Deutscher Bundestag Drucksache 18/4863 18. Wahlperiode 06.05.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrcke, Jan van Aken, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4644 – Struktur und Tätigkeit des deutsch-griechischen Zukunftsfonds Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung verweigert bislang Entschädigungen für griechische NSOpfer und Reparationsleistungen für die Zerstörung griechischer Infrastruktur während des Zweiten Weltkrieges. Dem Bekenntnis einer moralischen Schuld folgt stets die Behauptung, es gebe keine rechtlichen Ansprüche auf Reparationsleistungen . Statt realer Entschädigungen setzt die Bundesregierung vielmehr auf – in aller Regel wesentlich billigere – politische Gesten, wie etwa Stiftungen, Kommissionen oder Projektförderungen. Im Kontext dieses Bemühens, den politischen Druck nach Entschädigungszahlungen abzumildern, verorten die Fragesteller auch den deutsch-griechischen Zukunftsfonds. Dieser wurde voriges Jahr gegründet und mit einem jährlichen Budget von 1 Mio. Euro ausgestattet. Die Hälfte dieses Geldes wird nach Angaben der Bundesregierung für Forschungsprojekte verwendet. So finanziert der Deutsche Akademische Austauschdienst Stipendien, Gastdozenturen und Konferenzen. Die andere Hälfte ist, wie die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Schriftliche Frage 4 der Abgeordneten Ulla Jelpke auf Bundestagsdrucksache 18/3888 formulierte, „konkreten Gesten der Versöhnung gegenüber den Märtyrerdörfern und den jüdischen Gemeinden“ gewidmet, also 500 000 Euro jährlich, was nur ein Bruchteil jener 27 Mio. Euro sind, die griechische Gerichte allein den Opfern des SS-Massakers von Distomo zugesprochen hatten. Laut Internetpräsenz der deutschen Botschaft in Athen wurde mit Mitteln des Fonds im März 2015 ein Konzert des Staatsorchesters Thessaloniki zum Gedenken an den ersten Transport jüdischer Bürger Thessalonikis in das Konzentrationslager Auschwitz im Jahr 1943 gefördert. Auch dies dürfte billiger gewesen sein, als die Forderungen der jüdischen Gemeinde Thessalonikis zu erfüllen . Deren Vorsitzender sagte gegenüber der „Jüdischen Allgemeinen Zeitung “ vom 19. März 2015: „Wenigstens die Fahrkarten sollte die Regierung in Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 4. Mai 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Berlin uns erstatten, die wir 1943 haben lösen müssen“ – gemeint waren die Bahntickets für die Deportation der Jüdinnen und Juden nach Auschwitz, die von den Deportierten selbst hatten bezahlt werden müssen. Drucksache 18/4863 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Fragesteller begrüßen zwar die Förderung von Nachwuchswissenschaftlern und historischer Forschung, betrachten dies aber nicht ansatzweise als adäquaten Ersatz für Entschädigungen. Die Förderung eines Skizentrums in Kalavryta durch Fondsmittel ist aus ihrer Sicht ebenfalls begrüßenswert – einen unmittelbaren Zusammenhang zu den Massenmorden, die deutsche Truppen in Kalavryta begangen haben, können sie darin aber nicht erkennen. Überhaupt stellt sich die Frage, welche Rolle den NS-Opfern bei diesem Fonds zugedacht ist. Der griechische Nationalrat für die Einforderung deutscher Kriegsschulden an Griechenland betrachtet die Einrichtung des Fonds als Versuch, die Märtyrergemeinden und NS-Opfer, die Entschädigungen statt Gesten fordern, zu spalten (www.holocaust.gr). Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Mit mehr als 200 000 Toten während der Jahre 1941 bis 1944 gehört Griechenland zu den Ländern, die besonders stark unter der deutschen Besatzung gelitten haben. Die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der gemeinsamen Geschichte ist in Deutschland lange Zeit weniger vorangeschritten, als dies im Verhältnis mit anderen Partnern seit dem Ende des Kalten Kriegs der Fall gewesen war. Bei seinem Griechenlandbesuch im März 2014 hat sich Bundespräsident Joachim Gauck in seinen Reden in Athen, Lingiades und Ioannina klar zu der besonderen historischen Verantwortung Deutschlands bekannt und im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung gebeten. Der deutsch-griechische Zukunftsfonds ist mit der Verabschiedung des Haushalts 2014 seit August 2014 eingerichtet und für die Jahre 2014 bis 2017 mit jährlich 1 Mio. Euro ausgestattet worden. Konkrete Einzelmaßnahmen und Gesten der Versöhnung sollen über ihre Signalwirkung hinaus, langfristig eine über lange Zeit hin von deutscher Seite unbearbeitete historische Belastung abbauen helfen und die bilateralen Beziehungen stärken. 1. Welche Maßnahmen wurden aus den Mitteln des Fonds im Jahr 2014 im Einzelnen gefördert (bitte jeweils die konkrete Fördersumme sowie den genauen Zweck und den Stand der Umsetzung angeben)? Die aus den Mitteln des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds im Jahr 2014 im Einzelnen geförderten Maßnahmen gehen aus der in der Anlage beigefügten Übersicht hervor. Die Projekte wurden wie geplant umgesetzt. 2. Welche Fördermaßnahmen sind bislang für das Jahr 2015 beschlossen (bitte möglichst nach den Teilbereichen Erinnerungskultur und Versöhnung untergliedern )? a) Wie hoch ist die jeweilige Fördersumme? b) Wer hat die Förderung für genau welchen Zweck beantragt? Die für das Jahr 2015 bislang beschlossenen Fördermaßnahmen ergeben sich ebenfalls aus der in der Antwort zu Frage 1 genannten Übersicht. c) Was sind die erwarteten Ergebnisse der jeweiligen Maßnahme? Mit der Förderung der Maßnahmen möchte die Bundesregierung zu einer Verbesserung der deutsch-griechischen bilateralen Beziehungen, zum Aufbau einer gemeinsamen Erinnerungskultur sowie zur Versöhnung mit den Märtyrerdör- fern und jüdischen Gemeinden beitragen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4863 d) An welche Zielgruppe richtet sich die Maßnahme? Die Maßnahmen richten sich an ein interessiertes Publikum in Deutschland und Griechenland, dort besonders an die Märtyrerdörfer und jüdischen Gemeinden. e) In welchem Zusammenhang steht die Maßnahme mit den deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges? Alle Erinnerungsprojekte dienen der Aufarbeitung der deutschen Verbrechen während des Zweiten Weltkriegs in Griechenland. 3. Falls Anträge für das Jahr 2015 abgelehnt worden sind, um welche Anträge handelt es sich dabei? a) Wie hoch war die jeweilige Fördersumme? b) Wer hat die Förderung für genau welchen Zweck beantragt? c) Warum wurden die Anträge jeweils abgelehnt? Für das Jahr 2015 beantragte Förderungen wurden für folgende Projekte abgelehnt : – drei vom Centrum für Modernes Griechenland (CeMoG) der FU Berlin be- antragte Übersetzungsvorhaben zur griechischen Geschichte in Höhe von insgesamt 57 300 Euro. Es handelt sich um die Übersetzung von geschichtswissenschaftlichen Monographien vom Griechischen ins Deutsche. Der Antrag wurde abgelehnt, weil die Projekte nicht der Zweckbestimmung des Fonds entsprechen; – vier vom Deutschen Archäologischen Institut (DAI) Athen beantragte archäologiebezogene Projekte in Höhe von insgesamt 249 100 Euro. Es handelt sich um die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte des Instituts, die Digitalisierung von Luftbildern, die für archäologische Studien wichtig sind, um einen Katalog und eine Fotodokumentation für die Antikensammlung des DAI sowie um den Bau einer Stützmauer in einer archäologischen Grabung. Der Antrag wurde abgelehnt, da die Projekte nicht der Zweckbestimmung des Fonds entsprechen; – ein von der Tammen Galerie Berlin beantragtes Ausstellungsprojekt mit Workshop „Panta Rhei“ in Höhe von 82 322 Euro. Es handelt sich um eine Ausstellung von Stahlskulpturen in Nafplion in Kombination mit einem Kunstworkshop. Der Antrag wurde abgelehnt, weil das Projekt nicht der Zweckbestimmung des Fonds entspricht. 4. Wer ist generell antragsberechtigt (bitte Anforderungen an Antragsteller angeben)? Gibt es ein Antragsformular (wenn ja, bitte möglichst als Anlage beifügen)? Antragsberechtigt sind Gemeinden, Institutionen, Initiativen und Personengruppen sowie Einzelpersonen aus Deutschland und aus Griechenland. Das Antragsformular auf Bewilligung einer Zuwendung aus Mitteln des Auswärtigen Amts zur Förderung nach § 44 der Bundeshaushaltsordnung, mit dem Anträge zur Förderung aus dem Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds gestellt werden können, ist als Anlage beigefügt. Drucksache 18/4863 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 5. Verfügt die Bundesregierung über eine abschließende Liste der Märtyrerdörfer , und wenn ja, welche Gemeinden sind darin enthalten? Nein. Bedeutet dies einen Ausschluss anderer Gemeinden aus der Förderfähigkeit ? Nein. 6. Welche Maßnahmen sind förderfähig? Über welchen Mindest- bzw. Maximalzeitraum müssen sich die Maßnahmen erstrecken? Die Förderfähigkeit von Maßnahmen ergibt sich aus dem beigefügten Informationsblatt zum Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds. Projekte können innerhalb der absehbaren Laufzeit des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds durchgeführt werden. Es gibt keinen Mindestzeitraum, der Maximalzeitraum beträgt vier Jahre (2014 bis 2017). 7. Sind auch thematische Veranstaltungen, die sich damit beschäftigen, eine deutsche Pflicht zur Leistung von Reparationen, Entschädigungen und der Rückzahlung der Zwangsanleihe zu begründen, förderfähig? Wissenschaftliche Veranstaltungen und Projekte zur deutsch-griechischen Geschichte sind grundsätzlich förderungsfähig. Als Ansprechpartner für Antragsteller steht der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) zur Verfügung (www.daad.de/medien/zukunftsfonds_dt_gr_04.pdf). 8. Sind auch individuelle finanzielle Aufwendungen für NS-Opfer förderfähig ? Die Zahlung von Wiedergutmachungsleistungen für erlittenes NS-Unrecht an einzelne Empfänger erfolgt nach den bekannten, hierfür einschlägigen Regeln. Mittel aus dem Zukunftsfonds sind für diesen Zweck nicht vorgesehen. 9. Welche Rechtsstruktur hat der Fonds? Der Deutsch-Griechische Zukunftsfonds wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen und im Bundeshaushalt unter Kapitel 05 02 Titel 687 17 für vier Jahre von 2014 bis 2017 eingerichtet. 10. Wer entscheidet über Anträge, und wer kontrolliert die Verwendung der Fördermittel? Über die Anträge entscheidet das Auswärtige Amt. Die Antragsteller sind nach Zuwendungsrecht verpflichtet, nach Abschluss des Vorhabens Rechenschaft über die Verwendung der Fördermittel zu geben. Diese Verwendungsnachweise werden gemäß den einschlägigen zuwendungsrechtlichen Bestimmungen vom Auswärtigen Amt geprüft. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4863 11. Welches Verfahren wird bei der Antragsprüfung praktiziert? Gibt es feste Fristen, bis wann ein Antrag zu stellen ist, oder wird in der Reihenfolge des Eingangs entschieden? Gibt es feste regelmäßige Termine, zu denen über die Anträge entschieden wird? Ab wann können Anträge für das Jahr 2016 eingereicht werden? Anträge können jederzeit eingereicht werden, auch jetzt schon für das Haushaltsjahr 2016. Die Reihenfolge des Eingangs der Anträge spielt bei der Entscheidung über eine Förderung keine Rolle. Die Antragsprüfung erfolgt anhand der sich aus beigefügtem Informationsblatt zum Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds ergebenden Kriterien. 12. Welche Verpflichtungen gehen Antragsteller ein, wenn sie Förderungen erhalten? Die Verpflichtungen von aus Bundesmitteln geförderten Antragstellern ergeben sich aus den einschlägigen Bestimmungen des Haushalts- und Zuwendungsrechts . 13. Sind Einrichtung und Ausgestaltung des Fonds mit Verbänden griechischer NS-Opfer abgesprochen worden? Wenn ja, mit welchen, und wenn nein, warum nicht? Eine förmliche Absprache erfolgte nicht, da die Mittel des Zukunftsfonds für einen breiten Kreis potentieller Antragsteller zur Verfügung stehen, der durch die in der Frage genannten Verbände nur zum Teil erfasst wird. Der Zukunftsfonds wurde jedoch auf Einladung des Vorsitzenden des Verbands der Opfergemeinden in einer Sitzung des Vorstands des Verbandes durch den Deutschen Botschafter in Griechenland, Dr. Peter Schoof, vorgestellt und erörtert. An der Sitzung nahmen, soweit festgestellt werden konnte, neben dem Verbandsvorsitzenden 13 weitere Bürgermeister oder Gemeindevertreter als Vorstandsmitglieder teil sowie als Zuhörer acht Vertreter des „Nationalrats für die Einforderung von Reparationen“ und weitere interessierte Bürgerinnen und Bürger. 14. Inwiefern richtet sich der Fonds überhaupt an NS-Opfer, und welche Rolle kommt diesen bei der Ausgestaltung und Arbeit des Fonds zu? Eine Antwort auf griechische Reparations- und Entschädigungsforderungen soll der Zukunftsfonds nicht sein, da diese Frage aus deutscher Sicht rechtlich und politisch abgeschlossen ist. 15. Inwiefern haben griechische NS-Opfer ein Mitspracherecht bei der Fördermittelvergabe ? Über die Vergabe der Fördermittel entscheidet das Auswärtige Amt. 16. Sind Einrichtung und Ausgestaltung mit sämtlichen Märtyrerdörfern abgesprochen worden? Auf die Antwort zu Frage 13 wird verwiesen. Drucksache 18/4863 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 17. Wer gestaltet das Programm für die vom Fonds geförderten thematischen Informationsreisen von Bewohnern der Märtyrergemeinden oder Angehörigen jüdischer Gemeinden in Griechenland, und welche Rolle spielt das Auswärtige Amt konkret bei der Reisegestaltung? Wie genau vollzieht sich dabei die zivilgesellschaftliche Vernetzung, mit welchen deutschen zivilgesellschaftlichen Organisationen treffen sich die Reisenden aus Griechenland dabei, und welche Rolle spielt das Auswärtige Amt bei der Auswahl dieser Partner? Die im Jahr 2014 durchgeführten und in beiliegender Übersicht näher bezeichneten Informationsreisen wurden, wie bei Informationsreisen üblich, durch die jeweils beauftragte Durchführungsorganisation (hier: Besucherprogramm des Goethe-Instituts, Europäische Akademie Berlin bzw. Fachstelle für Internationale Jugendarbeit) in Abstimmung mit dem Auswärtigen Amt und unter Berücksichtigung von Teilnehmerwünschen gestaltet. Die rund 50 griechischen Teilnehmer der Informationsreisen trafen nicht nur auf die deutschen zivilgesellschaftlichen Organisationen, die im Rahmen des jeweiligen Reiseprogramms besucht wurden, sondern auch auf die rund 50 deutschen Teilnehmer des „kAAfeneio“. Ob und in welcher Weise die ermöglichten Begegnungen zu einer zivilgesellschaftlichen Vernetzung führen, liegt in den Händen der zivilgesellschaftlichen Teilnehmer. 18. Waren zu dem vom Zukunftsfonds geförderten „kAAfeneio“ am 15. Dezember 2014 im Auswärtigen Amt auch gezielt überlebende NS-Opfer bzw. Hinterbliebene eingeladen, die Entschädigungen fordern, wenn ja, welche, und wie haben diese auf die Einladung reagiert? Wenn nein, warum nicht? a) Wer hat darüber entschieden, welche Personen an diesem Treffen der „Zivilgesellschaft“ teilnehmen? b) Wurde der griechische Nationalrat für die Einforderung deutscher Kriegsschulden an Griechenland eingeladen, und wenn ja, wie hat dieser reagiert? Die Einladung zum „kAAfeneio“, das im Zusammenhang mit den Informationsreisen und ohne Inanspruchnahme von Mitteln des Zukunftsfonds organisiert wurde, wurde im Internet veröffentlicht und war damit für jedermann zugänglich . Sie wurde darüber hinaus gezielt an den Organisatoren bekannte Organisationen und Partner in Deutschland versandt. Eine Auswahl unter den Anmeldungen wurde nicht getroffen. Alle Anmeldungen wurden berücksichtigt. Weder beim Versand der Einladungen noch bei der Registrierung der Anmeldungen wurde berücksichtigt oder erfasst, ob es sich bei den Personen um NS-Opfer bzw. Hinterbliebene handelte. Der griechische Teilnehmerkreis bestand aus den Gästen der Informationsreisen, denen durch das „kAAfeneio“ die Begegnung und Vernetzung mit deutschen Partnern ermöglicht wurde. Weitere Teilnehmer oder Organisationen aus Griechenland wurden nicht eingeladen. 19. Beabsichtigt die Bundesregierung, den jüdischen Gemeinden Griechenlands die Bahnfahrkarten zu erstatten, die sich die deportierten Jüdinnen und Juden hatten kaufen müssen? Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 16/2423. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4863 20. Bleibt die Bundesregierung bei ihrer Auffassung (u. a. auf Bundestagsdrucksache 18/3492), „alle Bundesregierungen seit 1949“ hätten sich „nach Kräften und mit Erfolg bemüht, für das von den Nationalsozialisten begangene Unrecht zu entschädigen“ (Vorbemerkung der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 18/3492), auch angesichts der Tatsache, dass sie selbst davon ausgeht, die Angehörigen der Distomo-Klägergemeinschaft hätten niemals eine solche Entschädigung erhalten (Antwort zu Frage 2 auf Bundestagsdrucksache 18/3492), und wenn ja, woran genau bemisst sie den „Erfolg“ der Entschädigungen hinsichtlich nicht entschädigter NS-Opfer? Die Bundesregierung verweist auf ihre Antwort zu Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion der PDS auf Bundestagsdrucksache 14/3992 sowie auf die Vorbemerkung zu ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 16/2423 vom 21. August 2006. 21. Beabsichtigt die Bundesregierung substantielle Änderungen am bisherigen Fonds oder die Auflage eines neuen Fonds oder einer Stiftung, um auch Zahlungen an einzelne NS-Opfer bzw. finanzielle Unterstützung in Härtefällen zu ermöglichen, und wenn ja, was genau ist geplant? Im Vorfeld des Auslaufens des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds im Jahr 2017 wird die Bundesregierung Überlegungen zu Format und Umfang einer Fortsetzung anstellen. Drucksache 18/4863 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4863 Drucksache 18/4863 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4863 Drucksache 18/4863 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/4863 Anlage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrke, Christine Buchholz, u.a. der Fraktion DIE LINKE. - Bundestagsdrucksache Nr.: 18-4644 vom 14.04.2015 - Zusammenstellung der aus Mitteln des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds im Jahr 2014 geförderten Maßnahmen Erinnerungsprojekte: - Vorbereitung des DAAD-Sonderprogramms zur Ausschreibung von Gastdozenturen in Deutschland und Griechenland, Förderung wissenschaftlicher Symposien und Forschungsvorhaben sowie von Forschungsstipendien für Doktorandinnen und Doktoranden in beiden Ländern, die sich der wissenschaftlichen Beschäftigung mit den bilateralen Beziehungen der vergangenen 200 Jahre und insbesondere mit der deutschen Okkupation der Jahre 1941 bis 1944 widmen (€ 1.000) - Tagung „Deutschland und Griechenland im Spiegel der Philosophiegeschichte-Transfers im 20. Jahrhundert am Centrum für Modernes Griechenland der FU Berlin (€ 16.900) - Konferenz zum Holocaust in Griechenland an der International Hellenic University in Thessaloniki (€ 3.000) - Themenreise für griechische Journalisten (€ 43.234) - Themenreise für Historiker (€ 37.026) - Reise eines Vertreters (Universität Marburg) zur Anbahnung eines Projekts in der Märtyrergemeinde Megalopolis (€ 300) Versöhnungsprojekte: a. Mit Märtyrerdörfern: - Themenreise für Verantwortliche für den Jugendaustausch und Vertreter des Jugendnetzwerks der Märtyrergemeinden (€ 45.609) - Themenreise für Kulturschaffende (€ 49.010) - Aufführungen des im Märtyrerort Kommeno entstandenen deutsch-griechischen Jazzprojekts „Songs for Kommeno“: mit begleitenden Workshops für griechische Kulturschaffende zum Thema „Künstlerische Bearbeitung des Grauens“ (€ 33.498) - Kirchenrestaurierung Aghios Pavlos (€ 31.000) - Modernisierung Skizentrum in Kalavryta (€ 126.500) Drucksache 18/4863 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b. Mit jüdischen Gemeinden: - Unterricht zum Holocaust in Sekundarschulen: 2-tägiges Fortbildungsseminar für Lehrkräfte in Zsa. mit der Aristoteles Universität Thessaloniki (€ 9.050) - Webseite für Sekundarschulen zur lokalen Geschichte und Literatur in Zsa. mit der Aristoteles Universität Thessaloniki (€ 63.000) - Renovierung der Monasteriotes Synagoge in Thessaloniki: Die Synagoge wurde zwischen 1925 und 1927 nach Plänen des jüdischen Architekten Eli Levy erbaut und ist die wichtigste zentrale Einrichtung der jüdischen Gemeinde, in der alle großen religiösen Feiern stattfinden (€ 81.180) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/4863 Anlage zur Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Wolfgang Gehrke, Christine Buchholz, u.a. der Fraktion DIE LINKE. - Bundestagsdrucksache Nr.: 18-4644 vom 14.04.2015 - Zusammenstellung der Maßnahmen, die aus Mitteln des Deutsch-Griechischen Zukunftsfonds im Jahr 2015 gefördert werden sollen Stand: April 2015 Erinnerungsprojekte: - DAAD-Sonderprogramm: Für Stipendien für Nachwuchswissenschaftler, Gastdozenturen in Deutschland und Griechenland sowie wissenschaftliche Konferenzen werden über den DAAD insgesamt € 204.000 bereitgestellt. - Zeitzeugenprojekt „Erinnerungskulturen“: Centrum für digitale Systeme der FU (Antragsteller) und Universität Athen werden über die nächsten Jahre gemeinsam ein Zeitzeugenprojekt zur historischem Aufarbeitung der deutschen Besatzung realisieren. Hierbei sollen Interviews mit ca. 100 Zeitzeugen (darunter ehemaliger Staatspräsident Papoulias, Überlebende aus Opferdörfern, Pioniere der Gastarbeitermigration) durchgeführt sowie wissenschaftlich dokumentiert und digital archiviert werden. Auch sollen Unterrichtsmaterialen erstellt werden, um besonders Menschen in Deutschland für die Thematik der deutschen Besatzung in Griechenland zu sensibilisieren (€ 230.000). - Übersetzungsprojekt der Universität Osnabrück (Antragsteller) zum Thema „Deutsche Besatzung Griechenlands im 2. WK“: Katerina Kralova: Im Schatten der Kriegsbesatzung. Die griechischdeutschen Beziehungen von 1940 bis zur Gegenwart, Übersetzung aus dem Griechischen ins Deutsche; Kambas/Mitsou (Hg.): Die Okkupation Griechenlands im 2. WK. Griechische und deutsche Erinnerungskultur, Übersetzung aus dem Deutschen ins Griechische (€ 40.900) - Ausstellung „Mythen der Nationen. Arena der Erinnerungen“, Makedonisches Museum für zeitgenössische Kunst in Thessaloniki, Goethe-Institut (Antragsteller), Deutsches Historisches Museum (€ 120.000 auf 2 Jahre verteilt). - Übersetzung des Buches „Widerstand, Deportation, Rückkehr“ von Rika Beneviste aus dem Griechischen ins Deutsche, Centrum für Modernes Griechenland (CeMoG), (€ 7.875) Versöhnungsprojekte: a. Mit Märtyrerdörfern: - Renovierung eines Gebäudes und Einrichtung als Museum in Kommeno: einziges Gebäude, das nach der Verbrennung des Dorfes durch die Wehrmacht mit 317 Toten am 16.08.1943 im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben ist, von der Gemeinde (Antragsteller) erworben, Renovierung und Ausgestaltung als Museum geplant (€ 170.000) Drucksache 18/4863 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b. Mit jüdischen Gemeinden: - Konzert des Staatsorchesters Thessaloniki (Antragsteller) zum Holocaust Gedenktag am 15. März 2015 (€ 8.000) - Gedenkveranstaltung zur Deportation der griechischen Juden im Kontext der deutschen Besatzung 1941-1944 am Schiller Gymnasium in Berlin in Zusammenarbeit mit dem Haus der Wannseekonferenz (Antragsteller) mit Zeitzeugen-Interview (€ 3.306) - Mobile App für Stadtrundgänge auf den Spuren der jüdischen Gemeinde (Antragsteller) in Thessaloniki in Zusammenarbeit mit der kanadischen Botschaft in Griechenland und der Simon Fraser Universität (€ 3.500) - Dokumentarfilm „Light Thickens“ über die Erinnerungen eines Deutschen, der im 2. WK in Griechenland als Fernmelder eingesetzt war, verbunden mit den Ereignissen in den Märtyrerdörfern, Filmemacherin Lydia Konsta (Antragstellerin) in Zusammenarbeit mit Filmfabrik Productions, Thessaloniki (€ 82.700) - „Stolpersteine“, Projekt des Künstlers Gunter Demnig in Deutschland und 17 weiteren europäischen Ländern, Gedenktafeln, die an in der NS-Zeit verfolgte, ermordete, vertriebene oder in den Selbstmord getriebene Menschen erinnert. Herr Dereklis (Antragsteller), der Schüler in einem Gymnasium in Thessaloniki war, plant, vor der Schule Stolpersteine für 81 vermisste und/oder ermordete jüdische Schüler zu verlegen. In Absprache mit Gymnasium, Stadt Thessaloniki und jüdischer Gemeinde (€ 13.650) Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/4863 Auswärtiges Amt Dezember 2014 „Deutsch-Griechischer Zukunftsfonds“ Mit schätzungsweise mehr als 200.000 Toten während der Jahre 1941 bis 1944 gehört Griechenland zu den Ländern, die besonders stark unter der deutschen Besatzung gelitten haben. Die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der gemeinsamen Geschichte ist in Deutschland weit weniger vorangeschritten, als dies im Verhältnis mit anderen Partnern seit dem Ende des Kalten Kriegs der Fall gewesen ist. Die aus griechischer Sicht nicht abgeschlossene Frage von Reparationszahlungen stellt für die Deutsch-Griechischen Beziehungen weiterhin eine Belastungsprobe dar. Bei seinem Griechenlandbesuch im März 2014 hat sich Bundespräsident Gauck in seinen Reden in Athen, Lingiades und Ioannina klar zur politisch-moralischen Verantwortung Deutschlands für die Weltkriegsverbrechen der Jahre 1941 bis 1945 und der damit verbundenen besonderen historischen Verantwortung bekannt und im Namen Deutschlands die Familien der Ermordeten um Verzeihung gebeten. Wir können begangenes Unrecht nur unzulänglich wieder gutmachen. Durch konkrete Einzelmaßnahmen und Gesten der Versöhnung können und wollen wir aber unser uneingeschränktes Bekenntnis zu unserer besonderen politisch-moralischen Verantwortung unterstreichen. Diese Gesten sollen über ihre Signalwirkung hinaus langfristig eine über lange Zeit hin von deutscher Seite unbearbeitete historische Belastung abbauen helfen und die bilateralen Beziehungen ehrlich und nachhaltig stärken. Eine Antwort auf griechische Reparations- und Entschädigungsforderungen kann und soll der Zukunftsfonds nicht sein. Zu diesem Zweck hat der Deutsche Bundestag die Einrichtung des „DeutschGriechischen Zukunftsfonds“ 1 beschlossen. Durch die aus diesem Fonds möglich gewordene Finanzierung einzelner Projektewollen wir � mit dem Ziel der Etablierung einer deutsch-griechischen Erinnerungskultur die gemeinsame Geschichte der letzten 200 Jahre gemeinsam aufarbeiten und dabei insbesondere auch in Deutschland das Bewusstsein für die in Griechenland begangenen deutschen Weltkriegsverbrechen schärfen, 1 Als weiteres Instrument der Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der gemeinsamen Geschichte soll ein Deutsch-Griechisches Jugendwerk geschaffen werden. Eine gemeinsame Absichtserklärung zu seiner Errichtung ist am 12.09.14 von Bundesministerin Schwesig und dem Botschafter der Hellenischen Republik in Deutschland in Anwesenheit der beiden Staatsoberhäupter in Berlin unterzeichnet worden. Drucksache 18/4863 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2 und � zur Versöhnung mit den Märtyrerdörfern und mit den jüdischen Gemeinden in Griechenland beitragen. I. „Etablierung einer deutsch-griechischen Erinnerungskultur“ Das Wissen über die deutschen Weltkriegsverbrechen in Griechenland ist in der deutschen Öffentlichkeit nur wenig vorhanden. Auch ist eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Thematik in beiden Ländern nicht in ausreichendem Umfang erfolgt. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den bilateralen Beziehungen der vergangenen 200 Jahre und insbesondere mit der deutschen Okkupation der Jahre 1941 bis 1944 soll die Basis einer gemeinsamen Erinnerungskultur bilden. Gefördert werden können u.a. zum Beispiel sich dieser Thematik widmende Gastdozenturen in Deutschland und Griechenland, wissenschaftliche Symposien und Forschungsvorhaben sowie Forschungsstipendien für Doktorandinnen und Doktoranden in beiden Ländern. Derartige Maßnahmen, die sich über die gesamte Laufzeit des Fonds bis 2017 erstrecken, werden vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) im Rahmen des Programms „Deutsch-Griechischer Zukunftsfonds“ administriert und verantwortet (www.daad.gr). II. Versöhnung mit den Märtyrerdörfern In den Gemeinden, die von verbrecherischen Vergeltungsaktionen deutscher Besatzungstruppen betroffen waren und heute größtenteils in einem „Netzwerk der Märtyrerdörfer“ zusammengeschlossen sind, wirkt die Erinnerung an die tragischen Ereignisse der Jahre 1941-1944 unverändert stark fort. Zugleich befinden sich diese oft kleinen, von Abwanderung junger Menschen betroffenen Landgemeinden mehrheitlich in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage. Deutschland möchte daher den klaren Worten von Bundespräsident Gauck in Lingiades, einer der besonders stark betroffenen Gemeinden, Taten folgen lassen und konkrete Zeichen der Versöhnung setzen. Im Rahmen der verfügbaren Mittel sollen daher Maßnahmen gefördert werden, die auf konkrete Anliegen und Erwartungen der Gemeinden eingehen und von diesen oder dortigen zivilgesellschaftlichen Gruppen vorgeschlagen werden. Der Zukunftsfonds zielt auf die zwischenmenschliche Ebene und nicht auf eine rechtliche. Niemand erwartet daher von den denjenigen, die den Fonds in Anspruch nehmen wollen, eine Änderung ihrer die Frage der Reparationszahlungen betreffenden Rechtsposition. III. Versöhnung mit den jüdischen Gemeinden Der Besuch des Bundespräsidenten in der jüdischen Gemeinde Ioaninna im Rahmen seines Staatsbesuchs hat auch dort große Beachtung gefunden. Dennoch bestehen auch im Fall der jüdischen Gemeinden in Griechenland, v.a. der Gemeinde Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/4863 3 Thessaloniki, Erwartungen an deutsche Wiedergutmachungsleistungen fort. Unbeschadet unserer auch in diesem Bereich abweichenden Rechtsposition wollen wir Zeichen der Versöhnung setzen und Maßnahmen fördern, mit denen wir dazu beitragen können, das Gemeindeleben in sozialer, kultureller und sonstiger Weise zu stärken. Auch hier wollen wir uns eng an den konkreten Anliegen und Erwartungen unserer Partner orientieren und unsere Entscheidungen mit ihnen abstimmen. Und auch hier erwarten wir keine Änderung ihrer die Frage der Reparationszahlungen betreffenden Rechtsposition. Hinweise für Antragsteller: Als Projektträger kommen Institutionen, Initiativen und Personen(gruppen) aus Deutschland und aus Griechenland in Frage. Projektbewerber aus Griechenland mögen sich mit der deutschen Botschaft in Athen oder dem Generalkonsulat in Thessaloniki in Verbindung setzen. Deutsche Bewerber wenden sich mit ihrem mit einem griechischen Partner abgestimmten Antrag an das Auswärtige Amt, Ref. 601 (601-R@diplo.de). Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333