Deutscher Bundestag Drucksache 18/4259 18. Wahlperiode 05.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4029 – Menschenrechtsverletzungen in der Fischereiindustrie Südostasiens Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die systematische Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern ist ein weit verbreitetes Problem in der thailändischen Fischereiindustrie. Insbesondere Menschenschmuggel und Kinderarbeit sind an der Tagesordnung. Nicht selten werden Arbeiterinnen und Arbeiter aus Kambodscha und Myanmar zur Zwangsarbeit unter sklavenähnlichen Bedingungen gezwungen. Seit der Herabstufung Thailands auf die schlechteste Stufe des „US Department of State Trafficking in Persons (TIP) Report“ wurde dies regelmäßig in Berichten thailändischer und internationaler Medien hervorgehoben. Seit dem Jahr 2012 hat die britische Organisation Environmental Justice Foundation verschiedene Berichte vorgelegt , die Fälle von Sklaverei, Menschenhandel und Zwangsarbeit in der thailändischen Fischereiindustrie aufzeigen. Die unregulierte Fischerei, kurz „IUU“ (illegal, unreported and unregulated), wurde so vermehrt Gegenstand des öffentlichen Interesses. Auch eine Reihe deutscher Medien berichtete über thailändische Fischereierzeugnisse, die unter zweifelhaften Bedingungen produziert und anschließend in Supermärkten in Deutschland verkauft wurden. Thailand produziert rund 4,2 Millionen Tonnen Fischereierzeugnisse, 90 Prozent davon sind für den Export bestimmt. Dadurch ist Thailand auch einer der wichtigsten zehn Produzenten für Fischereierzeugnisse für den deutschen Markt. Die Fälle von Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen in der thailändischen Fischereiindustrie sowie die hohen Exportvolumina von Fischereierzeugnissen aus Thailand nach Deutschland setzen Konsumentinnen und Konsumenten der Gefahr aus, Produkte aus zweifelhaften Produktionsbedingungen zu kaufen. Der Import von Fischereierzeugnissen mit unklaren Produktionsbedingungen führt darüber hinaus zu Wettbewerbsnachteilen für deutsche Fischereiunternehmen , Fischerinnen und Fischer und Händlerinnen und Händler im Fischereisektor . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 3. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/4259 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Informationen hat die Bundesregierung über Menschenrechtsverletzungen in der thailändischen Fischereiindustrie? 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Art der Menschenrechtsverletzungen in der thailändischen Fischereiindustrie? Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung verfolgt das Thema Arbeitsbedingungen in der thailändischen Fischereiindustrie mit großer Aufmerksamkeit und steht über die Deutsche Botschaft in Bangkok mit der thailändischen Regierung, mit den Vertretungen anderer Länder, mit Verbänden der thailändischen Fischerei- und Fischverarbeitungswirtschaft , Vertretern von Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen und insbesondere mit der International Labor Organization (ILO) und der International Organization for Migration (IOM) in Bangkok in Kontakt. Eine weitere wichtige Informationsgrundlage für die Bundesregierung über die Arbeitsbedingungen in der thailändischen Fischereiindustrie ist zudem die Studie „Employment practices and working conditions in Thailand’s fishing sector “, die 2013 im Auftrag der ILO vom Asian Research Center for Migration an der Chulalongkorn-Universität in Bangkok durchgeführt wurde und einen Einblick in die Thematik ermöglicht. Die Studie kann unter www.ilo.org/wcmsp5/ groups/public/---asia/---ro-bangkok/documents/publication/wcms_220596.pdf abgerufen werden. 3. Zu welchen internationalen Initiativen zur Bekämpfung der IUU trägt die Bundesrepublik Deutschland bei? Die Gemeinsame Fischereipolitik fällt, soweit die Erhaltung der biologischen Meeresschätze betroffen ist, in die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union (EU). Dies gilt entsprechend für die Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei („illegal, unreported, unregulated“, kurz IUU-Fischerei). Die Bundesregierung sieht in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 (IUU-VO) das entscheidende Instrument für die weltweite Bekämpfung illegaler Fischerei. Die Bundesregierung unterstützt regelmäßig einschlägige Initiativen der Europäischen Kommission in diesem Bereich. Aufgrund der gegebenen Zuständigkeit der EU erfolgt die finanzielle Beteiligung Deutschlands an entsprechenden Initiativen über die deutschen Beiträge zum Haushalt der EU. Darüber hinaus wird die Europäische Union nach der neuen Grundverordnung der Gemeinsamen Fischereipolitik (Verordnung (EU) Nr. 1380/2013) in allen internationalen Bereichen die Maßnahmen fördern und unterstützen, die zur Bekämpfung der IUU-Fischerei notwendig sind. In einer Vielzahl von regionalen Fischereiorganisationen, in denen die EU Mitglied ist, hat die Europäische Kommission mit Unterstützung Deutschlands bereits entsprechende Vorschläge vorgelegt. Darüber hinaus arbeiten Deutschland und die EU mit internationalen Organisationen wie der Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), den Vereinten Nationen und INTERPOL zusammen, um alle Maßnahmen, die auf die internationale Kriminalisierung von IUU-Aktivitäten abzielen, zu unterstützen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4259 4. Welche internationalen Maßnahmen gegen die Überfischung im Golf von Thailand und in der Andamanensee unterstützt die Bundesregierung? Die Bundesregierung unterstützt durch ihre Mitgliedsbeiträge an multilaterale Organisationen, wie die FAO, entsprechende Vorhaben in der Region. Hier sind speziell das regional arbeitende „Bay of Bengal Large Marine Ecosystem“ (BOBLME)-Projekt und das „Strategies for Trawl Fisheries By-catch Management “ (REBYC-II CTI)-Projekt zu nennen, sowie das kürzlich beendete „Regional Fisheries Livelihoods Project“ (RFLP). Die letzteren beiden Vorhaben umfassten Aktivitäten im Golf von Thailand. Das Projekt BOBLME umfasst den gesamten Golf von Bengalen und damit auch Aktivitäten in der Andamanensee. 5. Welche Meeresschutzprojekte im Golf von Thailand und Andamanensee unterstützt die Bundesregierung, und welche finanziellen Mittel werden dafür zur Verfügung gestellt? Die Bundesregierung hat nach dem Tsunami auch den Aufbau von marinen Schutzgebieten in Kooperation mit dem Forschungsinstitut und Aquarium in Phuket, Thailand, unterstützt. Das Leibniz Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT) bereitet im Nachgang dazu weitere Maßnahmen im Rahmen einer Forschungskooperation mit Institutionen in Thailand vor, welche sowohl auf der Seite der Andamanensee als auch im Golf von Thailand tätig werden sollen. Aktuell unterstützt die Bundesregierung keine Meeresschutzprojekte im Golf von Thailand und der Andamanensee. 6. Welche eigenen Initiativen plant die Bundesregierung zur internationalen Bekämpfung der IUU, und in welchem Umfang stellt die Bundesregierung finanzielle Mittel zur Verfügung? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 7. Wie steht nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Kommission zur IUU, und welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Europäische Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung diesbezüglich einzuleiten ? Die Europäische Kommission verfolgt ebenso wie die Bundesregierung das Ziel, die IUU-Fischerei mit ihren schwerwiegenden ökologischen und ökonomischen Auswirkungen zu unterbinden. Die dazu erforderlichen Maßnahmen sind in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 verankert und werden von der Europäischen Kommission in ihrem Zuständigkeitsbereich auch angewandt. 8. Wie kooperiert die Bundesregierung bei der Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen in der internationalen Fischereiindustrie mit der Europäischen Kommission sowie den Flaggenstaaten und Küstenstaaten? Auf welche Kommunikationsmöglichkeiten kann die Bundesregierung dabei zurückgreifen? Zur Zusammenarbeit mit der Europäischen Kommission wird auf die Antworten zu den Fragen 3 und 7 verwiesen. In der damaligen VN-Menschenrechtskommission (ab 2006 Menschenrechtsrat) hat sich die Bundesregierung für die im Jahr 2004 erfolgte Einrichtung des Mandats einer VN-Sonderberichterstatterin für Menschenhandel eingesetzt. Das Mandat wurde in den Jahren 2008, 2011 und 2014 durch von der Bundesregie- Drucksache 18/4259 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rung und der Republik der Philippinen initiierte Resolutionen jeweils um drei Jahre verlängert. Im Herbst 2014 organisierte die VN-Sonderberichterstatterin für Menschenhandel mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung als Teil einer weltweiten Veranstaltungsreihe in Bangkok eine regionale ExpertenKonferenz zur Frage, wie der Rechtsschutz von Menschenhandelsopfern verbessert werden kann. Zum Teilnehmerkreis zählten Vertreter asiatischer Staaten, Mitarbeiter internationaler Organisationen und andere relevante Stakeholder. Ein zentrales Forum zur Diskussion von Menschenrechtsverletzungen bietet die ILO. Die Bundesregierung unterstützt die ILO durch ihre aktive Mitarbeit als ständiges Mitglied im Verwaltungsrat sowie während der jährlichen Internationalen Arbeitskonferenzen. Dabei stehen die Formulierung und Durchsetzung internationaler Arbeits- und Sozialnormen sowie die Schaffung menschenwürdiger Arbeit und die Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen im Zentrum , im Fischereisektor ebenso wie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft. 9. Wie schätzt die Bundesregierung den Zusammenhang zwischen IUU, Menschenrechtsverletzungen, schlechten Arbeitsbedingungen und maritimer Sicherheit ein? Die Bundesregierung misst dem Thema maritime Sicherheit große Bedeutung bei und hat an der Erstellung der im Juni 2014 verabschiedeten EU-Strategie für die maritime Sicherheit entscheidend mitgewirkt. Die Bundesregierung hat sich zudem bei der Ausarbeitung des Aktionsplans zur EU-Strategie für die maritime Sicherheit, der im Dezember 2014 indossiert wurde, erheblich eingebracht. Beide Dokumente greifen das Thema IUU-Fischerei auf und rufen zum Kampf gegen IUU-Fischerei etwa durch den Aufbau entsprechender Kapazitäten auf. Dies umfasst die Unterstützung der Aktivitäten von Drittstaaten gegen IUUFischerei und das Vorgehen gegen das gesamte Spektrum wirtschaftlicher, sozialer und entwicklungspolitischer Herausforderungen, die aus der IUU-Fischerei folgen. Wesensmerkmal der IUU-Fischerei ist die Nichtbeachtung internationaler Fischereivorschriften und -übereinkommen. Daher ist nicht auszuschließen, dass die in der IUU-Fischerei arbeitenden Menschen in besonderem Maße dem Risiko der Verletzung von Menschenrechten und Arbeitsschutzauflagen ausgesetzt sind – und deshalb setzt sich die Bundesregierung für ihre Bekämpfung ein. 10. Welche konkreten Schritte unternimmt die Bundesregierung, um das Wohl der thailändischen Arbeiterinnen und Arbeiter sicherzustellen, die an der Fischerei und an der Herstellung von Fischereiprodukten für den deutschen Markt beteiligt sind? Und welche internationalen Bemühungen unterstützt die Bundesregierung diesbezüglich? 15. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits unternommen und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung gegenüber der Regierung Thailands, um zu signalisieren, dass sofortiges Handeln erforderlich ist, um Arbeitsausbeutung in der Fischereiindustrie zu beseitigen? Die Fragen 10 und 15 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung unterstützt durch ihre Mitgliedschaft die Tätigkeit der im VN-Rahmen mit diesen Themen befassten Nebenorganen und Institutionen, zum Beispiel der vom VN-Menschenrechtsrat eingesetzten VN-Sonderberichterstatterin für Menschenhandel und der ILO. Hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4259 Die ILO führt in Thailand seit vielen Jahren umfangreiche Projektmaßnahmen in Zusammenarbeit mit den zuständigen Ministerien durch, u. a. die Projekte „Tripartite Action to Protect Migrant Workers within and from the Greater Mekong Subregion from Labour Exploitation“ (www.ilo.org/asia/whatwedo/ projects/WCMS_304802/lang--en/index.htm) sowie „Combating the Worst Forms of Child Labour in Shrimp and Seafood Processing Areas in Thailand“ (www.ilo.org/asia/whatwedo/projects/WCMS_161095/lang--en/index.htm). Das in Verhandlung befindliche Freihandelsabkommen zwischen der EU und Thailand wird auch ein Nachhaltigkeitskapitel enthalten, das sich neben Umweltstandards auch auf Arbeitsschutzstandards (ILO-Kernarbeitsnormen) bezieht. Hierzu wird auch auf die Antwort zu Frage 21 verwiesen. Das bereits verhandelte Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Thailand, dessen Unterzeichnung nach dem Militärputsch in Thailand vom 22. Mai 2014 durch die EU ausgesetzt wurde, enthält ein Menschenrechtskapitel. Die Deutsche Botschaft in Bangkok steht mit den zuständigen nationalen und internationalen Organisationen in Verbindung und thematisiert die Beachtung internationaler Menschenrechte und Einhaltung von Arbeitsrechtsstandards regelmäßig . Dabei kommt der Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der thailändischen Fischereiindustrie besondere Bedeutung zu. Über die Deutsche Botschaft in Bangkok fördert das Auswärtige Amt zudem das Projekt „Prevention, Protection & Prosecution of Human Trafficking in Northern Thailand“ der thailändischen Nichtregierungsorganisation Trafcord (Anti-Traficking Coordination Unit Northern Thailand). Das Projekt hat eine starke Opferschutzkomponente und stärkt die Kapazität der Organisation Trafcord, die sich engagiert gegen Menschenhandel in Thailand einsetzt. 11. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Plan der thailändischen Regierung, Strafgefangene in der Fischereiindustrie einzusetzen , um dem Arbeiterinnenmangel und Arbeitermangel im Fischereisektor zu begegnen (www.jungewelt.de vom 20. Januar 2015 „Sklaverei an Bord“)? Dieser Plan wird nach Kenntnis der Bundesregierung von der thailändischen Regierung nicht weiter verfolgt. 12. Welche konkreten Schritte unternimmt die Bundesregierung, um deutsche Konsumentinnen und Konsumenten vor Fisch und Fischereiprodukten zu schützen, die unter sklavenähnlichen Bedingungen gefischt bzw. hergestellt wurden? 13. Welche der zahlreichen etablierten Siegel zur Zertifizierung von Fischereiprodukten berücksichtigen nach Auffassung der Bundesregierung die Arbeitsstandards und soziale Situation der Arbeiterinnen und Arbeiter in der globalen Fischereiindustrie in ausreichendem Maße? Warum hält die Bundesregierung diese Siegel für besonders geeignet? 14. Welche Rolle soll nach Ansicht der Bundesregierung der private Sektor, einschließlich Importeurinnen und Importeuren sowie Händlerinnen und Händlern einnehmen, um Konsumentinnen und Konsumenten davor zu schützen, Fisch, der unter sklavenähnlichen Bedingungen gefangen und Drucksache 18/4259 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bzw. oder weitererarbeitet wurde, zu konsumieren, und wie kann die Bundesregierung diese Bemühungen unterstützen? Die Fragen 12 bis 14 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Deutschland hat im Jahr 2013 ca. 15 997 Tonnen Fisch und Fischereierzeugnisse aus Thailand importiert. Damit hat Thailand an den Importen einen Anteil von ca. 2,7 Prozent. Die Bundesregierung unterstützt, dass der Europäische Dachverband der Fisch verarbeitenden Industrie und Importeure/Exporteure von Fisch (European Fish Processors Association and Federation of National Organisations of Importers and Exporters of Fish – AIPCE-CEP), in dem auch der deutsche Verband der Fisch verarbeitenden Industrie Mitglied ist, sich bereits im Dezember 2012 an den Botschafter Thailands bei der Europäischen Union gewandt und die sozialen Missstände in Thailand sehr deutlich angesprochen hat. Im Juni 2014 hat der genannte Verband wiederum Kontakt mit dem thailändischen Botschafter aufgenommen und festgestellt, dass dem Verband weiterhin Berichte vorliegen, die auf soziale Missstände in Thailand hindeuten. Die deutschen Verbände der Fischwirtschaft fragen mit Blick auf die sehr kritische Nachfrage der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch des Handels, stets nach der Herkunft der Produkte. Sie sind damit für diese Missstände sensibilisiert und versuchen, durch entsprechende Einkäufe und Einflussnahme diesen Missständen im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegenzuwirken. Bei der Zertifizierung von Fischereiprodukten ist die Berücksichtigung von sozialen Standards nach objektivierbaren Kriterien nur sehr schwer möglich. Die Bundesregierung hat begrüßt, dass unter anderem zwei Siegel-Initiativen, „Fairtrade “ und „Friends of the Sea“, soziale Standards miteinbeziehen. Eine weitere Siegel-Initiative, der Marine Stewardship Council (MSC), eine internationale gemeinnützige Organisation und einer der bekanntesten Zertifizierer von Fisch, hat im August 2014 eine Richtlinie gegen Zwangsarbeit verkündet. Gemäß dieser Richtlinie werden Unternehmen, die Zwangsarbeit im Sinne der ILO zulassen , von der Zertifizierung ausgeschlossen. 16. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen und welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zu ergreifen, um bei Importen von Fisch und Fischereiprodukten aus Thailand eine vollständige Rückverfolgbarkeit garantieren zu können? Die Rückverfolgbarkeit von Fischereierzeugnissen aus Drittstaaten wie Thailand ist über die Fangbescheinigungsregelungen der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 gewährleistet. Danach dürfen zur Unterbindung des Handels mit Fischereierzeugnissen aus IUU-Fischerei Fischereierzeugnisse aus Drittstaaten nur mit einer beiliegenden, von den zuständigen Behörden des Flaggenstaats validierten Fangbescheinigung in die EU ein- bzw. ausgeführt werden. Mit der Fangbescheinigung nach der IUU-VO bescheinigen die Behörden des Flaggenstaats, dass diese Fänge mit den geltenden Rechtsvorschriften und internationalen Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen im Einklang stehen. 17. Welche gesetzlichen Verpflichtungen haben deutsche Unternehmen bei der Berichterstattung sozialer Bedingungen innerhalb ihrer Lieferketten? Große Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland haben nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuchs (HGB) einen Lagebericht aufzustellen (§ 289 HGB) und dabei auch nichtfinanzielle Leistungsindikatoren, wie Arbeitnehmer- und Um- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4259 weltbelange, einzubeziehen, soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage des Unternehmens von Bedeutung sind. Soziale Bedingungen aus den Arbeitsverhältnissen sind davon umfasst. 18. Spricht sich die Bundesregierung für strengere Maßnahmen für deutsche Unternehmen bei der Berichterstattung zu sozialen Aspekten – insbesondere Sklaverei – innerhalb ihrer Lieferketten aus? Die nichtfinanzielle Berichterstattung wird durch die Richtlinie 2014/95/EU vom 22. Oktober 2014 auf europäischer Ebene neu geregelt. Deutschland wird diese Richtlinie fristgemäß bis zum 6. Dezember 2016 umsetzen und dabei die Anforderungen an die Berichterstattung bestimmter großer inländischer Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern erweitern. Diese werden künftig auch zu ihren Konzepten im Hinblick auf Arbeitnehmerbelange und die Achtung der Menschenrechte sowie damit verbundene Risiken zu berichten haben, soweit die Berichterstattung für das Verständnis der Lage und Entwicklung des Unternehmens und der Auswirkungen seiner Tätigkeit erforderlich ist. Soweit relevant und verhältnismäßig, wird auch eine Berichterstattung über Risiken aus den Geschäftsbeziehungen der Unternehmen sowie ihren Produkten und Dienstleistungen gefordert. 19. Werden die Menschenrechtsverletzungen in der Fischereiindustrie bei der Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte berücksichtigt? Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, einen Prozess zur Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte auf den Weg zu bringen, der von allen Beteiligten mitgetragen wird, ausreichend Zeit für die Partizipation aller Stakeholder bietet und gleichzeitig so zielgerichtet ist, dass der Nationale Aktionsplan noch in dieser Legislaturperiode finalisiert werden kann. Das Auswärtige Amt hat für diesen Prozess die Federführung übernommen . Zum jetzigen Zeitpunkt ist es dem ergebnisoffenen Prozess nicht zuträglich , inhaltliche Festlegungen zu treffen. 20. Plant die Bundesregierung Gesetzesinitiativen, um die Arbeitsbedingungen und Transparenz in der Lieferkette der Fischereiindustrie zu verbessern ? Zur Umsetzung der Richtlinie 2014/95/EU vom 22. Oktober 2014 wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. Unterhalb der gesetzlichen Ebene ist die Bundesregierung in mehreren Prozessen mit dem Thema Unternehmensverantwortung in Produktions- und Lieferketten befasst. Zum einen wird es im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft prominent aufgegriffen. So wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zusammen mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung am 10. und 11. März 2015 hierzu eine internationale Multistakeholderkonferenz organisieren, um gemeinsame Lösungsansätze innerhalb der G7-Staaten zu diskutieren. Die Ergebnisse fließen ein in die Konferenz der G7-Arbeits- und Entwicklungsminister, die im Oktober 2015 stattfindet. Die Rückverfolgbarkeit von Fischereierzeugnissen aus Drittstaaten ist über die Fangbescheinigungsregelungen der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/ 2008 gewährleistet. Des Weiteren wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Die Verordnung (EU) Nr. 1379/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation Drucksache 18/4259 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur schreibt zwingend Verbraucherinformationen unter anderem über die Herkunft der Produkte vor. 21. Wird sich die Bundesregierung für die Aufnahme eines Kapitels zu Menschenrechten und sozialen Aspekten im Zuge der Verhandlungen um ein EU-thailändisches Freihandelsabkommen einsetzen? Das Mandat für die Freihandelsverhandlungen mit den Ländern der ASEANRegion (ASEAN – Verband Südostasiatischer Nationen) unter Einschluss von Thailand sieht vor, ein Nachhaltigkeitskapitel aufzunehmen, dass für beide Seiten Verpflichtungen zur Förderung und wirksamen Anwendung international vereinbarter Sozial- und Umweltstandards enthält. Dies schließt die Förderung menschenwürdiger Arbeit durch die wirksame innerstaatliche Anwendung der Kernarbeitsnormen der ILO ein. 22. Im Falle, dass Thailand von der Europäischen Kommission der Status eines nicht kooperierenden Drittstaates gemäß Verordnung (EU) Nr. 1005/ 2008 ausgesprochen wird, was würde dies für die Handelsbeziehungen Deutschlands mit Thailand und für die Verhandlungen der EU mit Thailand über ein Freihandelsabkommen bedeuten? Thailand befindet sich nicht auf der Liste der nichtkooperierenden Drittstaaten nach Artikel 33 der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/2008. Für nichtkooperierende Drittländer sieht Artikel 38 der europäischen Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 grundsätzlich vor, dass ein Einfuhrverbot für Fischereierzeugnisse aus Fängen von Fischereifahrzeugen mit der Beflaggung des nichtkooperierenden Staates gilt. Fangbescheinigungen werden für solche Erzeugnisse nicht akzeptiert. Darüber hinaus besteht unter anderem für Wirtschaftsbeteiligte aus der Gemeinschaft das Verbot Fischereifahrzeuge zu erwerben, die die Flagge eines solchen Landes führen, und das Verbot, Fischereifahrzeuge der Gemeinschaft in solche Länder auszuführen. Auswirkungen der genannten hypothetischen Statusänderung auf die Handelsbeziehungen Deutschlands mit Thailand wie auch die Verhandlungen der EU mit Thailand über ein Freihandelsabkommen lassen sich unter den gegebenen Umständen nicht abschätzen. 23. Plant die Bundesregierung in den nächsten Jahren die Ratifizierung der ILO „Work in Fishing“ Konvention C188 (ILO – Internationale Arbeitsorganisation ), wie im Sozialbericht 2009 angekündigt? Die Bundesregierung plant, eine Ratifizierungsprüfung zum ILO-Übereinkommen Nr. 188 über die Arbeit im Fischereisektor durchzuführen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333