Deutscher Bundestag Drucksache 18/4369 18. Wahlperiode 17.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Özcan Mutlu, Kai Gehring, Beate Walter-Rosenheimer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4135 – Sechs Jahre nach dem Dresdner Bildungsgipfel – Stand und Perspektive der Zielsetzungen durch die Bundesregierung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nichts weniger als eine „Bildungsrepublik“ wurde von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder auf dem Dresdner Bildungsgipfel im Oktober 2008 ausgerufen. Auf diesem wurde beschlossen, dass die Quote an Schulabgängern ohne Schulabschluss bis zum Jahr 2015 von 8 auf 4 Prozent halbiert werden solle, gleiches wurde für die Quote an jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung vereinbart – auch hier sollte die Quote von 17 auf 8,5 Prozent gesenkt werden. Die Kindertagesbetreuung von unter Dreijährigen sollte auf 35 Prozent ausgebaut und auch die Weiterbildungsquote sowie die Studienanfängerquote sollte erhöht werden – von 40 auf 50 Prozent bzw. auf 40 Prozent eines Altersjahrgangs. Erhöht werden sollten zudem auch die Ausgaben für Bildung und Forschung – auf 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts . Die im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) erschienene „Bildungsgipfel -Bilanz 2014“ des Essener Bildungsforschers Klaus Klemm stellt den im Jahr 2008 formulierten Zielen der Bundesregierung nun mittlerweile zum insgesamt vierten Mal eine Expertise gegenüber. Demnach sind die Ergebnisse der „Bildungsgipfel-Bilanz 2014“ sehr durchwachsen. Zwar wurde die Kindertagesbetreuung für unter Dreijährige tatsächlich ausgebaut, die Qualitätsfrage bleibt aber weiterhin offen. Auch hinsichtlich einer Steigerung der Weiterbildungsquote sowie einer Erhöhung der Studienanfängerquote wurden Fortschritte erzielt; hier kann der „Bildungsgipfel-Bilanz 2014“ zufolge allerdings eine soziale Schieflage konstatiert werden. So bleiben diesbezüglich Menschen mit Migrationshintergrund, Arbeitslose oder Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung noch immer abgehängt. Auch die Erhöhung der Studienanfängerquote leidet laut der DGB-Expertise unter einer sozialen Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 12. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Schieflage – 50 Prozent der Studierenden kommen aus Akademikerfamilien, nur 27 Prozent aus Facharbeiterfamilien. Sehr ernüchternd sind insbesondere die Ergebnisse hinsichtlich des Ziels der Halbierung des Anteils der Schulabgänger ohne Abschluss sowie der Halbie- Drucksache 18/4369 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rung der Quote junger Erwachsener ohne Berufsausbildung. Hier sind die Quoten laut der DGB-Expertise lediglich von 8 auf 5,7 Prozent bzw. von 17 auf 13,8 Prozent gesunken. Die DGB-Bilanz wirft berechtigte Fragen auf, ob und wie die Bundesregierung den politischen Willen aufbringt, gemeinsam mit den Bundesländern möglichst rasch die Ziele des Bildungsgipfels umzusetzen. 1. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Qualität in der Kindertagesbetreuung und Kindertagespflege nach dem massiven Ausbau an Plätzen verbessert wird? Ist eine finanzielle Beteiligung des Bundes an Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität vorgesehen, und wenn ja, in welchem Umfang? 2. Inwiefern ist der „Diskurs über Interventionsfelder, Beteiligung und Beitrag der jeweiligen Akteure“ zu einem Bundesgesetz fortgeschritten, und gibt es neue Erkenntnisse zu „Zeitpunkt und Inhalt eines entsprechenden Gesetzentwurfs für ein Qualitätsgesetz“ (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2178)? 3. Wie sieht die Arbeitsplanung der von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Manuela Schwesig, eingerichteten BundLänder -Konferenz „Frühe Bildung weiterentwickeln“ aus? Ist eine Vorstellung der Ergebnisse der Konferenz vorgesehen, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Rahmen? Welche Themen sollen bei der von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig im Ausschuss für Familie, Frauen, Senioren und Jugend des Deutschen Bundestages am 14. Januar 2015 angekündigten Konferenz im Herbst 2015 behandelt werden? Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 bis 3 gemeinsam beantwortet . Am 1. März 2014 wurden in Deutschland 660 750 Kinder im Alter von unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen oder der öffentlich geförderten Kindertagespflege betreut: fast 300 000 Kinder mehr als im Jahr 2008. Seit dem Jahr 2008 stieg die Betreuungsquote der unter Dreijährigen von 17,6 Prozent auf 32,3 Prozent. Die Schaffung zusätzlicher Betreuungsplätze und der Personalausbau in der Kindertagesbetreuung gingen weder mit einer Absenkung der Qualifikationsniveaus des pädagogischen Personals in Kindertageseinrichtungen und der Tagespflegepersonen, noch mit einer Verschlechterung der Personalschlüssel und Gruppengrößen in Kindertageseinrichtungen einher. Diese und weitere Indikatoren für die Qualität der Kindertagesbetreuung sollen – wie im Koalitionsvertrag festgelegt – auch weiterhin in den Blick genommen werden, denn gute Rahmenbedingungen in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege sind eine wichtige Voraussetzung, um Kindern gute Chancen für ihre spätere Bildungs- und Berufslaufbahn zu eröffnen und Bildungsgerechtigkeit von Anfang an zu befördern. Damit alle Kinder in Deutschland gesund aufwachsen können und optimal in ihrer Entwicklung begleitet werden, hat sich eine Bund-Länder-Konferenz am 6. November 2014 insgesamt mit dem System der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung befasst und mit einem Communiqué einen Verständigungsprozess zwischen den zuständigen Fachministerinnen und Fachministern von Bund und Ländern und unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände über Qualität öffentlich verantworteter Kindertagesbetreuung eingeleitet. Dazu tagt regelmäßig eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes , der Länder und der kommunalen Spitzenverbände. Mit weiteren Verbänden und Organisationen wird ein Expertendialog geführt. Im Jahr 2016 wird ein ers- ter Zwischenbericht vorgelegt. Der Schwerpunkt der nächsten Fachministerkon- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4369 ferenz zur frühen Bildung wird derzeit zwischen den Fachministerien von Bund und Ländern abgestimmt. 4. Worauf führt die Bundesregierung zurück, dass die Quote des Anteils der Schulabgänger ohne Abschluss nicht wie geplant von 8 auf 4 Prozent halbiert, sondern laut „DGB-Bildungsgipfel-Bilanz 2014“ lediglich auf 5,7 Prozent gesunken ist, und welche konkreten Schritte leitet die Bundesregierung ein, um das Ziel „Halbierung der Quote des Anteils der Schulabgänger ohne Abschluss“ zumindest bis Ende 2015 zu erreichen? Bund und Länder haben in der Qualifizierungsinitiative für Deutschland unter anderem vereinbart, dass der Anteil der Schulabgängerinnen und Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss auf 4 Prozent bis zum Jahr 2015 reduziert werden soll. Mit dem Rückgang auf 5,7 Prozent im Jahr 2013 (letzte verfügbare Daten) ist bereits mehr als die Hälfte der angestrebten Reduzierung erreicht, was belegt, dass die eingeleiteten Maßnahmen Wirkung zeigen. Nach den Ergebnissen von PISA 2012 sind in Deutschland in den letzten Jahren Leistungsverbesserungen insbesondere bei benachteiligten Schülerinnen und Schülern erreicht worden. Es ist zu erwarten, dass sich diese Erfolge in den kommenden Jahren auch in einer weiteren Verbesserung der Abschlussquote niederschlagen werden. Von einer Fortsetzung der positiven Entwicklung und einer weiteren Verringerung des Anteils von Schulabgängern ohne Abschluss bis zum Zieljahr 2015 ist daher auszugehen ; eine abschließende Bewertung zur Zielerreichung wird dann auf Grundlage der voraussichtlich ab dem Jahr 2017 vorliegenden Daten erfolgen. Bund und Länder werden bei der Verfolgung der vereinbarten Ziele in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich tätig. Finanzierung, Gesetzgebung und Verwaltung im Bereich der schulischen Bildung sind ausschließliche Angelegenheit der Länder. Im Verantwortungsbereich des Bundes führt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vielfältige Maßnahmen durch, um das angestrebte Ziel zu erreichen. In Kooperation mit den Ländern, dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und der Bundesagentur für Arbeit (BA) werden im Rahmen der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ bereits während der Schulzeit die Potenziale junger Menschen erhoben und förderbedürftige Jugendliche langjährig, individuell und professionell begleitet (siehe auch die Antwort zu Frage 13). Darüber hinaus hat das BMBF mit der Initiative „Lesestart – Drei Meilensteine für das Lesen“ ein Instrument entwickelt, um insbesondere bildungsferne Eltern und deren Kinder für das Lesen zu gewinnen. Die Lese- und Sprachfähigkeit der Kinder wird damit bereits früh gefördert. Dies schafft wichtige Grundlagen für den späteren Bildungserfolg. Auch die gemeinsame Initiative von Bund und Ländern „Bildung durch Sprache und Schrift“ (BiSS) zielt darauf ab, Herkunft und Bildungserfolg voneinander zu entkoppeln. Mit BiSS wird eine Verbesserung der sprachlichen Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen auf der Grundlage empirisch fundierter, wissenschaftlicher Erkenntnisse angestrebt. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse unterstützt das Programm die Bemühungen in den Ländern zur Vorbereitung der Umsetzung erfolgreicher Maßnahmen in die Fläche. Drucksache 18/4369 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Welche konkreten Maßnahmen ergreift die Bundesregierung ggf. gemeinsam mit den Ländern, um zu verhindern, dass fast drei Viertel aller Schülerinnen und Schüler, die eine Förderschule verlassen, keinen regulären Schulabschluss (mindestens Hauptschulabschluss) erreichen? Schulbildung liegt nach der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes im Verantwortungsbereich der Länder. Es obliegt daher den Ländern, Maßnahmen zur Reduzierung des Anteils der Schulabgänger ohne Abschluss an Förderschulen zu ergreifen. 6. Welche Forschungsprojekte mit Schwerpunkt „Jugendliche ohne Schulabschluss “, hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit dem Jahr 2005 in Auftrag gegeben, liegen diesbezüglich Erkenntnisse vor, und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus gezogen? Das BMBF hat mit dem Nationalen Bildungspanel (NEPS) eine der größten sozialwissenschaftlichen Infrastruktureinrichtungen in Deutschland geschaffen und diese gemeinsam mit den Ländern im Jahr 2014 am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) verankert. Das NEPS bietet mit seinen Längsschnittdaten neue Analysemöglichkeiten zur Entwicklung von Bildungsbiographien und Wirkungen von Bildungsmaßnahmen über alle Bildungsetappen hinweg. Als Infrastruktureinrichtung stellt es Daten zur Verfügung, die nach unterschiedlichen wissenschaftlichen Fragestellungen ausgewertet werden können, beispielsweise auch im Hinblick auf das Erreichen von Schulabschlüssen durch Jugendliche. Darüber hinaus hat das BMBF im Jahr 2007 das Rahmenprogramm zur Förderung der empirischen Bildungsforschung aufgelegt. Das Programm beinhaltet unter anderem den Forschungsschwerpunkt „Chancengerechtigkeit und Teilhabe . Sozialer Wandel und Strategien der Förderung“, in dem 41 Forschungsprojekte mit rund 11 Mio. Euro in Form von Zuwendungen gefördert werden. Die Projekte untersuchen Ursachen, Wirkungen und Mechanismen von sozialer Herkunft und Bildungserfolg. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden auch Auskunft darüber geben, wie die Quote von Jugendlichen ohne Schulabschluss reduziert werden kann. Namentlich genannt seien hier die Projekte „Kompetenzerwerb und Lernvoraussetzung“ und „Unterricht. Heterogenität. Ungleichheit “, die untersuchen, inwiefern Schule soziale Ungleichheiten reproduziert oder sogar verstärkt. Den Einfluss familiärer und außerschulischer Faktoren beleuchten unter anderem die Vorhaben „Selbstorientierung und selbstständiges Lernen“, „Statusdynamiken und Bildungserbe der Familie“ und die Projekte „Eltern bilden – Kinder stärken“ sowie „Selbstwirksamkeit bei Kindern mit und ohne Migrationshintergrund“. Die Endergebnisse der Projekte fließen in die Überlegungen zum weiteren Vorgehen der Bundesregierung ein. 7. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die „Quote der Jugendlichen ohne Schulabschluss“ vielfach nicht mit der Quote „Verfehlen des Mindeststandards “ übereinstimmt, also die Quote an Schülerinnen und Schülern, die die Mindeststandards verfehlen, weitaus geringer ist, als die Quote an Schülerinnen und Schülern, die keinen Hauptschulabschluss erreichen (DGB-Expertise, S. 7)? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor. Die Erreichung des Mindeststandards für den Hauptschulabschluss wird von dem von den Ländern eingerichteten Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) ermittelt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4369 8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, warum die Quote an Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den neuen Bundesländern weitaus höher ist, als in den alten Bundesländern, und gibt es dazu konkrete Forschungsbefunde? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 9. Welche konkreten Forschungsprojekte mit Schwerpunkt schulische Inklusion wurden von der Bundesregierung seit dem Jahr 2009 in Auftrag gegeben , zu welchen dieser Forschungsprojekte liegen schon Ergebnisse vor, welche Forschungsprojekte wird die Bundesregierung – unabhängig von der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ – im Jahr 2015 in Auftrag geben, und sind für die Jahre 2016 und 2017 weitere Projekte geplant. bzw. angedacht ? Im Forschungsschwerpunkt „Chancengerechtigkeit und Teilhabe. Sozialer Wandel und Strategien der Förderung“ fördert das BMBF zum Thema Inklusion im schulischen Kontext zwei Vorhaben: Die „Bielefelder Längsschnittstudie zum Lernen in inklusiven und exklusiven Förderarrangements – BiLieF“ vergleicht dabei Motivation, Selbstwertgefühl und schulisches Wohlbefinden bei Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in exklusiven und inklusiven Schulformen. Das Verbundprojekt „Kinder mit spezifischen Sprachentwicklungsstörungen – eine prospektive Längsschnittstudie bei unterschiedlichen Bildungsangeboten“ beleuchtet u. a., inwiefern unterschiedliche Förderangebote Sprachentwicklungsstörungen abbauen und kompensieren. Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Diagnostik und Intervention bei Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ werden empirisch ausgerichtete Forschungsvorhaben gefördert, welche dazu beitragen, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die von Störungen im Bereich des Lesens, Rechtschreibens und Rechnens betroffen sind, eine individuelle, ursachenbezogene Diagnostik und evidenzbasierte Förderung zu ermöglichen. Bundesweit waren im ersten Förderzeitraum (2010 bis 2013) zwölf Projekte an dem Forschungsschwerpunkt beteiligt . Ergebnisse liegen der Koordinierungsstelle „Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ vor. In der aktuellen zweiten Förderphase (2014 bis 2017) werden acht Projekte (drei Verbund- und fünf Einzelvorhaben) unterstützt. Grundlegend handelt es sich bei „umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ um eine sogenannte Teilleistungsstörung und nicht um eine Behinderung. Während für Menschen mit Behinderung sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, gilt dies für Menschen mit Teilleistungsstörung nicht. Personen mit Teilleistungsstörungen werden bereits jetzt grundsätzlich „inklusiv“ beschult. Zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Forschungsförderung im Bereich „Inklusive Bildung“ plant das BMBF eine bildungsbereichsübergreifende Förderlinie, die den Fokus auf die Professionalisierung des pädagogischen Personals, Diagnostik sowie Übergänge legt. In diesem Zusammenhang wurde im Vorfeld der im Juni 2013 in Berlin ausgerichteten nationalen Konferenz zur inklusiven Bildung auch eine umfassende Expertise mit einer Auswertung des nationalen und internationalen Forschungsstandes veröffentlicht. Drucksache 18/4369 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Wie viele und welche Projektskizzen sind bis zum 14. November 2014 zur „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ beim BMBF eingegangen, bis wann wird über die Förderung einzelner Projektskizzen entschieden, und wie viele davon befassen sich konkret mit dem Thema Inklusion? Für die erste Bewilligungsrunde der ersten Förderphase der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ sind bis zum 14. November 2014 insgesamt 80 Vorhabenbeschreibungen eingegangen. Eine ganze Reihe der eingegangenen Projektvorhaben hat die Verbesserung des Umgangs mit Inklusion und Heterogenität in allen Phasen der Lehrerbildung in den Fokus der Projektumsetzung gestellt. Die durch das Auswahlgremium in der Sitzung vom 24. bis 26. Februar 2015 als förderwürdig eingestuften Projekte werden zur Antragstellung bis zum 30. April 2015 aufgefordert. Eine Zuwendung des Bundes erfolgt nach Prüfung des Antrages und nach Vorlage des Nachweises durch das jeweilige Sitzland, dass die Verpflichtungen der Bund-Länder-Vereinbarung zur „Qualitätsoffensive Lehrerbildung “ zur gegenseitigen Anerkennung von Studienleistungen, Vorbereitungsdienst und Lehramtsabschlüssen erfüllt sind. Erst im Anschluss an diese Phase wird eine Aussage darüber möglich sein, welche Projekte sich mit dem Thema Inklusion befassen. Die Frist für das Einreichen von Projektvorhaben für die zweite Bewilligungsrunde der ersten Förderphase endet am 12. Juni 2015. 11. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass der Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Behinderung im gemeinsamen Unterricht mit dem Alter sukzessive abnimmt, und liegen der Bundesregierung diesbezüglich Ergebnisse aus der Bildungsforschung vor? Tendenziell gibt es in allen Schulformen einen leichten Anstieg integrativer Beschulung. Vorliegende Forschungsbefunde geben Hinweise, dass der abnehmende Anteil von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht insbesondere auf der Zunahme des Fachunterrichts der Sekundarstufe, der Fachleistungsdifferenzierung, der Leistungsmessung und -beurteilung, den fehlenden Kooperationszeiten im Fachlehrersystem und unzureichenden Fortbildungsangeboten beruhen könnte. Der sonderpädagogische Förderbedarf wird regelmäßig (in der Regel jährlich) überprüft. Dies kann zur Aufhebung des sonderpädagogischen Förderbedarfs, zum Wechsel des Förderortes oder zum Wechsel des Bildungsgangs, somit also auch zur Veränderung des Anteils der Förderbedürftigen, führen. Die empirische Bildungsforschung hat hierzu bereits eine Reihe von Erkenntnissen geliefert. Gleichwohl sind weitere Forschungen notwendig, insbesondere mit Blick auf das Spannungsfeld von Individualisierung und Leistungsdifferenzierung , die didaktischen Kompetenzen zum Umgang mit unterschiedlichen Lernausgangslagen sowie die anspruchsvolle Kooperation von Lehrkräften. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Welche konkreten Schritte leitet die Bundesregierung ggf. gemeinsam mit den Ländern ein, um zu verhindern, dass sich die Teilhabe von Menschen mit Behinderung mit jeder weiteren Bildungsstufe verringert? Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen der Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention dafür ein, dass Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam leben, lernen, arbeiten und wohnen. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an inklusiver Bildung ist dabei ein wichtiger Aspekt. Die schulische Bildung von jungen Men- schen mit Behinderung liegt im Verantwortungsbereich der Länder. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9, 10, 15 und 23 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4369 13. Worauf führt die Bundesregierung zurück, dass die Quote des Anteils an jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung nicht wie geplant von 17 auf 8,5 Prozent halbiert wurde, sondern laut „DGB-Bildungsgipfel-Bilanz 2014“ lediglich auf 13,8 Prozent gesunken ist, und welche konkreten Schritte leitet die Bundesregierung ein, um das Ziel „Halbierung der Quote des Anteils von jungen Erwachsenen ohne Berufsausbildung“ zumindest bis Ende des Jahres 2015 zu erreichen? Bund und Länder haben in Dresden im Jahr 2008 eine Reihe von Maßnahmen vereinbart mit dem Ziel, dass der Anteil an jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss deutlich reduziert wird. Seitdem hat es signifikante Fortschritte in diesem Handlungsfeld gegeben, die es auszubauen gilt. Als maßgeblich hierfür wird insbesondere ein präventiver und ganzheitlicher Ansatz angesehen. Im Rahmen der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ wird durch eine systematische und praxisorientierte Berufsorientierung im Sinne des Grundsatzes „Prävention statt Reparatur“ der reibungslose Übergang von der Schule in die berufliche Ausbildung gefördert. Die unter gemeinsamer Federführung des BMBF und des BMAS in Kooperation mit der BA und den Ländern durchgeführte Initiative verzahnt dabei im Rahmen von Bund-Länder-Vereinbarungen bewährte Förderprogramme mit neuen Förderinstrumenten zu einer kohärenten Gesamtarchitektur . Außerdem wird die Begleitung von Jugendlichen während der Ausbildung verstärkt. Hierzu wurde in einem ersten Schritt eine Gesetzesinitiative auf den Weg gebracht, um bereits im Ausbildungsjahr 2015/2016 bis zu 10 000 benachteiligte junge Menschen durch Assistierte Ausbildung zum Ausbildungsabschluss zu führen und ausbildungsbegleitende Hilfen auf alle jungen Menschen auszuweiten, die dieser Hilfe zur Aufnahme und zum erfolgreichen Abschluss einer Berufsausbildung bedürfen. Darüber hinaus haben die Partner der „Allianz für Aus- und Weiterbildung“ vereinbart , dass insbesondere die Nachqualifizierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss verstärkt werden soll und die entsprechenden Fördermöglichkeiten stärker genutzt und fortentwickelt werden sollen. Zudem haben BMAS und BA bereits im Februar 2013 die „Initiative Erstausbildung junger Erwachsener“ gestartet. Bis November 2014 (aktuellster Wert) konnten bereits rund 65 000 junge Erwachsene für eine abschlussorientierte Qualifizierung bzw. Ausbildung gewonnen werden. Damit wurde das Ziel der Initiative, insgesamt 100 000 junge Menschen zwischen 25 und 35 Jahren für das Nachholen eines Berufsabschlusses bis Ende 2015 zu gewinnen, zu nahezu zwei Dritteln bereits erreicht. 14. Wie werden die sowohl in Berufen mit dualer Ausbildung, als auch in solchen mit schulischer oder akademischer Ausbildung zunehmende Bedeutung des lebenslangen Lernens und die Notwendigkeit zu beruflicher Flexibilität – immer weniger Menschen üben über ihr gesamtes Erwerbsleben denselben Beruf aus – bei der Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes berücksichtigt? In der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz erörtern zurzeit die Verbände der Menschen mit Behinderungen, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, die Träger der freien Wohlfahrtspflege, die Konferenz der Fachverbände für Menschen mit Behinderungen, die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und ihre Werkstatträte, die Bundesländer, die Kommunalen Spitzenverbände, die überörtlichen Sozialhilfeträger, die Sozialversicherungsträger und die Sozialpartner mit der Bundesregierung die Kern- punkte der Reform auf hochrangiger Ebene. Die Verwirklichung inklusiver Bildung und das Recht auf lebenslanges Lernen im Sinne von Artikel 24 der Drucksache 18/4369 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode VN-Behindertenrechtskonvention waren Gegenstand der 6. Sitzung der Arbeitsgruppe am 20. Januar 2015. Der Beteiligungsprozess soll im April 2015 abgeschlossen und umfassend dokumentiert werden. Zwischenergebnisse werden fortlaufend auf der Internetpräsenz www.gemeinsam-einfach-machen.de veröffentlicht . 15. Welche konkreten Unterstützungsleistungen für regionale Netzwerke plant die Bundesregierung hinsichtlich der Umsetzung von Inklusionskonzepten in der beruflichen Bildung, und inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Forderung der Regierungsfraktionen in ihrem Antrag zum nationalen Bildungsbericht 2014, regionale Netzwerke modellhaft dabei zu unterstützen, Inklusionskonzepte in der beruflichen Bildung zu entwickeln (Bundestagsdrucksache 18/3546; bitte unter detaillierter Aufschlüsselung der jeweiligen Modellprojekte und konkret geplanten unterstützenden Maßnahmen)? Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) ist inklusiv ausgerichtet. Im BBiG und in der Handwerksordnung (HwO) ist vorgesehen, dass Menschen mit Behinderung ebenso wie Menschen ohne Behinderung in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden. Die besonderen Verhältnisse behinderter Menschen sind dabei zu berücksichtigen. Nur für Menschen mit Behinderung, für die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nicht in Betracht kommt, sollen die zuständigen Stellen aus anerkannten Ausbildungsberufen abgeleitete „Fachpraktikerausbildungen“ anbieten (§ 66 BBiG bzw. § 42m HwO). Im Hinblick auf regionale Netzwerke hat das BMBF im Rahmen seiner Berufsbildungsforschungsinitiative im Dezember 2014 eine Studie zum Thema „Effizienz der Inklusionsberatung für Betriebe und Ausbilderinnen und Ausbilder“ beauftragt. Dazu soll der Wissensstand und Beratungsbedarf von Inklusionsberatungsfachkräften bei zuständigen Stellen und Ausbilderinnen und Ausbildern in kleinen und mittleren Betrieben ermittelt und repräsentativ abgebildet werden. Die Ergebnisse sollen den Kammern und interessierten Verbänden zur Verfügung gestellt werden. Sie ergänzen die Initiative des BMAS „Implementierung von Inklusionskompetenz bei Kammern“, in deren Rahmen bis zu 50 Handwerks-, Industrie- und Handelskammern sowie Landwirtschaftskammern je bis zu 100 000 Euro Fördermittel aus dem Ausgleichsfonds erhalten, um ihre Strukturen zur Verbesserung der Inklusion schwerbehinderter Menschen in Ausbildung und Beschäftigung in den Mitgliedsunternehmen weiterzuentwickeln. 16. Auf welcher Grundlage hält die Bundesregierung die in der Allianz für Aus- und Weiterbildung angekündigte freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen, 20 000 zusätzliche betriebliche Berufsausbildungsstellen für das Jahr 2015 anzubieten, für ausreichend, obwohl für das Jahr 2014 insgesamt 559 431 Bewerbungen 511 613 gemeldeten Berufsausbildungsstellen (Bundesagentur für Arbeit, 2014) gegenüberstanden, und damit im Jahr 2014 bereits eine rechnerische Lücke von 47 818 unversorgten Bewerberinnen und Bewerbern bestand? Im Jahr 2014 lag die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bei 522 232. Die Zahl der unversorgten Bewerberinnen und Bewerber lag bei 20 872. Dem standen 37 101 gemeldete unbesetzte betriebliche Ausbildungsstellen gegenüber. Die Bundesregierung begrüßt die in der Allianz vereinbarte Zielsetzung, seitens der Wirtschaft im Jahr 2015 20 000 zusätzliche betriebliche Ausbildungs- plätze – gegenüber den im Jahr 2014 bei der BA gemeldeten Ausbildungsplätzen – zur Verfügung zu stellen. Damit wird das Angebot an betrieblichen Aus- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4369 bildungsstellen perspektivisch erweitert. In der Allianz für Aus- und Weiterbildung wird die Umsetzung und Erfüllung dieser Zielsetzung der Wirtschaft nachgehalten . Dabei handelt es sich um eine von verschiedenen Maßnahmen, die in der Allianz verabschiedet wurden, um auch insbesondere die Passungsproblematik (Matching) am Ausbildungsmarkt aufzulösen. 17. Wie viel Prozent aller Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Klasse allgemeinbildender Schulen erwartet die Bundesregierung durch die neuen Richtlinien für die Förderung der Berufsorientierung in überbetrieblichen und vergleichbaren Berufsbildungsstätten (BOP) in den Jahren 2015, 2016 und 2017 zu erreichen (bitte unter Nennung konkreter Prozentwerte und unter Aufschlüsselung der jahresspezifischen Prognosen)? Aufgrund der für die Planungsprozesse der Schulen und Träger erforderlichen Zeitabläufe werden die neuen Förderrichtlinien, die zum 1. Januar 2015 in Kraft getreten sind, erst die Jahrgangskohorte der 7./8. Klasse ab 1. Januar 2016 erreichen . Hierzu wurden in der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 1. März 2015 die Förderanträge eingereicht. Allerdings wird die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die an Maßnahmen des Berufsorientierungsprogramms (BOP) teilnehmen können , künftig durch die bilateralen Vereinbarungen mit den Ländern zur Bildungsketten -Initiative bestimmt sein (vergleiche die Antwort zu Frage 13). So wurde durch bereits abgeschlossene Vereinbarungen mit den Ländern Nordrhein -Westfalen und Thüringen dort Bedarfsdeckung erreicht. Die mit Berufsorientierungsmaßnahmen versorgten Schülerinnen und Schüler werden daher substanziell durch die Landeskonzepte bestimmt und können folglich derzeit nicht prognostiziert werden. 18. Welchen Effekt erhofft sich die Bundesregierung von der Förderung der Berufsorientierung auf die Zahl der Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, und auf die Zahl der Jugendlichen, die nach der Schule keinen Ausbildungsplatz finden? Durch die frühe Berufsorientierung wird ein Prozess angestoßen, der die Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Eltern frühzeitig für das Thema „Beruf“ sensibilisiert. Auf diese Weise wird für sie die Bedeutung eines guten Schulabschlusses oftmals nachdrücklicher bewusst. Dadurch erhofft sich die Bundesregierung , dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler, die ohne Hauptschulabschluss die allgemeinbildende Schule verlassen, weiter abnimmt. Durch den genannten Prozess werden die Berufswahlkompetenz und die Kenntnis der beruflichen Anforderung der Jugendlichen gestärkt. Damit wird nach Erwartung der Bundesregierung ein Beitrag zur Verminderung der Zahl der Jugendlichen geleistet, die keinen Ausbildungsplatz finden. 19. Gibt es aus der Evaluation der bisherigen Berufsorientierungsangebote Erkenntnisse , die einen direkten Effekt zeigen, und wenn ja, wie sieht der aus? Wenn nein, welche Reform der Richtlinie zur Förderung der Berufsorientierung , die zum 1. Januar 2015 geändert wurde, soll nun einen messbaren Effekt bewirken? Die begleitende Evaluation des BOP wurde 2013 gestartet und wird bis zum Jahr 2017 laufen, um den gesamten Prozess der Maßnahmen abzubilden. Die Zwischenergebnisse werden fortlaufend auf der Internetseite des Programms (www.berufsorientierungsprogramm.de) veröffentlicht. Der zweite Zwischenbericht vom Februar 2015 gibt erste qualitative und quantitative, statistisch ab- Drucksache 18/4369 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gesicherte Ergebnisse über den derzeit erfassbaren Erfolg der Maßnahmen. Hier seien hervorgehoben: ● Die praktische Erprobung führt in der Regel zu einer besseren Selbsteinschät- zung der Jugendlichen. Ihr Bild von den Anforderungen und Möglichkeiten des jeweiligen Berufsfeldes wird durch die Werkstatttage realistischer, sowohl im Sinne einer Bestätigung bisheriger Berufsziele als auch im Sinne einer Neuorientierung. ● Die Sicherheit bei der eigenen Berufsentscheidung ist bei den Jugendlichen, die am BOP teilgenommen haben, gestiegen, nicht dagegen bei der Vergleichsgruppe , die nicht am BOP teilgenommen hat. Eine Geschlechtertrennung zeigt, dass besonders die Mädchen sich bei ihrer Berufswahl sicherer geworden sind. ● Die Ergebnisse der standardisierten Befragung zeigen eine Zunahme der Beschäftigung mit dem Thema Berufswahl. Die berufliche Adaptabilität ist bei den BOP-Teilnehmerinnen und Teilnehmern nachweisbar stärker gestiegen als in der Vergleichsgruppe. 20. Wie will die Bundesregierung die Weiterbildungsbeteiligung von bisher unterrepräsentierten Gruppen (Arbeitslose, gering Qualifizierte, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung und Menschen mit Migrationshintergrund ) auf 50 Prozent erhöhen, welches auf dem Bildungsgipfel 2008 als Gesamtziel der Weiterbildungsbeteiligung festgelegt worden ist? Das in Dresden im Jahr 2008 von Bund und Ländern vereinbarte Ziel, die Weiterbildungsbeteiligung von 43 Prozent (2006) bis zum Jahr 2015 auf 50 Prozent zu steigern, wurde bereits im Jahr 2012 mit 49 Prozent nahezu erreicht. Erste Ergebnisse der noch unveröffentlichten nationalen Studie „Adult Education Survey 2014“ bestätigen, dass sich dieser Trend auch im Erhebungsjahr 2014 fortgesetzt hat. Obgleich die Weiterbildungsbeteiligung von Arbeitslosen, gering Qualifizierten und Menschen mit Migrationshintergrund zunimmt, liegt sie noch deutlich unter dem Durchschnittswert. Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen um die Erhöhung der Weiterbildungsquote in Deutschland insbesondere durch die Förderung der individuellen Weiterbildung (z. B. im Rahmen der Initiative „Chance Beruf“), die Verbesserung der Rahmenbedingungen für aktive Weiterbildungsbeteiligung (z. B. innerhalb des neuen Förderschwerpunktes „Innovative Ansätze zukunftsorientierter beruflicher Weiterbildung“) sowie durch präventive Arbeitsmarktpolitik. So begannen im Jahr 2014 rund 318 000 Menschen eine geförderte berufliche Weiterbildung nach dem Recht der Arbeitsförderung. Zur verstärkten Förderung von geringqualifizierten und älteren Beschäftigten führt die BA das Sonderprogramm für die „Weiterbildung Geringqualifizierter und beschäftigter Älterer in Unternehmen“ (WeGebAU) fort. Außerdem unterstützt die BA seit dem Jahr 2010 mit der Initiative zur Flankierung des Strukturwandels (IFlaS) Geringqualifizierte beim Erwerb von anerkannten Berufsabschlüssen bzw. Teilqualifizierungen. Mit der Initiative „AusBILDUNG wird was – Spätstarter gesucht“ sollen in den Jahren 2013 bis 2015 in den Rechtskreisen des Zweiten und Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III) insgesamt 100 000 geringqualifizierte junge Erwachsene zwischen 25 und unter 35 Jahren für eine abschlussbezogene Qualifizierung gewonnen werden. Mit der Bildungsprämie sollen mehr Menschen für die individuelle berufliche Weiterbildung mobilisiert werden. Insbesondere soll die Weiterbildungsbeteili- gung derjenigen gestärkt werden, die sich bisher aus finanziellen Gründen nicht an Weiterbildungsaktivitäten beteiligt haben bzw. beteiligen konnten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4369 21. Welche konkreten Reformziele will die Bundesregierung bei der für das Jahr 2015 angekündigten Reform der Aufstiegsfortbildungsförderung („Meister-BAföG“) anstreben, und welche gesetzgeberischen Schritte plant sie konkret im Beratungsverfahren im Bundeskabinett, im Deutschen Bundestag und im Bundesrat (bitte mit Zeitplan)? Die Bundesregierung will in dieser Legislaturperiode die Förderleistungen des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) verbessern und die Fördermöglichkeiten erweitern. Die Förderleistungen des AFBG wurden mit dem 25. Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföGÄndG), das am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, bereits zum 1. August 2016 verbessert. Durch ein 3. AFBGÄndG sollen insbesondere die Strukturen der Förderung weiter optimiert werden. Eine Änderung des AFBG erfolgt durch ein zustimmungspflichtiges Gesetz. Festlegungen zu den genauen Inhalten und zum genauen Zeitplan eines AFBG-Änderungsgesetzes sind noch nicht getroffen. 22. Welche Lücke sieht die Bundesregierung bei den Finanzierungsmöglichkeiten von Weiterbildung, und wie steht sie zur Einführung eines Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes , wie es die „Expertenkommission Finanzierung Lebenslangen Lernens“ vorgeschlagen hat? Die Bundesregierung unterstützt mit attraktiven Instrumenten der individuellen Weiterbildungsförderung (siehe auch die Antworten zu den Fragen 20 und 21) unterschiedliche Erwachsenengruppen gezielt und mit Blick etwa auf ihre konkreten Lebenssituationen, ihren wirtschaftlichen Hintergrund, ihre Möglichkeit zur Eigenverantwortung oder ihr konkretes Fortbildungsziel. Aus Sicht der Bundesregierung überwiegen derzeit mit Blick auf den vielschichtigen Weiterbildungsmarkt die Vorteile passgenauer Angebote die möglichen Vorteile gleichförmiger Förderstrukturen. 23. Wie gewährleistet die Bundesregierung über die Förderung der Informations - und Beratungsstelle „Studium und Behinderung“ des Deutschen Studentenwerks hinaus, dass auch Studierende mit einer Behinderung die gleichen Chancen haben wie Studierende ohne Behinderung? Für konkrete Maßnahmen zur Kompensation von Benachteiligungen behinderter Menschen im Hochschulbereich sind entsprechend der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ausschließlich die Länder sowie die Hochschulen verantwortlich. Die Hochschulen sind landesrechtlich dazu verpflichtet, die besonderen Bedürfnisse behinderter Studierender zu berücksichtigen. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass behinderte Studierende in ihrem Studium die Angebote der Hochschule gleichberechtigt und diskriminierungsfrei in Anspruch nehmen können. Im Verantwortungsbereich des Bundes fördert das BMBF seit dem Jahr 1982 die Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) beim Deutschen Studentenwerk (DSW). Die IBS ist dabei für die Hochschulen in Deutschland das Kompetenzzentrum für das Themenfeld Studium und Behinderung und trägt auf diesem Wege dazu bei, die kompetente Beratung und Information von Studierenden mit Behinderung bundesweit sicherzustellen. Darüber hinaus beabsichtigt das BMBF, im Rahmen der Bildungsforschung in der zweiten Hälfte dieser Legislaturperiode die Studierendenbefragung „beeinträchtigt studieren – best 2“ zu fördern, um allen Akteuren aktuelle Daten zur Lage der behinderten Studierenden an deutschen Hochschulen zur Verfügung zu stellen. Die Berücksichtigung der allgemeinen Ausbildungs- und Lebenshaltungskosten während einer nach dem BAföG förderungsfähigen Ausbildung erfolgt im Drucksache 18/4369 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode BAföG für Auszubildende mit und ohne Behinderungen der Förderungsart und -höhe nach grundsätzlich gleichermaßen. Im Bereich der Ausbildungsförderung wird eine behinderungsbedingte Verlängerung der Ausbildungsdauer nach § 15 Absatz 3 Nummer 5 BAföG mit Verlängerung der Förderungsdauer über die Regelstudienzeit hinaus dahin gehend berücksichtigt, dass die verlängerte Förderung als Vollzuschuss erfolgt (§ 17 Absatz 2 Satz 2 Nummer 2 BAföG) und damit den bei Studierenden grundsätzlich hälftigen Darlehensanteil nicht erhöht. Darüber hinausgehend erforderliche Leistungen für individuell behinderungsbedingten zusätzlichen Unterstützungsbedarf sind im Bereich der Eingliederungshilfe geregelt. 24. Warum kommt die Erhöhung des BAföG, die mit der 25. Novelle auf den Weg gebracht wurde, erst zum Wintersemester 2016/2017 bei den Studierenden an, obwohl es eine soziale Schieflage beim Hochschulzugang gibt – unter den Studierenden kommen nur 27 Prozent aus Familien, in denen die Eltern höchstens einen Facharbeiterabschluss haben, während 50 Prozent aus Akademikerfamilien kommen (siehe 20. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks)? Gleichmäßige Bildungsbeteiligung unabhängig von sozialem und Bildungsstand der Herkunftsfamilie lässt sich nicht allein über finanzielle Ausbildungsförderung erreichen. § 35 BAföG sieht statt einer Anhebungsautomatik vor, jeweils auf Basis der zugleich vorgeschriebenen Berichterstattung durch die Bundesregierung im Rahmen einer Gesamtabwägung auf Basis auch der finanzwirtschaftlichen Gesamtentwicklung sowie weiterer Faktoren über den Umfang und Zeitpunkt einer Anpassung zu entscheiden. Im Gegenzug zu der durch das 25. BAföG-Änderungsgesetz bereits ab 2015 wirkenden Entlastung der Länder mit Übernahme des bisherigen Länderanteils an der Finanzierung der BAföGLeistungen durch den Bund mit einem jährlichen Volumen von rund 1,2 Mrd. Euro haben die Länder politisch zugesagt, die dadurch in den Länderhaushalten frei werdenden Mittel wieder im Bildungsbereich, insbesondere in den Hochschulbereich , zu investieren. Dies wird somit ebenfalls überwiegend den Studierenden selbst zugute kommen. Zum Schuljahr 2016/2017 bzw. zum Wintersemester 2016/2017 wird die deutliche Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge im BAföG greifen. 25. Inwiefern wird die Bundesregierung Unterstützung für die zehntausenden Schülerinnen, Schüler und Studierenden – es dürften in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt bis zu 60 000 sein –, leisten, die aufgrund der erst zum Wintersemester 2016/2017 erfolgende Erhöhung aus dem BAföG herausfallen (siehe DIE ZEIT vom 8. Oktober 2014 „60.000 Studenten könnte Bafög gestrichen werden“)? Die Tatsache, dass mit jährlich ansteigenden ggf. anzurechnenden Einkommen die Zahl der BAföG-Geförderten zurückgeht, ist eine im System subsidiärer Ausbildungsförderung angelegte, langjährig bekannte Erfahrungstatsache. Ob daraus jeweils auch ein Handlungserfordernis abzuleiten ist, ist Grundlage der jeweils zweijährlichen Berichtspflichten der Bundesregierung über die Entwicklung des BAföG. Soweit aufgrund besonderer, im BAföG nicht berücksichtigungsfähiger Umstände der pauschalierte Anrechnungsbetrag elterlichen Einkommens nach dem BAföG die finanzielle Leistungsfähigkeit der wegen gestiegener Einkommen weitergehend unterhaltsverpflichteten Eltern im Einzelfall übersteigt, bleibt für jeden Auszubildenden die Möglichkeit, einen Antrag auf sogenannte BAföG-Vorausleistungen beim zuständigen Amt für Ausbildungs- förderung zu stellen. Leisten die Eltern den angerechneten Unterhaltsbetrag nicht oder nicht in voller Höhe und ist deshalb die Ausbildung gefährdet, wird Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4369 der Betrag nach Anhörung der Eltern vom Amt für Ausbildungsförderung ohne Berücksichtigung des eigentlich anzurechnenden Elterneinkommens vorausgeleistet (§ 36 Absatz 1 BAföG). Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Ausbildung nicht abgebrochen werden muss, wenn die Eltern nicht den vollen Anrechnungsbetrag leisten, der das den BAföG-Freibetrag übersteigende Einkommen ohnehin nur zur Hälfte berücksichtigt. Ob die Eltern den ihnen angerechneten Betrag zu Recht nicht oder nicht in voller Höhe als Ausbildungsunterhalt gezahlt haben, wird in diesen Fällen gegebenenfalls durch die Ämter für Ausbildungsförderung geklärt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333