Deutscher Bundestag Drucksache 18/4573 18. Wahlperiode 03.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Pia Zimmermann, Sabine Zimmermann (Zwickau), Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4384 – Einführung und Umsetzung eines neuen Pflegebegriffs Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 ist der ihr zugrunde liegende verrichtungsbezogene Pflegebegriff zu eng. Eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung (Elftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB XI) ist seit langem überfällig. Seit dem Jahr 2009 liegen dazu Empfehlungen durch von Bundesregierungen eingesetzte Beiräte für einen erweiterten Pflegebegriff und für ein neues Begutachtungsverfahren zur Feststellung des Pflegebedarfs vor (Bericht des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, 2009, www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Pflege/Berichte/Bericht_ des_Beirats_zur_Ueberpruefung_des_Pflegebeduerftigkeitsbegriffs.pdf). Die gesetzliche Grundlage zur Umsetzung des im Jahr 2009 neu entwickelten (und 2013 erneut bestätigten) Pflegebegriffs und das neue Begutachtungsverfahren wurden jedoch bis heute noch nicht geschaffen. Kern der Vorschläge ist die Abkehr von einem Pflegebegriff, der sich an den Defiziten der zu pflegenden Menschen orientiert, und die Überwindung des starren Pflegestufenmodells, das Bedarfe verrichtungsbezogen misst. Stattdessen sollen selbstbestimmte Teilhabe, Ganzheitlichkeit und Alltagskompetenz bei der Pflege im Vordergrund stehen. Inhalt des neuen Pflegebegriffs soll der Grad der bestehenden und zu erhaltenden Selbstständigkeit, Maßstab der Bedarfsfeststellung nicht mehr der Faktor „Zeitaufwand für die Verrichtung“ sein. Menschen mit psychischen und dementiellen Erkrankungen sollen endlich angemessen in die Pflegeversicherung einbezogen werden. Die besonderen Bedürfnisse von Kindern sind dabei angemessen zu berücksichtigen. Daraus folgt eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises ebenso wie des Leistungsumfangs selbst. Ein ganzheitliches Begutachtungsassessment (NBA), das die gesamte Lebenssituation des zu Pflegenden erfasst, muss eingeführt werden. Für den gesamten Pflegeprozess ergeben sich höhere QualiDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 7. April 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. tätsanforderungen. Letztendlich fordert der Beirat einen Paradigmenwechsel hin zu einer Teilhabe ermöglichenden, assistierenden Pflege. Es geht um die gesetzlichen Voraussetzungen für einen differenzierten und an Lebens- und Bedarfslagen orientierten Pflegeprozess. Die Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen und die Drucksache 18/4573 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Bewahrung eines hohen Maßes an Selbstbestimmung werden Ziel eines pflegerischen und assistierenden Handelns sein. Politische Entscheidungen, den neuen Pflegebegriff gesetzlich zu verankern, blieben bis heute aus. Allerdings beschloss die Bundesregierung sowohl in der 17. als auch zu Beginn der 18. Wahlperiode Leistungsverbesserungen auf Basis des geltenden, überholten Pflegebegriffs, ohne jedoch ein stimmiges Gesamtkonzept für die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs vorzulegen. Praktische Umsetzungsvorschläge legte der Beirat ebenfalls schon im Jahr 2009 vor. Am 27. Juni 2013 übergab der Expertenbeirat einen zweiten „Bericht zur konkreten Ausgestaltung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs“ an das Bundesministerium für Gesundheit – BMG – (www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/ Publikationen/Pflege/Berichte/Bericht_Pflegebegriff_RZ_Ansicht.pdf). Damit liegt ein stimmiges Konzept für die gesetzgeberische Einführung des neuen Begriffs der Pflege vor. Es enthält zahlreiche konkrete Empfehlungen, Varianten und Hinweise zu Einführungsfragen, die aus Sicht des Beirats im Rahmen der gesetzgeberischen Umsetzung des Konzepts erforderlich sind. Dennoch gab das BMG im Frühjahr 2014 zunächst noch zwei Erprobungsstudien in Auftrag (www.bundesgesundheitsministerium.de/presse/pressemitteilungen/ 2014-02/neuer-pflegebeduerftigkeitsbegriff.html). Die Studie zur „Evaluation des NBA – Erfassung von Versorgungsaufwendungen in stationären Einrichtungen“ hat zum Ziel, eine empirische Grundlage für Hinweise zu künftigen Leistungshöhen je Pflegegrad in Abhängigkeit vom Pflegeaufwand zu liefern. Die parallel laufende „Praktikabilitätsstudie zur Einführung des neuen Begutachtungsassessments (NBA) zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI“ zielt auf mögliche Probleme bei der Begutachtung, um notwendige Änderungen und Anpassungen bereits vor der Einführung des neuen Begriffs vornehmen zu können. In einer Pressemitteilung vom 27. Januar 2015 erklärte der Bundesminister für Gesundheit, Hermann Gröhe: „Das neue Begutachtungsverfahren funktioniert“, ohne jedoch die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorzustellen oder seine Aussage zu begründen (www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Pressemitteilungen/2015/ 2015_01/150127_gem_PM_Pflegebeduerftigkeitsgesetz.pdf). Ohne breite öffentliche Sachkenntnis, Debatte und Zustimmung aller Beteiligten – der zu pflegenden Menschen, der Pflegenden sowie der Leistungsträger und Leistungserbringer – besteht jedoch die Gefahr, dass der neue Pflegebegriff keine Verbesserungen bringt, die spürbar bei den Menschen ankommen. Vor allem muss klar formuliert werden, was die Einführung eines neuen Pflegebegriffs und des neuen Begutachtungsverfahrens kostet und wie diese finanziert werden sollen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bislang erfolgt die Einstufung Pflegebedürftiger im Rahmen der Begutachtung abhängig von der Ermittlung des Zeitaufwandes für die Pflege. Dabei wird vor allem auf pflegerische Verrichtungen (Waschen, Ankleiden usw.) Bezug genommen . In der Fachwelt ist unstrittig, dass es der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs bedarf, der sowohl den Hilfe- und Unterstützungsbedarf somatisch erkrankter Pflegebedürftiger als auch kognitiv beeinträchtigter Menschen fachlich angemessen erfasst. Ziel ist die Gleichbehandlung von somatisch, kognitiv und psychisch bedingten Beeinträchtigungen bei den Pflegebedürftigen bei Begutachtung, Leistungszugang und Leistungen. Unabhängig davon hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode deutliche Verbesserungen in der pflegerischen Versorgung umgesetzt. Durch das erste Pflegestärkungsgesetz werden bereits seit dem 1. Januar 2015 die Leistungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen spürbar ausgeweitet und die Zahl der zu- sätzlichen Betreuungskräfte in stationären Pflegeeinrichtungen erhöht. Diese Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4573 Leistungsverbesserungen kommen vor allem auch Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (z. B. Menschen mit einer dementiellen Erkrankung) zugute . So hatten beispielsweise Menschen, die zwar in ihrer Alltagskompetenz erheblich eingeschränkt sind, deren Pflegebedarf aber unterhalb der Pflegestufe I liegt (sog. Pflegestufe 0) einen eingeschränkten Leistungsanspruch. Dieser wurde mit dem ersten Pflegestärkungsgesetz erweitert: Nun können diese Versicherten z. B. auch Leistungen der Tages- und Nachtpflege oder der Kurzzeitpflege erhalten. Damit erhalten sie Zugang zu allen Leistungen im ambulanten Bereich, die auch Personen mit einer Pflegestufe zustehen. Die bestehenden Betreuungsleistungen , die besonders für dementiell erkrankte Pflegebedürftige wichtig sind, wurden ausgebaut und Entlastungsleistungen zugunsten Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen eingeführt. Zudem wurden unter anderem auch die Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen ausgebaut und zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in Wohngruppen eingeführt. Der Anspruch besteht auch für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz ohne Pflegestufe. 1. Wann werden die Ergebnisse der Studien zur Umsetzung des Pflegebegriffs vollständig vorliegen, und in welcher Form werden sie der Öffentlichkeit vorgestellt und öffentlich diskutiert? Es ist Ziel der Bundesregierung, die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs auf einer gesicherten Grundlage vorzubereiten. Dafür sind sowohl ein eindeutiges fachwissenschaftliches Fundament als auch die Diskussion und Einbindung der davon betroffenen Akteure erforderlich. Als wichtige Vorarbeiten hierfür wurden im Frühjahr 2014 die in der Vorbemerkung der Fragesteller angeführten beiden sog. Erprobungsstudien in Auftrag gegeben. Hierzu wurde zudem ein „Gemeinsames Begleitgremium für die beiden Modellprojekte zur Erprobung des Neuen Begutachtungsassessments NBA“ beim GKV-Spitzenverband (GKV – gesetzliche Krankenversicherung) eingerichtet. Den Mitgliedern dieses Begleitgremiums liegt bisher von einem der beiden Modellprojekte ein Bericht in einer Entwurfsfassung vor. Im Rahmen der Sitzung des Begleitgremiums am 27. Januar 2015 wurde als Fazit der Gutachter und Experten auf dieser Basis eine positive Gesamteinschätzung des Begutachtungsverfahrens berichtet. Die Arbeiten am Bericht zum datenreichen zweiten Modellprojekt haben sich hingegen verzögert. Nach derzeitigem Stand können die endgültigen Ergebnisse der beiden Studien zur nächsten, für Ende April 2015 geplanten Sitzung des Begleitgremiums vorgelegt werden. 2. Welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung für die Erarbeitung eines Gesetzentwurfs und weitergehend für die Einführung des neuen Pflegebegriffs ? Die Bundesregierung folgt bei ihren zeitlichen Überlegungen den Vorgaben des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD, der vorsieht, dass ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff einschließlich eines neuen Begutachtungsverfahrens auf Grundlage der Empfehlungen des Expertenbeirats nach erfolgter Erprobung einschließlich leistungsrechtlicher Bestimmungen in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden soll. 3. Von welchem zeitlichen Rahmen geht die Bundesregierung aus, bevor das neue Begutachtungsassessment routinemäßig zum Einsatz kommen kann vor dem Hintergrund, dass der Beirat zur konkreten Ausgestaltung des Drucksache 18/4573 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs für den Einführungsprozess des NBA einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten für erforderlich hält? Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Expertenbeirats zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, dass die Pflege-Selbstverwaltung vor Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und des neuen Begutachtungsverfahrens ausreichend Zeit zur Vorbereitung benötigt, so insbesondere für die umfassende Überarbeitung der Begutachtungsrichtlinie, die Schulung der Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und die Umstellung der im Rahmen der Begutachtung verwendeten Software. Die Bundesregierung wird dies bei der Konzeption des Einführungsprozesses berücksichtigen. 4. Welche konkreten Vorarbeiten hält die Bundesregierung für erforderlich, damit die Einführung des neuen Pflegebegriffs für die Menschen mit Pflegebedarf noch in dieser Wahlperiode praktisch wirksam wird, und welche Maßnahmen, zum Beispiel Fortbildungsprogramme oder Informationskampagnen , werden bereits vorbereitet? a) Welche Erkenntnisse und Hinweise erbrachte die „Praktikabilitätsstudie “ bezüglich des verwaltungstechnischen Aufwandes für die Durchführung des Begutachtungsverfahrens und der Pflegedokumentation, und b) für die erforderliche Qualifizierung der Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) und der Pflegekräfte? Der in der vergangenen Legislaturperiode eingerichtete Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat in seinem Bericht vom 27. Juni 2013 auch ausführlich Stellung zu den aus seiner Sicht erforderlichen Vorarbeiten bzw. Umsetzungsschritten nach dem Inkrafttreten eines entsprechenden Einführungsgesetzes bezogen (siehe insbesondere die Ausführungen auf den S. 79 ff. des Berichts). Er hat in diesem Zusammenhang auch die Erstellung zielgruppenspezifischer Informationen zu den Änderungen durch einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und über die neue Einstufungssystematik sowie zu Überleitungsregelungen für Leistungsträger, Versicherte, Pflegeeinrichtungen , Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen, Seniorenvertretungen und weiterer Akteure unter Nutzung verschiedener Informationsmedien für erforderlich gehalten. Die Bundesregierung wird die entsprechenden Empfehlungen im Rahmen ihrer Gesetzgebungsarbeit berücksichtigen. Die Praktikabilitätsstudie erbrachte mit Bezug auf eine effiziente Umsetzung des Begutachtungsverfahrens Hinweise insbesondere hinsichtlich der Konkretisierung der Manuale, der Beratungsnotwendigkeiten, der Schulungskonzepte, der Ausgestaltung der Formulargutachten, der Ausarbeitung der BegutachtungsRichtlinien und der Erhebungssoftware. Fragen zur Pflegedokumentation waren nicht Gegenstand der Studie. Ergebnisse aus allen Studienteilen der Praktikabilitätsstudie geben wichtige Hinweise für die zukünftige inhaltliche wie organisatorische Ausgestaltung der Schulungen von Gutachtern für die Einführung des NBA. Deren Umsetzung ist Aufgabe der Medizinischen Dienste. 5. Zu welchen Problemen führt aus Sicht der Bundesregierung die entstandene Situation, dass mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz und dem Ersten Pflegestärkungsgesetz Leistungen definiert wurden und erst in einem zwei- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4573 ten Schritt der Kreis der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger bestimmt wird? Die Bundesregierung hat – aufbauend auf den Vorgaben des Koalitionsvertrages – bereits vor der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes Leistungen der Pflegeversicherung eingeführt bzw. ausgeweitet. Damit wurde die pflegerische Versorgungssituation – insbesondere von Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (PEA) – zügig verbessert. Für diese Maßnahme sprachen insbesondere fachliche Gründe; der wichtigste Grund hierfür war die zügige Verbesserung der Leistungen für diesen Personenkreis vor allem im ambulanten Leistungsrecht. Auch die Anpassung der Leistungsbeträge an die Preisentwicklung der letzten drei Jahre und die Verbesserung der personellen Situation in der stationären Pflege durch Anhebung der Betreuungsrelationen bei den zusätzlichen Betreuungskräften wurde insoweit ohne Verzögerung umgesetzt . 6. Verfolgt die Bundesregierung das politische Ziel einer regelgebundenen Leistungsdynamisierung zur Begrenzung der Eigenanteile der Pflegebedürftigen , in die neben der Inflationsentwicklung auch die Reallohnentwicklung eingeht? Wenn nein, mit welcher Begründung? Die Vorschriften zur Dynamisierung der Leistungen der Pflegeversicherung finden sich in § 30 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Bundesregierung hält diese Vorschriften für inhaltlich ausreichend. 7. Verfolgt die Bundesregierung das politische Ziel, pflegende Angehörige durch eine Stärkung der professionellen Pflege zu entlasten? Wenn ja, welche Konzepte werden geprüft? Wenn nein, mit welcher Begründung? Die deutliche Mehrzahl der Pflegebedürftigen wird zu Hause, zumeist von ihren Angehörigen, mit großem persönlichen Einsatz gepflegt. Die Pflege in der eigenen Häuslichkeit entspricht auch dem Wunsch der großen Mehrheit der Pflegebedürftigen . Ziel ist es, pflegende Angehörige nicht nur durch Stärkung der professionellen Pflege, sondern durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen zu stützen und zu entlasten. Dazu gehören neben der ambulanten Pflegesachleistung, die die Pflege durch Fachkräfte vorsieht, auch das von den Pflegebedürftigen zumeist an die Angehörigen weitergereichte Pflegegeld, Leistungen der Verhinderungs - und Kurzzeitpflege sowie der Tages- und Nachtpflege, die Möglichkeit der Inanspruchnahme auch niedrigschwelliger Betreuungs- und Entlastungsleistungen , das kostenlose Angebot von Pflegeberatung sowie Pflegekursen für pflegende Angehörige durch die Pflegekassen, die Bezuschussung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen sowie ggf. die Übernahme von Beitragszahlungen an die gesetzliche Rentenversicherung für pflegende Angehörige. Sämtliche dieser Leistungen wurden soeben mit dem ausdrücklichen Ziel der Stärkung der Pflege in der Häuslichkeit mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz zum 1. Januar 2015 zum Teil deutlich ausgeweitet. Pflegenden Angehörigen helfen zudem die mit dem Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf erfolgte Einführung des Pflegeunterstützungsgeldes bei akuten Krisensituationen und die Ausweitung der Freistellungsansprüche bei der Inanspruchnahme von Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit in Verbindung mit der Möglichkeit zur Inanspruchnahme eines Darlehens zum Ausgleich etwaiger Einkom- mensverluste bei Reduzierung des Umfangs der Erwerbstätigkeit. Drucksache 18/4573 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Um die professionelle Pflege zu stärken und sicherzustellen, dass auch in Zukunft genügend Fachkräfte in der Altenpflege zur Verfügung stehen, will die Bundesregierung darüber hinaus die Attraktivität der Ausbildung in der Altenpflege sowie des Berufsbildes insgesamt stärken. Dem dient insbesondere die im Dezember 2012 von Bund, Ländern, kommunalen Spitzenverbänden, Träger-, Berufs- und Betroffenenverbänden beschlossene Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege. Der im Januar 2015 veröffentlichte Zwischenbericht zu dieser Initiative zeigt bereits spürbare Erfolge, so insbesondere eine Steigerung der Ausbildungszahlen in der Altenpflege um rund 14 Prozent im Schuljahr 2013/2014 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. 8. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass sich die Nachfrage nach professioneller Pflege im Vergleich zur Pflege durch Angehörige in Zukunft weiter verstärken wird (bitte begründen)? Es ist unbestritten, dass die im Kontext der demografischen Entwicklung wachsende Zahl Pflegebedürftiger insgesamt eine größere Nachfrage nach entsprechender Hilfe und Unterstützung, aber auch nach professioneller Pflege mit sich bringen wird. Deshalb wird es aus Sicht der Bundesregierung darauf ankommen, in Zukunft möglichst sämtliche zur Verfügung stehenden Hilfe- und Unterstützungspotenziale in der Pflege zu nutzen und zu stärken. 9. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Fähigkeit und Bereitschaft der Angehörigen, die Pflegearbeit zu übernehmen, aus unterschiedlichsten Gründen nicht vorausgesetzt werden kann, und welche Konsequenzen zieht sie daraus (bitte begründen)? In der Pflegeversicherung gilt der Grundsatz des Vorrangs der ambulanten vor der stationären Pflege. Über die Organisation der häuslichen Pflege können nur die Betroffenen selbst entscheiden. Die Pflegeversicherung trägt den unterschiedlichen Formen der häuslichen Pflege Rechnung. Pflegebedürftige, die zu Hause leben, können Pflegesachleistungen für die Hilfe durch ambulante Pflegedienstes sowie Leistungen der Tages- und Nachtpflege und Kurzzeitpflege in voll- oder teilstationären Einrichtungen in Anspruch nehmen. Sie können auch Pflegegeld in Anspruch nehmen, wenn Angehörige oder Ehrenamtliche die Pflege übernehmen. Pflegegeld und Pflegesachleistungen können auch miteinander kombiniert werden. Die Pflegeversicherung unterstützt zudem ambulant betreute Wohngruppen Pflegegebedürftiger. Die Bundesregierung erkennt die Leistungen pflegender Angehörige nachdrücklich an und setzt sich dafür ein, dass sie mehr Beachtung und Unterstützung erhalten. Die in dieser Legislaturperiode bereits umgesetzten und noch geplanten Maßnahmen in der Pflege folgen deshalb auch der Zielsetzung, die pflegenden Angehörigen noch besser als bisher zu unterstützen und zu entlasten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 10. Verfolgt die Bundesregierung das politische Ziel einer Bestandsschutzregelung für bereits bestehende Pflegeeinstufungen? Wenn ja, nach welchem Modell? Wenn nein, mit welcher Begründung? Der Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat empfohlen, pauschale Überleitungsvorschriften und ggf. einen Bestandsschutz einzuführen. Damit soll auch sichergestellt werden, dass die Betroffenen möglichst nicht neu begutachtet werden müssen. Die politische Ent- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4573 scheidung innerhalb der Bundesregierung wird die entsprechenden Empfehlungen bei ihren Gesetzgebungsarbeiten zur Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes mitberücksichtigen. 11. Welche finanziellen Auswirkungen sieht die Bundesregierung bei der Umsetzung des neuen Pflegebegriffs sowohl für die Sozialhilfeträger als auch für die Pflegekassen durch die zu erwartende Veränderung der Zahl der Leistungsberechtigten (Mengeneffekt) und der Konsequenz, dass die neuen Bedarfsgrade des neuen Assessmentverfahrens leistungsrechtlich durchschnittlich höher liegen werden, als die „alten“ Pflegestufen (Struktureffekt ; Berichte des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs , 2009, und des Expertenbeirats zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, 2013), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung ggf. daraus? Eine veränderte Zahl der Leistungsberechtigten und eine voraussichtlich ebenfalls veränderte Verteilung auf die Pflegegrade wird für die Pflegeversicherung zu Mehrausgaben führen. Zur ihrer Finanzierung wird unter anderem entsprechend dem Koalitionsvertrag der Beitragssatz zusammen mit dem Inkrafttreten des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs um 0,2 Beitragssatzpunkte angehoben. Die Mehrausgaben der Pflegeversicherung führen bei den Sozialhilfeträgern tendenziell zu einer finanziellen Entlastung. 12. Verfolgt die Bundesregierung das politische Ziel, den Anstieg von Sozialhilfeleistungen („Hilfe zur Pflege“) zur Sicherung der pflegerischen Versorgung zu senken? Wenn nein, mit welcher Begründung? Wenn ja, wie? Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung ist hierzu noch nicht abgeschlossen. 13. Verfolgt die Bundesregierung das politische Ziel, den Leistungskatalog der Pflegeleistungen auch im vollen Umfang für Empfängerinnen und Empfänger der „Hilfe zur Pflege“ zur Verfügung zu stellen? Wenn nein, mit welcher Begründung? Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Bundesregierung ist hierzu noch nicht abgeschlossen. 14. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass bei einem erweiterten, teilhabeorientierten Pflegebedürftigkeitsbegriff die finanziellen Auswirkungen nicht einseitig auf die Sozialhilfeträger übertragen werden? Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht vor, den Beitragssatz der gesetzlichen Pflegeversicherung zusammen mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs um 0,2 Beitragssatzpunkte anzuheben. Damit ist sichergestellt , dass die finanziellen Auswirkungen eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs nicht einseitig auf die Träger der Sozialhilfe übertragen werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 18 verwiesen. Drucksache 18/4573 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 15. Wie wird die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Problem der Leistungsbegrenzung der Pflegeversicherung auf der einen Seite und die Bedarfsdeckung der Sozialhilfe auf der anderen Seite lösen? Die soziale Pflegeversicherung ist seit ihrer Einführung als Teilleistungssystem konzipiert; sie trägt damit nur einen Teil der Kosten im Pflegefall. Die Bundesregierung hält an diesem bewährten Grundprinzip des SGB XI fest. 16. In welcher Weise verfolgt die Bundesregierung das Ziel, den neuen Pflegebegriff im SGB I und einheitlich in allen relevanten Sozialgesetzbüchern (SGB XII und SGB IX) sowie im angekündigten Bundesteilhabegesetz zu verankern? Hierzu befindet sich die Bundesregierung noch im Meinungsbildungsprozess. 17. Wie bewertet die Bundesregierung den Anspruch des neuen Pflegebegriffs , alle Leistungsträger zu umfassen und damit für verschiedene Sozialleistungsbereiche übergreifend zu sein? Die Bundesregierung kann nicht erkennen, dass der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff den in der Frage beschriebenen umfassenden Anspruch verfolgt. Fachlich richtig ist aber, dass im Rahmen des neuen Begutachtungsinstruments auch Informationen erhoben werden, die für Sozialleistungsträger außerhalb des SGB XI relevant sein können. 18. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs auf die „Hilfe zur Pflege“ (SGB XII)? Der Meinungsbildungsprozess zur Frage, welche konkreten Inhalte ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff haben wird und ob dieser auch im Rahmen der Hilfe zur Pflege eingeführt wird, ist innerhalb der Bundesregierung noch nicht abgeschlossen . Im Falle der Beibehaltung der Begriffsidentität in SGB XI und SGB XII werden die Auswirkungen eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs auf die Hilfe zur Pflege aufgrund des Vorrang/Nachrang-Verhältnisses von sozialer Pflegeversicherung und Sozialhilfe (Hilfe zur Pflege) maßgeblich davon abhängen, wie die leistungsrechtliche Ausgestaltung im SGB XI erfolgt. 19. Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs auf die häusliche Krankenpflege (SGB V) sowie auf die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Fragen zu Schnittstellen des SGB XI mit anderen Sozialleistungen sind im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zu einem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff zu prüfen. Das veränderte Verständnis von Pflegebedürftigkeit ist charakterisiert durch die Abkehr von einem an den Defiziten orientierten Bild des pflegebedürftigen Menschen und geprägt durch eine Sichtweise, die das Ausmaß seiner Selbstständigkeit und damit mittelbar die Beeinträchtigung derselben erkennbar macht. Folgerichtig sind von der Einführung eines neuen Begutachtungsverfahrens daher etwa mehr und besser fundierte Hinweise auf etwaige Präventionsund Rehabilitationsbedarfe pflegebedürftiger Menschen zu erwarten. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4573 20. Welchen Anforderungen sollte die inhaltliche Weiterentwicklung von Pflege und Eingliederungshilfe genügen? Welche Auswirkungen erwartet die Bundesregierung durch die Umsetzung des neuen Pflegebegriffs für das zu erarbeitende Bundesteilhabegesetz ? 21. In welcher Form wird die Bundesregierung die beiden genannten Systeme voneinander abgrenzen oder aufeinander beziehen? Die Fragen 20 und 21 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung befindet sich zur Ausgestaltung der Reform der Eingliederungshilfe im Rahmen eines Bundesteilhabegesetzes noch im Meinungsbildungsprozess . Fragen zu Schnittstellen des SGB XI zur Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII werden im Rahmen der Gesetzgebungsarbeiten zur Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs geprüft. 22. Wird die Bundesregierung die mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz sowie dem Ersten Pflegestärkungsgesetz eingeführten Leistungen erneut auf den Prüfstand stellen? Wenn ja, welche Leistungen? Wenn nein, mit welcher Begründung? Mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz sind in der letzten Legislaturperiode Leistungsverbesserungen vor allem für ambulant versorgte Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz im Vorgriff auf die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs eingeführt worden. Diese Leistungen wurden zeitlich insoweit befristet, als sie gemäß § 123 Absatz 1 SGB XI nur bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes gelten sollen, das die Leistungsgewährung aufgrund eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens regelt. Inwieweit die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs Änderungen erforderlich macht, wird zu prüfen sein. Die mit dem Ersten Pflegestärkungsgesetz eingeführten Leistungsausweitungen wurden hingegen so konzipiert, dass sie grundsätzlich dauerhaften Charakter haben, auch weil sie an verschiedenen Stellen eine Unterscheidung zwischen somatisch und kognitiv bedingter Pflegebedürftigkeit aufgehoben haben. Mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und eines entsprechenden Begutachtungsverfahrens ist beabsichtigt, die Auswirkungen insbesondere der Regelungen zu §§ 45b, 87b SGB XI auf die Leistungen der weiteren sozialen Sicherungssysteme , insbesondere der Sozialhilfe, zu prüfen und auf ein konsistentes System der Leistungen zur Pflege hinzuwirken. 23. Auf welcher Datengrundlage kommt die Bundesregierung zu der Einschätzung , dass eine weitere Erhöhung der Pflegebeiträge um 0,2 Prozent ausreicht, um die Einführung eines neuen Pflegebegriffs finanziell zu sichern (www.bmg.de vom 22. Februar 2015 „Das zweite Pflegestärkungsgesetz “)? Drucksache 18/4573 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 24. Welche zusätzlichen oder alternativen Finanzierungsmöglichkeiten prüft die Bundesregierung für den Fall, dass eine Beitragssteigerung um 0,2 Prozent nicht ausreicht, um einen teilhabeorientierten Pflegebegriff praktisch umzusetzen? Die Fragen 23 und 24 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der paritätische Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung ist zum 1. Januar 2015 um 0,3 Prozentpunkte angehoben worden. Der Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD sieht vor, dass in einem zweiten Schritt, mit der Umsetzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der Beitrag um weitere 0,2 Prozentpunkte und damit insgesamt um 0,5 Prozentpunkte in dieser Legislaturperiode steigt. Aus Sicht der Bundesregierung verfügt die Pflegeversicherung damit im Zusammenspiel mit der positiven Einnahmenentwicklung aufgrund der guten konjunkturellen Lage insgesamt über ausreichenden finanziellen Spielraum, um den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen. 25. Schließt die Bundesregierung Schritte in Richtung einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung in der Pflege zur möglichen Finanzierung der Umsetzung des neuen Pflegebegriffs aus? Wenn ja, mit welcher Begründung? Die Bundesregierung folgt bei ihren Reformmaßnahmen in der Pflege dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, der sowohl kurzfristig wirksame Leistungsausweitungen in der Pflegeversicherung als auch die Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs vorsieht. 26. Mit welchen Kompetenzen soll das zu schaffende Begleitgremium für die Einführung des neuen Pflegebegriffs über die fachliche Beratung hinaus ausgestattet werden? 27. Welche weiteren Institutionen sollen neben dem BMG, dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), dem Pflegebeauftragten der Bundesregierung, dem Deutschen Pflegerat e. V. und den Pflegekassen Mitglieder des neuen Begleitgremiums werden? Wie und von wem werden explizit die Interessen der Pflegebedürftigen und Pflegekräfte in dieses Gremium eingebracht, und sind Gewerkschaftsvertreterinnen und Gewerkschaftsvertreter Teil des Gremiums? Die Fragen 26 und 27 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Expertenbeirat zur konkreten Ausgestaltung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs hat in seinem Bericht darauf hingewiesen, dass die Einführung des neuen Begutachtungsverfahrens bei allen in der Pflege beteiligten Organisationen arbeitsintensive Umsetzungsarbeiten sowie in der Umsetzungsphase zu klärende Sachverhalte mit sich bringen wird. Er hat daher empfohlen, für solche Fragen eine Plattform, zum Beispiel in Form einer Arbeitsgruppe, zu schaffen, die aus Vertretern von Leistungsträgern, GKV-Spitzenverband, Medizinischem Dienst der Krankenversicherung, Leistungserbringern und Betroffenenorganisationen besteht. Die Bundesregierung wird diese Empfehlung bei den Gesetzgebungsarbeiten zur Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes berücksichtigen . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4573 28. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, einen nationalen „Runden Tisch Pflege“ zu wiederholen, um die Einführungsphase des neuen Pflegebegriffs zu koordinieren und öffentlich zu begleiten? Die Bundesregierung sieht kein Erfordernis, einen nationalen „Runden Tisch Pflege“ einzurichten. Auf die Antwort zu den Fragen 26 und 27 wird verwiesen. 29. Wie steht die Bundesregierung zum Instrument eines „Nationalen Aktionsplanes Pflege“, der ausgehend von der gesetzlichen Einführung des neuen Pflegebegriffs – über den unmittelbaren Pflegeprozess hinausgehende – erforderliche Strukturmaßnahmen und Rahmenbedingungen für eine teilhabeorientierte Pflege mittelfristig plant und ausgestaltet? Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit keine entsprechende Initiative. Sie ist der Auffassung, dass die bereits in Kraft getretenen Leistungsverbesserungen und die geplante Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes die Situation der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen entscheidend verbessern werden. Die Bundesregierung wird dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat über die Entwicklung der Pflegeversicherung regelmäßig entsprechend den gesetzlichen Vorgaben Pflegeberichte vorlegen. Darüber hinaus wurde auf Initiative der Bundesregierung die Allianz für Menschen mit Demenz ins Leben gerufen mit dem Ziel, ebenen- und sektorübergreifend die Lebensumstände der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern und möglichst für Entlastung zu sorgen. Im September letzten Jahres unterzeichneten die Mitglieder dieser Allianz eine gemeinsam entwickelte Agenda mit konkreten Vereinbarungen und Maßnahmen. Diese Agenda ist geprägt vom Leitbild der Inklusion, Selbstbestimmung und Teilhabe. 30. Wird die Bundesregierung den im Dezember 2015 turnusmäßig vorzulegenden Sechsten Pflegebericht auf der Basis des veränderten Pflegebegriffs neu konzipieren? Wenn ja, mit welcher Ausrichtung, und mit welchen Schwerpunkten? Wenn nein, mit welcher Begründung? Nach den gesetzlichen Vorgaben bezieht sich der Pflegebericht jeweils auf die vorangegangenen vier Jahre. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333