Deutscher Bundestag Drucksache 18/4400 18. Wahlperiode 23.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Nicole Maisch, Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4245 – Einsatz von Reserveantibiotika und Resistenzentwicklung in der Tierhaltung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Carbapeneme sind Antibiotika, die für die Behandlung von Menschen zugelassen sind und von der Weltgesundheitsorganisation als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen (critically important antimicrobials ) eingestuft werden. Solche Reserveantibiotika kommen zum Einsatz, wenn Standardantibiotika keine Wirkung mehr zeigen. Routinemäßig werden Isolate aus Tierbeständen und Lebensmitteln derzeit nicht auf eine Carbapenem-Resistenz getestet, da diese Wirkstoffklasse in der Veterinärmedizin nicht zugelassen ist. Wegen der hohen Risiken, die von Carbapenem -Resistenzen ausgehen, schlägt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vor, die Überwachung von Tierbeständen und Lebensmitteln auf das Vorkommen von carbapenemasebildenden Keimen zu verstärken und hierfür geeignete Methoden zu etablieren. Zudem sollen Maßnahmenpläne dafür erarbeitet werden, wie eine Ausbreitung dieser Keime eingedämmt werden kann (www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3501.htm). Andere Reserveantibiotika kommen in der Tierhaltung regelmäßig zum Einsatz . Bereits heute könnte die Bundesregierung den Einsatz bestimmter Antibiotika in der Nutztierhaltung zwar einschränken oder an Bedingungen knüpfen . Dies ist bislang noch nicht der Fall. 1. In welchem Umfang wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen sechs Jahren landwirtschaftliche Nutztierbestände in Deutschland auf carbapenemasebildende Keime untersucht (bitte nach gehaltener Tierart, Bundesland und Bestandsgröße aufschlüsseln)? Im nationalen Resistenzmonitoring tierpathogener Erreger des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wird seit dem Studienjahr Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 19. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2011 die Resistenzlage von Gram-negativen Bakterien gegenüber dem Carbapenem mit der Bezeichnung Imipenem untersucht. Diagnostiklabore aus der ganzen Bundesrepublik Deutschland senden nach einem vom BVL erstellten Stichprobenplan Isolate aus Rinder-, Schweine- und Geflügelbetrieben (alle Produktionsstufen, alle Betriebsgrößen) an das BVL, das die Isolate auf ihr Re- Drucksache 18/4400 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode sistenzverhalten untersucht. Bisher liegen die Ergebnisse aus den Studienjahren 2011 bis 2013 vor, die Untersuchungen und Auswertungen für das Studienjahr 2014 sind noch nicht abgeschlossen. Im Jahr 2014 hat das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Rahmen des Nationalen Zoonosen-Monitorings auf Grundlage der Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Erfassung, Auswertung und Veröffentlichung von Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern entlang der Lebensmittelkette (AVV Zoonosen Lebensmittelkette), für das nach einem Stichprobenplan amtliche Proben durch die Länder gezogen werden, 384 Isolate von E. coli, die gegenüber Cephalosporinen der dritten Generation oder einem Carbapenem resistent waren, auf die Bildung von Carbapenemasen untersucht. Bisher wurde keines der untersuchten Isolate als Carbapenemase-Bildner bestätigt. Über den vollständigen Umfang der Probennahmen in diesen Programmen im Jahr 2014 kann derzeit noch keine Auskunft gegeben werden, weil die Länder diese Daten noch nicht vollumfänglich übermittelt haben. Für das Jahr 2015 wurden die Länder im Rahmen des Zoonosen-Monitorings gebeten, auf freiwilliger Basis eine zusätzliche, gezielte Untersuchung auf Carbapenem-resistente E. coli vorzunehmen. 2. Wie häufig wurden Carbapenem-Resistenzen nach Kenntnis der Bundesregierung in deutschen Tierhaltungsbetrieben in den Jahren 2008 bis 2014 nachgewiesen (bitte nach Jahr, absoluter Zahl und prozentualem Anteil aufschlüsseln )? Die im Rahmen des in der Antwort zu Frage 1 beschriebenen Resistenzmonitorings des BVL bei Tierpathogenen erfolgten Nachweise sind in Tabelle 1 gelistet. Tabelle 1: Anzahl der im nationalen Resistenzmonitoring des BVL detektierten Imipenem resistenten Bakterienisolate Nachweise Carbapenemase-bildender Keime in deutschen Tierhaltungsbetrieben erfolgten weiterhin im Rahmen des Forschungsprojektes RESET „ESBLs und Fluorchinolone Resistenz in Enterobacteriaceae“, an dem das BfR beteiligt ist. In vier Betrieben wurden Carbapenemase-bildende Salmonella spp. nachgewiesen , in einem der Schweinebestände zusätzlich Carbapenemase-bildende E. coli. 3. In welchen Bundesländern wurden diese Keime nach Kenntnis der Bundesregierung gefunden, und bei welchen Tieren und Haltungsformen? Die in der Tabelle 1 in der Antwort zu Frage 2 gelisteten Isolate stammten aus den folgenden Bundesländern: Studienjahr Tierart Bakterienspezies Absolute Anzahl Imipenem-resistenter Isolate Prozentualer Anteil Imipenemresistenter Isolate an den insgesamt untersuchten Isolaten 2011 Schwein Bordetella bronchiseptica 4 0,3% 2011 Pferd Pseudomonas aeruginosa 4 0,3% 2012 Milchkuh E. coli 1 0,06% Pute P. aeruginosa 4 0,3% 2013 Pute P. aeruginosa 4 0,3% Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4400 Nordrhein-Westfalen (2), Bayern (4), Sachsen-Anhalt(1), Brandenburg (1), Baden -Württemberg (4), Schleswig-Holstein (1), Sachsen (1), Niedersachsen (1), Bremen (2). Sie wurden bei den Tierarten Schwein, Pferd, Milchkuh und Pute isoliert. Über die Haltungsformen liegen mir keine Erkenntnisse vor. Aufgrund der im Rahmen des Forschungsprojektes RESET durchgeführten Anonymisierung ist nur bekannt, dass die Carbapenemase-bildenden Isolate aus drei Schweinebeständen und einem Geflügelbestand stammen. 4. Gegen welche Antibiotika-Wirkstoffgruppen waren die gefundenen Keime nach Kenntnis der Bundesregierung resistent? Für welche Wirkstoffgruppen waren die Keime noch sensibel? Bei den tierpathogenen Isolaten zeigte die Mehrzahl der Isolate Resistenzen bzw. verminderte Wirksamkeit gegenüber den β-Laktam-Antibiotika; hingegen als wirksam detektiert wurden Fluorchinolone, Aminoglykoside (Gentamicin), Fenicole (Florfenicol) und potenzierte Sulfonamide. Bei den Isolaten aus dem Forschungsvorhaben RESET wurde bei den Salmonellen neben der Bildung von Carbapenemasen zusätzlich Resistenz gegen Chloramphenicol , Streptomycin, Sulfonamide und Trimethoprim festgestellt. Empfindlich waren diese Isolate gegenüber Colistin, Phosphomycin, Nitrofurantoin, Tigecyclin, Gentamicin, Kanamycin, Florfenicol, Ciprofloxacin, Nalidixinsäure und Tetrazyklin. Die in einem der Schweinebestände zusätzlich nachgewiesenen Carbapenemase-bildenden E. coli zeigten dasselbe Resistenzmuster wie die Salmonella spp., waren aber zusätzlich resistent gegen Tetrazyklin, jedoch sensibel gegenüber Trimethoprim und Chloramphenicol. 5. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse vor, inwiefern Keime mit Carbapenem -Resistenzen auf Lebensmitteln gefunden wurden? Falls ja, wie viele Funde gibt es, in welchen Lebensmitteln (bitte absolute Zahl und prozentualer Anteil der getesteten Proben angeben)? Aus Monitoring-Programmen liegen bisher keine solchen Befunde vor. Im Rahmen der Untersuchungen eines Ausbruchsgeschehens (Zeitraum zwischen 1. Oktober 2013 und 30. September 2014) in einem Krankenhaus in Hessen wurden Lebensmittel als Vehikel für die Übertragung von Carbapenem-resistenten Keimen identifiziert, nachdem die Keime durch ein von Handwerkern genutztes Werkzeug aus der Station in die Krankenhausküche gelangt sind (Epidemiologisches Bulletin, 24. November 2014, Nummer 47). 6. Wurde bisher in Untersuchungen der Bundesregierung gezielt auf Carbapenem -Resistenzen in Lebensmitteln untersucht, insbesondere bei Lebensmitteln , die ohne weiteres Erhitzen verspeist werden? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 7. Wie schätzt die Bundesregierung die Risiken für Menschen ein, die Nahrungsmittel mit ESBL-resistenten (ESBL – Extended-Spektrum Beta-Laktam -Antibiotika) Keimen verspeisen? Drucksache 18/4400 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Wie schätzt die Bundesregierung die Folgen ein, wenn die Keime auf den Lebensmitteln eine zusätzliche Carbapenem-Resistenz aufweisen? Die Pathogenität von Keimen ändert sich grundsätzlich nicht durch zusätzliche Resistenzeigenschaften. Die Bedeutung des Nachweises solcher Keime für den gesundheitlichen Verbraucherschutz liegt in der Übertragbarkeit der Resistenzgene auf die Bakterien der Keimflora des Menschen (z. B. Darmflora) und der möglichen Therapieeinschränkung bei einer eventuellen Erkrankung. Auch der Eintrag solcher Keime in Einrichtungen des Gesundheitswesens über kolonisierte Personen ist als problematisch einzuschätzen. Hinsichtlich einer ausführlichen Bewertung der Übertragung solcher Keime und Resistenzeigenschaften auf den Menschen wird auf die diesbezüglichen Stellungnahmen von EFSA und BfR verwiesen: www.bfr.bund.de/cm/343/antibiotikaresistenz-carbapenemasebildende-keimein -nutztierbestaenden.pdf, www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/doc/3501.pdf, www.bfr.bund.de/cm/343/esbl-bildende-bakterien-in-lebensmitteln-und-derenuebertragbarkeit -auf-den-menschen.pdf, www.bfr.bund.de/cm/343/fragen-undantworten -zu-esbl-und-ampc-bildenden-antibiotikaresistenten-keimen.pdf. 8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung schon Infektionen oder Kontaminationen mit carbapenemresistenten Keimen bei Menschen festgestellt , die in der Tierhaltung arbeiten? Wie schätzt die Bundesregierung die gesundheitlichen Folgen für die betroffenen Personen ein? Informationen zum Personenkreis „Arbeitsplatz in der Tierhaltung“ liegen der Bundesregierung nicht vor und wurden bisher für carbapenemasebildende Bakterien auch nicht erhoben. Ob Personen, die im Umfeld der vereinzelt beschriebenen , kontaminierten Mastbetriebe arbeiten, auf carbapenemresistente Erreger untersucht wurden, ist nicht bekannt. 9. Welche Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils ergriffen, nachdem in Ställen und ggf. Schlachthöfen und Lebensmitteln Keime mit Carbapenem-Resistenzen festgestellt wurden? Der in der Antwort zu Frage 5 erwähnte Einzelfall in einem Hessischen Krankenhaus ist vollumfänglich im Epidemiologischen Bulletin, 24. November 2014, Nummer 47 beschrieben. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 10. Wie erklärt sich die Bundesregierung den Fund von Keimen mit Carbapenem -Resistenzen in Mastbetrieben (www.bfr.bund.de, Information Nr. 2/ 2014 vom 14. Januar 2014), obwohl diese Wirkstoffgruppe nicht für den Einsatz in der Tierhaltung genehmigt ist? Als Quelle für die in den Mastbetrieben gefundenen Keime kommen Einträge über das Personal, Futtermittel oder über die Umwelt in Betracht. So wurden Carbapenem-resistente Keime z. B. in Kläranlagen nachgewiesen. Bei den im Rahmen des Forschungsprojektes RESET nachgewiesenen Keimen wurden bei den betroffenen Betrieben solche Keime auch außerhalb der Tierhaltungsanlagen nachgewiesen. Welche dieser Quellen im Einzelfall für den Eintrag verantwortlich war, ist nicht bekannt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4400 11. Kann die Bundesregierung den Einsatz von Carbapenemen im Tierbereich ausschließen? 12. Falls die Bundesregierung diesen Einsatz nicht ausschließen kann, sind ihr Fälle bekannt, in denen Carbapeneme in der Tierhaltung dennoch eingesetzt wurden? Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Die Fragen 11 und 12 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Carbapeneme sind nicht für die Anwendung bei Tieren zugelassen und dürfen nur im Rahmen der Umwidmungskaskade bei nicht-Lebensmittel liefernden Tieren eingesetzt werden. Da für Carbapeneme auch keine Rückstandshöchstmengen festgelegt wurden, ist ihr Einsatz bei Lebensmittel liefernden Tieren nicht zulässig. Die Zuständigkeit für die Überwachung liegt bei den Ländern. In Bezug auf Lebensmittel liefernde Tiere ist der Bundesregierung nicht bekannt, dass im Rahmen der Überwachung der illegale Einsatz von Carbapenemen in den Beständen oder bei Tieren nachgewiesen wurde. Über den Umfang des Einsatzes von Carbapenemen bei nicht Lebensmittel liefernden Tieren liegen der Bundesregierung ebenfalls keine Informationen vor. 13. Für welche Antibiotikaklassen plant die Bundesregierung eine Rechtsverordnung , die für bestimmte Antibiotika eine Abweichung von den Angaben der Gebrauchsinformation bei Verschreibung, Abgabe oder Anwendung verbietet? Mit welchem Zeitplan? Mit der relevanten Ermächtigung im 16. Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (16. AMG-Novelle) ist die Möglichkeit geschaffen worden, durch präzise Vorgaben den verantwortungsvollen und zulassungskonformen Umgang mit Antibiotika zu verbessern, indem z. B. bei bestimmten oral zu verabreichenden Antibiotika die Einhaltung bestimmter Vorgaben der Gebrauchsinformation oder der Packungsbeilage vorgeschrieben wird. Dabei ist die Vorgabe der 16. AMG-Novelle zu beachten, wonach die Regelung getroffen werden kann, soweit dies zur Verhütung einer unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung von Mensch oder Tier durch die Anwendung dieser Arzneimittel erforderlich ist. Es ist beabsichtigt, dem Bundesrat noch in diesem Jahr dazu einen Entwurf zur Änderung der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung vorzulegen. 14. Für welche Fälle, Tierarten und Antibiotikaklassen plant die Bundesregierung eine Rechtsverordnung, nach der Tierärzte bei der Behandlung von Tieren mit Antibiotika in bestimmten Fällen einen Erregertest durchführen müssen? Mit welchem Zeitplan? Es ist beabsichtigt, die wesentlichen Vorgaben zur Anfertigung eines Antibiogramms aus den Antibiotika-Leitlinien der Bundestierärztekammer zu übernehmen . Zum Zeitplan wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Drucksache 18/4400 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Für welche Fälle, Tierarten und Antibiotikaklassen plant die Bundesregierung eine Rechtsverordnung, nach der Antibiotika in bestimmten Fällen nur durch den Tierarzt selbst angewendet werden dürfen? Mit welchem Zeitplan? Abgesehen davon, dass diese Einschränkungsmöglichkeit bereits jetzt explizit in § 58d Absatz 3 Nummer 4 des AMG als Anordnungsbefugnis der zuständigen Behörde aufgeführt ist, wird noch geprüft, ob von der schon seit Jahren bestehenden Ermächtigung des § 56a Absatz 3 Nummer 4 b AMG, die für alle Arzneimittel gilt, Gebrauch gemacht werden muss. 16. Für welche Tierarten, Antibiotikaklassen und Anwendungsgebiete plant die Bundesregierung eine Rechtsverordnung, nach der Tierärzte bestimmte Antibiotika nur für die bei der Zulassung vorgesehenen Tierarten oder Anwendungsgebiete abgeben, verschreiben oder anwenden dürfen? Mit welchem Zeitplan? Das in der Frage beschriebene Umwidmungsverbot wird für Arzneimittel, die Cephalosporine der dritten und vierten Generation, Makrolide oder Fluorchinolone enthalten sowie für alle Tierarten unter der gesetzlich fixierten Maßgabe geprüft, wobei das Erfordernis, die Wirksamkeit der Stoffe für die Behandlung von Mensch und Tier zu erhalten, gegeben sein muss. Zum Zeitplan wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 17. Inwiefern würden derartige Rechtsverordnungen die Therapiemöglichkeiten bei Heimtieren einschränken (bitte nach Tierart und Indikation aufschlüsseln )? 18. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um auszuschließen , dass für Heimtiere in bestimmten Fällen keinerlei Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen? Die Fragen 17 und 18 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Gemäß § 56a Absatz 3 Satz 3 AMG ist in Rechtsverordnungen, die die Anwendung von Antibiotika bei Tieren näher regeln bzw. einschränken, ist dafür Vorsorge zu treffen, dass die Tiere jederzeit die notwendige arzneiliche Versorgung erhalten. Von dieser Vorgabe, die für alle Tier- und Nutzungsarten gilt, soll Gebrauch gemacht werden. 19. Welche Antibiotikaklassen stehen für Heimtiere nicht zur Verfügung, weil keine Zulassung beantragt wurde? Für die Veterinärmedizin in Deutschland sind antimikrobiell wirksame Substanzen aus 15 Antibiotikaklassen (Makrolide, Penicilline, Polypeptide, Fluorchinolone , Cephalosporine, Polymyxine, Aminoglykoside, Diaminopyrimidine, Pleuromutiline, Lincosamide, Sulfonamide, Tetrazykline, Fenicole, Ionophore, Nitrofurane) zugelassen. Für Heimtiere im Sinne des § 60 Absatz 1 AMG1 sind Wirkstoffe aus elf Antibiotikaklassen zugelassen (s. Tabelle 2). 1 Zierfische, Zier- oder Singvögel, Brieftauben, Terrarientiere, Kleinnager, Frettchen, Kaninchen, die nicht der Gewinnung von Lebensmitteln dienen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4400 Tabelle 2: Antibiotikazulassungen für Heimtiere im Sinne von § 60 Absatz 1 AMG 20. Wie kann gesichert werden, dass, um neuere Präparate zu schonen, eine Zulassung älterer Antibiotikaklassen für Heimtiere beantragt wird, trotz ggf. fehlender Gewinnaussichten für die Hersteller? Nicht nur für Heimtiere, sondern auch für Nutztierarten mit relativ geringen Beständen steht der Tiermedizin keine ausreichende Auswahl an zugelassenen Tierarzneimitteln zur Verfügung. Die Verbesserung der arzneilichen Versorgung dieser Tierarten ist eines der Ziele der Revision des EU-Tierarzneimittelrechts. Dieses Ziel wird von der Bundesregierung nachdrücklich unterstützt. Antibiotikastoffklasse Stoffname Tierart Aminoglykoside Gentamicin, Spectinomycin Brieftaube, Ziervogel Fenicole Chloramphenicol, Thiamphenicol (nur äußerliche Anwendung) Brieftaube, Kaninchen Fluorchinolone Enrofloxacin Kaninchen Folsäureantagonisten Trimethoprim Meerschweinchen, Zierfisch Lincosamide Lincomycin Brieftaube Nitrofurane Furazolidon Brieftaube Penicilline Ampicillin-Trihydrat Brieftaube Polymyxine Polymyxin-B (nur äußerliche Anwendung) Meerschweinchen Polypeptide Bacitracin Kaninchen Sulfonamide Sulfadimethoxin, Sulfadimidin, Sulfaquinoxalin, Sulfadoxin, Brieftaube, Kaninchen, Meerschweinchen , Zierfische Tetrazykline Doxycyclin Brieftaube Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333