Deutscher Bundestag Drucksache 18/452 18. Wahlperiode 06.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Stephan Kühn (Dresden), Matthias Gastel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/320 – Verkehrsinfrastrukturfinanzierung Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 2. Oktober 2013 verabschiedete eine Sonder-Verkehrsministerkonferenz einen einstimmigen Beschluss zur nachhaltigen Verkehrsinfrastrukturfinanzierung . Der Beschluss bezog sich auf die Ergebnisse der Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ unter der Leitung von Bundesminister a. D. Kurt Bodewig (sog. Bodewig-Kommission). Die Kommission stellte einen jährlichen Finanzbedarf zum Erhalt und Betrieb der Verkehrsinfrastruktur aller Verkehrsträger und aller Baulastträger (Bund, Länder, Kommunen) in Höhe von 7,2 Mrd. Euro fest. Sie diagnostizierte einen „dramatischen Nachholbedarf“ in Höhe von 40 Mrd. Euro in den kommenden 15 Jahren. Zur Bewältigung dieses Erhaltungsrückstandes fordert die Kommission eine „dauerhaft gesicherte finanzielle Basis und Struktur“. Hierzu gehören u. a. Netzzustands- und -leistungsberichte , Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen als Anreizsysteme zum sparsamen Bauen, sowie Infrastrukturfonds für Schiene und Straße und ein unter parlamentarischer Kontrolle stehendes Sondervermögen „Nachholende Sanierung“ für die zweckgebundene und überjährige Mittelbereitstellung. Drei Wochen nach dem Beschluss begannen die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD. An der Kommission und an den Koalitionsverhandlungen waren zum Teil die gleichen Personen beteiligt. Zu zahlreichen Vorschlägen bzw. Forderungen der Bodewig-Kommission äußert sich der Koalitionsvertrag jedoch nicht oder bleibt uneindeutig. 1. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Auffassung der Bodewig-Kommission , dass es einen jährlichen zusätzlichen Finanzbedarf zum Erhalt und Betrieb der Verkehrsinfrastruktur in Höhe von 7,2 Mrd. Euro mit einem Nachholbedarf von 40 Mrd. Euro in den kommenden 15 Jahren gibt? Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 4. Februar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Bundesregierung hat den Bericht der von der Verkehrsministerkonferenz der Länder eingesetzten Kommission „Nachhaltige Verkehrsinfrastrukturfinanzierung “ zur Kenntnis genommen. Der Bericht bestätigt den von der Kommission Drucksache 18/452 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ ermittelten zusätzlichen Finanzbedarf für Erhaltung und Betrieb der bestehenden Verkehrswege von Bund, Länder und Gemeinden. Der von der Kommission ermittelte zusätzliche Bedarf von 7,2 Mrd. Euro p. a. in den nächsten 15 Jahren bezieht sich auf alle Verkehrswege , unabhängig vom Verkehrsträger und vom Baulastträger. 2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, dass der kommunale Anteil an dem von der Bodewig-Kommission aufgezeigten Gesamtdefizit in Höhe von 7,2 Mrd. Euro bereits fast die Hälfte ausmacht, nämlich pro Jahr 3,25 Mrd. Euro beträgt, und bereits laut Kommunalpanel der KfW Bankengruppe ein erheblicher Investitionsstau aufgelaufen ist? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 5 und 6 verwiesen. 3. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellten 5 Mrd. Euro zusätzlich für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden vor dem Hintergrund, dass der von der Bodewig-Kommission konstatierte Finanzbedarf für Erhalt und nachholende Sanierung ausschließlich für eine Aufstockung der Erhaltungsansätze verwendet werden darf? Wenn nein, wieso begründet die Bundesregierung höhere Ansätze für Neuund Ausbau, wenn nicht ausreichend in den Substanzerhalt investiert wird? Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, für die dringend notwendigen Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur insgesamt 5 Mrd. Euro zusätzlich zu mobilisieren. Der Begriff „Investitionen“ umfasst sowohl die Investitionen in die bestehenden Verkehrswege als auch Investitionen in den Aus- und Neubau von Verkehrswegen. 4. Von welchen Folgen geht die Bundesregierung aus, wenn – wie im Koalitionsvertrag festgehalten – für die laufende Legislaturperiode nur „insgesamt fünf Milliarden Euro zusätzlich mobilisiert“ werden sollen? Der Koalitionsvertrag sieht auch vor, die substanzielle Erhöhung der Bundesmittel für Verkehrsinfrastruktur durch zusätzliche Mittel aus der Nutzerfinanzierung zu ergänzen. Darüber hinaus wird an verschiedenen Stellen angesetzt, um die Mittel noch effizienter zu nutzen (z. B. Gewährleistung überjähriger Planungs - und Finanzierungssicherheit). 5. Welche Konzepte hat die Bundesregierung zur Lösung des Investitionsstaus in der Verkehrsinfrastruktur der Kommunen, und wie sollen diese vor dem Hintergrund der Schuldenbremse – insbesondere auch der für die Länder – finanziert werden? 6. Welche Finanzierungskonzepte hat die Bundesregierung zur Fortführung der Regionalisierungsmittel und deren Anpassung an die Preisentwicklung über das Jahr 2015 hinaus sowie zur Anschlussfinanzierung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und der Entflechtungsmittel über das Jahr 2019 hinaus mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen in der künftigen Kommission zur Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen? Die Fragen 5 und 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Finanzierung der kommunalen Verkehrsinfrastruktur ist Aufgabe der Länder und Kommunen. Obwohl der Bund bereits ab dem Jahr 2016 – und damit Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/452 vier Jahre früher als die Länder – die Vorgaben der sog. Schuldenbremse (Artikel 109 und 115 des Grundgesetzes) einhalten muss, unterstützt er die Länder bzw. Kommunen gegenwärtig mit rund 9 Mrd. Euro jährlich bei der Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und des kommunalen Straßenbaus . Den Ländern steht aus dem Steueraufkommen des Bundes gemäß Artikel 106a des Grundgesetzes ein Betrag für den ÖPNV zu, der im Regionalisierungsgesetz näher geregelt ist. So erhalten die Länder Finanzmittel, die sie in erster Linie zur Finanzierung der Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV), aber auch investiv zur Verbesserung des ÖPNV einsetzen können. Im Jahr 2014 fließen rund 7,3 Mrd. Euro an Regionalisierungsmitteln. Für den Zeitraum ab dem Jahr 2015 ist eine Anpassung des Regionalisierungsgesetzes vorgesehen. Die Länder erhalten außerdem aus dem Haushalt des Bundes Kompensationszahlungen zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (ÖPNV und kommunaler Straßenbau) in Höhe von rund 1,336 Mrd. Euro jährlich nach dem Entflechtungsgesetz. Zudem werden rund 332,6 Mio. Euro jährlich nach Maßgabe des Bundesprogramms des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) zur anteiligen Finanzierung von Schienenverkehrswegen des ÖPNV in Verdichtungsräumen zur Verfügung gestellt. Sowohl die Zahlungen aus dem GVFG-Bundesprogramm als auch diejenigen aus dem Entflechtungsgesetz laufen auf Grund der Föderalismusreform I im Jahr 2019 aus (Artikel 125c und 143c des Grundgesetzes). Der Koalitionsvertrag sieht eine verlässliche Anschlussfinanzierung für das GVFG-Bundesprogramm vor. Diese Frage wird im Rahmen der insgesamt für die Zeit ab dem Jahr 2020 notwendigen Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu beraten sein. Dafür soll eine Bund-Länder-Kommission mit Beteiligung der Kommunen eingerichtet werden. 7. Inwiefern sollen die im Koalitionsvertrag genannten 5 Mrd. Euro für Investitionen in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur aus zusätzlichen Haushaltsmitteln bereitgestellt werden, und wird die Bundesregierung dies im überarbeiteten Haushaltsentwurf für das Jahr 2014 mit der Mittelfristplanung bis zum Jahr 2018 abbilden? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 14 bis 17 verwiesen. 8. Wie hoch ist der jährliche Fehlbetrag zwischen den mindestens 7 Mrd. Euro (ohne Preissteigerungen) laut Entwurf der Grundkonzeption zum Bundesverkehrswegeplan für den Substanzerhalt von Bundesverkehrswegen gegenüber dem Ansatz für die Jahre 2014 bis 2018 laut Haushaltsentwurf 2014 und mittelfristiger Finanzplanung? Der vorliegende Haushaltsentwurf 2014 und die Finanzplanung bis zum Jahr 2017 datieren vom 27. Juli 2013. Auf der Basis des Koalitionsvertrages werden derzeit ein neuer Haushaltsentwurf 2014 sowie die Eckwerte für den Haushalt 2015 und für die Finanzplanung bis zum Jahr 2018 ausgearbeitet. Die Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015 wird im Lichte des Koalitionsvertrags derzeit noch einmal überarbeitet. Vor diesem Hintergrund können derzeit keine Aussagen zur Grundkonzeption getroffen werden. Drucksache 18/452 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 9. Werden zusätzliche Nettoeinnahmen aus einer Ausweitung der Nutzerfinanzierung zusätzlich zu den im Koalitionsvertrag genannten 5 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt, und welche Nettoeinnahmen erwartet die Bundesregierung durch die Ausweitung der LKW-Maut, die Gebühren zur Nutzung der Anlagen der Bundeswasserstraßen sowie den Beitrag der Halter von nicht in Deutschland zugelassenen PKWs (bitte mit der Höhe der erwarteten Einnahmen pro Jahr und Verkehrsträger angeben)? Der Koalitionsvertrag sieht eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen vor. Nach EU-Recht müssen sich die Einnahmen der Lkw-Maut an den auf dem mautpflichtigen Netz verursachten Wegekosten orientieren. Die Wegekosten sind gegenwärtig Gegenstand einer gutachterlichen Prüfung, die noch nicht abgeschlossen ist. Die Höhe der zukünftigen Nettoeinnahmen aus der Nutzung der Anlagen der Bundeswasserstraßen steht noch nicht fest. Die Schifffahrtsgebühren müssen aufgrund des Bundesgebührengesetzes grundsätzlich kostendeckend sein, aber auch wettbewerbsneutral im Vergleich zu den anderen Verkehrsträgern. Diese wettbewerbsneutrale Höhe muss gutachterlich ermittelt werden. Zur Pkw-Maut wird das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorlegen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass dieses Maut-Gesetz noch im Jahr 2014 verabschiedet wird. 10. Inwiefern wird sichergestellt, dass die Bahndividende zusätzlich zu den im Koalitionsvertrag genannten 5 Mrd. Euro für die Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung gestellt wird? Soweit die Deutsche Bahn AG an ihren Anteilseigner, die Bundesrepublik Deutschland, eine Dividende zahlt, unterliegt diese dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Gesamtdeckung. 11. Inwiefern versteht die Bundesregierung unter der Mobilisierung zusätzlicher Mittel für die Verkehrsinfrastruktur auch mögliche Mittel privater Geldgeber oder Infrastrukturgesellschaften im Rahmen von ÖffentlichPrivaten -Partnerschaften (ÖPP), und in welchem Umfang sind diese ggf. eingeplant? Durch ÖPP im Bundesfernstraßenbau können eine Gesamtkostenoptimierung erreicht und gleichzeitig Anreize zu einer qualitativ hochwertigen Bauweise und möglichst geringen Verkehrsbeeinträchtigungen für die Nutzer über die Vertragslaufzeit geschaffen werden. Durch Ausschöpfung von Effizienzvorteilen können die vorhandenen Haushaltsmittel gegebenenfalls wirtschaftlicher eingesetzt werden, woraus sich Spielräume für die Finanzierung zusätzlicher Verkehrsinvestitionen mit dringendem Bedarf ergeben. Während der Finanzierungsbeitrag der A- bzw. Verfügbarkeitsmodelle sich davon abgesehen im Wesentlichen auf die Fristentransformation durch den privaten Finanzierungsanteil beschränkt (ÖPP ist insoweit kein Finanzierungsinstrument, sondern eine Beschaffungsalternative), können tatsächlich zusätzliche Mittel aus Mautgebühren durch ÖPP-Projekte nach dem Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetz (F-Modell) generiert werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/452 12. Welche Haltung hat die Bundesregierung zu einem Infrastrukturfonds für die Schiene, einem Infrastrukturfonds für die Straße sowie zu Sondervermögen und Infrastrukturkonten als Möglichkeiten für eine effiziente Organisationsstruktur und Beschaffung sowohl für den Nachholbedarf als auch für den Erhalt der Verkehrsinfrastruktur? 13. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die von der Bodewig-Kommission vorgeschlagene Einrichtung eines Sondervermögens „Nachholende Sanierung“ (bitte begründen)? Die Fragen 12 und 13 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Einrichtung von Sondervermögen (Fonds) etc. bedarf der ausdrücklichen Ermächtigung durch den Haushaltsgesetzgeber bzw. kann nur auf Grundlage eines entsprechenden Gesetzes realisiert werden. Die Einführung solcher Instrumente ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Nicht verbrauchte Investitionsmittel im Verkehrsbereich werden überjährig und ungekürzt zur Verfügung gestellt . Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 14 bis 17 verwiesen. 14. Mit welchen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen soll eine überjährige Planungs- und Finanzierungssicherheit gewährleistet werden, und welche Einsparungen werden von diesen Möglichkeiten erwartet? 15. Inwiefern wird an der gegenwärtig bestehenden gegenseitigen Deckungsfähigkeit zwischen Haushaltstiteln für Erhaltung und Neu- und Ausbau festhalten? 16. Was versteht die Bundesregierung unter der im Koalitionsvertrag angeführten „wechselseitigen Deckungsfähigkeit mit Ausgleichspflicht“ zwischen den Verkehrsträgern zur Sicherstellung der nachhaltigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur? a) Was konkret umfasst diese „Ausgleichspflicht zwischen den Verkehrsträgern “, und was ist ihre haushaltsrechtliche Grundlage? b) Zwischen welchen Kapiteln und Einzeltiteln des Bundeshaushaltes soll ein Ausgleich erfolgen, und wie wird er im Bundeshaushalt dargestellt ? c) Soll es eine Frist geben, bis wann der Ausgleich jährlich erfolgen muss? d) Zu welchem Zeitpunkt soll diese wechselseitige Deckungsfähigkeit mit Ausgleichspflicht im Bundeshaushalt verankert werden? 17. Haben zu den haushaltsrechtlichen Voraussetzungen mehrjähriger Mittelbindungen zur Schaffung der angestrebten überjährigen Planungs- und Finanzierungssicherheit Gespräche mit dem Bundesrechnungshof stattgefunden ? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, wann sollen diese erfolgen? Die Fragen 14 bis 17 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Koalitionsvertrag legt für die 18. Legislaturperiode fest, dass für die dringend notwendigen Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur insgesamt 5 Mrd. Euro zusätzlich mobilisiert werden sollen. Die Generierung der durch den Koalitionsvertrag festgeschriebenen zusätzlichen Mittel für die Verkehrsinfra- Drucksache 18/452 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode struktur wird nach Abschluss aller in diesem Zusammenhang erforderlichen Prüfungen Gegenstand der dann stattfindenden Haushaltsverhandlungen sein. Soweit der Koalitionsvertrag darüber hinaus vorsieht, dass die zur Gewährleistung überjähriger Planungs- und Finanzierungssicherheit notwendigen haushaltsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden sollen, indem dem Verkehrsbereich nicht verbrauchte Investitionsmittel überjährig und ungekürzt zur Verfügung gestellt werden bzw. zwischen den Verkehrsträgern eine wechselseitige Deckungsfähigkeit mit Ausgleichspflicht ermöglicht wird, wird dies ebenfalls, nach Abschluss aller noch zu erfolgenden Prüfungen zum Gegenstand des Haushaltsaufstellungsverfahrens gemacht werden. Hierbei wird wie in jedem Haushaltsaufstellungsverfahren der Bundesrechnungshof beteiligt. 18. Welche Position hat die Bundesregierung zu Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen für den Erhalt des Verkehrsträgers Straße, und aus welchen Gründen wurde diese Forderung der Bodewig-Kommission nach Kenntnis der Bundesregierung im Koalitionsvertrag nicht aufgegriffen? Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) Schiene ist aufgrund der unterschiedlichen Ausgangs- und Rechtslage in wesentlichen Punkten nicht auf den Verkehrsträger Straße übertragbar. Vorbemerkung der Bundesregierung zu den Fragen 19 bis 23 Das Bonus-Malus-System wird bereits seit einigen Jahren als sogenannte Beschleunigungsregelung erfolgreich im Bereich des Bundesfernstraßenbaus zur Minimierung baustellenbedingter Behinderungen des Verkehrsflusses für Um-, Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen angewendet. Die Anwendung des Bonus-Malus-Systems ist an die Einhaltung nachfolgender Bedingungen geknüpft: – Vorgabe einer knapp bemessenen Ausführungsfrist unter Berücksichtigung der Baubetriebsform 2 (6-Tage-Woche mit Ausnutzung des Tageslichts), – im Einzelfall auch Vorgabe von Nachtarbeit, Arbeit an Sonn- und Feiertagen, – Vereinbarung einer Vertragsstrafe (Malus) bei Überschreiten der vertragli- chen Ausführungsfrist. Für die Vereinbarung von Beschleunigungsregelungen sieht das „Handbuch für die Vergabe und Ausführung von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau (HVA B-StB)“ zwei grundsätzliche Möglichkeiten vor: 1. Beschleunigung über Wettbewerbsregelungen, bei der die angebotene Bau- zeitverkürzung in der Angebotswertung berücksichtigt wird. 2. Beschleunigung nur über eine Vertragsregelung, die bei der Vergabeentschei- dung nicht gesondert berücksichtigt wird. Bei der ersten Möglichkeit gibt es folgende Alternativen: – Die Zulassung von Nebenangeboten mit Bauzeitverkürzung, bei der die Ver- gabestelle als Wertungskriterium (Bonus) einen Kostenansatz (Nutzenausfallkosten ) in Euro/Tag für angebotene Verkürzungen gegenüber der vorgegebenen knappen Bauzeit transparent vorgibt. Bei der Angebotswertung wird die Angebotssumme um den Wertungsbonus reduziert. Die angebotene Verkürzung wird Vertragsbestandteil und ist mit einer Vertragsstrafe unterlegt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/452 – Die Wertung der vom Bieter angebotenen Bauzeit neben dem Angebotspreis. In diesem Fall gibt die Vergabestelle eine maximale knappe Frist vor, die vom Bieter mit seinem Angebot unterschritten werden darf. Bei der Wertung der Angebote wird die verkürzte Ausführungsfrist neben dem Angebotspreis als zweites Wertungskriterium mit einer Gewichtung von 5 Prozent bis 10 Prozent bewertet. Die angebotene verkürzte Ausführungsfrist wird bei Zuschlagserteilung verbindliche Vertragsfrist und ist mit einer Vertragsstrafe versehen. Bei der reinen Vertragsregelung (zweite Möglichkeit) wird durch die Vergabestelle eine Beschleunigungsvergütung (Bonus) in Euro/Tag vorgegeben, die dann ausgezahlt wird, wenn der Auftragnehmer durch eigene Optimierung die im Vertrag vorgegebene knappe Bauzeit noch weiter unterschreitet. Es handelt sich hier um einen Anreiz für eine freiwillige Beschleunigung durch den Auftragnehmer auf die der Auftraggeber keinen Einfluss hat. Eine Vertragsstrafe wird in diesem Fall bei Überschreitung der vom Auftraggeber vorgegebenen Frist fällig. 19. Inwiefern ist das geplante Bonus-Malus-System bei der Ausschreibung von Infrastrukturvorhaben zur Kosten- und Termintreue sowohl für den Erhalt als auch für den Neubau von Straßen vorgesehen? Die Bonus-Malus-Regelungen dürfen nur für Um-, Ausbau und Erhaltungsmaßnahmen auf hochbelasteten Betriebsstrecken der Bundesautobahn angewandt werden. 20. An welche Bedingungen sollen die Boni gekoppelt sein, und sollen die Baulastträger bei zügiger bzw. kostengünstigerer Bauausführung zusätzliche Haushaltsmittel erhalten? Die Boni werden aus den für die jeweilige Baumaßnahme im Straßenbauplan zur Verfügung gestellten Haushaltsmitteln gezahlt. Eine Bereitstellung zusätzlicher Haushaltsmittel ist daher nicht erforderlich. Zu den Bedingungen der Boni-Gewährung siehe Vorbemerkung der Bundesregierung zu den Fragen 19 bis 23. 21. An welche Bedingungen sind die Malusse gekoppelt, und müssen die Mittel hierfür aus den Haushalten der Länder zur Verfügung gestellt werden? Die vertragliche Verpflichtung der Zahlung einer Vertragsstrafe (Malus) durch den Auftragnehmer ist an eine Überschreitung der mit ihm vereinbarten Vertragsfrist gekoppelt; dabei werden nur Verzögerungsgründe berücksichtigt, welche der Auftragnehmer zu vertreten hat. 22. Inwiefern sollen die Bonuszahlungen durch die Maluszahlungen gedeckt werden, und wie wird ggf. haushaltsrechtlich sichergestellt, dass die Malusmittel für die Boni verwendet werden? Wie in der Antwort zu Frage 20 ausgeführt, werden die Boni aus den für die Baumaßnahme zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln gewährt. Vertragsstrafen (Malus) werden vom Vergütungsanspruch des Auftragnehmers einbehalten. Drucksache 18/452 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 23. Inwiefern muss eine mögliche Unterdeckung des Bonus-Malus-Systems aufgrund zügiger bzw. kostengünstigerer Bauausführung innerhalb des Einzelplans 12 abgedeckt werden? Aufgrund der Ausgestaltung des Bonus-Malus-Systems ist dieser Sachverhalt nicht gegeben. 24. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung Pilotprojekte der Länder zum effizienten Erhalt und Betrieb der Verkehrsinfrastruktur aufzugreifen, wie sie im Konzeptdokument der Bodewig-Kommission unter 6.7. („Pilotprojekte “) ab Seite 57 genannt werden, und welche eigenen Pilotprojekte sind vorgesehen? Bei den genannten Pilotprojekten, die einen Beitrag zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit im Wesentlichen von Erhaltungsmaßnahmen der Straßen leisten sollen, handelt es sich um eine Aufzählung von individuellen Länderprojekten, die nicht bundesweit Anwendung finden und Insellösungen einzelner Länder darstellen. Die Bundesregierung führt vor dem Hintergrund der Erhöhung der Erhaltungsinvestitionen im Bundesfernstraßenbereich und der im Koalitionsvertrag geforderten verstärkten Dokumentation der jährlichen Erhaltungsleistungen und einem regelmäßigen Verkehrsinfrastrukturbericht die Entwicklung und Erprobung der Dokumentation und Bewertung von Erhaltungsmaßnahmen im Rahmen von Pilotstrecken gemeinsam mit den Ländern fort. 25. Inwiefern deckt sich nach Kenntnis der Bunderegierung der von der Koalition geplante Verkehrsinfrastrukturbericht mit den von der Bodewig-Kommission geforderten Netzzustands- und -leistungsberichten, und inwiefern wird der Verkehrsinfrastrukturbericht Leistungs-, Kapazitäts- und Verfügbarkeitsziffern umfassen sowie allgemein verfügbar, verständlich und nutzbar Auskunft über den Gebrauchs- und Nutzwert geben? Über Einzelheiten zu Inhalt, Umfang und Gestaltung des Verkehrsinfrastrukturberichtes wurde noch nicht entschieden. Vor diesem Hintergrund sind Aussagen im Sinne der Fragestellung nicht möglich. 26. Wann soll der Verkehrsinfrastrukturbericht erstmals vorgelegt werden, und aus welchen Gründen soll diese Vorlage nur alle zwei Jahre erfolgen? Es wird angestrebt, einen Verkehrsinfrastrukturbericht herauszugeben. Der anschließende Zeitaufwand für die Datenaufbereitung ist noch nicht abschätzbar; ein Veröffentlichungstermin kann deshalb nicht genannt werden. Eine häufigere als die alle zwei Jahre vorgesehene Vorlage des Berichts würde einen zu hohen Aufwand bei nur geringem Erkenntnisgewinn bedeuten. 27. Inwiefern soll der Verkehrsinfrastrukturbericht die Wertentwicklung der Infrastruktur abbilden, und ist es vorgesehen, die Infrastrukturvermögenswerte nach kaufmännischen Prinzipien des Handelsgesetzbuchs zu bilanzieren ? Der Verkehrsinfrastrukturbericht soll den Zustand der Bundesverkehrswege transparent machen, Nachholbedarf dokumentieren und Aufschluss über die erforderlichen Investitionen geben. Die Voraussetzungen für die Erfassung und monetäre Bewertung (Bilanzierung) des Verkehrsinfrastrukturvermögens (Bun- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/452 desfernstraßen, Bundeswasserstraßen, ingenieurtechnische Bauten und bauliche Anlagen) werden zurzeit ressortübergreifend zwischen dem BMVI und dem Bundesministerium der Finanzen auf Basis der Standards staatlicher Doppik erarbeitet . 28. Inwiefern ist es vorgesehen, für die Wertverluste an der Infrastruktur, Rückstellungen zu bilden und diese in der Aufstellung des Haushalts zu berücksichtigen? Aus einer Bilanzierung der Verkehrsinfrastruktur lässt sich der Wertverlust aus der Differenz zwischen Brutto- und Nettoanlagevermögen in Höhe der ausgewiesenen Abschreibungen unter Berücksichtigung von Alter, Zustand, Belastung und technischer Überholung kalkulatorisch ableiten. Ein Automatismus, bilanziellen Werteverzehr bei der Aufstellung des Haushalts zu berücksichtigen, existiert nicht. Die Standards staatlicher Doppik betreffen die Rechnungslegung und treffen hierzu keine Aussage. 29. Bis wann plant die Bundesregierung die Einrichtung einer Preisdatenbank zur Kostenentwicklung von Vorhaben des Bedarfsplans Straße, wie sie der Bundesrechnungshof empfohlen hat (Bundestagsdrucksache 17/11330), und welche Vorbereitungen sind dazu bis heute getroffen worden? Das Kostenmanagement im Bundesfernstraßenbau wird derzeit weiterentwickelt. Seit vorletztem Jahr steht den Straßenbauverwaltungen der Länder ein Ausschreibungsprogramm für Bauleistungen zur Verfügung, welches eine funktionsfähige Preisdatenbank als Modul beinhaltet, die nachfolgend im Laufe der Zeit mit Daten zu füllen ist. In die Datenbank können geclusterte Mittelpreise aus anonymisierten Bauausschreibungen auf der Basis von Standardleistungskatalogen aufgenommen werden sowie das Datum der Preisermittlung. Für die Einrichtung einer durch den Bund nutzbaren Preisdatenbank und den Import der Daten der Länder gibt es noch keinen konkreten Termin, da umfangreiche Abstimmungen mit den Straßenbauverwaltungen der Länder hierfür erforderlich sind und zunächst die Anweisung für das Kostenmanagement im Bundesfernstraßenbau überarbeitet werden soll. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333