Deutscher Bundestag Drucksache 18/5056 18. Wahlperiode 01.06.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bärbel Höhn, Annalena Baerbock, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/4877 – Risiko der sogenannten Carbon Bubble Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Weltklimarat IPCC hat in seinem Fünften Sachstandsbericht im Jahr 2014 festgestellt, dass rund zwei Drittel der bereits erkundeten fossilen Reserven nicht gefördert und verbrannt werden dürfen. Andernfalls wäre es extrem unwahrscheinlich, die globale Erwärmung bis zum Jahr 2100 auf weniger als plus 2 °C zu begrenzen. Diese Grenze wird allgemein als das angesehen, was gerade noch mit den möglichen Mitteln zu beherrschen ist. Seit dem Jahr 1900 hat sich die Erde jedoch bereits um 0,8 °C im globalen Mittel aufgeheizt. Die größten Förderer von Öl, Kohle und Gas – unter ihnen Firmen wie RWE, ExxonMobile, Shell und Glencore, aber auch Staaten wie Venezuela oder Russland – haben hingegen einen Großteil der bereits bekannten Reserven schon in ihren Bilanzen bzw. Haushalten verbucht. Doch der Großteil dieser Reserven dürfte nicht verbrannt werden, wenn die Klimaziele eingehalten werden sollen. Daraus entsteht, wenn die Klimaziele ernst genommen werden, eine Überbewertung der Unternehmen und der Finanzinstrumente, die als sogenannte Carbon Bubble bezeichnet wird. Aktien, Anleihen und Kredite der Finanzinstitute innerhalb der Europäischen Union (EU) an Unternehmen, die über fossile Brennstoffreserven und fossile Rohstoffe verfügen, haben einen Umfang von insgesamt über 1 Bio. Euro. Insgesamt haben alle Öl-, Gas- und Kohlekonzerne einen Börsenwert von fast 5 Bio. US-Dollar und gehören zu den beliebtesten Anlagen, denn bislang versprechen sie eine hohe Liquidität, Wachstum und Dividende. Doch eine konsequente Klimaschutzpolitik, welche die globale Erwärmung auf höchstens 2 Grad beschränkt, würde zu einem Wertverlust dieser Unternehmen führen. Mittlerweile haben Analysten aus verschiedensten Bereichen und Ländern mehrfach beschrieben, dass solche Anlagen Finanzmarktrisiken bergen. So Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 27. Mai 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. mahnt die britische Investmentbank HSBC explizit an, dass Investoren dieses Risiko noch einpreisen müssen, gerade weil es eine so langfristige Entwicklung ist (HSBC vom 25. Januar 2013 „Oil & carbon revistited“). Die Bank von England warnt Versicherungen explizit vor fossilen Geldanlagen und verweist auf Drucksache 18/5056 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode die jährlich rund 700 Mrd. Euro für die Erkundung neuer fossiler Reserven (www.theguardian.com vom 3. März 2015 „Bank of England warns of huge financial risk from fossil fuel investments“). Weltweit formieren sich unterschiedlichste Gruppen rund um das Thema „Divestment“ und drängen Parlamente, Universitäten und Stiftungen dazu, ihr Vermögen aus fossilen Anlagen abzuziehen – und stattdessen in nachhaltige Alternativen zu investieren. Es fehlt aber bisher insbesondere in Deutschland an nationalen Maßnahmen, die diesen Forderungen entsprechen. 1. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr einer Carbon Bubble für den deutschen und europäischen Finanzsektor ein, wie kommt sie zu dieser Einschätzung , bzw. lässt sie dazu eigene Expertisen in Form von Gutachten o. Ä. erstellen (wenn ja, bitte entsprechende Gutachten o. Ä. auflisten bzw. beifügen)? Die Idee einer Carbon Bubble geht von einer Überbewertung fossiler Energieträger und daraus folgend einer möglichen Überinvestition in damit verbundene Investitionsprojekte und Unternehmen aus. Es ist allerdings zu früh, um hierzu fachlich fundierte Aussagen treffen zu können. Die Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung hat gerade erst begonnen; auch die in Frage 2 angesprochenen Untersuchungen der Bank of England sind noch nicht abgeschlossen. Die Bundesregierung unterstützt diesbezügliche Untersuchungen des Internationalen Finanzstabilitätsrats (Financial Stability Board). Die Möglichkeit, ein Forschungsgutachten hierzu in Auftrag zu geben, wird derzeit ebenfalls geprüft. Die Rolle des Finanzmarktes bei der Förderung von klimapolitischen Belangen wird derzeit von der UNEP Inquiry genauer untersucht (www.unep.org/inquiry/). 2. Stimmt die Bundesregierung der Aussage zu, dass die Minderung globaler Emissionen bis zum Jahr 2050 um mindestens 50 Prozent einen Kursverlust bei Unternehmen des fossilen Sektors (Öl-, Gas- und Kohleunternehmen) nach sich ziehen würde, und wenn ja, wie hoch schätzt die Bundesregierung das „Carbon Bubble“-Risiko in diesem Fall ein? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Eine solche Einschätzung sollte deshalb im Zuge der oben genannten Überprüfung erfolgen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 3. Sieht die Bundesregierung Gefahren durch eine plötzliche Abwertung von Vermögenswerten des fossilen Sektors für einzelne Unternehmen des deutschen Finanzsektors, und wie begründet sie ihre Sichtweise? Die Forderungen aller deutschen Banken (inkl. ausländischer Töchter) an die Sektoren „Gewinnung von Erdöl und Erdgas“, „Kokerei und Mineralölverarbeitung “ sowie „Energieversorgung“ beliefen sich zum 31. Dezember 2014 auf rund 151 Mrd. Euro. Dies entspricht 2 Prozent der gesamten Kreditvergabe von Banken an alle Sektoren. Zudem wurden die Kreditportfolien der großen deutschen Banken im letzten Jahr im Rahmen des Comprehensive Assessments der Europäische Zentralbank gründlich auf ihre Werthaltigkeit untersucht. Bedeutenderer Korrekturbedarf wurde bei den betreffenden Kreditportfolien nicht festgestellt. Vor diesem Hintergrund sieht die deutsche Bankenaufsicht bisher insgesamt kein erhöhtes Finanzstabilitätsrisiko infolge einer plötzlichen Abwertung von Vermögenswerten des fossilen Sektors. Die Bundesregierung begrüßt jedoch Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5056 eine sorgfältige Prüfung der Fragestellung. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Ist es aus Sicht der Bundesregierung sachgerecht, wenn Kreditinstitute eine Klimastrategie entwickeln müssten, und wenn nein, warum nicht? Kreditinstitute unterliegen in Deutschland den bankaufsichtsrechtlichen Regelungen der Europäischen Union bzw. den entsprechenden nationalen Umsetzungsgesetzen und Rechtsvorschriften. Übergeordnete Ziele dieser Aufsichtsregeln sind der Schutz der Gläubiger sowie die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Finanzsystems. Die Kreditinstitute haben in diesem Zusammenhang insbesondere strenge risikobegrenzende Rahmenbedingungen zu befolgen, um die Solvenz und Liquidität zu gewährleisten. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen können die Banken ihre Geschäftspolitik marktwirtschaftlichen Grundsätzen folgend frei gestalten, solange ihre Geschäftsstrategie und die damit konsistente Risikostrategie auf die nachhaltige Entwicklung des Instituts gerichtet ist (§ 25a Absatz 1 Nummer 1 des Kreditwesengesetzes ). In diesem Zusammenhang sollten sich Institute auch mit sogenannten Megatrends wie z. B. dem Klimawandel oder knapper werdenden Ressourcen auseinander setzen, wenn dies für die Ermittlung der Risiken des spezifischen Institutes notwendig ist. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Ist es aus Sicht der Bundesregierung sachgerecht, wenn Fondsgesellschaften eine Klimastrategie entwickeln müssten, und wenn nein, warum nicht? Kapitalverwaltungsgesellschaften sind bereits heute aufgrund regulatorischer Vorgaben insbesondere in § 28 Absatz 2 des Kapitalanlagegesetzbuches allgemein verpflichtet, angemessene Systeme einzurichten, um Risiken für die jeweiligen Anlagestrategien der Investmentvermögen jederzeit zu erfassen, zu messen, zu steuern und zu überwachen. Liegen Erkenntnisse vor, nach denen etwa Anleihen und Aktien von Energieunternehmen überbewertet sind, weil die Bilanzen potenziell unverwertbare Energieträger enthalten, so ist dies bereits heute im Risikomanagement und in der Anlagestrategie der Fonds zu berücksichtigen . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 6. Hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Bundesbank eine eigene Klimastrategie mit entsprechenden Anlagerichtlinien? Wenn ja, wie sieht diese konkret aus, und wenn nein, hielte sie eine solche für angebracht? Eine Klimastrategie ist in den finanziellen Anlagerichtlinien der Bundesbank bisher nicht verankert. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag verfolgen Transaktionen der Bundesbank an den Finanzmärkten primär geld- und währungspolitische Ziele. 7. Folgt aus Sicht der Bundesregierung aus der Gemeinwohlorientierung öffentlich -rechtlicher Finanzinstitute (Sparkassen sowie Landesbanken, Bausparkassen , Versicherungen, Fondsanbieter im öffentlichen Eigentum) eine besondere Verpflichtung, eine Klimastrategie zu entwickeln? Wenn ja, in welchem Maße werden nach Kenntnis der Bundesregierung die verschiedenen öffentlichen Institute dieser Anforderung gerecht, etwa durch Divestment-Strategien? Drucksache 18/5056 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Wenn nein, welche Implikationen hat die Gemeinwohlorientierung dann für Finanzinstitute? Es ist Aufgabe und Verantwortung der jeweils zuständigen Gesetzgebungsorgane , den Umfang der Gemeinwohlorientierung in den einschlägigen Gesetzen (Errichtungsgesetze, Sparkassengesetze etc.) zu definieren und Aufgabe der Träger und Eigentümer öffentlich rechtlicher Institute, dies im Zuge ihrer Geschäftsstrategie zu konkretisieren. In diesem Zusammenhang könnte neben dem Risikomanagement auch die Gemeinwohl -Orientierung bzw. die gesellschaftliche Verantwortung (Corporate and Social Responsibility – CSR) ein Impuls für die Etablierung einer Klimastrategie sein. 8. Teilt die Bundesregierung die Meinung, dass direktes oder indirektes eigenes finanzielles Engagement im fossilen Energiesektor (durch den Kauf oder das Halten von Anleihen entsprechender fossiler Energieunternehmen ) einer aktiven Unterstützung des emissionsstarken fossilen Energiesektors gleichkommt? Ein direktes finanzielles Engagement bewirkt mittelbar auch eine Unterstützung der Produkte des betroffenen Unternehmens. Eine Bewertung des Engagements ist jedem Anleger selbst überlassen. Soweit einem Anleger neben finanziellen Kriterien auch andere, z. B. ethische Kriterien wichtig sind, stehen Anlageangebote zur Verfügung und es steht ihm frei, sich für Anlageangebote zu entscheiden , die seinen Kriterien entsprechen. Bei indirekten Engagements ist demgegenüber für den Einzelnen mit angemessenem Aufwand in der Regel kaum im Einzelnen nachvollziehbar, in welche Anlage die von ihm investierten Mittel fließen. 9. Welche Rolle spielen finanzmarktpolitische, speziell anlagespezifische Aspekte und Instrumente im Rahmen der Klimaschutzpolitik der Bundesregierung ? Finanzmarktakteure gehören zunehmend zu den Adressaten einer modernen Klimaschutzpolitik, weil deren Investitions- und Anlageentscheidungen ganz unmittelbare positive oder negative Klimaauswirkungen haben können. 10. Hält die Bundesregierung eine Warnung von Aufsichtsbehörden vor den finanziellen Risiken durch Investitionen in fossile Energien, wie sie die Bank of England vorgenommen hat, für gerechtfertigt? Es obliegt dem Ausschuss für Finanzstabilität, Warnungen und Empfehlungen zur Finanzstabilität in Deutschland auszusprechen. Die Bank of England ist im Rahmen ihrer Risikoeinschätzung offensichtlich aktiv geworden, weil die britischen Finanzinstitute vergleichsweise stark in Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft investiert sind. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3 verwiesen. 11. Wie hat die Deutsche Rentenversicherung Bund ihre Reserven angelegt (bitte nach Anlageart und Anteil an fossilen Unternehmen aufschlüsseln)? Die gesetzlichen Anlagevorschriften für die Sozialversicherungen zur Anlage ihrer Mittel erlauben nicht den Erwerb von Anteilen an Unternehmen und damit auch nicht den Erwerb von Anteilen an fossilen Unternehmen. Die Deutsche Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5056 Rentenversicherung Bund beachtet diese Vorgaben, so dass sich auch keine Anteile an Unternehmen des Sektors fossiler Energien in ihrem Bestand befinden. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat die von ihr verwalteten Mittel der Nachhaltigkeitsrücklage weit überwiegend bei Kreditinstituten angelegt, die durch eine Sicherungseinrichtung der deutschen Kreditwirtschaft geschützt sind. Anlageformen sind dabei Termingelder und Schuldscheindarlehen. Daneben sind ca. 25 Mio. Euro in einem Geldmarktfonds investiert. 12. Wie hat die Bundesrepublik Deutschland die Rückstellungen für Beamtenpensionen angelegt (bitte nach Anlageart und Kenntlichmachung des Anteils in fossilen Unternehmen aufschlüsseln)? Die Anlage der Mittel und Erträge des Sondervermögens „Versorgungsrücklage des Bundes“ erfolgt in Schuldverschreibungen des Bundes, der Bundesländer, anderer Staaten der Europäischen Währungsunion, supranationaler Organisationen , staatlich dominierter Emittenten sowie Pfandbriefen und vergleichbaren gedeckten Schuldverschreibungen. Ein Erwerb von Anteilen an Unternehmen und damit auch von Anteilen an fossilen Unternehmen erfolgt daher nicht. Für die Anlage der Mittel und Erträge des Sondervermögens „Versorgungsfonds des Bundes“ gilt Entsprechendes. Hier sind zudem bis zu 10 Prozent des Sondervermögens in Investmentfonds angelegt, die den Euro-Stoxx-50-Index abbilden. Je nach Gewichtung von fossilen Unternehmen in diesem Index erfolgt damit eine anteilige Anlage. Die Verwaltung und Anlage der Mittel des Versorgungsfonds der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist entsprechend den für den Versorgungsfonds des Bundes nach dem Versorgungsrücklagegesetz geltenden Grundsätzen und Richtlinien vorzunehmen (§ 366a Absatz 6 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch). Wie beim Versorgungsfonds des Bundes sind bis zu 10 Prozent des Versorgungsfonds der BA in Investmentfonds angelegt, die den Euro-Stoxx-50-Index abbilden. Je nach Gewichtung von fossilen Unternehmen in diesem Index erfolgt damit eine anteilige Anlage. 13. Wie und wo sind die Pensions- und Übergangsgelder der Mitglieder der Bundesregierung angelegt (bitte nach Anlageart und Kenntlichmachung des Anteils in fossilen Unternehmen aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zum Sondervermögen „Versorgungsrücklage des Bundes “ in der Antwort zu Frage 12 verwiesen. 14. Wie hat die Bundesrepublik Deutschland die Gelder der KfW Bankengruppe angelegt (bitte nach Anlageart und Anteil an fossilen Unternehmen aufschlüsseln)? Die Bundesrepublik Deutschland legt keine Gelder der KfW Bankengruppe an. Die Zusammensetzung des Kredit- und Anlageportfolios der KfW Bankengruppe ergibt sich grundsätzlich aus der Fördertätigkeit der KfW Bankengruppe auf Basis der hierfür geltenden gesetzlichen Regelungen sowie aus den relevanten bankaufsichtsrechtlichen Vorgaben. Das Zusageobligo der KfW Bankengruppe (Konzern) aus allen Anlagenarten (Kredite, Avale, Beteiligungen, Bonds etc.) ist aktuell in 17 sogenannte HGP (d. h. Hauptgeschäftspartner) Branchencluster mit 264 sogenannten HGP Branchen aufgeschlüsselt. Eine Kategorisierung von Kunden als „fossile Unterneh- men“ erfolgt nicht, da hierfür keine klare Definition bzw. Abgrenzung vorliegt. Drucksache 18/5056 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Daher sind auch keine eindeutigen Aussagen zum Anteil solcher Unternehmen am Gesamtobligo der KfW Bankengruppe möglich. 15. Strebt die Bundesregierung eine Entscheidung über ein Divestment der Anlagen aus den Fragen 11 bis 14 an, und wenn nein, warum nicht? Wie in der Antwort zu Frage 11 erläutert, erlauben die gesetzlichen Anlagevorschriften für die Sozialversicherungen nicht den Erwerb von Anteilen an Unternehmen , auch nicht an fossilen Unternehmen. Es ist nicht beabsichtigt, beim Versorgungsfonds des Bundes die Anlage in Euro-Stoxx-50 orientierten Investmentfonds zu ändern. Bezüglich der Kredit- und Anlagekriterien der KfW Bankengruppe wird seitens der Bundesregierung derzeit keine Änderung angestrebt; im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 16. Welche Rechtsgrundlage definieren die Anlagerichtlinien für Stiftungen in Bundesbesitz, und sind klimapolitische Überlegungen Teil dieser Anlagerichtlinien ? Für das Finanzanlagenmanagement von bundesnahen Einrichtungen, einschließlich Stiftungen in Bundesbesitz, wurde eine Empfehlung für Mindestanforderungen an ein Finanzanlagemanagement herausgegeben (BMF-Rundschreiben vom 31. Oktober 2014 – II A 3 - H 1012-2/12/10003, 2014/0914089). Gegenstand der Mindestanforderungen sind Verfahrensweisen für die Erstellung der internen Anlagegrundsätze zur Konkretisierung der Anlagepolitik, Risikomanagement und Kontrollverfahren. Besondere klimapolitische Überlegungen sind nicht Bestandteil des Regelwerkes. 17. Werden klimapolitischen Überlegungen und Kriterien in der sonstigen Anlage- und Rücklagepolitik des Bundes Rechnung getragen, und wenn ja, wo sind diese kodifiziert? Ein zentrales Regelwerk zur Anlage- und Rücklagepolitik innerhalb der unmittelbaren Bundesverwaltung besteht nicht. Die Anlage- und Rücklagenpolitik für Mittel im Kassenkreislauf des Bundes muss der Wirtschaftlichkeitsanforderung nach der Bundeshaushaltsordnung genügen und daher zu marktgerechten Konditionen bei ausfallsicheren Adressen erfolgen. Zudem ist einer Kassenanlage ein kurzfristiger, Nachhaltigkeitserwägungen ein langfristiger Zeithorizont inhärent. 18. In welchen Bundesländern wurde nach Kenntnis der Bundesregierung ein Ausschluss fossiler Anlagen aus den Pensionsfonds für die Mitglieder der Landesregierung oder Abgeordneten der jeweiligen Landesparlamente beschlossen ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 19. Wie übt die Bundesregierung Einfluss auf die Anlagerichtlinien der Länder aus, und welche Nachhaltigkeitskriterien spielen dabei eine Rolle? Die Anlagerichtlinien der Länder liegen in der alleinigen Zuständigkeit der Länder , die Bundesregierung hat darauf keinen Einfluss. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5056 20. Plant die Bundesregierung, auf Änderungen in den Anlagerichtlinien des Bundes oder der Länder hinzuwirken, und wenn ja, auf welche? Es wird auf die Antwort zu Frage 19 verwiesen. 21. Hält es die Bundesregierung hinsichtlich der Aufsicht über Kreditinstitute durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für angebracht , den aufsichtlichen Überprüfungsprozess auch auf den Aspekt der Risiken aus fossilen Investments zu erstrecken, und wenn nein, warum nicht? Im Mittelpunkt des aufsichtlichen Überprüfungsverfahrens steht das Risikomanagement einschließlich der Prozesse zur Sicherstellung der Risikotragfähigkeit der Kreditinstitute. Hierbei werden u. a. alle relevanten Risikopotenziale eines Instituts seiner Risikodeckungsmasse gegenübergestellt. Welche Risikoaspekte dabei zum Tragen kommen, hängt nicht nur vom Risikogehalt des einzelnen Engagements, sondern auch von der jeweiligen Geschäftsausrichtung einschließlich möglicher Risikokonzentrationen ab. Stellen fossile Investments also einen relevanten Risikobereich für ein Institut dar, so sollte sich dies bei der aufsichtlichen Beurteilung seiner Risikopotenziale und der Angemessenheit der Kapitalausstattung niederschlagen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 22. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die an deutschen Börsen gehandelten Unternehmen und die Marktteilnehmer die Möglichkeit einer konsequenten und ambitionierten Umsetzung der deutschen Klimaziele (für die Jahre 2020 bis 2050) angemessen eingepreist haben, und falls ja, auf welche Expertise stützt sie diese Einschätzung? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 23. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um sicherzustellen , dass die an deutschen Börsen gehandelten Unternehmen sowie die Marktteilnehmer die Möglichkeit einer konsequenten und ambitionierten Umsetzung der deutschen Klimaziele (für die Jahre 2020 bis 2050) angemessen einpreisen? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 22 verwiesen. 24. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um sicherzustellen , dass durch einen massiven plötzlichen Kursverfall keine gefährlichen negativen Auswirkungen auf deutsche Banken, Versicherungen, Pensionsfonds und Privatanleger bzw. auf die Finanzmarktstabilität insgesamt erfolgen ? Die aktuell laufende Umsetzung der Finanzsektorreformagenda soll dazu beitragen , die Widerstandskraft von Finanzintermediären gegenüber allen Arten von Schocks zu erhöhen, nicht nur Schocks aus ausgewählten Sektoren. Risiken für das deutsche Finanzsystem aus Marktpreisrisiken sind Gegenstand laufender mikroprudenzieller und makroprudenzieller Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die Deutsche Bundesbank und den Ausschuss für Finanzstabilität. Drucksache 18/5056 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 25. Wird die Bundesregierung die Frage von Carbon Divestment im Rahmen der voraussichtlich ab Herbst 2015 beginnenden Konsultationen zur EUOffenlegungsrichtlinie miteinbeziehen? Wenn ja, in welcher Form, und wenn nein, warum nicht? Die Prüfung der Umsetzung der Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 zur Änderung der Richtlinie 2013/ 34/EU und der entsprechenden Umsetzung in einem Regierungsentwurf der Bundesregierung sind noch nicht abgeschlossen. 26. Hat die Bundesregierung Kenntnis über die Höhe des Wertverlustes aller beteiligten Kommunen durch den Kursverfall von RWE, und wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über die Aktionärsstruktur der RWE AG vor, die über die Angaben im Konzerngeschäftsbericht für das Jahr 2014 des Unternehmens hinausgehen. Infolgedessen können auch keine Angaben zur Frage gemacht werden. 27. Sollten Wertpapieremittenten nach Auffassung der Bundesregierung verpflichtet werden, regelmäßig ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen offenzulegen? Die Bundesregierung unterstützt einen ergebnisoffenen Prüfprozess auf internationaler Ebene, um festzustellen, ob Risiken aus dem Engagement in fossile Energieträger richtig bewertet sind und inwieweit hieraus Finanzstabilitätsrisiken resultieren, siehe hierzu auch die Antwort zu Frage 1. 28. Erwägt die Bundesregierung, die Transparenzpflichten bei Bank- bzw. Anlagegesprächen insofern zu verschärfen, als hierbei auch über die sogenannten CO2-Fußabdrücke der Portfolios informiert werden muss, und wenn nein, warum nicht? Transparenzpflichten bei Anlagegesprächen sollten sich grundsätzlich auf die Kerneigenschaften einer Anlage und die für den Anleger damit verbundenen Chancen und Risiken konzentrieren. Dabei umfasst die Beratungspflicht u. a. die Aufklärung über spezielle Risiken, die sich aus den besonderen Umständen des Anlageobjekts ergeben. Dies kann – im Einzelfall und sofern für den Wert der Anlage relevant – auch einen Hinweis auf einen besonders risikobehafteten CO2-Fußabdruck umfassen (beispielsweise fehlende Diversifizierung einer Anlage ). Eine allgemeine Information über den CO2-Fußabdruck eines Portfolios, ohne besonderen Zusammenhang mit der Wertentwicklung der fraglichen Anlage , würde über den eingangs dargestellten Zweck der Anlageberatung hinausgehen . Die Berücksichtigung weiterer Aspekte wie ethischer Fragestellungen rund um den Verwendungszweck oder -ort einer Investition steht Anlegern bei ihrer individuellen Entscheidungsfindung frei. Die Bundesregierung begrüßt Initiativen für mehr Transparenz, um informierte Entscheidungen des Anlegers zu erleichtern . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5056 29. Verstoßen Finanzanlagevermittler nach Auffassung der Bundesregierung gegen die Informationspflichten nach § 13 der Finanzvermittlerverordnung , wenn sie potenzielle Anleger nicht über das Risiko einer Carbon Bubble aufklären, wenn nein, sieht die Bundesregierung hier Anpassungsbedarf , und wenn nein, warum nicht? Nach § 13 der Finanzanlagenvermittlerverordnung müssen Finanzanlagenvermittler über die Risiken einer angebotenen oder vom Anleger nachgefragten Finanzanlage informieren. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 28 verwiesen. 30. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um die Anreize für Banken, Versicherer und Pensionskassen dahingehend zu ändern, dass diese stärker in nachhaltige Anlagen investieren und weniger in fossile Anlagen? Die Umlenkung finanzieller Ressourcen in politisch erwünschte Aktivitäten ist nicht Aufgabe der Finanzmarktregulierung, die sich allein am öffentlichen Gut integrer und stabiler Finanzmärkte ausrichten soll. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Förderung politisch erwünschter Investitionen erfolgt in Deutschland beispielsweise über finanzielle Anreize (wie durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz ), Nutzungspflichten (wie im Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz vorgesehen ) oder Förderbanken (wie die KfW Bankengruppe), wobei sich Anreize (etwa in Form günstiger Zinsen) grundsätzlich an die Kreditnehmer und nicht an die Finanzintermediäre richten. 31. Plant die Bundesregierung, neue Anreize für Private Equity oder Venture Fonds zu schaffen, die in neue Firmen der Kreislaufwirtschaft investieren wollen oder in ressourceneffiziente Firmen und damit die Energiewende voranbringen wollen? Die Bundesregierung plant keine diesbezüglichen neuen Anreize für Private Equity oder Venture Fonds zu schaffen. 32. Wird das Divestment bzw. die Carbon Bubble nach Einschätzung der Bundesregierung im Rahmen der Vorbereitungen auf die UNFCCC-Konferenz in Paris bzw. auf der Konferenz selbst thematisiert, und welchen Beitrag wird die Bundesregierung dazu leisten? Das Divestment bzw. eine mögliche Carbon Bubble wird im Rahmen der Vorbereitungen auf die UNFCCC-Konferenz (UNFCCC – Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen) in Paris bzw. auf der Konferenz selbst voraussichtlich nicht thematisiert werden. Die nationale und internationale Klimaschutzpolitik der Bundesregierung orientiert sich an der 2-GradObergrenze . Eine prioritäre Forderung der Bundesregierung und der EU in den Verhandlungen zu einem Klimaschutzabkommen in Paris Ende des Jahres 2015 ist deshalb die Verankerung der 2-Grad-Obergrenze in dem zu schaffenden Rechtsinstrument. Dies sowie die Diskussion bis zur Konferenz in Paris stellen ein starkes Signal für klimafreundliche Investitionen dar. Die Bundesregierung unterstützt ferner eine ergebnisoffene Prüfung, um festzustellen, inwieweit aus einer möglichen Carbon Bubble tatsächliche Finanzstabilitätsrisiken resultieren können. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Drucksache 18/5056 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 33. Wird die Bundesregierung die Themen Divestment bzw. die Carbon Bubble im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft auf die Tagesordnung setzen, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit nicht, sich im Rahmen ihrer G7-Präsidentschaft des Themas anzunehmen, unterstützt aber eine ergebnisoffene Prüfung. Zu den Gründen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 32 verwiesen . 34. In welcher Art und Weise plant die Bundesregierung, die jüngste Initiative der G20 zu unterstützen, wonach das Basler Financial Stability Board eine Untersuchung von Finanzmarktrisiken, die sich aus einer Überbewertung fossiler Energieunternehmen ergeben, durchführen soll, und welche Organe der Bundesregierung werden hieran beteiligt bzw. wirken koordinierend ? Die Bundesregierung unterstützt die Aufforderung der G20 an das Financial Stability Board, private und öffentliche Finanzmarktakteure mit dem Ziel einer fachlich fundierten Auseinandersetzung mit den hier angesprochenen Fragen zusammenzubringen. Das Bundesministerium der Finanzen, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und die Deutsche Bundesbank werden diesen Prozess als deutsche Mitgliedsinstitutionen des Financial Stability Board eng begleiten. Federführung und damit die Entscheidung über erste Schritte liegen jedoch beim Financial Stability Board. 35. Wie wird sich nach Auffassung der Bundesregierung die im Rahmen der G20 angekündigte Untersuchung der deutschlandspezifischen Risiken gestalten (bitte nach Zeitrahmen, beteiligten und koordinierenden Stellen aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 34 sowie auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Für eine Identifizierung konkreter deutschlandspezifischer Risiken ist es im gegenwärtigen Stadium noch zu früh. 36. Strebt die Bundesregierung eine rechtliche Anerkennung des Zwei-GradLimits im Rahmen der UNFCCC-Verhandlungen – auch unter dem Aspekt einer Carbon-Bubble-Risikominimierung – an, und wenn ja, was tut sie für dessen Implementierung? Es wird auf die Antwort zu Frage 32 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333