für verletzte oder getötete Personen oder beschädigte Gebäude gezahlt, und welchen Anteil daran hat die Bundesrepublik Deutschland übernommen? Hinsichtlich der aus dem Verteidigungshaushalt geleisteten Entschädigungszahlungen wird auf die Schriftliche Frage 45 des Abgeordneten Jan van Aken auf Bundestagsdrucksache 18/3812 vom 23. Januar 2015 verwiesen. Zu Entschädigungsleistungen anderer Truppenstellerstaaten liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 129. Welche Mittel wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang für humanitäre Hilfe im Rahmen des Afghanistankrieges seitens der Bundesrepublik Deutschland aufgebracht, und an wen gingen diese Mittel? Mit welchen weiteren Zahlungen an wen ist zu rechnen? Die Bundesregierung hat im Zeitraum von 2001 bis einschließlich 30. Juni 2014 insgesamt rund 290 Mio. Euro für Maßnahmen der humanitären Hilfe im Rahmen des Afghanistan-Konfliktes bereitgestellt. Die Summe umfasst Hilfsmaßnahmen sowohl in Afghanistan als auch in Iran und Pakistan zur Unterstützung von durch diesen Konflikt betroffenen Menschen. Darin enthalten sind auch Mittel in Höhe von rund 57 Mio. Euro für Maßnahmen des humanitären Minenund Kampfmittelräumens, einschließlich Opferfürsorge. Bei der Umsetzung humanitärer Hilfsmaßnahmen setzt die Bundesregierung auf die bewährte Partnerstruktur (VN-Organisationen, Rotkreuz-Rothalbmondgesellschaften und Nichtregierungsorganisationen) und fördert Projekte dieser Organisationen . Im Afghanistan-Kontext gehörten dazu: das UNO-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR), das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN OCHA), das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP), die Internationale Organisation für Migration (IOM), das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF), der Minenräumungsdienst der Vereinten Nationen (UNMAS); das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Internationale Föderation vom Roten Kreuz (IFRK) sowie verschiedene Nichtregierungsorganisationen , darunter ADRA Deutschland e. V., Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland e. V., Ärzte der Welt e. V., CARE Deutschland-Luxemburg e. V., Caritas International, Deutsche Welthungerhilfe e. V., Diakonie Katastrophenhilfe , Hammer Forum e. V., Handicap International e. V., HELP – Hilfe zur Selbsthilfe e. V., Johanniter-Unfall-Hilfe e. V., Malteser International e. V., medico international e. V., OXFAM Deutschland e. V., Save the Children Deutschland e. V., terre des hommes Deutschland e. V., World Vision Deutschland e. V. Darüber hinaus waren auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) und die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) mit der Durchführung von Projekten beauftragt worden. Afghanistan bleibt ein Schwerpunkt deutscher humanitärer Hilfe. Derzeit wer- den Zuwendungsvereinbarungen über weitere rund 4 Mio. Euro für humanitäre Drucksache 18/4168 – 74 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Hilfsmaßnahmen von Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen im Jahr 2014 finalisiert. 130. Welche Kosten sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Zuge der Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan in der Bundesrepublik Deutschland entstanden? Mit welcher weiteren Entwicklung ist diesbezüglich zu rechnen? Die Gesamtkosten für Asylverfahren können nicht ermittelt werden. Der Finanzhaushalt des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wird gemäß den gesetzlichen Vorgaben (insbesondere der Bundeshaushaltsordnung) nach kameralistischen Grundsätzen erstellt. Daher erfolgt keine Differenzierung nach Ausgaben für einzelne Aufgabenbereiche, wie z. B. für Asylaufgaben. Auch mit über die gesetzliche Haushaltssystematik hinausgehenden Berechnungsmethodiken ist es nicht möglich, die Gesamtkosten für die Aufnahme von Asylbewerbern aus Afghanistan korrekt zu ermitteln. Dafür wäre eine statistische Nachverfolgung jedes einzelnen Asylbewerbers nötig, was schon aus Datenschutzgründen nicht möglich ist. 131. Welche Kosten sind im Zuge der Rückführung oder Abschiebung von Flüchtlingen nach Afghanistan entstanden? Anerkannte Flüchtlinge werden nicht in ihr Heimatland abgeschoben. Die Kosten , die durch die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer nach Afghanistan entstanden sind, werden von den Ländern nicht gesondert erfasst. Die Bundesregierung hat daher keine Kenntnis, welche Kosten im Zuge der Rückführung oder Abschiebung von Personen nach Afghanistan entstanden. 132. Welche Kosten sind der Bundesrepublik Deutschland bisher zur Beseitigung von Umweltschäden in Afghanistan entstanden? Keine. 133. Welche Kosten sind im Rahmen des Stabilitätspakts Afghanistan entstanden , und welche Kosten werden ggf. absehbar in den nächsten Jahren für die Bundesrepublik Deutschland entstehen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 75 – Drucksache 18/4168 Den verschiedenen Ressorts der Bundesregierung sind in den Haushaltsjahren seit 2008 folgende IST-Ausgaben bei den Mitteln des Stabilitätspakts Afghanistan entstanden: Insgesamt hat die Bundesregierung für Maßnahmen des Stabilitätspakts AFG im Zeitraum von 2008 bis 2013 Euro 873 013 602,62 ausgegeben. Aktuelle Planzahlen für die Jahre 2014 und 2015 sind jeweils Euro 180 Mio. 134. Welche Auswirkungen hat die zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts durch den Krieg und durch die Kosten für den Wiederaufbau auf die für Entwicklungszusammenarbeit, Konfliktprävention und Verteidigungsausgaben vorgesehenen Mittel? Auswirkungen im Sinne eines Rückgangs der verfügbaren Mittel bestehen nicht. Das Auswärtige Amt hat seine Ausgaben für Maßnahmen auf den Gebieten der Krisenprävention, der Friedenserhaltung und der Konfliktbewältigung von 16,5 Mio. Euro im Jahr 2005 auf 133,9 Mio. Euro in 2013 verachtfacht. Die Leistungen Deutschlands im Bereich der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (sogenannten ODA-Leistungen) haben sich von rund 10,08 Mrd. USDollar im Jahr 2005 auf 14,06 Mrd. US-Dollar im Jahr 2013 erhöht. Der Einzelplan 23 (BMZ) hat im gleichen Zeitraum einen Zuwachs von knapp 3,9 Mrd. Euro (2005) auf rund 6,3 Mrd. Euro (2013) erfahren. Die Struktur des Verteidigungshaushalts und die Veranschlagung der einsatzbedingten Zusatzausgaben in der Titelgruppe 08 im Kapitel 14 03 auf Basis der jeweils prognostizierten Ausgaben bringen Auftrag, Ausrüstung und die hierfür zur Verfügung stehenden Mittel am konkreten Einsatz der Bundeswehr orientiert in Einklang. Vor diesem Hintergrund können konkrete Auswirkungen des ISAF Einsatzes in Afghanistan auf den Verteidigungshaushalt nicht identifiziert werden. VII. Die Bundeswehr in OEF und ISAF 135. Wie viele Bundeswehrangehörige wurden seit der Erteilung des ersten Mandats – jeweils im Rahmen von OEF und von ISAF – im Jahr 2001 in Afghanistan eingesetzt? Auf die Antwort zu Frage 7a wird verwiesen. Haushaltsjahr Mittel in Euro 2008 75.663.696,74 2009 94.794.865,06 2010 178.700.965,15 2011 178.382.048,35 2012 176.469.014,87 2013 169.003.012,45 a) Wie viele davon wurden mehrmals nach Afghanistan geschickt? Drucksache 18/4168 – 76 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auf die Antwort zu Frage 7a wird verwiesen. Der noch verfügbare Datenbestand weist 30 140 Soldatinnen und Soldaten aus, die mehrfach in Afghanistan eingesetzt wurden. b) Bis zu wie viele Male wurden Soldatinnen bzw. Soldaten nach Afghanistan geschickt? Die 30 140 mehrfach in Afghanistan eingesetzten Soldatinnen und Soldaten waren im Durchschnitt etwa dreimal in Afghanistan eingesetzt. 136. Gibt es über die bekannten 54 getöteten Bundeswehrsoldatinnen bzw. -soldaten hinaus nach Kenntnis der Bundesregierung noch weitere deutsche Staatsbürger, die in Afghanistan getötet wurden? Ja. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind seit 2001 drei entsandte Angehörige der deutschen Botschaft, ein ziviler Experte der GIZ, ein KfW-Berater sowie rund zwanzig deutsche Staatsangehörige, die aus beruflichen, touristischen oder anderen Gründen nach Afghanistan gereist waren, in Afghanistan von Dritten getötet worden. Darüber hinaus ist es durchaus möglich, dass weitere deutsche Staatsangehörige bspw. afghanischer Abstammung in Afghanistan getötet wurden, ohne dass die Bundesregierung davon Kenntnis erlangte. 137. Wie viel Prozent des Großgeräts der Gesamtpräsenz ist noch an den Standorten der Bundeswehr in Afghanistan vorhanden? Am Stichtag (30. Juni 2014) war noch rund 20 Prozent des Großgeräts der Gesamtpräsenz von 2012 an den Standorten der Bundeswehr in Afghanistan vorhanden . Werden Großgeräte für die Weiternutzung durch Resolute Support in Afghanistan zurückgelassen? Wenn ja, welche? Nach aktuellen Planungen – vorbehaltlich zukünftiger Anpassungen – wird nachstehendes Großgerät durch die ISAF-Folgemission „Resolute Support“ in Afghanistan eingesetzt: Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 77 – Drucksache 18/4168 138. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit zwischen ALP und Bundeswehr ? Gab bzw. gibt es eine operative Zusammenarbeit, und wenn ja, welche? Bei der Zusammenarbeit handelt es sich um die notwendige Koordination und die benötigte Informationsbereitstellung zur Generierung eines Lagebildes sowie Kenntnisse über Operationen und Bewegungen von Kräften im Raum. Insbesondere im Rahmen von Operationen der afghanischen Kräfte, die neben den afghanischen Sicherheitskräften regelmäßig auch die in die staatliche Sicherheitsarchitektur integrierte afghanische Lokalpolizei („Afghan Local Police“, ALP) als wesentlichen Bestandteil und unter Verantwortung sowie Führung des afghanischen Innenministeriums stehend einschließen, ist dies zum Schutz eigener , verbündeter und afghanischer Kräfte unerlässlich. Diese Abstimmungsmaßnahmen können mittelbar über den zuständigen Distriktpolizeichef , aber auch direkt mit der jeweiligen ALP vor Ort erfolgen. Es lag Bezeichnung PKW 8-Sitzer LKW Pritsche LKW 2 t, teilmilitarisiert, geländegängig LKW 5 t 4x4 Winde geschützt LKW 7 t, militarisiert, geländegängig, Modulare Schutzausstattung LKW 15 t, militarisiert, geländegängig, A 4 Multi Fahrzeugschutzausstattung Straßentankwagen schwer 8 x 8 Fahrzeugschutzausstattung Schwerlasttransporter 50 t Modulare Schutzausstattung Geschütztes Führungs- und Funktionsfahrzeug DINGO 2 Transportpanzer FUCHS Geschütztes Führungs- und Funktionsfahrzeug EAGLE IV ENOK FENNEK Radschlepper Luftfahrzeug bis 30 t Mehrzweck-Erdarbeitsmaschine Kran 20 t, Modulare Schutzausstattung Fahrzeugkran handelsüblich 120 t schweres geschütztes Berge-/ Abschlepp-Fahrzeug Radschlepper Luftfahrzeug bis 25 t Omnibus, 40 Sitze Sattelzugmaschine mittel Tankwagen mittel 6x4 im besonderen eigenen Sicherheitsinteresse des Deutschen Einsatzkontingents Drucksache 18/4168 – 78 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ISAF, stets das aktuelle Lagebild mit den Kräften im Raum auszutauschen und, soweit notwendig und möglich, eigene Handlungen mit denen anderer Kräfte abzustimmen. 139. Wie viele Fälle von „Close Air Support“ wurden von Bundeswehreinheiten angefordert bzw. durch deutsche Luftkräfte geflogen (bitte nach Jahr und Ort des Einsatzes auflisten)? Eine statistische Erfassung der von Bundeswehreinheiten angeforderten Einsätze zur Luftnahunterstützung („Close Air Support“, CAS) erfolgt erst seit März 2009. Ab Ende April 2010 erfolgte eine Umstellung der Erfassung von CAS-Einsätzen. Ab Anfang Mai 2010 wurden sowohl im Rahmen der Operationsplanung vorgeplante CAS-Einsätze als auch kurzfristig angeforderte CASEinsätze erfasst. Eine belastbare Statistik liegt daher erst seit Mai 2010 vor: * Die Zahlen stellen jeweils in einem Unterstützungszeitraum von bis zu drei Stunden im Operationsgebiet präsente Luftfahrzeuge dar. Durch deutsche Luftfahrzeuge wurden keine CAS-Einsätze geflogen. „Show of Force“: Flug im Rahmen des CAS zur Demonstration der eigenen Stärke beziehungsweise Überlegenheit. Wie viele Opfer bei diesen Einsätzen waren nach Kenntnis der Bundesregierung Zivilisten? Über die Anzahl der bei diesen Einsätzen evtl. getöteten Zivilisten können keine belastbaren Statistiken geführt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 105 und 128 wird verwiesen. 140. Gab bzw. gibt es eine operative Zusammenarbeit zwischen US-amerikanischen JSOC-Einheiten (JSOC = Joint Special Operations Command) und der Bundeswehr? a) Wenn ja, durch welche (gesetzlichen) Vorschriften bzw. Einsatzregeln wurde diese Zusammenarbeit geregelt? Ist innerhalb dieser die Beteiligung bundesdeutscher Streitkräfte an sogenannten gezielten Tötungen explizit ausgeschlossen? b) Wie viele gemeinsame Einsätze gab es bis zum Juni 2014? Die Antworten zu den Fragen 140a und 140b sind als Verschlusssachen „VS – Vertraulich“ eingestuft und können in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingesehen werden.* Angeforderte CAS- Einsätze (Anzahl) Zugewiesene CAS- Einsätze* (Anzahl) Anzahl “Show of Force”-Einsätze Anzahl Waffeneinsätze 2010 (ab 1.5.2010) 472 275 23 22 2011 360 154 19 1 2012 95 40 10 0 2013 245 171 22 16 2014 (bis 30.6.2014) 32 16 8 0 * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 79 – Drucksache 18/4168 141. Hat sich die Bundeswehr in Afghanistan an „Search and Clear Operations “ beteiligt? Laut ISAF-Operationsplan hat ISAF unter anderem den Auftrag, die afghanische Regierung bei der Durchführung von Operationen zur Bekämpfung regierungsfeindlicher Kräfte zu unterstützen. Hierbei hat sich die Bundeswehr an Unterstützungsleistungen beteiligt. Wenn ja, wie viele Operationen führte die Bundeswehr in bewohnten Gebieten insgesamt durch? Die Bundeswehr beteiligt sich seit Beginn des ISAF-Einsatzes an der multinationalen Operationsführung. Ausschließlich durch die Bundeswehr durchgeführte Operationen fanden nicht statt. Die Operationsgebiete nahezu aller dieser Operationen haben auch bewohntes Gebiet eingeschlossen. Eine einzelne zahlenmäßig detaillierte Aufzählung ist nicht möglich, da zu diesem Zweck keine Statistiken geführt werden. a) Wie viele sicherheitsrelevante Zwischenfälle (Schusswechsel, Gefechte , sniper fire) passierten zwischen den Jahren 2001 und 2013 im Vollzug von „Search and Clear Operations“ (bitte jeweils nach Jahr aufführen)? Die Sicherheitsrelevanten Zwischenfälle in Afghanistan werden für den Bereich der Bundeswehr zentral geführt. Aufgrund der statistischen Definition eines „Sicherheitsrelevanten Zwischenfalls“ ist eine Verbindung mit einer bestimmten Operation nicht möglich. b) Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von Bundeswehreinheiten bei solchen Einsätzen in bewohnten Gebieten getötet? Über die Anzahl der evtl. bei solchen Einsätzen getöteten Menschen werden keine Statistiken geführt. Auf die Antworten zu den Fragen 105 und 112 wird verwiesen. c) Wie viele der ggf. Getöteten wurden nach Kenntnis der Bundesregierung später als Zivilisten identifiziert? Auf die Antwort zu Frage 141b wird verwiesen. d) Wurden bei der Durchführung von „Search and Clear Operations“ auch Drohnen der Bundeswehr zur Überwachung dieser Wohngebiete eingesetzt? Unbemannte Flugsysteme wurden sowohl im Vorfeld zur Aufklärung, zur Überwachung während der Durchführung und im Nachgang von Operationen eingesetzt . Dabei wurden auch Wohngebiete innerhalb des Operationsgebietes aufgeklärt , aber nicht überwacht, da hierzu kein Erfordernis bestand. 142. Wie viele Einsätze wurden bis Juli 2014 durch Einheiten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) oder unter Beteiligung einzelner Angehöriger des KSK durchgeführt? Zu Anzahl und Details der durchgeführten Operationen der deutschen Spezial- kräfte wurde gemäß Parlamentsbeschluss vom 4. Dezember 2008 jeweils in der Unterrichtung der Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden sowie der Ob- Drucksache 18/4168 – 80 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode leute des Verteidigungsausschusses und des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages vorgetragen. Vor diesem Zeitraum wurden die Vorsitzenden, stellvertretenden Vorsitzenden sowie der Obleute des Verteidigungsausschusses und teilweise des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages anlassbezogen durch die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung unterrichtet. a) Wie viele Menschen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Laufe dieser Operationen getötet? Wie viele Tote gab es nach Kenntnis der Bundesregierung im Durchschnitt pro Einsatz? Wie viele davon waren nach Kenntnis der Bundesregierung Zivilisten ? Auf die Antworten zu den Fragen 105 und 112 wird verwiesen. b) Wie viele Operationen des KSK oder Operationen unter Beteiligung einzelner Angehöriger des KSK wurden von der FOB Khilagay (FOB = Forward Operating Base) aus durchgeführt? Auf die obige Einleitung zur Antwort zu Frage 142 wird verwiesen. c) In wie vielen Fällen operierten die KSK-Kräfte zusammen mit den in Khilagay stationierten US-Kräften? Die Antwort ist als Verschlusssache „VS – Vertraulich“ eingestuft und kann in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingesehen werden.* Drohnen/Gezielte Tötungen 143. Wie viele Drohnenangriffe gab es nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 in Afghanistan, und wie viele Menschen wurden dabei nach Kenntnis der Bundesregierung in jedem Jahr getötet bzw. verletzt (bitte nach Regionen und einzelnen Jahren differenzieren)? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse über zwei Fälle des Einsatzes bewaffneter unbemannter Flugsysteme zur Unterstützung von deutschen Truppen und über zwei weitere Fälle zur Unterstützung von verbündeten Streitkräften innerhalb des deutsch geführten Verantwortungsbereichs in Nordafghanistan vor. Über diese Fälle wurde bereits im Rahmen der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der SPD (Bundestagsdrucksache 17/13655 vom 29. Mai 2013) sowie im Rahmen der Antwort der Bundesregierung auf die Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 18/1382 vom 9. Mai 2014) berichtet. Am 8. Juni 2009 wurde durch Waffeneinsatz eines unbemannten ISAF-Luftfahrzeugs eine behelfsmäßig hergestellte Sprengvorrichtung („Improvised Explosive Device“, IED) zerstört. Personenschäden konnten bei diesem Einsatz nicht festgestellt werden. Am 11. November 2010 erfolgte ein Waffeneinsatz eines unbemannten ISAFLuftfahrzeugs gegen ein legitimes militärisches Ziel im ISAF-Einsatz in Afghanistan . Dabei wurden vermutlich vier regierungsfeindliche Kräfte getötet. Zivile Opfer wurden nicht festgestellt. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 81 – Drucksache 18/4168 Nach vorliegenden Erkenntnissen ereigneten sich zwei Waffeneinsätze von bewaffneten unbemannten ISAF-Flugsystemen im Regionalkommando Nord in Afghanistan im Jahr 2012, am 3. April 2012 sowie am 8. August 2012, jeweils in der Provinz Faryab. Beide Einsätze richteten sich gegen laufende Angriffe regierungsfeindlicher Kräfte gegen ISAF-Kräfte und führten im Ergebnis zu deren Beendigung. Angaben über Personenschäden zu diesen Einsätzen liegen nicht vor. Darüber hinausgehende Erkenntnisse liegen nicht vor. a) In welcher Form, nach welchem Strukturprinzip und anhand welcher Kriterien werden Daten zu bewaffneten Angriffen (der Bundeswehr sowie anderer Staaten) und deren Folgen in Afghanistan durch die Bundeswehr erfasst, gesammelt und ausgewertet? Die Bundeswehr erhebt keine Daten über den Einsatz unbemannter Flugsysteme anderer Staaten in Afghanistan. b) Soweit die Bundeswehr keine Daten über den Einsatz unbemannter Flugsysteme anderer Staaten in Afghanistan erhebt, wie werden die Effekte von Einsätzen und Angriffen (der Bundeswehr sowie anderer Staaten) mit unbemannten und bemannten Systemen nach Kenntnis der Bundesregierung für die Erstellung von Gefährdungsanalysen im Einsatzgebiet erfasst? Effekte von Einsätzen und Angriffen unbemannter und bemannter Systeme werden nicht spezifisch zur Erstellung der Gefahrenanalysen im Einsatzgebiet herangezogen . 144. Wie viele Drohneneinsätze mit dem Ziel einer sogenannten gezielten Tötung gab es seit dem Jahr 2001 in Afghanistan (bitte nach Regionen und einzelnen Jahren differenzieren)? Die Bundeswehr erhebt keine Daten über den Einsatz unbemannter Flugsysteme anderer Staaten in Afghanistan. 145. Über welche unbemannten Flugzeuge (unmanned aerial vehicle – UAV) bzw. Drohnen hat die Bundeswehr in der Vergangenheit seit Beginn ihrer Beteiligung an den Einsätzen OEF bzw. ISAF verfügt, und über welche verfügt sie aktuell? Die Bundeswehr verfügt derzeit über die Drohnentypen ALADIN, KZO, LUNA, MIKADO (AIRROBOT 100) sowie HERON 1, die auch in den Einsatzgebieten der Bundeswehr verwendet werden beziehungsweise wurden. KZO wurde 2013, LUNA 2014 aus Afghanistan abgezogen. Zudem ist zu Testzwecken ein Prototyp des unbemannten Flugsystems EURO HAWK entwickelt worden, der zurzeit nicht einsatzbereit ist, sondern technisch konserviert wird. Die Bundeswehr verfügte bis Ende 2009 über die Drohne CL 289, die aber nicht in Afghanistan eingesetzt wurde. Diese wurde inzwischen aus der Nutzung genommen . 146. Über welche anderen OEF- oder ISAF-Truppenstellerstaaten zuzuordnenden UAV/Drohnen kann oder konnte die Bundeswehr in Afghanistan in welchen Einsatzgebieten, wann und in welcher Form verfügen? Drucksache 18/4168 – 82 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auf welche anderen OEF- oder ISAF-Truppenstellerstaaten zuzuordnenden UAV/Drohnen hatten welche deutschen Kräfte mit Bezug auf ihre Einsätze unter welchen Umständen Zugriff? Die Bundeswehr hat keine Verfügungsgewalt über unbemannte Flugsysteme anderer OEF- oder ISAF-Truppenstellerstaaten. Im Rahmen der Operationsführung können Fähigkeiten (beispielweise Aufklärung oder Luftnahunterstützung) angefordert werden. Die Entscheidung, welche Systeme für den jeweiligen Zweck bereitgestellt werden, trifft das operative ISAF-Hauptquartier in Kabul („ISAF Joint Command“, IJC). 147. Welche nachrichtendienstlichen Erkenntnisse deutscher Dienste wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bei Drohneneinsätzen anderer OEFoder ISAF-Truppenstellerstaaten in Afghanistan genutzt? Die Bundeswehr erhebt keine Daten über den Einsatz unbemannter Flugsysteme anderer Staaten in Afghanistan. Insofern liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 148 verwiesen. 148. Auf nachrichtendienstliche Erkenntnisse welcher Staaten konnte Deutschland bei Drohneneinsätzen in Afghanistan zurückgreifen? Bei internationalen Missionen wie ISAF stellen die beteiligten Nationen dem gemeinsamen Informationsraum, auf den auch die Bundesrepublik Deutschland Zugriff hat, ihre Erkenntnisse zur Lage bereit, sofern die Freigabe durch die jeweilige Nation autorisiert wird. Dies bedeutet regelmäßig, dass nur ein Teil der nationalen verfügbaren Informationen dem gemeinsamen Informationsraum in sanitarisierter Form zur Verfügung gestellt wird. Besondere Details werden dabei aufgrund des Quellenschutzes in der Regel nicht preisgegeben. Im Nachgang zu dieser Sanitarisierung ist im ISAF-Informationsraum in der Regel nicht mehr zu erkennen, ob die für ISAF freigegebene Information aus nachrichtendienstlichen Quellen, aus militärischen Quellen oder aus sonstigen Quellen stammt. Es ist maximal eine Zuordnung zu einer oder mehreren Nationen möglich. Daher ist eine Unterscheidung, ob Erkenntnisse anderer Nationen nachrichtendienstlichen Ursprungs sind, grundsätzlich nicht möglich. Die verfügbaren Informationen dienen beim Einsatz deutscher unbemannter Flugsysteme in der Regel einer genaueren Beauftragung und Steuerung derselben hinsichtlich eines Aufklärungsgebietes oder wurden durch den Einsatz deutscher unbemannter Flugsysteme als zweitem, komplementären Aufklärungsmittel, wenn möglich verdichtet beziehungsweise verifiziert. 149. Von welchen Stellen und anhand welcher Kriterien werden und wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 Personen als Zielpersonen für Drohnenangriffe im Umfeld des Afghanistaneinsatzes erfasst? In wie vielen Fällen wurden dazu seit dem Jahr 2001 Daten von deutschen Stellen an staatliche Stellen anderer Nationen übermittelt? Es liegen der Bundesregierung über die allgemein bekannte Presseberichterstattung hinaus keine Erkenntnisse vor, welche Stellen anderer Staaten Zielpersonen zur Bekämpfung mit bewaffneten unbemannten Flugsystemen nach welchen Kriterien im Umfeld des Afghanistaneinsatzes auswählen oder auswählten. Hierzu erfolgte weder eine Konsultation, noch wurden und werden hierfür Daten an staatliche Stellen anderer Nationen weitergegeben. Auch die Listen des Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 83 – Drucksache 18/4168 ISAF-Targeting-Prozesses geben keinen Aufschluss darüber, mit welchem spezifischen Wirkmittel Zielpersonen bekämpft werden sollen. 150. Was ist der Bundesregierung dazu bekannt, inwieweit von deutschen Stellen übermittelte Daten, Handlungsbeiträge deutscher Soldatinnen bzw. Soldaten oder deutscher Nachrichtendienstmitarbeiter, in Deutschland oder in Einsatzregionen, oder sonstige Handlungen deutscher Stellen , sei es in Form der Gewährung von Überflugrechten, der Zurverfügungstellung von Liegenschaften oder technischen Einrichtungen, oder jeder anderen Aktivität, die die Durchführung von Einsätzen ggf. ermöglichte oder erleichterte, (mit) kausal geworden sind für die Durchführung sogenannter gezielter Tötungen? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse zu konkreten Fällen, in denen die genannten Handlungen Ursache für die Durchführung sogenannter gezielter Tötungen gewesen wären. 151. Welche rechtlichen Kriterien wurden einer Datenübermittlung deutscher Stellen an staatliche Stellen anderer Nationen zugrunde gelegt, und in wessen Verantwortung lag es nach Auffassung der Bundesregierung, die Erfüllung dieser Kriterien im Einzelnen zu überprüfen? Auf die Antwort zu Frage 150 wird verwiesen. Der Austausch von Daten mit internationalen Partnern erfolgt im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach den hierfür vorgesehenen Übermittlungsbestimmungen im Bundeskriminalamtgesetz, Bundesverfassungsschutzgesetz, dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst und dem Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst . Dabei wird das Vorliegen der Übermittlungsvoraussetzungen in jedem Einzelfall geprüft. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/13381 vom 6. Mai 2013 Bezug genommen. 152. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Fragesteller, der am 4. September 2009 in der Provinz Kundus durchgeführte Luftangriff auf einer Sandbank, auf der sich eine größere Zahl von Menschen sowie zwei Tanklaster befanden, könne als sogenannte gezielte Tötung bezeichnet werden, und womit wird diese Positionierung begründet? Der Begriff der „gezielten Tötung“ ist rechtlich nicht definiert und daher für eine Bewertung durch die Bundesregierung nicht geeignet. Die Bundesanwaltschaft hat nach einem aufwändigen Prüf- und Ermittlungsverfahren am 16. April 2010 das Verfahren bezüglich des Luftangriffs eingestellt und festgestellt, dass der am 4. September 2009 gegebene Befehl zum Luftangriff im Rahmen eines bewaffneten Konflikts „völkerrechtlich zulässig und damit strafrechtlich gerechtfertigt“ war (siehe Neue Zeitschrift für Strafrecht 2010, S. 581, 583). Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) 153. Wie viele Fälle von PTBS wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit Beginn des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr bei Soldatinnen und Soldaten festgestellt, die im Rahmen von ISAF in Afghanistan stationiert waren (bitte nach Jahr, Geschlecht und Dienstgrad der Betroffenen aufschlüsseln)? Eine dezidierte Darstellung nach Jahr, Geschlecht und Dienstgrad der Erstvorstellungen von Patienten in Behandlungseinrichtungen der Bundeswehr mit ei- Drucksache 18/4168 – 84 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ner PTBS ist auf der Basis der vorhandenen anonymisierten Daten erst seit dem Jahr 2010 möglich. 154. Welche zivilen Einrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Beratung, medizinische Behandlung und Rehabilitation von PTBS-Erkrankten (ambulant und stationär ) spezialisiert? Der Bundesregierung liegen dazu keine belastbaren oder vollständigen Informationen vor. Im zivilen Bereich hat sich in den letzten Jahren eine Vielzahl von Einrichtungen auf die Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen spezialisiert , die auf rehabilitativer oder auf Akutversorgungsbasis arbeiten. Zusätzlich sind ambulante Therapeuten durch diverse Ausbildungsinstitute für die Behandlung von Traumafolgestörungen ausgebildet worden. Alle zivilen ambulan- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 85 – Drucksache 18/4168 ten und stationären Angebote haben gemeinsam, dass diese nicht über militärspezifische Expertise verfügen. 155. Welche finanziellen Mittel haben nach Kenntnis der Bundesregierung diese Einrichtungen im Zusammenhang mit PTBS seit Beginn des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan pro Jahr erhalten (bitte nach Finanzierungsquelle , Einrichtung und Jahr aufschlüsseln)? Der Bundesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. 156. Welche Einrichtungen der Bundeswehr sind auf die Beratung, medizinische Behandlung und Rehabilitation von PTBS-Erkrankten (ambulant und stationär) spezialisiert? Die psychosozialen Netzwerke an den Standorten der Bundeswehr, die sich aus Vertretern des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, des Psychologischen Dienstes der Bundeswehr, des Sozialdienstes der Bundeswehr und der Militärseelsorge zusammensetzen, übernehmen im Wesentlichen die Aufgabe der psychosozialen Beratung und Betreuung von Soldatinnen und Soldaten, die über einsatzbedingte Belastungsfolgen berichten beziehungsweise die nach therapeutischen Maßnahmen des Sanitätsdienstes ihren Dienst wieder aufgenommen haben. Der Sozialdienst der Bundeswehr nimmt dabei in der individuellen Beratung und Begleitung eine besondere Rolle wahr, um bei der Geltendmachung von gesetzlichen Ansprüchen im Hinblick auf Einsatzversorgung und Einsatzweiterverwendung zu unterstützen. Zur Sicherstellung einer umfassenden Information der betroffenen Stellen und einer zentralen Koordinierung der Maßnahmen der militärischen Personalführung wurde dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Wirkung vom 1. Januar 2014 die Aufgabe „Zentrale Koordinierung aller die Personalführung betreffenden Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Verwundung /Verletzung von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz“ übertragen . Aufgabe dieser Stelle soll die umfassende Prozesskoordination im Sinne eines patientenorientierten, organisations- und leistungsträgerübergreifenden Fallmanagements sein, das Betroffene bei Unterstützungsbedarf begleitet, fördert und unter Nutzung aller Möglichkeiten unterstützt. Ferner stehen einsatzgeschädigten Bundeswehrangehörigen „Lotsen für Einsatzgeschädigte “ als niedrigschwellige militärische Ansprechpartner in den Einheiten und Dienststellen zur Verfügung. Die medizinische Behandlung insbesondere der PTBS erfolgt im Schwerpunkt in den fünf Bundeswehrkrankenhäusern (Berlin, Hamburg, Koblenz, Ulm, Westerstede ). Für die flächendeckende ambulante Versorgung mit psychiatrischem und psychotherapeutischem Fachpersonal stehen zusätzlich sieben Fachsanitätszentren zur Verfügung. Für die rehabilitative Behandlung und Betreuung von Einsatzsoldatinnen und Einsatzsoldaten werden unter anderem folgende Angebote vorgehalten: Die Sportschule der Bundeswehr bietet zwei verschiedene Lehrgänge „Sport für Einsatzgeschädigte“ an, die auch psychisch erkrankten Soldaten offen stehen. In diesen Lehrgängen wird keine Psychotherapie vorgenommen, jedoch werden therapiebegleitend wichtige Aspekte fokussiert wie beispielsweise Sportverhalten , Ernährung und Entspannung. Die Lehrgänge werden zusätzlich medizinisch engmaschig durch das Zentrum für Sportmedizin der Bundeswehr begleitet. Drucksache 18/4168 – 86 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Fachberatungsseminare „Betreuung und Fürsorge unter einem Dach“ bieten bis zu viermal jährlich über jeweils eine Woche erkrankten Soldaten beziehungsweise Hinterbliebenen von Gefallenen und deren Familienangehörigen eine gemeinsame Rehabilitation und psychosozial-informative Stabilisierung an. Ebenfalls rehabilitativ wirken die Maßnahmen des Seelsorgeprojektes der evangelischen Militärseelsorge, die zum Teil in Kooperation mit dem Psychotraumazentrum am Bundeswehrkrankenhaus Berlin stattfinden. 157. Wie haben sich die Ausgaben für die medizinische Behandlung von PTBS und anderen stressassoziierten Erkrankungen innerhalb der Gesamtausgaben des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr seit dem Jahr 2001 entwickelt (bitte nach Finanzvolumen und Jahr aufschlüsseln)? Haushaltsmittel hierfür sind wie im Übrigen für die gesamte Heilfürsorge aller Soldatinnen und Soldaten im Einzelplan 14 (Kapitel 14 03, 14 09 und 14 16) veranschlagt. Eine Unterteilung der dort veranschlagten Haushaltsmittel nach Krankheitsbildern erfolgt nicht. 158. Welche Maßnahmen werden im Vorfeld eines Einsatzes von Soldatinnen und Soldaten in Konflikt- und Krisengebieten unternommen, um die Entstehung einer PTBS zu vermeiden? Das „Rahmenkonzept Erhalt und Steigerung der psychischen Fitness von Soldaten und Soldatinnen“ (Generalinspekteur der Bundeswehr vom 31. Oktober 2012) stellt den Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Fitness her. Dabei steht die Erkenntnis im Mittelpunkt, dass eine stärkere Berücksichtigung der psychischen Fitness als ein gleichberechtigter Bestandteil der Gesundheit neben der physischen Fitness notwendig ist. Wie auch die physische Fitness kann die Ausprägung der psychischen Fitness durch geeignete Maßnahmen individuell erhalten beziehungsweise gesteigert werden. Mit dem Rahmenkonzept wurden Maßnahmen definiert, die vor, während und nach dem Einsatz dahingehend zur Anwendung kommen sollen, dass die psychische Stabilität der Soldatinnen und Soldaten so gestärkt wird, dass sie die besonderen Belastungen des Einsatzes, aber auch des täglichen Dienstbetriebs noch besser bewältigen können. Das Konzept besitzt einen primär präventiven Charakter mit dem Ziel, das Risiko der Entstehung von Belastungsfolgestörungen zu verringern und die persönliche Einsatzbereitschaft durch eine zeit- und zielgruppenorienentierte Implementierung bewährter, weiterentwickelter sowie neuer Maßnahmen zum Erhalt und zur Steigerung der psychischen Fitness zu erhalten . Eine Maßnahme ist das Messen der psychischen Fitness („Screening“). Es wird erstmalig nach Einstellung zur Ermittlung eines Basiswertes durchgeführt, dann vor dem ersten Einsatz, um gegebenenfalls rechtzeitig Maßnahmen zur Steigerung der psychischen Fitness einleiten zu können und schließlich nach jedem Einsatz um festzustellen, ob durch die Belastungen des Einsatzes Veränderungen eingetreten sind, die dann zur Einleitung von Maßnahmen zur Steigerung der psychischen Fitness führen. Im Rahmen der Ausbildung, insbesondere der einsatzvorbereitenden Ausbildung wird das Thema „Umgang mit psychischen Belastungen/PTBS“ vermittelt und so sichergestellt, dass alle Soldatinnen und Soldaten, die in den Einsatz gehen , grundsätzlich über Kenntnisse im Umgang mit psychischen Belastungen und PTBS verfügen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 87 – Drucksache 18/4168 Schließlich wird ein Ausbildungskonzept entwickelt, um noch umfangreicher als bisher theoretische Kenntnisse zum Themenkomplex „psychische Fitness und individuelle Verhaltensweisen“ zu trainieren. Grundgedanke ist es dabei, alle Soldatinnen und Soldaten mit theoretischen Grundlagen für die Bewältigung belastender Ereignisse zu versorgen und noch vor Beginn des Einsatzes individuelle Verhaltensweisen zu trainieren, um sie dann im Einsatz automatisiert anwenden zu können (3-Stufen-Ansatz). 159. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der Längsschnittstudie der Technischen Universität Dresden vom November 2013, wonach etwa jeder fünfte Soldat bereits mit einer manifesten psychischen Störung in Auslandseinsätze geht, wodurch sich das Risiko für den Ausbruch einer PTBS-Erkrankung während des Einsatzes oder nach der Einsatzrückkehr signifikant erhöht (www.tu-dresden.de/aktuelles/news/Downloads/ptbs_lang)? Bei jeder fünften Soldatin bzw. jedem fünften Soldaten wurde im klinischen Interview vor dem Einsatz eine noch nicht erkannte manifeste psychische Störung festgestellt. Damit lag dieser Prozentsatz deutlich unter dem Prozentsatz solcher Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung (27 Prozent mit einer nicht erkannten manifesten psychischen Störung). Es wurden Zusammenhänge zwischen dem Auftreten einsatzbedingter psychischer Störungen mit bereits vor dem Einsatz bestehenden, unerkannten psychischen Störungen gefunden. Eine differenzierte Analyse und Aussage, welche psychische Vorerkrankung mit welcher Wahrscheinlichkeit zu einer einsatzbedingten psychischen Störung führt, erfolgte nicht. Die Erkenntnisse internationaler Studien werden damit bestätigt. Die einsatzbedingte Neuerkrankungsrate an einer PTBS war gering. Von 476 untersuchten Einsatzrückkehrern waren nach zwölf Monaten neun Soldatinnen und Soldaten (1,8 Prozent) von einer PTBS betroffen. Die Inzidenzrate (erstmaliges Neuauftreten im oder nach dem Einsatz) betrug 0,4 Prozent (zwei der insgesamt neun Fälle). Angesichts der hohen Anforderungen an den Soldatenberuf stellen die Ergebnisse eine besondere Herausforderung für die bereits in der Entwicklung und Erprobung befindlichen präventiven Maßnahmen zum Erhalt und zur Steigerung der psychischen Fitness dar. Im Rahmen psychotherapeutischer Maßnahmen muss auf diese Entwicklung ebenso reagiert werden. In Auswertung erster Forschungsergebnisse sind bereits eine Vielzahl an Maßnahmen initiiert worden. So sind im „Rahmenkonzept Erhalt und Steigerung der psychischen Fitness von Soldaten und Soldatinnen“ Maßnahmen eingeleitet worden, die speziell in den Bereichen des psychologischen Screenings, der Trainierbarkeit der psychischen Fitness und des Ausgleichs psychoreaktiver Einsatzfolgen der Verbesserung der psychischen Widerstandsfähigkeit und somit langfristig dem Erhalt und der Steigerung der personellen Einsatzbereitschaft sowie der Prävention von Belastungsfolgestörungen dienen (siehe Antwort zu Frage 158). Im Rahmen der wehrpsychologischen und wehrmedizinischen Forschung sind weitere Studien zur Weiterentwicklung und Konsolidierung der im „Rahmenkonzept Erhalt und Steigerung der psychischen Fitness“ vorgesehenen Maßnahmen geplant. Darüber hinaus ist für Anfang 2015 der Beginn mehrerer Studien zur Verbesserung der Therapie einsatzbelasteter Soldatinnen und Soldaten am Psychotrau- mazentrum vorgesehen. Diese beschäftigen sich mit der Integration neuer Medien in die Therapie. Drucksache 18/4168 – 88 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ferner wird unmittelbar nach der Rückkehr von Auslandseinsätzen jede Soldatin und jeder Soldat dem Truppenarzt (Hausarztfunktion) im Rahmen einer „Einsatzrückkehreruntersuchung “ vorgestellt, bei der auch stress- oder psychotrauma -bezogene Krankheitsaspekte untersucht werden. Weiterhin nehmen alle Soldatinnen und Soldaten spätestens drei Monate nach ihrer Rückkehr aus dem Einsatz im Gruppenrahmen an sogenannten „Einsatznachbereitungs -Seminaren“ teil mit dem Ziel einer niederschwelligen Belastungsverarbeitung und gegebenenfalls Identifikation von stärker belasteten oder gar stresserkrankten Soldaten. Einsatzbelastete Soldatinnen und Soldaten, die keine klinischen Symptome einer konkreten Stresserkrankung zeigen, haben die Möglichkeit, an einer dreiwöchigen Präventivkur teilzunehmen. Auch werden Maßnahmen der Aufklärung und Information auf allen Führungsebenen durchgeführt, um Behandlungsschwellen und Stigmatisierungsängste zu vermindern. 160. Wie wird im Einsatzgebiet des deutschen Regionalkommandos in Nordafghanistan die Diagnose und Behandlung von PTBS und anderen stressassoziierten Erkrankungen sichergestellt? Die Einsätze der Bundeswehr werden vor Ort von Truppenpsychologinnen und Truppenpsychologen begleitet, die auch im Einsatz stress- und psychotraumabezogene Fortbildungen (Psychoedukation) durchführen und in Einzelgesprächen mit Vorgesetzten, Betroffenen und deren Kameraden präventive Maßnahmen der Belastungsbewältigung vermitteln. Seit Mitte 2014 befindet sich im deutschen Einsatzgebiet Afghanistan kein Psychiater mehr vor Ort. Die Erstversorgung wird seitens der Truppenpsychologen und Truppenärzte vorgenommen. Kranke, also nicht mehr einsatzfähige Soldatinnen und Soldaten, werden nach einer Erst-Diagnose durch medizinisches und psychologisches Fachpersonal ins Heimatland repatriiert. 161. Wie viele Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die im Rahmen von OEF oder ISAF in Afghanistan stationiert waren, wurden wegen einer Diagnose PTBS aus dem Einsatz repatriiert (bitte möglichst nach Jahr, Geschlecht und Dienstgrad aufschlüsseln)? Eine statistische Aufarbeitung ist anhand des vorliegenden personenbezogenen Datenmaterials nicht möglich, da die einschlägigen Gesetze grundsätzlich eine Verknüpfung, Speicherung oder Auswertung von medizinischen Behandlungsdaten mit Personaldaten untersagen. 162. Wie viele stationäre Behandlungsplätze stehen der Bundeswehr für an PTBS-Erkrankte derzeit zur Verfügung? In den Bundeswehrkrankenhäusern stehen derzeit 92 stationäre Behandlungsplätze für psychisch erkrankte Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung. VIII. Bilanz der Entwicklungspolitik/Stabilitätspakt Afghanistan 163. Wie hoch ist die Gesamtsumme der seit dem Jahr 2002 von Deutschland in Afghanistan verausgabten Mittel der Öffentlichen Entwicklungszu- sammenarbeit (ODA)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 89 – Drucksache 18/4168 Die Gesamtsumme der seit 2002 bis 2012 von Deutschland in Afghanistan verausgabten Mittel der Entwicklungszusammenarbeit beläuft sich auf 2,8 Mrd. Euro. Zahlen für das Jahr 2013 liegen noch nicht vor. Die Verteilung auf einzelne Haushaltsjahre kann der nachfolgenden Statistik des Entwicklungsausschusses („Development Assistance Committee“ – DAC) der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung („Organisation for Economic Cooperation and Development“ – OECD) entnommen werden. 164. Wie verhält sich die Summe der seit dem Jahr 2002 in Afghanistan eingesetzten ODA-Mittel pro Kopf zu dem Einsatz von ODA-Mitteln in anderen Ländern während desselben Zeitraums (bitte in der Summe und im Verlauf angeben)? Die Entwicklung der deutschen ODA-Mittel pro Kopf der afghanischen Bevölkerung seit 2002 bis einschließlich 2012 ergibt sich aus nachfolgender Tabelle. Die ODA-Zahlen für das Jahr 2013 liegen noch nicht vor. Bezogen auf alle Entwicklungsländer weltweit haben sich die deutschen ODALeistungen pro Kopf der Bevölkerung im selben Zeitraum wie folgt entwickelt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht alle Entwicklungsländer auch Kooperationsländer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind und entsprechende Mittel erhalten. 165. Durch welche Programme und Projekte, sowohl bi- als auch multilaterale , wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2002 in Afghanistan Mittel der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt (bitte für jedes Programm bzw. Projekt die Gesamthöhe der jeweils eingesetzten Mittel sowie den jeweiligen Anteil der Verwaltungskosten, der Gehälter deutscher Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter, der Gehälter von afghanischen Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern sowie von Beraterhonoraren nennen)? Im Rahmen der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit mit Afghanistan wurden seitens der Bundesregierung (BMZ und AA) zwischen 2002 und 2014 ins- 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Mio. US$. 139,43 143,49 156,86 165,16 171,37 324,18 395,76 456,97 562,65 620,15 573,82 Mio. Euro. 147,95 127,00 126,26 132,89 136,53 236,81 274,38 328,15 424,80 446,01 446,43 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 US $ 4,17 3,55 3,13 3,99 4,6 8,24 10,88 12,17 16,54 18,53 17,29 Euro 4,42 3,14 2,52 3,21 3,66 6,02 7,54 8,74 12,49 13,33 13,45 - 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 US $ 0,67 0,8 0,75 1,42 1,32 1,47 1,66 1,29 1,44 1,55 1,5 Euro 0,71 0,71 0,60 1,14 1,05 1,07 1,15 0,93 1,09 1,11 1,17 Drucksache 18/4168 – 90 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gesamt 155 Programme und Projekte mit einem Zusagevolumen von 1,98 Mrd. Euro beauftragt. Die Auftragsvolumina teilen sich sektoral wie folgt auf: Eine BMZ-Projektdatenbank kann unter www.bmz.de/opendata eingesehen werden. Bei Vorhaben der technischen Zusammenarbeit durch das BMZ in Afghanistan entfallen auf Personal- und Verwaltungskosten durchschnittlich folgende Prozentsätze : 12,2 Prozent für deutsche und internationale Fachkräfte, 6,3 Prozent für nationales Personal, 27,9 Prozent für externe Beratung und Unterauftragnehmer , 11,5 Prozent Verwaltungskosten. Wesensmerkmal von Vorhaben der technischen Zusammenarbeit sind Beratung, Qualifizierung und Kapazitätsaufbau der Partnerseite. Dementsprechend werden die Leistungen typischerweise durch entsandtes und nationales Personal sowie durch nationale und internationale Gutachter und Consultingunternehmen erbracht. In Afghanistan liegt die Summe der Personal- und allgemeinen Verwaltungskosten einschließlich des kalkulatorischen Gewinns im Durchschnitt unter 60 Prozent der Gesamtkosten und damit niedriger als in anderen Kooperationsländern der deutschen Entwicklungszusammenarbeit . Wesentlicher Grund hierfür ist, dass zahlreiche Vorhaben der technischen Zusammenarbeit in Afghanistan auch erhebliche Beschaffungsund Baukomponenten enthalten. Die Vorhaben des Auswärtigen Amts in Afghanistan sind Teil des Stabilisierungsansatzes , sodass sich ein Großteil der Vorhaben in ihrem Inhalt von der BMZ AA Bewilligung/Zusage Bewilligung/Zusage Sektor Anzahl Projekte in Tsd. Euro Anzahl Projekte in Tsd. Euro (Hochschul-)Bildung 17 200.916 14 32.554 Wasser 15 195.105 Wirtschaft und Beschäftigung 22 160.710 2 4.614 ARTF (Weltbank) 9 250.000 sonstige multilaterale Vorhaben (UNDP) 9 184.234 Multisektorale Programme 2 99.294 Regierungsführung/ Rechtstaatlichkeit 21 188.499 1 2.061 Energie 15 245.249 Monitoring/ Evaluierung, Studien- und Fachkräftefonds, Sicherheitssystem 9 74.660 4 1.666 Humanitäre Hilfe, Wiederaufbauhilfe, Binnenvertriebene 12 117.287 1 1.675 Zivile Luftfahrt 5 102.341 Gesundheit 4 63.554 Polizeiaufbau 1 60.047 Summe 120 1.432.426 35 552.040 klassischen Entwicklungszusammenarbeit (des BMZ) unterscheidet. Somit teilen sich auch die anteiligen Kosten der Personal- und Verwaltungskosten im Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 91 – Drucksache 18/4168 Durchschnitt anders auf, da durch die Menge an Bautätigkeiten externe Durchführer unter Vertrag genommen werden: 10 Prozent für deutsche und internationale Fachkräfte, 3 Prozent für nationales Personal, 52 Prozent für externe Beratung und Unterauftragnehmer, 12 Prozent Verwaltungskosten. Soweit Vorhaben im Rahmen der Finanziellen Zusammenarbeit realisiert werden, erfolgt die Vergabe von Verträgen für Consulting- und Bauleistungen unmittelbar durch die jeweilige afghanische Partnerinstitution. Diese Verträge beinhalten sowohl Personal - als auch Sachkosten, die unmittelbar mit der Projektrealisierung in Verbindung stehen. Die Kosten für Consultingaufgaben (Bauüberwachung etc.) können in Afghanistan bis zu 20 Prozent des Gesamtauftragsvolumens ausmachen . Bedingt durch die anspruchsvollen Rahmenbedingungen in Afghanistan liegt dieser Prozentsatz höher als in vielen anderen Kooperationsländern der deutschen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit. In multilateralen Fonds von UNDP werden aktuell Verwaltungskosten als „General Management Support“ (GMS) in Höhe von 8 Prozent berechnet. 166. Durch welche Programme und Projekte der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit wurden seit dem Jahr 2002 Steuermittel in Afghanistan umgesetzt (bitte jeweils Gesamthöhe sowie den jeweiligen Anteil der Verwaltungskosten, der Gehälter deutscher Mitarbeiter, der Gehälter von afghanischen Mitarbeitern sowie von Beraterhonoraren nennen)? Seit 2002 haben Nichtregierungsorganisationen insgesamt 24 343 490,41 Euro, politische Stiftungen 13 706 918,32 Euro, Träger der Sozialstrukturhilfe 14 386 367 Euro und kirchliche Träger 1 543 000 Euro Bundesmittel für entwicklungswichtige Vorhaben in Afghanistan erhalten. Eine Aufteilung nach Jahren kann der folgenden Tabelle entnommen werden (in Euro). * Angaben für das Jahr 2014 sind vorläufig. Jahr NROs Politische Stiftungen Sozialstrukturträger Kirchliche Träger 2002 740.339,00 1.680.000,00 na 700.000,00 2003 1.471.562,50 na na 1.960.000,00 2004 356.950,0 1.300.000,00 2.246.412,00 560.000,00 2005 na 1.395.000,00 na 2.240.000,00 2006 655.481,00 na na 1.055.000,00 2007 117.070,00 849.000,00 na 457.000,00 2008 504.258,00 1.433.300,00 na 1.930.000,00 2009 na 1.534.398,32 na 890.000,00 2010 7.924.757,85 1.542.500,00 5.902.000,00 1.574.000,00 2011 2.029.611,01 1.317.720,00 6.237.955,00 2.255.000,00 2012 5.190.190,05 1.050.000,00 na 1.543.000,00 2013 5.074.520,00 1.605.000,00 na 1.449.000,00 2014* 278.691,00 na na 400.000,00 Gesamt 24.343.490,41 € 13.706.918,32 € 14.386.367,00 € 17.013.000,00 € Die Bewilligungsbescheide für Vorhaben deutscher Nichtregierungsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit sehen grundsätzlich eine 4-prozen- Drucksache 18/4168 – 92 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tige Verwaltungskostenpauschale vor. Beraterhonorare werden nicht finanziert. Bezüglich der Gehälter des deutschen und afghanischen Personals liegen der Bundesregierung keine Statistiken vor. Für alle weiteren nicht-staatlichen Organisationen sind Angaben über die Höhe der Verwaltungs- und/oder Personalkosten nicht verfügbar. 167. Welche Beiträge hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zum Aufbau der Infrastruktur geleistet (Straßen- und Schienenbau, Wohnungsbau , Bau von Schulen und Krankenhäusern), und wonach bemisst bzw. wie evaluiert die Bundesregierung den tatsächlichen Nutzen der Projekte? Eine adäquate Verkehrsinfrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung einer Region. Allein seit 2010 hat die Bundesregierung den Bau und die Rehabilitierung von rund 855 km Straße in den Fokusregionen der deutsch-afghanischen Zusammenarbeit unterstützt. Hervorzuheben ist der noch andauernde Bau der Nationalstraße von Kunduz über Kholm nach Mazar-e Sharif, um so eine direkte Straßenverbindung zwischen diesen beiden wirtschaftlichen Zentren in Nordafghanistan zu schaffen. Der Aufbau eines funktionsfähigen Bildungssystems ist von zentraler Bedeutung für gesellschaftliche Integration und wirtschaftliche Entwicklung. Daher liegt hier ein Schwerpunkt der bilateralen Zusammenarbeit mit Afghanistan. Seit 2010 wurden im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit über 555 Schulgebäude mit Raum für rund 530 000 Schülerinnen und Schüler rehabilitiert oder gebaut. Weitere 120 Schulen wurden im Zuge des Stabilisierungsprogramms Nordafghanistan errichtet. Hinzu kommen sechs Lehrerausbildungsinstitute sowie über 40 nachgeordnete Praxisschulen. Zur Förderung der beruflichen Bildung wurden bzw. werden zwei Ausbildungszentren für Berufsschullehrer errichtet – es sind dies die beiden ersten Einrichtungen dieser Art in Afghanistan – sowie fünf Berufsschulen, vielfach mit angegliederten Wohnheimen, um so insbesondere auch Mädchen und Frauen aus der weiteren Umgebung eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Auch dank dieser Maßnahmen hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Afghanistan auf über neun Millionen erhöht; eine wachsende Zahl junger Menschen kann einen anerkannten Schul- bzw. Berufsabschluss vorweisen. Mit Unterstützung durch die Bundesregierung wurden bzw. werden derzeit im Norden Afghanistans ein Regionalkrankenhaus (Mazar-e Sharif), drei Provinzkrankenhäuser (Kunduz, Taloqan, Faizabad) sowie mehrere kleinere Distriktkrankenhäuser und Gesundheitsstationen errichtet oder rehabilitiert, erweitert und ausgestattet. Die hohe Auslastung dieser Gesundheitseinrichtungen trägt zur kontinuierlichen Verbesserung relevanter Gesundheitsindikatoren wie ansteigende Lebenserwartung und Rückgang bei Kinder- und Müttersterblichkeit bei. Ferner unterstützt die Bundesregierung den Ausbau einer verlässlichen Energieund Trinkwasserversorgung in Afghanistan. Durch die Rehabilitierung der Wasserkraftwerke Mahipor und Sairobi wurde die Stromversorgung Kabuls maßgeblich verbessert. Maßnahmen zur Stromerzeugung, -übertragung und -verteilung in Nordafghanistan kommen über einer Million Menschen zugute. Mit Investitionen in das Trinkwassersystem der Hauptstadt Kabul werden für 1,1 Millionen Menschen die Voraussetzungen für eine sichere Wasserversorgung geschaffen. Vorhaben zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Städten Nordafghanistans erreichen weitere bis zu 635 000 Menschen. Zur Förderung der zivilen Luftfahrt in Afghanistan wurde mit deutscher Unter- stützung ein internationaler Flughafen im Mazar-e Sharif aufgebaut sowie der Flughafen in Tarin Kowt rehabilitiert. Zudem wurde das Ministerium für Trans- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 93 – Drucksache 18/4168 port und zivile Luftfahrt unterstützt, ein Flugüberwachungssystem für zivile Luftfahrt zu etablieren. Afghanistan verfügt – abgesehen von einem kurzen Teilstück zwischen Mazar-e Sharif und Heiraton an der usbekischen Grenze – über kein Schienennetz. Insofern erfolgt in diesem Bereich auch keine Unterstützung durch die Bundesregierung . Auch Wohnungsbau in Afghanistan ist seitens der Bundesregierung – abgesehen von punktuellen Nothilfemaßnahmen nach Naturereignissen – nicht gefördert worden. 168. Welche der neu geschaffenen oder ertüchtigten Infrastrukturen werden nach Kenntnis der Bundesregierung heute von der öffentlichen Hand, welche in öffentlich-privater Partnerschaft und welche als private Unternehmen betrieben? Mit deutscher Unterstützung errichtete, ausgestattete und rehabilitierte Schulen und Berufsbildungsstätten werden vom afghanischen Bildungsministerium betrieben . Die Mehrzahl der Vorhaben im Bereich Gesundheit wird gemeinsam mit dem afghanischen Gesundheitsministerium umgesetzt, der Betrieb einzelner Krankenhäuser wurde von der Aga Khan Stiftung für Gesundheit übernommen. Projekte im Bereich Energie liegen in der Verantwortung des unabhängigen staatlichen Versorgers DABS („Da Afghanistan Bershna Sherkat“). Vorhaben im Trinkwassersektor werden von der städtischen Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsgesellschaft AUWSSC („Afghanistan Urban Water Supply and Sewerage Cooperation“) bzw. deren nachgeordneten Dienststellen gesteuert . Das Ministerium für Transport und zivile Luftfahrt verantwortet die Vorhaben im Bereich der zivilen Luftfahrt. Straßenbau und Straßenunterhaltung obliegt dem Ministerium für öffentliche Arbeiten. Der Betrieb mit deutscher Förderung auf- und ausgebauter Infrastruktur durch öffentlich-private Partnerschaften oder durch private Unternehmen erfolgt nicht. 169. Welche staatlichen Versorger in Afghanistan wurden mithilfe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in welchem Umfang seit dem Jahr 2002 unterstützt bzw. überhaupt erst aufgebaut? Im Energiesektor hat die deutsche Entwicklungszusammenarbeit seit 2007 folgende Einrichtungen und Behörden durch technische, personelle und institutionelle Förderung unterstützt: ● MEW („Ministry of Energy and Water“): Institutionenförderung vor allem im Bereich Politik- und Strategieentwicklung für erneuerbare Energien inklusive Bau von Kleinwasser- und Photovoltaik-Kraftwerken; ● DABS („Da Afghanistan Bershna Sherkat“): Training und Förderung im Bereich Unterhalt und Management von Kleinkraftwerken mit erneuerbaren Energien; Entwicklung von Tarifsystemen für netzungebundene Energiesysteme in ländlichen Räumen; ● ANSA („Afghan National Standarization Authority“): Entwicklung von Standards für elektrische Ausrüstungsgüter und Installationen. Im Bereich Wasserversorgung unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit seit 2009 das staatliche Versorgungsunternehmen AUWSSC („Afghanistan Urban Water Supply and Sewarage Corporation“) beim Betrieb von Wasserversorgungseinrichtungen sowie bei der Gestaltung von Tarifsystemen im Rahmen des Wassersektor-Verbesserungs-Programms („Water Sector Impro- vement Program“ – WSIP). AUWSSC hat den Hauptsitz in Kabul, versorgt aber Drucksache 18/4168 – 94 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode auch städtische Zentren in den Provinzen wie z. B. in Herat, Kunduz und Mazar -e Sharif. 170. Welche Versorger wurden im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit in eine öffentlich-private Partnerschaft umgewandelt oder überhaupt erst aufgebaut? Keine. 171. Welche Aufträge hat die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, vormals GTZ (Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit), vom Bundesministerium für Verteidigung (BMVg) angenommen? Die GIZ führte im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) für die Bundeswehr in Afghanistan Baumaßnahmen durch. Diese befanden sich – abgesehen von zwei Maßnahmen (eine Straße zwischen der Stadt Kunduz und dem Flughafen Kunduz sowie eine Brücke über den Fluss Kokcha in der Provinz Badakhshan) – in den Einsatzliegenschaften der Bundeswehr. Die einzelnen Baumaßnahmen reichten von eingeschossigen Unterkunfts- und Funktionsgebäuden über Einrichtungen zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung bis hin zur Bereitstellung der für die Liegenschaften notwendigen Infrastruktur (z. B. Ein- und Ausfahrten, Straßen und Wege einschließlich Abstellplätzen für Fahrzeuge sowie Landeflächen für Hubschrauber, Einrichtungen zur Trink-, Löschwasser- und Stromversorgung sowie Entsorgungseinrichtungen für Schmutz- und Regenwasser einschließlich entsprechender Klär- und Pufferbecken). Welche Projekte wurden im Auftrag des BMVg bereits realisiert (bitte Höhe der umgesetzten Mittel nennen)? Sämtliche Projekte sind bereits realisiert und abgeschlossen. An folgenden Standorten wurden Projekte durchgeführt: 172. Welche dieser Projekte wurden auf die ODA angerechnet? Die Teile der Einsatzliegenschaft Kunduz, die 2013 an die „Afghan National Civil Order Police“ übergeben wurden, wurden mit rund 55, 2 Mio. Euro ODA zu- Standort Umgesetzte Mittel in Euro Laufzeit Kabul (Camp Warehouse) 18.920.000 von 2002 bis 2007 Kunduz (PRT) 101.491.000 von 2003 bis 2012 Mazar-e-Sharif (Planung Rettungszentrum) 232.000 von 2006 Kunduz (Straße) 3.727.000 von 2008 bis 2009 Faizabad (Kockcha-Brücke) 3.088.000 Taloqan (PAT) 6.593.000 von 2008 bis 2012 Gesamt 134.051.000 von 2002 bis 2012 geordnet. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 95 – Drucksache 18/4168 173. Inwieweit kam bisher in Afghanistan die Kooperationsvereinbarung zwischen der GIZ und dem BMVg von 2011 (www.bmvg.de/portal/a/bmvg/ !ut/p/c4/NYvBCsIwEET_aDdBUPFm7UGhJ0G03tI2hJVmU9ZNvfjxJg dn4B3mMfjEUnYrBaeU2M34wH6kw_CBIa4BXilLWSES01u9UI54r5 _Jw5jYa6V6VioM4jQJLEl0riaLFAM0YW9s2xhr_rHf_bk7dbfNbttemi suMR5_YU4Grg!!/) zum Tragen? Die Kooperationsvereinbarung zwischen der GIZ und dem BMVg kommt seit der Unterzeichnung im Jahr 2011 im Rahmen des Konzepts der vernetzten Sicherheit kontinuierlich zum Tragen. So haben z. B. Mitarbeitende der GIZ die in der Vereinbarung beschriebene Berechtigung zur Mitnutzung der medizinischen und psychologischen Versorgung im Einsatzgebiet, zum Mitflug in Bundeswehrflugzeugen sowie der Nutzung von Marketender- und Betreuungseinrichtungen und Zugang zur Feldpost (siehe auch Antwort zu Frage 174). 174. Wie funktionierte der im Abkommen beschriebene „Austausch von Informationen zu Einsatzgebieten und Regionen bzw. Ländern, in denen die Bundeswehr künftig voraussichtlich stärker gefordert sein wird“, konkret? a) Welche gemeinsamen Analysen und Auswertungen wurden erstellt? In Afghanistan wurden bislang keine gemeinsamen Analysen und Auswertungen erstellt. Im Rahmen von Risikobewertungen für Entwicklungsprojekte hat die GIZ aber Zugriff auf Daten der Bundeswehr zur Sicherheitslage. b) Welche gemeinsamen Ausbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen zur Vorbereitung der Bundeswehrsoldaten auf den Einsatz in Afghanistan wurden von der GIZ im Rahmen der Kooperation mit dem BMVg durchgeführt? Bislang wurde auf zwei Vorträgen von Mitarbeitern der GIZ die Arbeitsweise der deutschen Entwicklungsorganisationen in Afghanistan vorgestellt. c) An welchen Trainingsmaßnahmen des BMVg haben GIZ-Mitarbeiter und Gutachter/Consultingmitarbeiter teilgenommen? Am Sicherheitstraining der Bundeswehr in Hammelburg („Schutz und Verhalten in Krisenregionen“) nehmen routinemäßig GIZ-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Gutachter im Rahmen ihrer Vorbereitung auf den Einsatz in Afghanistan teil. d) In welchem Umfang kam es zu dem in § 6 des Abkommens angekündigten Personalaustausch sowie Hospitationen? Bisher erfolgten weder ein Personalaustausch noch Hospitationen. e) In welchem Umfang haben Mitarbeiter der GIZ und andere Entwicklungshelfer in Afghanistan auf Logistik der Bundeswehr (u. a. Transport von Personen und Material, ärztliche Versorgung, Feldpost, Nutzung von Liegenschaften der Bundeswehr) zurückgegriffen? Hierzu werden keine Statistiken geführt. Die Nutzung von Feldpost, Transport sowie ärztlicher Versorgung im Rahmen freier Kapazitäten steht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der GIZ und anderer Entwicklungsorganisationen offen und wird in Anspruch genommen. Drucksache 18/4168 – 96 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 175. Was kann die Bundesregierung über die künftige Verwendung der im Auftrag des BMVg in Afghanistan errichteten Liegenschaften sagen? Faizabad – Camp Flughafen Ost: Das Feldlager und die darauf fest installierten, aus Mitteln des BMVg gebauten Einrichtungen wurden am 9. Oktober 2012 an das afghanische Innenministerium übergeben. Kabul – Camp Warehouse: Die Einsatzliegenschaft wurde am 14. Juli 2006 an das französische Einsatzkontingent als Hauptnutzer übergeben. Deutschland verblieb mit reduzierter Personalzahl bis zur Verlegung in das Mietobjekt Qasaba am 6. Mai 2013. Kunduz – Flugplatz Nord: Die Einsatzliegenschaft wurde im Wesentlichen durch die GTZ/GIZ errichtet und mit Abzug der deutschen Kräfte am 6. Oktober 2013 an die afghanischen Sicherheitskräfte (der Armee „Afghan National Army“, ANA und der Bereitschaftspolizei „Afghan National Civil Order Police “, ANCOP) übergeben. Mazar-e Sharif – Camp Marmal: Die Einsatzliegenschaft wird derzeit weiterhin durch Deutschland genutzt. Die Bundeswehr beabsichtigt, die Liegenschaft mit Abzug der letzten deutschen Kräfte an die afghanische Regierung zu übergeben. Taloqan: Die Einsatzliegenschaft wurde in Abstimmung mit den privaten Eigentümern teilweise zurückgebaut und die Liegenschaft am 17. Oktober 2012 an diese zurückgegeben. Alle weiteren durch Deutschland mit genutzten Einsatzliegenschaften waren Teil von Liegenschaften anderer Nationen oder angemietete Flächen. Diese wurden nach Nutzungsende an die Eigentümer/multinationalen Partner zurückgegeben . Welche davon wurden von der GIZ errichtet? Kabul – Camp Warehouse (einzelne Maßnahmen), Kunduz – Flugplatz Nord (überwiegender Anteil), Taloqan. Damit sind alle Liegenschaften, an denen die GIZ beteiligt war, an die Eigentümer bzw. an den afghanischen Staat zurückgegeben worden. Wird ihr Bau oder ihre Nutzung auf die ODA angerechnet? Teile der Einsatzliegenschaft Kunduz wurden im Zuge der Übergabe an die afghanische Polizei auf ODA angerechnet, auf die Antwort zu Frage 172 wird verwiesen . 176. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Analyse des Verhältnisses der seit dem Jahr 2002 in Afghanistan eingesetzten ODA-Mittel zu dem Entwicklungserfolg angesichts des Umstands, dass Afghanistan nach wie vor einen der letzten Plätze im Human Development Index der Vereinten Nationen (www.laenderdaten .de/indizes/hdi.aspx) einnimmt? Beim Index für menschliche Entwicklung („Human Development Index“ – HDI) der Vereinten Nationen des Jahres 2013 belegt Afghanistan Platz 169 von insgesamt 187 gelisteten Ländern. Dies stellt gegenüber dem Jahr 2012 (Platz 175) eine Verbesserung um sechs Rangplätze dar. Im Jahr 2009 stand Afghanis- tan im HDI-Index noch auf Platz 181 von damals insgesamt 182 gelisteten Ländern . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 97 – Drucksache 18/4168 Aussagekräftiger als das reine Länderrating ist der sich aus den Faktoren Lebenserwartung , Bildung und Lebensstandard ergebende Index-Wert. Diesbezüglich hat Afghanistan nach Angaben der Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) eine bemerkenswerte Entwicklung vorzuweisen, wenngleich es immer noch als Land mit geringer menschlicher Entwicklung zu klassifizieren ist: Während der Index-Wert für die menschliche Entwicklung in Afghanistan während der Zeit des Talibanregimes auf niedrigem Niveau stagnierte, kann das Land seither mit kontinuierlich steigenden HDI-Werten aufwarten. Dies belegt, dass sich die Lebensverhältnisse für die Menschen in Afghanistan seit 2001 signifikant verbessert haben. Wenn auch nach vielen Jahren der Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft die Herausforderungen, denen Afghanistan gegenübersteht, noch groß sind, so rechtfertigen aus Sicht der Bundesregierung die erreichten Fortschritte nicht nur den bisherigen Einsatz von ODA-Mitteln, sondern auch eine Fortsetzung der Zusammenarbeit auf hohem Niveau. Die soziale und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes ist ein langfristiger, strukturbildender Prozess. In einem derart zerstörten Land benötigt ein solcher Prozess Generationen, um nachhaltig Institutionen aufzubauen und Lebensverhältnisse grundlegend zu verbessern. Zwölf Jahre Wiederaufbau und Entwicklung sind vor diesem Hintergrund und den Grundvoraussetzungen, mit denen die internationale Gemeinschaft 2001 konfrontiert war, ein vergleichsweise kurzer Zeitraum. Diese Unterstützung geschieht in der Erwartung, dass die neue afghanische Regierung die notwendigen Reformen veranlasst, um noch bestehenden Entwicklungshemmnissen entgegenzuwirken. IX. Ab 2015 – Resolute Support 177. Welche Truppen plant die Bundeswehr nach gegenwärtigem Kenntnisstand ab dem 1. Januar 2015 im Norden Afghanistans zu stationieren (Angaben bitte nach Einheit und Waffengattung machen)? Deutschland beteiligt sich im Rahmen der Operation „Resolute Support Mission “ (RSM) mit etwa 850 Soldatinnen und Soldaten. Als Rahmennation der so- Jahr HDI Index-Wert 1980 0,209 1985 0,225 1990 0,246 1995 0,241 2000 0,236 2005 0,322 2010 0,368 2011 0,371 2012 0,374 2013 0,468 genannten Speiche Nord in Mazar-e Sharif stellt die Bundeswehr vor allem die Drucksache 18/4168 – 98 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Beratung afghanischer Partner im Rahmen des „Train Advise Assist Command North“ (TAAC North) gemeinsam mit weiteren Partnernationen sicher. Dazu nehmen Soldatinnen und Soldaten aus allen militärischen Organisationsbereichen und der Bundeswehrverwaltung Aufgaben in den Bereichen Ausbildung und Beratung afghanischer Partner, der Führung, der Führungsunterstützung , der Logistik, des Liegenschaftsbetriebes, des militärischen Nachrichtenwesens , des Lufttransports, der Kampfmittelabwehr und des Sanitätswesens wahr. Ähnliche Aufgaben nimmt ein kleinerer Teil des Einsatzkontingentes in Kabul in geringerem Umfang wahr. 178. Welche Truppen sind für die Wahrnahme von operativen Gefechtsaufgaben ausgerüstet? Kernauftrag ist die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte vorrangig auf der ministeriellen und nationalen institutionellen Ebene sowie für die erste Phase von RSM zusätzlich auf der Korpsebene. Die Sicherheitsverantwortung liegt vollständig bei den afghanischen Sicherheitskräften , eine direkte Beteiligung an Operationen der afghanischen Sicherheitskräfte ist nicht vorgesehen. Die im Rahmen der Beratung eingesetzten deutschen Soldatinnen und Soldaten sind für den Eigenschutz beziehungsweise zur Selbstverteidigung ausgerüstet. Darüber hinaus sind multinationale Kräfte für den Schutz der Liegenschaften und zur Sicherstellung einer Reaktionsfähigkeit bei Lageverschärfungen eingesetzt . Über die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte hinaus umfasst der Auftrag von RSM – damit auch des deutschen Einsatzkontingents – Sicherung, Schutz und ggf. Rückführung und Bergung militärischer und ziviler Kräfte und Mittel von RSM sowie die Unterstützung designierter ziviler Kräfte im Notfall („in extremis support“). Was beinhaltet diese Ausrüstung ggf. bei diesen Einheiten? Die Ausrüstung der Schutzkräfte umfasst aufgrund der Bedrohungslage geschützte Fahrzeuge, Hand- und Panzerabwehrhandwaffen sowie Kampfmittel und Signalmunition. 179. Sollen nach gegenwärtigem Kenntnisstand Task Forces, vergleichbar z. B. der deutschen Task Force 47, als Teil des genannten Mandats oder außerhalb des Mandats weitere operative Aufgaben in Afghanistan übernehmen ? „Task Forces“ anderer Nationen können – im Umfang stark reduziert – afghanische Partnereinheiten bei Bedarf unter Auflagen bei Operationen im Rahmen des RSM-Operationsplans begleiten. Die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Spezialkräfte durch deutsche Spezialkräfte auf niedriger Führungsebene in Mazar-e Sharif folgt den gleichen Bestimmungen wie bei den herkömmlichen Kräften und wird vorrangig innerhalb von Liegenschaften von „Resolute Support“ bzw. der ANSF durchgeführt. Dies wird für deutsche Kräfte im Schwerpunkt im Raum Mazar-e Sharif stattfinden. Eine Begleitung im Rahmen der Ausbildung, Beratung und Unterstützung bei Operationen der afghanischen Sicherheitskräfte ist nicht vorgesehen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 99 – Drucksache 18/4168 Wenn ja, in welcher Personalstärke sollen sie präsent sein (Größenordnung ), und sollen sie mit Spezialkräften anderer Staaten kooperieren? Die Personalstärken der unter „Resolute Support Mission“ eingesetzten Spezialkräfte anderer Nationen werden im Vergleich zu ISAF deutlich verringert, genaue Zahlen liegen noch nicht vor. Innerhalb der Vorgaben des deutschen Mandats ist gegebenenfalls eine Kooperation der Spezialkräfte der Bundeswehr mit anderen Spezialkräften bei RSM möglich. Weitere Details sind als Verschlusssache „VS – Vertraulich“ eingestuft und können in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages eingesehen werden.* 180. Inwieweit unterscheidet sich das geplante Mandat Resolute Support von ISAF, und inwieweit schlägt sich dies ggf. in der Ausrüstung und den Einsatzregeln für die Bundeswehrsoldaten tatsächlich (Stichwort: Taschenkarte ) nieder? „Resolute Support Mission“ ist ein durch den Auftrag deutlich von ISAF zu unterscheidender Einsatz. Neben den Grundaufträgen der Mission (Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte und im Notfall Schutz von designierten zivilen Kräften) sowie den Aufträgen für den Betrieb der Speiche Nord als Rahmennation steht der Schutz der eigenen Truppe (sogenannte Force Protection) im Vordergrund. RSM ist damit keine Kampfmission. Die Ausrüstung der bei RSM einzusetzenden Soldatinnen und Soldaten wird grundsätzlich auf dem gleichen Niveau (Schutzklasse, etc.) wie bisher verbleiben. Dies ist insbesondere mit Blick auf den Schutz der eingesetzten Soldatinnen und Soldaten unerlässlich. Im Rahmen der Einsatzregeln kommt der Umstand, dass „Resolute Support Mission “ keine Kampfmission ist, dadurch zum Ausdruck, dass im Unterschied zu ISAF keine Einsatzregel vorgesehen ist, die robuste Befugnisse zur Durchsetzung des Auftrags vorsieht. Die Verantwortung für die lokale, regionale und nationale Sicherheit tragen allein die afghanischen Sicherheitskräfte. Robuste Befugnisse für RSM leiten sich hauptsächlich aus einer Bedrohung des eingesetzten Personals ab. Zudem sind robuste Befugnisse zum Schutz von internationalen zivilen Aufbauhelfern vorgesehen (sogenannter in extremis support). 181. Existieren gegenwärtig Pläne bezüglich einer Zusammenarbeit eines zukünftigen deutschen Kontingents mit den Gliederungen der afghanischen Polizei? Ja. Wenn ja, auf welche Weise, und bei welchen Vorhaben ist dies geplant? Im Rahmen von „Resolute Support Mission“ ist es vorgesehen, die afghanische Polizei weiterhin auf Ebene der Polizeihauptquartiere in Mazar-e Sharif zu beraten . Dies beinhaltet das Hauptquartier der allgemeinen Polizei („Afghan Uniformed Police“) sowie die Hauptquartiere der Grenzpolizei („Afghan Border Police“) und der Bereitschaftspolizei („Afghan National Civil Order Police“). Diese Aufgabe soll nach jetzigem Planungsstand fast ausschließlich durch unsere multinationalen Partner übernommen werden. * Das Auswärtige Amt hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Drucksache 18/4168 – 100 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 182. Welchen Anteil an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte werden nach gegenwärtigem Kenntnisstand deutsche Ausbilder – innerhalb oder außerhalb der Mandatierung Resolute Support – übernehmen? Im Rahmen von „Resolute Support Mission“ sollen die afghanischen Sicherheitskräfte auf der ministeriellen und institutionellen Ebene ausgebildet, beraten und unterstützt werden. Im Wesentlichen geht es darum, die Prozesse der Sicherheitskräfte horizontal und vertikal zu optimieren (vom Ministerium bis hin zu den Korps). Schwerpunkte sind dabei interministerielle und ressortübergreifende Abstimmung und Planung. Somit werden Berater im multinationalen Verbund , beispielsweise im Bereich des 209. afghanischen Armeekorps in Mazar-e Sharif tätig sein. Für die Beratung auf ministerieller Ebene in Kabul sind ebenfalls deutsche Berater vorgesehen. Neben den durch die multinationalen Partner gestellten Beratern sind damit für den Kernauftrag Ausbildung, Beratung und Unterstützung nach derzeitigem Stand bis zu 70 deutsche Soldatinnen und Soldaten in Kabul und Mazar-e Sharif vorgesehen. Aufbauend auf die bisherigen Aktivitäten des bilateralen Polizeiprojektes werden ab dem 1. Januar 2015 auf Grundlage des deutsch-afghanischen Sitz- und Statusabkommens die ● Beratung der afghanischen Sicherheitsbehörden bei der Führung und Leitung einer rechtsstaatlichen Grundsätzen und der Beachtung der Menschenrechte verpflichteten afghanischen Polizei, ● Unterstützung bei der Ausbildung afghanischer Polizeibeamter, insbesondere von Multiplikatoren, ● Umsetzung der bilateralen polizeilichen Ausstattungshilfe sowie die ● aktive Beteiligung an der Koordinierung der internationalen Unterstützung für den Aufbau der afghanischen Polizei fortgeführt. 183. In welchem Umfang wird nach gegenwärtigem Kenntnisstand der Bundesregierung das – sowohl bilaterale als auch EU-gestützte – Polizeitraining nach dem 1. Januar 2015 weitergeführt? Die EUPOL Afghanistan Mission konzentriert sich auch im Jahr 2015 auf die Beratung des afghanischen Innenministeriums und der afghanischen Polizei. EUPOL soll ab dem Jahr 2015 rund 250 Experten umfassen und sukzessive verkleinert werden. Deutschland wird sich daran weiter im angemessenen Umfang beteiligen. Das bilaterale Polizeiprojekt wird die Schwerpunkte der Unterstützung auf die Polizeiakademie Kabul, die Flughäfen in Kabul und Mazar-e Sharif und das Polizeitrainingszentrum in Mazar-e Sharif legen. Darüber hinaus wird, in Absprache mit der EUPOL Afghanistan Mission, die Beratung des afghanischen Innenministeriums durchgeführt. Der Personalansatz wird hierbei bis zu 50 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte umfassen. 184. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung bezüglich Überlegungen zur Ausstattung anderer an einem möglichen Folgemandat, ggf. Resolute Support, beteiligter Einsatzkräfte anderer Staaten mit UAV/Drohnen ? Für „Resolute Support Mission“ sind für den Schutz der eigenen Kräfte Fähig- keiten vorgesehen, die landesweit eingesetzt werden können (sogenannte Countrywide Enablers). Diese beinhalten unter anderem unbemannte Flugsysteme. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 101 – Drucksache 18/4168 Nach derzeitiger Kenntnis werden die USA die „Countrywide Enablers“ stellen. Es ist derzeit nicht bekannt, welche Systeme dafür vorgesehen sind. 185. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung dazu vor, ob und inwieweit ggf. von wem geplant ist, in Afghanistan auch nach Beendigung des ISAF-Einsatzes weiterhin mit oder ohne den Einsatz von Drohnen bewaffnete Angriffe in Form sogenannter gezielter Tötungen gegenüber Aufständischen vorzunehmen? Der ISAF-Folgeeinsatz „Resolute Support Mission“ (RSM) ist kein Kampfeinsatz und beschränkt sich auf Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte. Tödliche militärische Gewalt ist lediglich unter der Voraussetzung der Verhältnismäßigkeit zum adäquaten Schutz der eigenen Kräfte gegen Bedrohungen sowie im Notfall zur Unterstützung von im zivilen Wiederaufbau eingesetztem Personal der internationalen Gemeinschaft zulässig. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 186. Gibt es – insbesondere nach der Entscheidung der USA, ihre Streitkräfte in Afghanistan zum Ende des Jahres 2016 vollständig aus der Fläche abzuziehen – Überlegungen seitens der Bundesregierung zu einer zeitlich über das Jahr 2016 hinausgehenden Präsenz deutscher Truppen in Afghanistan ? Die Bundesregierung hat sich unter bestimmten Bedingungen bereit erklärt, ab dem Jahr 2015 für zunächst bis zu zwei Jahre mit substanzieller Unterstützung unserer multinationalen Partner im Rahmen eines begrenzten regionalen Ansatzes (sogenanntes Speichenmodell) als Rahmennation die Verantwortung für die „Speiche Nord“ in Mazar-e Sharif zu übernehmen und sich in Kabul zu beteiligen . Die von den USA bekanntgegebenen Zeitlinien liefern einen ersten Hinweis auf die mögliche Dauer des Speichenmodells und auf einen möglichen Wechsel vom Speichenmodell hin zu einem kabulzentrischen Ansatz der Mission. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333