Deutscher Bundestag Drucksache 18/4746 18. Wahlperiode 22.04.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Luise Amtsberg, Dr. Konstantin von Notz, Dr. Valerie Wilms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4488 – Unterstützung der friesischen Sprache und Kultur Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen bilden den rechtlichen Rahmen für die Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland. Sie umfassen die anerkannten autochthonen Minderheiten bzw. Volksgruppen Sinti und Roma, die dänische Volksgruppe, die Sorben und die Friesen. Die finanzielle Förderung der friesischen Volksgruppe ist jedoch überschaubar: Sie erhält jährlich lediglich einen Projektzuschuss von etwa 300 000 Euro. Die Nordfriesen siedeln an der nördlichen Westküste von Schleswig-Holstein, nahe der dänischen Grenze. Von den etwa 160 000 Einwohnerinnen und Einwohnern des heutigen Kreises Nordfriesland und der zum nordfriesischen Sprach- und Kulturraum gehörigen Hochseeinsel Helgoland bezeichnen sich noch etwa 50 000 Menschen aufgrund ihrer Abstammung als Friesen. Die nordfriesische Sprache, das wichtigste Identifikationsmerkmal, wird noch von etwa 10 000 Menschen aktiv gesprochen. Besonderes Merkmal der Sprache sind die zahlreichen unterschiedlichen Dialekte, die sich von Insel zu Insel und in verschiedenen Teilen des nordfriesischen Festlandes zum Teil erheblich unterscheiden . Von großer Bedeutung für die Pflege der friesischen Sprache, Kultur und Geschichte ist seit dem Jahr 1965 das Nordfriisk Instituut in Bredstedt als zentrale wissenschaftliche Einrichtung. Es wird von dem im Jahr 1948 gegründeten Verein Nordfriesisches Institut e. V. getragen. Zudem besteht an der ChristianAlbrechts -Universität zu Kiel seit dem Jahr 1978 eine Professur für Friesisch. Dennoch sind immer weniger Menschen in der Lage, die friesische Sprache aktiv zu sprechen, denn die Vielzahl der gesprochenen Dialekte stellt den Erhalt und die Förderung dieser Sprache vor große Herausforderungen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 21. April 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Wenngleich die friesische Volksgruppe bereits im Jahr 2004 eine umfassende konzeptionelle Vorlage im „Modell Nordfriesland“ erstellt hat, so hat sich die Situation bis heute nur punktuell verbessert. Auch in verschiedenen Erklärungen , wie nicht zuletzt der Amrumer Resolution (www.friesenrat.de/inside/pdf/ Drucksache 18/4746 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20131112_amrum_resolution.pdf) wird auf die Kernproblematik insbesondere im Bereich der Bildung und Medien hingewiesen. Als Hindernis für den nachhaltigen Erhalt des friesischen Kulturguts hat sich in der Vergangenheit auch die vergleichsweise geringe, bisherige finanzielle Unterstützung erwiesen. Das Land Schleswig-Holstein hat sich am 13. Dezember 2004 ein eigenes Friesisch-Gesetz gegeben. Darin werden die friesischen Sprachformen und ihr freier Gebrauch anerkannt sowie die einzelnen Rechte der Friesen, wie etwa der Gebrauch des Friesischen gegenüber Behörden oder die Nutzung von zweisprachigen Ortsschildern, gewährleistet. In § 1 Absatz 1 heißt es: „Das Land Schleswig-Holstein erkennt die in Schleswig-Holstein gesprochenen friesischen Sprachformen als Ausdruck des geistigen und kulturellen Reichtums des Landes an. Ihr Gebrauch ist frei. Ihre Anwendung in Wort und Schrift im öffentlichen Leben und die Ermutigung dazu werden geschützt und gefördert“. Artikel 5 der Landesverfassung lautet: „Die nationale dänische Minderheit, die Minderheit der deutschen Sinti und Roma und die friesische Volksgruppe haben Anspruch auf Schutz und Förderung“. Die autochthonen Minderheiten der Dänen, Friesen, Sorben, Sinti und Roma organisieren ihre Interessen unter anderem über das vom Bundesministerium des Innern (BMI) geförderte Minderheitensekretariat. Im Jahr 2002 schuf die rot-grüne Bundesregierung zudem einen „Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten“. Dieses Amt wird derzeit vom Abgeordneten Hartmut Koschyk ausgeübt. Auf der Bundesebene wurde unter anderem der Beratende Ausschuss für Fragen der friesischen Volksgruppe in Deutschland beim Bundesministerium des Innern eingerichtet. Er setzt sich unter Vorsitz des Beauftragten für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten entsprechend der Geschäftsordnung zusammen aus Vertretern des BMI, je einem Mitglied des Frasche Rädj – Friesenrat Sektion Nord e. V. –, des Friisk Foriining, des Nordfriesischen Vereins, des Seelter Buundes, dem Direktor des Nordfriisk Instituuts und je einem Vertreter der Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Vertreter weiterer Bundesministerien werden regelmäßig zu den Sitzungen eingeladen. Mit der Ratifizierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen hat sich die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die traditionell auf ihrem Gebiet gesprochenen Sprachen als bedrohten Aspekt des europäischen Kulturerbes zu schützen und zu fördern. Mit der Charta sollen traditionell in einem Vertragsstaat gesprochene Sprachen als bedrohter Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt werden. Regionalsprache im Sinne der Charta ist in Deutschland das Niederdeutsche. Als Minderheitensprachen werden die Sprachen der nationalen Minderheiten der Dänen, Sorben (Nieder- und Obersorbisch), Friesen (Nord- und Saterfriesisch) und der deutschen Sinti und Roma geschützt. Für diese Gruppen ist die Benutzung ihrer Sprachen identitätsstiftend . Diese Kleine Anfrage fokussiert sich auf die Frage der Unterstützung der friesischen Sprache und Kultur. Gleichwohl gibt es auch vermehrten Förderungsbedarf bei Belangen von anderen autochthonen Minderheiten (z. B. die Förderung der Sprache Romanes). Auch für die Mehrheitsbevölkerung wäre der Verlust von Regional- und Minderheitensprachen der Verlust eines wichtigen traditionellen Kulturelements unserer Gesellschaft. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g In Deutschland leben vier anerkannte nationale Minderheiten: Die Dänen, die friesische Volksgruppe, die deutschen Sinti und Roma sowie das sorbische Volk. Sie erhalten durch Bund und Länder einen besonderen Schutz und spezifische Förderungen. Zahlenangaben über nationale Minderheiten in Deutschland beruhen aus gutem Grund nur auf Schätzungen; seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden generell keine bevölkerungsstatistischen oder sozioökonomi- schen Daten auf ethnischer Basis erhoben. Die Zugehörigkeit zu einer Minderheit ist – auch nach dem Rahmenübereinkommen des Europarates zum Schutz Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4746 nationaler Minderheiten – die persönliche Entscheidung eines jeden Einzelnen, die von Staats wegen nicht registriert, überprüft oder bestritten wird. Der Minderheiten- und Sprachenschutz basiert auf umfassenden rechtlichen Regelungen im internationalen, europäischen und deutschen Recht: So verbietet Artikel 1 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU) Diskriminierungen aufgrund der Sprache oder der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit; Artikel 22 der Charta verpflichtet zur Achtung der Kulturen, Religionen und Sprachen. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verbietet jede Form der Diskriminierung wegen der Sprache oder aufgrund von Heimat und Herkunft (Artikel 3 Absatz 3 Satz 1 des Grundgesetzes – GG). Die Mitgliedstaaten des Europarates erarbeiteten seit dem Jahr 1993 ein Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten. Deutschland hat sich aktiv an der Erarbeitung beteiligt und sich für eine möglichst effiziente Umsetzung stark gemacht. Das Abkommen ist in Deutschland als Bundesrecht im Jahr 1998 in Kraft getreten. Am 1. Januar 1999 trat die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen in Deutschland in Kraft (vgl. http://conventions.coe.int/Treaty/ger/ Treaties/Html/148.htm). Die Charta wurde am 5. November 1992 in Straßburg zur Zeichnung aufgelegt; Deutschland gehört zu den Erstunterzeichnern am 5. November 1992. Sie trat aber erst am 1. März 1998 in Kraft, nachdem die notwendige Anzahl von fünf Ratifikationen erreicht wurde. Die Charta wurde durch Gesetz vom 9. Juli 1998 mit Zustimmung des Bundesrates angenommen. Ihr Kern ist das unveräußerliche Recht der Menschen, sich im privaten und öffentlichen Leben ihrer eigenen Sprache zu bedienen; mit ihr werden traditionell in einem Vertragsstaat gesprochene Minderheiten- oder Regionalsprachen als Aspekt des europäischen Kulturerbes geschützt und gefördert. Die geforderten Maßnahmen beziehen sich auf das Bildungswesen, insbesondere den Unterricht der Sprache und in der Sprache, die Verwendung der Sprache in Gerichtsverfahren und vor Verwaltungsbehörden, das Nutzen der Sprache in Rundfunk und Presse, bei kulturellen Tätigkeiten und Einrichtungen sowie im wirtschaftlichen und sozialen Leben. Die Sprachencharta ist eine sog. Menükonvention – die Staaten haben die Möglichkeit, aus den genannten Lebensbereichen zwischen mehreren Verpflichtungsalternativen zu wählen. Jede Vertragspartei muss dabei mindestens 35 Paragrafen oder Absätze aus einem Maßnahmenkatalog (einschließlich einer Anzahl zwingender Maßnahmen aus einem „Kernbereich“) auswählen. Für die Umsetzung der Charta sind im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland vor allem die Länder zuständig. Diese haben sich, angepasst an die unterschiedlichen Lebensbedingungen der einzelnen Minderheitenund Sprachgruppen vor Ort, situationsgerecht und variabel zur Umsetzung gezielter Fördermaßnahmen verpflichtet. Die durch die Charta geschützte friesische Volksgruppe teilt sich in die im Wesentlichen im Kreis Nordfriesland und auf der Insel Helgoland lebenden Nordfriesen und die im Nordwesten des Landkreises Cloppenburg und in der Gemeinde Saterland lebenden Saterfriesen. Die Organisationen der Friesen engagieren sich u. a. für den Erhalt der Sprachen und für ihren Gebrauch im öffentlichen Raum sowie die Kulturvermittlung in den Schulen. Wichtige Träger für die Arbeit der friesischen Bewegung in Nordfriesland sind die zahlreichen friesischen Vereine, die teils nur regional wirken. Gemeinsame Dachorganisation ist der Frasche Rädj (Friesenrat – Sektion Nord e. V.). Als zentrale wissenschaftliche Einrichtung für die Pflege der friesischen Sprache, Kultur und Geschichte arbeitet seit dem Jahr 1965 das Nordfriisk Instituut in Bredstedt. Im Saterland setzt sich der Seelter Buund (Heimatverein Saterland) für den Er- halt und die Förderung des Saterfriesischen – eine der kleinsten Sprachgruppen Drucksache 18/4746 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode in Europa – ein. Forschung und Lehre der Universität Oldenburg begleiten die wissenschaftlichen Aspekte. Die Bundesregierung hat zum regelmäßigen Dialog den Beratenden Ausschuss für Fragen der friesischen Volksgruppe in Deutschland beim Bundesministerium des Innern eingerichtet. Er hat die Aufgabe, alle die friesische Volksgruppe betreffenden Fragen zu erörtern. Dem Ausschuss gehört je ein Vertreter des Frasche Rädj – Friesenrat Sektion Nord e. V., der Friisk Foriining, des Nordfriesischen Vereins, des Seelter Buunds sowie der Direktor des Nordfriisk Instituuts, darüber hinaus Vertreter des Bundesministeriums des Innern und der Regierungen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins an. Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Vertreter weiterer Bundesministerien werden zu den Sitzungen eingeladen. Vorsitzender des Ausschusses ist der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, der Abgeordnete Hartmut Koschyk. Das Land Niedersachsen hat hinsichtlich der Minderheitensprache Saterfriesisch verschiedene Verpflichtungen aus der Europäischen Charta der Regional - oder Minderheitensprachen übernommen. So wird Saterfriesisch im saterfriesischen Sprachgebiet im Land Niedersachsen im Rahmen der nachfolgenden Zeichnungen mit geeigneten Maßnahmen unterstützt und gefördert: Artikel 8 Absatz 1a iv; e ii; f iii; g; i; Artikel 9 Absatz 1b iii; c iii; Absatz 2a; Artikel 10 Absatz 1a v; c; Absatz 2a; b; c; d; e; f; Absatz 4a; c; Absatz 5; Artikel 11 Absatz 1b ii; c ii; d; e ii; f ii; Absatz 2; Artikel 12 Absatz 1a; b; c; d; e; f; g; Absatz 2; Absatz 3; Artikel 13 Absatz 1a; c; d. Das Land Schleswig-Holstein hat für die Minderheitensprachen Dänisch, Nordfriesisch und Romanes jeweils unterschiedliche Verpflichtungen aus der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen übernommen. Für das Nordfriesische sind dies: Artikel 8 Absatz 1a iv, Absatz 1b iv, Absatz 1c iv, Absatz 1h; Artikel 10 Absatz 1a v, Absatz 1b ii, Absatz 1c ii, Absatz 1e ii, Absatz 1f ii; Artikel 12 Absatz 1e; Artikel 14 Absatz 1a. Die Bundesregierung arbeitet in den Förderverfahren eng mit den Organisationen der friesischen Volksgruppe und den Ländern Niedersachsen und Schleswig -Holstein zusammen. Sie ergänzt mit ihren kulturellen Förderhilfen die vorrangige Zuständigkeit der Länder und trägt mit ihrem Engagement entscheidend mit dazu bei, die kulturellen und sprachlichen Belange der anerkannten nationalen Minderheiten zu unterstützen. 1. Nach welchen Kriterien werden die Bundesmittel für die einzelnen Minderheiten bzw. Volksgruppen vergeben, und wie begründet die Bundesregierung die Höhe im Einzelnen? Die Bundesregierung vergibt die Förderungen nach Maßgabe der Bestimmungen des jeweiligen Haushaltsgesetzes, der Ausgabeermächtigung des Bundeshaushaltsplanes und unter Beachtung der haushaltsrechtlichen Vorgaben des Bundes. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4746 Bei der Veranschlagung berücksichtigt die Bundesregierung besondere Projektbelange und insgesamt die historische und gegenwärtige Situation der jeweiligen Minderheit. 2. Warum wird die Minderheit der Friesen bislang nur durch Projektzuschüsse , nicht aber institutionell gefördert angesichts der Tatsache, dass sie nach Information der Fragesteller bislang nur über wenige hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt und diese hauptsächlich mit der Abwicklung von Projektgeldern beschäftigt sind, wodurch der Spielraum für inhaltliche Arbeit eingeschränkt wird? Die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Einrichtung und der Verwaltungsaufwand sind nach Auffassung der Bundesregierung keine geeigneten Kriterien, um die haushaltsrechtliche Frage nach der Zuwendungsart zu beurteilen . Die Projektförderung hat wegen ihrer zeitlichen und inhaltlichen Begrenzung rechtlich Vorrang gegenüber der institutionellen Förderung. Der Ausweitung der Zahl institutioneller Zuwendungsempfänger sind rechtlich sehr enge Grenzen gesetzt. Ein neuer Zuwendungsempfänger kann nach dem sog. Omnibusprinzip grundsätzlich nur dann in die institutionelle Förderung aufgenommen werden, wenn ein anderer Zuwendungsempfänger in finanziell gleichwertigem Umfang aus der institutionellen Förderung ausscheidet. Die Regelungen für Projektförderungen lassen den Zuwendungsempfängern mehr Spielraum im Sinne einer größeren Staatsferne – bei einer institutionellen Förderung ist die Anwendung u. a. aller haushalts- und tarifrechtlichen Vorschriften auf den dann aufzustellenden Wirtschaftsplan strikt vorgegeben. Institutionen der Nordfriesen (Geschäftsstelle Friesenrat, Nordfriesischer Verein , Friisk Foriining, Nordfriesisches Institut) werden vom Land SchleswigHolstein seit Jahren institutionell gefördert, allein im Haushaltsjahr 2015 mit mehr als 426 000 Euro. Die Gemeinde Saterland stellt sich seit dem Jahr 2013 als Projektträger für die Projekte der saterfriesischen Sprachgruppe zur Verfügung und stellt damit sicher, dass der Seelter Buund nicht mit administrativen Arbeiten aus Projektförderungen belastet ist, sondern sich den inhaltlichen Aspekten seiner Arbeit und seiner Projekte widmen kann. 3. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass die bisherige Bundesförderung der friesischen Volksgruppe in Höhe von 300 000 Euro überdacht und gegebenenfalls erhöht werden sollte angesichts der Tatsache, dass der Friesenrat Sektion Nord zwei Jahre im Voraus die angeschlossenen Verbände aufruft, Projekte zwecks Bundesförderung einzureichen, sich nach Information der Fragesteller zahlreiche Projektträger angesichts begrenzter Mittel jedoch nach Eigenaussage nicht trauen, umfangreiche, eigene Projektideen zu entwickeln, und nach ihren Aussagen dennoch das Antragsvolumen regelmäßig weit höher als die zur Verfügung stehenden Mittel ist? Nach Bekunden der friesischen Volksgruppe ist eine Bundesförderung in Höhe von 320 000 Euro auskömmlich. Zudem trifft es nicht zu, dass die friesische Volksgruppe von der Bundesregierung mit 300 000 Euro gefördert wird. Drucksache 18/4746 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Der friesischen Volksgruppe wurden seit dem Jahr 2000 folgende Haushaltsmittel bereitgestellt: ● 2000: 250 000 Euro ● 2001: 250 000 Euro ● 2002: 250 000 Euro ● 2003: 250 000 Euro ● 2004: 250 000 Euro ● 2005: 250 000 Euro ● 2006: 250 000 Euro ● 2007: 280 000 Euro ● 2008: 280 000 Euro ● 2009: 280 000 Euro ● 2010: 600 000 Euro ● 2011: 300 000 Euro ● 2012: 370 000 Euro ● 2013: 720 000 Euro ● 2014: 320 000 Euro ● 2015: 360 000 Euro, das sind im dargestellten Zeitraum insgesamt 5 260 000 Euro. Die jeweiligen Haushaltsansätze sind nach Ansicht der Bundesregierung bedarfsgerecht . Der Bundesregierung und der Landesregierung Schleswig-Holstein ist nicht bekannt , dass Projektideen nicht entwickelt werden. Der Bundesregierung ist das Antragsverfahren innerhalb des Friesenrates bekannt – der lange Vorlauf ist verbandsintern vorgesehen und dient dazu, die Projekte zwischen den nordfriesischen Vereinen und Verbänden abzustimmen, einer internen Qualitätskontrolle zu unterziehen, gemeinsam zu erörtern und in einer Mitgliederversammlung der nordfriesischen Vereine als Projektantrag an den Bund zu finalisieren. 4. Sieht die Bundesregierung die Minderheitenkonvention in ausreichendem Maße umgesetzt? Wo sieht sie Lücken und Nachholbedarf? Wenn ja, wie plant sie, diese Lücken zu schließen, und in welchem Maß soll die friesische Volksgruppe hierbei beteiligt werden? Wegen des Stands der Umsetzung des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten wird auf den aktuell vierten Bericht der Bundesrepublik Deutschland zur Implementierung des Abkommens verwiesen. Die Bedarfe der friesischen Volksgruppe werden insbesondere in den folgenden Gremien bzw. durch die folgenden Personen behandelt: ● Der sogenannte Beratende Ausschuss für Fragen der friesischen Volksgruppe sichert der Minderheit den Kontakt mit der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag und wird von dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten geleitet. Der Teilnehmerkreis setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums des In- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4746 nern (BMI), des Frasche Rädj/Friesenrat Sektion Nord e. V., des Friisk Foriining, des Nordfriesischen Vereins, des Seelter Buundes, des Direktors des Nordfriisk Instituuts sowie der Länder Niedersachsen und SchleswigHolstein zusammen. Abgeordnete des Deutschen Bundestages und Vertreterinnen und Vertreter weiterer Bundesministerien werden zu den Sitzungen eingeladen. Seit dem Jahr 2014 ist das Minderheitensekretariat als ständiger Gast vertreten. ● Auf sogenannte Implementierungskonferenzen wird über die Umsetzung des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten sowie der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen beraten. Teilnehmende sind die mit dem Minderheitenschutz und den Minderheiten - oder Regionalsprachen befassten Bundesministerien, die bei den Ländern federführend zuständigen Landesbehörden sowie Vertreterinnen und Vertreter der Dachverbände der durch die Instrumente geschützten Minderheiten . Zu letzteren zählen auch Vertreterinnen und Vertreter der friesischen Volksgruppe. ● Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten steht in regelmäßigem Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der friesischen Volksgruppe. Dies gilt sowohl für die Konsultationen mit dem Minderheitensekretariat, in dem sämtliche nationalen Minderheiten vertreten sind und das – gefördert aus Mitteln des BMI – eine politische Koordinierung der nationalen Minderheiten ermöglicht, als auch für bilaterale Gespräche sowie die Sitzungen des vorgenannten Beratenden Ausschusses. 5. Sieht die Bundesregierung die im Rahmen der Vorlage der bisherigen Staatenberichte zur Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen gemachten Empfehlungen bereits ausreichend umgesetzt, oder wo gibt es nach Ansicht der Bundesregierung noch Nachholbedarf? Es wird auf die jüngsten Staatenberichte der Bundesrepublik Deutschland zur Implementierung der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen verwiesen, die sich jeweils unmittelbar mit den entsprechenden Empfehlungen des Europarates befassen. Zudem hat der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten gemeinsam mit dem Minderheitenrat mit einer gemeinsamen Sprachenkonferenz unter dem Motto „Charta-Sprachen in Deutschland – Ein Thema für alle!“ im November 2014 ein weithin sichtbares Zeichen für den Schutz und die Förderung der Regional- und Minderheitensprachen in Deutschland gesetzt. Neben den Vertreterinnen und Vertretern der Minderheiten konnten zahlreiche Entscheidungsträger aus dem Deutschen Bundestag und den Länderparlamenten sowie Vertreterinnen und Vertreter der zuständigen Ministerien und der Wissenschaft zu einem übergreifenden Dialog begrüßt werden. Ergebnis der Konferenz ist ein Grundsatzpapier, welches zugleich den Startpunkt für eine von Bund, Ländern, Minderheiten und Niederdeutsch-Sprechern gemeinsam zu entwickelnde sprachenpolitische Ausrichtung für die Charta-Sprachen in Deutschland bilden soll. Drucksache 18/4746 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 6. Sieht die Bundesregierung die von ihr im Rahmen der Europäischen Sprachencharta eingegangenen Verpflichtungen, beispielsweise zur Stärkung der Regional- und Minderheitensprachen im Bereich von Bildungseinrichtungen , Schulen, Hochschulen, Verwaltung und Medien, bereits ausreichend umgesetzt, oder wo gibt es nach Ansicht der Bundesregierung noch Nachholbedarf ? Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich keine Einschätzung zu Bedarfsfragen , die in der Kompetenz der Länder liegen, vor. 7. Hält die Bundesregierung die derzeitige Förderung durch den Bund für ausreichend , um den Erhalt der friesischen Kultur und Sprachenvielfalt zu gewährleisten ? a) Wenn nein, inwiefern will die Bundesregierung zum Fortbestehen der friesischen Sprachenvielfalt beitragen, und plant sie darüber hinaus, die Förderung für die friesische Minderheit zu erhöhen bzw. um andere Formen der Bezuschussung (z. B. eine institutionelle Förderung) zu ergänzen ? In welcher Weise wurde die in dem Antrag der 16. Wahlperiode (Bundestagsdrucksache 16/11773) ausgesprochene Empfehlung für die zeitgemäße Angleichung der Fördermechanismen durch die Bundesregierung aufgegriffen? b) Wenn ja, welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Umstand, dass immer weniger Menschen die friesische Sprache erlernen und beherrschen, und worin sieht sie die vorherrschenden Gründe hierfür? Die Bundesregierung hält die derzeitige Förderung durch den Bund – so wie auch die Vertreter der friesischen Verbände (vgl. Antwort zu Frage 3) – für auskömmlich . Der Bundesregierung liegen keine validen Zahlen über die Anzahl der friesischen Sprecherinnen und Sprecher vor, sodass sie zu der von den Fragestellern aufgestellten Behauptung, dass „immer weniger Menschen die friesische Sprache erlernen und beherrschen“, keine Aussage treffen kann. 8. Wie schätzt die Bundesregierung den Bedarf und das Angebot für friesischen Sprachunterricht an schleswig-holsteinischen und saterländischen Schulen ein angesichts der Tatsache, dass die Bildungspolitik vor dem Hintergrund des föderalen Systems zwar in die Zuständigkeit der Länder fällt, die Förderung der Sprache und Kultur nationaler Minderheiten jedoch auch eine bundesdeutsche Verpflichtung darstellt und die Bundesregierung die Einhaltung der Verpflichtungen aus der Europäischen Sprachencharta zugesagt hat? Ist dieses Angebot nach Meinung der Bundesregierung bislang ausreichend ? Hält die Bundesregierung ein Angebot über die allgemeinbildenden Schulen hinaus für sinnvoll? Gibt es Überlegungen vonseiten der Bundesregierung, bestehende Angebote auszubauen? Wenn ja, welche konkret, und wird die friesische Volksgruppe an etwaigen Überlegungen beteiligt? Schulbildung liegt nach der Zuständigkeitsverteilung des Grundgesetzes im Ver- antwortungsbereich der Länder. Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4746 keine Einschätzung zu Bedarfsfragen, die in der Kompetenz der Länder liegen, vor. 9. Inwieweit hält die Bundesregierung das Angebot von friesischem Unterricht in den Volkshochschulen in Schleswig-Holstein und im Landkreis Cloppenburg für ausreichend? Volkshochschulen sind zumeist in der Trägerschaft von Gemeinden, Landkreisen , Vereinen oder Zweckverbänden. Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich keine Einschätzung zu Bedarfsfragen, die nicht in ihrer Zuständigkeit liegen, vor. 10. Inwieweit hält die Bundesregierung das Friesischangebot in den Kindergärten und Kindertagesstätten der Region für ausreichend? Sollte dieses nach Ansicht der Bundesregierung ausgebaut werden, um das Potential gerade kleiner Kinder besser nutzen zu können? Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich keine Einschätzung zu Bedarfsfragen , die in diesem Fall in der Kompetenz der Länder, Kommunen und Trägereinrichtungen liegen, vor. 11. Hält die Bundesregierung das Angebot an Literatur in friesischer Sprache sowohl für den Unterricht als auch für Lesende für derzeit ausreichend, um die friesische Sprache nachhaltig zu schützen? Hinsichtlich der Frage nach Unterrichtsmaterialien wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Die Bundesregierung hält das Angebot an Literatur in friesischer Sprache für Lesende derzeit für ausreichend. 12. Welche sonstigen kulturellen Angebote sind für den Erhalt der friesischen Kultur und Sprache nach Auffassung der Bundesregierung zentral? Die Bundesregierung nimmt – schon im Hinblick auf die Freiheitsrechte nach Artikel 5 Absatz 3 GG – grundsätzlich keine Einschätzung zu Bedarfsfragen, die in diesem Fall von den Organisationen der friesischen Volksgruppe definiert werden müssen, vor. 13. Inwiefern schützt und fördert die Bundesregierung die Anwendung der friesischen Sprachformen in Schrift und Wort? Für Schutz und Förderung der friesischen Sprache sind in der Bundesrepublik Deutschland im Wesentlichen die Länder zuständig. Wegen der Maßnahmen des Bundes wird auf die in der Antwort zu Frage 5 genannten Staatenberichte sowie die in der Antwort zu Frage 4 genannten Einrichtungen verwiesen. Drucksache 18/4746 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 14. Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, dass sich der Bund nach dem Vorbild des Landes Schleswig-Holstein (vgl. § 3 des Friesisch-Gesetzes) selber dazu verpflichtet, u. a. seine Gebäude in den betreffenden Regionen freiwillig in Friesisch auszuschildern? Wenn ja, plant die Bundesregierung, es zu tun? Wenn nein, wie begründet die Bundesregierung ihre Haltung? Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Kontakt mit den im friesischen Sprachraum befindlichen Bundesbehörden aufgenommen und diese gebeten, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob eine entsprechende Beschilderung vorgenommen werden soll. Für eine gesetzliche Verpflichtung, wie sie die Fragesteller aufwerfen, besteht insoweit kein Bedarf. 15. Inwieweit wurden die sonstigen, in dem Antrag aus der 16. Wahlperiode (Bundestagsdrucksache 16/11773) ausgesprochenen Empfehlungen, beispielsweise bezüglich der angeregten Vereinheitlichung der Ausführungsbestimmungen zum Erlernen von Minderheitensprachen in der Bundesrepublik Deutschland oder der Schaffung von Fördermaßnahmen für Spracheninitiativen von Minderheiten mit den Gremien der Europäischen Union und des Europarates, nach Ansicht der Bundesregierung umgesetzt ? Wo gibt es nach Ansicht der Bundesregierung noch Nachholbedarf? Eine Vereinheitlichung der Ausführungsbestimmungen zum Erlernen von Minderheitensprachen in der Bundesrepublik Deutschland ist aufgrund der unterschiedlichen Bedarfe der einzelnen Minderheiten nicht zielführend. Bei der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen handelt es sich zudem – wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung bereits erwähnt – um eine sogenannte Menükonvention, die den Vertragsstaaten die Möglichkeit gibt, aus den in ihr genannten Lebensbereichen zwischen mehreren Verpflichtungsalternativen zu wählen. Den Ländern wurde hier die Möglichkeit eröffnet, sich angepasst an die unterschiedlichen Lebensbedingungen der einzelnen Minderheiten vor Ort situationsgerecht zur Umsetzung einzelner Maßnahmen zu verpflichten . Wegen der weiteren Punkte wird auf die in der Antwort zu den Fragen 4 und 5 genannten Staatenberichte verwiesen. Länder und Bund stehen darüber hinaus – u. a. mit den in der Antwort zu Frage 4 genannten Einrichtungen – in einem konstanten Austausch zur Erörterung aktueller minderheitenpolitischer Belange. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333