Deutscher Bundestag Drucksache 18/4297 18. Wahlperiode 11.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Dr. Alexander S. Neu, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4081 – Drohnen und Satellitenüberwachung deutscher und französischer Militärs für die OSZE-Mission in der Ostukraine Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach neuerlichen Gesprächen in Minsk und dem Beschluss einer Waffenruhe in der Ostukraine soll dieser weiterhin von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) überwacht werden. Hierzu gehört insbesondere der von den Außenministern Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands auf dem Treffen im „Normandie-Format“ verabredete „Rückzug schwerer Waffen“ (Bundesregierung vom 22. Januar 2015). Die bisherigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der OSZE sollen aufgestockt werden, der deutsche Bundesminister des Auswärtigen Dr. Frank-Walter Steinmeier spricht von einem „erheblichen Zuwachs“ (SPIEGEL ONLINE vom 13. Februar 2015). Deutschland habe laut der Bundeswehr bei den Verhandlungen „eine herausragende Rolle bei den diplomatischen Bemühungen gespielt“. Schon im Herbst hatte die Bundesregierung der OSZE ein militärisches Angebot für die Überlassung von bis zu elf Drohnen der Bundeswehr vom Typ „LUNA“ sowie zwei Bodenkontrollstationen unterbreitet (Bundestagsdrucksachen 18/2982 und 18/3675, Plenarprotokoll 18/56, Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs bei der Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ralf Brauksiepe an den Abgeordneten des Deutschen Bundestages Andrej Hunko vom 11. November 2014). Diese sollten von einem Kontingent deutscher Fallschirmjäger begleitet werden. OSZE-Missionen haben aber einen streng zivilen Charakter. Vermutlich aus diesem Grund hatte die OSZE das Angebot abgelehnt. Um dennoch Drohnen zu nutzen, hatte die OSZE zu Beginn der Mission vier Drohnen von der Firma Schiebel Elektronische Geräte GmbH aus Österreich geleast. Zum jüngst in Minsk ausgehandelten Fahrplan soll die OSZE weitere „technisch nötigen Hilfsmittel“ erhalten (SPIEGEL ONLINE vom 13. Februar 2015). Außer der „LUNA“ könnten nach Medienberichten auch „Zeitkontingente des deutschen Satellitensystems ‚SAR Lupe‘“ angeboten werden. Das Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 10. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. militärische System verarbeitet Bilder von Radarsatelliten. Die OSZE ist eine zivile Organisation, die für die Mission in der Ostukraine ausdrücklich keine militärischen Truppen oder militärisches Gerät angefragt hat (Pressemitteilung des Abgeordneten Andrej Hunko vom 9. Oktober 2014). Aus Sicht der Fragesteller würde ein vom Militär bereitgestelltes Drohnen- Drucksache 18/4297 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Angebot den zivilen Charakter der OSZE untergraben. Weitere militärische Angebote, darunter auch der Satellitenaufklärung könnten dieses Problem verschärfen , insbesondere wenn der Bundeswehr die Auswahl der an die OSZE übermittelten Bilder obliegt. 1. Welche Organisationen oder sonstigen Akteurinnen und Akteure sollen aus Sicht der Bundesregierung die Waffenruhe in der Ostukraine überwachen? Die Minsker Vereinbarungen vom September 2014 sowie das Minsker Maßnahmenpaket vom 12. Februar 2015 legen fest, dass die OSZE den Waffenstillstand in der Ukraine überwachen soll. 2. Mit welchem Personal und welchen Mitteln wird die Mission der OSZE in der Ostukraine nach Kenntnis der Bundesregierung aufgestockt? Das Auswärtige Amt bemüht sich derzeit, über das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) weiteres ziviles Personal für einen Einsatz in der OSZE Special Monitoring Mission zu finden. Über die Art der personellen Aufstockung der Mission durch andere Teilnehmerstaaten liegen der Bundesregierung keine Einzelheiten vor. Die Bundesregierung hat die Mission bislang mit 7,2 Mio. Euro unterstützt, dem größten Einzelbeitrag eines OSZE-Teilnehmerstaates. Über die weitere finanzielle Unterstützung der Mission wird in den anstehenden Haushaltsverhandlungen über das Budget der Mission in Wien verhandelt werden. 3. Was ist damit gemeint, wenn der Bundesminister des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, von einem „erheblichen Zuwachs“ spricht? Die OSZE beabsichtigt, bis voraussichtlich Ende März 2015 die im Mandat der Special Monitoring Mission vorgesehene Höchstzahl von 500 Beobachtern zu erreichen. Ob im Rahmen einer Mandatserweiterung die Obergrenze erhöht werden soll, so dass darüber hinaus weitere Beobachter zum Einsatz kommen können, ist durch die OSZE noch nicht entschieden. 4. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob das deutsche Angebot zur Überlassung von „LUNA“-Drohnen, wie von den Fragestellerinnen und Fragestellern mehrfach vorgetragen und auch von „SPIEGEL ONLINE“ berichtet, abgelehnt worden war, weil es sich um ein militärisches, von deutschen Fallschirmjägern begleitetes Kontingent gehandelt hätte? Das deutsche Angebot zur Unterstützung der OSZE-Beobachtermission mit einem nationalen Drohnenkontingent ist nicht prinzipiell abgelehnt worden. Zu der hierfür erforderlichen Mandatierung durch den Ständigen Rat der OSZE konnte allerdings keine Einigung erzielt werden. Insbesondere die seitens der Russischen Föderation im Jahr 2014 gestellten Bedingungen für die Zustimmung zu einer Drohnenunterstützungsmission waren unter den OSZE-Teilnehmerstaaten nicht konsensfähig. Zu diesen Bedingungen gehörte die Beschränkung der Beobachtungstätigkeit auf einen Korridor entlang der Waffenstillstandslinie , die die Beobachtungsfreiheit der OSZE hinsichtlich der im Minsker Protokoll vom 5. September 2014 vereinbarten aktiven Überwachung der russisch-ukrainisch Grenze unmöglich gemacht hätte und die russische Forderung nach Einbindung der sogenannten Separatisten bei der Operationsplanung einer Drohnenunterstützungsmission. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4297 5. Aus welchem anderen Grund hat die OSZE nach Einschätzung der Bundesregierung bis zuletzt auf das deutsche Angebot zur Überlassung von Drohnen des Typs „LUNA“ verzichtet? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern ihr früheres Angebot überhaupt zur Entscheidung durch den Ständigen Rat der OSZE entschieden worden war, und falls es nicht entschieden wurde, was ist der Bundesregierung über die Gründe bekannt? Der Ständige Rat wurde mit der Frage eines Mandats für nationale Drohnenkontingente nicht befasst. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 7. Welche Stellen welcher deutschen und französischen Behörden hatten hierzu zur „Koordination und zeitlichen Synchronisierung einer möglichen deutschen Unterstützung der Beobachtermission der OSZE mit luftgestützten Aufklärungsfähigkeiten“ einen „Informationsaustausch“ unterhalten , und inwiefern dauert dieser an? Der Informationsaustausch fand im Wesentlichen zwischen dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und dem französischen Centre de Planification et de Conduite des Opérations statt. Daneben erfolgt eine enge Koordinierung der beiden Verteidigungsministerien. 8. Was ist damit gemeint, wenn die Bundesregierung davon spricht, die Erkundung einer möglichen deutsch-französischen Drohnen-Mission sei „unter Abstützung auf ein französisches Luftfahrzeug durchgeführt“ worden (Bundestagsdrucksache 18/3675)? Der Hin- und Rückflug des deutsch-französischen Erkundungsteams erfolgten mit einer französischen militärischen Transportmaschine. 9. Was ergab die Prüfung der „rechtlichen Aspekte“ zur Nutzung der „LUNA“-Drohnen zur Unterstützung der OSZE-Mission hinsichtlich der dadurch „aufgeworfenen völker- und verfassungsrechtlichen Fragen“ (Bundestagsdrucksache 18/3675)? Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. 10. Was ist der Bundesregierung über Positionen bzw. Vorschläge bei Verhandlungen im Ständigen Rat der OSZE hinsichtlich der Hoheitszeichen von Drohnen der Bundeswehr bekannt? Die Bundesregierung verweist auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 15 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/3675 vom 30. Dezember 2014. Weitergehende Verhandlungen sind diesbezüglich bisher nicht erfolgt. 11. Auf welche Weise und mit welchem Inhalt war ein deutsches und französisches Drohnen-Angebot auch auf dem jüngsten Treffen in Minsk thematisiert worden? Drucksache 18/4297 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) Welche konkreten Vorschläge haben die deutsche und französische Regierung zu Zahl und Typ der Drohnen gemacht, und welche Verabredungen (auch zu Bodenkontrollstationen) wurden hierzu getroffen, bzw. wo werden diese endgültig entschieden? b) Welchen Vorschlag machte die Bundesregierung hierzu hinsichtlich der Kostenübernahme, und welche Kosten wurden hierfür anvisiert? Detailfragen zum Einsatz von Drohnen wurden bei den Verhandlungen in Minsk am 11. und 12. Februar 2015 nicht thematisiert. Es bestand ein allgemeiner in Punkt 3 des Minsker Maßnahmenpakets reflektierter Konsens, dass Drohnen ein nötiges Hilfsinstrument sind, um ein effektives Monitoring der Waffenruhe und des Abzugs schwerer Waffen durch die OSZE Special Monitoring Mission sicherzustellen. 12. Welche neuen Vorschläge haben Bundesbehörden gegenüber der OSZE zur mitgeführten Aufklärungstechnik der Drohnen gemacht? Es wurden keine neuen Vorschläge gemacht. 13. Wo sollten bzw. sollen aus Sicht der Bundesregierung von den Bundeswehr -Drohnen erhobene Informationen nach gegenwärtigem Stand verarbeitet werden? Die Frage der Verarbeitung der erhobenen Informationen wäre Teil der Verhandlung über den Einsatz der Drohnen. Weitergehende Verhandlungen sind diesbezüglich seit 2014 nicht erfolgt. 14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob auch Russland in Minsk die Bereitschaft zur Gestellung von Drohnen an die OSZE erneuerte? Es wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 15. Welche „mehrere OSZE-Staaten“ waren nach Kenntnis der Bundesregierung zuvor „grundsätzlich bereit, die Beobachtermission der OSZE mit Drohnenaufklärungsfähigkeiten zu unterstützen“ (Bundestagsdrucksache 18/3675)? Während der Gespräche zur Ukrainekrise am Rande des ASEM-Gipfels am 16. und 17. Oktober 2014 in Mailand hatten Vertreter der russischen, italienischen , französischen und deutschen Regierung ihre grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, eine Entsendung von nationalen Drohnenkontingenten in die Ukraine zu prüfen. 16. Welche weiteren Regierungen sind nach Kenntnis der Bundesregierung übereingekommen, „Drohnenfähigkeiten“ beizusteuern, und was ist der Bundesregierung darüber bekannt, ob diese von militärischen oder zivilen Behörden überlassen werden sollen (Bundestagsdrucksachen 18/2982 und 18/3675)? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass Regierungen weiterer Teilnehmerstaaten Interesse gezeigt haben, Drohnenfähigkeiten beizusteuern. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4297 17. Inwiefern und ggf. mit welchem Ergebnis war im Rahmen der jüngsten Minsker Verhandlungen davon die Rede, dass nicht nur zivile, sondern auch militärische Drohnen eingesetzt werden könnten? Diese Frage wurde bei den Verhandlungen in Minsk am 11. und 12. Februar 2015 nicht thematisiert. 18. Auf welche Weise und mit welchem Inhalt war auf dem jüngsten Treffen in Minsk auch das Angebot von „Zeitkontingente[n] des deutschen Satellitensystems ‚SAR Lupe‘“ thematisiert worden? Diese Frage wurde bei den Verhandlungen in Minsk am 11. und 12. Februar 2015 ebenfalls nicht thematisiert. 19. Welche konkreten Vorschläge hat die deutsche Regierung hierzu gemacht? Es wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. Unabhängig von den Verhandlungen in Minsk haben die französische und die deutsche Regierung bereits 2014 gegenüber der OSZE ihre Bereitschaft erklärt, die OSZE-Beobachtermission mit Erkenntnissen aus der Satellitenaufklärung im Rahmen einer französisch -deutschen Kooperation zu unterstützen. Über dieses Angebot wird gegenwärtig mit der OSZE gesprochen. 20. Inwiefern, und mit welchem Inhalt hat auch die französische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung die Überlassung von Daten aus der Satellitenaufklärung angeboten, und um welche Systeme handelt es sich dabei? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 18 und 19 verwiesen. 21. Auf welche Weise wird die mögliche Überlassung von „Zeitkontingente [n] des deutschen Satellitensystems ‚SAR Lupe‘“ bereits bei der Bundeswehr vorbereitet? a) Welche konkreten Daten welcher konkreten Satelliten würden hierfür verarbeitet? b) Über welche Auflösung verfügen die Daten? c) Wo und von wem würden die Daten erhoben und verarbeitet? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 18 und 19 verwiesen. Unabhängig davon hat das französisch-deutsche Angebot aus dem Jahr 2014 grundsätzlich weiterhin Bestand. 22. Auf welche Weise und von wem würde festgelegt, welche Aufklärungsdaten an welche Parteien weitergegeben bzw. zurückgehalten werden? Eine konkrete Anfrage müsste von der OSZE initiiert und mit einer detaillierten Fragestellung versehen werden. Diese Fragen würden beantwortet und die Antworten an die OSZE weitergeleitet werden. Drucksache 18/4297 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Wie will die Bundesregierung ausschließen, dass die Bundeswehr bestimmte Informationen zurückhält und damit Einfluss auf die zur Objektivität verpflichtete OSZE-Mission nimmt? Es wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. Erkenntnisse aus der Satellitenaufklärung könnten von der OSZE neben anderen Aufklärungsträgern komplementär zur Erfüllung ihrer Beobachtungsaufgaben genutzt werden. 24. Was ist der Bundesregierung aus den Gesprächen in Minsk zur Position Russlands hinsichtlich der Nutzung von deutschen bzw. französischen militärischen Drohnen und deutschen bzw. französischen Fähigkeiten der militärischen Satellitenaufklärung in der Ostukraine bekannt, und könnte dies aus russischer Sicht zur Militarisierung der zivilen OSZE-Mission beitragen? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 11 und 18 verwiesen. 25. Welche weiteren im jüngst in Minsk ausgehandelten Fahrplan geforderten „technisch nötigen Hilfsmittel“ soll die OSZE nach Kenntnis der Bundesregierung erhalten, und von wem würden diese nach derzeitigem Stand überlassen werden? Die OSZE hat zur Umsetzung der an sie im Minsker Maßnahmenpaket gestellten Anforderungen alle Teilnehmerstaaten um Unterstützung gebeten. Die Gewährung von Unterstützungsleistungen liegt damit zunächst in nationaler Zuständigkeit der OSZE-Teilnehmerstaaten. Über deren konkrete Absichten liegen der Bundesregierung bisher keine Erkenntnisse vor. Grundsätzlich betrachtet die OSZE auch immer die Möglichkeit der Beschaffung technischer Ausrüstung auf dem freien Markt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333