Deutscher Bundestag Drucksache 18/4536 18. Wahlperiode 01.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4308 – Der ukrainische Bürgerkrieg und die rechtsextreme Szene Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Bürgerkrieg in der Ukraine sorgt für erhebliche politische Spannungen innerhalb der neonazistischen Szene. So hat etwa die NPD ihr früher freundschaftliches Verhältnis zur rechtsextremen Swoboda-Partei aufgekündigt, weil sie deren nach dem Umsturz im Frühjahr 2014 eingeschlagene politische Taktik , insbesondere die Orientierung auf einen Beitritt zur Europäischen Union (EU) und zur NATO, ablehnt. Auch auf europäischer Ebene haben rechtsextreme Organisationen, wie etwa die Front National, den ukrainischen Rechtsextremisten die Sympathie entzogen. Andere neonazistische Gruppen wiederum vertreten die Ansicht, es müsse zunächst der als russische Invasion wahrgenommene Aufstand im Osten der Ukraine niedergeschlagen werden, um danach dem „von Juden kontrollierten Westen“ den Kampf zu erklären (so etwa die Gruppierung Misanthropic Division, vgl. junge Welt, 14. Februar 2015). Die Misanthropic Division (MD) wirbt für die Unterstützung des Asow-Bataillons , einer ukrainischen Freiwilligeneinheit, deren Angehörige teilweise mit Hakenkreuzen und SS-Runen auftreten. Die MD verfügt nach eigenen Angaben über Gliederungen in mehreren europäischen Staaten sowie über eine Schwesterorganisation namens Wotan-Jugend in Russland (junge Welt, 14. Februar 2015). Nach Angaben der schweizerischen „SonntagsZeitung“ (8. Februar 2015) sind Angehörige der MD in das Asow-Bataillon eingegliedert. Die schweizerische Gliederung von MD soll zudem Geld und Material an die Front gebracht haben. In einer geschlossenen Facebookgruppe der „MD International – Asow Support“ sollen auch zahlreiche Deutsche mitwirken, darunter einige mit Administratorenrechten (junge Welt, 14. Februar 2015). Im ukrainischen Bürgerkrieg sind „foreign fighters“ anzutreffen; so sollen allein dem Asow-Bataillon bis zu 100 ausländische Kämpfer, meist aus der rechtsextremen Szene, angehören. Zu den vielfach in den Medien genannten Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 30. März 2015 übermittelt . Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Unterstützern gehören etwa der schon in den jugoslawischen Bürgerkriegen aktive französische Söldner Gaston Besson und der Schwede Michael Skillt. Ob sich Deutsche an militärischen Kämpfen beteiligt haben, ist den Presseberichten nicht eindeutig zu entnehmen. Der Deutschlandfunk berichtete am Drucksache 18/4536 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Februar 2015 über einen 18-jährigen Münchner, der nach Lwiw gereist sei, um sich dort in einem Ausbildungslager der rechtsextremen Organisation UNA-UNSO militärisch schulen zu lassen und am Bürgerkrieg teilzunehmen. Ein desertierter Bundeswehrsoldat soll sich den militärischen Formationen der Separatisten angeschlossen haben (SPIEGEL ONLINE, 15. Oktober 2014). 1. Wie hat nach Kenntnis der Bundesregierung die rechtsextreme Szene in Deutschland auf die Entwicklungen in der Ukraine seit Beginn der MaidanProteste reagiert? a) Welcher Stellenwert wird den Entwicklungen in der Ukraine generell beigemessen? b) Welche Einschätzungen werden jeweils von relevanten Organisationen bzw. Akteuren der rechtsextremen Szene vertreten? c) Wie wird insbesondere der militärische Konflikt im Osten eingeschätzt, wo liegen die Sympathien der jeweiligen rechtsextremen Akteure, und wie begründen sie dies? Der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland bestärkt Rechtsextremisten in ihrer antiwestlichen Haltung. So sehen sich Rechtsextremisten durch in Teilen der Bevölkerung bestehende Kritik gegen bestimmte politische Entscheidungen der USA, der NATO oder der Europäischen Union, in ihrem Kampf gegen überstaatliche Institutionen bestätigt. Das Ziel der Rechtsextremisten ist eine Diskreditierung internationaler Bündnis- und Sicherheitspolitik bzw. eine Loslösung Deutschlands aus diesen Verantwortlichkeiten zugunsten eines unabhängigen starken Nationalstaates. Für deutsche – aber auch europäische – Rechtsextremisten nimmt Russland als strategischer Partner eines angestrebten antiwestlichen Bündnisses und einer Gegenmachtbildung zu den USA eine herausragende Rolle ein, was die überwiegende Mehrheit der pro-russischen Stellungnahmen in der rechtsextremistischen Szene erklärt. Eine in Teilen der rechtsextremistischen Szene vorherrschende Sympathie für ukrainische Gruppierungen wandelte sich im Jahr 2014, nachdem diese für die pro-westlich ausgerichtete ukrainische Übergangsregierung Partei ergriffen hatten , in Ablehnung. In einer Anbindung der Ukraine an den Westen sehen Rechtsextremisten in erster Linie einen Versuch der USA, die eigene Weltmachtstellung auszubauen und Deutschland „unmündig“ zu halten. Vornehmlich in rechtsextremistischen Internetforen können dennoch auch proukrainische Stellungnahmen von Rechtsextremisten festgestellt werden, wenngleich diese in ihrer Anzahl gegenüber pro-russischen Stellungnahmen zurückstehen . 2. Wie gestaltet sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Bewertung des Ukraine-Konflikts durch rechtsextreme Organisationen in anderen europäischen Staaten? Der Bundesregierung ist bekannt, dass der „Front National“ in Frankreich die russische Position unterstützt. Dies scheint auch für die Partei „Jobbik“ in Ungarn , die Gruppierung „Falanga“ in Polen und teilweise für die Partei „Vlaams Belang“ in Belgien zu gelten. In Polen spricht sich überdies die Gruppierung „Ruch Narodowy“ nach Kenntnis der Bundesregierung gegen jegliche Unterstützung für die Ukraine aus. Die Partei „Schwedendemokraten“ lehnt hingegen nach Kenntnis der Bundesregierung das Vorgehen Russlands und der ostukra- inischen Separatisten ab. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4536 3. Welche Kontroversen bezüglich des Konfliktes gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung innerhalb rechtsextremer Organisationen in Russland? Nach Kenntnis der Bundesregierung gibt es unter den rechtsextremen bzw. rechtsnationalistischen Organisationen in Russland einige, die die Maidan-Proteste als „nationale Revolution“ positiv bewerten und das Vorgehen der Separatisten im Osten als „Brudermord“ verurteilen. Hierzu zählen zumindest Teile der Bewegung „Russkie“ und die Partei „Nationale Union“. Andere Organisationen unterstützen die Separatisten. Nach Kenntnis der Bundesregierung gehören hierzu unter anderem die Partei „Großes Russland“, die „Union der orthodoxen Fahnenträger“ und die „Russische Imperiale Bewegung“, die die russische Regierung wegen angeblich unzureichender Unterstützung für die ostukrainischen Separatisten kritisieren. Die Organisation „Nachtwölfe“ arbeitet hingegen bei der Unterstützung der Separatisten mit russischen Regierungsstellen zusammen. Der Richtungsstreit spielt gegenwärtig jedoch keine signifikante Rolle mehr. Die weitere Entwicklung der Krise und vor allem die innerrussische Konfliktdarstellung („Kampf gegen Faschismus“, „Rettung der Russen“) beeinflusst jedoch auch weiterhin maßgeblich die Ideologien und Aktivitäten in der ultrarechten Szene. 4. Welche unmittelbaren Kontakte gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung zwischen deutschen Rechtsextremisten und den Akteuren im ukrainischen Bürgerkrieg auf beiden Seiten (bitte möglichst vollständig aufzählen), und welche Erkenntnisse hat sie über deren Inhalt? a) Welche Erkenntnisse hat sie über Zusammenkünfte deutscher Rechtsextremisten mit ukrainischen Rechtsextremisten (bitte möglichst konkret angeben, wann und wo sich Angehörige welcher Organisationen bzw. Kameradschaften usw. mit ukrainischen Gesprächspartnern getroffen haben)? b) Welche Erkenntnisse hat sie über Zusammenkünfte deutscher Rechtsextremisten mit Angehörigen ukrainischer Freiwilligenbataillone (bitte möglichst konkret benennen)? c) Welche Erkenntnisse hat sie über Zusammenkünfte deutscher Rechtsextremisten mit Repräsentanten der Separatisten (bitte möglichst konkret benennen)? Anfang Juni 2014 postete der Auslandsbeauftragte des NPD-Parteivorstands auf seiner Facebookseite, dass er mit einer „kleinen Kameradengruppe“ für eine Woche in die Ukraine reisen werde. Mitte Juni wurde ein auf Facebook eingestelltes Foto mit den Worten „Heute in der Ukraine aufgenommen“ kommentiert . Weitere Erkenntnisse zu möglichen Treffen mit ukrainischen Rechtsextremisten oder sonstigen Kontakten mit Beteiligten im Ukraine-Konflikt anlässlich dieser Reise liegen nicht vor. Darüber hinaus fand am 22. März 2015 in St. Petersburg das „Internationale Russische Konservative Forum“ statt, an dem sowohl der ehemalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt als auch Alexander Kofman, der als „Außenminister der Volksrepublik Donezk“ bezeichnet wird, teilnahmen. 5. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die politische bzw. materielle Unterstützung jeweils welcher ukrainischen Bürgerkriegsakteure durch die deutsche rechtsextreme Szene? a) Welche deutschen rechtsextremen Zusammenschlüsse rufen dazu auf, rechtsextreme Bataillone in der Ukraine bzw. Rechtsextremisten in Drucksache 18/4536 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ukrainischen Bataillonen oder offiziellen Regierungseinheiten zu unterstützen ? b) Welche ukrainischen Rechtsextremisten (wenn möglich Zugehörigkeit zu Organisationen usw. angeben) bzw. Angehörigen ukrainischer Regierungseinheiten oder Bataillone sollten dabei unterstützt werden (bitte möglichst jeweilige Bataillone nennen)? c) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Resonanz auf solche Aufrufe? d) Welche Erkenntnisse über tatsächlich erfolgte materielle Unterstützung ukrainischer Rechtsextremisten bzw. Freiwilligenbataillone durch deutsche Rechtsextremisten hat die Bundesregierung (bitte ggf. angeben, wie viel und welches Material an welche Einheiten geliefert wurde bzw. welche Einheiten wie viel Geld erhalten haben)? e) Hat die Bundesregierung die ukrainische Regierung über diese Aktivitäten informiert, und welche Schlussfolgerungen zog diese nach Kenntnis der Bundesregierung daraus? f) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung selbst daraus? Zu den der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnissen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. „Kenntnis der Bundesregierung über die Beteiligung ausländischer Kämpfer im Konflikt in der Ostukraine und die Rolle neofaschistischer Kampfverbände“ auf Bundestagsdrucksache 18/3009 vom 30. Oktober 2014 verwiesen. Weiterführende Erkenntnisse liegen bislang nicht vor. 6. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über (weitere) deutsche Staatsbürger vor, die ukrainische Bürgerkriegsparteien durch Spenden- oder Materialsendungen unterstützen oder dazu aufrufen (bitte möglichst detailliert aufgliedern unter Angabe des politischen Hintergrundes sowie der Bürgerkriegspartei , die unterstützt wird), und wenn ja, a) welche Angaben kann sie über die jeweiligen organisatorischen Zusammenhänge und die politische Motivation der Akteure machen, b) welcher Bürgerkriegspartei soll die Unterstützung jeweils zukommen (bitte ggf. unter Angabe konkreter Verbände oder Behörden), c) in welchem Umfang sind tatsächlich materielle Güter oder Finanzmittel geliefert worden, und welche Verbände oder Behörden haben davon profitiert ? Der Bundesregierung liegen Erkenntnisse darüber vor, dass das Netzwerk „Misanthropic Division – Töten für Wotan“ (MD) über das Internet eine große virtuelle Reichweite hat. Die Darstellungen verdeutlichen, dass es sich um ein multinationales Netzwerk von Rechtsextremisten handelt, welches aus dem ukrainisch- bzw. russischsprachigen Raum zu stammen scheint. Bezüge zum Ukrainekonflikt werden deutlich. Das Netzwerk versucht offensichtlich auch deutsche Internetnutzer zu erreichen. Internetbeiträge weisen darauf hin, dass Kontakte der MD zum rechtsextremen ukrainischen „Asow-Bataillon“ bestehen. Die Inhalte sind fast ausschließlich in russischer oder ukrainischer Sprache verfasst , weisen allerdings mehrfach örtliche Bezüge nach Deutschland auf. Auch wurde auf der Internetseite des „Asow-Bataillons“ eine Kontoverbindung für Spendenzwecke zu einer deutschen Bank festgestellt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4536 7. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass ein 18-jähriger Münchner zwecks Teilnahme am Bürgerkrieg in ein militärisches Ausbildungslager der UNA-UNSO nahe Lwiw gereist ist? a) Ist den bayerischen Sicherheitsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung die Identität dieses Jugendlichen bekannt? Ist sie auch den Bundessicherheitsbehörden bekannt? Welche Angaben kann die Bundesregierung über den politischen Hintergrund des Jugendlichen machen? b) In welchem Rahmen beschäftigen sich die Bundessicherheitsbehörden mit dem konkreten Vorfall? c) Steht die Bundesregierung mit der ukrainischen Regierung diesbezüglich in Kontakt, um eine Abschiebung bzw. Ausweisung in die Wege zu leiten (bitte ggf. konkrete Maßnahmen angeben)? Der Bundesregierung liegen über die Presseberichterstattung hinausgehend keine diesbezüglichen Erkenntnisse vor. 8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über (weitere) deutsche Staatsbürger bzw. in Deutschland wohnhafte Ausländer vor, die sich einer ukrainischen Bürgerkriegspartei angeschlossen haben, und wenn ja, a) um wie viele Personen geht es insgesamt, b) wie viele Personen sind derzeit bei jeweils welchen ukrainischen Bürgerkriegsverbänden aktiv (bitte möglichst angeben, ob es sich um die ukrainische Armee, um Freiwilligenbataillone oder bewaffnete Formationen der Separatisten handelt), c) welche Angaben kann die Bundesregierung jeweils über den politischen Hintergrund dieser Personen machen, und wie viele von diesen gelten als „Extremisten“, d) welche konkreten Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die konkreten Tätigkeiten dieser Personen, und wie viele von diesen übernahmen bzw. übernehmen derzeit militärische Aufgaben, Der Bundesregierung sind derzeit fünf von den ukrainischen Behörden bestätigte Fälle von deutschen Staatsangehörigen bekannt, die im Rahmen des Konfliktes im Osten der Ukraine festgestellt worden sind. Nähere Informationen liegen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 21 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 18/4044 vom 20. Februar 2015 verwiesen. e) kann die Bundesregierung bestätigen, dass sich ein (ehemaliger) Bundeswehrsoldat den Verbänden der Aufständischen in der Ostukraine angeschlossen hat, und wenn ja, welche konkreten Erkenntnisse hat sie zu dessen Motivation, politischem Hintergrund und den konkreten Aktivitäten , die er in der Ostukraine durchführt, und inwiefern sind strafrechtliche oder wehrdisziplinarische Maßnahmen gegen den Soldaten durchgeführt worden? Der Bundesregierung liegt ein unbestätigter Hinweis vor, dass ein ehemaliger Soldat der Bundeswehr in der Ukraine auf der Seite der Separatisten kämpfe. Es liegen jedoch keine belastbaren Informationen dazu vor, ob er sich überhaupt in der Ukraine aufhält. Da er seinen Rechtsstatus als Soldat verloren hat, kann der vorliegende Hinweis aufgrund der nicht mehr gegebenen Zuständigkeit des Drucksache 18/4536 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bundesministeriums der Verteidigung nicht weiterverfolgt werden. Eine Gefahr für die Bundeswehr durch ihn ist bisher nicht erkennbar. 9. Inwiefern beschäftigen sich die Bundessicherheitsbehörden mit dem Thema dieser Kategorie von „foreign fighters“? Durch die Sicherheitsbehörden des Bundes werden Fälle, in denen deutsche Staatsangehörige an Kampfhandlungen in der Ostukraine teilnehmen, gesammelt und ausgewertet. Sollten sich Erkenntnisse im Zusammenhang mit strafbaren Handlungen ergeben, werden diese zur rechtlichen Würdigung und ggf. Einleitung von Ermittlungsverfahren an den Generalbundesanwalt (GBA) übersandt . a) Wie bewertet die Bundesregierung das Sicherheitsrisiko, das von solchen Kämpfern ausgeht? Der Bundesregierung liegen bislang keine Erkenntnisse darüber vor, dass Rechtsextremisten beabsichtigen, sich gezielt militärische Fähig- und Fertigkeiten zum Einsatz in Deutschland anzueignen. Die Teilnahme von deutschen Rechtsextremisten an kämpferischen Aktivitäten im Ausland kann jedoch grundsätzlich dazu beitragen, die militärischen Fähigkeiten der Szene zu erweitern . b) Wie bewertet die ukrainische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung die ausländischen Kämpfer, auch aus dem rechtsextremen Spektrum, innerhalb der Freiwilligenbataillone? Nach Kenntnis der Bundesregierung betrachtet die ukrainische Regierung Ausländer , die in Freiwilligenbataillonen kämpfen, die der Nationalgarde, dem Innenministerium oder dem Verteidigungsministerium unterstellt sind, als reguläre Mitglieder dieser Einheiten. c) Bemüht sich die ukrainische Regierung nach Kenntnis der Bundesregierung um die Abschiebung oder Ausweisung solcher ausländischen Kämpfer, oder neigt sie eher dazu, diese als Unterstützung der eigenen militärischen Leistungsfähigkeit zu betrachten, und inwiefern gilt dies auch für Rechtsextremisten unter den ausländischen Kämpfern? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob und in welchem Umfang derartige Kämpfer abgeschoben oder ausgewiesen wurden. Ihr liegen Berichte über Fälle vor, in denen ausländischen Kämpfern aus Freiwilligenbataillonen die ukrainische Staatsangehörigkeit verliehen wurde. Über die Behandlung eventuell in Freiwilligenbataillonen tätiger ausländischer Rechtsextremisten hat die Bundesregierung keine Kenntnisse. d) Welche Anstrengungen unternehmen die Bundessicherheitsbehörden und nach Kenntnis der Bundesregierung die Länder, ggf. in Abstimmung mit den ukrainischen Sicherheitsbehörden, um die Einreise solcher Kämpfer in die Ukraine zu verhindern oder eine rasche Ausweisung zu erreichen? Sofern es konkrete Anhaltspunkte für eine geplante Teilnahme deutscher Rechtsextremisten am Konflikt in der Ukraine geben sollte, besteht die Möglichkeit Maßnahmen zur Verhinderung der Ausreise bei den zuständigen Behörden anzuregen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4536 e) Was sieht die ukrainische Rechtslage nach Kenntnis der Bundesregierung bezüglich der Teilnahme von Ausländern an militärischen Kampfhandlungen innerhalb der Ukraine vor? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist ein Einsatz von Ausländern in den regulären Streitkräften nicht möglich. Weitere rechtliche Regelungen sind der Bundesregierung nicht bekannt. 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Gesamtzahl ausländischer Kämpfer innerhalb der ukrainischen Freiwilligenbataillone (bitte möglichst angeben, wie viele Personen welcher Staatsangehörigkeit in welchen Bataillonen tätig sind)? a) Wie viele dieser ausländischen Kämpfer sind jeweils der rechtsextremen Szene zuzuordnen? b) Wie viele der ausländischen Kämpfer haben jeweils hervorgehobene Funktionen inne (etwa Befehlsgewalt, Festlegung strategischer Aufgaben usw.; bitte möglichst konkret angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine über die Presseberichterstattung hinausgehenden Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 1 bis 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/4298 vom 11. März 2015 verwiesen. 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur MD in Deutschland? a) Über wie viele Unterstützer verfügt diese? b) Welche regionalen Schwerpunkte sind dabei festzustellen? c) Welche Aktivitäten hat die MD bislang unternommen, welche Planungen stehen an? d) Wie finanziert sich die MD? e) Welche Verbindungen sowie personellen Überschneidungen gibt es zu anderen rechtsextremen Organisationen in Deutschland? f) Über welche Verbindungen verfügt die MD zu anderen rechtsextremen Organisationen im Ausland? g) Über welche Verbindungen verfügt die MD zu (jeweils welchen) ukrainischen bewaffneten Formationen? h) Über welche Verbindungen verfügt die MD zu (jeweils welchen) ukrainischen rechtsextremen Organisationen? i) Über welche Verbindungen verfügt die MD zu welchen ukrainischen Parlamentsabgeordneten? Bei der MD handelt es sich um ein internationales neonazistisches Netzwerk, welches hauptsächlich die Unterstützung des bewaffneten Kampfes gegen die prorussischen Separatisten in der (Ost-)Ukraine verfolgt. Dabei sollen vor allem Freiwillige für den Kampf angeworben und ideologisch radikalisiert werden. Die Kampfhandlungen werden parallel durch eine – propagandistisch instrumentalisierte – Berichterstattung im Internet begleitet. Ideologisch bezieht sich die MD auf den historischen Nationalsozialismus und zeichnet sich durch einen äußerst aggressiven Antisemitismus und Rassismus aus. Die Organisation bedient sich offen und intensiv der Symbolik nationalsozialistischer Organisationen wie der NSDAP oder der Waffen-SS bzw. der Deut- schen Wehrmacht. Drucksache 18/4536 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Es bestehen vermutlich enge organisatorische Bezüge zum rechtsextremen „Asow-Bataillon“, welches ebenfalls in die Kampfhandlungen gegen die prorussischen Separatisten involviert ist. Die Internetpräsenz „MD Deutschland“ verfügt derzeit über mehr als 800 Abonnenten . Hinter diesen Nutzern stehen jedoch nur in der Minderheit auch tatsächlich deutsche Staatsbürger. Mehrheitlich dürfte es sich dagegen um ukrainische bzw. russische Profile handeln. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen . 12. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die internationale Verbreitung der MD? a) In welchen Staaten sind MD-Zusammenschlüsse aktiv, und über welche Kontakte verfügen die MD jeweils zur einheimischen rechtsextremen Szene? b) Welche Aktivitäten gehen von diesen MD-Zusammenschlüssen aus? Nach nicht bestätigten Informationen sind Rechtsextremisten verschiedener Staaten Europas – unter anderem aus Frankreich, Finnland, der Schweiz und Russland – in die Aktivitäten der MD involviert bzw. folgen deren Aufruf zum Kampf in das ukrainische Konfliktgebiet. Die betreffenden Personen sollen hierbei aus dem neonazistischen Spektrum stammen. Die MD ist im Internet neben einer eigenen Webseite vor allem im russischen sozialen Netzwerk „vk.com“ aktiv, in welchem neben einer Hauptseite mit etwa 16 000 (internationalen) Abonnenten auch länderspezifische Unterseiten mit jeweils meist einigen hundert Mitgliedern existieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 13. Ist die Unterstützung etwa von Angehörigen bewaffneter rechtextremer Formationen, wie des Asow-Bataillons, nach Auffassung der Bundesregierung geeignet, einen Anfangsverdacht wegen Unterstützung einer kriminellen oder terroristischen Organisation im Ausland oder einer anderen Straftat (welcher?) zu begründen? Nach den §§ 129a, 129b des Strafgesetzbuchs (StGB) wird bestraft, wer sich an einer Vereinigung im Ausland beteiligt oder eine solche unterstützt, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind, die in § 129a Absatz 1 Nummer 1 und 2, § 129a Absatz 2 Nummer 1 bis 5 StGB aufgeführten Straftaten zu begehen. Bezieht sich die Tat auf eine Vereinigung außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ist es erforderlich, dass eine Tathandlung entweder im Inland begangen wird oder der Täter oder das Opfer Deutsche sind oder sich Täter oder Opfer im Inland befinden (§ 129b Absatz 1 Satz 2 StGB). Ob im Hinblick auf die Unterstützung etwa von Angehörigen bewaffneter rechtsextremer Formationen, wie des „Asow-Bataillons“, der Anfangsverdacht einer Straftat nach den §§ 129a, 129b StGB in Betracht kommt, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung konkreter Ermittlungsergebnisse beurteilt werden . Voraussetzung wäre insbesondere der nach § 129b Absatz 1 Satz 2 StGB erforderliche spezifische Inlandsbezug. Entsprechende Erkenntnisse liegen derzeit nicht vor. a) Betrachtet die Bundesregierung die ukrainischen Freiwilligenbataillone als reguläre Streitkräfte oder vergleichbare Verbände im Sinne von § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes, so dass ukrainisch-deutsche Doppelstaater, die freiwillig in diese eintreten, die deutsche Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4536 Staatsbürgerschaft verlieren, und wenn ja, in wie vielen Fällen wurde bislang der Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft geprüft bzw. bereits vorgenommen? b) Inwiefern gilt diese Einschätzung auch bezüglich der militärischen Formationen der so genannten Donezker und Lugansker Volksrepubliken ? Die Bewertung als vergleichbarer Verband im Sinne des § 28 des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG) muss jeweils im konkreten Einzelfall getroffen werden. Bisher sind der Bundesregierung keine Fälle bekannt geworden, in denen im Zusammenhang des Russland-Ukraine-Konflikts der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nach § 28 StAG geprüft oder festgestellt worden ist. 14. Haben nach Kenntnis der Bundesregierung andere Staaten bereits ausreiseverhindernde bzw. erschwerende Maßnahmen ergriffen gegen Personen, die nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden zur Unterstützung der Kampfhandlungen in der Ukraine ausreisen wollten, und wenn ja, in wie vielen Fällen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 15. Inwiefern sind nach Kenntnis der Bundesregierung entsprechend ihrer Antwort zu Frage 25 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 18/ 3009 seit dem 1. November 2014 Möglichkeiten für ausreiseverhindernde oder -erschwerende Maßnahmen gegen Rechtsextremisten genutzt worden? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob ausreiseverhindernde oder -erschwerende Maßnahmen seit dem 1. November 2014 gegen Rechtsextremisten genutzt wurden. 16. Sollten nach Auffassung der Bundesregierung ausreiseverhindernde oder -erschwerende Maßnahmen auch dann ergriffen werden, wenn Personen, die nicht einschlägig als Rechtsextremisten bekannt sind, zur Teilnahme an Kampfhandlungen oder sonstigen Unterstützung von Kampfverbänden in die Ukraine reisen wollen, und wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber, wie oft dies bislang vorgenommen wurde? Personen aus Deutschland, die sich an bewaffneten Auseinandersetzungen in der Ukraine beteiligen, gefährden mit diesen Aktivitäten sowohl auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland und richten sich zugleich gegen den Gedanken der Völkerverständigung und das friedliche Zusammenleben der Völker. Ausreiseverhindernde oder ausreiseerschwerende Maßnahmen richten sich nach dem Passgesetz sowie dem Personalausweisgesetz. Daher müsste im Einzelfall konkret geprüft werden, ob entsprechende Voraussetzungen – beispielsweise die Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit oder sonstiger erheblichen Belange der Bundesrepublik Deutschland – vorliegen. Unabhängig davon, ob es sich hierbei um Rechtsextremisten handelt, ist es Aufgabe der Sicherheitsbehörden entsprechende Informationen zu diesem Personenkreis den zuständigen Behörden zur Einleitung ausreiseverhindernder bzw. erschwerender Maßnahmen zu übermitteln. Es liegen keine Erkenntnisse darüber vor, wie oft entsprechende Maßnahmen bisher vorgenommen wurden. Drucksache 18/4536 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Inwiefern ist die Thematik von „foreign fighters“ im ukrainischen Bürgerkrieg bzw. die Unterstützung militärischer Verbände in diesem Bürgerkrieg durch Einwohner von EU-Staaten auf EU-Ebene behandelt worden, und welche Schlussfolgerungen wurden dabei gezogen? Die Thematik der Teilnahme von ausländischen Kämpfern aus EU-Staaten an Kampfhandlungen im Ukraine-Russland-Konflikt ist bislang nicht in EU-Gremien behandelt worden. 18. Werden Daten über ausländische Kämpfer in der Ukraine ebenfalls über den „focal point travellers“ bei Europol ausgetauscht, und inwiefern wird die Problematik von „foreign fighters“ aus EU-Staaten in der Ukraine überhaupt im Rahmen von Europol bearbeitet? Die Thematik der Beteiligung von Rechtsextremen an Kampfhandlungen in der Ukraine wird nicht im Rahmen des Focal Point „Travellers“, sondern des Focal Point „Dolphin“ bei Europol behandelt. 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu den deutschen Teilnehmern der geschlossenen Asow-Facebookgruppe? Die Facebookgruppe „Misanthropic Division – Azov support“ versteht sich als virtuelles Sammlungsbecken europäischer Rechtsextremisten, die den Kampf der MD, des „Asow-Bataillons“ und ähnlicher rechtsextremer Gruppierungen in der Ostukraine unterstützen oder zumindest befürworten. a) Wie viele Teilnehmer haben ihren Wohnsitz in Deutschland? Bei der letztmalig bekannten Erreichbarkeit der oben genannten Gruppe konnten insgesamt etwa 460 Mitglieder festgestellt werden (Stand: Mitte Februar 2015). Zum damaligen Zeitpunkt wiesen zehn Nutzer einen (mittelbaren) Bezug nach Deutschland auf. Die eindeutige Zuordnung eines deutschen Wohnsitzes war nur vereinzelt möglich. b) Welche Themenpalette wird in dieser Facebookgruppe besprochen? In der oben genannten Gruppe wurden die aktuellen Entwicklungen in der Ostukraine und (vermeintliche) militärische Erfolge der ukrainischen Kämpfer sowie ihrer Unterstützer thematisiert. Dies wurde mit teils Gewalt verherrlichenden Bildern und menschenverachtender Propaganda gegen die prorussischen Separatisten bzw. Russland verbunden. In zahlreichen Beiträgen wird verherrlichend auf den historischen Nationalsozialismus eingegangen und nationalistische , rassistische und antisemitische Ansichten verbreitet. Weiterhin wurde für die militärische Unterstützung der MD bzw. des „Asow-Bataillons“ geworben und Mitglieder der oben genannten Gruppe aufgerufen, sich aktiv am Kampf zu beteiligen. c) Inwiefern sieht die Bundesregierung einen Anfangsverdacht hinsichtlich der Vorbereitung, Begehung oder Billigung von Straftaten? Der Bundesregierung sind bezüglich der oben angeführten Gruppe keine relevanten strafbaren Inhalte im Sinne der Anfrage bekannt geworden, die auf einen mutmaßlich deutschen Nutzer bzw. in Deutschland aufhältige Nutzer zurückzu- führen waren. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4536 d) Kann die Bundesregierung bestätigen, dass einige der Administratoren der Facebookgruppe in Deutschland aufhältig sind, und wenn ja, wie viele? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. e) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den politischen Hintergrund der in Deutschland wohnhaften Teilnehmer der Facebookgruppe und ihre Kontakte zu rechtsextremistischen Organisationen? Die der Bundesregierung bekannt gewordenen Teilnehmer mit Deutschland-Bezug lassen auf eine rechtsextremistische Einstellung schließen. Erkenntnisse zu Organisationszugehörigkeiten dieser Personen liegen derzeit nicht vor. 20. Welche (weiteren) Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den ihr vorliegenden Erkenntnissen über die Bewertung des ukrainischen Konfliktes durch die rechtsextreme Szene in Deutschland und der EU? Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung zu weiteren Schlussfolgerungen. Gesamtherstellung: H. 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