Deutscher Bundestag Drucksache 18/4651 18. Wahlperiode 17.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Doris Wagner, Annalena Baerbock, Marieluise Beck (Bremen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4373 – Gesundheitliche Schädigungen durch militärische Radaranlagen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Juli 2003 hat eine im Jahr 2002 eingesetzte unabhängige Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee (NVA; Radarkommission) ihren Abschlussbericht (Radarbericht) vorgelegt. Darin wurde der Frage nachgegangen , inwiefern Soldaten der Bundeswehr und der NVA strahlungsbedingten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt waren und möglicherweise geschädigt wurden. Die Radarkommission empfahl, unter bestimmten Voraussetzungen von einer gesundheitlichen Schädigung der Soldaten auszugehen und diese im vereinfachten Verfahren als Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, da wirkungsvolle Strahlenschutzmaßnahmen erst später ergriffen worden waren. Trotz einiger Anerkennungen infolge des Radarberichts blieben viele Fälle strittig. Insbesondere in Fällen, zu denen die Radarkommission keine Beweiserleichterung vorgeschlagen hatte, ließen sich kaum Fortschritte in Richtung einer „großherzigen“ Lösung (Aussage des damaligen Bundesministers der Verteidigung, Rudolf Scharping, im Jahr 2001, vgl. z. B. DER TAGESSPIEGEL vom 5. Juli 2001) finden. Gerichtliche Verfahren verliefen im Sande, weil notwendige Beweismittel nicht mehr oder nur unzureichend rekonstruiert werden können. Auch die Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA („Härtefall-Stiftung“) kann diese Lücken nicht ausreichend schließen, u. a. weil sie nur besondere Härten abmildert, also das geltende Versorgungsrecht allenfalls ergänzt. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 15. April 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/4651 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Inwiefern und wodurch hat die Bundesregierung den überfraktionellen Antrag auf Bundestagsdrucksache 17/7354 umgesetzt hinsichtlich a) der Aufforderung, Gerätehersteller an der Einrichtung der „HärtefallStiftung “ zu beteiligen, und falls ja, mit welchem Erfolg, Im September 2012 hatte der damalige Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung Christian Schmidt 26 Hersteller von Radargeräten angeschrieben und um eine finanzielle Unterstützung der „HärtefallStiftung “ gebeten. Eine allgemeine Bereitschaft dazu war bei den Herstellern nicht zu erreichen. Jedoch haben Unternehmen vereinzelt Zuwendungen geleistet . b) der Aufforderung, „die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse zu berücksichtigen und zu prüfen, ob bei einzelnen Krankheitsbildern (z. B. gutartige Tumore und chronisch lymphatische Leukämie) sowie bei der Strahlenexposition aufgrund radioaktiver Leuchtfarbe nochmals ein unabhängiges Expertengremium zur Abgabe einer Entscheidungsempfehlung “ einzurichten, und wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen, Die Bundeswehrverwaltung verfolgt bei ihren Entscheidungen die jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse der medizinischen und biologischen Forschung . Das Bundesamt für Strahlenschutz ist an der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion aktiv beteiligt. Dabei werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse geprüft, bewertet und im Falle ihrer Belastbarkeit berücksichtigt. Die Strahlenschutzkommission des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit hat eine Arbeitsgruppe einberufen, die sich der Problematik der benignen Tumore annimmt und diesbezüglich den Anspruch einer Expertenkommission erfüllt. Darüber hinaus hat vom 9. bis 11. Februar 2015 unter Leitung von Prof. Dr. Viktor Meineke, Vorsitzender des Vergabeausschusses der Härtefall-Stiftung der Bundeswehr und Abteilungsleiter F „Med ABC-Schutz“ der Sanitätsakademie der Bundeswehr, ein „Fachsymposium Radar“ mit namhaften externen Wissenschaftlern stattgefunden. Dabei wurde der Frage nachgegangen, ob es seit der Veröffentlichung des Berichts der Radarkommission vom 2. Juli 2003 neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Verursachung von Erkrankungen durch Radarstrahlung gibt, die eine Veränderung der derzeitigen Entschädigungspraxis angezeigt erscheinen lassen. Sobald der Bericht über die erzielten Ergebnisse vorliegt , werden diese hinsichtlich ihrer Relevanz für die gesetzlichen Ansprüche ausgewertet werden. Für die Chronisch-Lymphatische-Leukämie (CLL) wurde die Strahleninduzierbarkeit in der wissenschaftlichen Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 „Erkrankung durch ionisierende Strahlung“ des beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales eingerichteten Sachverständigenbeirats „Berufskrankheiten “ nunmehr als „niedrig“ eingestuft und nicht mehr – wie in der Vergangenheit – generell verneint. In der Folge hat die Bundeswehrverwaltung ca. 30 betroffene Fälle erneut geprüft und in mehr als der Hälfte der Fälle der jeweils zuständigen Landesversorgungsverwaltung die Anerkennung einer CLL als Folge einer Wehrdienstbeschädigung (WDB) vorgeschlagen. c) der Überprüfung, „ob ein unabhängiges Expertengremium gebildet werden kann, um in strittigen Einzelfällen zu vermitteln“, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Für die Einrichtung eines Expertengremiums zur Vermittlung in strittigen Einzelfällen im Sinne eines Audits besteht kein Raum, da es zu der Auslegung der im Bericht der Radarkommission empfohlenen Kriterien bereits zahlreiche Erörterungen zwischen der Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4651 dem Bund zur Unterstützung Radargeschädigter e. V. gegeben hat (insbesondere im Rahmen der durchgeführten „Runden Tische“). In diesen Gesprächen konnte eine Vielzahl von Problemen einvernehmlich gelöst werden. In den verbliebenen offenen Fragen konnte keine Einigung erzielt werden, weil für die Vorschläge des Bundes zur Unterstützung Radargeschädigter e. V. keine fachliche Grundlage bestand. An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert. 2. Inwiefern prüft die Bundesregierung die vom Bund für die Unterstützung Radargeschädigter e. V. vorgeschlagene Einrichtung eines Audits zur Überprüfung und Vermittlung in Streitfällen? a) Wenn ja, mit welchem Zeitplan und welchem Planungsstand? b) Wenn nein, warum nicht? Es wird auf die Antwort zu Frage 1c verwiesen. 3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages in seinem Schreiben vom 12. November 2014 an die Berichterstatter im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages (WB 5 – 3624/2014), der die „Anerkennung einer Beweislastumkehr, zumindest jedoch eine erleichterte Beweislast, in Entschädigungsverfahren“ für sinnvoll und richtig erachtet, und wenn nein, warum nicht? Die Empfehlungen des Berichts der Radarkommission vom 2. Juli 2003 schlagen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (qualifizierende Tätigkeit und qualifizierende Erkrankung) die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung vor. Dies stellt eine erhebliche Beweiserleichterung zugunsten der Antragsteller dar. Für eine darüber hinausgehende Beweislastumkehr oder eine weitergehende erleichterte Beweislast besteht auch im Hinblick auf den Stand der medizinischen bzw. wissenschaftlichen Erkenntnisse kein Raum. Dies war auch Grundlage des Beschlusses des Verteidigungsausschusses vom 24. September 2003, mit dem der Stellungnahme des Bundesministeriums der Verteidigung zur Umsetzung der Verfahrensvorschläge des Radarberichts zugestimmt wurde. 4. Nahm die Bundesregierung die in den Jahresberichten des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages benannten überlangen Verfahrensdauern zur Entschädigung von Radaropfern (vgl. Jahresbericht 2014, Bundestagsdrucksache 18/3750, S. 60) zum Anlass, diese Verfahren zu verkürzen? a) Wenn ja, wie? b) Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung ist bestrebt, die Verfahrensdauer auch in den Radarfällen so kurz wie möglich zu halten. Soweit es zu längeren Bearbeitungszeiten gekommen ist, ist dies in der Regel auf komplexe Einzelfälle mit zeitaufwändigen Sachverhaltsermittlungen zurückzuführen. Eine große Anzahl von Einzelverfahren wurde darüber hinaus im Zusammenhang mit konkurrierenden Risikofaktoren (z. B. Alkohol- und Nikotinabusus) zugunsten der Antragsteller einer erneuten Überprüfung unterzogen, wodurch sich die Verfahrensdauer verlängerte . Auf die Dauer von Gerichtsverfahren hat die Bundesregierung keinen Einfluss. Drucksache 18/4651 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Nahm die Bundesregierung die in den Jahresberichten des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages benannte „bisherige begrenzte behördliche Anerkennungspraxis, die nur Krebserkrankungen [und Katarakte] berücksichtigt “ (Schreiben des Wehrbeauftragten vom 12. November 2014 – WB 5 – 3624/2014), zum Anlass, die Anerkennungspraxis zu erweitern? a) Wenn ja, wodurch? b) Wenn nein, warum nicht? Die Radarkommission hat zur Anerkennung als „qualifizierende Erkrankungen“ maligne Tumoren und Katarakt (Grauer Star) empfohlen, weil nach wissenschaftlicher Einschätzung der Radarkommission nur bei diesen beiden Krankheiten eine ausreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie durch ionisierende Strahlung, so wie sie bei Tätigkeiten an den seinerzeitigen Radargeräten aufgetreten sein kann, verursacht worden sein können. Für andere Erkrankungen gelten deshalb die Beweiserleichterungen des vom Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligten Berichts der Radarkommission nicht; insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze des Wehrdienstbeschädigungsverfahrens einschließlich der üblichen Beweislastregeln. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen. 6. Inwiefern erachtet es die Bundesregierung angesichts zwischenzeitlicher Forschung und gerichtlicher Entscheidungen für notwendig, den Bericht der Radarkommission zu überarbeiten? Es wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen. 7. Was war Inhalt der „Runden Tische“ zwischen dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bund für die Unterstützung Radargeschädigter e. V., und inwiefern wurden Nebenabsprachen zur gemeinsamen Erklärung getroffen ? Wenn ja, welchen Inhalts waren diese Absprachen? Die „Runden Tische“ dienten dem Ziel, die im Prozess der Umsetzung der Empfehlungen der Radarkommission zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich noch bestehender Auslegungsunterschiede zu erörtern und diese nach Möglichkeit aufzulösen. Unter anderem ging es um die Anerkennung von Fällen mit Konkurrenzrisiko (z. B. bei Rauchern), die Bewertung der Tätigkeit als Operator von Radargeräten, die Wirkung von Hochfrequenzstrahlung, den Einfluss radioaktiver Leuchtfarbe, Erbschäden sowie die Geltung der Regelungen zur rückwirkenden Gewährung von Leistungen im Rahmen des sozialen Entschädigungsrechts . Soweit bei den Erörterungen Vereinbarungen zu Einzelfällen getroffen wurden, wurden die Ergebnisse generell auf alle vergleichbaren Verfahren übertragen. 8. Inwiefern wurden gegenüber Vertretern des Bundes für die Unterstützung Radargeschädigter e. V. Absprachen getroffen, nur einer bestimmten Anzahl an möglicherweise durch Radarstrahlen geschädigten Personen eine Wehrdienstbeschädigung anzuerkennen, und wenn ja, was war das Ziel und der genaue Inhalt entsprechender Absprachen? Solche Absprachen sind nicht erfolgt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4651 9. Nahm die Bundesregierung das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts (OVG), Az. 3 LB 21/11, vom 13. November 2012 zum Anlass, das Erkrankungsbild „elektromagnetische Hypersensibilität “ als Berufskrankheit aus ionisierender Strahlung zu prüfen? a) Wenn ja, mit welcher Konsequenz und warum? b) Wenn nein, warum nicht? Für die Hypothese, dass ionisierende Strahlung zu einer „elektromagnetischen Hypersensibilität“ führen könnte, sind der Bundesregierung keine wissenschaftlich belastbaren Hinweise bekannt. Bislang wurde von Betroffenen geltend gemacht, dass nichtionisierende Strahlung wie sie z.B. durch den Mobilfunk verursacht wird, zu diesem unspezifischen Beschwerdebild führen würde. Im Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramm wurde dieser Frage nachgegangen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass das komplexe, aber unspezifische Beschwerdebild der sich selbst als „elektrosensibel“ einstufenden Personen nicht kausal mit dem Einwirken nichtionisierender Strahlung in Verbindung gebracht werden konnte. Dies wird auch von anderen Expertengruppen der Europäischen Union (EU) und der Weltgesundheitsorganisation so bewertet. Eine Prüfung durch die Bundesregierung, ob es sich bei dem Erkrankungsbild „Elektromagnetische Hypersensibilität“ um eine Berufskrankheit durch ionisierende Strahlung handelt, ist nicht erforderlich. Die Berufskrankheiten sind in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung bezeichnet. Unter der Nr. 2402 sind dort „Erkrankungen durch ionisierende Strahlen“ aufgeführt. Unter diese allgemeine Bezeichnung können nach übereinstimmender Auffassung von Rechtsprechung und Rechtslehre alle Erkrankungen subsumiert werden, die durch ionisierende Strahlung, d. h. auch durch Röntgen- bzw. Hochfrequenzstrahlung (sog. Radarstrahlung), verursacht werden. Die Entscheidung des SchleswigHolsteinischen OVG vom 13. September 2012 (nicht 13. November 2012) beschränkte sich auf die Anwendung des geltenden Rechts im Einzelfall. 10. Nahm die Bundesregierung die Urteile des Schleswig-Holsteinischen OVG, Az. 3 LB 21/11, vom 13. November 2012 und des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen, Az. L 12 VS 4/09, zum Anlass, die bislang nicht anerkannte Beweislastumkehr zum Nachweis einer durch die Bundeswehr oder die NVA zu verantwortenden Strahlenexposition zu überprüfen? a) Wenn ja, mit welcher Konsequenz und warum? b) Wenn nein, warum nicht? Die Fälle, in denen eine Beweislastumkehr geboten ist, sind höchstrichterlich entschieden. In dem der genannten Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen OVG zugrunde liegenden Verfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. April 2011 ausdrücklich ausgeführt, dass eine Umkehr der Beweislast auch in dem vorliegenden Fall ausscheidet. Im Übrigen wird hierzu auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Drucksache 18/4651 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Wurden alle Antragsteller mit dem Krankheitssymptom Chronische lymphatische Leukämie (CLL), deren Anträge seitens der Bundeswehrverwaltung nach der Stellungnahme des Ärztlichen Sachverständigenbeirats vom 19. Dezember 2011 erneut geprüft wurden, auch dann über die neuerliche Prüfung informiert, wenn die Bundeswehrverwaltung bei einer Ablehnung des Antrags blieb, und wenn nein, warum nicht? Die Bundeswehrverwaltung hat die Fälle, in denen eine CLL vorlag, von Amts wegen überprüft und den zuständigen Versorgungsverwaltungen zur Anerkennung vorgeschlagen, soweit auch die sonstigen Voraussetzungen nach dem Bericht der Radarkommission vorgelegen haben. 12. Inwiefern wurde der Strahlendosisgrenzwert von 50 Millisievert (mSv), der gemäß Kurzmitteilung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 13. Oktober 2014 seit einiger Zeit als Grenzwert einer möglichen gesundheitlichen Schädigung im Berufsunfallrecht angenommen wird, auch in laufenden Versorgungsverfahren (inklusive Gerichtsverfahren ) berücksichtigt? a) Wenn ja, seit wann wird dieser Grenzwert von 50 mSv verwendet und mit welchem Ergebnis? b) Wenn ja, welche vorher getroffenen Entscheidungen wurden revidiert oder einer neuen Prüfung zugeführt? c) Wenn nein, warum nicht? Es wird davon ausgegangen, dass mit der Frage der Grenzwert von 50 mSv im Abschnitt IV sowie im Anhang 3 der wissenschaftlichen Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Berufskrankheit Nr. 2402 „Erkrankung durch ionisierende Strahlung“ aus dem Jahr 2011 angesprochen wird. Dieser Grenzwert ist lediglich ein „Abschneidekriterium“ nach unten, d. h. bei einer Strahlenexposition unterhalb dieses Wertes ist davon auszugehen, dass im Einzelfall die erforderliche Wahrscheinlichkeit für einen Ursachenzusammenhang zwischen Strahlendosis und der konkret eingetretenen Erkrankung nicht besteht. 13. Warum werden für möglicherweise durch Radargeräte verursachte Strahlenschäden Grenzwerte errechnet und benannt, wenn doch bei stochastischen Strahlenschäden üblicherweise weder ein Schwellenwert noch eine Toleranzdosis angenommen wird? Es ist richtig, dass für stochastische Strahlenschäden keine unteren Grenzen existieren, bei denen eine Strahlenwirkung ausgeschlossen werden kann. Dennoch muss man bei Kausalitätsbetrachtungen Abwägungen in Bezug auf die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Gesundheitsschäden bei bestimmten Einwirkungen anstellen. Die Bundeswehr wendet für die Entscheidungen bei den Radarverfahren nur dann Anerkennungsschwellenwerte an, wenn dieses in den Entscheidungskriterien der Radarkommission auch so vorgesehen ist (z. B. bei der Gamma-Strahlung aus Ra-226-haltiger Leuchtfarbe). Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4651 14. Wie viele Personen und wie viele Vollzeitäquivalente sind innerhalb der Bundeswehrverwaltung mit der technisch-fachlichen Prüfung von Wehrdienstbeschädigungsanträgen infolge von Radarstrahlung betraut, und wie entwickelten sich diese Personalstärken in den vergangenen zehn Jahren? In der Arbeitsgruppe „Aufklärung der Arbeitsplatzverhältnisse Radar“ (AG Radar ) waren insgesamt über 25 Experten – allesamt Soldaten – aus allen Teilstreitkräften sowohl der Bundeswehr als auch aus dem Bereich der ehemaligen NVA ab der Einrichtung im August 2001 mit zeitlichem Arbeitsschwerpunkt in den Jahren 2002 und 2003 tätig. Die Soldaten gehörten als Radartechniker zu den Dienstgradgruppen höherer Feldwebel bis Stabsoffizier und waren jeweils mehrere Monate, in Einzelfällen auch weit länger, in die Dienststelle nach Munster abkommandiert. Derzeit ist kein zukommandiertes oder abgeordnetes Personal mehr im Rahmen der AG Radar beschäftigt. Technische Anfragen werden von der Strahlenmessstelle der Bundeswehr beantwortet, wobei im Einzelfall – soweit realisierbar – auf die noch bekannten Experten in den Stammdienststellen zurückgegriffen wird. Die AG Radar hat physikalisch-technische Aspekte der Arbeitsplätze an jedem einzelnen Radargerätetyp untersucht, die möglichen Expositionsverhältnisse im Rahmen äußerst konservativer Annahmen bewertet und das Ergebnis dokumentiert mit dem Ziel, der Versorgungsverwaltung eine Grundlage bei den Einzelfallentscheidungen zu geben. In die fachlich-technische Prüfung von Wehrdienstbeschädigungen war sie nicht eingebunden. 15. Wie viele weiteren Personen und wie viele weitere Vollzeitäquivalente sind innerhalb der Bundeswehrverwaltung außerhalb der technisch-fachlichen Prüfung von Wehrdienstbeschädigungsanträgen infolge von Radarstrahlung mit entsprechenden Anträgen und Anfragen potenziell Geschädigter betraut, und wie entwickelten sich diese Personalstärken in den vergangenen zehn Jahren? Mit der Bearbeitung der WDB-Anträge im Zusammenhang mit Strahleneinwirkungen von Radargeräten (ohne Rechtsbehelfs- und Gerichtsverfahren) sind seit dem Jahr 2008 zwei Personen (bis zu ein Vollzeitäquivalent) befasst. Von anfänglich neun Personen (acht Vollzeitäquivalente) zu Beginn des Jahres 2005 verringerte sich die Zahl auf sechs (fünf Vollzeitäquivalente) bis Anfang des Jahres 2006 und drei (zweieinhalb Vollzeitäquivalente) bis Anfang des Jahres 2007. 16. Welche Hierarchien gibt es innerhalb der Bundeswehrverwaltung, die über Bescheide, Widerspruchsbescheide und Entscheidungen über Klagen , Klageabweisungserklärungen sowie Berufungsklagen in Wehrdienstbeschädigungsanträgen und weiteren Anträgen infolge möglicher Radarschäden bestimmen? Unter der Fachaufsicht des Bundesministeriums der Verteidigung werden im zuständigen Fachreferat des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr die Radarfälle bearbeitet. Die Antragsbearbeitung und die Bearbeitung von Widersprüchen und Klagen erfolgen in unterschiedlichen Bereichen. Drucksache 18/4651 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Wer leitet die Schwerpunktgruppe Radar in Düsseldorf? Die Schwerpunktgruppe Radar beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr wird auf der Grundlage der dort bestehenden Verwaltungsorganisation geleitet. 18. Welche Maßnahmen hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in die Wege geleitet, um Engpässe in der Bearbeitung von Wehrdienstbeschädigungsanträgen, weiteren Anträgen und Auskunftsersuchen von potenziell Geschädigten und Gerichten zu vermeiden (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 6 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache 18/4023)? Der mit der Bearbeitung dieser Sachverhalte betraute Bereich wurde zwischenzeitlich personell verstärkt. Neben den federführenden Sachbearbeitern sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Ärztlicher Dienst und Prozessführung hinzugetreten. Derzeit wird ein weiterer Sachbearbeiter in den Aufgabenbereich eingewiesen. 19. Welche Untersuchungen zu möglichen Genschädigungen durch Radarstrahlen liegen der Bundesregierung vor, und welche Schlüsse hat die Bundesregierung daraus gezogen? Genschädigungen durch nichtionisierende Radarstrahlen (hochfrequente elektromagnetische Felder und Mikrowellen) sind bislang wissenschaftlich nicht bewiesen. Dies folgt aus den Untersuchungen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms und aus den publizierten Risikobewertungen der Weltgesundheitsorganisation und der wissenschaftlichen Komitees der EU. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. 20. Welche Untersuchungen zu möglichen nichtkrebsartigen Schädigungen durch Radar- und ionisierende Strahlen liegen der Bundesregierung vor, und welche Schlüsse hat die Bundesregierung daraus gezogen? Die Bundesregierung und ihre zuständigen Fachbehörden verfolgen kontinuierlich den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen sowohl von ionisierenden als auch von nichtionisierenden Strahlen. Besondere Bedeutung haben dabei die regelmäßigen Risikobewertungen durch internationale Expertengremien der Weltgesundheitsorganisation, der Europäischen Kommission und der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung. Alle genannten Gremien kommen bislang zu der Einschätzung, dass hochfrequente elektromagnetische Felder nicht zu Schädigungen führen, solange die festgesetzten Grenzwerte eingehalten werden. Bei einer Überschreitung der Grenzwerte, wie sie möglicherweise früher im Bereich von Radaranlagen aufgetreten sein könnten, ist mit thermischen Wirkungen zu rechnen. Wegen der Temperaturempfindlichkeit der Augenlinse kann sich dies in Einzelfällen möglicherweise durch ein erhöhtes Auftreten von Trübungen der Augenlinse, so genannten Katarakten, bemerkbar machen. Andere Schädigungen , wie z. B. Verbrennungen, sind bislang nicht bekannt geworden. Bezüglich der Wirkungen ionisierender Strahlen hat die internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) im Jahr 2012 einen Überblick über epidemiologische Befunde zu den Auswirkungen von ionisierender Strahlung auf unterschiedliche Arten von Gewebe (ohne Krebserkrankungen) gegeben. Hieraus ergaben sich Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4651 keine Schlussfolgerungen, die die bisherige Praxis im Rahmen der WDB-Verfahren in Frage stellen. Auch ein Zusammenhang zwischen ionisierender Strahlung und vererbbaren Effekten wurde bisher in epidemiologischen Studien am Menschen nicht beobachtet . 21. Mit welcher Begründung werden weitere wissenschaftliche Analysen zu möglichen Genschädigungen und nichtkrebsartigen Schädigungen aufgrund strahleninduzierter DNS-Veränderungen bislang nicht veranlasst (Sachstandsbericht des Bundesministeriums der Verteidigung vom 3. Februar 2015, Ausschussdrucksache 18(12)328)? Die Bundesregierung und ihre zuständigen Fachbehörden verfolgen kontinuierlich den wissenschaftlichen Kenntnisstand zu möglichen gesundheitlichen Wirkungen ionisierender Strahlen, initiieren selbst im Rahmen des Umweltforschungsplanes entsprechende Untersuchungen und beteiligen sich an internationalen Projekten. Belastbare Ergebnisse zu möglichen spezifischen Genschädigungen und nichtkrebsartigen Schädigungen aufgrund strahleninduzierter DNS-Veränderungen beim Menschen – die über das bekannte Risiko für strahlenbedingte Krebserkrankungen und Leukämien sowie die Wirkungen auf die Trübung der Augenlinse hinausgehen – liegen nicht vor. 22. Mit welcher Wahrscheinlichkeit und auf welcher Berechnungsgrundlage schließt die Bundesregierung aus, dass das Erbgut von Radarsoldaten geschädigt wurde? Das Thema Genschädigungen wurde beim Fachsymposium Radar im Februar 2015 behandelt. Es wird diesbezüglich auf den noch ausstehenden Abschlussbericht und die Antwort zu Frage 41 verwiesen. 23. Mit welcher Wahrscheinlichkeit und auf welcher Berechnungsgrundlage schließt die Bundesregierung aus, dass angeborene Fehlbildungen von Kindern von Radarsoldaten durch Strahlexpositionen an Radargeräten entstanden sind? Es wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 24. Mit welcher Wahrscheinlichkeit und auf welchen Grundlagen schließt die Bundesregierung aus, dass nichtkrebsartige Erkrankungen nicht durch die Radargeräte von Bundeswehr und NVA ausgelöst werden können bzw. konnten? Auch dieses Thema war Gegenstand des Fachsymposiums Radar im Februar 2015. Es wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. 25. Auf welchem Rechenweg kommt das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr bzw. kommen frühere Einrichtungen zur Maximaldosis von 83 mSv für das Erbgut vom Vater des mit Fehlbildungen zur Welt gekommenen D. N., geboren am 28. Juni 1961? Grundlage der Berechnung sind die in der Antwort zu Frage 14 erwähnten Ergebnisse der Arbeitsplatzuntersuchungen an Radargeräten. Für den Vater des mit Fehlbildungen zur Welt gekommenen D. N. war dies das Höhenmessradar Drucksache 18/4651 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode AN/MPS-14. Die Maximalwerte der Ortsdosisleistung am Ort der betroffenen Körperregion oder Organe sind für die bei den Arbeiten notwendigen Betriebsbedingungen im Rahmen konservativer Auswertungen ermittelt worden. Die zu betrachtende Teilkörperdosis oder Organdosis ergibt sich als Produkt der Ortsdosisleistung mit weit greifenden Werten der Arbeitszeit des Soldaten. Zusätzlich muss bei der Berechnung der relevanten Dosis auf das Erbgut der reifen Spermien die biologische Tatsache berücksichtigt werden, dass es nicht nur unterschiedlich strahlenempfindliche Zeitpunkte in der Spermatogenese (Spermienreifung ) gibt, sondern auch dass davon auszugehen ist, dass eventuell geschädigte Spermien nach drei Spermatogenesezyklen regelmäßig nicht mehr vorhanden sind. Da die Arbeiten wesentlich in regelmäßig (nach Fristvorgabe) zu wiederholenden Tätigkeiten bestehen, erfolgt die praktische Bemessung auf der Zeitskala von Dienstmonaten. 26. Inwiefern führte der gemäß Kurzmitteilung des BMAS vom 13. Oktober 2014 seit einiger Zeit als Strahlendosisgrenzwert einer möglichen gesundheitlichen Schädigung im Berufsunfallrecht angenommene Wert von 50 mSv zu einer Neubewertung des Wehrdienstbeschädigungsantrags des mit Fehlbildungen zur Welt gekommenen D. N., geboren am 28. Juni 1961, bei dem der Strahlendosiswert von 83 mSv errechnet wurde? Hier wird offenbar der Abschnitt I C „Expositionsermittlung“ der wissenschaftlichen Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Berufskrankheit Nr. 2402 „Erkrankung durch ionisierende Strahlung“ aus dem Jahr 2011 angesprochen, in dem es heißt: „Durch die biologische Dosimetrie kann bei einmaligen Expositionen ab etwa 50mSv bis 100 mSv aufgrund von Veränderungen eine Dosis abgeschätzt werden.“ Diese Aussage bezieht sich ausschließlich auf die Ermittlung der Strahlenexposition und enthält keine Aussage zur möglichen Verursachung von Erkrankungen . Der Wert von 50 mSv wird in der wissenschaftlichen Stellungnahme lediglich als diagnostische Schwelle genannt, ab der eine Dosis mit Hilfe von molekularbiologischen Verfahren abgeschätzt werden kann. Er stellt jedoch keinen Grenzwert für einen bleibenden Gesundheitsschaden dar. Hieraus ergeben sich somit keine Konsequenzen für den benannten Fall. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen. 27. Welche Schlussfolgerungen zog oder zieht die Bundesregierung aus dem Gutachten des Instituts für Medizinische Genetik und Humangenetik vom 28. Februar 2014, wonach „die Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der väterlichen Strahlenexposition von L. N., geboren 1932, und den angeborenen Skelettfehlbildungen des Sohnes D. N., geboren am 28. Juni 1961, absolut plausibel ist“? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 22 und 29 verwiesen. 28. Welche Schlussfolgerungen zog oder zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung der Physikerin Prof. Dr. Inge Schmitz-Feuerhake, wonach die „Häufung angeborener Fehlbildungen der Gliedmaßen und weiteren Schädigungen der Organe bei Herrn [D. N.], geboren am 28. Juni 1961, […] mit hoher Wahrscheinlichkeit Folgen der väterlichen Exposition während seiner Tätigkeit bei der Bundeswehr“ sind? Es wird auf die Antwort zu Frage 22 verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4651 29. Unterstützt die Bundesregierung ein vom Bund für die Unterstützung Radargeschädigter e. V. angeregtes und vom Institut für Medizinische Genetik und Humangenetik an der Charité Berlin konkretisiertes Gutachten über mögliche Genschädigungen, und falls ja, wie? Zu dieser Thematik wird ebenfalls im Abschlussbericht zum Fachsymposium Radar Stellung genommen. 30. Welche Einrichtung ist für gengeschädigte Nachkommen zuständig, sofern die Genschädigung möglicherweise auf durch Radarstrahlen geschädigtes Erbgut zurückzuführen ist? Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche gegen den Bund sind gegenüber der Bundeswehrverwaltung geltend zu machen. 31. Wie viele Anträge auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung oder auf eine der Wehrdienstbeschädigung vergleichbare Anerkennung infolge einer möglicherweise durch Radarstrahlung verursachten Genschädigung bzw. Erbgutschädigung sind der Bundesregierung bekannt, und wie wurden die Anträge entschieden? Mit Bezug auf Tätigkeiten an Radargeräten der Bundeswehr sind von 25 ehemaligen Soldaten Entschädigungsanträge wegen vorgeburtlicher Gesundheitsschäden ihrer Kinder gestellt worden. Ein Antrag aus diesem Jahr ist noch nicht entschieden. Alle anderen Anträge wurden abgelehnt. Zu zwei bestandskräftig abgelehnten Anträgen liegen Wiederaufnahmeanträge vor. Die Überprüfung dauert an. 32. Welche Konsequenzen zog die Bundesregierung aus der Aussage des Bayerischen Landessozialgerichts, Beschlüsse L 15 VS 6/08, S 15 VS 3/06 vom 20. November 2011, die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Wehrbereichsverwaltung West, habe hinsichtlich der Zuständigkeit für ein Verfahren zur Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung einen „eklantante[n] Verstoß im Sinne eines venire contra factum proprium “ (Verstoß gegen den Grundsatz Treu und Glauben) begangen, indem sie „den Kläger über einen Zeitraum von über sechs Jahren in Unkenntnis über ihre tatsächlich nicht bestehende Zuständigkeit gelassen und ihn durch eine ihr nicht zustehende, aber angemaßte inhaltliche Entscheidungsbefugnis sowohl in das Klage- als auch das Berufungsverfahren getrieben hat“? Die in diesem Beschluss gerügte Verfahrensweise ist auf eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Jahr 2010 zurückzuführen. Bis dahin war dies eine jahrzehntelang einvernehmlich zwischen der Versorgungsverwaltung der Länder und der Bundeswehrverwaltung geübte Praxis. Als Konsequenz aus der geänderten Rechtsprechung des BSG wurden die nicht bestandskräftigen Bescheide aufgehoben, die mit dem Urteil nicht in Einklang zu bringen waren. Drucksache 18/4651 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 33. Inwiefern hat das das Bundesministerium der Verteidigung oder haben ihr nachgelagerte Verwaltungsbehörden auch in anderen Fällen um Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung infolge einer möglichen Radarschädigung möglicherweise eine Zuständigkeit suggeriert, obwohl eigentlich die Landesversorgungsbehörden die Entscheidungsbefugnis gehabt hätten , und wenn ja, in wie vielen Fällen, warum, und inwiefern wurden die entsprechenden Kläger mittlerweile über die fehlerhafte Zuständigkeit unterrichtet ? In keinem Fall wurde eine Zuständigkeit suggeriert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 34. Inwiefern und wie wurden alle Kläger noch nicht abschließend entschiedener Verfahren über die beschlossene Zuständigkeitsverlagerung zum 31. Dezember 2014, in der alle Verfahren in die Zuständigkeit des Bundes übergeben wurden (Gesetz zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten- und Hinterbliebenenversorgung nach dem Drittel Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund), unterrichtet , und wenn nein, warum nicht? Soweit Verfahren in der Sozialgerichtsbarkeit anhängig sind, werden Zuständigkeitsänderungen im Schriftverkehr zwischen den Beteiligten über die zuständige Kammer bzw. den zuständigen Senat des Gerichts angezeigt. Daher oblag es in den noch anhängigen sozialgerichtlichen Verfahren den beklagten Ländern, die Sozialgerichte bzw. Landessozialgerichte und insoweit auch die Kläger noch im Jahr 2014 über den anstehenden Zuständigkeitswechsel zu informieren. Soweit in den von den Länderverwaltungen übernommenen Akten festgestellt wird, dass eine gebotene Information unterblieben ist, wird dies durch die Bundeswehrverwaltung nachgeholt. 35. Inwiefern hat die Bundesregierung die Arbeit und die Entscheidungen der Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA bislang evaluiert, und wenn ja, mit welchem Ergebnis? Die „Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA“ (kurz „Härtefall-Stiftung“) hat sich inzwischen als ein etabliertes, akzeptiertes und sehr wirkungsvolles Instrument erwiesen. Die Zahl von 210 bisher abgeschlossenen Anträgen, von denen 130 Anträge positiv entschieden werden konnten, unterstreicht diesen Sachverhalt nachdrücklich. Über diese Ergebnisse wird auch der Verteidigungsausschuss in den entsprechenden Berichten zum Sachstand der Radarstrahlenproblematik unterrichtet. Für eine gesonderte Evaluation bestand darüber hinaus bisher kein Anlass. Ziel der Härtefall-Stiftung ist auch weiterhin eine zukunftsgerichtete, schnelle und unbürokratische Hilfe für Antragstellerinnen und Antragsteller und deren Angehörige in Notlagen und besonderen Härtefallsituationen, die im Zusammenhang mit der Ausübung dienstlicher Pflichten entstanden sein könnten. 36. Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA vorrangig für diejenigen potenziell von Radargeräten Geschädigten Stiftungsleistungen erbringen sollte, bei denen im Vorfeld keine Wehrdienstbeschädigung aufgrund der potenziellen Radarerkrankungen anerkannt werden konnte bzw. bei denen keine Beweiserleichterung seitens der Radarkommission empfohlen wurde, und Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4651 falls ja, inwiefern und wie überprüft die Bundesregierung dies gegebenenfalls ? Nach den Vorgaben der Stiftungssatzung werden Leistungen der Stiftung unabhängig von gesetzlichen Versorgungsansprüchen gewährt. 37. Inwiefern prüft die Bundesregierung, Leistungen der Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA künftig nicht mehr an die wirtschaftliche Lage der Antragsteller zu koppeln? Es ist nicht beabsichtigt, zukünftig Leistungen der Stiftung außerhalb der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit (§ 53 der Abgabenordnung – AO) zu gewähren. Die Bewilligung von Stiftungsleistungen setzt daher nach der Satzung auch weiterhin voraus, dass das bereinigte Nettoeinkommen aller im Haushalt lebenden Personen die Einkommensgrenze entsprechend § 53 AO nicht überschreitet. 38. Inwiefern wurde der in Ausschussdrucksache 18(12)267 beantragte zusätzliche Dienstposten für die Treuhänderische Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA mittlerweile in die Tat umgesetzt und mit welcher zeitlichen Befristung? Bei der Härtefall-Stiftung wurde zur Wahrnehmung der Aufgaben der Sozialfürsorge im Bereich der Stiftung ein Dienstposten (Besoldungsgruppe A 12) zum 1. März 2015 eingerichtet. Das Verfahren zur Besetzung dieses Dienstpostens ist noch nicht abgeschlossen. 39. Welchen Einfluss nahm und nimmt die Bundesregierung auf die Ausgestaltung der Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA und ihre Arbeit? Die Bundesregierung begleitet die Arbeit der Härtefall-Stiftung eng, nimmt aber keinen Einfluss auf die Ausgestaltung der Stiftung. Darüber entscheidet die Stiftung in eigener Verantwortung. 40. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, um auf die Angebote der Treuhänderischen Stiftung zur Unterstützung besonderer Härtefälle in der Bundeswehr und der ehemaligen NVA hinzuweisen? Im Stiftungs-Treuhandvertrag ist festgelegt, dass das Soldatenhilfswerk der Bundeswehr e. V. als Treuhänder im Rahmen seiner öffentlichen Berichterstattung für eine angemessene Publizität der Stiftungsaktivitäten sorgt. Darüber hinaus weist auch das Bundesministerium der Verteidigung, insbesondere durch den Sozialdienst der Bundeswehr, auf die Unterstützungsmöglichkeiten durch die Stiftung hin. 41. Welche Entwicklungen im Bereich möglicher Schädigungen infolge des Umgangs mit militärischen Radaranlagen hatten das vom 9. bis 11. Februar 2015 durchgeführte Fachsymposium erforderlich gemacht? Der Abschlussbericht zum Fachsymposium Radar wird gegenwärtig erstellt. Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen des Berichts werden nach Auswertung durch die Bundesregierung der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Drucksache 18/4651 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 42. Welche Erwartungen hatte die Bundesregierung an das vom 9. bis 11. Februar 2015 durchgeführte Fachsymposium, und wann erwartet die Bundesregierung den Bericht? Es wird auf die Antwort zu Frage 41 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333