Deutscher Bundestag Drucksache 18/422 18. Wahlperiode 04.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Alexander S. Neu, Matthias W. Birkwald, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/310 – Geplanter Stellenabbau im Konzernverbund der Telekom AG und Einflussnahme der Großaktionärin Bundesrepublik Deutschland auf die Beschäftigungspolitik der Telekom AG und T-Systems GmbH Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Dezember 2013 berichteten diverse Medien über geplante Stellenstreichungen und zu erwartende betriebsbedingte Kündigungen bei Konzerntöchtern und Konzernteilen der Telekom AG. Danach plant die T-Systems GmbH, bis zu 8 000 Stellen abzubauen (www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/ t-systems-telekom-will-bis-zu-6000-jobs-streichen/9155712.html), und auch betriebsbedingte Kündigungen sollen nicht ausgeschlossen sein. Im Konzernzweig Telekom Europa sei ebenfalls mit einem „erheblichen Abbau“ von Arbeitsplätzen zu rechnen (www.cio.de/news/wirtschaftsnachrichten/804118/). Ausweislich des Personalberichts 2012/2013 sind von bundesweit 118 840 Vollzeitmitarbeiterinnen und -mitarbeitern (FTE) des Telekom-Konzernverbundes allein 35 058 in Nordrhein-Westfalen beschäftigt (www.personalbericht. telekom.com/site13/#:zahlen_daten-beschaeftigte-1). Die Ansiedlung der Telekom AG in Bonn sowie die Verbesserung der Infrastruktur an ihrem Hauptsitz sind vor dem Hintergrund des Berlin/Bonn-Gesetzes zu sehen, das nicht zuletzt der Sicherung von Arbeitsplätzen in Bonn und den umliegenden Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises dienen sollte. Die Telekom AG hat von unterschiedlichsten Investitionen aus Mitteln des Bundes profitiert. Auf der anderen Seite erzielt das Bundesministerium der Finanzen erhebliche Einnahmen aus Dividenden der Telekom AG. Die Bundesregierung ist heute nicht mehr die Hauptaktionärin der Telekom AG, sie hält aber weiterhin einen großen Teil der Telekom-Aktien. Ende September 2013 befanden sich im Besitz der Bundesrepublik Deutschland 31,9 Prozent aller Telekom-Aktien, davon 17,4 Prozent in der Hand der KfW Bankengruppe, die sie im Auftrag des Bundes verwaltet. Bei den restlichen 68,1 Prozent der ausgegebenen Aktien hanDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. delt es sich um Streubesitz in der Hand von Kleinanlegern (www.telekom.com/ aktionaersstruktur). Damit haben die Stimmanteile in der Hand der Bundesregierung bei Aktionärsversammlungen ein über ihre nominale Anzahl hinausgehendes besonderes Drucksache 18/422 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gewicht. Die Bundesregierung hat so nach wie vor weitreichenden Einfluss auf Vorstandsbeschlüsse der Telekom AG. Umstrukturierungen im Konzernverbund der Telekom AG, die zu einem massiven Arbeitsplatzabbau führen, sind daher keine Entscheidungen, die die Bundesregierung tatenlos hinnehmen müsste. Sie ist vielmehr aufgerufen, ihre Befugnisse als Großaktionärin nicht nur mit Blick auf die Erzielung immer höherer Dividenden auszuüben, sondern auch im Sinne einer sozial gerechten Beschäftigungspolitik. 1. Was ist der Bundesregierung über die Pläne der Telekom AG sowie der T-Systems GmbH zum Abbau von Arbeitsplätzen bekannt? 2. Auf welchem Wege beabsichtigt die Bundesregierung, sich ergänzende Informationen zu verschaffen, um ihren Kenntnisstand über geplante Maßnahmen zum Arbeitsplatzabbau zu aktualisieren oder zu verbessern? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen wie folgt beantwortet. Das Unternehmen hat der Bundesregierung mitgeteilt, dass die T-Systems International GmbH einen Umbau des Geschäftsmodells anstrebt, das an die geänderten Markterfordernisse angepasst werden soll. Ziel ist eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit, die auch zur langfristigen Sicherung von Arbeitsplätzen notwendig ist. Der Aufsichtsrat der T-Systems International GmbH hat in seiner Sitzung am 22. Januar 2014 den Umbau des Geschäftsmodells grundsätzlich beschlossen . Die Umbaupläne sind jedoch noch nicht konkret ausgestaltet, sodass hierüber noch keine verlässlichen Aussagen getroffen werden können. Die mit dem Umbau einhergehenden Personalanpassungen sollen nach Auskunft des Unternehmens im engen Dialog mit den Sozialpartnern so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden. Die Verhandlungen hierüber laufen in diesen Tagen erst an. 3. Wie hoch waren die Dividenden, die dem Finanzhaushalt der Bundesrepublik Deutschland aus den Anteilen an der Telekom AG in den letzten fünf Jahren zugeflossen sind? 4. Welche Anteile hält die Bundesrepublik Deutschland aktuell – direkt oder indirekt – an der Telekom AG? Aktuell hält der Bund direkt rund 14,5 Prozent der Aktienanteile und indirekt über die KfW Bankengruppe rund 17,4 Prozent der Aktienanteile an der Deutschen Telekom AG, insgesamt also rund 31,9 Prozent. Zufluss in 2009 504 328 598,28 Euro 2010 504 328 598,28 Euro 2011 452 602 588,20 Euro 2012 452 602 588,20 Euro 2013 452 602 588,20 Euro Summe 2 366 464 961,16 Euro Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/422 5. Beabsichtigt die Bundesregierung, ihre Stimmrechte dahingehend geltend zu machen, dass der in den erwähnten Medienberichten thematisierte Arbeitsplatzabbau im Konzernverbund gegebenenfalls verhindert wird? Die Frage der Umstrukturierung einzelner Unternehmenssparten und die damit zusammenhängende Veränderung des Personalkörpers einzelner Unternehmensbereiche betreffen das operative Geschäft des Unternehmens, das allein vom Vorstand zu führen ist. Das Aktiengesetz sieht eine Beteiligung der Anteilseigner über die Hauptversammlung vor. Deren Beschlusskompetenz ist jedoch beschränkt auf die im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fälle, von denen der beabsichtigte Umbau des Geschäftsmodells nicht umfasst ist. Die Bundesregierung betrachtet es als vordringliche Aufgabe der Sozialpartner, sich zunächst in Verhandlungen über angemessene Rahmenbedingungen für geplante Umbaumaßnahmen dieser Art zu verständigen. 6. In welcher Form fand und findet die Tatsache, dass die Ansiedlung der Telekom AG und ihrer Tochterfirmen im Rahmen des Berlin/BonnGesetzes beschlossen wurde, Berücksichtigung bei der Entscheidungsfindung der Bundesregierung? Die Planungen sind derzeit in einem frühen Stadium, sodass zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage zu betroffenen Standorten und somit auch nicht zu eventuellen Fragestellungen des Berlin/Bonn-Gesetzes gemacht werden kann. Darüber hinaus soll nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe a des Berlin/Bonn-Gesetzes die Region Bonn lediglich als Standort in genannten Politikbereichen (u. a. im Bereich Telekommunikation) im Vergleich zu anderen Regionen gesichert und ausgestaltet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 7. Erhielt oder erhält die Telekom AG bzw. deren Konzerntochter T-Systems GmbH Zuschüsse oder Vergünstigungen für den Erhalt von Arbeitsplätzen? Falls ja, in welcher Höhe a) in Bonn und b) bundesweit, und wie würde sich der Wegfall von bis zu 8 000 Arbeitsplätzen hierauf auswirken ? Eine Übersicht in der Vergangenheit gewährter Zuschüsse und Vergünstigungen an die Deutsche Telekom AG und ihre Tochtergesellschaften liegt nicht vor. Eine Aussage, inwiefern sich die Umbaumaßnahmen und die damit verbundenen Entwicklungen des Personalbestandes auf Zuschüsse und Vergünstigungen auswirken, könnte auch erst getätigt werden, wenn die Maßnahmen konkret ausgestaltet und umgesetzt sind. 8. Welche Auswirkungen würde nach Einschätzung der Bundesregierung ein Arbeitsplatzabbau in der genannten Größenordnung für die Bundesrepublik Deutschland, das Bundesland Nordrhein-Westfalen sowie die Region Bonn/ Rhein-Sieg haben? Wie bereits ausgeführt, sind die Planungen hierzu noch nicht konkret. Nach Aussage des Unternehmens soll der Personalumbau wie auch in der Vergangenheit möglichst sozialverträglich gestaltet werden. Neben den klassischen Instrumenten wie Vorruhestandsregelungen, Altersteilzeit und Abfindungen gehöre dazu auch die Vermittlung in andere Konzernbereiche. Gesamtherstellung: H. 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