Deutscher Bundestag Drucksache 18/519 18. Wahlperiode 13.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion – Drucksache 17/353 – Musikveranstaltungen der extremen Rechten im vierten Quartal 2013 Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bedeutung von Musik für die Szene der extremen Rechten ist in zahlreichen Studien nachdrücklich belegt worden. Als vermeintlich unpolitische Einstiegsdroge bieten Rechtsrock und die verschiedenen, innerhalb der extremen Rechten verbreiteten Musikstile die Möglichkeit, vor allem Jugendliche anzusprechen und mit der extrem rechten Szene in Berührung zu bringen. Nicht erst seit dem Versuch von Kameradschaftsspektrum und NPD, mittels der so genannten Schulhof-CD gezielt Jugendliche über das Medium Musik für ihre politischen Ziele zu interessieren, ist dieser Zusammenhang evident. Konzerte, der Austausch von CDs, das Eintauchen in ein von der extremen Rechten dominiertes Umfeld sind die ersten Berührungspunkte vieler Jugendlicher mit dieser Szene. Über die nationalistischen, rassistischen und antisemitischen Texte werden wichtige Botschaften der extremen Rechten verbreitet. Die Durchführung von Musikveranstaltungen der extremen Rechten stellt somit eine aktive Werbung für die Ziele der Szene dar und lässt die extreme Rechte als attraktive Gestalterin jugendkultureller Freizeitangebote erscheinen. In zahlreichen Regionen der Bundesrepublik Deutschland stellen solche Veranstaltungen die herausragenden und deshalb besonders beliebten Möglichkeiten der Freizeitgestaltung dar. 1. Wie viele Musikveranstaltungen der extremen Rechten fanden im vierten Quartal 2013 im Bundesgebiet insgesamt statt? a) Wie viele dieser Konzerte wurden offen angekündigt, und wie stellt sich die Verteilung nach Bundesländern dar (bitte nach Bundesländern, Orten und Datum, Musikgruppen und Liedermachern aufschlüsseln)? b) Wie viele dieser Konzerte wurden konspirativ durchgeführt, und in welchen Bundesländern bzw. Regionen fanden diese konspirativ durchDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 11. Februar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. geführten Konzerte statt? Nach Kenntnis der Bundesregierung fanden von Oktober bis Dezember 2013 im Bundesgebiet 41 rechtsextremistische Musikveranstaltungen, darunter 21 Konzerte und 20 Liederabende, statt. Drucksache 18/519 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zu folgenden 17 Musikveranstaltungen liegen Informationen über eine offene Ankündigung bzw. Durchführung vor: Zu den weiteren 24 Musikveranstaltungen liegen den Verfassungsschutzbehörden vertrauliche Informationen darüber vor, dass diese konspirativ vorbereitet bzw. durchgeführt wurden. Eine detaillierte Auflistung dieser Veranstaltungen kann nicht veröffentlicht werden, da die rechtsextremistische Szene daraus Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand der Sicherheitsbehörden ziehen und ihre weitere Vorgehensweise gezielt danach ausrichten könnte. 2. Bei wie vielen der in Frage 1 aufgeführten Musikveranstaltungen trat die NPD oder eine ihrer Untergliederungen als Mitveranstalter bzw. Mitorganisator auf, und welche Kameradschaften traten als (Mit-)Veranstalter in Erscheinung? Bei zwei der in der Antwort zu Frage 1 genannten Musikveranstaltungen sind die NPD bzw. die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) als Mitveranstalter bzw. Mitorganisatoren aufgetreten. Drei andere Musikveranstaltungen wurden durch die „Kameradschaft Karlsruhe “, die „Kameradschaft Lichtenberg 35“ und die „Kameradschaft Anklam“ organisiert. Bei keiner Musikveranstaltung hat es eine Kooperation zwischen 05.10.2013 Erfurt (TH) Liederabend mit Marco BARTSCH 05.10.2013 Rheinmünster (BW) Konzert mit „Codex Frei“, „Überzeugungstäter“, „Kommando 192“, zwei Liedermacher aus Berlin 10.10.2013 Groß Berßen (NI) Liederabend mit Michael REGENER 12.10.2013 Scheinfeld (BY) Konzert mit „Nordglanz“, Überzeugungstäter“, „Act of Violence“, „White Resistance“, „Sachsonia“ 15.10.2013 München (BY) Liederabend mit Michael REGENER 17.10.2013 Veitsbronn (BY) Liederabend mit Michael REGENER 19.10.2013 Torgau (SN) Konzert mit „Still Burning Youth“, „Two minutes warning“, „Hope for the weak“, „Feher Törveny“ 21.10.2013 Kerpen (NW) Liederabend mit Michael REGENER 22.10.2013 Schwerte (NW) Liederabend mit Michael REGENER 25.10.2013 Pasewalk (MV) Konzert mit „Helle und die RACer“, „Pitbullfarm“ 02.11.2013 Finowfurt (BB) Konzert mit „Leichenzug“, „Stahlfront“, „Waffenträger Luzifers“, „Sakrista“, „Whiskey Ritual“, „Forgotten Tomb“, „Funeral Winds“, „The true endless“ 09.11.2013 Rheinmünster (BW) Konzert mit „Confident of Victory“, „Kommando Skin“, „Blutzeugen“, „Frontfeuer“, „Heiliger Krieg“, „Carpe Diem“ 16.11.2013 Rheinmünster (BW) Konzert mit „Lunikoff“, „Sachsonia“, „Klänge des Blutes“ 16.11.2013 Kirchheim (TH) Konzert mit „Fear rains down“, „Brainwash“, „Legion of Thor“, „Painful Life“ 23.11.2013 Torgau (SN) Konzert mit „Frontalkraft“, „Überzeugungstäter“, „Verboten“ 23.11.2013 Koberg (SH) Konzert mit „Abtrimo“, „Burn Down“, „Confident of Victory“, „Heiliger Krieg“, „Legion of Thor“, „Path of Resistance“, „Uwocaust“, „X. x. X.“ 31.12.2013 Erfurt (TH) Liederabend mit „Resistentia“, „Brauni und Klampfe“, Steven HINRICHS der NPD oder einer ihrer Untergliederungen und der Kameradschaftsszene gegeben . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/519 3. Bei welchen Veranstaltungen der NPD (Saalveranstaltungen, Kundgebungen , Aufmärsche etc.) kam es im vierten Quartal 2013 zu musikalischen Darbietungen, und welche Gruppen bzw. Einzelpersonen traten nach Kenntnis der Bundesregierung auf? Nach Kenntnis der Bundesregierung kam es bei zwei Veranstaltungen der NPD, die nicht zu den in den Fragen 1 und 2 nachgefragten Musikveranstaltungen zählen, auch zu musikalischen Darbietungen Hierbei handelte es sich um eine Saalveranstaltung des NPD-Kreisverbands Bamberg (BY) am 28. November 2013 in Forchheim (BY) mit dem Auftritt des Liedermachers Frank Rennicke sowie um den NPD-Landesparteitag am 1. Dezember 2013 in Saarbrücken (SL) mit dem Auftritt des Liedermachers Frank Rennicke. 4. Bei welchen Veranstaltungen der Partei „Die Rechte“ (Saalveranstaltungen, Kundgebungen, Aufmärsche etc.) kam es im vierten Quartal 2013 zu musikalischen Darbietungen, und welche Gruppen bzw. Einzelpersonen traten nach Kenntnis der Bundesregierung auf? Nach Kenntnis der Bundesregierung kam es bei der Saalveranstaltung der Partei „Die Rechte“ am 2. November 2013 im Raum Hamm (NW), die nicht zu den in den Fragen 1 und 2 nachgefragten Musikveranstaltungen zählt, zu einem Auftritt des Liedermachers „Lokis Horden“. 5. Von wie vielen Besuchern wurden die einzelnen Konzertveranstaltungen besucht (bitte nach Veranstaltungen aufschlüsseln)? Die in der Antwort zu Frage 1 genannten Musikveranstaltungen wiesen folgende Besucherzahlen auf: Die 21 Konzerte wurden von insgesamt ca. 3 840 Personen besucht; das ergibt einen Durchschnitt von ca. 183 Personen. Besucherstärkste Veranstaltung war das Konzert am 12. Oktober 2013 in Scheinfeld (BY) mit 1 000 Teilnehmern. Bei vier Liederabenden sind die Besucherzahlen nicht bekannt. Die verbleibenden 16 Liederabende wurden von insgesamt ca. 910 Personen besucht; das ergibt einen Durchschnitt von ca. 57 Personen. 6. Wie viele Konzerte in welchen Ländern und Städten wurden von deutschen Angehörigen der extremen Rechten im vierten Quartal 2013 im Ausland organisiert? Die deutschen Sicherheitsbehörden tauschen sich im Gemeinsamen Extremismus - und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) regelmäßig über Veranstaltungen im Ausland mit Bezug zu deutschen Rechtsextremisten aus. Erfahrungsgemäß werden Konzerte im Ausland aber nur im Einzelfall von deutschen Rechtsextremisten organisiert bzw. mitorganisiert. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung war das im vierten Quartal 2013 nicht der Fall. 7. Wie viele Konzerte der extremen rechten Szene wurden im vierten Quartal 2013 von der Polizei aufgelöst? Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur polizeilichen Auflösung von Konzerten im fraglichen Zeitraum vor. Drucksache 18/519 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Wie viele Konzerte der extremen rechten Szene wurden im vierten Quartal 2013 im Vorfeld verboten? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden im vierten Quartal 2013 vier Konzerte im Vorfeld verboten bzw. verhindert. 9. Welche rechtsextremistischen Straftaten, insbesondere Gewalttaten, wurden im vierten Quartal 2013 in unmittelbarem Zusammenhang mit Musikveranstaltungen der extremen Rechten, in deren Vorfeld, nach den Veranstaltungen oder aus den Veranstaltungen heraus begangen (bitte nach Art der Straftaten auflisten)? Der Bundesregierung sind folgende, im vierten Quartal 2013 im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Musikveranstaltungen begangene Straftaten bekannt geworden: Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a des Strafgesetzbuchs – StGB), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB), Landfriedensbruch (§ 125 StGB), Beleidigung (§ 185 StGB), gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) sowie Verstöße gegen das Waffengesetz. 10. Wurden im Rahmen von Konzerten der extremen Rechten im vierten Quartal 2013 Tonträger von der Polizei beschlagnahmt, und wenn ja, welchen Inhalts waren diese Tonträger, und in welcher Stückzahl wurden sie beschlagnahmt (bitte nach Bundesländern, Orten und Datum auflisten)? Der Bundesregierung liegen für das vierte Quartal 2013 keine entsprechenden Informationen vor. 11. Welche sonstigen Beschlagnahmungen von Tonträgern der extremen Rechten gab es im vierten Quartal 2013, und welchen Inhalts waren diese Tonträger bzw. in welcher Stückzahl wurden sie beschlagnahmt (bitte nach Bundesländern, Orten und Datum auflisten)? Der Bundesregierung liegen keine abschließenden Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Grund hierfür ist, dass eine dezidierte Meldepflicht der Länder über Sicherstellungen von Tonträgern und deren Inhalte aus dem Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) nicht besteht. Einzelerkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung jedoch immer dann vor, wenn die Länder im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) Straftaten melden , die im Zusammenhang mit dem Tatmittel „Tonträger“ stehen, und diese Meldungen auch Erkenntnisse zu entsprechenden Sicherstellungen beinhalten. Die Erkenntnisse zum vierten Quartal 2013 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen: Bundesland Ort Datum Stückzahl 1 Bayern Altendorf 13.11.2013 ca. 1 000 CDs 2 Berlin Berlin 11.12.2013 2 CDs 3 Berlin Berlin 16.12.2013 1 CD 4 Mecklenburg-Vorpommern Schwaan 27.11.2013 unbekannte Anzahl 5 Nordrhein-Westfalen Duisburg 06.10.2013 1 CD 6 Sachsen Altenberg 25.11.2013 121 CDs 7 Sachsen Zwickau 15.12.2013 5 CDs 8 Thüringen Sömmerda Leubingen 07.10.2013 unbekannte Anzahl 9 Thüringen Sömmerda 30.11.2013 1 CD Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/519 12. a) Wie viele rechtsextremistische Tonträger wurden bisher im Jahr 2013 indiziert? b) Handelt es sich dabei um Tonträger, die im Jahr 2013 produziert und veröffentlicht wurden, bzw. aus welchen Jahren stammen die im Jahr 2013 indizierten Tonträger? Im Jahr 2013 hat die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien insgesamt 52 Tonträger aufgrund Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus und/oder aufgrund Verherrlichung oder Verharmlosung des Krieges und/ oder aufgrund rassistischer Inhalte indiziert. Erkenntnisse darüber, wann diese Tonträger produziert und veröffentlicht wurden, liegen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien nicht vor. 13. Gegen wie viele der im Jahr 2013 indizierten und in die Liste B eingetragenen rechtsextremistischen Tonträger, bei denen der Verdacht auf strafrechtlich relevante Inhalte besteht, lag im selben Jahr noch ein Beschlagnahmebeschluss vor? Zu keinem der indizierten und in Listenteil B eingetragenen rechtsextremistischen Tonträger liegt ein Beschlagnahmebeschluss vor. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333