Deutscher Bundestag Drucksache 18/4434 18. Wahlperiode 25.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4248 – Erdgasversorgung in Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Obwohl der aktuelle Winter verhältnismäßig mild ist, sind die Gasspeichervorräte in Deutschland auf dem niedrigsten Stand seit vier Jahren. Gleichzeitig hat die Bundesregierung keine Probleme mit den Verkäufen von Erdgasspeicherkapazitäten an ausländische Investoren wie Gazprom (siehe Bundestagsdrucksache 18/3111). Angesichts potenzieller Versorgungsengpässe gibt es Forderungen nach einer strategischen Erdgasreserve und einem stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien und Energieeffizienz. 1. Wie hat sich nach Information der Bundesregierung die Gesamtkapazität an Erdgasspeichern in den vergangenen 20 Jahren (bitte nach Jahren aufschlüsseln ) in Deutschland entwickelt? Die Entwicklung der Gesamtkapazität an Erdgasspeichern in den vergangenen 20 Jahren zeigt die nachstehende Tabelle: Jahr Kaverne Aquifer Lagerstätten Summe Zahlenangaben in Mrd. m3 (Vn) 1993 4,081 368 5,868 10,317 1994 4,650 445 6,856 11,951 1995 4,796 783 7,846 13,425 1996 4,977 795 8,321 14,093 1997 5,389 1,012 9,009 15,410 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1998 5,593 1,472 9,031 16,096 1999 5,810 1,637 10,906 18,353 2000 6,138 1,502 10,916 18,556 Drucksache 18/4434 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Welche Unternehmen betreiben nach Information der Bundesregierung gegenwärtig die vorhandenen Erdgasspeicher? Jahr Kaverne Aquifer Lagerstätten Summe Zahlenangaben in Mrd. m3 (Vn) 2001 6,074 1,505 11,520 19,099 2002 5,720 1,590 11,460 18,770 2003 6,129 1,590 10,880 18,599 2004 6,328 1,587 11,019 18,934 2005 6,888 1,489 10,876 19,253 2006 6,878 1,489 10,923 19,290 2007 7,507 1,504 10,907 19,918 2008 7,816 1,504 10,952 20,272 2009 8,059 1,522 11,223 20,804 2010 9,219 877 11,201 21,297 2011 9,993 877 9,551 20,421 2012 12,068 877 9,717 22,662 2013 13,220 887 9,714 23,821 Stand: 31.12.2013 Quelle: Jahresbericht Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland, Landesamt für Bergbau und Geologie, Niedersachsen Erdgas-Porenspeicher Ort Firma Allmenhausen TEP Thüringer Energie Speichergesellschaft mbH / E.ON Thüringer Energie AG Bad Lauchstädt VNG Gasspeicher GmbH Berlin Berliner Erdgasspeicher GmbH & Co. KG / GASAG Berliner Gaswerke AG Bierwang E.ON Gas Storage GmbH Breitbrunn-Eggstätt RWE Dea AG, Storengy Deutschland GmbH / E.ON Gas Storage GmbH Buchholz VNG Gasspeicher GmbH Eschenfelden E.ON Gas Storage GmbH / N-Ergie Frankenthal Enovos Storage GmbH Fronhofen-Illmensee Storengy Deutschland GmbH Hähnlein E.ON Gas Storage GmbH Inzenham RWE Dea AG / RWE Dea Speicher GmbH Kalle RWE Gasspeicher GmbH Kirchheilingen VNG Gasspeicher GmbH Rehden astora GmbH & Co. KG / WINGAS GmbH Reitbrook Storengy Deutschland GmbH Sandhausen E.ON Gas Storage GmbH / terranets bw Schmidhausen Storengy Deutschland GmbH Stockstadt E.ON Gas Storage GmbH Stockstadt E.ON Gas Storage GmbH Uelsen Storengy Deutschland GmbH Wolfersberg RWE Dea AG / Bayerngas Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4434 Erdgas-Kavernenspeicher Ort Firma Bad Lauchstädt VNG Gasspeicher GmbH Bernburg VNG Gasspeicher GmbH Bremen-Lesum-Storengy Storengy Deutschland GmbH Bremen-Lesum-SWB swb Netze GmbH & Co. KG Burggraf-Bernsdorf ONTRAS-VNG Gastransport GmbH Empelde GHG-Gasspeicher Hannover GmbH Epe-E.ON E.ON Gas Storage GmbH Epe-ENECO ENECO Gasspeicher GmbH Epe-KGE KGE - Kommunale Gasspeichergesellschaft Epe mbH & Co. KG Epe-NUON NUON Epe Gasspeicher GmbH Epe-RWE, H-Gas RWE Gasspeicher GmbH Epe-RWE, L-Gas RWE Gasspeicher GmbH Epe-Trianel Trianel Gasspeicher Epe GmbH & Co. KG Etzel - EKB Etzel Kavernenbetriebsgesellschaft mbH & Co. KG / IVG Caverns GmbH Etzel - FSG Crystal Friedeburger Speicherbetriebsgesellschaft mbH Crystal / IVG Caverns GmbH Etzel-EGL 1 und 2 Statoil Deutschland Storage / IVG Caverns GmbH Etzel-ESE E.ON Gas Storage GmbH / IVG Caverns GmbH Harsefeld Storengy Deutschland GmbH Huntorf EWE GASSPEICHER GmbH Jemgum-EWE EWE GASSPEICHER GmbH Katharina Erdgasspeicher Peissen GmbH Kiel-Rönne Stadtwerke Kiel AG / E.ON-Hanse AG Kraak E.ON-Hanse AG Krummhörn E.ON Gas Storage GmbH Nüttermoor EWE GASSPEICHER GmbH Peckensen Storengy Deutschland GmbH Reckrod Gas-Union GmbH Rüdersdorf EWE GASSPEICHER GmbH Staßfurt RWE Gasspeicher GmbH Xanten RWE Gasspeicher GmbH Stand: 31.12.2013 Quelle: Jahresbericht Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland, Landesamt für Bergbau und Geologie Drucksache 18/4434 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 3. Wie hoch ist nach Information der Bundesregierung dabei der Anteil von Unternehmen bzw. Teilen von ihnen, die nicht ihren Hauptsitz in Deutschland haben? Der Anteil an den Arbeitsgaskapazitäten, die von Töchtern ausländischer Unternehmen gehalten werden, liegt bei ca. 2,5 Milliarden Kubikmetern. Hinzu kommen ca. 6,4 Milliarden Kubikmeter an Arbeitsgaskapazität, die über Gemeinschaftsunternehmen mit inländischen Unternehmen gehalten werden. 4. Welche Speicherkapazitäten befinden sich nach Information der Bundesregierung derzeit in Planung bzw. im Bau? Derzeit befinden sich ca. 6 Milliarden Kubikmeter Arbeitsgasvolumen in Planung bzw. im Bau (Quelle: Jahresbericht Erdöl und Erdgas in der Bundesrepublik Deutschland, Landesamt für Bergbau und Geologie, Niedersachsen). 5. Welche Zeiträume können nach Information der Bundesregierung in Deutschland durch die vorhandenen Speicher im Falle eines Ausbleibens von Erdgaslieferungen überbrückt werden auf Grundlage vorhandener Daten zu gewöhnlichen Temperaturen im Jahresmittel? Das gesamte Arbeitsgasvolumen der in Deutschland gelegenen Speicher beträgt 23,8 Milliarden Kubikmeter bei einem Jahresverbrauch von ca. 95 Milliarden Kubikmeter. Rechnerisch könnte damit der Verbrauch von 90 Tagen abgedeckt werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich der Zeitraum in nachfragestarken Zeiten verkürzt. 6. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den niedrigsten Erdgasspeicherfüllstand seit vier Jahren (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 11 der Abgeordneten Bärbel Höhn auf Bundestagsdrucksache 18/4001) von lediglich 54,41 Prozent am 3. Februar 2015, und wo liegt derzeit der Füllstand? 7. Wodurch sind die Gasspeicherfüllstände nach Ansicht der Bundesregierung auf dem niedrigsten Wert der vergangenen vier Jahre, und wie will die Bundesregierung diesen potenziellen Versorgungsengpässen zukünftig entgegenwirken? 10. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass Gasunternehmen derzeit Erdgas vorwiegend aus Erdgasspeichern kaufen, als nach Information der Bundesregierung über Gazprom zu erwerben, da es günstiger ist, und falls ja, welche Auswirkungen hat dies auf die Versorgungssicherheit? Die Fragen 6, 7 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Nach Auffassung der Marktteilnehmer nutzen Gasversorger mit langfristigen russischen Lieferverträgen verstärkt Erdgas aus Speichern, um diese ab dem zweiten Quartal 2015 mit dann billigerem russischen Gas zu füllen. Der derzeitige Speicherfüllstand (12. März 2015) liegt bei ca. 33 Prozent. Mit dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in Auftrag gegebenen Gutachten „Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungssicherheit und der Krisenvorsorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve , Speicherverpflichtungen), einschließlich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Markt“ soll die Grundlage geschaffen werden, über mögliche Änderungen der Speicherbewirtschaftung zu entscheiden. Dabei sind Entwicklungen auf EU-Ebene mit zu berücksichtigen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4434 8. Hält die Bundesregierung die derzeitigen Füllstände in den Gasspeichern für ausreichend, um eine Versorgungssituation wie sie im Spätwinter/ Frühjahr 2012 anzutreffen war, jetzt zu meistern? Wenn ja, warum? Wenn nein, was tut die Bundesregierung, um die Situation zu verbessern? Neben Speichern können auch zusätzliche Mengen von den Lieferländern bezogen werden. Zudem hat sich die Transportinfrastruktur seit dem Jahr 2012 verbessert. 9. Aus welchen Quellen will die Bundesregierung angesichts solch niedriger Füllstände in deutschen und anderen westeuropäischen Ländern im Krisenfall bei einem russischen Lieferstopp an die Ukraine Gas in die Ukraine liefern? Es ist Aufgabe der Unternehmen, die Lieferverpflichtungen gegenüber der Ukraine eingegangen sind, das Gas zu beschaffen. 11. Kann nach Ansicht der Bundesregierung bei tiefen Temperaturen unter Minus 5 Grad Celcius in den kommenden Wochen eine Gefahr für die Erdgasversorgung bestehen analog zum Gasengpass im Februar 2012? Neben einer verbesserten Transportinfrastruktur besteht die Möglichkeit, zusätzliche Erdgasmengen zu beziehen, um die Nachfrage zu befriedigen. Gänzlich ausschließen lässt sich eine regionale Engpasssituation beim Zusammentreffen von erheblichen Lieferunterbrechungen und großer Nachfrage nicht. 12. An welchen Auftragnehmer hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Studie „Möglichkeiten zur Verbesserung der Gasversorgungssicherheit und der Krisenvorsorge durch Regelungen der Speicher (strategische Reserve, Speicherverpflichtungen) einschließlich der Kosten sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen auf den Markt“ in welchem finanziellen Umfang vergeben? Wann wird die Studie der Bundesregierung vorliegen, und plant die Bundesregierung sie zu veröffentlichen? Die Auftragserteilung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erfolgte an Becker Büttner Held (BBH) Partnerschaft, Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater in Berlin. Der Auftrag hat einen Gesamtwert von 106 500 Euro. Der Endbericht soll im Mai 2015 vorliegen. Die Bundesregierung beabsichtigt die Endergebnisse der Studie zu veröffentlichen . 13. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die behördliche Genehmigung der britischen Regierung zum Verkauf der RWE DEA AG an die LetterOne Group, und teilt sie die Einwände der britischen Regierung? Das britische Energie- und Umweltministerium prüft nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig noch, ob es LetterOne auf Basis des britischen Petroleum Licensing Regulations Act die vom Verkauf umfassten britischen Gasförderlizenzen entzieht und das Unternehmen verpflichtet, diese an einen noch zu bestimmenden Dritten zu übertragen. Der dabei zugrunde liegende ge- setzliche Prüfmaßstab unterscheidet sich grundlegend vom deutschen Recht. Drucksache 18/4434 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Das britische Ministerium hat, anders als dies nach dem deutschem Außenwirtschaftsgesetz der Fall ist, freies Ermessen bei seiner Entscheidung. 14. Wann soll der komplette Verkauf der Wintershall Holding GmbH an Gazprom nach Information der Bundesregierung komplett abgeschlossen sein, und welche „organisatorischen Gründe“ (siehe Bundestagsdrucksache 18/3111, Antwort zu Frage 16) gab es nach Information der Bundesregierung für die Verzögerung? Der geplante Asset-Tausch zwischen Gazprom und BASF/Wintershall wurde gestoppt. Begründet wurde dies von den Beteiligten mit der angespannten politischen Lage. 15. Um welches LNG-Terminal (LNG – Liquid Natural Gas, Flüssigerdgas) in Deutschland, welches nach Information der Bundesregierung in Planung ist (siehe Bundestagsdrucksache 18/4006, Antwort zu den Fragen 25 und 28), handelt es sich konkret, und welche Gespräche mit welchem Inhalt gab es dazu zwischen den Beteiligten? Die Bundesregierung führt mit verschiedenen Akteuren Gespräche über ein mögliches LNG-Terminal in Deutschland. Eine Investitionsentscheidung wurde bisher nicht getroffen. 16. Wird die Bundesregierung ein solches LNG-Terminal – im Rahmen einer Diversifizierung von Erdgasbezugsquellen – unterstützen (bitte begründen )? Die Bundesregierung unterstützt politisch privatwirtschaftliche Bemühungen zum Bau eines LNG-Terminals, um den Erdgasbezug weiter zu diversifizieren. 17. Unterstützt die Bundesregierung eine Zusammenlegung oder weitgehende Angleichung der Marktbedingungen des deutschen Marktgebiets NCG mit dem belgischen Marktgebiet? Wenn ja, wie sieht diese Unterstützung konkret aus, und welche Vorteile verspricht die Bundesregierung sich davon? Wenn nein, warum nicht? 18. Welche Alternativen zu der in Frage 16 genannten Zusammenlegung von Marktgebieten in Europa strebt die Bundesregierung an, und wann wird sie ggf. diesbezügliche Entscheidungen treffen? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. Die weitere Zusammenlegung von Gasmarktgebieten sollte angestrebt werden, wenn dies bei gleichbleibenden oder geringeren Infrastrukturkosten zu einem höheren Nutzen im Gesamtsystem führt. Die Bundesnetzagentur wurde beauftragt , die Potenziale sowohl nationaler als auch grenzüberschreitender Marktgebietszusammenlegungen sowie die damit verbundenen Auswirkungen auf den Gasmarkt anhand eines Gutachtens zu bewerten. In die Betrachtung sollen insbesondere auch Gesichtspunkte der Versorgungssicherheit einfließen. Nachdem die Ergebnisse vorliegen, können die rechtlichen Rahmenbedingungen erforderlichenfalls im Rahmen der im Jahr 2015 anstehenden Novelle der Gasnetzzugangsverordnung berücksichtigt werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333