Deutscher Bundestag Drucksache 18/5025 18. Wahlperiode 21.05.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan van Aken, Katrin Kunert, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4772 – Multinationale Nutzung des Gefechtsübungszentrums Heer in der Altmark Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundeswehr unterhält in der Altmark ein Gefechtsübungszentrum Heer (GefÜbZH). Das Gefechtsübungszentrum ist „die zentrale Ausbildungseinrichtung des Heeres zur Einsatzausbildung und truppengattungsgebundenen Ausbildung von Verbänden und Einheiten aller Truppengattungen des Heeres sowie MilOrgBer in Einsatz- bzw. Gefechtsgliederung für landbasierte Operationen verbundener Kräfte“ (vgl. www.deutschesheer.de, militärischer Organisationsbereich – MilOrgBer). Das Gefechtsübungszentrum bildet nach eigenen Angaben auch multinational sowie auch Truppenteile anderer NATO-Partner (NATO – Organisation des Nordatlantikvertrages) oder befreundeter Staaten aus (ebd.). Teil des Truppenübungsgeländes sind Areale mit Dorf- und Stadtkulissen, die realen Einsatzgebieten nachempfunden sein sollen. Derzeit entsteht die „Kampfübungsstadt Schnöggersburg“, ein Übungsareal mit über 500 Gebäuden , Hochhäusern, Straßen, Kanalisation, Industriegebiet, U-Bahn-Tunneln und einem über 20 Meter breiten Fluss sowie einem Waldgebiet. In diesem rund sechs Quadratkilometer großen Gelände sollen ab dem Jahr 2015 „mit typischen urbanen Umweltbedingungen Gefechtsverbände mit bis zu 1 500 Soldaten trainieren“ (www.rheinmetall-defence.com/de/rheinmetall_defence/ public_relations/themen_im_fokus/guez/index.php.) Die technische und logistische Betreuung des Gefechtsübungszentrums erfolgt durch die „Rheinmetall Dienstleistungszentrum Altmark GmbH“ im Auftrag des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) (ebd.). Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 19. Mai 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Drucksache 18/5025 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Wann wurde, bzw. wann wird die Kampfübungsstadt Schnöggersburg zum ersten Mal für eine militärische bzw. polizeiliche oder andere Übung genutzt ? Der urbane Ballungsraum Schnöggersburg (UrbBallR SB) wird nach jetzigem Planungsstand mit einem ersten Abschnitt nicht vor dem vierten Quartal 2017 zur Nutzung freigegeben. 2. Welche Nationen haben seit dem Jahr 2005 das Gefechtsübungszentrum Heer zu militärischen oder bzw. und polizeilichen oder anderen Übungszwecken genutzt, und darunter befanden sich a) welche NATO-Mitglieder (bitte nach Jahr, Anzahl der jeweils teilgenommenen Soldatinnen und Soldaten sowie ggf. erzielte Einnahmen aufschlüsseln), Zur Beantwortung der Frage wird auf die beigefügte Übersicht sowie auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. NATO-Mitglieder Jahr Nation Stärke 2005 Niederlande (NLD) 1 954 2006 NLD 1 010 2007 NLD 1 949 2008 Frankreich (FRA) 364 2008 Belgien (BEL) 120 2008 NLD 1 997 2009 NLD 1 744 2010 NLD 1 913 2011 BEL 130 2012 BEL 52 2012 Kroatien (HRV) 62 2012 NLD 2 785 2013 BEL 162 2013 NLD 2 489 2014 NLD 2 594 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5025 b) welche „befreundeten Staaten“ (bitte nach Jahr, Anzahl der jeweils teilgenommenen Soldatinnen und Soldaten sowie ggf. erzielte Einnahmen aufschlüsseln)? Zur Beantwortung der Frage wird auf die beigefügte Übersicht sowie auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. Befreundete Staaten dürfen das Gefechtsübungszentrum Heer erst seit dem Jahr 2007 nutzen. Befreundete Staaten c) Wer hat jeweils mit welchen Beträgen die Kosten getragen (bitte zuordnen ), und Die Kosten für die Nutzung des Gefechtsübungszentrums Heer werden entsprechend dem jeweiligen Nutzungsumfang durch die Streitkräfte ausländischer Nationen erstattet (Vollkostenerstattung). d) durch wen (siehe Fragen 2a und 2b) wurde die Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon wann für Übungszwecke genutzt? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 3. Wird das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) auch zur Erprobung von Prototypen von Rüstungsgütern genutzt, und wenn ja, a) welche konkreten Rüstungsgüter wurden durch welche Unternehmen bzw. die Bundeswehr seit dem Jahr 2005 erprobt (bitte differenziert aufschlüsseln ), und Weder die Bundeswehr noch Unternehmen haben seit dem Jahr 2005 Prototypen von Rüstungsgütern im Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg) erprobt. b) welche Einnahmen und welche Kosten sind seit dem Jahr 2005 in diesem Zusammenhang entstanden (bitte den Fällen zuordnen)? Auf die Antwort zu Frage 3a wird verwiesen. Jahr Nation Stärke 2007 Österreich (AUT) 124 2008 AUT 246 2009 AUT 300 2010 AUT 224 2011 AUT 258 2012 AUT 123 2013 AUT 125 2014 AUT 258 2014 Georgien (GEO) 129 Drucksache 18/5025 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 4. Wird das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) auch zur Präsentation von deutschen Rüstungsprodukten vor ausländischen Interessenten genutzt, und wenn ja, a) welche konkreten Rüstungsgüter wurden durch welche Unternehmen bzw. der Bundeswehr bzw. welchen entsprechenden Agenturen wem (Personen, Länder etc.) vorgeführt, und Im Gefechtsübungszentrum Heer finden regelmäßig Besuche von nationalen und internationalen Gruppen statt. Dabei wurde unter anderem auch im Beisein von Industrievertretern die Leistungsfähigkeit des Gefechtsübungszentrums Heer vorgeführt. Die Industriebeteiligung war notwendig, um zukünftige Systemanteile – unter anderem die notwendige Auswertetechnik für den urbanen Übungsraum Schnöggersburg – realisieren zu können. b) welche Einnahmen und welche Kosten sind seit dem Jahr 2005 in diesem Zusammenhang entstanden (bitte den Fällen zuordnen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 5. Wird das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) auch von privaten Anbietern von Sicherheitsdienstleistungen genutzt, und wenn ja, a) von welchen Firmen (bitte ab dem Jahr 2001 angeben und Zweck bzw. Bezeichnung der Übung), und b) welche Einnahmen und welche Kosten sind seit dem Jahr 2001 in diesem Zusammenhang entstanden (bitte den Fällen zuordnen und bitte Art der Einnahmen und Kosten angeben), und c) in welcher Weise sind Angehörige der Bundeswehr im Zusammenhang mit dieser Nutzung eingebunden bzw. aktiv? Die Fragen 5a bis 5c werden im Zusammenhang beantwortet. Das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) wurde bisher nicht von privaten Anbietern von Sicherheitsdienstleistern genutzt. 6. Wie hoch sind die durch das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) erzielten Gesamteinnahmen seit dem Jahr 2001 (bitte unter Aufstellung der Einnahmen pro Jahr), und welchem Zweck werden diese zugeführt? Für die Jahre 2001 bis 2009 konnte die Höhe der jährlichen Einnahmen nicht mehr ermittelt werden. Aufgrund der geltenden Aufbewahrungsfristen für zahlungsbegründende Unterlagen (fünf Jahre) wurden die entsprechenden Akten vernichtet. Die Einnahmen des Gefechtsübungszentrums Heer aus den Jahren 2010 bis 2014 betrugen ca. 41 Mio. Euro. Eine Einzelaufstellung konnte aufgrund der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Bearbeitungszeit nicht ermittelt werden und wird innerhalb der nächsten drei Monate nachgereicht . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5025 Die Einnahmen dienen – der Bewirtschaftung von Grundstücken, Gebäuden und Räumen, – der Absicherung, – dem Betrieb der Übungsplätze (Infrastrukturbetrieb, industrieller Betreiber, Personalkosten), – dem Erhalt von Feldzeugmaterial (Materialkosten, industrieller Betreiber, Personalkosten) und – der Erhaltung von Fahrzeug- und Kampffahrzeugmaterial. 7. Welche Einnahmen entstehen der Gemeinde nach Kenntnis der Bundesregierung durch den Betrieb des Gefechtsübungszentrums Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon), in der das Areal liegt (wenn möglich, jeweils unter Angabe der Höhe)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 8. Gibt es für die betreffende Gemeinde Gewerbesteuereinnahmen durch den Betrieb des Gefechtsübungszentrums Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) durch die „Rheinmetall Dienstleistungszentrum Altmark GmbH“, und falls ja, wie hoch sind diese nach Kenntnis der Bundesregierung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 9. Ist es vorgesehen, dass private Anbieter von Sicherheitsdienstleistungen das Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg oder Teile davon) nutzen können, und welche Regelungen gibt es in diesem Zusammenhang (ggf. bitte unter Angabe der genauen Quellen, woher welche Regelungen stammen)? Eine Mitbenutzung von Liegenschaften der Bundeswehr durch Dritte ist grundsätzlich möglich. Die Voraussetzungen sind in Abschnitt 4 der bundeswehrinternen Zentralvorschrift A1-18000/0-6002 „Die Liegenschaften der Bundeswehr“ geregelt. 10. Welche Teilstreitkräfte kommen als Nutzer des Gefechtsübungszentrums Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg) infrage, und welche konkreten Großwaffensysteme sollen hierbei üblicherweise zum Einsatz kommen ? Grundsätzlich können Kräfte aller Teilstreitkräfte im Gefechtsübungszentrum Heer üben. Grundsätzlich sind alle im Bestand befindlichen, bodengebundenen und luftgestützten Waffensysteme für den Einsatz mit simuliertem Waffeneinsatz im Gefechtsübungszentrum Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg) vorgesehen . Drucksache 18/5025 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 11. Hat das Areal nach Kenntnis der Bundesregierung die technischen Voraussetzungen , den Einsatz von bewaffneten (bewaffnungsfähigen) Drohnen zu üben, und sind solche Übungen erfolgt bzw. in Zukunft vorgesehen? In die Simulations- und Systemtechnik des Gefechtsübungszentrums Heer (inkl. Kampfübungsstadt Schnöggersburg) können diese Waffensysteme zurzeit nicht integriert werden. Derzeit gibt es keine Planungen, die technischen Voraussetzungen des Simulationssystems für das Beüben solcher Waffensysteme zu schaffen. Entsprechende Übungen sind bisher nicht erfolgt. 12. Welche Finanzierungskosten waren für den Ausbau des Gefechtsübungszentrums Heer im Hinblick auf die Kampfübungsstadt Schnöggersburg vor Baubeginn ursprünglich vorgesehen, und für welche Areale, Abschnitte und Übungseinheiten sind etwaige Kostensteigerungen entstanden , und worauf sind diese im Einzelnen konkret zurückzuführen? Für den infrastrukturellen Ausbau des urbanen Ballungsraumes „Schnöggersburg “ als Einrichtung zur einsatzvorbereitenden Ausbildung von Verbänden bzw. Task Forces sind Gesamtkosten in Höhe von 117,8 Mio. Euro eingeplant. Weitere 17,9 Mio. Euro sind für ein mobiles Auswertesystem vorgesehen. Die Kosten vor Baubeginn waren mit 115,0 Mio. Euro haushaltsmäßig anerkannt . Kostensteigerungen sind für die Bauabschnitte 0 „Verkehrsinfrastruktur“ und 2 „Industriestadt“ entstanden. Diese Kostensteigerungen sind einerseits durch neue Erkenntnisse aus dem Projekt, wie die nachhaltigere Befestigung von Straßen, zusätzliche Einzäunung, Vermessungsarbeiten und Entmunitionierung von Flächen begründet und anderseits durch nutzerseitige Forderungen für die Implementierung des Mobilen Auswertesystems Infanteristischer Einsatz (MASIE) entstanden. 13. Ist das Gefechtsübungszentrum Heer baugleich mit dem Gefechtsübungszentrum für Russland, für das eine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden war, und wenn nicht, worin bestehen die Unterschiede? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, ob und inwieweit das russische Gefechtsübungszentrum baugleich errichtet worden ist. 14. Für welche weiteren Länder hat die Bundesregierung bislang eine Ausfuhrgenehmigung für ein Gefechtsübungszentrum erteilt (bitte unter Angabe des Jahres, des Wertes und der Angabe, wann nach Kenntnis der Bundesregierung das Gefechtsübungszentrum in Betrieb genommen wurde)? Im Jahr 2003 wurde eine Genehmigung für die Ausfuhr eines mobilen Gefechtsübungszentrums (Wert: ca. 2,5 Mio. Euro) und im Jahr 2010 eine Genehmigung für die Ausfuhr eines Gefechtsübungszentrums (Wert: ca. 70 Mio. Euro), jeweils in die Vereinigten Arabischen Emirate, erteilt. 15. Welche Trainings hat die Bundeswehr im Zusammenhang mit der Ausfuhr von Gefechtsübungszentren im Empfängerland durchgeführt (bitte nach Land, Jahr und Zahl der entsendeten Personen aufschlüsseln)? Die Bundeswehr war im russischen Gefechtsübungszentrum in Mulino mit einer Militärberatergruppe von sechs Soldaten im November 2012 sowie September 2013 beratend beteiligt. Hierbei wurde eine „Ausbildung der Ausbilder“ in die Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5025 Systemkomponenten des Gefechtsübungszentrums durchgeführt. Der Beratergruppe oblag nicht die Inaugenscheinnahme der Infrastruktur des russischen Gefechtsübungszentrums . 16. Welche Ausfuhrgenehmigungen für welche Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter wurden im Zusammenhang mit dem Export von Gefechtsübungszentren jeweils erteilt (bitte nach Land, Jahr und Wert aufschlüsseln )? Die Beantwortung der Frage müsste eine umfangreiche inhaltliche Prüfung von einer Vielzahl von Antragsunterlagen vorgenommen werden, die für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu leisten ist. Soweit sich die Frage auf Genehmigungen zur Ausfuhr von Kriegswaffen bezieht, ist anzumerken, dass eine Erteilung solcher Genehmigungen für die Ausfuhr von Kriegswaffen zur Verwendung in Gefechtsübungszentren sehr unwahrscheinlich ist. Gefechtsübungszentren dienen lediglich der Simulation von Gefechtssituationen. Dafür führen die trainierenden Streitkräfte üblicherweise ihre jeweiligen, in der Streitkraft genutzten Kriegswaffen zu den Simulationen im Gefechtsübungszentrum mit, wo selbige in der Regel mit Teilen eines Duellsimulators ausgestattet werden. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333