Deutscher Bundestag Drucksache 18/4609 18. Wahlperiode 15.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Omid Nouripour, Tom Koenigs, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4505 – Menschenrechtslage in Eritrea Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Menschenrechtslage in Eritrea gibt weiterhin großen Anlass zur Sorge. Berichte über willkürliche Verhaftungen, Zwangsarbeit, Folter und extralegale Tötungen bestehen fort. Die Meinungsfreiheit im Land ist stark eingeschränkt, da unabhängige Medien nicht geduldet und regierungskritische Journalisten verfolgt werden. Eritrea belegt auf dem Pressefreiheitsindex der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ den letzten Platz. Der Bericht der UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte in Eritrea, Sheila B. Keetharuth, vom 13. Mai 2014 bestätigte dieses verheerende Bild (UN-Dokument A/HRC/26/45). Daraufhin wurde am 27. Juni 2014 vom UN-Menschenrechtsrat eine einjährige Untersuchungskommission für Eritrea eingerichtet (Resolution des UN-Menschenrechtsrats A/HRC/RES/26/45). Die genaue Aufklärung der Menschrechtslage wird allerdings dadurch erschwert, dass die eritreische Regierung die Einreise weder der UN-Sonderbeauftragen für Menschenrechte, noch der vom UN-Menschenrechtsrat eingerichteten Untersuchungskommission erlaubt hat (Stellungnahme von Mike Smith, Vorsitzender der Untersuchungskommission, vor dem UN-Menschenrechtsrat, 16. März 2015). Die repressiven Maßnahmen der Regierung von Isaias Afwerki gegen die eigene Bevölkerung und die prekäre wirtschaftliche Lage im Land führen dazu, dass immer mehr Menschen das Land verlassen. Das Flüchtlingskommissariat der UN (UNHCR) schätzt, dass mittlerweile mehr als 5 Prozent der eritreischen Bevölkerung aus dem Land geflohen sind. Monatlich würden 2 000 Menschen fliehen, insgesamt waren im Juli 2014 357 406 Eritreerinnen und Eritreer auf der Flucht. Die meisten von ihnen kommen in Flüchtlingscamps im Sudan oder Äthiopien unter. Zwischen Januar und November 2014 suchten nach Angaben des UNHCR fast 37 000 Eritreerinnen und Eritreer in Europa Asyl. Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurden im Jahr 2014 insgesamt Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 10. April 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 13 253 Asylanträge von eritreischen Staatsangehörigen in Deutschland gestellt , davon waren 13 198 Erstanträge. Die aktuelle Fluchtbewegung geht auf die Einführung des zeitlich nicht begrenzten Militärdienstes im Jahr 2002 zurück. Seither sind die Flüchtlingszah- Drucksache 18/4609 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode len kontinuierlich gestiegen. Anfangs reagierten die Behörden laut Menschenrechtsorganisationen auf Fluchtversuche mit Schießbefehlen an der Grenze. Angehörige von Geflohenen mussten Strafen zahlen. Danach entwickelte sich die Praxis, dass hochrangige Militärs unter anderem mit nomadischen Clans kooperierten, um Lösegelder zu erpressen, wobei sie z. T. selbst Jugendliche entführten bzw. Bestechungsgelder für den Transport von Fluchtwilligen kassierten . Mittlerweile hat sich der Menschenschmuggel und Menschenhandel zu einem lukrativen Geschäft am Horn von Afrika entwickelt, an dem Sicherheitskräfte , Regierungsangehörige und diverse kriminelle Gruppierungen in verschiedenen Ländern beteiligt sind. Die EU hat im Jahr 2011 einen Strategischen Rahmen für das Horn von Afrika formuliert (Ratsdok. 16858/11), der bedauerlicherweise bisher wenig konkrete Resultate gezeigt hat. Im Jahr 2011 hat die Europäische Kommission gemeinsam mit dem UNHCR ein regionales Schutzprogramm (Regional Protection Programm – RPP) für das Horn von Afrika etabliert. Der Rat Justiz und Inneres hat im Oktober 2014 die Entwicklung neuer und vertiefter Schutzprogramme beschlossen, die auch – in Bezug auf das Horn von Afrika – eine entwicklungspolitische Komponente haben sollen (Regional Development and Protection Programme – RDPP). Darüber hinaus hat die Bundesregierung am 28. November 2014 zusammen mit ihren europäischen Partnern und den Herkunfts- sowie Transitländern von Flüchtlingen am Horn von Afrika die Khartum-Erklärung unterzeichnet. Darin einigten sich die Unterzeichnerstaaten auf ein gemeinsames Vorgehen gegen Menschenhandel und Menschenschmuggel (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 7 der Abgeordneten Luise Amtsberg auf Bundestagsdrucksache 18/3960). Dass in den Unterzeichnerstaaten dennoch eklatante Mängel beim Schutz der Rechte von Flüchtlingen bestehen, verdeutlicht das Beispiel Ägypten. Zwar hat Ägypten in den vergangenen Monaten erste Schritte gegen Menschenhändler eingeleitet, missachtet aber gleichzeitig durch seine Inhaftierungs- und Abschiebepraxis weiterhin systematisch Abkommen zum Schutz von Flüchtlingen und Opfern von Menschenhandel (Bericht von Human Rights Watch: „I Wanted to Lie Down and Die – Trafficking and Torture of Eritreans in Sudan and Egypt“, 2014). Die Regierung Eritreas ist außenpolitisch isoliert. Der UN-Sicherheitsrat hat in den Jahren 2009 und 2011 mit der Annahme der Resolutionen UNSC 1907 (2009) und UNSC 2023 (2011) Sanktionen gegen Eritrea beschlossen. Diese wurden unter anderem mit der fortlaufenden Unterstützung bewaffneter ausländischer Gruppierungen durch die eritreische Regierung, darunter auch die Al-Shabab-Miliz in Somalia, begründet. Auf europäischer Ebene wurden die Sanktionen gegen Eritrea durch den EU-Ratsbeschluss (2010/127/GASP) ab dem 1. März 2010 festgelegt. Der neuste Bericht der UN-Beobachtergruppe für Somalia und Sudan beschreibt, dass die eritreische Regierung trotz dieser Sanktionen weiterhin am Waffenschmuggel in der Region beteiligt ist. Die Unterzeichnung der UN-Folterkonvention durch die eritreische Regierung vom 24. September 2014 erscheint vor diesem Hintergrund als Versuch, das internationale Ansehen Eritreas zu verbessern. Die Beziehung Eritreas zu seinen Nachbarländern ist durch Territorialkonflikte schwer belastet. Zwischen den Jahren 1961 und 1991 führte Eritrea einen Unabhängigkeitskampf gegen Äthiopien, der in einer De-facto-Unabhängigkeit Eritreas mündete. Die damals gezogenen Grenzen zwischen den beiden Staaten bilden bis heute die Grundlage für Konflikte. So kam es zwischen den Jahren 1998 bis 2000 erneut zu einem Krieg. Eritrea verlangt von Äthiopien die Einhaltung der im Algier-Abkommen aus dem Jahr 2000 festgelegten Schritte zur Beilegung des Territorialkonfliktes. Darin hatte sich Äthiopien unter anderem dazu bereiterklärt, die Entscheidung einer UN-Grenzkommission hinsichtlich der Grenzziehung zu respektieren. Äthiopien ignoriert jedoch bis heute die Entscheidung der Eritrea-Ethiopia Boundary Commisson (EEBC) aus dem Jahr 2002 und weigert sich, die Eritrea zugesprochenen Gebiete abzutreten. Seit dem Jahr 2000 sind zwar keine neuen Kampfhandlungen zwischen Eritrea und Äthiopien ausgebrochen, doch bleibt die Beziehung zwischen den beiden Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4609 Ländern äußerst angespannt. Einen erneuten Tiefpunkt erreichten die Beziehungen im Jahr 2011, als die UN-Beobachtergruppe für Somalia und Eritrea der eritreischen Regierung vorwarf, während eines Treffens der Afrikanischen Union in Addis Abeba einen Anschlag geplant zu haben (Security Council Report S/2012/545). Menschenrechtslage 1. Auf welche Weise unterstützt die Bundesregierung die Arbeit der vom UNMenschenrechtsrat eingerichteten Untersuchungskommission für Eritrea, und welche Maßnahmen hält sie für geeignet, um die bisherige Blockade der Untersuchungskommission durch die eritreische Regierung zu beenden ? Die Bundesregierung hat die Einrichtung der Untersuchungskommission durch den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen von Beginn an unterstützt und tut dies weiterhin, beispielsweise durch Erklärungen im Menschenrechtsrat und durch den freiwilligen Beitrag an das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte . Sie hat zudem Mitglieder der Untersuchungskommission in Deutschland zu Gesprächen empfangen und im Rahmen von bilateralen Gesprächen andere Staaten dazu ermutigt, dies ebenfalls zu tun. Ebenso setzt sie sich gegenüber Eritrea für die Einreise der Untersuchungskommission ein. 2. Setzt sich die Bundesregierung im UN-Menschenrechtsrat für eine Fortsetzung des Mandats der UN-Sonderbeauftragten für Menschenrechte in Eritrea, Sheila B. Keetharuth, ein, und auf welche Weise unterstützt sie ihre Arbeit? In der 29. Sitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen (Juni bis Juli 2015) wird über eine Verlängerung des Mandats der Sonderberichterstatterin, Sheila B. Keetharuth, entschieden. Zu gleicher Zeit ist auch die Vorlage des Berichts der Untersuchungskommission zu Eritrea vorgesehen. Die Bundesregierung wird sich zu diesem Zeitpunkt für die Fortsetzung eines geeigneten VN-Mechanismus zu Eritrea einsetzen. Sie unterstützt zugleich das Mandat von Sheila B. Keetharuth, empfing sie zu Gesprächen in Deutschland und ermutigte andere Staaten, sie auch zu empfangen. 3. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die von Präsident Isaias angekündigte Verfassungsreform, mit der nach eigenen Angaben bereits ein Komitee betraut ist (siehe www.bloomberg.com/news/articles/2014-12-31/ eritreas-president-pledges-constitution-to-tackle-inequality), und wie bewertet sie die Reformchancen? Präsident Isaias Afewerki hat bereits bei den Feiern zum Unabhängigkeitstag im Mai 2014 eine Neuausarbeitung der Verfassung angekündigt und dies im angeführten Neujahrsinterview wiederholt. Er hat zu keinem Zeitpunkt genauere Informationen über den Prozess oder die Zusammensetzung des damit betrauten Komitees gegeben. Er erklärte lediglich, dass jeder Bürger eingeladen sei, Vorschläge einzureichen und dass der im Jahr 1997 fertiggestellte, aber nie in Kraft getretene Verfassungsentwurf überarbeitet werden müsse. Drucksache 18/4609 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wie bewertet die Bundesregierung die menschenrechtliche Situation in Eritrea? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Haftbedingungen in eritreischen Gefängnissen (UN-Dokument A/HRC/26/45, S. 15 und 16)? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die in VN-Dokument A/HRC/26/45 enthaltenen Beschreibungen der Haftbedingungen zutreffen. Sie hat keine eigenen Kenntnisse über die Haftbedingungen in eritreischen Gefängnissen. b) Wie beurteilt die Bundesregierung die Unterzeichnung der Antifolterkonvention durch die eritreische Regierung, und für wie realistisch hält sie deren Einhaltung? Die Bundesregierung begrüßt den Beitritt Eritreas zum VN-Übereinkommen gegen Folter und andere grausame und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Gleichzeitig drängt sie auf dessen Umsetzung und darauf, dass das Zusatzprotokoll ebenfalls unterzeichnet und ratifiziert wird. c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verstöße gegen das Recht auf Pressefreiheit und Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung ? Eine freie Presse existiert in Eritrea nicht. Alle Medien befinden sich im Staatseigentum und folgen staatlichen Vorgaben. In dem von „Reporter ohne Grenzen “ veröffentlichten „World Press Freedom Index 2015“ nimmt Eritrea, wie schon in den Vorjahren, den letzten Platz ein. Es sind keine ausländischen Korrespondenten dauerhaft in Eritrea akkreditiert. Im Jahr 2015 wurden erstmals seit zehn Jahren einem BBC-, gefolgt von einem ARD-Team, Einreise- und Drehgenehmigungen erteilt. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist in Eritrea nicht gewährleistet. 5. Welche Informationen liegen der Bundesregierung zu den Lebens- und Haftumständen der elf, sich noch in Eritrea befindlichen, prominenten ehemaligen Regierungsangehörigen aus der so genannten G15-Gruppe vor sowie der unabhängigen Journalisten, die sich in Haft befinden, weil sie Kritik an der fehlenden Durchsetzung demokratischer Reformen durch die Regierung äußerten (www.rsf.org vom 22. Januar 2015 „Six eritrean journalists released after nearly six years in prison“, bitte einzeln ausführen)? Informationen über Inhaftierte sind in Eritrea – sogar für Familienangehörige – sehr schwer zu erhalten. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat keinen Zugang zu Gefangenen. Auch Menschenrechtsorganisationen, die entsprechende Informationen sammeln, sind in Eritrea nicht tätig. Der Bundesregierung liegen daher keine belastbaren Informationen über das Schicksal der inhaftierten Mitglieder der so genannten G15-Gruppe sowie der inhaftierten Journalisten vor. Zu den Haftbedingungen wird auf die Antwort zu Frage 4a verwiesen. 6. Welche genauen Kenntnisse hat die Bundesregierung über den unbefristeten militärischen Zwangsdienst (UN-Dokument A/HRC/26/45, S. 14 und 15)? Der Militärdienst, bzw. „Nationale Dienst“, dauert für Frauen und Männer gleichermaßen offiziell 18 Monate. Derzeit leisten viele Dienstpflichtige diesen Dienst im zivilen Bereich, d. h. bei staatlichen Unternehmen ab – vorwiegend Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4609 im Straßen- und Dammbau sowie in der Landwirtschaft, aber auch in der Verwaltung und der Wirtschaft. Die Pflicht, diesen Dienst zu leisten, besteht für Frauen bis zum 27. Lebensjahr und für Männer bis zum 50. Lebensjahr. Nach anderen Angaben kann die Pflicht für Frauen auch bis zum 47. Lebensjahr und für Männer bis zum 57. Lebensjahr eingefordert werden. Es ist zudem gängige Praxis, dass der Dienst unter sehr schwierigen Bedingungen und weit länger als die vorgeschriebenen 18 Monate, z. T. über Jahre hinweg, geleistet werden muss. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Ankündigung der eritreischen Regierung, den nationalen Militärdienst zukünftig auf 18 Monate begrenzen zu wollen, und für wie realistisch hält sie diese? Die eritreische Regierung hat durch Präsidentenberater Yemane Gebreab gegenüber ausländischen Diplomaten erklärt, dass sie ab Oktober 2015 zur alten Praxis von 18 Monaten reinen Militärdienstes zurückkehren wolle und dass es darüber hinaus keine weitere Dienstverpflichtung geben werde. Diese Aussage wurde von Präsident Isaias Afewerki mehrfach indirekt bestätigt. b) Hält die Bundesregierung einen erneuten Versuch eines umfassenden internationalen Demobilisierungsprogramms für das eritreische Militär (vergleichbar mit dem von der Weltbank in den Jahren 2002 bis 2008 durchgeführten Projekt) für sinnvoll? aa) Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? bb) Wenn nein, mit welcher Begründung? Bei einer Verkürzung des Militärdienstes auf 18 Monate und der Entlassung älterer Jahrgänge werden in naher Zukunft nach örtlichen Schätzungen bis zu 15 000 Eritreer anderweitig aufgefangen werden müssen. Für eine Abfederung dieser Umstellung wäre ein Demobilisierungsprogramm folglich sinnvoll. Voraussetzungen für ein solches internationales Programm wären, dass das Ziel der Demobilisierung, bzw. die Schaffung von Beschäftigungs- und Ausbildungsalternativen im Vordergrund steht, die korrekte Verwendung der Mittel gesichert werden kann, die eritreischen Behörden konstruktiv mitwirken und angemessene Arbeitsbedingungen für die Arbeit der Durchführungsorganisationen sichergestellt sind. Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) und die Europäische Union sondieren aktuell Möglichkeiten, in Eritrea Projekte im Rahmen der beruflichen Bildung durchzuführen. 7. Aus welchen Quellen bezieht die Bundesregierung ihre Angaben über die Menschenrechtslage in Eritrea (bitte detailliert auflisten), und für wie unabhängig und valide befindet sie diese Informationen? Zur Einschätzung der Menschenrechtslage in Eritrea bezieht sich die Bundesregierung zum einen auf die Informationen der Deutschen Botschaft vor Ort und die sogenannten „Heads of Mission“ – Berichte der Delegation der Europäischen Union vor Ort, sowie Berichte der europäischen Partner, soweit sie unter den Mitgliedstaaten verteilt werden. Der EU-Sonderbeauftragte für das Horn von Afrika, Alexander Rondos, sowie Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) berichten zudem in regelmäßigen Abständen in den Ratsarbeitsgruppen in Brüssel. Darüber hinaus zieht die Bundesregierung Informationen aus jenen öffentlich zugänglichen Quellen heran, die eine hohe Glaubwürdigkeit besitzen. Darunter Drucksache 18/4609 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode fallen die Berichte des US-State Departments und der Vereinten Nationen (insbesondere der Bericht der Sonderberichterstatterin zur Lage der Menschenrechte in Eritrea, Sheila B. Keetharuth, sowie der im Juni 2015 zu veröffentlichende Bericht der Untersuchungskommission des Menschenrechtsrats zu Eritrea), aber auch Berichte von Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch. Die Bundesregierung empfängt zudem regelmäßig Gesprächspartner aus der Zivilgesellschaft und der eritreischen Diaspora zum Informationsaustausch. 8. Inwiefern steht die menschenrechtliche Lage Eritreas auf der Agenda der Bundesregierung? Wenn ja, welche inhaltlichen Schwerpunkte setzt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang? Schutz und Förderung von Menschenrechten ist zentraler Bestandteil deutscher Außenpolitik. Die Lage in Eritrea wird von der Bundesregierung sowohl in bilateralen Gesprächen als auch in internationalen Gremien und in der Abstimmung mit EU-Partnern regelmäßig thematisiert. Dabei stehen rechtsstaatliche Grundsätze bei Gerichtsverfahren, internationale Mindeststandards bei Haftbedingungen sowie Meinungs- und Pressefreiheit im Fokus. Sanktionen und Aufbausteuer 9. Welche Sanktionen und restriktiven Maßnahmen wenden die EU und die UN derzeit gegen Eritrea an? Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat erstmals durch Resolution 1907 (2009) ein Waffenembargo gegen Eritrea verhängt, Reisebeschränkungen und Vermögenseinfrierungen für Personen und Entitäten beschlossen, die vom zuständigen Sanktionsausschuss des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen gelistet werden, sowie die Bereitstellung technischer Hilfe oder Ausbildung, finanzieller und anderer Hilfe für gelistete Personen und Entitäten untersagt. Die EU hat die restriktiven Maßnahmen mit Ratsbeschluss 2010/127/GASP vom 1. März 2010, ergänzt durch Ratsbeschlüsse 2010/414/GASP vom 26. Juli 2010 und Ratsbeschluss 2012/632/GASP vom 15. Dezember 2012 sowie durch die unmittelbar anwendbare Verordnung des Rates 667/2010 vom 26. Juli 2010, ergänzt durch Verordnung des Rates 942/2012 vom 15. Oktober 2012 umgesetzt . Sie hat sich auf die Umsetzung der VN-Sanktionen beschränkt und keine autonomen restriktiven Maßnahmen verhängt. Das gegen Eritrea verhängte Waffenembargo wurde national in der Außenwirtschaftsverordnung umgesetzt. 10. Welches Ziel verfolgen diese Sanktionen, und wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit dieser Maßnahmen? Die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossenen Sanktionen gegen Eritrea wurden einerseits aufgrund von Erkenntnissen der VN-Expertengruppe zu Somalia und Eritrea (UN Monitoring Group on Somalia and Eritrea) verhängt , dass Eritrea bewaffneten Gruppen in Somalia politische, finanzielle und logistische Unterstützung zukommen ließ. Weiterhin lag der Entscheidung die eritreische Weigerung zugrunde, eigenes Militär aus den zwischen Dschibuti und Eritrea umstrittenen Gebieten abzuziehen und sich auf einen politischen Dialog auf Basis des „Djibouti Agreement“ einzulassen. Der Sicherheitsrat sah daher eine von der Situation in Eritrea ausgehende spezifische Bedrohung für Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4609 den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit in der Region gegeben . Der zuständige Sanktionsausschuss des VN-Sicherheitsrats nimmt in seinen jährlichen Arbeitsberichten auch Bezug auf die Umsetzung der Eritrea-spezifischen Sanktionen. In diese Berichte fließen wiederum die diesbezüglichen Aktivitäten der VN-Expertengruppe (UN Monitoring Group) ein. Zur weltweiten Wirksamkeit des Waffenembargos liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. In Deutschland ist das Waffenembargo umgesetzt und Verstöße sind strafbewehrt. 11. Wurden schon Vermögenswerte von Repräsentanten der eritreischen Regierung und des Militärs eingefroren bzw. Reisebeschränkungen gegen sie verhängt, wie durch den UN-Sicherheitsrat bereits im Jahr 2009 vorgesehen , und wenn nein, warum nicht, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Bisher hat der Sanktionsausschuss des VN-Sicherheitsrats keine Vertreter der eritreischen Regierung und des Militärs gelistet. Insofern gibt es bisher keine Grundlage für das Einfrieren von Vermögen oder die Verhängung von Reisebeschränkungen . Jeder Mitgliedstaat der Vereinten Nationen kann einen Listungsantrag stellen. Die Entscheidung über die Listung trifft der Sanktionsausschuss . Die Bundesregierung verfügt bisher über keine eigenen Erkenntnisse zu bestimmten Personen, die einen Listungsantrag ausreichend substantiierten. 12. Beurteilt die Bundesregierung das Entrichten der Steuer auf das Einkommen von in Deutschland lebenden und wirtschaftenden eritreischen Staatsangehörigen oder deutschen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung („Aufbausteuer“) als freiwillig? a) Wenn ja, mit welcher Begründung? b) Wenn nein, welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Druck- und Zwangsmaßnahmen, die die eritreische Botschaft zur Erhebung der Aufbausteuer gegenüber in Deutschland lebenden und wirtschaftenden eritreischen Staatsangehöriger oder deutschen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung einsetzt, und was unternimmt sie gegen diese Praxis? Die eritreische „Aufbausteuer“ („recovery tax“) in Höhe von 2 Prozent des Nettoeinkommens, wird seit dem Jahr 1995 bei im Ausland lebenden Eritreern erhoben. Bei Vorliegen des Tatbestandes, der die Steuerpflicht begründet, ist diese Steuer zu entrichten und somit nicht „freiwillig“. Die Erhebung der so genannten Aufbausteuer durch Eritrea als solche verstößt nicht gegen völkerrechtliche Regeln und auch nicht gegen deutsches Recht. Ein Verstoß gegen die Resolution 2023 (2011) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen würde vorliegen, wenn die eritreische Regierung diese Steuer zur Destabilisierung der Region des Horns von Afrika nutzen oder diese Steuer mit Erpressung, Gewaltandrohung oder anderen illegalen Mitteln eintreiben würde. Letzteres ist Eritrea mit Sicherheitsratsresolution 2023 (2011), Artikel 10 und 11, untersagt worden. Artikel 10 der o. a. Resolution verurteilt demnach nicht die Erhebung der so genannten Aufbausteuer durch Eritrea als solche, sondern die (vermutete) Verwendung der dadurch eingenommenen Mittel durch die eritreische Regierung. Artikel 11 der o. a. Resolution fordert die Mitgliedstaaten der Vereinten Natio- nen dazu auf, geeignete, mit dem innerstaatlichen und Völkerrecht vereinbare Maßnahmen zu ergreifen, um die Eintreibung der Steuer durch eritreische Ak- Drucksache 18/4609 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode teure mit illegalen Mitteln (beispielsweise gewaltsam oder durch Nötigung) zu verhindern. Artikel 14 der Resolution fordert die Mitgliedstaaten zudem dazu auf, Leitlinien zur Sorgfaltspflicht einzuführen, um u. a. Finanztransfers zu verhindern, wenn diese (erkennbar) zu Verstößen Eritreas gegen die einschlägigen Resolutionen beitragen würden. Artikel 11 und 14 verpflichten die VN-Mitgliedstaaten somit nicht, jedwede Zahlungen zur Begleichung von Verpflichtungen aus der „Aufbausteuer “ zu verhindern. Die Bundesregierung hat keine Hinweise darauf, dass in Deutschland eine Eintreibung durch Erpressung oder Gewaltandrohung erfolgt. Während die Forderung des eritreischen Staates zur Leistung der „Aufbausteuer “ nicht gegen internationales oder deutsches Recht verstößt, zählt die Eintreibung einer Steuer durch eine diplomatische Mission nicht zu den in Artikel 3 Absatz 1 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) genannten Aufgaben einer Botschaft. Es gibt mit Eritrea auch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, in dem eine Beitreibung auf andere Art und Weise hätte geregelt werden können. Deshalb ist auch die Nutzung gesandtschaftsrechtlich privilegierter Botschaftskonten für diesen Zweck nach Auffassung der Bundesregierung völkerrechtlich unzulässig, da es in die steuerrechtlichen Hoheitsrechte des Empfangsstaats eingreift . Das Auswärtige Amt hat eine mögliche Beteiligung eritreischer Auslandsvertretungen an der Eintreibung der eritreischen „Aufbausteuer“ in den letzten Jahren mehrfach gegenüber der eritreischen Botschaft in Berlin angesprochen. Die Botschaft wurde förmlich dazu aufgefordert, eine faktische Eintreibung der „Aufbausteuer“ einzustellen, falls bis dato eine solche praktiziert worden sein sollte. Die eritreische Botschaft hat im Zuge dieser Kontakte bekräftigt, eine Eintreibung der „Aufbausteuer“ durch die eritreischen Vertretungen in Deutschland finde nicht mehr statt. Auch würden konsularische Leistungen, die die Botschaft bzw. das Generalkonsulat in Frankfurt am Main aus eigener Kompetenz erbringen, nicht mehr von der Vorlage eines Nachweises über die Zahlung dieser Steuer abhängig gemacht. Leistungen, die von eritreischen Behörden in Eritrea zu erbringen seien, könnten allerdings nur dann erbracht werden, wenn die Steuer gezahlt worden sei. 13. Mit welcher Begründung sieht die Bundesregierung die Besteuerung des Einkommens von in Deutschland lebenden und wirtschaftenden eritreischen Staatsangehörigen oder deutschen Staatsangehörigen eritreischer Abstammung für vereinbar mit Artikel 10 und 11 der Resolution 2023 (2011) des UN-Sicherheitsrates (Antwort der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen 6 und 7 der Abgeordneten Luise Amtsberg vom 16. März 2015 auf Bundestagsdrucksache 18/4371)? Es wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. 14. Ist der Bundesregierung bekannt, ob eritreische Asylsuchende in Deutschland , die aufgrund des unbefristeten militärischen Zwangsdiensts geflohen sind, von eritreischen Auslandsvertretungen bzw. Agenten der eritreischen Regierung dazu gedrängt werden, ein Entschuldigungsschreiben zu unterzeichnen , in dem sie sich verpflichten, die Aufbausteuer mit sofortiger Wirkung zu bezahlen, und was unternimmt sie gegen diese Praxis? Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine eigenen Erkenntnisse. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4609 Regionale Konfliktlage 15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Unterstützung bewaffneter Gruppierungen in der Region durch die eritreische Regierung? Die durch Resolution 1519 (2003) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen eingerichtete „Somalia and Eritrea Monitoring Group“ kam in der Vergangenheit zu der Einschätzung, dass die eritreische Regierung mehrfach gegen die einschlägigen Resolutionen verstoßen und bewaffnete Oppositionsgruppen mit Rüstungsgütern und anderen Leistungen unterstützt hat. Auf die veröffentlichten Berichte der Monitoring Group wird verwiesen. Die Bundesregierung verfügt hierzu über keine weitergehenden eigenen Erkenntnisse . 16. Wie bewertet die Bundesregierung die regionale Konfliktlage, insbesondere hinsichtlich der Beziehungen zwischen Eritrea und Äthiopien? Das Horn von Afrika ist geprägt von einer Reihe von Konflikten mit potentiell destabilisierenden Effekten – v. a. durch Flüchtlinge und das Wirken von Terrorgruppen – über die Grenzen hinweg. Die Mehrzahl der Konflikte ist innerstaatlich , doch bestehen zwischen Eritrea und Äthiopien sowie mit geringerer Intensität zwischen Eritrea und Dschibuti zwischenstaatliche Spannungen. In beiden Fällen bestehen ungelöste Grenzfragen. Im Falle Eritreas und Äthiopiens führten sie in den Jahren 1998 bis 2000 zu einem Krieg, der mit dem Abkommen von Algier vom 18. Juni 2000 in einem Waffenstillstand endete. Die darin vereinbarte Grenzkommission legte im Jahr 2002 einen Schiedsspruch vor, der Eritrea weitgehend Recht gab. Äthiopien fordert vor der Räumung der umstrittenen Gebiete „technische“ Vorgespräche, die Eritrea wiederum strikt ablehnt. Die Bundesregierung ruft beide Seiten dazu auf, das Gespräch zu suchen und den Weg frei zu machen für eine Wiederherstellung der traditionell engen Beziehungen zwischen den Menschen beiderseits der Grenze. Sie fordert zudem die Regierung Äthiopiens dazu auf, den Schiedsspruch aus dem Jahr 2002 umzusetzen . Sie fordert gleichzeitig von der Regierung Eritreas, die Gesprächsangebote Äthiopiens bis hin zum Besuchsangebot des Premierministers konstruktiv aufzunehmen und ein Umfeld für eine Annäherung zu schaffen. 17. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Unterstützung oppositioneller Gruppierungen in Eritrea durch Äthiopien und umgekehrt? Am 23. Juni 2014 ist Andargachew Tsige, der ehemalige Generalsekretär der von Äthiopien als Terrorgruppe betrachteten „Ginbot 7“, während einer Reise nach Eritrea am Flughafen von Sanaa festgenommen und wenig später an Äthiopien überstellt worden. Äthiopien sieht es als erwiesen an, dass er mit dem Ziel der Destabilisierung Äthiopiens mit Eritrea zusammenarbeitet. Im Jahr 2009 war er in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Beide Regierungen unterstreichen regelmäßig den feindseligen Charakter der anderen Seite. Erkenntnisse über die Unterstützung oppositioneller Gruppierungen im jeweiligen Nachbarland liegen der Bundesregierung nicht vor. Drucksache 18/4609 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 18. Setzt sich die Bundesregierung bilateral bzw. im Rahmen der EU dafür ein, dass Äthiopien sich von den Gebieten zurückzieht, die Eritrea von der Eritrea-Ethiopia Boundary Commission (EEBC) zugesprochen wurden, und wenn nein, mit welcher Begründung? Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. Menschenhandel 19. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die am Menschenhandel am Horn von Afrika beteiligten Akteure, denen vor allem viele eritreische Flüchtlinge zum Opfer fallen? Der Bundesregierung sind die einschlägigen Studien und Medienberichte zu dieser Frage bekannt (u. a. IOM, UNHCR, Amnesty International, Universität Tilburg, Süddeutsche Magazin Nr. 29/2013). Menschenhändler selbst kommen demnach hauptsächlich aus dem Beduinenstamm Rashaida. Mehrere Studien gehen davon aus, dass einzelne Beamte in den betroffenen Ländern in Schmuggeltätigkeiten involviert sind. Die Bundesregierung verfügt dazu über keine eigenen Erkenntnisse. 20. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anstrengungen der ägyptischen Regierung bei der Bekämpfung des Menschenhandels auf der Sinai-Halbinsel, wozu diese durch Artikel 89 der Verfassung der Arabischen Republik Ägypten, Gesetz Nr. 64 aus dem Jahr 2010 und verschiedener internationaler Verträge verpflichtet ist, und wie bewertet sie diese? Ägypten hat mit seiner Verfassung sowie dem Gesetz Nr. 64 und dem dazugehörigen Nationalen Aktionsplan eine adäquate Basis im Kampf gegen Menschenhandel sowie dem Schutz von Opfern des Menschenhandels geschaffen. Es hat zudem die relevanten VN-Protokolle gegen Menschenhandel ratifiziert. Ein Bericht der Delegation der Europäischen Union aus dem Jahr 2014 beklagt jedoch die mangelnde Umsetzung. Als Gründe hierfür werden das schwierige Terrain auf dem Sinai genannt, aber auch mangelnde Kapazitäten der zuständigen Behörden. Das Gesetz Nr. 64 wird selten angewandt. Der Bundesregierung sind bisher nur zwei Anklagen gegen eritreische Komplizen der Menschenhändler bekannt, aber keine gegen die verantwortlichen Menschenhändler auf dem Sinai. Die verstärkte Präsenz des ägyptischen Militärs auf dem Sinai hingegen scheint zusätzlich eine Abnahme des Menschenhandels über dieses Gebiet verursacht zu haben. Es wird auf die Antwort zu Frage 29 verwiesen. 21. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Behandlung von Opfern von Menschenhandel durch die ägyptische Regierung, und wie bewertet sie die von Menschenrechtsorganisationen kritisierte Abschiebepraxis Ägyptens von Opfern von Menschenhandel (siehe Human Rights Watch: „I Wanted to Lie Down and Die – Trafficking and Torture of Eritreans in Sudan and Egypt“, 2014, S. 76)? Das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) hat sich mit der Bitte an die Bundesregierung gewandt, im Rahmen des ResettlementProgramms 2015 auch Opfer von Menschenhandel aus Eritrea, die sich in Ägypten aufhalten, zu berücksichtigen. Hintergrund ist, dass die psychosoziale Unterstützung dieser Menschen oftmals unzureichend ist. Es gibt auch Fälle, bei denen Opfer von Menschenhandel nach einer illegalen Einreise nach Ägypten in Administrativhaft genommen wurden. Internationale Organisationen sind da- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4609 rum bemüht, in diesen Fällen humanitäre Hilfe zu leisten, z. B. IOM in Kooperation mit dem ägyptischen Gesundheitsministerium. Die Hilfe der Bundesregierung erstreckt sich nicht nur auf die finanzielle Unterstützung in Höhe von etwa 3 Mio. Euro für Projekte von internationalen Organisationen und von Nichtregierungsorganisationen zur Prävention und zum Schutz von Menschenhandelsopfern in Sudan, Ägypten und Israel. Erst im Februar 2015 hat sich eine Delegation des Bundesministeriums des Innern und des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Ägypten ein Bild von der Lage der Flüchtlinge verschafft. Im Rahmen des Resettlement-Programms und des Bundesaufnahmeprogramms für syrische Flüchtlinge ist beabsichtigt, mehrere hundert Flüchtlinge, die sich noch in Ägypten aufhalten, in Deutschland aufzunehmen, darunter auch ostafrikanische Opfer von Menschenhandel. Das BAMF plant, ab Ende April 2015 Mitarbeiter nach Kairo zu entsenden, um die Programme umzusetzen. 22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Behandlung afrikanischer Flüchtlinge, viele aus Eritrea stammend, durch die israelische Regierung, insbesondere im Hinblick auf die auf der Grundlage des AntiInfiltration Law ergriffenen Maßnahmen, wie etwa die Inhaftierung afrikanischer Flüchtlinge, und welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht sie daraus? Der Strom afrikanischer Flüchtlinge nach Israel ist seit dem Frühjahr 2013 durch die Fertigstellung des israelischen Grenzzauns zu Ägypten und die gefährliche Transitsituation im Sinai fast vollkommen zum Erliegen gekommen. Aktuell befinden sich ca. 48 000 Flüchtlinge in Israel, mehr als 90 Prozent der Flüchtlinge stammen aus Sudan und Eritrea. Sie haben keinen Anspruch auf Unterkunft und Verpflegung und erhalten keine Arbeitserlaubnis. Eine medizinische Notfallbehandlung ist vorgesehen, eine Eingliederung in das öffentliche israelische Gesundheitssystem nicht. Der Oberste Gerichtshof in Israel hat in der Vergangenheit mehrfach Gesetzesänderungen zur Verschärfung des „Anti Infiltration Law“ zurückgewiesen, zuletzt im November 2014. Die aktuelle, fünfte Gesetzesänderung sieht u. a. vor, dass Flüchtlinge für maximal 60 Tage in dem geschlossenen Lager Saharonim interniert werden können. Im Anschluss soll eine Einweisung in das Auffanglager Holot für bis zu 20 Monate möglich sein. Eine Beschwerde gegen diese Änderung wurde bereits beim Obersten Gerichtshof eingelegt. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Zusammenarbeit mit Eritrea auf bilateraler und europäischer Ebene 23. Wie bewertet die Bundesregierung die bisherige Bilanz des strategischen Rahmens der EU für das Horn von Afrika, und welche Schwerpunkte sollten in diesem Kontext nach Ansicht der Bundesregierung zukünftig gesetzt werden? Der am 14. November 2011 vom Rat der Europäischen Union verabschiedete Strategische Rahmen der EU für das Horn von Afrika schuf die Voraussetzungen für ein koordiniertes Handeln der EU in einer Region von strategischer Relevanz . Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Sonderbeauftragten der EU (EUSB) für das Horn von Afrika zu, welcher alle Länder der Region regelmäßig bereist, einen engen Austausch mit der politischen Führung, aber auch den Vertretern der europäischen Staaten vor Ort pflegt und den Ratsarbeitsgruppen sowie dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) in Brüssel regel- mäßig Bericht erstattet. Der strategische Rahmen gemeinsam mit dem Wirken Drucksache 18/4609 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode des EUSB haben die Kohärenz des Wirkens der europäischen Akteure in der Region gestärkt. Die im November 2011 definierten Schwerpunkte der EU für diese Region sollten weiter handlungsweisend sein: – Die Unterstützung aller Staaten der Region bei der Schaffung verantwort- licher politischer Strukturen; – die Zusammenarbeit mit allen Staaten der Region sowie multilateraler Struk- turen bei der Lösung von Konflikten; – die Verhinderung des Übergreifens von Konflikten bzw. Begrenzung ihrer negativen Auswirkungen auf andere Gebiete; – die Unterstützung bei der Förderung wirtschaftlichen Wachstums und – die Förderung politischer und wirtschaftlicher regionaler Kooperation. 24. Welche Formen der Zusammenarbeit bestehen auf bilateraler und europäischer Ebene derzeit mit Eritrea, und wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeiten, diese menschenrechtlich konditioniert zu intensivieren? Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit Eritrea wurde im Jahr 2007 eingestellt. Eine Fortführung von Projekten mit Nichtregierungsorganisationen war und ist mangels entsprechender Partner nicht möglich. Bei den Regierungsverhandlungen zur Entwicklungszusammenarbeit mit Äthiopien im November 2014 wurden zehn Mio. Euro für ein Ausbildungsvorhaben im Norden des Landes zugesagt, das eritreische Flüchtlinge in Äthiopien unterstützt. Vor einer Wiederaufnahme der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit Eritrea müssen deutliche Schritte zu einer Verbesserung der menschenrechtlichen Lage erkennbar sein. Darüber hinaus sollten Partner aus der Zivilgesellschaft für die Umsetzung möglicher Vorhaben zur Verfügung stehen. Die Europäische Union hat für Eritrea im Jahr 2013 4 Mio. Euro bereitgestellt. Die Mittelallokation für den elften Entwicklungsfonds (2014 bis 2020) beträgt 200 Mio. Euro. Bisher ist jedoch noch kein Nationales Indikativprogramm verabschiedet . Gespräche der Europäischen Kommission dazu mit Eritrea laufen seit dem Jahr 2014. Geplante Schwerpunkte sind Energie, Landwirtschaft und gute Regierungsführung. Khartum-Prozess und Flüchtlingspolitik 25. Was sieht die Kooperation mit den Staaten am Horn von Afrika (insbesondere Eritrea) im Rahmen des Khartum-Prozesses konkret vor? Der Khartum-Prozess zur Bekämpfung von Menschenhandel und -schmuggel am Horn von Afrika wurde im November 2014 ins Leben gerufen. Beteiligt sind die Staaten am Horn von Afrika (Sudan, Südsudan, Äthiopien, Eritrea, Dschibuti, Somalia, Kenia), die wichtigsten Transitländer des Mittelmeerraums (Libyen, Ägypten, Tunesien) sowie die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Deutschland hat den Khartum-Prozess mitinitiiert und maßgeblich mitgestaltet und ist auch Mitglied der Steuerungsgruppe. Diese wird voraussichtlich Ende April 2015 zum ersten Mal zusammenkommen. Ziel des Khartum-Prozesses ist ausweislich der bei der Gründungskonferenz in Rom angenommenen Ministererklärung die Förderung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Menschenhandel und -schmuggel, u. a. durch: Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4609 – bilaterale und regionale Zusammenarbeit zur Eindämmung der irregulären Migration und krimineller Netzwerke; – Aufbau nationaler Kapazitäten im Bereich des Migrationsmanagements; – Entwicklung von präventiven Maßnahmen gegen Menschenhandel und -schmuggel, u. a. durch Informationskampagnen über die Risiken irregulärer Migration; – verbesserte Ermittlung und Strafverfolgung krimineller Netzwerke; – Maßnahmen zum Schutz von Flüchtlingen, Asylsuchenden und besonders gefährdeten Migranten; – Förderung nachhaltiger Entwicklung in Herkunfts- und Transitstaaten zur Bekämpfung der Ursachen irregulärer Migration; – Förderung der Rückkehr und Reintegration und – Unterstützung beim Management von Flüchtlingslagern und dem Aufbau nationaler Asylsysteme. Der Khartum-Prozess basiert auf dem Grundsatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit . Projekte zur Ausfüllung des Khartum-Prozess werden nur nach Konsultation und in Abstimmung mit den afrikanischen Partnerstaaten durchgeführt. a) Welche Maßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung im Rahmen des Khartum-Prozesses geeignet, um die Ursachen von Flucht zu bekämpfen? Der Khartum-Prozess konzentriert sich zunächst auf die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Menschenhandel und -schmuggel in und aus den Ländern am Horn von Afrika. Dennoch können Maßnahmen im Rahmen des Khartum-Prozesses, zum Beispiel zum Schutz von besonders gefährdeten Migranten sowie die Bereitstellung von Basisdienstleistungen oder auch von (Aus-)Bildungsangeboten, dazu beitragen, die Ursachen von (Weiter-)Flucht zu verringern. b) In welcher Form setzt sich die Bundesregierung in ihrer Funktion als Mitglied der Steuerungsgruppe dafür ein, dass der Khartum-Prozess auch entwicklungspolitische Impulse für die gesamte Region setzt? Der Khartum-Prozess soll perspektivisch zu einem umfassenden regionalen Dialog über Migration und Mobilität ausgebaut werden, dessen Ziel auch die Maximierung der positiven Auswirkungen von Migration und Mobilität auf Entwicklung sein soll. Deutschlandwird bei der Ausgestaltung von Projekten im Rahmen des Khartum-Prozesses bereits heute darauf achten, dass diese auch positive Auswirkungen auf die Aufnahmegemeinden haben. c) Inwieweit haben die von Deutschland im Rahmen des Khartum-Prozesses umgesetzten Maßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung zu einer Verbesserung der Sicherheitslage rund um Flüchtlingscamps in Äthiopien, Sudan und Ägypten beigetragen? Bislang sind noch keine Maßnahmen im Rahmen des Khartum-Prozesses beschlossen und umgesetzt worden. Das Auswärtige Amt hat sich seit Sommer 2013 mit Maßnahmen im Wert von über 3 Mio. Euro im Kampf gegen Menschenhandel, Entführung und Folter und für den Schutz der Flüchtlinge in Ostafrika und dem Sinai engagiert. So konnten etwa in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) die Schutzmaßnahmen in und um Flüchtlingscamps sowie die psychosoziale und medizinische Betreuung von Folteropfern in Sudan, Ägypten Drucksache 18/4609 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode und Israel verbessert werden. Das Auswärtige Amt finanzierte in Israel auch ein Projekt von Physicians for Human Rights zur Trauma-Therapie von Opfern des Menschenhandels auf dem Sinai. Durch die Förderung eines Projekts der Internationalen Organisation für Migration (IOM) konnten in einem Trainingsprogramm sudanesische Grenzbeamte an der eritreisch-sudanesischen Grenze für das Erkennen von Menschenhandelsopfern sensibilisiert werden. d) Sind die Verbesserungen der Rechte von Flüchtlingen in den Herkunftsund Transitländern am Horn von Afrika Gegenstand des Dialoges, der im Rahmen des Khartum-Prozesses stattfindet? Deutschland engagiert sich im Khartum-Prozess mit der klaren Zielsetzung, den menschenrechtlichen und humanitären Schutz von Flüchtlingen in Transitländern zu verbessern und dadurch auch perspektivisch auf Achtung, Schutz und Gewährleistung der Menschenrechte in Herkunftsländern hinzuwirken. 26. Wie viele eritreische Staatsangehörige leben nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit in Deutschland (bitte nach Aufenthaltstitel, Bundesland, Jahr der Einreise und Geschlecht auflisten und jeweils die Zahl Unbegleiteter Minderjähriger angeben)? Ausweislich des Ausländerzentralregisters (AZR) lebten zum Stichtag 28. Februar 2015 26 735 Ausländer mit eritreischer Staatsangehörigkeit in Deutschland . Davon waren 18 437 männlich und 8 261 weiblich. Bei 37 Personen war das Geschlecht nicht erfasst. 3 206 eritreische Staatsangehörige waren zum genannten Stichtag mit einer Niederlassungserlaubnis und 4 048 mit einer Aufenthaltserlaubnis erfasst. Darüber hinaus hatten 15 422 eritreische Staatsangehörige eine Aufenthaltsgestattung. Die Übrigen waren mit sonstigen Aufenthaltsrechten erfasst, waren geduldet oder hatten kein Aufenthaltsrecht bzw. hatten einen Antrag auf einen Aufenthaltstitel gestellt. Zur Zahl der als unbegleitete Minderjährige eingereisten eritreischen Staatsangehörigen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, da dieser Sachverhalt im AZR nicht gesondert erfasst wird. Angaben zu den Ländern und dem Jahr der Einreise können den nachfolgenden Tabellen entnommen werden: Bundesland aufhältige eritreische Staatsangehörige Gesamt 26 735 darunter in: Bayern 3 867 Berlin 339 Bremen 95 Hessen 8 409 Hamburg 465 Sachsen 732 Saarland 467 Thüringen 679 Brandenburg 575 Niedersachsen 1 403 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4609 27. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Anzahl eritreischer Staatsangehöriger in der EU (bitte nach Mitgliedstaaten auflisten)? Die Angaben können über die frei zugängliche Eurostat-Datenbank bis zum Jahr 2013 abgerufen werden: http://ec.europa.eu/eurostat/data/database. Sachsen-Anhalt 432 Rheinland-Pfalz 935 Baden-Württemberg 2 152 Schleswig-Holstein 609 Nordrhein-Westfalen 5 172 Mecklenburg-Vorpommern 404 Aufhältige eritreische Staatsangehörige nach dem Jahr der Einreise 2015 241 2014 14 632 2013 3 984 2012 632 2011 657 2010 604 2009 417 2008 285 2007 309 2006 222 2005 261 2004 293 2003 356 2002 266 2001 196 2000 137 1999 und früher 1 920 in Deutschland geboren 1 323 Bundesland aufhältige eritreische Staatsangehörige Gesamt 26 735 darunter in: Drucksache 18/4609 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Was unternimmt die Bundesregierung konkret für die Bekämpfung von Fluchtursachen in Eritrea? Die Bekämpfung der Ursachen, die Eritreer zur Flucht aus ihrem Land motivieren , liegt zuvorderst in der Verantwortung der eritreischen Regierung. Dabei geht es insbesondere um die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Arbeit nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie staatlicher Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit, damit diese einen Beitrag zur Bekämpfung der Fluchtursachen leisten können. In der Vergangenheit hat die Regierung Eritreas diese Rahmenbedingungen nicht gewährleistet . 29. Was hat die Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel und in Libyen für Auswirkungen für die Flüchtlinge aus der Horn-von-Afrika-Region? Die Sicherheitslage auf dem Sinai hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren zunehmend verschlechtert. Die vorwiegend auf dem Sinai operierende Terrorgruppe „IS Provinz Sinai“ (zuvor Ansar Beit Al Maqdis) verübt zahlreiche Terroranschläge gegen die ägyptischen Sicherheitskräfte. Das ägyptische Militär hat seine Präsenz auf dem Sinai verstärkt und geht insbesondere an der Grenze zum Gazastreifen gegen Schmuggeltunnel vor. Weiterhin errichtet das Militär eine Pufferzone zum Gazastreifen. Beides scheint zu einer Abnahme des Menschenhandels dort beigetragen zu haben. Die Routen für Migranten und Menschenhändler haben sich in den Süden Ägyptens und nach Libyen verlagert. In Libyen hat sich im Zuge der bewaffneten Auseinandersetzungen die Menschenrechtslage drastisch verschlechtert. Libyen kennt weder Flüchtlingsrechte noch Asyl. Es behandelt alle Migranten und Flüchtlinge als Illegale. Das UNHCR und das Welternährungsprogramm der VN versuchen, die Situation der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in Libyen durch Hilfslieferungen zu mildern , sofern dies die jeweilige Sicherheitslage erlaubt. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in Libyen (v. a. in Tripolis und in Benghazi) knapp 37 000 Personen beim UNHCR als Flüchtlinge und Asylsuchende registriert, davon die Mehrzahl (18 710) aus Syrien, sowie weitere aus Palästina, der Horn von Afrika Region und Irak. 30. Welche konkreten Maßnahmen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des regionalen Schutzprogramms (RPP) für das Horn von Afrika ergriffen? Die Europäische Kommission beteiligt sich noch bis Dezember 2015 finanziell an einem vom UNHCR geführten Regionalen Schutzprogramm zum Schutz von Flüchtlingen und Asylbewerbern, vor allem aus Somalia, am Horn von Afrika. Das Projekt dient dem Schutz somalischer Flüchtlinge in Kenia und Dschibuti, sowie dem Kapazitätsaufbau der nationalen Behörden. Es umfasst außerdem eine Komponente zum Schutz vor weiblicher Genitalverstümmelung. Nähere Informationen über die durchgeführten Maßnahmen liegen der Bundesregierung nicht vor. a) Wie bewerten nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Kommission und die Bundesregierung selbst die bisherigen Resultate? Eine Evaluierung des oben genannten Regionalen Schutzprogramms liegt noch nicht vor. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/4609 b) Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung vor dem Hintergrund des regionalen Schutzprogramms auch vermehrt Schutzsuchende im Rahmen von Resettlement in der EU aufgenommen? Im Rahmen des deutschen Resettlement-Programms ist geplant, im Jahr 2015 Schutzsuchende eritreischer Staatsangehörigkeit aus Ägypten aufzunehmen. 31. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die konkreten Pläne der Europäischen Kommission für die Etablierung von „Regional Development and Protection Programmes“ (RDPP) für Nordafrika und das Horn von Afrika? Die Europäische Kommission plant Regionale Schutz- und Entwicklungsprogramme (RDPP) für Nordafrika und das Horn von Afrika. Die Entwicklung neuer und vertiefter RDPPs für Nordafrika und das Horn von Afrika ist eine der prioritären Maßnahmen, auf die sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den Ratsschlussfolgerungen „Maßnahmen zur verbesserten Steuerung der Migrationsströme“ des Rates der Innen- und Justizminister im Oktober 2014 geeinigt haben. Die neuen Programme sollen zusätzlich zum Schutz von Flüchtlingen einen Entwicklungsschwerpunkt haben, u. a. durch Maßnahmen zur Unterstützung der Aufnahmegesellschaften und der Integration anerkannter Flüchtlinge . Die Programme befinden sich noch in der konzeptionellen Phase. Die Europäische Kommission hat noch keine Finanzierungszusagen zu konkreten Projekten getroffen. Die Europäische Kommission beabsichtigt im Übrigen eine enge Verzahnung der Regionalen Schutz- und Entwicklungsprogramme mit den Mobilitätspartnerschaften der Europäischen Union mit Marokko und Tunesien, die jeweils ebenfalls die Stärkung des Flüchtlingsschutzes, u. a. durch den Aufbau von nationalen Asylsystemen, zum Ziel haben. a) Welche EU-Mitgliedstaaten haben sich bereit erklärt, die Leitung eines RDPP Programmes zu übernehmen, und mit welchen internationalen Organisationen soll kooperiert werden? Italien hat sich bereit erklärt, die Leitung des Regionalen Schutz- und Entwicklungsprogrammes für Nordafrika zu übernehmen. Die Europäische Kommission sondiert die Bereitschaft weiterer Staaten, zu entsprechendem Engagement. Über eine Kooperation mit internationalen Organisationen wie IOM und UNHCR wird zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden. b) In welcher Form wird die Bundesregierung die RDPPs unterstützen? Deutschland wird sich mit seinem bereits heute umfangreichen bilateralen und multilateralen Engagement zum Schutz von Flüchtlingen und Migranten in Nordafrika und am Horn von Afrika in die Regionalen Schutz- und Entwicklungsprogramme einbringen. Dazu gehören unter anderem das deutsche Engagement zum Aufbau nationaler Asylsysteme und zur Verbesserung des Flüchtlingsschutzes in Marokko und Tunesien sowie Projekte der Entwicklungszusammenarbeit und der Humanitären Hilfe für Flüchtlinge in Äthiopien und Kenia. Drucksache 18/4609 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 32. Welche Länder und inhaltliche Schwerpunkte hinsichtlich des Flüchtlingsschutzes und der Entwicklungspolitik umfasst das RDPP für das Horn von Afrika (bitte detailliert ausführen)? Das neue RDPP für das Horn von Afrika wird sich zunächst auf Äthiopien konzentrieren . Geplante Maßnahmen umfassen im Bereich Flüchtlingsschutz die Verbesserung der Verfahren zur Feststellung des Flüchtlingsstatus, die Etablierung rechtlicher und institutioneller Rahmen zum besseren Management von Flüchtlingssituationen , Projekte zur Verbesserung der Aufnahmebedingungen in Aufnahmestaaten , Trainingsangebote zu Themen des Flüchtlingsschutzes, Aufklärungskampagnen für Migranten und potentielle Asylsuchende sowie Maßnahmen zur Förderung der Aufnahmebereitschaft im Rahmen der Wiederansiedlung. Ergänzend sollen Projekte zur Unterstützung der Aufnahmegesellschaften, zur Integration anerkannter Flüchtlinge, zur Förderung der freiwilligen Rückkehr und zum Schutz von Migranten, u. a. vor Menschenhandel durchgeführt werden. Gefördert werden sollen außerdem entwicklungspolitische Maßnahmen, die auch den lokalen Aufnahmegemeinden zugutekommen. Angedacht sind Projekte zur Eröffnung von Verdienstmöglichkeiten und Berufsbildung. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333