Deutscher Bundestag Drucksache 18/4870 18. Wahlperiode 11.05.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Peter Meiwald, Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4718 – Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Früher war der Wolf in ganz Europa verbreitet. Doch die jahrhundertlange Verfolgung durch den Menschen rottete ihn in weiten Teilen Nord- und Mitteleuropas aus. Nach 150 Jahren hält der Wolf nun wieder Einzug in Deutschland und ist in vielen Regionen wieder heimisch geworden. Es ist ein Erfolg des Artenschutzes, dass ein einst ausgerottetes Tier wieder bei uns leben kann. Der Wolf ist eine streng geschützte Art in Europa und genießt auch international hohen Schutz (Bundesnaturschutzgesetz, International Union for Conservation of Nature and Natural Recources – IUCN). Die Richtlinien verpflichten zum Schutz der existierenden Wölfe und zur Verbesserung der Population. Wölfe sind sehr anpassungsfähig und haben keine besonders hohen Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie können gut in einer Kulturlandschaft leben, solange sie genügend Nahrung finden. Die Rückkehrer stoßen aber nicht nur auf Akzeptanz , sondern rufen auch Ängste und Konflikte hervor. Zeitungsmeldungen berichten sowohl von diesem Erfolg des Artenschutzes als auch von illegal geschossenen Wölfen und Wolfssichtungen in der Nähe von Wohngebieten. Zum Überleben des Wolfs in unseren Breiten ist der Wolf auf die Toleranz der Menschen angewiesen. 1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die in Deutschland vorkommenden Wölfe und Wolfsrudel? Nach Informationen der Bundesregierung lebten in Deutschland mit Stand Ende April 2014 (Monitoringjahr 2013/2014) 25 Wolfsrudel, acht Paare und drei residente Einzelwölfe. Der Wolfsbestand Ende April 2015 (Monitoringjahr 2014/2015) wird im Herbst 2015 in einer speziellen Bund-Länder-Arbeitsgruppe (s. auch Antwort zu Frage 6) festgestellt. Es ist davon auszugehen, dass Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit vom 7. Mai 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. gegenwärtig über 30 Wolfsfamilien in Deutschland leben. Drucksache 18/4870 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Wolfsmanagementpläne in den Bundesländern? In diesem Jahr hat Rheinland-Pfalz einen Managementplan zum Umgang mit Wölfen veröffentlicht. Damit haben nun insgesamt elf Bundesländer Wolfsmanagementpläne , Leitlinien, Konzepte oder Leitfäden veröffentlicht (BadenWürttemberg , Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen , Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen). 3. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Zahl der illegal getöteten Wölfe in der Bundesrepublik Deutschland? Wenn ja, wo fanden die illegalen Tötungen jeweils statt, und wie wurden diese Straftaten verfolgt und geahndet? Folgende illegale Tötungen von Wölfen sind bekannt: Nur bei einzelnen Fällen ist die Bundesregierung über den Ausgang der Verfahren informiert. Teilweise wurden die Verfahren eingestellt, bei anderen Geld- Jahr Bundesland Landkreis 1991 Brandenburg Prignitz 1991 Brandenburg Barnim 1991 Brandenburg Märkisch-Oderland 1992 Sachsen-Anhalt Salzwedel 1994 Brandenburg Uckermark 1999 Mecklenburg-Vorpommern Uecker-Randow 2003 Niedersachsen Göttingen 2004 Bayern Passau 2007 Brandenburg Dahme-Spreewald 2007 Niedersachsen Lüchow-Dannenberg 2009 Sachsen Görlitz 2009 Sachsen-Anhalt Jerichower Land 2011 Sachsen Görlitz 2011 Sachsen Bautzen 2012 Rheinland-Pfalz Westerwaldkreis 2013 Sachsen Bautzen 2014 Sachsen Görlitz 2014 Sachsen Bautzen 2014 Brandenburg Spree-Neiße 2014 Brandenburg Potsdam-Mittelmark 2014 Brandenburg Elbe-Elster 2015 Brandenburg Elbe-Elster. strafen verhängt. Bei den jüngsten Verstößen dürften die Ermittlungs- und ggf. Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren noch nicht abgeschlossen sein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4870 4. Sieht die Bundesregierung den Bedarf, die Bevölkerung über die Rückkehr des Wolfs zu informieren? Plant die Bundesregierung Informationsmaterialien über den Wolf zur Verfügung zu stellen? Die Bundesregierung misst der Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Wolf große Bedeutung bei. Die Bundesländer, in denen der Wolf präsent ist, setzen jeweils detaillierte Konzepte zur Information weiter Bevölkerungskreise sowie spezifischer Gruppen um. Sie haben sich dabei unter anderem an dem PR-Konzept zur Öffentlichkeitsarbeit und Information orientiert, das in der vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) erarbeiteten Studie (Skript 201) „Leben mit Wölfen“ www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/themen/artenschutz/pdf/Leben_mit_ Woelfen.pdf, enthalten ist. Im Jahr 2006 finanzierte das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) die Broschüre „Wölfe in Deutschland – Wenn Sie einem Wolf begegnen“, in der u. a. Hinweise zum Verhalten im Verbreitungsgebiet des Wolfes gegeben werden. Darüber hinaus hält das BfN verschiedene Fachveröffentlichungen zum Download bereit. Mit dem in der Antwort zu Frage 5 erwähnten Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes zum Wolf soll eine Ansprechstelle auf Bundesebene für Anfragen zum Wolf geschaffen werden. Verschiedene Verbände auf Bundes- und Landesebene vertreiben vielfältige Informationen zur Rückkehr des Wolfs. 5. Unterstützt die Bundesregierung ein Kompetenzzentrum Wolf auf Bundesebene ? Das BMUB plant, ein Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes zum Wolf einzurichten, und steht deswegen in Gesprächen mit den Bundesländern. 6. Welche Unterstützung bietet die Bundesregierung den Ländern beim Wolfsmanagement an? Das BfN hat in den vergangenen Jahren die fachlichen Voraussetzungen für ein Monitoring und Management der Wölfe in Deutschland ausgearbeitet. Im Rahmen der vom BfN geförderten großen Forschungsvorhaben ● „Fachkonzept für ein Wolfsmanagement in Deutschland“ (2005 bis 2007), ● „Grundlagen für Managementkonzepte für die Rückkehr von Großraubtie- ren – Rahmenplan Wolf“ (2008 bis 2010) und ● „Pilotstudie zur Abwanderung und zur Ausbreitung von Wölfen in Deutsch- land“ (2006 bis 2011) wurden die für ein Wolfsmanagement relevanten Fragen (z. B. Ausbreitung von Jungwölfen mittels Telemetrie) untersucht und Ergebnisse vorgelegt, die in den Managementplänen der Bundesländer umgesetzt werden. Das BfN hat die Grundlagen für das Monitoring von Großraubtieren in Deutschland fachlich ausgearbeitet (Skript 251 „Monitoring von Großraubtieren in Deutschland“ www.bfn.de/fileadmin/MDB/documents/service/Skript251.pdf). Bund und Länder haben sich auf die darin vorgeschlagenen Kriterien verständigt . Beim jährlichen Treffen der aufgrund der Studie eingerichteten Bund/ Länder-Arbeitsgruppe der im Monitoring von Luchs und Wolf „erfahrenen Per- sonen“ wird – unter Federführung des BfN – die Anzahl der Wölfe auf Grund- Drucksache 18/4870 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode lage der Monitoringprogramme der Länder für das jeweilige Monitoringjahr ermittelt. Das BMUB hat im November letzten Jahres einen Runden Tisch „Wolf“ eingerichtet , zu dem alle, die am Thema „Wolf“ interessiert sind, beitragen. Dieser soll eine Plattform dafür bieten, einen Meinungsaustausch mit vom Wolf betroffenen Bevölkerungsgruppen zu ermöglichen, mit dem Ziel, eventuelle Konflikte rechtzeitig zu erkennen und soweit wie möglich im Konsens zu reduzieren. Die mit der Wiederbesiedlung des Wolfs verbundenen Fragen sind Gegenstand regelmäßiger Besprechungen des Bundes und der Länder. 7. Wie positioniert sich die Bundesregierung zur Vergrämung bzw. zum Abschuss von Wölfen? Der Wolf ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Den Umgang mit Wölfen, die ein problematisches Verhalten aufweisen, regeln die Länder in ihren Managementplänen. Das BfN hat in der Studie „Leben mit Wölfen – Leitfaden für den Umgang mit einer konfliktträchtigen Tierart in Deutschland“ Empfehlungen für den Umgang mit Tieren, die sich problematisch verhalten, veröffentlicht. Negatives Konditionieren sollte danach möglichst früh und nur von erfahrenen Fachleuten durchgeführt werden. Eine letale Kontrolle bzw. Entnahme können die Länderbehörden unter den engen Ausnahmevoraussetzungen als das letzte Mittel der Wahl genehmigen. Die Studie enthält eine Übersicht über evtl. problematisches Wolfsverhalten und entsprechenden erforderlichen Handlungsbedarf. 8. Hat die Bunderegierung Kenntnis über die Zahl der legal getöteten Wölfe? Wenn ja, was war jeweils der Grund für den Abschuss? 9. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Anzahl der vorgenommenen Vergrämungen? Wenn ja, was war jeweils der Grund für die Vergrämung? Die Fragen 8 und 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in diesem Jahr erstmalig zwei Wölfe auffällig geworden. Einer hat sich mehrfach ohne Scheu im besiedelten Bereich aufgehalten. Der andere ist in einen Schafpferch eingedrungen und ließ sich dort erst ungewöhnlich spät vertreiben. Die Bundesländer Niedersachsen und Schleswig -Holstein versuchen seitdem, diese Wölfe zu fangen, um sie zu besendern und damit leichter aufspüren sowie bei weiterem auffälligem Verhalten vergrämen zu können. Die fraglichen Wölfe sind seither aber nicht mehr in Erscheinung getreten. 10. Plant die Bunderegierung Änderungen im Jagdgesetz bezüglich des Wolfs? Nein. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4870 11. Besteht ein Austausch mit anderen Ländern, wie beispielsweise Italien, in denen der Wolf nie ausgerottet war, um von Erfahrungen zu lernen? Ja. Italien und Deutschland arbeiten im Rahmen der in der Alpenkonvention seit dem Jahr 2009 eingerichteten Plattform „Wildlife and Society“ (WISO) in Bezug auf den Schutz und das Management der Großraubtiere Wolf, Bär und Luchs im Alpenraum zusammen. In diesem Arbeitsgremium berichtet Italien über seine Erfahrungen mit dem Management der Wolfspopulation im Apennin. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333