Deutscher Bundestag Drucksache 18/4994 18. Wahlperiode 21.05.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Christine Buchholz, Annette Groth, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4778 – Abschlussbericht der weiteren ergänzenden Untersuchungen am Gewehr G36 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der am 17. April 2015 vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) vorgelegte Bericht zum Sturmgewehr G36 wirft Fragen zu den Technischen Lieferbedingungen (TL) sowie weiteren Test- und Bewertungsverfahren auf. Im Sinne einer umfassenden Aufklärung ist es dringlich, zusätzlich zum üblichen Antwortformat bei Kleinen Anfragen auch die relevanten Dokumente mit beizufügen . Falls die Beschaffung der umfassenden Dokumentensammlungen dabei länger dauern sollte, regen wir an, zunächst die Anfrage im üblichen Format im Rahmen der üblichen Zeitvorgaben zu beantworten und die Dokumente innerhalb einer angemessenen Zeit nachzuliefern. Im Folgenden wird der Begriff „G36“ auch für solche Exemplare der G36-Entwicklungslinie verwendet, die vor der Beschaffung unter anderem Namen (wie zum Beispiel HK50) firmierten. Er umfasst dabei alle Modellvarianten („kurz“, „lang“ etc.) des Sturmgewehrs. 1. Welche unterschiedlichen Bewertungskriterien, insbesondere hinsichtlich Treffdistanz und Treffwahrscheinlichkeit (in Metern bzw. Prozent) wurden für die aktuellen Tests von wem, wann, in welcher Form vorgeschlagen, diskutiert und wieder verworfen, bis sich die AG G36 auf die endgültige Fassung der Bewertungskriterien (wie in Absatz 4 des Kurzreferates des „Zusammenfassenden Berichts der technischen Ergebnisse“ im „Abschlussbericht Phase I“ vom 17. April 2015 wiedergegeben) geeinigt hatte (bitte alle Vorschläge und Entwürfe der Bewertungskriterien beifügen)? Diesbezüglich wird auf die Ergebnisvermerke der Arbeitsgruppensitzungen „G36 in Nutzung“ vom 4. September 2014 und 26./27. November 2014 (Dokumente Frage 1, Anlagen 1 und 2)1 verwiesen. Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 19. Mai 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlagen als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft . Sie sind im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und können dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/4994 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Wer hat die endgültige Entscheidung für die endgültige Fassung dieser Bewertungskriterien wann getroffen? Die endgültige Entscheidung wurde von der „Arbeitsgruppe G36 in Nutzung“ am 26./27. November 2014 getroffen. 3. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht das BMVg bzw. das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) und die Wehrtechnische Dienststelle 91 (WTD 91) aus früheren Versuchsergebnissen im Lichte der jetzt beschlossenen Bewertungskriterien , d. h. hätten bei früheren Versuchen bei Anlegen der jetzigen Bewertungskriterien auch schon geschlussfolgert werden müssen, dass das G36 die Forderungen nicht erfüllt (hier bitte ausdrücklich eine fachliche, wissenschaftliche Bewertung der alten Versuchsergebnisse von den jeweiligen technischen Fachleuten einholen)? Die jetzt beschlossenen Bewertungskriterien existierten bis zur Untersuchung des G36 im Jahr 2014 nicht. Der Bedarfsträger hat diese Kriterien konkret für diese Untersuchungen operationalisiert. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass frühere Versuchsergebnisse unter den jetzt beschlossenen Bewertungskriterien und Versuchsanordnungen, zu gleichen oder ähnlichen Ergebnissen, wie sie jetzt vorliegen geführt hätten. 4. Wenn ja, teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine klare Bewertung des G36 schon früher möglich gewesen wäre, wenn nur konkrete Bewertungskriterien vorgelegen hätten? Die früheren Untersuchungen haben nur punktuell (Waffe bzw. Munition) sowie unter engen zeitlichen Vorgaben stattgefunden. Erst mit den aktuellen Untersuchungen wurden umfassend in der notwendigen Untersuchungszeit mit Referenzen bei Waffe und Munition in Kreuzversuchen getestet. 5. Welche genauen Kriterien, Vorgaben und Bedingungen sahen die Taktisch Technische Forderung von 1993 sowie die TL für das G36 vor (Dokumente bitte beifügen)? Es wird auf die Anlagen2, die Taktisch-Technische Forderung vom 1. September 1993 sowie die Technischen Lieferbedingungen von Oktober 1996, die am 30. April 2015 und 4. Mai 2015 gesondert an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages übersandte Chronologie nebst Anlagen verwiesen. 6. Basierten die TL auf der Annahme bzw. Voraussetzung, dass das G36 seitens der Bundeswehr im gesamten Bündnisgebiet der NATO eingesetzt werden können musste? Der in den technischen Lieferbedingungen von Oktober 1996 geforderte Temperaturbereich schließt das Bündnisgebiet der NATO, mit Ausnahme von Teilen Alaskas, ein. 2 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlagen als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ein- gestuft. Sie sind im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und können dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/4994 7. Existieren Gewehre oder Maschinenpistolen in den Beständen der Bundeswehr , deren TL auch Präzisionsbeschuss mit mehr als fünf Schuss bzw. nach vorheriger Abgabe von mehr als fünf Schuss vorsehen (wenn ja, bitte nach Waffentyp und genauen Vorgaben der TL aufschlüsseln)? Beim Maschinengewehr MG3 werden aufgrund der Zugehörigkeit von zwei Waffenrohren und der Verwendbarkeit der Rohre auf Umschlag (12-Uhr/6-UhrPosition des Körnerpunktes) in zwei Serien jeweils sieben Schuss zur Präzisionsermittlung verwendet (TL 1005-0015 Pkt. 3.1.2.7.3). Dies ist der Konstruktionsform /der Rohrwechselmöglichkeit des MG3 ausschließlich waffenspezifisch zuzuordnen. Beim G82 werden gemäß der Firmen-TL Heckler & Koch 2105 Pkt. 3.2.2.2.3.3. jeweils sechs Schuss als Präzisionsforderung ausgewiesen. 8. Worin genau unterscheiden sich die Vorgaben der TL von den jetzigen Bewertungskriterien (siehe dazu insbesondere Abschlussbericht der WTD 91, S. 7, letzter Absatz)? In den aktuellen Nutzerforderungen vom 26./27. November 2014 sind erstmals die Präzisionsforderungen operationalisiert und messbar dargestellt (vgl. Dokumente Frage 1, Anlage 2)3. 9. Wodurch genau unterscheiden sich die Konstruktionsstände A0 bis A4 der getesteten G36-Gewehre, und wer hat die Vorgaben dieser Konstruktionsstände wann und warum definiert? A0: Ursprünglicher Konstruktionsstand A1: Änderung der Gasabnahme zur Adaption des Abschussgeräts Granate 40 mm (AG 40-2) und Anpassungen von Sicherungswelle und Abzugsschulter (Materialverstärkung). A2: Konstruktionsstand für das System „Infanterist der Zukunft (IdZ) – Basissystem “. Anstelle des Hauptkampfvisiers verfügt das A2 über eine Standardadaptionsschiene , mit der ein spezielles Visier montiert werden kann. In einem zugehörigen Ergänzungssatz sind weitere Adaptionsschienen sowie Zubehör (z. B. Sturmgriff) enthalten. A3: Konstruktionsstand für das System „Infanterist der Zukunft – Erweitertes System“. Anstelle des Hauptkampfvisiers und des Zielfernrohrs verfügt das A3 über eine Standardadapterschiene zur Visieraufnahme. Am geänderten Handschutz mit Standardaufnahmeschienen befinden sich Bluetooth-Bedientasten zur Bedienung der Funk-Sprechverbindung. Darüber hinaus wurde eine höhenund längenverstellbare Schulterstütze eingesetzt. In einem zugehörigen Ergänzungssatz ist weiteres Zubehör enthalten. K A3: Dieser Konstruktionsstand entspricht der Variante A3 mit kurzem Rohr. K A4: Dieser Konstruktionsstand entspricht der Variante A3 mit kurzem Rohr (K A3), aber ohne die IdZ-typischen Bedienelemente für die Funk-Sprechverbindung . Die Varianten G36 A2 (2005 bis 2011) und A3 (2013) wurden nach Vorgaben des Projektes IdZ definiert und über dieses beschafft. 3 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ einge- stuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/4994 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die Variante K A4 (2013/2014) orientiert sich an der Variante A3/K A3 als aktuellem Modell und ersetzt die alten K-Varianten. Diesen Varianten wurden aufgrund der unterschiedlichen Nutzeranforderungen insgesamt neun unterschiedliche Ergänzungssätze zugeordnet. 10. Wurde der Konstruktionsstand A3 seinerzeit vom BMVg angeregt oder in Auftrag gegeben? Wenn ja, mit welchem Ziel, aufgrund welcher Erfahrungen mit dem vorherigen Konstruktionsstand und mit welchen konkreten, veränderten oder neuen Anforderungen? Nein. 11. Aus welchem Grund hebt der Abschlussbericht der WTD 91, Seite 9, in Absatz 2 besonders die Präzisionsleistung des Konstruktionsstandes A3 im Vergleich zu den Vorgängern hervor? Der Konstruktionsstand G36 A3 ist der aktuelle Konstruktionsstand, der sich vor allem durch die Adaptionsmöglichkeiten von optischem/optronischem Gerät auszeichnet. Darüber hinaus wurden weitere Verbesserungen der Peripherie durchgeführt (z. B. Handschutz, Schulterstütze, Griffstück). Daher unterscheidet sich dieser Konstruktionsstand optisch deutlich von den bisherigen. Das Grundkonzept der Waffe ist dagegen gleich geblieben, d. h. Gehäuse und Rohr haben sich nicht geändert. Die Änderungen hatten somit keinen Einfluss auf die Präzision der Waffe. 12. Seit wann sind G36-Gewehre des Konstruktionsstandes A3 bei der Bundeswehr im Gebrauch? Die Gewehre mit dem Konstruktionsstand G36 A3 sind im Jahr 2013 an die Bundeswehr ausgeliefert worden. 13. Wie alt waren die 20 im Test untersuchten G36-Gewehre des Konstruktionsstandes A3, und wie viel Schuss waren vorher damit jeweils bereits abgegeben worden? Die Gewehre mit dem Konstruktionsstand G36 A3 sind im Jahr 2013 an die Bundeswehr ausgeliefert worden. Alle 20 Gewehre dieses Konstruktionsstandes wurden aktiv genutzt, zum Teil auch im Einsatz in Afghanistan. Die Anzahl der damit durchgeführten Schüsse lässt sich nicht nachvollziehen. 14. Wieviel Prozent der fabrikneu gelieferten G36 A3 haben in den routinemäßigen Güteprüfungen der Bundeswehr die TL erfüllt? Alle G36 A3 haben die TL bei der Abnahme erfüllt. 15. Wie bewertet die Bundesregierung den Anteil der Waffen vom Konstruktionsstand A3, die die TL im jetzigen Test nicht erfüllt haben? Es wurde im Abschlussbericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Re- produktion der TL im Rahmen der aktuellen Untersuchungen nicht möglich war, da sich die Bedingungen grundlegend von denen der TL unterscheiden. Bei- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/4994 spielsweise haben die Halterungsbedingungen der Waffe im Gegensatz zu den TL-Bedingungen den Schützeneinfluss mit simuliert. Daher lässt dieser Test keinen Rückschluss auf ein mögliches Ergebnis unter identischen TL-Bedingungen zu. 16. Wie bewertet die Bundesregierung den niedrigen Anteil der Waffen vom Konstruktionsstand A4, die die TL im jetzigen Test nicht erfüllt haben? Alle Waffen, d. h. auch die des Konstruktionsstandes G36K A4, haben die Bedingungen der TL bei der Abnahme erfüllt. Darüber hinaus wird auf die Antwort zu Frage 15 verwiesen. 17. Haben andere Stellen, insbesondere die Bundesministerin der Verteidigung Dr. Ursula von der Leyen und bzw. oder Staatssekretärinnen und Staatssekretäre im BMVg Entwürfe des „Zusammenfassenden Berichtes der technischen Ergebnisse“, der „Fähigkeitsbezogenen taktisch-operativen Bewertung “ des Planungsamtes, den Text „Weitere ergänzende Untersuchungen am Gewehr G36 – Projektbezogene Bewertung der Ergebnisse“ des BAAINBw, den „Abschlussbericht“ der WTD 91 sowie den Text „Weitere ergänzende Untersuchungen am Gewehr G36 – Ergebnisse der Phase 1“ des Ernst-Mach-Instituts (EMI) vorab zur Kommentierung zu sehen bekommen (wenn ja, bitte alle Kommentare, Hinzufügungen, Streichungen, Textvorschläge oder weitere Änderungsideen – ob am Ende umgesetzt oder nicht – beifügen)? Es wurden keine Dokumente vorab zur Kommentierung vorgelegt. 18. Welche Gewehrtypen verbergen sich hinter den Kürzeln „Fabrikat A“, „Fabrikat B“, „Fabrikat C“, „Fabrikat D“ und „Fabrikat E“? In einem Sonderdokument „Fabrikat A“ (Tagebuchnummer der VS Registratur Bonn: 96/15 VSV) sind weitergehende Informationen zu dem Fabrikat A enthalten . Aufgrund der Sensitivität ist dieses Sonderdokument „VS – Vertraulich“ eingestuft und wurde an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages übermittelt. Informationen zu den weiteren Waffen können mit Rücksicht auf die Wahrung der Interessen Dritter nicht weitergegeben werden. 19. Existierte eine Art Fragenkatalog für die Untersuchungen, z. B. konkrete Fragen danach, ob es im Produktionszeitraum sprunghafte Änderungen gab? Wenn ja, wer hat diesen Fragenkatalog wann erstellt (bitte Katalog beifügen )? Vor Beginn der Untersuchungen wurden die zu untersuchenden Arbeitspakete definiert und mit allen Beteiligten – auch dem Bundesrechnungshof – abgestimmt . Der Fragenkatalog wurde am 31. Juli 2014 erstellt und unterlag in der Folge dem Abstimmungsprozess (Dokumente Frage 19, Anlage)4. 4 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ einge- stuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/4994 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 20. Hat die Bundesregierung Anhaltspunkte oder Verdachtsmomente dafür, dass es im Laufe der G36-Produktion – möglicherweise bislang nicht bekannte – Änderungen oder Abweichungen im Produktionsprozess gab (siehe hierzu insbesondere Abschlussbericht WTD 91, S. 46, Absatz 2)? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 21. Welche Erklärung hat die Bundesregierung für eine Trefferquote von minus 0,1 Schüssen bei zehn abgegebenen Schüssen (siehe Abschlussbericht WTD 91, Tabelle 4 auf S. 44, Treffbild 3)? Bei den angegebenen Werten handelt es sich um rechnerische Werte. Dabei wurde der Mittelwert der rechnerischen Treffer im Ziel angegeben und mit der Angabe der Standardabweichung versehen. Diese hat nur statistische Relevanz. 22. Aus welchen Gründen wurden in Tabelle 58 des Abschlussberichtes der WTD 91 in der Spalte „15/45 °C“ die Werte der ersten und zweiten Versuchsreihe gemittelt, obwohl die Werte der beiden Reihen signifikant unterschiedliche und überhaupt nicht vergleichbare Werte darstellen, da der eine Wert im aufsteigenden und der andere im absteigenden Temperaturspektrum ermittelt wurden? Die Werte in der Tabelle 58 wurden bei allen untersuchten Waffen in den Versuchsreihen gemittelt, da sich unabhängig vom betrachteten Temperaturschritt und unabhängig zwischen Anstiegs- und Abstiegsphasen deutliche Unterschiede , vermutlich durch Änderungen in den Trocknungsphasen hervorgerufen , einstellten. Die Änderungen der Sprünge differierten unterschiedlich, d. h. bei G36K A4 im Hinweg 1,8 Prozent aber im Rückweg 31,5 Prozent bzw. 65,8 Prozent. Hierauf wird im Abschlussbericht deutlich hingewiesen (Unterschiede zwischen erstem und zweitem Versuchsdurchlauf). 23. Welche gemittelten Trefferwahrscheinlichkeiten würden sich in Tabelle 58 für eine Erwärmung von 15 auf 45 Grad Celsius ergeben, wenn nur die Werte der aufsteigenden Temperaturreihe mit einbezogen werden (sprich: eine Darstellung vergleichbar der Tabelle 59, diesmal allerdings für die erste Versuchsreihe)? Die Werte ergeben sich aus den Mittelwerten der in den Einzelkapiteln dargestellten Trefferwahrscheinlichkeiten: A0 5,8 Prozent (Tabelle 29), A1 1,0 Prozent (Tabelle 33), A2 0,1 Prozent (Tabelle 37), A3 0,9 Prozent (Tabelle 41), A4 1,8 Prozent (Tabelle 45), Fabrikat A 98,3 Prozent (Tabelle 49), G3A3 87,5 Prozent (Tabelle 53), Fabrikat E 99,5 Prozent (Tabelle 55), Fabrikat D 22,0 Prozent (Tabelle 57). 24. Hatte ein früherer Entwurf des WTD-Abschlussberichtes auch eine der Tabelle 59 vergleichbare Auflistung der Mittelwerte der ersten Versuchsreihe enthalten, und warum ist diese Tabelle nicht im Endbericht enthalten ? Nein, eine solche Tabelle existierte nicht. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/4994 25. Welche gemittelten Trefferwahrscheinlichkeiten würden sich in Tabelle 58 für eine Erwärmung von 15 auf 45 Grad Celsius ergeben, wenn nur die Werte der aufsteigenden Temperaturreihe mit einbezogen werden (sprich: eine Darstellung vergleichbar der Tabelle 59, diesmal allerdings für die erste Versuchsreihe)? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. 26. Ist es zutreffend, dass die auf Seite 77 des Abschlussberichtes der WTD 91 aufgeführten Daten nicht das G36 A2, sondern mutmaßlich die Konstruktionsvariante A4 betreffen? Hierbei handelt es sich um einen redaktionellen Fehler im Bericht. Gemeint ist die Variante G36K A4. 27. Ist es zutreffend, dass in den 90er-Jahren vor der Entscheidung für das HK50 bzw. G36 auch andere Gewehre von der Bundeswehr getestet wurden ? Ja. a) War darunter das Steyr AUG? Ja. aa) Wenn ja, welches genau? Steyr AUG mit 20-Zoll-Rohr. bb) Wenn ja, wie haben diese anderen im Vergleich zum G36 in den damaligen Tests abgeschnitten (bitte Prüfprotokolle, Erfahrungsberichte und alle anderen relevanten Dokumente beilegen). Einzelheiten der Testergebnisse sind dem Abschlussbericht der technischen Untersuchungen der WTD 91 (Dokumente Frage 27, Anlage 1)5 sowie der Vorlage vom 2. September 1994 (Dokumente Frage 27, Anlage 2)6 zu entnehmen. Technisch haben beide Kandidaten ähnliche Ergebnisse erbracht. cc) Aus welchen Gründen fiel die Entscheidung gegen dieses Modell? Der Bedarfsträger hat für das Modell Steyr AUG nach Abschluss der Truppenversuche keine Truppenverwendbarkeit erklärt, da sicherheitsrelevante Mängel vorlagen (Gefahr für Leib und Leben). Zudem fiel die technisch-wirtschaftliche Bewertung zugunsten des HK50 aus. b) Waren darunter Gewehre der AK-Baureihe (Kalashnikov)? Nein. aa) Wenn ja, welche genau? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27b verwiesen. 5 und 6 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/4994 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode bb) Wenn ja, wie haben diese im Vergleich zum G36 in den damaligen Tests abgeschnitten (bitte Prüfprotokolle, Erfahrungsberichte und alle anderen relevanten Dokumente beilegen). Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27b verwiesen. cc) Wenn ja, waren darunter Exemplare aus Beständen der Nationalen Volksarmee, NVA? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27b verwiesen. dd) Aus welchen Gründen fiel die Entscheidung gegen dieses Modell? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27b verwiesen. c) Wurden weitere Modelle anderer Hersteller getestet? Nein. Es wurde eine Vorauswahl anhand eines Kriterienkataloges getroffen. Das HK50 und das Steyr AUG haben diese Kriterien als einzige Kandidaten erfüllt und sind daher zur Vergleichserprobung herangezogen worden. Fabrikate und Kriterien sind der als Anlage beigefügten Tabelle zu entnehmen (vgl. Dokumente Frage 27, Anlage 3)7. aa) Wenn ja, welche genau? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27c verwiesen. bb) Wenn ja, wie haben diese im Vergleich um G36 in den damaligen Tests abgeschnitten (bitte Prüfprotokolle, Erfahrungsberichte und alle anderen relevanten Dokumente beilegen)? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27c verwiesen. cc) Aus welchen Gründen fiel die Entscheidung gegen dieses Modell bzw. diese Modelle? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 27c verwiesen. 28. Wann genau ist die Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen erstmals von dem Entwurf des Bundesrechnungshofberichtes von wem und auf welche Weise in Kenntnis gesetzt worden? Das Prüfverfahren des Bundesrechnungshofes zum G36 wurde in mehreren sogenannten Morgenlagen angesprochen, an denen die Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, teilgenommen hat. 7 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ einge- stuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/4994 29. Wie genau lautete die Meldung über Probleme mit dem G36 aus Afghanistan vom 22. März 2012 (s. Sitzungsprotokoll des Verteidigungsausschusses vom 22. April 2015)? Bei dem im Sitzungsprotokoll des Verteidigungsausschusses beschriebenen Vorgang handelt es sich nicht, wie dargestellt, um eine Meldung aus Afghanistan, sondern um eine Weisung des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr an die Einsatzkontingente (Dokumente Frage 29, Anlage)8. 30. Gab es andere – formelle oder informelle – Meldungen zum G36 aus Afghanistan vor dem 22. März 2012? Bezogen auf die Einsatztätigkeit lässt sich folgendes feststellen: Schusswaffengebrauch seitens deutscher Soldaten mit G36 im Einsatz aus den Jahren 2001 bis 2005 ist aufgrund der Aktenlage nicht mehr nachvollziehbar. Aus der Auswertung der dokumentierten Gefechtshandlungen zwischen den Jahren 2006 und 2014 ergeben sich keine Hinweise darauf, dass eine mangelnde Treffgenauigkeit der eingesetzten Waffen vom Typ G36 einen Einfluss auf den Gefechtsverlauf gehabt haben könnte. In drei Fällen wird eine „mangelnde Wirkung im Ziel“ beschrieben: ● nach dem Gefecht am 2. April 2010 („Karfreitagsgefecht“), ● nach einem Entsatz von in einen Hinterhalt geratenen Kräften der Schutz- kompanie Fayzabad am 3. September 2009 sowie ● nach einem Gefecht in der Provinz Baghlan im Anschluss an eine Bergeope- ration am 16. Juli 2010. Nach hier vorliegenden Erkenntnissen hat das Logistikamt der Bundeswehr (LogABw) im Jahr 2011 und im Jahr 2012 unter Bezugnahme auf die Erhitzung des Gewehrrohres (Verschuss von Munition in größerer Anzahl) bzw. Beschädigungen (verschmorter Handschutz) auf die Effekte bei nicht vorschriftsmäßiger Handhabung der Waffen Gewehr G36 insbesondere bei Nichteinhaltung und bei Überschreitung der aufgeführten Schusszahlen und das Abkühlen der Waffe hingewiesen. Zudem wurde gemäß der Broschüre „Aus dem Einsatz lernen – 4/2012; Einsatzauswertung Heer“ (Kommando Heer) durch die Truppe im Einsatz eine mangelnde Wirksamkeit des G36 (in Bezug auf die Wirksamkeit der Munition sowie eine falsche Handhabung des G36 im Feuerkampf) festgestellt. Dem Bundesministerium der Verteidigung liegen keine Erkenntnisse über Eingaben und Beschwerden, die einen Einsatzbezug und einen Bezug zum G36 aufweisen , vor. 31. Wann genau kam die erste Meldung über Präzisionsprobleme beim G36 aus der Güteprüfstelle (bitte Dokument beilegen)? Die erste Meldung der Güteprüfstelle Oberndorf wurde am 21. Juni 2010 vorgelegt (Dokumente Frage 31, Anlage)9. Dabei handelte es sich um ein bereits ausgesondertes G36 mit einem Schaden aufgrund Überhitzung nach unsachgemäßem Gebrauch. 8 und 9 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 18/4994 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 32. Aus welchen Gründen wurde ab dem 60. ausgelieferten G36 die Kunststoffzusammensetzung geändert und auf wessen Veranlassung geht dies zurück? Im Rahmen der 2012 durchgeführten Untersuchungen am Gewehr G36 enthielt nur eines der getesteten Gehäuse aus einer frühen Vorserienwaffe kein Polyethylen (PE). Dabei handelte es sich um einen Prototyp eines MG36 [HK50-LMG] aus dem Jahr 1993, Seriennummer 031. Alle am Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) getesteten Prototypengehäuse der Sturmgewehre G36 enthielten PE-Anteile. Eine geänderte Kunststoffzusammensetzung bei den Sturmgewehren G36 ist nicht belegt. In der TL ist auf Seite 9 unter Punkt 2.3.1 der Werkstoff Polyamid (PA6) gelistet. Unter der dort angegebenen Zeichnungsnummer ist beschrieben, das z. B. das Gehäuse aus einem Kunststoff PA6 – GF35 wie Ultramid B3WG7 zu fertigen ist. Das Datenblatt der Eigenmarke Ultramid B3 WG7 der Firma BASF weist als Bestandteil ein Polymer-Anteil mit einer Varianz von 0,5 Prozent bis 1,5 Prozent auf. Da PE ein Polymer ist, ist der Werkstoff, solange die Varianz nicht signifikant abweichend ist, TL-konform. 33. Wann wurde die Bundeswehr erstmals über die geänderte Kunststoffzusammensetzung informiert (bitte Dokument beilegen)? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 34. Gab es danach noch weitere bzw. erneute Tests bei der Bundeswehr mit der neuen Variante? Im Rahmen der weiterführenden aktuellen Untersuchungen wurden weitere Materialproben untersucht. Die Muster stammen von den Versuchsmustern aus dem Testprogramm 2012. Die Untersuchungen konnten in Phase 1 noch nicht abgeschlossen werden und werden in der Phase 2 weitergeführt (auch mit aktuellen Proben). 35. Wie verträgt sich die Tatsache, dass es nach Beginn der Auslieferung des G36 noch eine Veränderung der Kunststoffzusammensetzung gab, mit der Aussage von Generalmajor Zimmer in der Sitzung des Verteidigungsausschusses vom 4. Februar 2015, dass der „Abnahmedemonstrator“ im gleichen baulichen Zustand, auch hinsichtlich der Werkstoffe, gewesen sei wie die später von der Bundeswehr abgenommenen Gewehre? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 36. Hat das BMVg bzw. eine untergeordnete Dienststelle jemals die Zusammensetzung des verwendeten Kunststoffes bzw. der verwendeten Kunststoffe eigenständig untersucht oder von einer unabhängigen dritten Stelle untersuchen lassen? Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/4994 Falls ja, wann wurden diese Untersuchungen von wem an welchen Varianten zu welchem Zeitpunkt durchgeführt? Das WIWeB hat Anfang des Jahres 2012 insgesamt 15 Gehäuseproben von Waffen untersucht, deren Fertigungsdatum reichte von November/1993 bis März/2012 (Dokumente Frage 36, Anlage)10. 37. Hat das BMVg bzw. eine untergeordnete Dienststelle dem Hersteller Heckler & Koch GmbH eine Veränderung der Zusammensetzung des verwendeten Kunststoffes bzw. der verwendeten Kunststoffe genehmigt bzw. sich mit dem Hersteller auf eine Veränderung verständigt? Falls ja, wann wurde die Veränderung in welcher Form für welche Varianten genehmigt bzw. sich darauf verständigt? Hat das BMVg bzw. eine untergeordnete Dienststelle jemals nachträglich Kenntnis erlangt von einer Veränderung der Zusammensetzung des verwendeten Kunststoffes bzw. der verwendeten Kunststoffe seitens des Herstellers , und falls ja, wie hat das BMVg bzw. eine untergeordnete Dienststelle Kenntnis erlangt (bitte unter Angabe des Datums der Veränderung, der Art der Veränderung, des Datums der Kenntnisnahme sowie der Angabe , welche Varianten betroffen waren)? Hierzu wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. 10 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Anlage als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ einge- stuft. Sie ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333