Deutscher Bundestag Drucksache 18/4527 18. Wahlperiode 31.03.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Thomas Gambke, Harald Ebner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4260 – Stärkung des regionalen Lebensmittelhandwerks Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Lebensmittelhandwerk ist wichtiges Bindeglied zwischen landwirtschaftlicher Produktion und Verbraucherinnen und Verbrauchern. Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien, aber auch ehrenamtliche oder genossenschaftliche Dorfläden beziehen landwirtschaftliche Erzeugnisse in der Regel ortsnah und sind somit wichtiger Abnehmer für Betriebe bäuerlicher Landwirtschaft. Die kurzen Lieferwege ermöglichen Frische und Tierschutz. Die anschließende Verarbeitung erfolgt üblicherweise traditionell und regionaltypisch, was die Vielfalt von Esskultur und Lebensmitteln und hohe Qualität garantiert. Insbesondere auch die Verkaufsstellen der Bäckereien und Fleischereien ermöglichen Verbraucherinnen und Verbrauchern zudem die wohnortnahe Versorgung mit frischen Lebensmitteln insbesondere dort, wo es aufgrund des Strukturwandels im Lebensmitteleinzelhandel keine weiteren Einkaufsmöglichkeiten mehr gibt. Damit leisten sie auch einen wichtigen Beitrag zur ländlichen Nahversorgung und zur Lebensqualität auf dem Land. Da oft sowohl Beschaffung als auch Absatz innerhalb einer Region erfolgen, hat das Lebensmittelhandwerk eine wichtige Bedeutung für eine geschlossene regionale Wertschöpfungskette, die durch qualifizierte Arbeitsplätze die regionale Wirtschaft belebt. Seit Jahren geht jedoch die Zahl der handwerklichen Bäckereien und Fleischereien zurück. Ebenso sinkt der Marktanteil des Lebensmittelhandwerks zugunsten der Lebensmittelindustrie (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2473). Industrielle Verarbeitung unterscheidet sich von der handwerklichen Fertigung unter anderem in der technischen Betriebsausstattung, dem Grad der Arbeitsteilung , der fachlichen Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Überschaubarkeit des Betriebs (vgl. „Leitfaden Abgrenzung“ des Deutschen Industrie- und Handelskammertages e. V. – DIHK – und des Deutschen Handwerkskammertages – DHKT –, Stand Juni 2013). Gleichzeitig sind jeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 27. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. doch die Begriffe „Bäckerei“ und „Bäcker“ nicht als Bezeichnung für das nach der Handwerksordnung zulassungspflichtige Bäckerhandwerk geschützt und können auch von der industriellen Produktion verwendet werden. Verbraucherinnen und Verbraucher können daher oft nicht zwischen handwerklicher und industrieller Produktionsart unterscheiden. Drucksache 18/4527 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Ursachen für den Rückgang des Lebensmittelhandwerks sind vielschichtig und betreffen nicht nur die Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik, sondern auch die Infrastruktur-, Bildungs- und Steuerpolitik. Hier müssen faire Voraussetzungen und Anreize dafür sorgen, dass Handwerksbetriebe weiterhin wirtschaftlich agieren können. Entwicklung des regionalen Lebensmittelhandwerks 1. Welcher Abgrenzung beziehungsweise Definition von Betrieben mit handwerklicher Erzeugung gegenüber Unternehmen industrieller Produktion im Lebensmittelbereich folgt die Bundesregierung? Die Bundesregierung folgt bei der Abgrenzung von Handwerk und Industrie – auch im Lebensmittelbereich – dem dynamischen Handwerksbegriff, der in der Handwerksordnung angelegt und durch die Rechtsprechung anerkannt ist. Die Entscheidung über die organisatorische Zugehörigkeit eines Betriebes zum Handwerk kann danach nur im Einzelfall auf der Grundlage einer umfassenden Betrachtung der Gesamtstruktur des betreffenden Unternehmens erfolgen . Dabei ist darauf abzustellen, ob nach dem wirtschaftlichen Gesamtbild des Betriebes die handwerksmäßige oder die industrielle Betriebsweise überwiegt. 2. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung Anzahl, Beschäftigtenzahl und Marktanteil des Lebensmittelhandwerks, also der Bäckereien, Fleischereien und Konditoreien, im Vergleich zur Lebensmittelindustrie der gleichen Bereiche in den letzten 20 Jahren entwickelt? Für das Jahr 1995 waren in der Betriebsstatistik des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) in der Anlage A (Bäcker, Fleischer, Konditoren) 55 955 Betriebe mit 571 518 tätigen Personen (einschließlich Unternehmer) aufgeführt. Im Jahr 2014 wurden 30 565 Betriebe mit 530 052 tätigen Personen verzeichnet. Zum Marktanteil des Lebensmittelhandwerks kann die Bundesregierung keine Aussage treffen. 3. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung eine Tendenz zur Filialisierung, Konzentration und Industrialisierung festzustellen, und wenn ja, welche Gründe sieht die Bundesregierung hierfür? Im Lebensmittelhandwerk ist seit einigen Jahren eine Strukturveränderung zu beobachten, die nicht zuletzt dem geänderten Kaufverhalten der Verbraucher, dem zunehmenden (Preis-)Wettbewerb mit industriellen Marktanbietern und der technologischen Entwicklung geschuldet ist. Im Bäcker- und Fleischerhandwerk – nicht aber bei den Konditoren – führte dies zu Konzentrationsprozessen bzw. zur Tendenz der Filialisierung. 4. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass das regionale Lebensmittelhandwerk von entscheidender Bedeutung ist für die Nahversorgung, die regionale Wertschöpfung und die bäuerliche Landwirtschaft (bitte mit Begründung )? Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass das regionale Lebensmittelhandwerk mit Blick auf die in der Frage genannten Funktionen eine wichtige Rolle spielt, zumal die Betriebe des Lebensmittelhandwerks im ländlichen Raum stark vertreten sind. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4527 5. Sieht die Bundesregierung angesichts der Entwicklung des regionalen Lebensmittelhandwerks Handlungsbedarf, und wenn ja, welche Strategie verfolgt sie, um das Lebensmittelhandwerk zu stärken? Die Mittelstandspolitik der Bundesregierung zielt darauf ab, die Rahmenbedingungen für die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Deutschland, darunter mehr als eine Million Handwerksbetriebe, insgesamt weiter zu verbessern . Zu diesem Zweck haben der Bundesminister für Wirtschaft und Energie und der ZDH anlässlich der Internationalen Handwerksmesse 2015 in München einen Zukunftsdialog für das Handwerk vereinbart und eine entsprechende Resolution verabschiedet. Der so genannte Branchendialog soll die Grundlage für einen „Masterplan Handwerk“ bilden, der die Handwerkspolitik der kommenden Jahre prägen soll. In diesem Zusammenhang werden Maßnahmen zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und Liquidität der Betriebe, zur Fachkräftesicherung und beruflichen Bildung , zur Erleichterung von Existenzgründungen und Unternehmensnachfolgen oder zur umfassenden Einbeziehung des Handwerks in die Digitale Agenda der Bundesregierung erwogen. Von diesen Maßnahmen werden auch die Betriebe des Lebensmittelhandwerks profitieren. Faire Voraussetzungen im Wettbewerb 6. Inwiefern sieht die Bundesregierung Nachbesserungsbedarf in der Handwerksordnung beim Schutz der Bezeichnungen „Bäcker“ und „Bäckerei“ als Bezeichnungen für Betriebe des Bäckereihandwerks? Die Bundesregierung sieht keine Möglichkeit, die Handwerksordnung zum Schutz bestimmter Berufsbezeichnungen zu ändern. Die Handwerksordnung regelt den Berufszugang, nicht aber die Berufsausübung oder den Schutz von Berufsbezeichnungen. Ein angemessener handwerksrechtlicher Schutz könnte darüber hinaus wegen der Möglichkeit von Umgehungen nicht effektiv gewährleistet werden. 7. Inwiefern sieht die Bundesregierung Nachbesserungsbedarf im Kartellrecht , um faire Voraussetzungen für das Lebensmittelhandwerk gegenüber Großbetrieben industrieller Produktion zu schaffen und hier den Bedarf neuer Instrumente im Wettbewerbsrecht (bitte mit Begründung und unter Bezugnahme auf den Fall Tönnies: www.focus.de/finanzen/news/clemenstoennies -baut-seinen-konzern-um-so-trickst-schalkes-wurstkoenig-daskartellamt -aus-und-entgeht-120-millionen-strafe_id_4448663.html)? Kartelle sind volkswirtschaftlich sehr schädlich. Mit der 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen wurden bereits Lücken bezüglich der Haftung bei Unternehmensnachfolgen im Ordnungswidrigkeitengesetz geschlossen . So wurde die Möglichkeit zur frühzeitigen Sicherung von Vermögenswerten erweitert, um Vermögensverschiebungen entgegen zu wirken. Sollte sich herausstellen, dass sich Unternehmen durch Umstrukturierungen der Zahlungspflicht für verhängte Bußgelder entziehen können, wird die Bundesregierung zeitnah Anpassungsvorschläge vorlegen. Dafür wird die Evaluierung der geltenden Regelung der Rechtsnachfolge mit Nachdruck vorangetrieben. Drucksache 18/4527 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bürokratieabbau und Kosten, Steuern und Finanzierung 8. Inwiefern sind Akteurinnen und Akteure des Lebensmittelhandwerks in den Dialog zur Erarbeitung des „Masterplans Handwerk“ der Bundesregierung eingebunden, und wann ist eine Veröffentlichung der Ergebnisse vorgesehen? Das Lebensmittelhandwerk ist eng in den Branchendialog eingebunden. Dem Branchendialog ist eine Online-Konsultation vorgeschaltet, die am 30. April 2015 endet. An dieser können sich alle interessierten Personen, Unternehmen und Organisationen beteiligen. Die Ergebnisse der Online-Konsultation werden auf der Internetseite des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie veröffentlicht . Zum Branchendialog zu Potentialen und Herausforderungen im Handwerk im Mai 2015 werden auch die Interessensvertretungen des Lebensmittelhandwerks eingeladen. An dem Spitzengespräch des Branchendialogs im Juli 2015 werden Vertreter des Lebensmittelhandwerks teilnehmen. Über die Ergebnisse des Branchendialogs wird die Öffentlichkeit zeitnah informiert. 9. Wie setzt sich die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbart, für einen wirksameren Normenkontrollmechanismus auf europäischer Ebene und Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ein, und inwiefern kommt das nach Ansicht der Bundesregierung dem Lebensmittelhandwerk zugute? Die Bundesregierung spricht sich nachdrücklich für die Einrichtung eines wirksamen , unabhängigen Normenkontrollmechanismus auf EU-Ebene aus, der für alle EU-Institutionen anwendbar ist. Hierauf wirkt sie gemeinsam mit anderen Mitgliedstaaten hin. Die Ankündigung der Europäischen Kommission vom 18. Dezember 2014, den bislang internen Ausschuss für Folgenabschätzungen insbesondere durch Aufnahme zweier externer Experten in einen Ausschuss für Regulierungskontrolle umzuwandeln, wird von der Bundesregierung als ein erster Schritt auf dem Weg zu einem wirklich unabhängigen Kontrollgremium begrüßt. Die Bundesregierung misst einer transparenten und einfachen Rechtsetzung und dem nachhaltigen Abbau unnötiger Bürokratiekosten unverändert große Bedeutung bei. Ziel ist die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung , wobei dem angemessenen Schutz der Verbraucher, der Gesundheit, der Umwelt und der Beschäftigten stets Rechnung zu tragen ist. Ausnahmen für KMU können dazu beitragen, diese von unnötigen Bürokratielasten zu befreien, bedürfen jedoch einer sorgfältigen Einzelfallprüfung. 10. Wann starten die Unternehmensbefragungen im Rahmen des Arbeitsprogramms „Bessere Rechtssetzung“ der Bundesregierung, um die Bürokratiebelastung zu ermitteln, und werden Betriebe des Lebensmittelhandwerks befragt? Von April bis Juni 2015 wird das Statistische Bundesamt im Auftrag der Bundesregierung Unternehmen – auch des Lebensmittelhandwerks – zu Bürokratiebelastungen befragen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4527 11. Welche konkreten Maßnahmen des Arbeitsprogramms „Bessere Rechtssetzung “ kommen dem Lebensmittelhandwerk zugute (bitte mit Begründung )? 12. Welche Maßnahmen aus den Eckpunkten der Bundesregierung zum Bürokratieabbau kommen dem regionalen Lebensmittelhandwerk direkt oder indirekt zugute? Die Fragen 11 und 12 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Mit dem Arbeitsprogramm „Bessere Rechtsetzung 2014“ will die Bundesregierung Entlastungen spürbarer machen, den Erfüllungsaufwand weiter reduzieren und die Rechtsetzungsprozesse weiter verbessern. Mit den am 11. Dezember 2014 vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkten zur weiteren Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie werden zusätzliche Impulse gesetzt. Mit dem aktuellen Entwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz werden einzelne Maßnahmen der beschlossenen Eckpunkte kurzfristig umgesetzt. Das Arbeitsprogramm wie auch die Eckpunkte unterstützen und entlasten die gesamte Wirtschaft und damit auch das regionale Lebensmittelhandwerk . 13. Wie viele Nachweis- und Informationspflichten bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung im Bereich des regionalen Lebensmittelhandwerks, und welche dieser Informations- und Nachweispflichten im Bereich des regionalen Lebensmittelhandwerks hält die Bundesregierung für verzichtbar ? Beim Statistischen Bundesamt sind derzeit etwa 13 800 Informations- und Nachweispflichten der gesamten Wirtschaft erfasst. Bezogen auf das regionale Lebensmittelhandwerk ist eine trennscharfe Zuordnung nicht möglich. Die Nachweis- und Informationspflichten werden mehrfach auf ihre Notwendigkeit und Angemessenheit überprüft. Derzeit ist nicht erkennbar, dass derartige Pflichten im Bereich des regionalen Lebensmittelhandwerks verzichtbar sind. 14. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, Hemmnisse der Mittelstandsfinanzierung abzubauen, und wie kommen diese Maßnahmen dem regionalen Lebensmittelhandwerk zugute? Der Zugang zur Kreditfinanzierung ist für mittelständische Unternehmen derzeit außerordentlich gut. Die momentane Niedrigzinsphase und die guten Refinanzierungsbedingungen der Banken nicht zuletzt auch durch die EZB-Maßnahmen (EZB – Europäische Zentralbank) tragen weiterhin zum exzellenten Zugang zur Finanzierung bei. Diese Bedingungen gelten auch für das regionale Lebensmittelhandwerk. Hemmnisse bestehen nach wie vor für Existenzgründer und kleine Unternehmen . Soweit das Marktangebot nicht ausreicht, stehen die Förderprogramme des ERP-Sondervermögens (ERP – European Recovery Program) und der KfW sowie das Angebot der Bürgschaftsbanken zur Verfügung. 15. Plant die Bundesregierung steuerliche Änderungen bzw. Erleichterungen, von denen insbesondere KMU profitieren würden (etwa eine Erhöhung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter oder die Wiedereinführung Drucksache 18/4527 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode der degressiven Absetzung für Abnutzung), und wenn nein, welche Gründe sprechen etwa gegen Vereinfachungen an dieser Stelle? Die Bundesregierung plant, die Anwendung des § 7g EStG (Einkommensteuergesetz ) (Investitionsabzugsbetrag) zu vereinfachen, in dem das Funktionsbenennungserfordernis entfällt. Investitionsabzugsbeträge ermöglichen die Vorverlagerung von Abschreibungsvolumen. Zusätzlich wird so die Liquidität verbessert und die Eigenkapitalbildung unterstützt. Weiter sollen die Grenzwerte für die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten im Handelsgesetzbuch und in der Abgabenordnung jeweils auf 600 000 Euro und 60 000 Euro angehoben werden. Die Änderung bewirkt, dass für die befreiten Unternehmen die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses entfällt. 16. Plant die Bundesregierung eine Änderung der Besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), um die mögliche Benachteiligung von Betrieben des Lebensmittelhandwerks gegenüber Großverbrauchern der industriellen Lebensmittelproduktion zu verringern , und was beinhalten die Pläne? In der Besonderen Ausgleichsregelung gelten für alle Branchen einheitliche Regelungen . Dazu zählt ein Mindeststromverbrauch von 1 Gigawattstunde. Diese Eintrittsschwelle bestand bereits vor der Novellierung des EEG 2014 und war mit Inkrafttreten des EEG 2012 von zuvor 10 GWh abgesenkt worden, um gerade auch KMU die Inanspruchnahme der Besonderen Ausgleichsregelung zu erlauben. Eine vollständige Aufgabe dieser Eintrittsschwelle ist nicht geplant. 17. Wie hoch war der Anteil der über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ geförderten Betriebe des Lebensmittelhandwerks an den Zuwendungsempfängern und an der Bewilligungssumme im Vergleich zu Unternehmen der Lebensmittelindustrie im Jahr 2014? Im Rahmen der statistischen Erfassung der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur (GRW) kann nicht zwischen Unternehmen der Lebensmittelindustrie und dem Lebensmittelhandwerk differenziert werden. Zur statistischen Abgrenzung der Lebensmittelbranche insgesamt wurden in der Klassifikation der Wirtschaftszweige Ausgabe 2008 (WZ 2008) die Abteilungen 10 „Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln“ und 11 „Getränkeherstellung “ gewählt. Der Anteil der Unternehmen der Lebensmittelbranche an allen geförderten Unternehmen belief sich im Jahr 2014 auf 6,7 Prozent. Auf Unternehmen der Lebensmittelbranche entfielen 10,7 Prozent aller bewilligten gewerblichen GRW-Zuschüsse. 18. Ist bei der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ein Förderschwerpunkt „regionale Wertschöpfung“ oder „Regionalvermarktung“ vorgesehen? Die Weiterentwicklung der GRW wird zurzeit auf verschiedenen Ebenen intensiv diskutiert. Es liegen jedoch noch keine abschließenden Ergebnisse über künftige Förderschwerpunkte vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4527 19. Ist bei der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zur Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ ein Förderschwerpunkt „Direktvermarktung“ oder „regionale Wertschöpfung“ vorgesehen? Die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) soll zu einer Gemeinschaftsaufgabe „ländliche Entwicklung“ weiterentwickelt werden. Ziel ist es, die Fördermöglichkeiten des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) umfassend nutzen zu können. Konkrete Maßnahmen sind bei der Aufstellung des Rahmenplans entsprechend den vorgesehenen Verfahren der Gemeinschaftsaufgabe vom Planungsausschuss zu beschließen. 20. Welche Förder- und Beratungsmöglichkeiten bestehen darüber hinaus derzeit für Betriebe des regionalen Lebensmittelhandwerks (bitte unterscheiden nach Gründungs-, Unternehmens- und Innovationsförderung sowie Finanzierung von Energie- und Umweltinstitutionen)? Die Förderhilfen für die mittelständische Wirtschaft sind nicht branchenbezogen und stehen damit grundsätzlich auch Betrieben des regionalen Lebensmittelhandwerks offen. Es stehen folgende Programme zur Verfügung: Daneben existiert das Angebot der Bürgschaftsbanken und Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften, die bankübliche Sicherheiten stellen und somit Finanzierungen ermöglichen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie unterstützt Kammern und Fachverbände des Handwerks, die ihren Betrieben ein breites Beratungsangebot kostenlos zur Verfügung stellen. 11,5 der 460 vom Bundesministerium für Wirt- Förderprogramm Zielgruppen Höchstbetrag Gründungsfinanzierung Mikrokreditfonds Kleinstgründungen, Frauen, Migranten 20 000 ERP-Gründerkredit – Startgeld Existenzgründungen und bis zu 3 Jahre nach Gründung 100 000 ERP-Gründerkredit – Universell Existenzgründungen, Nachfolgen und bestehende Unternehmen bis 5 Jahre 25 000 000 ERP-Kapital für Gründung Existenzgründer bis 3 Jahre (Mezzaninkapital) 500 000 Unternehmens - finanzierung ERP-Regionalprogramm Bestehende Unternehmen in Regionalfördergebieten , die seit mind. 5 Jahren bestehen 3 000 000 KfW-Unternehmerkredit Unternehmen, die seit mind. 5 Jahren bestehen 25 000 000 Innovationsförderung ERP-Innovationsprogramm Unternehmen, die seit mind. 2 Jahren am Markt sind. Gefördert wird die marktnahe Forschung sowie die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten, Produktionsverfahren und Dienstleistungen in Deutschland. 5 000 000 Energie und Umwelt KfW-Umweltprogramm Unternehmen jeder Größe, die in Umweltschutz und Nachhaltigkeit investieren 10 000 000 KfW-Energieeffizienzprogramm Unternehmen bis 4 Mrd. Umsatz, die Energiesparpotenziale realisieren bei Sanierung und Neubau von Gebäuden, sowie Investitionen zur wesentlichen Einsparung von Energie 25 000 000 schaft und Energie geförderten Beratungsstellen bestehen bei Verbänden des Bäckerhandwerks, drei Stellen bei Verbänden des Fleischerhandwerks. Drucksache 18/4527 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung, um, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, Förderprogramme zu bündeln und Antragsverfahren zu vereinfachen, damit mehr KMU daran teilhaben können, und wie kommen diese Maßnahmen dem regionalen Lebensmittelhandwerk zugute? Aus der Übersicht in der Antwort zu Frage 20 geht die Strukturierung der Basisförderprogramme in den Schwerpunktbereichen hervor. Die Verbesserung von Transparenz und Vereinfachung von Förderprogrammen wird als Daueraufgabe verstanden. Des Weiteren werden die Antragsverfahren vereinfacht. Die KfW führt derzeit ein Pilotprojekt (BDO 2.0) zur Etablierung eines durchgängig onlinebasierten Antrags- und Zusage-Prozesses für Förderkredite zusammen mit Spitzeninstituten der Finanzwirtschaft und Geschäftsbanken durch. Daneben ist nach wie vor die Bereitschaft der Kreditinstitute, beantragte Förderkredite auch bereitzustellen, wichtig. Die KfW wird deshalb ab April 2015 das bisherige Entlohnungssystem für Hausbanken umstellen und verbessern. Für zugesagte Kleinkredite bis 125 000 Euro wird der Hausbank künftig ein festes Bearbeitungsentgelt für den erhöhten Bearbeitungsaufwand ausgezahlt. Fachkräftenachwuchs und Ausbildung, Arbeitsbedingungen und Löhne 22. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen sowie die Medianstundenlöhne in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien ? 23. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Arbeitszeiten in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien? Die Fragen 22 und 23 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Amtliche Daten zu Stundenlöhnen differenziert nach Wirtschaftszweigen und zu der korrespondierenden Arbeitszeit finden sich in der Verdienststrukturerhebung (VSE) des Statistischen Bundesamtes. Allerdings erfasst die VSE nur Betriebe mit 10 und mehr Beschäftigten. Die Ergebnisse aus der Erhebung des Jahres 2010 können der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Bruttostundenverdienste und Wochenarbeitszeiten in Handwerksbetrieben* ohne Auszubildende, 2010 Wirtschaftszweig Bruttostundenverdienst Wochenarbeitszeit Mittelwert Median Mittelwert Median EUR Stunden 10.13 Fleischverarbeitung 10,72 10,00 31,12 38,67 10.71 Herstellung von Backwaren (ohne Dauerbackwaren) 10,38 9,44 28,46 35,00 47.22 Einzelhandel mit Fleisch und Fleischwaren 8,58 7,83 27,91 31,29 47.24 Einzelhandel mit Back- und Süßwaren 9,67 8,92 29,06 30,00 * Mit Eintrag in Handwerksrolle; Betriebe mit zehn oder mehr Beschäftigten Quelle: Statistisches Bundesamt Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4527 24. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über spezifische gesundheitliche Belastungen der Beschäftigten in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien? Im Back- und Konditoreigewerbe auftretende gesundheitliche Belastungen liegen schwerpunktmäßig in den Bereichen „Atemwege“ und „Haut“. Auch in Fleischereien sind Hauterkrankungen an erster Stelle bei den gesundheitlichen Belastungen zu nennen. Mit großem Abstand folgen „Lärm“- und „Rückenbelastungen “. 25. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um die Arbeitsbedingungen und Arbeitsentgelte in Bäckereien, Fleischereien und Konditoreien zu verbessern? Im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie fallen die Regelung der Arbeitsentgelte und Arbeitsbedingungen maßgeblich in die Gestaltungsverantwortung der Tarifvertragsparteien. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie ist zum 1. Januar 2015 ein allgemeiner branchenübergreifender Mindestlohn eingeführt worden. Das Mindestlohngesetz gilt – sofern ein entsprechender Schutz nicht bereits durch vorrangige Mindestlohnbestimmungen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz sichergestellt ist – grundsätzlich für die Beschäftigten aller Branchen. Damit haben auch die Beschäftigten in Bäckereien, Fleischereien und Konditoreien seit diesem Jahr erstmals einen entsprechenden Mindestlohnanspruch. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe als zuständiger Unfallversicherungsträger bietet ihren Betrieben eine Reihe präventiver Maßnahmen an. Kleinbetriebe mit bis zu zehn Beschäftigten erfahren zudem eine besondere Betreuung. Über ein bundesweites Netz von etwa 50 regionalen Kompetenzzentren können beispielsweise Beratungen zum Arbeitsschutz abgefordert werden. 26. Wie viele Kontrollen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2010 bis 2014 in Bäckereien, Konditoreien und Fleischereien von welchen Behörden durchgeführt, und wie viele Verstöße wurden im Zuge dieser Kontrollen in Bezug auf a) das Arbeitsentgelt, b) die Arbeitsbedingungen und c) das Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a des Strafgesetzbuchs (StGB) festgestellt? Im Jahr 2014 gab es für Bäckereien, Konditoreien sowie das Fleischerhandwerk keinen Mindestlohn nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz, so dass in diesen Branchen keine Kontrollen des Arbeitsentgelts stattgefunden haben. Die zum 1. August 2014 in Kraft getretene Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft vom 30. Juli 2014 gilt im Grundsatz nicht für Betriebsstätten, die zum Fleischerhandwerk gehören. Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe führt jährlich etwa 4 000 Betriebsbesichtigungen in Fleischereien zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz durch. Verstöße im Sinne von notwendigen Anordnungen nach § 19 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) bewegen sich in einer Größenordnung <100 Fälle. Vergleichbar sind auch die Zahlen im Back- und Konditoreigewerbe . Hier liegt die Anzahl der jährlichen Betriebsbesichtigungen durch Aufsichtspersonen und Aufsichtshelfern bei etwa 5 000. Verstöße im Sinne von notwendigen Anordnungen nach § 19 SGB VII sind auch hier in einer Größenordnung von <100 Fälle festzustellen. Drucksache 18/4527 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Jahr 2014 hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung (FKS) insgesamt 67 Ermittlungsverfahren nach § 266a StGB in der Branche „Fleischwirtschaft “ abgeschlossen (2010: 41, 2011: 129, 2012: 37, 2013: 20). Eine Differenzierung nach Handwerksbetrieben ist dabei nicht möglich. Für Bäckereien oder Konditoreien werden differenzierte statistische Erhebungen durch die FKS nicht geführt. 27. Welchen konkreten Beitrag leistet die Bundesregierung, um die im Rahmen der Allianz für Aus- und Weiterbildung von allen Partnern angekündigte kontinuierliche Verbesserung der Ausbildungsqualität auch in den Ausbildungsberufen des Lebensmittelhandwerks, insbesondere Fachverkäuferin /Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk, Bäckerin/Bäcker, Konditorin/Konditoren, Fleischerin/Fleischer und Köchin/Koch, und eine damit verbundene Erhöhung der Attraktivität jener Ausbildungsberufe zu gewährleisten, die laut Ausbildungsreport 2014 des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) gravierende Mängel bei der Ausbildungsqualität und eine besonders hohe Vertragslösungsquote aufweisen? 28. Geht die Bundesregierung davon aus, dass sich mithilfe dieser geplanten Maßnahmen die Attraktivität der Ausbildungsberufe des Lebensmittelhandwerks in einem Maße steigern lässt, dass bis zum voraussichtlichen Auslaufen der Allianz für Aus- und Weiterbildung im Jahr 2018 der benötigte Fachkräftenachwuchs im Bereich des Lebensmittelhandwerks als gesichert gelten kann (bitte unter Aufschlüsselung der begonnenen oder geplanten Maßnahmen zur Erhöhung der Ausbildungsqualität der jeweiligen Allianzpartner und unter möglichst detaillierter Angabe ihrer erwarteten Auswirkung in Bezug auf die Steigerung der Ausbildungsqualität)? Die Fragen 27 und 28 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Bund, Wirtschaft, Gewerkschaften und Länder haben im Dezember 2014 die Allianz für Aus- und Weiterbildung vereinbart. Den Partnern der Allianz für Aus- und Weiterbildung ist es ein gemeinsames Anliegen, die duale Ausbildung in allen Branchen, auch im Lebensmittelhandwerk, weiter zu stärken und zukunftsfähig zu erhalten. Die Ausbildungsqualität ist hierfür ein entscheidender Faktor. Wirtschaft und Gewerkschaften planen dazu für die betriebliche Seite Maßnahmen, die Länder bezüglich des Lernorts Berufsschule. Angesichts der laufenden Diskussionen der Allianz-Partner sind derzeit noch keine Aussagen zu Einzelmaßnahmen möglich. Alle „Allianz“-Partner werden die vereinbarten Ziele und Beiträge regelmäßig bilanzieren. 29. Plant die Bundesregierung gezielte Unterstützungsangebote für KMU des Lebensmittelhandwerks, die es diesen Betrieben erleichtern, ausbildungsattraktivitätssteigernde Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten anzubieten, um zukünftigem Fachkräftemangel entgegenzuwirken (bitte mit Begründung)? Die Förderung richtet sich an das gesamte Handwerk bzw. den gesamten Mittelstand ; eine Spezialförderung einzelner Bereiche ist nicht vorgesehen (vgl. Antwort zu Frage 20). 30. Wie und auf welcher Datengrundlage bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen des am 1. April 2012 in Kraft getretenen Gesetzes über die Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (BQFG, Bun- destagsdrucksache 17/6260) auf die Fachkräftesituation im regionalen Lebensmittelhandwerk (bitte unter Angabe der Anerkennungsquoten im Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4527 Ausland erworbener Berufsabschlüsse im Bereich des Lebensmittelhandwerks für die Jahre 2010 bis 2014)? Im Bereich des Lebensmittelhandwerks – zur Beantwortung werden nach der Berufsklassifikation nur die Ausbildungen zum Bäcker bzw. Bäckerin, Konditor bzw. Konditorin und Fleischer bzw. Fleischerin gezählt – wurden seit Inkrafttreten des Anerkennungsgesetzes am 1. April 2012 bis 31. Dezember 2013 51 Anträge auf Anerkennung eines beruflichen Abschlusses aus dem Ausland gestellt. Davon war Konditor bzw. Konditorin mit 30 Anträgen häufigster Referenzberuf. In 15 Fällen wurde die volle Gleichwertigkeit festgestellt. Bei drei Anträgen wurde eine teilweise Gleichwertigkeit beschieden. In zwölf Fällen gab es bis zum 31. Dezember 2013 noch keine Entscheidung. Für den Referenzberuf Bäcker bzw. Bäckerin wurden insgesamt 15 Anträge gestellt, von denen in drei Fällen die volle Gleichwertigkeit beschieden wurde. Zwölf Anträge waren bis 31. Dezember 2013 noch nicht entschieden. Sechs Anträge wurden für den Referenzberuf Fleischer bzw. Fleischerin gestellt, die alle mit einer vollen Gleichwertigkeit abgeschlossen werden konnten. Datengrundlage ist die amtliche Statistik nach § 17 des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (BQFG), die vom Statistischen Bundesamt erhoben, veröffentlicht und vom Bundesinstitut für Berufsbildung für die Bundesregierung im Rahmen des Monitorings zum Anerkennungsgesetz aufbereitet und ausgewertet wird. Die Daten beziehen sich ausschließlich auf Verfahren für die Anerkennung bundesrechtlich geregelter Berufsabschlüsse. Für das Jahr 2014 liegen noch keine Daten vor. Unternehmensnachfolge und Existenzgründung 31. Wie haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der Neugründungen zulassungspflichtiger Handwerksbetriebe, die Anzahl der Betriebe industrieller Produktion und die Anzahl der Betriebe mit handwerklichem Hilfsbetrieb, beziehungsweise der Gewerbe mit handwerklicher Tätigkeit in nur unerheblichem Umfang, im Lebensmittelbereich in den letzten fünf Jahren verändert, und welche Gründe sieht die Bundesregierung für diese Entwicklung? Die nachstehende Tabelle weist die Entwicklung der Neuerrichtungen in den letzten fünf Jahren nach Schätzungen des ZDH aus: * Quelle: ZDH; Betriebe einschließlich handwerklicher Nebenbetriebe Neuerrichtungen (geschätzt) jeweils vom 01.01.-31.12. Anlage A nach HwO 2004 Gewerke in alphabetischer Reihenfolge 2010 Betriebe Geschätzte Neuerrichtungen 01.01.-31.12. 2011 Betriebe Geschätzte Neuerrichtungen 01.01.-31.12. 2012 Betriebe Geschätzte Neuerrichtungen 01.01.-31.12. 2013 Betriebe Geschätzte Neuerrichtungen 01.01.-31.12. 2014 Betriebe Geschätzte Neuerrichtungen 01.01.-31.12. Bäcker [A] 396 383 353 363 345 Fleischer [A] 478 381 350 345 370 Konditor [A] 134 139 148 162 183 Lebensmittel Anlage A gesamt 1 007 903 851 870 899 Weitere Erkenntnisse über die Betriebsentwicklung liegen der Bundesregierung nicht vor. Drucksache 18/4527 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 32. Welche Projekte unterstützt die Bundesregierung im Bereich der Beratung und Finanzierung für die Unternehmensnachfolge, und wie profitiert das Lebensmittelhandwerk hiervon? Die Unternehmensnachfolgeinitiative „nexxt“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unterstützt durch umfassende Informations- und Beratungsangebote den unternehmerischen Generationswechsel und trägt dazu bei, dass sich Unternehmerinnen und Unternehmer rechtzeitig mit dem Thema befassen. Kern der Initiative ist die Nachfolgebörse „nexxt-change“, die Übergeber und Übernehmer durch eine Onlinebörse in Kooperation mit über 800 Regionalpartnern vernetzt. Seit dem Jahr 2006 wurden bereits über 12 000 erfolgreiche Unternehmensübergaben durch die Börse angestoßen. Übernehmerinnen und Übernehmer, die ein Unternehmen erwerben oder sich daran beteiligen, können auf alle Angebote der staatlichen Gründungsfinanzierung , vor allem aus dem ERP-Sondervermögen, zurückgreifen. Hier stehen langfristige und niedrig verzinste Kreditangebote wie auch eigenkapitalverstärkendes Nachrangkapital zur Verfügung. Die Förderdatenbank www. foerderdatenbank.de gibt einen Überblick über die einzelnen Programme zur Finanzierungs- und Beratungsförderung. Kennzeichnungspflicht und Kontrollen 33. Gibt es vonseiten der Bundesregierung Unterstützung für die Betriebe des Lebensmittelhandwerks bei der Umsetzung der neuen Allergenkennzeichnung für unverpackte Waren, beispielsweise durch Leitfäden für die Unternehmen ? Um die überarbeiteten und verbesserten Regelungen der so genannten Lebensmittel -Informationsverordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) bekanntzumachen, hatte das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Wirtschaft und insbesondere das Lebensmittelhandwerk schon zu Beginn der dreijährigen Übergangszeit auf Leitungs- und Fachebene sowie durch seinen Internetauftritt umfassend über das neue Lebensmittelkennzeichnungsrecht informiert. Die Informationen der Internetseite sind nach wie vor verfügbar. Zudem wurde ein Fragen-Antworten-Katalog mit Auslegungshinweisen der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten zur LMIV unter intensiver Beteiligung Deutschlands erarbeitetet. Darüber hinaus steht die Bundesregierung zu Fragen des Vollzugs und der Kontrolle des Lebensmittelkennzeichnungsrechts in engem Kontakt mit den dafür zuständigen Ländern. Das gilt insbesondere auch für Auslegungsfragen, die von den Handwerksverbänden und Betrieben an die Bundesregierung herangetragen werden. 34. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf, um sicherzustellen, dass vermehrter bürokratischer Aufwand im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung auch unverpackter Ware das Lebensmittelhandwerk im Vergleich zu Betrieben industrieller Produktion nicht benachteiligt? Schon die LMIV sieht Erleichterungen für KMU vor, etwa indem der Direktverkauf von Lebensmitteln in kleinen Mengen durch Hersteller an Endverbraucher von der Nährwertkennzeichnung ausgenommen wird. Zudem dürften KMU überproportional von den Kennzeichnungserleichterungen für lose abgegebene Lebensmittel profitieren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4527 Ferner hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mit der Vorläufigen Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung für unverpackte Ware neben der schriftlichen auch die elektronische und die mündliche Allergeninformation zugelassen. 35. Wie beurteilt die Bundesregierung den Entwurf einer neuen Lebensmittelkontrollverordnung der Europäischen Kommission im Hinblick auf die Gebührenpflicht für Regelkontrollen, getragen von Betrieben des Lebensmittelhandwerks , und die Definition und Ausnahme von Kleinstbetrieben von der Gebührenpflicht? Der Legislativvorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über amtliche Kontrollen vom 6. Mai 2013 sieht vor, dass künftig im Grundsatz für sämtliche amtlichen Kontrollen Gebühren zu erheben sind. Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und bis zu 2 Mio. Euro Jahresumsatz sollen von Gebühren befreit werden. Der Bundesrat hat sich in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2013 für eine verpflichtende Gebührenerhebung bei Regelkontrollen sowie einen weitgehenden Verzicht auf die Gebührenbefreiung für Kleinstunternehmen ausgesprochen . Die Bundesregierung ist nach Artikel 23 Absatz 5 Satz 2 des Grundgesetzes gehalten, die Position der von der Gebührenregelung betroffenen Länder maßgeblich zu berücksichtigen. Ein von der lettischen Ratspräsidentschaft im Februar 2015 vorgelegter Kompromisstext sieht keine verpflichtenden Gebühren für Regelkontrollen mehr vor. 36. Plant die Bundesregierung, die Länder zu unterstützen, damit sie die Routinekontrollen weiterhin als staatliche Aufgabe steuerfinanziert durchführen können, um das Lebensmittelhandwerk zu entlasten, und wenn ja, mit welchen Maßnahmen? Die Durchführung der Überwachung und deren Finanzierung fallen nach der grundgesetzlich zugewiesenen Aufgabenverteilung in die Zuständigkeit der Länder. Die Bundesregierung sieht daher weder eine Handlungsmöglichkeit noch eine Handlungsnotwendigkeit (vgl. Antwort zu Frage 35). 37. Sieht die Bundesregierung, im Hinblick auf die Lebensmittelkontrollverordnung Handlungsbedarf, um bundesweit Planungs- und Rechtssicherheit sowie Bürokratieabbau für die Betriebe voranzutreiben und gleichzeitig den gleichmäßigen Vollzug des Lebensmittelrechts sicherzustellen? Mit der Revision der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz modernisiert, harmonisiert, gebündelt und auf weitere Kontrollbereiche entlang der Agrar-Lebensmittelkette ausgeweitet werden. Darüber hinaus sind überwiegend Verpflichtete der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Kontrollbehörden der Länder, nicht die Betriebe selbst. Daher ist die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht geeignet, einen Bürokratieabbau für die Betriebe zu bewirken. 38. Wann und wo hat sich die Bundesregierung in Deutschland und im Europäischen Rat für eine bessere Zusammenarbeit aller Behörden (Europol, Gerichtswesen, Schwerpunktstaatsanwaltschaften, europaweite Datenzusammenführung ) im Kontext der Verstöße industrieller Produktion ge- Drucksache 18/4527 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode gen die Lebensmittelkontrollverordnung und Lebensmittelinformationsverordnung eingesetzt? Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nimmt in zahlreichen Bund-Länder-Gremien eine koordinierende Funktion bei der Entwicklung von Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Verstößen gegen das Lebensmittelrecht wahr und unterstützt auf europäischer Ebene die Vernetzung von nationalen mit EU-Behörden sowie die Vernetzung der Mitgliedstaaten untereinander durch die Mitarbeit in der European food law enforcement practitioners Working Group. Aktuell wird an einer EU-weiten Zusammenführung von Daten aus der Lebensmittelüberwachung gearbeitet. Zur Bekämpfung von Lebensmittelbetrug ist das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Mitglied im Food-Fraud-Network. Der Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und mit der Kommission über Verstöße gegen das Lebensmittelrecht wird derzeit mit der Einführung eines elektronischen Informationssystems optimiert. Nahversorgung und Regionalität 39. Wann plant die Bundesregierung, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, eine Plattform Einzelhandel ins Leben zu rufen, um die ländliche Nahversorgung zu sichern, und ist eine Teilnahme des Lebensmittelhandwerks und von Verbänden der Direktvermarktung vorgesehen? Die Auftaktveranstaltung für die Dialogplattform Einzelhandel soll am 21. April 2015 stattfinden. Sie leitet einen Dialog ein, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie in den kommenden zwei Jahren mit Unternehmen und Verbänden, Gewerkschaften, Bundes- und Länderressorts, Kommunen und der Wissenschaft führen will. Ziel ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten neue Perspektiven , Schlüsselstrategien und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, um insbesondere auch die Versorgung im ländlichen Raum zu gewährleisten. Über eine Teilnahme des Lebensmittelhandwerks sowie von Verbänden der Direktvermarktung an einzelnen Workshops wird zeitnah entschieden. 40. Inwiefern hält die Bundesregierung eine europaweit verpflichtende Kennzeichnung des Ursprungslands bzw. des Herkunftsorts innerhalb der Lebensmittelinformationsverordnung für unverarbeitete wie für verarbeitete Lebensmittel für sinnvoll (bitte mit Begründung), und welche Initiativen hat sie auf europäischer Ebene diesbezüglich ergriffen? Die Bundesregierung hat die Verordnung (EU) Nr. 1337/2013, mit der die Herkunftskennzeichnung für frisches, gekühltes und gefrorenes Fleisch von Schwein, Schaf, Ziege und Geflügel ab dem 1. April 2015 verpflichtend vorgeschrieben ist, auf EU-Ebene aktiv unterstützt. In Bezug auf die Herkunftskennzeichnung für Fleisch, das als Zutat verwendet wird, liegt bereits ein Bericht der EU-Kommission vor. Zunächst sollten die Erfahrungen mit der geltenden Herkunftskennzeichnung abgewartet werden, bevor eine Entscheidung über zusätzliche Kennzeichnungspflichten getroffen wird. Für weitere in Artikel 26 der LMIV aufgeführte Produkte stehen die Berichte der Europäischen Kommission noch aus. Die Bundesregierung setzt sich im Einklang mit dem Koalitionsvertrag für Kennzeichnungsregelungen ein, die den Informations- und Schutzbedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher gerecht werden. Entscheidend für weitere Kennzeichnungspflichten sollte ein Ausgleich zwischen den Verbraucher- interessen sowie der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und dem Bestreben der Verwaltung nach praxistauglichen und kostengünstigen Lösungen sein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4527 41. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Einführung einer europaweit einheitlichen gesetzlichen Regelung der Regionalkennzeichnung für unverarbeitete wie für verarbeitete Lebensmittel, die einheitliche Kriterien für eine freiwillige Regionalkennzeichnung festlegt? Welche Definition von Region erscheint hierfür sinnvoll? Verpflichtende Herkunftsangaben für Lebensmittel sind auf EU-Ebene im Rahmen der Lebensmittelinformationsverordnung abschließend geregelt. In Deutschland wurde zur Stärkung der Vermarktung regionaler Produkte auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft mit dem Regionalfenster eine klare und transparente Kennzeichnung regionaler Produkte durch die Wirtschaftsbeteiligten entwickelt. 42. Wie beurteilt die Bundesregierung den europaweiten Herkunftsschutz (geschützte geografische Angabe, geschützte Ursprungsbezeichnung und garantiert traditionelle Spezialität) in Bezug auf den bürokratischen Aufwand , die Bekanntheit und den Informationsgehalt für Verbraucherinnen und Verbraucher? Welche Veränderungen wären aus Sicht der Bundesregierung sinnvoll beziehungsweise werden von ihr auf EU-Ebene verfolgt? Die Bundesregierung schätzt den bürokratischen Aufwand für das Eintragungsverfahren als hoch ein. Die Bekanntheit der geschützten Herkunftsangaben in der EU erscheint trotz zahlreicher Informationsmaterialien und Präsentationen auf Verbrauchermessen noch nicht ausreichend. An der Erhöhung des Bekanntheitsgrades wird daher intensiv weiter gearbeitet. Der Informationsgehalt für Verbraucher ist aufgrund des transparenten Verfahrens umfassend. Über das Register der Europäischen Kommission können alle Informationen zum jeweiligen Erzeugnis, das mit einer geschützten geografischen Herkunftsangabe im Markt bezeichnet ist, abgerufen und nachvollzogen werden. Die Europäische Kommission hat bereits Verbesserungsmöglichkeiten im Eintragungsverfahren zu den geschützten geografischen Herkunftsangaben erkannt und mit der Evaluierung dieses Bereichs begonnen. Die Bundesregierung begleitet und unterstützt die Kommission bei diesem Anliegen. 43. Plant die Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zur Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ einen Förderschwerpunkt „Gemeinschafts- beziehungsweise Schulverpflegung“ unter besonderer Berücksichtigung regionaler Belieferungsstrukturen? Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 44. Plant die Bundesregierung, mit anderen Förderinstrumenten als der der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes “ regionale Verarbeitungs- und Vermarktungsstrukturen für den Ausbau der Gemeinschafts- beziehungsweise Schulverpflegung zu fördern ? Im Rahmen von Modell- und Demonstrationsvorhaben des Bundesprogramms „Ländliche Entwicklung“ sind solche Projekte grundsätzlich förderfähig. Mit dem Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ des Bundesministeriums für Ernäh- Drucksache 18/4527 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rung und Landwirtschaft entscheiden die Regionen selbst, welche Projekte zur Stärkung der Wirtschaftskraft und Sicherung der Daseinsvorsorge auf der Grundlage eines Regionalbudgets gefördert werden. 45. Plant die Bundesregierung, Regionalität im Vergaberecht als Kriterium der Entscheidungsfindung zu ermöglichen, damit Kommunen ihre Handlungsspielräume zugunsten regional, ökologisch und sozial erzeugter Produkte nutzen können, und wenn ja, wann und wie? Nein. Grundsätzlich hat öffentliche Auftragsvergabe diskriminierungsfrei und transparent zu erfolgen. Die ausdrückliche Einbeziehung regionaler Aspekte in Vergabeverfahren ist vergaberechtlich nur indirekt in einem sehr engen Rahmen zulässig. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333