Deutscher Bundestag Drucksache 18/4825 18. Wahlperiode 06.05.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Oliver Krischer, Annalena Baerbock, Dr. Julia Verlinden, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4645 – Kenntnis der Bundesregierung über die Höhe der Kohledeputate für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Aktive und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft erhalten zusätzlich zu ihrem Arbeitslohn sogenannte Kohledeputate. Diese sind Sachleistungen in Form von Kohle oder aber Geldleistungen. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Gewährung von Hausbrand (Deputate) in Form der Lieferung fester Brennstoffe oder von Energiebeihilfen an aktive und ausgeschiedene Beschäftigte der RAG Aktiengesellschaft sowie deren Hinterbliebene erfolgt auf Grundlage der Manteltarifverträge für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus sowie des Saarbergbaus. Die getroffenen Regelungen unterliegen somit der Tarifautonomie. Für ausgeschiedene Mitarbeiter der RAG besteht hinsichtlich der Gewährung von Deputaten Bestandsschutz, da laut entsprechend der aktuellen Rechtsprechung diese als rentenrechtlicher Anspruch einzustufen ist. Deputate sind Bestandteil der Arbeitskosten des Unternehmens und nach den zur Abrechnung der Steinkohlesubventionen getroffenen Regelungen subventionsfähig . Bei der Beantwortung der nachfolgenden Fragen stützt sich die Bundesregierung mangels eigener Informationen auch auf Angaben der RAG Aktiengesellschaft . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 30. April 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/4825 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche Voraussetzungen müssen nach Kenntnis der Bundesregierung erfüllt sein, damit aktive oder ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft Kohledeputate erhalten? Die RAG Aktiengesellschaft hat dazu mitgeteilt: Bei dem Anspruch auf Hausbrand (Feste Brennstoffe oder Energiebeihilfe) handelt es sich um einen tariflichen Anspruch. Grundlagen sind der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus und der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Saarbergbaus. Die Hausbrandbezugsrechte gelten für: a) aktive Beschäftigte, b) vor dem 1. Juli 2002 aus dem Unternehmen ausgeschiedene Mitarbeiter so- wie deren Witwen/Witwer, c) nach dem 1. Juli 2002 aus dem Unternehmen ausgeschiedene und zu diesem Stichtag mindestens 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigte Mitarbeiter und deren Witwen/Witwer. Weitere Voraussetzung ist das Führen eines eigenen Haushaltes. 2. Wie viele aktive und wie viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2008 Kohledeputate, und wie viele werden es in den Jahren 2015 bis 2018 und wie viele in den Jahren nach 2018 sein (bitte für jedes Jahr getrennt aufschlüsseln)? 5. Wie viele aktive und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten nach Kenntnis der Bundesregierung die Deputate als Sachleistung (Kohle), und wie viele erhalten sie als Geldleistung (bitte für jedes Jahr seit dem Jahr 2008 auflisten)? Die Fragen 2 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Anzahl der Bezugsberechtigten Ruhr / Saar Festbrennstoffe Energiebeihilfe Gesamt 2008 Aktive Mitarbeiter: 5.398 18.766 24.164 Ehemalige Mitarbeiter: 17.554 146.943 164.497 Gesamt: 22.952 165.709 188.661 2009 Aktive Mitarbeiter: 4.713 17.484 22.197 Ehemalige Mitarbeiter: 17.169 142.719 159.888 Gesamt: 21.882 160.203 182.085 2010 Aktive Mitarbeiter: 3.968 15.345 19.313 Ehemalige Mitarbeiter: 16.908 138.358 155.266 Gesamt: 20.876 153.703 174.579 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4825 Die Zahlen aus den Jahren 2015 bis 2018 sind planerische Daten. Aufgrund der derzeit laufenden Tarifverhandlungen können keine Angaben über berechtigte Mitarbeiter nach dem Jahr 2018 gemacht werden. Die Angaben beruhen auf Informationen der RAG Aktiengesellschaft. 3. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Kohledeputate pro aktivem bzw. ehemaligem Mitarbeiter? Die RAG Aktiengesellschaft hat dazu mitgeteilt: a) Aktive Beschäftigte Der tarifvertragliche Anspruch eines aktiven verheirateten Mitarbeiters an der Ruhr beträgt jährlich bis zu 7 t Deputatkohle (Arbeiter) bzw. bis zu 8 t Deputat- 2011 Aktive Mitarbeiter: 3.245 12.504 15.749 Ehemalige Mitarbeiter: 16.386 134.455 150.841 Gesamt: 19.631 146.959 166.590 2012 Aktive Mitarbeiter: 2.433 10.439 12.872 Ehemalige Mitarbeiter: 15.808 130.693 146.501 Gesamt: 18.241 141.132 159.373 2013 Aktive Mitarbeiter: 1.844 8.444 10.288 Ehemalige Mitarbeiter: 15.264 126.351 141.615 Gesamt: 17.108 134.795 151.903 2014 Aktive Mitarbeiter: 1.358 6.864 8.222 Ehemalige Mitarbeiter: 14.578 122.496 137.074 Gesamt: 15.936 129.360 145.296 2015 Aktive Mitarbeiter: 1.019 6.952 7.971 Ehemalige Mitarbeiter: 13.995 118.967 132.962 Gesamt: 15.104 125.919 140.933 2016 Aktive Mitarbeiter: 764 5.272 6.036 Ehemalige Mitarbeiter: 13.435 115.538 128.973 Gesamt: 14.199 120.810 135.009 2017 Aktive Mitarbeiter: 573 3.996 4.569 Ehemalige Mitarbeiter: 12.898 112.206 125.104 Gesamt: 13.471 116.202 129.673 2018 Aktive Mitarbeiter: 430 2.036 2.466 Ehemalige Mitarbeiter: 12.382 108.969 121.351 Gesamt: 12.812 111.005 123.817 kohle (Angestellte) oder alternativ eine Energiebeihilfe. Drucksache 18/4825 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Unverheiratete Arbeiter und Angestellte erhalten nach dem Tarifvertrag jährlich bis zu 3,5 t Deputatkohle oder alternativ eine Energiebeihilfe. Sollten zwei Bezugsberechtigte beschäftigt sein, ist ein Doppelbezug ausgeschlossen . Aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen an der Saar erhalten die aktiven verheirateten Arbeiter und Angestellten jährlich bis zu 7,5 t Deputatkohle oder alternativ eine Energiebeihilfe. Unverheiratete Arbeiter und Angestellte erhalten jährlich bis zu 5 t Deputatkohle oder alternativ eine Energiebeihilfe. b) Rentnerinnen/Rentner und Witwen/Witwer Rentnerinnen und Rentner und Witwen und Witwer erhalten jährlich in den Revieren Ruhr 2,5 t Deputatkohle (Arbeiter) bzw. 3,0 t Deputatkohlen (Angestellte ) oder eine entsprechende Energiebeihilfe. An der Saar erhalten alle Rentnerinnen und Rentner und Witwen und Witwer jährlich bis zu 2,5 t Deputatkohle oder jährlich eine Energiebeihilfe. 4. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Höhe seit dem Jahr 2008 bis heute verändert? Nach Auskunft der RAG Aktiengesellschaft hat sich die Anspruchshöhe seit dem Jahr 2008 weder für die festen Brennstoffe noch für die Energiebeihilfe erhöht. 6. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, wenn der größere Teil der Kohledeputate als Geldleistung ausgezahlt wird? Ein verstärkter, tariflich zulässiger Wechsel der berechtigten Bezieher von Kohledeputaten zu Energiebeihilfen deutet auf eine zunehmende Umstellung der Energieträger für Raumwärme hin. Aus heutiger Sicht hat das Motiv einer Versorgung der Bergleute mit selbstgenutzter Kohle an Bedeutung verloren. 7. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gesamtkosten für die Deputate seit dem Jahr 2008, wie hoch werden sie in den Jahren 2015 bis 2018 und in den Jahren nach dem Jahr 2018 sein (bitte für jedes Jahr einzeln auflisten)? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4825 Nach Angaben der RAG Aktiengesellschaft belaufen sich die Gesamtkosten für die Deputate an aktive und ehemalige Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft in Ruhr und Saar auf folgende Beträge: Aufgrund der derzeit laufenden Tarifverhandlungen können keine Angaben über die zukünftigen Kosten gemacht werden. 8. Wie hoch sind die Anteile des Bundes sowie nach Kenntnis der Bundesregierung der Bergbauländer NRW und Saarland an den Gesamtkosten für die Deputate seit dem Jahr 2008, und wie hoch werden diese Anteile nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2015 bis 2018 und in den Jahren nach dem Jahr 2018 sein (bitte für jedes Jahr einzeln auflisten)? Die Subventionierung des Absatzes deutscher Steinkohle dient dem Ausgleich des Unterschiedes zwischen den durchschnittlichen Produktionskosten der RAG Aktiengesellschaft und dem Preis für Drittlandskohle in den jeweiligen Absatzbereichen (Einsatz in Kraftwerken und zur Stahlerzeugung). Dabei werden die Produktionskosten in ihrer Gesamtheit und nicht nach einzelnen Kostenpositionen bezuschusst. Insofern sind gesonderte Aussagen über die Anteile des Bundes sowie der Bergbauländer NRW und Saarland an den Gesamtkosten für Deputate für den betrachteten Zeitraum nicht möglich. An der Subventionierung der Steinkohle beteiligen sich der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen mit den in der Rahmenvereinbarung „Sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus in Deutschland“ festgelegten Finanzierungsanteilen : Das Saarland beteiligt sich an den Steinkohlesubventionen nicht. 9. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung weitere Träger für die Kosten der Deputate? Wenn ja, welche, und welchen Anteil hatten sie nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren seit dem Jahr 2008, welchen werden sie in den Jahren 2015 bis 2018 und welchen nach dem Jahr 2018 haben? Gesamtkosten Kalenderjahr in Mio. Euro 2008 rd. 81,0 2009 rd. 78,0 2010 rd. 74,7 2011 rd. 71,6 2012 rd. 68,1 2013 rd. 65,2 2014 rd. 61,2 % 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Bund 77,54 76,81 77,30 76,44 77,90 77,93 88,60 86,04 86,36 86,11 NRW 22,46 23,19 22,70 23,56 22,10 22,07 11,40 13,96 13,64 13,89 Drucksache 18/4825 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Neben RAG Aktiengesellschaft gibt es keine weiteren Träger für die Kosten der Deputate. 10. Was wurde konkret in Bezug auf die Kohledeputate im Rahmen der Vereinbarungen aus dem subventionierten Steinkohlebergbau im Jahr 2007 vereinbart? Die Kohledeputate waren nicht explizit Gegenstand der kohlepolitischen Vereinbarungen . In der Gesamtbetrachtung waren sie enthalten. Im Gutachten der KPMG vom 23. November 2006 zur Bewertung der Stillsetzungskosten, Altund Ewigkeitslasten des Steinkohlenbergbaus der RAG Aktiengesellschaft wurden Deputate bei der Ermittlung der Verpflichtungen für die Altersversorgung berücksichtigt. 11. Ist die Orientierung am Weltmarktpreis für Kohle dauerhaft und ohne Ausnahme in den Vereinbarungen zur Zahlung von Kohledeputaten enthalten, oder gibt es Ausnahmen, und wenn ja, welche? Die RAG Aktiengesellschaft hat dazu mitgeteilt: Die Gewährung von Deputaten und von Energiebeihilfe erfolgt auf Basis bestehender Tarifverträge, die erstmals in den 1950er-Jahren geschlossen worden sind. Die Höhe der Energiebeihilfe ist tarifvertraglich festgelegt. Die Tarifvertragspartner haben sich dabei an den Herstellungskosten orientiert. 12. Was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der konkrete Verhandlungsgegenstand zwischen der RAG Aktiengesellschaft und der IG BCE Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie in Bezug auf die Kohledeputate nach dem Auslaufen des Steinkohlebergbaus im Jahr 2018? Die RAG Aktiengesellschaft hat dazu mitgeteilt: Aufgrund der Beendigung der Steinkohleförderung zum 31. Dezember 2018 wird keine Steinkohle aus der eigenen Förderung der RAG mehr zur Verfügung stehen. Aus diesem Grund soll zum jetzigen Zeitpunkt schon Planungssicherheit für die Beschäftigten erreicht werden. Im Rahmen der betriebsrentenrechtlichen Vorgaben (BetrAVG) wollen die Tarifparteien eine Lösung finden. Diesbezüglich finden derzeit Tarifverhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien IG BCE und GVSt statt. 13. Gibt es Überlegungen innerhalb der Bundesregierung, im Lausitzer Revier Kohledeputate oder etwas Ähnliches einzuführen, etwa im bundeseigenen Unternehmen LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH), und wenn ja, welcher Art? Die Bundesregierung stellt hierzu keine Überlegungen an. In der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) wurde mit Tarifvertrag vom 5. März 2002 die Anwendung des Tarifvertrages zur Gewährung von Deputaten ab dem 1. Januar 2003 endgültig außer Kraft gesetzt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4825 14. Welche weiteren Lohnzusatzleistungen (z. B. Anpassungsgelder) haben nach Kenntnis der Bundesregierung aktive und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der RAG Aktiengesellschaft seit dem Jahr 2008 erhalten , und welche werden sie in den Jahren 2015 bis 2018 und nach dem Jahr 2018 erhalten (bitte Art und Summe der Leistung für jedes einzelne Jahr auflisten)? Nach Auskunft der RAG Aktiengesellschaft gibt es beim Unternehmen keine Lohnzusatzleistungen. Deputate sind laut Tarifvertrag Bestandteil des Arbeitseinkommens . Das Anpassungsgeld ist eine Vorruhestandsregelung für aus Anlass einer Stilllegungs - oder Rationalisierungsmaßnahme im Rahmen der sozialverträglichen Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus entlassene Arbeitnehmer des Steinkohlenbergbaus und stellt keine Lohnzusatzleistung dar. 15. In welchen anderen Industriebranchen werden nach Kenntnis der Bundesregierung öffentlich finanzierte Lohnzusatzleistungen, wie Kohledepute für aktive und ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in welcher Höhe gezahlt (bitte die Summe für jede einzelne Branche auflisten)? Öffentlich finanzierte Lohnzusatzleistungen sind aus anderen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes nicht bekannt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333