Deutscher Bundestag Drucksache 18/5063 18. Wahlperiode 05.06.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Wolfgang Gehrcke, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/4920 – Austausch von Fingerabdrücken und DNA-Daten mit den USA Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Zahlreiche europäische Länder haben in den letzten Jahren mit den USA so genannte Preventing and Combating Serious Crime-Abkommen (PCSC) über den bilateralen Austausch personenbezogener Daten unterzeichnet (Bundestagsdrucksache 17/6965). Ausdrückliches Vorbild für diese PCSC ist das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität, das am 1. Oktober 2008 in Washington D. C. unterzeichnet wurde (Bundestagsdrucksache 18/1739). Trotz erheblicher datenschutzrechtlicher Bedenken der Oppositionsparteien, des Bundesrates und des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wurde das Abkommen am 3. Juli 2009 vom Deutschen Bundestag ratifiziert. Indes kam es in den USA als „executive agreement“ niemals im Kongress zur Abstimmung. Nach dem Vorbild des Vertrages von Prüm sieht das Abkommen automatisierte Abfragen der nationalen Polizeidatenbanken mit Fingerabdrücken und DNAProfilen zu Zwecken der Verfolgung – und im Falle der Fingerabdruckdaten auch zur vorausschauenden Verhinderung – „schwerwiegender Kriminalität“ vor. Darüber hinaus können zum Zweck der Verhinderung „terroristischer Straftaten“ ohne vorheriges Ersuchen auch sensible personenbezogene Daten, z. B. zum Sexualleben oder der politischen Gesinnung von Betroffenen, in so genannten Spontanübermittlungen an die andere Vertragspartei weitergegeben werden. Daten, die die Vertragsparteien nach diesem Abkommen gewonnen haben, dürfen für den Zweck strafrechtlicher Ermittlungen und zur Verhinderung einer „ernsthaften Bedrohung für die öffentliche Sicherheit“ sowie in Gerichts - und Verwaltungsverfahren, die im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stehen, weiterverarbeitet und gespeichert werden. Mit Einverständnis der datenübermittelnden Vertragspartei können die Daten Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 2. Juni 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. auch zu jedem anderen Zweck weiterverarbeitet sowie an Drittstaaten, internationale Organisationen und selbst an Privatunternehmen weitergegeben werden. Artikel 11 des Abkommens betont, dass „Privatpersonen aus dem Abkommen keine Rechte erwachsen“. Das Recht zur Korrektur oder Löschung von über- Drucksache 18/5063 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode mittelten Daten bleibt allein den datenübermittelnden Behörden vorbehalten. Die Details der Datenverarbeitung sowie die Möglichkeiten zur Wahrnehmung von Betroffenenrechten überlässt das Abkommen dem jeweiligen nationalen Recht. Allerdings ist das Datenschutzrecht in den USA nur rudimentär entwickelt und ein Auskunftsrecht existiert für Bürgerinnen und Bürger aus anderen Staaten nicht. Abhilfe schaffen soll das deutsche Gesetz zur Umsetzung des Abkommens (BGBl. 2009 I Nr. 59, S. 2998 f.), das das Bundeskriminalamt (BKA) als nationale Kontaktstelle für den bilateralen Informationsaustausch benennt und Betroffenen das Recht einräumt, dort eine Auskunftserteilung bei der zuständigen US-amerikanischen Kontaktstelle zu beantragen. Allerdings kann das BKA als Stellvertreter der Betroffenen es unterlassen, diese über den Inhalt der von US-Stellen erteilten Auskunft zu unterrichten, wenn dadurch die „ordnungsgemäße Erfüllung“ seiner Aufgaben oder die „öffentliche Sicherheit oder Ordnung“ gefährdet wäre oder dem „Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile“ bereitet würden. Der Schutz Betroffener vor behördlicher Willkür ist damit weder jenseits noch diesseits des Atlantiks hinreichend gesichert. Auf Bundestagsdrucksache 17/6965 hatte die Bundesregierung vor vier Jahren erklärt, das „Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“ sei am 1. Oktober 2008 unterzeichnet worden, die Regelungen zum automatisierten Austausch von DNA-Profilen seien aber noch nicht in Kraft getreten. Im Jahr 2014 teilte die Bundesregierung mit, als technisches Abkommen sei im Juni 2012 das so genannte Administrative and Technical Implementation Agreement (ATIA; Implementing Arrangement) gezeichnet worden (Bundestagsdrucksache 18/1198). Jedoch seien „Einzelheiten der technischen Ausgestaltung “ noch nicht geregelt. Auch hätten die USA für den Datenaustausch nach Artikel 9 des Abkommens noch keine Kontaktstelle benannt. Weder der Abruf von daktyloskopischen Daten noch die Verarbeitung von DNA-Profilen seien also im Wirkbetrieb. Auch die „Entwicklung und Installation“ der notwendigen Software dauere aber an. Ein Ende „technischer und fachlicher Tests“ sei nicht vor Mitte des Jahres 2014 zu erwarten. Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität vom 1. Oktober 2008 ist nicht die einzige Basis für den Informationsaustausch mit den USA. Die Zusammenarbeit mit den USA zur Bekämpfung grenzüberschreitender schwerer Kriminalität ist für beide Seiten von großer Bedeutung und insgesamt als positiv zu bewerten. Dies gilt auch für die Abstimmung der noch erforderlichen technischen Schritte zur Umsetzung des genannten Abkommens . 1. Welche neuen Details kann die Bundesregierung zur technischen Umsetzung des „Abkommens zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität“ mitteilen (Bundestagsdrucksachen 18/1198 und 18/1739)? Die Vorschriften des betreffenden Abkommens, die bei der Umsetzung keine Maßnahmen der Informationstechnik erfordern, werden bereits angewandt. Dies betrifft insbesondere die allgemeinen Datenschutzbestimmungen. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die technische Umsetzung des automatisierten Abgleichs daktyloskopischer Daten, da nach Kenntnis der Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5063 Bundesregierung die US-Seite weiterhin nicht über die notwendigen rechtlichen Voraussetzungen für den DNA-Austausch verfügt. Es wurde eine verschlüsselte Datenverbindung zwischen dem Federal Bureau of Investigation (FBI) und dem Bundeskriminalamt (BKA) aufgebaut. Im BKA wurde die entsprechende Software eingespielt und konnte erfolgreich getestet werden. Die erforderlichen Zertifikate wurden zwischen FBI und BKA ausgetauscht. Die Anwendungskommunikation zwischen FBI und BKA bedarf indessen noch weiterer technischer Maßnahmen und wurde noch nicht in Betrieb genommen. Nach Inbetriebnahme der Anwendungskommunikation soll zunächst ein abgestimmtes 3-stufiges Testszenario durchlaufen werden. Der Zeitpunkt der Aufnahme des Wirkbetriebs ist derzeit noch nicht absehbar. 2. Wann sind die Regelungen zum automatisierten Austausch von DNA-Profilen und Fingerabdrücken in Kraft getreten? Das Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über die Vertiefung der Zusammenarbeit bei der Verhinderung und Bekämpfung schwerwiegender Kriminalität vom 1. Oktober 2008, im Weiteren als „Abkommen“ bezeichnet, wurde am 4. September 2009 in Deutschland ratifiziert und ist am 19. April 2011 durch die Übergabe einer entsprechenden Verbalnote Deutschlands an die USA in Kraft getreten. 3. Wie viele Anfragen für einen automatisierten Datenabruf hat es seit Beginn des Wirkbetriebs zwischen den Vertragspartnern gegeben (bitte nach abfragender Kontaktstelle und Datenkategorie aufschlüsseln)? Ein Wirkbetrieb findet noch nicht statt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 4. Wie viele Übereinstimmungen von daktyloskopischen Daten oder DNAProfilen nach Artikel 4 bzw. 7 des Abkommens hat es seitdem gegeben (bitte nach abfragender Kontaktstelle, Datenkategorien und Deliktarten aufschlüsseln )? 5. In wie vielen Fällen einer Übereinstimmung wurden im Rahmen der Rechtshilfe weitere personenbezogene und sonstige Daten übermittelt (bitte nach abfragender Kontaktstelle, Datenkategorie und Deliktarten aufschlüsseln)? 6. Wie viel Zeit vergeht in der Regel zwischen der Feststellung einer Übereinstimmung von automatisiert abgerufenen Daten und der Übermittlung weiterer personenbezogener und sonstiger Daten im Rahmen der Rechtshilfe? 7. In wie vielen und welchen Fällen hat das BKA entsprechend Artikel 13 Absatz 1 des Abkommens seine Zustimmung zur Weiterverarbeitung der übermittelten Daten zu anderen als den im Abkommen vorgesehenen Zwecken gegeben, und mit welcher Begründung? 8. In wie vielen Fällen wurde das BKA ersucht, stellvertretend für möglicherweise Betroffene bei US-amerikanischen Stellen, um Auskunft zu dort über sie gespeicherten Daten zu ersuchen? a) Wurden solche Anfragen durch die US-amerikanischen Kontaktstellen jemals verweigert, und wenn ja, wie häufig? Drucksache 18/5063 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode b) Wie häufig machte das BKA von seiner Möglichkeit Gebrauch, Betroffene nicht über entsprechende Auskünfte zu unterrichten? Die Fragen 4 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 9. Falls der automatisierte Datenabruf noch nicht im Wirkbetrieb ist, wie ist der aktuelle Stand der Umsetzung, welcher Natur sind etwaige Hindernisse , und wann ist die Aufnahme des Wirkbetriebes zu erwarten? Es ist derzeit nicht konkret absehbar, wann der Wirkbetrieb beginnen kann. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Hierfür müssen u. a. noch Voraussetzungen auf US-Seite getroffen werden, z. B. die Benennung einer Kontaktstelle. 10. Welche Kontaktstelle für den Datenaustausch nach Artikel 9 des Abkommens haben die USA benannt? Die Kontaktstelle ist noch nicht benannt worden. 11. Wann wurde die „Entwicklung und Installation“ der notwendigen Software abgeschlossen? 12. Was kann die Bundesregierung zum Ende und zum Ergebnis „technischer und fachlicher Tests“ mitteilen? Die Fragen 11 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 13. Wer hatte die Tests auf deutscher und nach Kenntnis der Bundesregierung auf US-Seite durchgeführt? Die technischen Tests werden durch das BKA und das FBI durchgeführt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 12 verwiesen. 14. Was ist damit gemeint, wenn die Bundesregierung schreibt, das Bundeskriminalamt habe „die technischen Voraussetzungen für den Datenaustausch “ von daktyloskopischen Daten geschaffen (bitte die „Voraussetzungen “ skizzieren)? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 15. Wer ist oder war auf deutscher Seite für das technische Verfahren für den Austausch von DNA-Daten verantwortlich, und wer wurde mit der Einrichtung erforderlicher Komponenten beauftragt? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5063 16. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wer auf US-Seite mit der Einrichtung der technischen Infrastruktur sowie der „Entwicklung und Installation “ der für den Datenaustausch notwendigen Software (daktyloskopische Daten und DNA-Daten) beauftragt ist? Für den Aufbau der verschlüsselten Datenverbindung zwischen dem FBI und dem BKA waren Mitarbeiter des FBI Ansprechpartner für das BKA. Die Einbindung einer Fremdfirma durch die US-Seite war bei der Zusammenarbeit nicht ersichtlich. Auch die derzeitigen Absprachen zur Inbetriebnahme der Anwendungskommunikation erfolgen zwischen dem FBI und dem BKA. Ob seitens des FBI Fremdfirmen beteiligt werden, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 17. Inwiefern kann die Bundesregierung mittlerweile ausschließen, dass die US-Unternehmen Booz Allen Hamilton Inc. und CSC Solutions oder deren Tochterfirmen entsprechende Arbeiten übernehmen? Für das BKA werden die benannten Firmen keine Arbeiten im Rahmen der technischen Realisierung des DASA übernehmen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 18. Wie viele bzw. welche Loci werden im Rahmen einer „Hit/no-hit-Abfrage “ miteinander verglichen? Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 19. Welche Loci werden nach Kenntnis der Bundesregierung in der CODISDatenbank der USA archiviert, und inwiefern ist diese ähnlich strukturiert wie die entsprechende BKA-Datenbank? Eine abschließende Auflistung der in der CODIS-Datenbank der USA speicherbaren Loci liegen der Bundesregierung nicht vor. Da das CODIS-System jedoch auch von vielen EU-Staaten als nationale DNA-Datenbank verwendet wird, kann aus der Erfahrung der Zusammenarbeit mit diesen EU-Staaten geschlussfolgert werden, dass auch im nationalen amerikanischen CODIS-System – bis auf geringe nationale Besonderheiten – die gleichen Loci gespeichert werden wie in der deutschen DNA-Analyse-Datei im BKA. In der deutschen DNA-Analyse -Datei können bis zu 24 Loci gespeichert werden. Auch sind beide Datenbanken ähnlich strukturiert. Der Aufbau beider Dateien ist vergleichbar. Wenn ein DNA-Muster erfasst oder abgeglichen wird, werden die einzelnen Allelwerte in den jeweiligen Loci mit den entsprechenden Allelwerten der Loci aller anderen gespeicherten DNA-Muster verglichen. Nach dem Abgleich aller Allelwerte wird eine Ergebnismeldung ausgeworfen. Bei Übereinstimmung der Allelwerte wird ein Treffer angezeigt. In der deutschen DNA-Analyse-Datei können zusätzlich Treffer angezeigt werden, die in einem Allel einen abweichenden Wert aufweisen. Im CODIS-System ist die Anzahl der möglichen Abweichungen manuell höher einstellbar. 20. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern das EURODACSystem komplett durch eine neue Architektur ersetzt werden soll, und wann würde das alte System dann abgeschaltet? Das Eurodac-Zentralsystem soll gemäß Artikel 46 der Verordnung Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrich- Drucksache 18/5063 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode tung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten (Eurodac-Neu-VO) zum 20. Juli 2015 einem technischen Upgrade unterzogen werden, um den Anforderungen der Eurodac-Neu-VO zu entsprechen. Dies bedeutet auch einen Austausch der System-Hardware. Die grundlegende Architektur des Systems bleibt jedoch unverändert. 21. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch nicht an die EURODAC-Datenbank angeschlossen sind? An das derzeitige Eurodac-System sind mit Ausnahme Dänemarks, das gemäß des Erwägungsgrundes Nr. 21 der Verordnung Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Überein -kommens (Eurodac-VO) seine Nichtbeteiligung erklärt hat, alle EU-Mitgliedstaaten angeschlossen. 22. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern die EURODACDatenbank nur von Ländern abgefragt werden darf, die auch am PrümVerfahren teilnehmen? Eine solche Einschränkung existiert derzeit nicht. Sie gilt jedoch grundsätzlich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Eurodac-Neu-VO für Abfragen zu Zwecken der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung gemäß Artikel 19 der Eurodac -Neu-VO und ergibt sich aus Artikel 20 Absatz 1 der Eurodac-Neu-VO. 23. Wie soll nach Kenntnis der Bundesregierung der technische und rechtliche Zugang zu EURODAC-Abfragen für lediglich mit der Datenbank assoziierte Staaten geregelt werden? Die assoziierten Staaten sind gleichberechtigte Partner im Rahmen der DublinVO . Dementsprechend haben sie einen technisch wie auch rechtlich gleichberechtigten Zugang zu Eurodac. 24. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, inwiefern mittlerweile ein technischer Zugang von Europol zu EURODAC und VIS umgesetzt ist? Zur Frage eines Zugangs von Europol zu VIS informierte Europol im Januar 2015, dass frühestens im Jahr 2016 ein diesbezügliches Projekt eingerichtet werden würde. Der Zugriff von Europol auf Eurodac soll über den Nationalen Zugriffspunkt der Niederlande erfolgen und wird derzeit im dortigen Ministerium für Justiz und Sicherheit geprüft. 25. Inwiefern und unter welchen Umständen ist es Betroffenen in Deutschland möglich, die Abgabe von Fingerabdrücken für EURODAC zu verweigern ? In Deutschland ist die Identität eines Ausländers, der um Asyl nachsucht und das 14. Lebensjahr vollendet hat, nach dem Asylverfahrensgesetz durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern (§ 16 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes – AsylVfG). Asylbewerber sind verpflichtet, die jeweiligen Maßnahmen zu dulden (§ 15 Absatz 2 Nummer. 7 – AsylVfG). Diese Regelungen dienen auch der Umsetzung der Verpflichtung aus der Eurodac-VO. Für die Durchfüh- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5063 rung erkennungsdienstlicher Maßnahmen kommt es nicht auf das Einverständnis des Betroffenen an. 26. Inwiefern und nach welcher Maßgabe setzen Bundesbehörden Zwangsmittel ein, um von Betroffenen Fingerabdrücke für EURODAC zu nehmen? 27. Welche Nachteile (auch Speicherung des Vorganges in Datenbanken) entstehen den Betroffenen bei einer Weigerung der Abgabe von Fingerabdrücken ? Die Fragen 26 und 27 werden gemeinsam beantwortet. Sollte der Asylbewerber bei der Antragstellung die Mitwirkung verweigern, wird die örtliche Polizeidienststelle einbezogen, die die Identitätssicherung nach den gesetzlichen Regelungen der Verwaltungsvollstreckung durchführen kann. Für Bundesbehörden richtet sich die Anwendung von Zwangsmaßnahmen nach dem Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes. Bei der zwangsweisen Durchsetzung polizeilicher Maßnahmen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in besonderer Weise zu beachten. Die Auswahl der möglichen Zwangsmittel richtet sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles. Im Zusammenhang mit der zwangsweisen Abnahme von Fingerabdrücken ist grundsätzlich auch die Anwendung von Zwang denkbar . In der Praxis ist in Deutschland Zwang bei der Abnahme von Fingerabdrücken aufgrund der Kooperationsbereitschaft der Betroffenen jedoch in der Regel nicht notwendig. Nach Auskunft der Bundespolizei werden bei der Weigerung, Fingerabdrücke abzugeben, nur angemessene Maßnahmen, im Sinne eines geringstmöglichen Eingriffs angewendet. Das Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) knüpft an die gröbliche Verletzung von Mitwirkungspflichten (z. B. Verweigerung von Angaben zur Identität) die Rechtsfolge, dass ein unbegründeter Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen ist (§ 30 Absatz 3 Nr. 2 und 5 AsylVfG), es sei denn, der Asylsuchende hat die Verletzung der Mitwirkungspflichten nicht zu vertreten oder die Einhaltung der Mitwirkungspflicht war ihm aus wichtigen Gründen nicht möglich . Die Verletzung von Mitwirkungspflichten allein führt jedoch nicht zur offensichtlichen Unbegründetheit. Die qualifizierte Antragsablehnung setzt vielmehr die vorangehende Einstufung des Asylantrags als unbegründet voraus. 28. Wie viele Fingerabdrücke sind nach Kenntnis der Bundesregierung im SIS II gespeichert, und wie viele davon wurden von deutschen Behörden eingestellt? Im SIS II sind insgesamt 10 115 Fingerabdruckdatensätze gespeichert. Deutschland stellt bisher noch keine Fingerabdruckdatensätze ein, da dieses Verfahren erst noch technisch realisiert werden muss. 29. Welchen Umfang haben die deutschen polizeilichen DNA- und Fingerabdruckdatenbanken im Vergleich zu den Vorjahren (bitte wie auf Bundestagsdrucksache 18/1739 darstellen)? Aktuell (Stand: 30. April 2015) beinhaltet die deutsche DNA-Analyse-Datei ins- gesamt 1 106 484 DNA-Datensätze (836 029 Personendatensätze beziehungs- Drucksache 18/5063 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode weise 270 455 Spurendatensätze). Die Entwicklung in den Vorjahren gestaltet sich wie folgt: 31. Dezember 2010: 895 941 31. Dezember 2011: 948 867 31. Dezember 2012: 998 661 31. Dezember 2013: 1 048 771 31. Dezember 2014: 1 097 542 Der aktuelle Umfang der deutschen Fingerabdruckdatenbank sowie deren Entwicklung kann der folgenden Grafik entnommen werden: 30. Wie unterteilen sich die Personendatensätze in „Kapitalverbrechen“ und allen anderen Kriminalitätsformen, die nach Kenntnis der Fragesteller als „Wiederholungstat“ deklariert sein müssen, um die Erstellung und Speicherung eines DNA-Profils überhaupt zu ermöglichen? Nach § 81 g Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) dürfen einem Beschuldigten – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - Körperzellen entnommen und diese untersucht werden, wenn er einer Straftat von erheblicher Bedeutung oder einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung verdächtig ist. Die wiederholte Begehung sonstiger Straftaten kann im Unrechtsgehalt einer Straftat von erheblicher Bedeutung gleichstehen. Die Personendatensätze in der DNA-Analyse -Datei gliedern sich wie folgt nach Deliktsbereichen (Stand: 30. April 2015): 2011 2012 2013 2014 2015 Personenbestand Gesamt 2782607 2803813 2943814 3203833 3311116 Bestand ungelöster Tatortspuren 383968 407710 427100 418333 424470 0 500000 1000000 1500000 2000000 2500000 3000000 3500000 Anzahl der Personendatensätze in der DNA-Analyse-Datei mit belegtem Deliktsdatenfeld / Oberbegriffe (unbelegte Oberbegriffe sind hierbei nicht aufgeführt) (Stand: 30. April 2015) Gesamtdatenbestand DNA-Analyse-Datei 836.029 Straftat gegen das Leben 24.484 Sexualdelikte 118.212 Diebstahlsdelikte 220.519 Raub/Erpressung 99.069 Straftat gegen die persönliche Freiheit 14.840 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5063 Hinweis: Die Summe aus den einzelnen Deliktsbereichen ist geringer als der Gesamtdatenbestand, da nicht in allen Datensätzen das Deliktsdatenfeld belegt ist. Anzahl der Personendatensätze in der DNA-Analyse-Datei mit belegtem Deliktsdatenfeld / Oberbegriffe (unbelegte Oberbegriffe sind hierbei nicht aufgeführt) (Stand: 30. April 2015) Körperverletzung 132.332 Betrug/Untreue 25.968 Gemeingefährliche Straftaten 12.769 Sachbeschädigung (Abschnitt) 7.860 Straftat gegen die öffentliche Ordnung 6.043 Beleidigung (Abschnitt) 4.426 Gefährdung des demokratischen Rechtsstaates 992 Widerstand gegen die Staatsgewalt 5.588 Geld- und Wertzeichenfälschung 2.440 Falsche uneidliche Aussage/Meineid 294 Falsche Verdächtigung 287 Straftat in Bezug auf Religion/Weltanschauung 68 Straftat gegen Personenstand/Ehe/Familie 294 Begünstigung/Hehlerei 7.066 Urkundenfälschung 4.080 Insolvenzstraftaten 35 Strafbarer Eigennutz 147 Straftat gegen die Umwelt 74 Straftaten im Amt 66 Verletzung des pers. Lebens-/Geheimbereiches 482 Sonstiges StGB 5.036 Abgabenordnung 284 Arzneimittelgesetz 538 Asylverfahrensgesetz 169 Aufenthaltsgesetz 5.219 Betäubungsmittelgesetz 129.053 Kriegswaffenkontrollgesetz 388 Sprengstoffgesetz 281 Tierschutzgesetz 79 Waffengesetz 5.109 Verstoß gg. d. Versammlungsgesetz 46 Sonstige Nebengesetze 1.392 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333