Deutscher Bundestag Drucksache 18/4550 18. Wahlperiode 02.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Franziska Brantner, Tom Koenigs, Agnieszka Brugger, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4235 – Deutschlands Beitrag zur Unterstützung des Transformationsprozesses in Tunesien Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit der Verabschiedung einer neuen Verfassung, der Durchführung von Wahlen und der Übernahme der Regierungsverantwortung durch eine demokratisch legitimierte Koalitionsregierung ist eine wichtige Phase der Transformation Tunesiens in eine Demokratie formal vorläufig abgeschlossen. Allerdings sind die Risiken eines teilweisen Rückfalls in undemokratische Verhältnisse mit entsprechenden Konsequenzen für die Rechtsstaatlichkeit, für die Menschenrechtslage sowie eine eingeschränkte Partizipation der Bevölkerung unübersehbar . Die Situation der Wirtschaft ist dramatisch, die Jugendarbeitslosigkeit hoch, der Wohlstand ungleich verteilt, Regionen im Landesinneren sind von der Teilhabe abgeschnitten; die Sicherheit ist – nicht zuletzt durch Bürgerkriege und undemokratische Verhältnisse in den Nachbarstaaten, allen voran in Libyen – gefährdet. Deutschland und die Europäische Union (EU) haben deshalb größtes Interesse an der Stabilisierung und Fortentwicklung der tunesischen Demokratie. Deutschland hat durch die Vereinbarung einer „Transformationspartnerschaft“ versucht, einen Beitrag zu leisten und den zivilgesellschaftlichen Austausch zu fördern. Deutsche Unternehmen sind mit Investitionen im Umfang von ca. 300 Mio. Euro in Tunesien tätig. Einzelne Projekte für die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tunesien, so beim Umbau des Rechtssystems sowie durch eine „Sicherheitspartnerschaft“, sind öffentlich bekannt. Die deutsche Entwicklungspolitik hat die Mittel nach der Revolution deutlich erhöht und konzentriert sich auf die Schwerpunkte Entwicklung des ländlichen Raumes und Beschäftigungsförderung. Zukünftig wird Tunesien auch Teil der neu geschaffenen Initiative „Stabilität und Entwicklung in Nordafrika und Nahost“. Auch vonseiten der EU sind zahlreiche Einzelmaßnahmen im Gang bzw. geDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 27. März 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. plant. Eine große Anzahl zivilgesellschaftlicher Organisationen, nicht nur aus Deutschland bzw. der EU, sondern auch aus anderen Staaten, ist in Tunesien aktiv. Drucksache 18/4550 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ein systematischer, ressortübergreifender Ansatz Deutschlands und der EU zur aktiven Begleitung Tunesiens beim weiteren Aufbau demokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen, zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation und zur Stabilisierung der Sicherheitslage ist allerdings bisher nicht bekannt. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung begrüßt den erfolgreichen Übergang Tunesiens zur Demokratie und ist sich gleichzeitig bewusst, dass das Land weiterer Unterstützung bedarf, um diese Errungenschaft dauerhaft zu festigen. Die auf demokratischem Ausgleich gestützte Stabilität Tunesiens ist potentiell bedroht durch wirtschaftliche Stagnation und gewaltbereiten islamistischen Radikalismus im eigenen Land und der Region. Dies hat sich durch den Terroranschlag vom 18. März 2015 auf das Bardo-Museum in Tunis deutlich gezeigt. Die Unterstützung Deutschlands für Tunesien findet in enger Abstimmung zwischen den Ressorts der Bundesregierung statt. Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung führen darüber hinaus quartalsmäßig institutionalisierte Koordinierungsgespräche zur Abstimmung ihrer Zusammenarbeit in den Transformationsländern in der Region Mittelost-Nordafrika durch (sog. Transformations-Jour fixe). Ein Schwerpunkt dieser Gespräche liegt auf Tunesien. Im Übrigen wird hierzu auf die Antwort zu Frage 14 verwiesen. Deutschland unterstützt Tunesien auch über die Deauville-Partnerschaft, die im Sommer 2011 zwischen den G7-Staaten, den arabischen Reformstaaten sowie einigen Golfstaaten und der Türkei auf dem G7-Gipfel in Deauville vereinbart wurde. In Erfüllung einer wichtigen Verpflichtung aus dieser Partnerschaft hat Deutschland Tunesien im Zuge einer Schuldenumwandlung insgesamt 60 Mio. Euro Schulden erlassen, für die das Land wichtige Infrastrukturprojekte zur Durchführung bringen wird. Auf die Antwort zu Frage 1b wird verwiesen. 1. Welche finanziellen und sonstigen materiellen Beiträge zur Unterstützung des Transformationsprozesses werden a) seitens der EU, Die Europäische Kommission hat von 2011 bis 2014 im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik folgende Unterstützung an Tunesien geleistet (in Mio. Euro): ENPI (2011–2013) 445 (European Neighbourhood Policy Instrument) ENI (2014) 169 (European Neighbourhood Instrument) Neighbourhood investment facility 52 (2011–2014) Cross border cooperation 22,1 (2011–2013) Sonstiges 15,2 (2011–2013) Gesamt 703,3 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4550 Zuzüglich wurden im Mai 2014 vom Europäischen Parlament 300 Mio. Euro an Makro-Finanzhilfen (in Kreditform) für Tunesien angenommen. b) seitens der Bundesrepublik Deutschland ● aus dem Auswärtigen Amt (AA), Das Auswärtige Amt hat Anfang 2012 mit Tunesien eine Transformationspartnerschaft vereinbart, in deren Rahmen seither über 150 Projekte in den Bereichen Demokratisierung, Rechtsstaatlichkeit, Dezentralisierung, Berufsbildung (insbesondere in den Sektoren erneuerbare Energien, Ingenieurswesen und Tourismus ) sowie Förderung von kulturellen Strukturen, Künstler- und Jugendaustausch , Hochschulzusammenarbeit und Medienförderung durchgeführt bzw. eingeleitet worden sind. Insgesamt konnten seit 2012 Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 65 Mio. Euro in Tunesien umgesetzt werden. Ferner gab es eine Reihe von Regionalvorhaben mit einem Gesamtvolumen von rund 40 Mio. Euro, bei denen Tunesien eines von mehreren Zielländern in der Region war. ● aus dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Das BMZ hat seine Zusagen für Tunesien seit der Revolution vervierfacht (Technische und finanzielle Hilfe in Mio. Euro): 2010 37,5 2011 97,5 2012 99,9 (+ 30,0 Schuldenumwandlung) 2013 151,5 (+ 30,0 Schuldenumwandlung) 2014 145,0 Anfang 2015 befinden sich Projekte im Gesamtvolumen von 869,1 Mio. Euro in Durchführung bzw. Planung. ● aus anderen Ministerien, Im Haushaltsjahr 2014 wurden für die Arbeit der Transformationsteams des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (nach Tunesien entsandte Wirtschaftsexperten ) in Tunesien 260 850 Euro bereitgestellt. Im Haushaltsjahr 2015 sollen Mittel in Höhe von bis zu 613 095 Euro und im Haushaltsjahr 2016 in Höhe von bis zu 479 636 Euro zweckgebunden bereitgestellt werden. Im Dezember 2011 wurde zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem tunesischen Verteidigungsministerium ein Vertrag zur entgeltlichen Überlassung von 150 Lkw 2 t Unimog, 30 Lkw 2 t Unimog Krankenwagen, 100 Lkw 10 t MAN, 15 Sattelzugmaschinen 50 t und 15 Sattelanhänger 50 t abgeschlossen . Das tunesische Verteidigungsministerium hatte sich im Oktober 2011 (im Rahmen der Kampfhandlungen in Libyen) an die deutsche Vertretung in Tunis mit der Bitte um unentgeltliche Überlassung von Sanitätsmaterial und sanitätstechnischem Gerät aus Bundeswehrbeständen gewandt. Das Auswärtige Amt stellte 200 000 Euro für die Instandsetzung von Krankenwagen und den Transport des Materials nach Tunis zur Verfügung. Das Material wurde entsprechend dem Überlassungsvertrag nach Tunesien transportiert und dort an die tunesische Streitkräfte übergeben. Drucksache 18/4550 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Februar 2015 wurde Tunesien zudem die unentgeltliche Überlassung einer Schlepperbarkasse AK 6 Klasse 744 sowie eines Schwimmdocks „A“ angeboten . Im Zusammenhang mit dem Transformationsprozess war Tunesien in den vergangenen Jahren regelmäßig Empfänger von Polizeilicher Aufbauhilfe (PAH) des Bundeskriminalamts. Im Jahr 2014 wurden für tunesische Sicherheitsdienststellen ca. 30 Maßnahmen umgesetzt. Die Gesamtausgaben der PAH für Tunesien im vergangenen Jahr belaufen sich auf etwa 600 000 Euro (davon ca. 100 000 Euro vom Auswärtigen Amt für eine Ausbildungsmaßnahme aus dem Bereich Diensthundewesen). Die Bundespolizei hatte zur Unterstützung des Transformationsprozesses den tunesischen Polizeibehörden von 2012 bis 2014 zwei Pilotprojekte zur Verbesserung der Grenzkontrollprozesse (Schwerpunkt Urkunden- und Dokumentensicherheit ) sowie im Bereich der Maritimen Sicherheit bzw. Seenotrettung durchgeführt und dabei Ausbildungs- und Ausstattungshilfe in einer Gesamthöhe von rund 1 Mio. Euro geleistet. Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion die DIE LINKE. vom 26. Februar 2013 (Bundestagsdrucksache 17/12469), vom 10. Mai 2013 (Bundestagsdrucksache 17/13437), vom 14. August 2013 (Bundestagsdrucksache 17/14552),vom 10. Dezember 2013 (Bundestagsdrucksache 18/154), vom 27. Februar 2014 (Bundestagsdrucksache18/676), vom 5. Mai 2014 (Bundestagsdrucksache 18/1321), vom 5. August 2014 (Bundestagsdrucksache 18/2286), vom 27. Oktober 2014 (Bundestagsdrucksache 18/ 2986) und vom 9. Februar 2015 (Bundestagsdrucksache 18/3979) verwiesen. Im Bereich Zivil- und Katastrophenschutz wurden seit 2012 Projekte in Zusammenarbeit mit der tunesischen Zivilschutzbehörde (ONPC) in den Bereichen Ausstattung und Ausbildung durchgeführt. Die bilateralen Projekte des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stärken die Krisenmanagementstrukturen im hauptamtlichen Bereich mittels technischer Ausstattung sowie Ausbildung von Multiplikatoren des ONPC zur Bewältigung von großflächigen Schadensereignissen. Das Technische Hilfswerk (THW) fördert und stärkt in seinen bilateralen Projekten mit dem ONPC das Ehrenamtsprinzip und dessen Strukturen mittels Ausbildung- und Ausstattungshilfe. Bisher erhielten durch das BBK drei Standorte in Tunesien Fahrzeuge, Ausstattung und technische Einweisungen in einem Gesamtwert von 880 506,13 Euro. Ferner wurden elf Schulungen an sechs tunesischen Standorten zur Ausbildung von Multiplikatoren durchgeführt. Durch das THW wurden an vier Standorten in Deutschland 80 ONPC-Ausbilder als Multiplikatoren geschult, die bis dato 252 Ehrenamtliche in Tunesien ausgebildet haben. Es wurden Geräte und Ausstattung für rund eine Mio. Euro übergeben . Für Einsatzzwecke wurden 61 ausgesonderte THW-Fahrzeuge übereignet . Durch das THW kamen rund 210 Ehrenamtliche zum Einsatz; einige davon mehrfach. c) nach Kenntnis der Bundesregierung seitens dritter Staaten, Nach Veröffentlichung der EU-Delegation in Tunis betrugen die Beiträge folgender Staaten im Jahr 2013: Frankreich: 400 Mio. Euro Italien: 27 Mio. Euro Großbritannien: 5,4 Mio. Euro Weitere Angaben liegen der Bundesregierung nicht vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4550 d) nach Kenntnis der Bundesregierung durch Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen geleistet? Derzeit werden in Tunesien (Zeitraum 2010 bis 2014) zwölf Projekte von den deutschen politischen Stiftungen in Gesamthöhe von ca. 19,8 Mio. Euro aus dem Bundeshaushalt unterstützt. Jede politische Stiftung ist dabei Träger von zwei Projekten. Die Maßnahmen zielen ab auf regionale Unterstützung in den Bereichen der Demokratieförderung, Rechtsstaatlichkeit, sowie Rechts-, Justiz- und Verwaltungsreformen. Zusätzlich bestehen Projekte zur Verbesserung der Partizipation von Zivilgesellschaft und Initiativen zur Stärkung sozialer Gerechtigkeit . Sieben weitere Projekte mit Schwerpunkt auf landwirtschaftlichen Kooperationen werden von privaten Trägern in Höhe von ca. 450 000 Euro unterhalten. 2. Welche staatlichen Kooperationsverträge und -vereinbarungen bestehen zwischen Deutschland und Tunesien im Sicherheitssektor, und welche praktischen Maßnahmen zur Unterstützung des Landes setzt die Bundesrepublik Deutschland um, insbesondere zur a) Reform des Sicherheitssektors, z. B. bei der Verwirklichung demokratischer Kontrolle und transparenter, geregelter Verfahren, wie sie für eine Demokratie unverzichtbar sind sowie zur Einhaltung der Menschenrechte , Die EU hat im Jahr 2013 in Zusammenarbeit mit dem tunesischen Innenministerium einen Peer Review zur Reform des Sicherheitssektors durchgeführt. Die Bundesregierung wird sich an Projekten infolge der Empfehlungen dieses Berichtes im Rahmen ihrer Möglichkeiten beteiligen, sobald entsprechende Projekte durch die Europäische Kommission identifiziert worden sind. Im Rahmen des deutsch-französischen Arbeitsplans über die zukünftige außenpolitische Zusammenarbeit vom 15. Oktober 2014 setzt sich die Bundesregierung gemeinsam mit der französischen Regierung für ein verstärktes Engagement der Europäischen Kommission bei der Unterstützung des tunesischen Sicherheitssektors , insbesondere bei der Grenzsicherheit, ein. Die Europäische Kommission hat in Reaktion hierauf bereits je ein Projekt zur Grenzsicherheit und zur Reform des Sicherheitssektors Tunesiens im Umfang von 3 Mio. bzw. 25 Mio. Euro in den laufenden Aktionsplan aufgenommen. Das Ziel der in der Antwort zu Frage 2b aufgeführten Maßnahmen der bilateralen polizeilichen Aufbauhilfe ist, neben einer Professionalisierung der Polizeiarbeit an sich, die Förderung des Aufbaus von rechtsstaatlichen Strukturen und Verfahren bei den betroffenen Sicherheitsbehörden. Des Weiteren sollen diese Maßnahmen einen Beitrag dazu leisten, die tunesischen Behörden bei der Schaffung demokratischer Rahmenbedingungen und der Achtung der Menschenrechte zu unterstützen. Diese Prinzipien werden im Rahmen der Ausbildungsund Ausstattungshilfe vermittelt. Unterstützungsmaßnahmen erfolgten in den vergangenen Jahren in Form von Schulungen, Informationsaustauschen und Hospitationen. b) Ausbildung von Polizei und Grenzschutz, Zwischen der Bundesregierung und der Regierung der Tunesischen Republik wurde am 7. April 2003 ein Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung geschlossen. Drucksache 18/4550 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Seit 2012 finanziert das Auswärtige Amt im Rahmen der Transformationspartnerschaft mit ihm abgestimmte Projekte des Bundesministeriums des Innern in Tunesien in Höhe von ca. 3 Mio. Euro. Die Schwerpunkte liegen im Bereich Grenzsicherheit (insbesondere an der Grenze mit Libyen), Kriminalistik sowie Bevölkerungs- und Katastrophenschutz. Die Umsetzung der Maßnahmen der (grenz-)polizeilichen Ausbildungs- und Ausstattungshilfe der Pilotprojekte der Bundespolizei zugunsten der tunesischen Polizeibehörden erfolgte auf der Grundlage ministerieller Absprachen. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 1c verwiesen. An materieller Ausstattung wurden dem tunesischen Innenministerium im November 2014 2 700 Schutzwesten für die Grenzschutzeinheiten übergeben. Im März 2015 erfolgt die Übergabe der zweiten Tranche von 50 Wärmebildkameras für den tunesischen Grenzschutz. Diese aus AA-Mitteln finanzierte Ausstattungshilfe beläuft sich auf einen Gesamtwert von rund 3,5 Mio. Euro. c) Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Sicherheitskräfte, insbesondere zur Durchführung der Grenzsicherung und bei der Terrorbekämpfung, Es wird auf die Antwort zu Frage 2b verwiesen. d) Ausbildung der tunesischen Streitkräfte, Zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und dem Ministerium für nationale Verteidigung der Tunesischen Republik besteht eine Vereinbarung über die militärische Zusammenarbeit sowie eine diesbezügliche Zusatzvereinbarung im Bereich des Geoinformationswesens. Des Weiteren bestehen zwischen dem BMVg und dem Ministerium für nationale Verteidigung der Republik Tunesien eine Vereinbarung über den gegenseitigen Schutz von militärischen Verschlusssachen, ein Verwaltungsabkommen über die Ausbildung von Mitgliedern der tunesischen Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland und eine Vereinbarung über die gegenseitige medizinische Betreuung von Soldaten. Tunesien erhält von Deutschland militärische Ausbildungshilfe, die vom BMVg durchgeführt wird. Die Militärische Ausbildungshilfe umfasst die kostenfreie Aus-, Fort - und Weiterbildung von Angehörigen ausländischer Streitkräfte aus Nicht-NATO- bzw. Nicht-EU-Staaten an Ausbildungseinrichtungen und in Truppenteilen der Bundeswehr. Militärische Ausbildungshilfe unterstützt die Entwicklung von Streitkräften in Staaten und Regionen, deren Stabilisierung im besonderen deutschen Interesse liegt und dient der Festigung vertrauensvoller Beziehungen zu den Kooperationspartnern. Im Rahmen bilateraler Jahresprogramme mit Tunesien werden darüber hinaus Maßnahmen von gegenseitigem Interesse geplant und gesteuert. Zu den Maßnahmen zählen u. a. Fach- und Expertengespräche, Personalaustausche, Seminar - sowie Übungsteilnahmen. e) Ausstattung der tunesischen Streitkräfte mit militärischem Material wie Nachtsichtgeräten, Minenräumgeräten, Schutzwesten etc.? Das Auswärtige Amt hat dem tunesischen Innenministerium im November 2014 2 700 Schutzwesten für die Ausstattung der Grenzpolizei übergeben. Im März 2015 folgte die Übergabe von 50 Wärmebildkameras ebenfalls für die Grenzpolizei . Diese Unterstützung erfolgte zugunsten der dem tunesischen Innenministerium unterstehenden Grenzpolizei, nicht der Streitkräfte. Hinsichtlich der Unterstützung für die Streitkräfte aus dem Geschäftsbereich des BMVg wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4550 3. Wieso zählt Tunesien bei der europäischen Strategie „Syrien und Irak: Strategie für die Terrorismusbekämpfung und das Vorgehen gegen ausländische Kämpfer“ zu den Ländern mit der geringsten Priorität (3) (vgl. Ratsdok. 14476/14), obgleich nach einem Bericht der Tageszeitung „The Washington Post“ vom 28. Oktober 2014 die meisten ausländischen Kämpfer der Terrororganisation ISIS aus Tunesien stammen? Wie ihr Titel bereits deutlich macht, stehen im Fokus der am 20. Oktober 2014 vom Rat der Europäischen Union verabschiedeten Anti-Terrorstrategie die beiden Staaten Irak und Syrien (Gebiete, die von der Nationalen Koalition und ihr verbundenen Gruppen gehalten werden). Hauptziel der EU ist, hier die Widerstandskraft der betroffenen Gebiete zu stärken, um eine weitere Ausbreitung der Terrormiliz ISIS u. a. terroristischen Organisationen zu verhindern. Dementsprechend sind diese beiden Staaten in Kategorie 1 eingestuft. Kategorie 2 umfasst drei Staaten, die von den Kämpfen in Irak und Syrien direkt betroffen sind: Türkei, Libanon und Jordanien. Hier geht es um die Abmilderung der Auswirkungen der Kämpfe in Syrien und Irak auf diese Länder. In Kategorie 3 fallen solche Staaten, die für die Anwerbung ausländischer Kämpfer oder die Beschaffung von Finanzmitteln genutzt werden und von denen einige über einen gewissen Einfluss auf die syrische Opposition verfügen, was sich auch für die EU und ihre Kontakte als hilfreich erweisen könnte: Kuwait, Katar, Ägypten, Libyen, Algerien, Marokko, die Vereinigten Arabischen Emirate und schließlich Tunesien. In Kategorie 4 fallen regionale Gruppen wie die Länder des Westlichen Balkans, Zentralasiens und des Kaukasus. 4. Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um Investitionen zu fördern und den Aufbau von Infrastrukturen zu unterstützen, insbesondere a) zur Schaffung von Arbeitsplätzen in bereits etablierten Bereichen wie Tourismus, Textilwirtschaft bzw. bei der Modernisierung und Umgestaltung dieser Sektoren, In enger Kooperation mit der deutschen und tunesischen Wirtschaft werden mit Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) betriebsinterne Strukturen zur Fortbildung aufgebaut bzw. modernisiert. In 20 Projekten (Entwicklungspartnerschaften mit der Wirtschaft sowie Zivilgesellschaft) werden im Zusammenhang mit dem Strukturaufbau die Qualität der Arbeitsbedingungen erhöht und insgesamt mehr als 1 700 Jugendlichen Zugang zu Fortbildung und menschenwürdiger Arbeit ermöglicht. Im Rahmen des Schwerpunktthemas „Tourismus“ fanden Beratungen des tunesischen Fremdenverkehrsamts (Office National du Tourisme Tunisien – ONTT) zur Steigerung der Servicequalität und Entwicklung messbarer Qualitätsstandards statt. b) bei Maßnahmen zum Erhalt bzw. zur Ausweitung der Beschäftigung im Landwirtschaftssektor sowie zur Verhinderung von Landkauf durch Großinvestoren zu Lasten von Familienbetrieben, Es gibt vier BMZ-finanzierte Projekte im Landwirtschaftssektor in Tunesien: ● Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und ländlichen Entwicklung; ● Förderung von Innovationen in der Land- und Ernährungswirtschaft; ● Förderung von Wertschöpfungsketten im ländlichen Raum; Drucksache 18/4550 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode ● Förderung von ländlichen Frauengruppen zur Ernährungssicherung und Einkommensschaffung . In allen vier Projekten geht es um Kompetenzentwicklung und Investitionsförderung im Rahmen von landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten (Fleisch, Milch, Obst, Gemüse, Olivenöl, Pistazien, Aprikosen, Nichtholzwaldprodukte). Die erwartete Wirkung in allen Projekten ist eine nachhaltige Entwicklung in der Einkommensschaffung und Beschäftigungsförderung. c) bei Maßnahmen zur Investitionsförderung und Schaffung von Arbeitsplätzen in den wirtschaftlich schwachen Regionen und insbesondere in den Grenzregionen zu Algerien und Libyen, In den Grenzregionen werden fünf Projekte durchgeführt, die im Bereich des Kunsthandwerks sowie der Landwirtschaft insbesondere Frauen und Jugendlichen Einkommen sichern. Im Rahmen des Schwerpunktthemas „Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU)“ leisteten die Transformationsteams fachliche Unterstützung zur wirtschaftlichen Entwicklung der benachteiligten Region El Kef. d) bei Maßnahmen zur Verbesserung der Energieverteilungsinfrastruktur und der Entwicklung erneuerbarer Energien, Das BMZ unterstützt die Erarbeitung und Umsetzung des Nationalen tunesischen Solarplans (Ziel: 30 Prozent Anteil erneuerbarer Energien bis 2030) durch Begleitung konkreter Solarprojekte, durch verbesserte Marktmechanismen, den Anreiz privater Investitionen sowie durch die Beratung zu Anschlussregelungen . Das BMZ fördert gemeinsam mit der EU die Finanzierung eines Photovoltaikkraftwerkes in Tozeur, das für weitere Anlagen als Modell dienen soll. Mit der Förderung eines solchen Photovoltaik-Referenzprojektes wird Tunesien dabei unterstützt, eine neue und für das Land zukunftsweisende Technologie einzuführen . Der Projektträger STEG (Société Tunisienne de l’Electricité et du Gaz) soll in die Lage versetzt werden, das Kraftwerk zu betreiben, zu warten und ins Netz zu integrieren. Mit dem Baubeginn wird für Mitte 2016 gerechnet. Die Kosten liegen bei rund 15 Mio. Euro. Parallel zur Durchführung der ersten Phase werden mit dem Projektträger STEG Gespräche über die Finanzierung eines Ausbaus der solaren Stromversorgung geführt. Zwei weitere Programme befinden sich in Vorbereitung: 1. „Netzgekoppelte Photovoltaik Tunesien“ zur dezentralen Erzeugung von Solarstrom und 2. „Finanzierung von Energieeinsparmaßnahmen im Gebäudesektor“. e) bei Maßnahmen zum Aufbau einer nachhaltigen Wasserversorgung und zur Verbesserung der Wasser- und Sanitärinfrastruktur, Da in Tunesien 80 Prozent des Wassers in die Landwirtschaft fließen, konzentriert sich die Unterstützung durch das BMZ besonders auf ländliche Gebiete. Ein neues ganzheitliches Programm zum Integrierten Wasserressourcenmanagement (IWRM) richtet sich speziell an abgelegene und vernachlässigte Regionen, etwa in Zentraltunesien um Kairouan oder Sidi Bouzid. In diesen Gegenden ist die Bewässerungslandwirtschaft ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, so dass hier Jobs generiert und Einkommen geschaffen werden kann. Mit diesem ganzheitlichen Programm zum Integrierten Wasserressourcenmanagement soll der Wassersektor in einem ganzen Gebiet umfassend modernisiert werden mit dem Ziel einer effizienteren Nutzung durch Wasserspeicher, besseren Rohrsysteme und moderneren Bewässerungsanlagen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4550 Mit dem Programm „Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Südosttunesien (Brackwasserentsalzung) sollen Demineralisierungsanlagen für Brackwasser , insgesamt 16 Entsalzungsanlagen und Fernleitungssysteme zur Zuleitung entsalzten Wassers sowie die erforderlichen Wasserspeicher, Pumpstationen und Tiefbrunnen einschließlich Ausrüstungen finanziert werden. Das BMZ unterstützt die tunesische Regierung bei dem Ausbau und der Verbesserung der Abwasserinfrastruktur des Landes, wie z. B. der Sanierung, der Erweiterung und dem Neubau von Abwassersammelsystemen und Kläranlagen in allen wichtigen Städten entlang des Flusses Medjerdah und in seinem Einzugsgebiet . Es werden zunehmend auch Kläranlagen in kleinen und mittleren Städten in den benachteiligten Regionen finanziert. Alle Vorhaben werden mit der nationalen Abwasserbehörde „Office National de l’Assainissement“ (ONAS) als Programmträger, Bauherr und Betreiber durchgeführt. ONAS betreibt bereits die Abwassersysteme in rund 100 tunesischen Städten und Gemeinden. f) bei Maßnahmen zur Entwicklung von Alternativen zu umweltschädigenden Industrien sowie zur umwelt- und gesundheitsschädlichen Förderung von Bodenschätzen? Das BMZ unterstützt den Fonds zum industriellen Umweltschutz (FODEP), der über ein Gesamtvolumen von über 50 Mio. Euro verfügt. Betriebe, die in Umweltschutz investieren, zum Beispiel eine eigene Kläranlage errichten, ihre Schornsteine mit Luftfiltern versehen oder auf gefährliche Chemikalien bei der Herstellung ihrer Produkte verzichten, können dabei Unterstützung in Form von günstigen Krediten und Zuschüssen erhalten. Neben dem Umwelteffekt stärkt FODEP auch die Konkurrenzfähigkeit tunesischer Unternehmen, die sonst kaum nach Europa exportieren könnten, da sie die Umweltauflagen der EU nicht erfüllen. Ein weiteres Vorhaben zur Industrieabwasserentsorgung hat die ordnungsgemäße Sammlung, Reinigung und die ökologisch verträgliche Ableitung gewerblicher und industrieller Abwässer zum Ziel. 5. Welche Aktivitäten sind im Rahmen der Initiative „Stabilität und Entwicklung in Nordafrika und Nahost“ für Tunesien geplant, und welchen finanziellen Beitrag wird das Land dadurch zusätzlich erhalten? Aus der Sonderinitiative Mittelost-Nordafrika wurden 2014 fünf Vorhaben mit einem Volumen von insgesamt 11,6 Mio. Euro zugesagt. Es handelt sich um Vorhaben zu Jugendbeschäftigung, landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten, Kommunalentwicklung, Regionalentwicklung und guter Regierungsführung. 6. Welche Beiträge hat die Bundesregierung geleistet, um die tunesischen Unternehmen beim Aufbau von Logistikketten nach international anerkanntem deutschem Vorbild zu unterstützen? Hierzu leistet die Bundesregierung zurzeit keine Beiträge. 7. Welche Schritte hat die Bundesregierung zur gezielten Unterstützung tunesischer Exporte in die EU unternommen, z. B. durch ein auf mehrere Jahre befristetes Sonderprogramm zur Ermöglichung zollfreier Importe von in Tunesien hergestellten Waren in die EU? Die Zuständigkeit für die Handelspolitik liegt ausschließlich bei der Europä- ischen Union. In den zuständigen EU-Gremien engagiert sich die Bundesregie- Drucksache 18/4550 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode rung für erfolgreiche Verhandlungen zu einem tiefgreifenden und umfassenden Freihandelsabkommen sowie für die Förderung des Systems der PaneuropaMittelmeer -Kumulierung. Außerdem wird im Rahmen des Schwerpunktthemas „Handelspolitik“ der Transformationsteams die tunesische Investitionsförderagentur FIPA unterstützt. 8. Inwieweit fördert oder unterstützt die Bundesregierung die regionale Zusammenarbeit sowie den Handel zwischen Tunesien und seinen Nachbarstaaten ? Vertreter der Bundesregierung haben bei bilateralen Besuchen stets die Bemühungen der tunesischen Regierung um eine Intensivierung der regionalen Zusammenarbeit im Rahmen der Union des Arabischen Maghreb (UMA) einschließlich des Handels mit den Nachbarstaaten gewürdigt. 9. Welchen Beitrag will die Bundesregierung leisten, um anhand deutscher Erfahrungen Tunesien bei als wichtig erachteten Projekten zu unterstützen, wie a) einer Reform des Wettbewerbsrechts bzw. einer Lockerung bestehender Monopolstrukturen, Im Rahmen der Energiepartnerschaft unter Federführung des BMWi wird eine Energiemonopolstrategie entwickelt. Ein weiteres Augenmerk der Transformationsteams liegt auf der Heranführung der örtlichen Unternehmen und Verwaltungen an europäische Standards. Die Unterstützung bei der Einführung klarer und transparenter Ausschreibungs- und Vergaberegeln in Tunesien erfolgte im Rahmen des Schwerpunktthemas „Öffentliche Ausschreibungen“ durch Beratung der zuständigen tunesischen Behörde „Haute instance de la commande publique observatoire national des marchés publics“ (HAICOP). b) der Dezentralisierung mit dem Ziel einer größeren Autonomie von Regionen und Kommunen? Das BMZ unterstützt seit 2012 unterschiedliche tunesische Akteure zu Fragen der Dezentralisierung: ● Der Ausschuss für Gebietskörperschaften der Verfassunggebenden Ver- sammlung informierte sich 2012 im Rahmen eines Studienaufenthalts über deutsche Erfahrungen zum Thema. ● Seit Verabschiedung der neuen Verfassung im Januar 2014 werden das Innen-, Finanz- und Entwicklungsministerium zu Fragen der Umsetzung beraten. Eine interministerielle Arbeitsgruppe arbeitet zu den Anforderungen der Regionalentwicklung im Rahmen der Dezentralisierung. ● Auf kommunaler Ebene werden mit deutscher Unterstützung seit 2012 Formate „partizipativer Demokratie“ (Bürgerbeteiligungsverfahren) wie von der neuen Verfassung gefordert entwickelt, angewandt und verbreitet (z. B. in Gestalt von Bürgerbüros, Bürgerhaushalt, kommunalen Jugendwettbewerben , kommunaler Jugendarbeit etc.). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4550 10. Inwieweit fördert die Bundesregierung den Umbau der tunesischen Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit, was a) generell die Produktion, die Ressourcenschonung und die Müllvermeidung bzw. Seit Ende der 1990er-Jahre wird Tunesien beim Aufbau einer geordneten Abfallwirtschaft durch die Finanzierung und Begleitung mehrerer Projekte mit dem Ziel, einen Beitrag zum Schutz der Umwelt, des Klimas und der natürlichen Ressourcen sowie zur Verringerung der gesundheitlichen Risiken für die tunesische Bevölkerung zu leisten, unterstützt. Beispiele sind die Entwicklung einer Basisentsorgungsinfrastruktur und der Kreislaufwirtschaft sowie der Aufbau industrieller Sonderdeponien. Die tunesische Regierung wird zudem bei der Verbesserung der Rahmenbedingungen und Dienstleistungen für Investitionen in kleine und mittlere Photovoltaik - und Solarthermie-Anlagen beraten. Dabei geht es v. a. um die Vereinfachungen in administrativen Abläufen von Fördermaßnahmen, verbessertes Know-how von Fach- und Führungskräften, Unterstützung rentabler Marktmodelle und neuer Akteure sowie die Vernetzung relevanter Marktakteure in der Pilotregion Sfax. b) den Energie- und den Tourismussektor betrifft? Es wird auf die Antwort zu Frage 4d verwiesen. 11. In welcher Form unterstützt die Bundesregierung (ggf. über die EU oder andere multilaterale Institutionen) den Aufbau von demokratischen Strukturen und den Schutz der Menschenrechte, insbesondere a) durch eine Zusammenarbeit mit dem demokratisch gewählten tunesischen Parlament, Die Verwaltung des Deutschen Bundestages hatte bereits der 2011 gewählten Verfassungsgebenden Nationalversammlung Tunesiens Unterstützung beim Aufbau einer modernen Parlamentsverwaltung angeboten, eine konkrete Zusammenarbeit kam allerdings nicht zustande. Nach der Konstituierung des neuen tunesischen Parlaments („Versammlung der Volksvertreter“) Anfang 2015 plant die Bundestagsverwaltung, eine Delegation der Verwaltung dieses Parlamentes zu einem Kurs nach Berlin einzuladen. Das Auswärtige Amt wird die Bundestagsverwaltung bei der Vermittlung der notwendigen Kontakte unterstützen . b) durch Vorhaben im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit auf nationaler Ebene und in den einzelnen Regionen, Das BMZ unterstützt den Aufbau von demokratischen Strukturen vor allem auf kommunaler und regionaler Ebene. Als Ergebnis einer Studienreise zu kommunalen Formen der Bürgerbeteiligung in Deutschland werden in Zusammenarbeit mit der Fortbildungsstätte des tunesischen Innenministeriums für die Dezentralisierung ein Handbuch zu Formaten kommunaler Demokratie entwickelt und landesweite Fortbildungen zum Thema sowie die Weiterentwicklung von Fortbildungsangeboten entsprechend den Reformen unterstützt. In ausgewählten Kommunen des Landes wurden und werden neue Formate der Bürgerbeteiligung entwickelt und verbreitet: z. B. Bürgerbüros mit Beschwerde- Drucksache 18/4550 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode mechanismen, Unterstützung partizipativer Fachplanung, kommunale Jugendwettbewerbe und Jugendarbeit, Beteiligung von Frauen in der Kommunalentwicklung . Auf regionaler Ebene wird eine neue Form der Planung unterstützt, die Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbezieht und durch eine Vielzahl von Foren möglichst hohe Partizipation und Akzeptanz sicherstellen will. Mit dem tunesischen Städtetag werden Facharbeitsgruppen der Kommunen gefördert , die sowohl dem Austausch demokratischer und bürgerorientierter Innovationen wie auch die fachpolitische Meinungsbildung der Kommunen bei der anstehenden Umsetzung der Dezentralisierung erleichtern. c) durch Programme im Bereich der Übergangsjustiz, etwa durch Expertenaustausch und Unterstützung der tunesischen Wahrheits- und Würdekommission , Der Bereich der Übergangsjustiz wurde 2014 als Schwerpunkt durch einen Beitrag in Höhe von 1 Mio. Euro für das Programm der UN-Organisation für Entwicklung (UNDP) zugunsten der neuen „Instanz für Wahrheit und Würde“ gefördert . Ziel des Vorhabens war die technische und institutionelle Unterstützung der Instanz für Wahrheit und Würde (IVD). In einer weiteren zivilgesellschaftlichen Projektkomponente sollte die Bevölkerung und die zivilgesellschaftlichen Organisationen zusätzlich in die Lage versetzt werden, den Prozess der Übergangsjustiz begleiten und ggf. kritisch hinterfragen zu können. Außerdem sollten Opfer von Menschenrechtsverletzungen, insbesondere Frauen und Kinder , über ihre Rechte aufgeklärt und bei der Beschreitung eines Rechtsweges direkt begleitet werden. Das Projekt wurde Ende 2014 abgeschlossen. d) durch Programme der Deutschen Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit (IRZ), Die Bundesregierung unterstützt seit 2012 Programme der IRZ in Tunesien. Im Jahr 2014 standen vor allem der Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Strafvollzugs sowie die Kooperation mit der tunesischen Notarkammer im Vordergrund . Die Kooperation im Bereich Strafvollzug und Verwaltungsgerichtsbarkeit soll auch im Jahr 2015 fortgesetzt und durch weitere Komponenten, z. B. im Bereich Verfassungsgerichtsbarkeit sowie einem Kolloquium für Modernes Verwaltungs- und Privatrecht, ergänzt werden. e) durch zivilgesellschaftliche Kooperation, etwa bei der Beratung der Gesetzgebung, dem Umbau der Justizverwaltung und der Einhaltung der Menschenrechte im Justizvollzug, Zusätzlich unterstützt die Bundesregierung seit Ende 2014 die International Legal Foundation bei der Durchführung eines Mentoringprogramms für junge tunesische Anwälte und Pflichtverteidiger, um den Rechtsbeistand in Strafsachen für mittellose Tunesierinnen und Tunesier, insbesondere auch jugendliche Beschuldigte, zu verbessern. f) durch Austauschprogramme zwischen Expertinnen und Experten, Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) trägt mit Beratergruppen (sog. Transformationsteams) zur bilateralen Transformationspartnerschaft Deutschlands mit Tunesien bei. Durch die Entsendung von Experten an tunesische Ministerien wird der tunesischen Regierung und tunesischen Behörden gezielt Know-how vermittelt, um sie bei den wirtschaftlichen und sozialen Reformen hin zu einer sozialen Marktwirtschaft nachhaltig zu unterstützen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4550 g) durch Beratung und Expertinnen- und Expertenaustausch zur Verwirklichung der geplanten Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen, insbesondere beim Aufbau demokratisch kontrollierter kommunaler und regionaler Verwaltungseinheiten? Die Bundesregierung unterstützt die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH seit 2012 bei der Durchführung eines Projekts zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung und Dezentralisierung in Tunesien. Die Maßnahme richtet sich vorwiegend an Fach- und Managementpersonal der mittleren Verwaltungsebene und an kommunale Dienstleister sowie an zivilgesellschaftliche Akteure, sodass diese ihre Aufgaben effizienter und bürgerorientiert wahrnehmen können. Aufbauend auf den seit 2014 in mehreren tunesischen Städten etablierten Bürgerbüros soll es im weiteren Projektverlauf darum gehen, kontextspezifische Trainingscurricula zu Themen der lokalen Selbstverwaltung zu entwickeln. Das BMZ setzt internationale Experten in der Beratung ein, führt Studienreisen nach Deutschland durch und unterstützt gleichzeitig den Austausch von kommunaler Expertise mit Deutschland aber auch zwischen Tunesien, Marokko und Algerien. Zudem unterstützt das BMZ im Rahmen bestehender Städtepartnerschaften Arbeitsaufenthalte tunesischer Experten in Deutschland sowie Fachberatungen und Fortbildungen, die aus Städtepartnerschaften und Städtenetzwerken im europäischen Nachbarschaftsraum entstehen. 12. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, a) um grundsätzlich sicherzustellen, dass die in der tunesischen Verfassung verankerten Gleichstellungsparagrafen auch tatsächlich umgesetzt werden, Hierzu sind gegenwärtig keine Maßnahmen geplant. b) um Tunesien bei der gesetzlich festgelegten landesweiten Schaffung von Gleichstellungsbeauftragten in öffentlichen Behörden zu beraten und zu unterstützen, Hierzu sind gegenwärtig keine Maßnahmen geplant. c) um Bemühungen verschiedener Nichtregierungsorganisationen zur Bildung des in der Verfassung festgelegten „Hohen Justizrats“ zu unterstützen und darauf hinzuwirken, dass zum ersten Mal in der Geschichte Tunesiens Richterinnen in einem hohen Justizgremium vertreten sein können, Hierzu sind gegenwärtig keine Maßnahmen geplant. d) um die Regierung darin zu unterstützen, der hohen Arbeitslosigkeit von Frauen in Tunesien entgegenzuwirken, Das BMZ fördert im Rahmen einer Kofinanzierung mit dem deutschen Reiseanbieter TUI GmbH (2012 bis 2015) den Berufseinstieg von Frauen in touristische Berufe. Dabei werden zurzeit 50 begabte junge Frauen aus finanziell schlecht gestellten Familien mit einem Stipendium zur Ausbildung in einem touristischen Beruf wie Konditor, Service Fachkraft, Köchin, Rezeptionistin, oder auch Finanzmanagerin an einer Tourismusfachschule gefördert. Gleichzeitig werden Zusatzausbildungen z. B. in Sprachen und Serviceorientierung zusammen mit begleiteten Praktika angeboten. Eine Recruitment-Messe am Ende der Ausbil- dung hilft beim Berufseinstieg. Das Projekt arbeitet mit zehn tunesischen Partnerhotels zusammen. Das Arbeitsmaterial wird im Anschluss an das Projekt dem Drucksache 18/4550 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Tourismusministerium zum weiteren strategischen Einsatz zur Verfügung gestellt . Das BMZ hat mithilfe von Wertschöpfungsketten unter besonderer Beteiligung von Frauen das Einkommen von ca. 200 im Agrarsektor aktiven Frauen verbessert , z. B. durch Produktdiversifizierung, verbessertem Marktzugang und Maßnahmen zur Selbstorganisation. Der Ansatz wird zurzeit für die Übernahme in die Entwicklungsstrategien des tunesischen Landwirtschaftsministeriums vorbereitet . Das BMZ fördert seit Beginn des Jahres 2015 die Einstellung, den Verbleib und den beruflichen Aufstieg von Frauen in Unternehmen der Privatwirtschaft. e) um das Melde- und Passwesen verbessern zu helfen und Frauen dadurch eine bessere Teilhabe am demokratischen Prozess (Wahlen) sowie in der Bildung zu ermöglichen, Die relativ geringe Wahlbeteiligung (unter 50 Prozent der wahlberechtigten Tunesier über 18 Jahren bei den Wahlen Ende 2014) geht u. a. darauf zurück, dass viele Tunesier (Männer und Frauen) nicht polizeilich gemeldet sind. Nach Angaben der tunesischen Wahlkommission ISIE lag der Anteil der Frauen unter den für die Wahlen registrierten Bürgern bei 46,2 Prozent. Das über die Heinrich-Böll-Stiftung geförderte Projekt „Mourakiboun“ (Wahlbeobachter) hatte u. a. das Ziel, Frauen auf dem Land auf ihr Wahlrecht hinzuweisen und sie zur Teilnahme zu motivieren. f) um Frauen, gerade auf dem Land, bessere Foren und Möglichkeiten einzuräumen, um sich selbstorganisiert über Probleme wie Gewalt gegenüber Frauen oder Bildungschancen auszutauschen? Hierzu sind gegenwärtig keine spezifischen Maßnahmen geplant. Zur Zusammenarbeit im Bildungssektor wird auf die Antworten zu den Fragen 15a und 15b verwiesen. 13. Welche Projekte und Maßnahmen wurden im Rahmen der Transformationspartnerschaft mit Tunesien durch staatliche Stellen oder nach Kenntnis der Bundesregierung private Organisationen aus Deutschland durchgeführt bzw. ermöglicht? Mit der Durchführung der Projekte der Transformationspartnerschaft wurden und werden zum größten Teil bewährte Partner beauftragt: so die deutschen politischen Stiftungen, die GIZ, die Deutsche Welle Akademie, das Goethe-Institut , der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und verschiedene Hochschulen sowie die IRZ und internationale Organisationen wie die UNDP und die OECD. Eine Durchführung durch Vertreter staatlicher Stellen erfolgte z. B. bei den Ausbildungsprojekten für die Streit- und Sicherheitskräfte (Bundesministerium des Innern –BMI – und BMVg, es wird auf die Antworten zu den Fragen 1b, 2b, 2d und 2e verwiesen). 14. Wie häufig und mithilfe welcher Instrumente koordinieren das AA und das BMZ ihre Aktivitäten in Tunesien? Liegt ein gemeinsames Strategiepapier vor? Das AA und das BMZ führen quartalsmäßig institutionalisierte Koordinierungsgespräche abwechselnd in Berlin und Bonn zur Abstimmung ihrer Zusammen- arbeit mit Tunesien. Ziel ist dabei sicherzustellen, dass die aus Transformationsmitteln des AA finanzierte Projekte und Projekte des BMZ zur Unterstützung Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4550 ineinandergreifen und sich gegenseitig verstärken. Hierbei werden auch Einzelprojekte sowie die zukünftige Ausrichtung der Unterstützung diskutiert. Darüber hinaus stehen die für die Projektarbeit zuständigen Kolleginnen und Kollegen von AA und BMZ in regelmäßigen Direktkontakt. Die Notwendigkeit für ein gemeinsames Strategiepapier wird nicht gesehen. Die Transformationsstrategie des AA wird vielmehr im Rahmen der Koordinierungsgespräche mit dem BMZ abgestimmt, auch hinsichtlich der Schwerpunkte des jeweiligen Engagements . Auf politischer Ebene gibt es jährliche Staatssekretärstreffen unter Leitung des AA und Beteiligung des BMZ und weiterer Ministerien. Das BMZ hat einen Mitarbeiter an die Botschaft Tunis abgeordnet, wodurch ein intensiver Austausch beider Ministerien garantiert ist. Mit der tunesischen Regierung gibt es jährliche Regierungsgespräche zur Entwicklungszusammenarbeit („Comité de suivi et réflexion“), an denen AA und BMZ teilnehmen. 15. Welche Programme und Planungen verfolgt die Bundesregierung zur Zusammenarbeit und zum Austausch im Bildungssektor, insbesondere a) zur Unterstützung Tunesiens beim Umbau der beruflichen Bildung, Nach der Revolution 2011 hat die tunesische Regierung um verstärkte Unterstützung durch das BMZ gebeten, um die Qualifizierung von Arbeitskräften zu verbessern und so gegen die hohe Arbeitslosigkeit anzugehen. Zentrales gemeinsames Anliegen ist dabei, die konkreten Bedürfnisse der Wirtschaft bei der Berufsbildungs- und Beschäftigungspolitik besser zu berücksichtigen und die Arbeitsvermittlung zu verbessern. Im Rahmen der Transformationspartnerschaft des AA wurden durch den im Februar 2015 abgeschlossenen „Beschäftigungspakt Tunesien“ elf staatliche Berufsbildungszentren umfassend modernisiert und ihre Lehrpläne mit den Anforderungen der lokalen Industrie abgestimmt. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit des BMZ werden landesweit innerbetriebliche und nichtstaatliche Fortbildungsmaßnahmen, u. a. durch Public Private Partnerships mit deutschen Firmen, durchgeführt. Das Gesamtvolumen der deutschen Unterstützung für diese Programme beträgt seit der Revolution 2011 circa 25 Mio. Euro. Am 18. Oktober 2013 wurde mit dem tunesischen Berufsbildungsministerium eine gemeinsame Absichtserklärung zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit der Diplomierten durch die betriebliche Ausbildung unterzeichnet, dessen Inhalt und vereinbarte Maßnahmen vom neuen tunesischen Berufsbildungsminister am 18. Februar 2015 bestätigt wurden. b) zur Zusammenarbeit und zum Aufbau von Partnerschaften zwischen tunesischen Bildungsinstitutionen (Universitäten, Fachhochschulen, höheren Schulen) mit deutschen Einrichtungen? Ein Schwerpunkt der Transformationspartnerschaft liegt auf dem Aufbau von Partnerschaften zwischen tunesischen und deutschen Hochschulen und der Förderung von qualifiziertem wissenschaftlichem Nachwuchs aus Tunesien. Diese Ziele werden durch unterschiedliche Projekt- und Programmformate realisiert: Stipendienprogramme mehrerer Mittlerorganisationen verstärken den gegenseitigen Austausch auf der individuellen Ebene. Die Förderung von akademischen Kurzzeitmaßnahmen wie z. B. Konferenzen und das Angebot von Forschungspartnerschaften zur Unterstützung zurückkehrender Wissenschaftler tragen zur Festigung und zum Ausbau persönlicher Netzwerke bei. Durch die Förderung von Hochschulpartnerschaften soll wiederum der Austausch und die gegenseitige Zusammenarbeit auf institutioneller Ebene intensiviert werden. Drucksache 18/4550 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 16. Wie viele Menschen sind nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen staatlicher Vorhaben aus Deutschland in Projekten der zivilen Krisenprävention in Tunesien tätig? Im Rahmen der bilateralen Projektzusammenarbeit des Technischen Hilfswerks (THW) und der Bundesanstalt für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz (BBK) mit Tunesien kommt es im Laufe des Jahres zu Dienstreisen zur Durchführung von Seminaren, Schulungen und Übungen. In Bezug auf die Maßnahmen des Bundeskriminalamtes und der Bundespolizei wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 17. Beabsichtigt die Bundesregierung, ein ressortübergreifendes und mit der neuen tunesischen Regierung, den Zivilgesellschaften beider Länder und mit den Maßnahmen anderer Akteure, insbesondere der EU, abgestimmtes Konzept zur Unterstützung und Stabilisierung des Transformationsprozesses in Tunesien zu entwickeln und öffentlich zu diskutieren? Am 14. März 2012 wurde in Berlin zwischen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem damaligen tunesischen Premierminister Hamadi Jebali vereinbart , regelmäßig ressortübergreifende Regierungskonsultationen auf Ebene der Staatssekretäre abzuhalten, um die bilaterale Zusammenarbeit in ihrer ganzen Breite zu koordinieren und gegenseitige Vorschläge zu diskutieren. Die ersten beiden Runden dieser Konsultationen fanden am 12. September 2012 und am 19. Juni 2014 in Berlin statt. Die nächste Runde ist für Anfang 2016 vorgesehen. In der Vorbereitung dieser Konsultationen werden auf beiden Seiten Vertreter der Zivilgesellschaft beteiligt sowie die Projektplanung der EU berücksichtigt. Auf diese Weise werden die einzelnen Projekte praxisorientiert zwischen beiden Seiten abgestimmt. Diese Vorgehensweise hat sich bewährt. Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 18. Welche Schritte unternimmt die Bundesregierung zur Sicherung einer wissenschaftlichen Evaluierung ihrer Maßnahmen zur zivilen Krisenprävention in Tunesien? Grundsätzlich wird jedes Projekt in enger Abstimmung mit den Auslandsvertretungen und Länderreferaten eng begleitet und nach Abschluss einer Erfolgskontrolle unterzogen. Darüber hinaus wurden in der Vergangenheit auch Projekte im Auftrag der Zuwendungsempfänger extern evaluiert. So wurden u. a. das Projekt „Förderung des Lokaljournalismus in Tunesien und Ägypten“ der GIZ sowie Einzelmaßnahmen des Goethe-Instituts wie das Kulturmanagement-Programm evaluiert. Im Jahr 2015 soll zudem eine umfangreiche Evaluierung des Transformationsprogramms des DAAD seit dem Jahr 2012 durchgeführt werden. Für das Jahr 2015 ist ferner geplant, eine wissenschaftliche Evaluierung der im Rahmen der Transformationspartnerschaften mit Nordafrika (u. a. in Tunesien) durchgeführten Projekte im Bereich der „Rechtsstaatsförderung“ durchzuführen, um die Projektziele in Bezug auf Wirkung und Nachhaltigkeit zu bewerten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/4550 19. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Stand der Verhandlungen zwischen der EU und Tunesien für ein Visaerleichterungsabkommen, und über welche konkreten Schritte der Visaliberalisierung wird verhandelt? In seiner Sitzung am 15. Dezember 2014 hat der Rat der Europäischen Union die Ermächtigung zur Aufnahme von Verhandlungen mit Tunesien über ein Visaerleichterungsabkommen beschlossen. Die Kommission ist derzeit im Austausch mit den tunesischen Behörden, um einen geeigneten Termin für die Aufnahme dieser Verhandlungen zu finden. Das Verhandlungsmandat (Ratsdok. 15912/14) ist vom Rat der Europäischen Union als Verschlusssache eingestuft worden und kann in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags eingesehen werden. 20. Befürwortet die Bundesregierung ein baldiges Zustandekommen eines Abkommens zwischen der EU und Tunesien für weitgehende Erleichterungen bei der Visavergabe für Tunesierinnen und Tunesier? Ja. Die Verhandlung eines Abkommen über die Erleichterungen bei der Visavergabe für Tunesier ist Teil der Vereinbarungen im Rahmen der EU-Mobilitätspartnerschaft mit Tunesien. a) Wenn ja, wie und in welcher Form setzt sie sich konkret dafür ein? Die Verhandlungen werden von der Europäischen Kommission geführt. Die Haltung der Bundesregierung ist der Europäischen Kommission bekannt. b) Wenn nein, mit welcher Begründung? Entfällt. 21. Welche konkreten Projekte wurden bisher im Rahmen der EU-Mobilitätspartnerschaft mit Tunesien umgesetzt, und in welcher Form beteiligt sich Deutschland daran? Der Annex für die EU-Mobilitätspartnerschaft mit Tunesien mit konkreten Projektvorschlägen der einzelnen Mitgliedstaaten sowie der EU ist noch nicht fertig ausgehandelt. Die EU-Mobilitätspartnerschaft mit Tunesien verfolgt die folgenden vier Ziele: ● Stärkung der legalen Zuwanderung durch Visaerleichterungen (die mit Rück- übernahmeabkommen einhergehen), Programme für Hochqualifizierte, Austauschprogramme ; ● Eindämmung der irregulären Migration durch Stärkung von Grenzschutz, Bekämpfung von Schleuserkriminalität und Informationskampagnen für Migranten ; ● Stärkung des Flüchtlingsschutzes durch den Aufbau eines Asylsystems nach internationalen Standards; ● Förderung von Entwicklung durch Migration durch Zusammenarbeit mit der Diaspora, Programme für Rückkehrer, Förderung der zirkulären Migration, Senkung der Kosten für Rücküberweisungen. Zum Erreichen dieser Ziele wird bereits jetzt eine Reihe von Projekten umgesetzt . So läuft bereits seit 2012 ein aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziertes und von der GIZ durchgeführtes Projekt zur Förderung der legalen Mobilität hochqualifizierter Fachkräfte (Ingenieure) zwischen Tunesien und Deutschland. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen. Drucksache 18/4550 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 22. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung das konkrete Verhandlungsziel bei den Verhandlungen der EU und Tunesien zu einem Rückübernahmeabkommen (Ratsdok. 12332/14), und welche Personengruppen sollen im Rahmen dieses Abkommens rückübernommen werden (bitte ausführen )? Der Abschluss eines Rückübernahmeabkommens zwischen der EU und Tunesien ist Teil der Vereinbarungen im Rahmen der EU-Mobilitätspartnerschaft mit Tunesien. Die Verhandlungen über ein solches Rückübernahmeabkommen sind parallel zu den Verhandlungen über ein Visaerleichterungsabkommen zu führen. Das Rückübernahmeabkommen hat den Standards der EU in diesem Bereich zu genügen. Das bedeutet nach beiderseitigem Verständnis, dass die Rückübernahmeverpflichtung nicht nur tunesische Staatsbürger, sondern auch Bürger aus Drittstaaten umfasst. Rückübernahmeabkommen legen eindeutige Verpflichtungen und Verfahren sowohl für die Behörden der Drittstaaten als auch der EU-Mitgliedstaaten fest. Sie regeln, wann und wie Personen rückgeführt werden sollen, die sich irregulär in der EU aufhalten. Im Prinzip sind dies technische Vorschriften, um die Zusammenarbeit zwischen Verwaltungen zu verbessern. Tunesien und die EU haben außerdem die Vertiefung der Zusammenarbeit in der Rückkehr- und Rückführungspolitik vereinbart. Ziel ist die Umsetzung bestehender Verpflichtungen zwischen Tunesien und den EU-Mitgliedstaaten, vor allem in Bezug auf die Identifizierung von Personen und die Ausstellung von Reisedokumenten. Das Verhandlungsmandat für die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommen mit Tunesien (Ratsdok. 16032/14) ist vom Rat der Europäischen Union als Verschlusssache eingestuft worden und kann in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags eingesehen werden. 23. Verfügt Tunesien nach Kenntnis der Bundesregierung über ein Flüchtlingsgesetz , das die Rechte von Flüchtlingen gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention in Tunesien flächendeckend gewährleistet? Wenn nein, mit welcher Begründung führt die EU dennoch Verhandlungen über die Rückübernahme? Das Recht auf politisches Asyl mit Auslieferungsverbot ist in Artikel 26 der tunesischen Verfassung vom Januar 2014 festgeschrieben. Das Hochkommissariat für Flüchtlinge der UN (UNHCR) unterstützt die tunesische Regierung derzeit bei der Ausarbeitung einer nationalen Asyl- und Flüchtlingsgesetzgebung gemäß der VN-Flüchtlingskonvention von 1951. Am 3. März 2014 unterzeichnete Tunesien mit der Europäischen Union und zehn Mitgliedsstaaten (darunter Deutschland) eine gemeinsame Erklärung über eine Mobilitätspartnerschaft. Im Rahmen dieser Mobilitätspartnerschaft hat die EU das Mandat erhalten, neben Visaerleichterungen die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommen aufzunehmen. Das Rückübernahmeabkommen ist im Einklang mit den in der Richtlinie 2008/ 115/EG festgeschriebenen Normen und Verfahren der Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger sowie mit den Grundrechten als allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschafts- und des Völkerrechts, einschließlich der Verpflichtung zum Schutz von Flüchtlingen und zur Achtung der Menschenrechte anzuwenden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/4550 24. Mit welchen Maßnahmen unterstützen Deutschland und die EU nach Kenntnis der Bundesregierung den Aufbau eines Asylsystems in Tunesien (bitte einzeln auflisten)? Die folgenden Maßnahmen im Bereich Asyl sind derzeit auf Ebene der Europäischen Union bzw. von Deutschland geplant: Ein Projekt im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments auf Vorschlag der Asyl-Schutz-Organisation der EU (EASO) und der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) mit dem Ziel, die tunesischen Behörden mit dem Mandat, den Werkzeugen und Instrumenten von EASO und Frontex, sowohl im Bereich Asylsystem als auch europäischen Grenzschutz, vertraut zu machen, wird bereits umgesetzt. In diesem Zusammenhang haben EASO und FRONTEX die Möglichkeit, den Bedarf an technischer Unterstützung im Bereich Asyl und Grenzschutz zu ermitteln und entsprechend die benötigte Expertise und Beratung den tunesischen Behörden zur Verfügung zu stellen. Projekte in der Vorbereitung: – ein Projektvorschlag der Europäischen Kommission zum Aufbau eines na- tionalen Schutzsystems zur Unterstützung der Ausarbeitung eines tunesischen Asylgesetzes durch die Schulung der zuständigen tunesischen Behörden (durchgeführt von UNHCR); – vonseiten der EU ein neues Regionales Schutz- und Entwicklungsprogramm (RDPP) für Nordafrika: Es soll in den Ländern Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen und Ägypten (mit möglichen Aktivitäten in anderen Ländern, wie Niger und Mauretanien) die Kapazitäten im Bereich Asyl stärken und den Bau von nachhaltigen Schutzsystemen unterstützen. Die Prüfung einer möglichen Teilnahme Deutschlands ist noch nicht abgeschlossen. Deutschland zieht zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Unterstützung des RDPP für Nordafrika mit Personal- und Sachmitteln in Betracht; – ein Projektvorschlag von Deutschland zur Stärkung der Kapazitäten im Bereich der Flüchtlingshilfe und in der Ausbildung von Fachkenntnissen im Bereich Asyl: Dazu hat das Auswärtige Amt bereits im November 2014 einen Studienaufenthalt für Verantwortliche für Asylrecht und -verfahren aus tunesischen Behörden in Deutschland, u. a. beim BAMF in Nürnberg, durchgeführt . Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333