Deutscher Bundestag Drucksache 18/535 18. Wahlperiode 14.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/406 – Adventure Camp der Bundeswehr Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vom 14. bis 18. Februar 2014 veranstaltet die Bundeswehr ein so genanntes Adventure Camp auf einer Berghütte der Bundeswehr in den Chiemgauer Alpen. Der Kreis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beschränkt sich auf 16- bis 19-jährige, mithin also auf Personen, die potenziell für eine zeitnahe Rekrutierung zum Dienst als freiwillig Wehrdienstleistende bzw. Zeitsoldaten infrage kommen. „Natürlich gibt es aber auch viele Informationen zur Bundeswehr , zu den Gebirgsjägern und zum Soldatenberuf“, heißt es auf der Homepage des Campus (www.bw-adventure-camps.de/infos). Die Bewerbung dieses Camps verspricht Spaß und Sport. So heißt es auf der entsprechenden Homepage der Bundeswehr: „Liebst du die Herausforderung? Willst du zeigen, was in dir steckt? Bist du ein Team-Player? […] Hoch in den Chiemgauer Alpen dreht sich alles um Klettern, Bergsteigen und Wintersport. Im Team sollt ihr Aufgaben lösen und eure Fitness unter Beweis stellen.“ Die Fragestellerinnen und Fragesteller halten ein solches „jugendgerechtes“ Marketing in Zusammenhang mit der Werbung für die Bundeswehr, bei der es letztlich um die Vorbereitung auf Auslandseinsätze mit dem Risiko, dort zu töten bzw. getötet, verletzt oder traumatisiert zu werden, für unangemessen. Zwar heißt es auf der Homepage auch, es sei „erwünscht“, kritische Fragen beispielsweise zu den Auslandseinsätzen zu stellen, im Vordergrund steht aber klar die Bewerbung eines „Trainingscamps“: „Ich fahre gerne Ski und Snowboard und bin schon gespannt auf den Wettkampf im Schnee“, wird die Teilnehmerin eines Vorabtreffens zitiert (www.treff.bundeswehr.de). Das Camp wird auch von der Jugendzeitschrift „BRAVO“ beworben, die auf ihrer Internetpräsenz einen „Test“ bereithält, ob man für das Camp „fit“ sei (www.bravosport.de/specials/bw-adventure-camps/test-bist-du-fit-fuer-die-bwadventure -camps). Bemerkenswert an diesem Test ist, dass das Testergebnis Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung vom 13. Februar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. – selbst bei null Punkten gleich absoluter Unsportlichkeit – die Aufforderung enthält: „Bewirb dich jetzt“. Drucksache 18/535 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Vo r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bei der angesprochenen Veranstaltung handelt es sich um eine Maßnahme des Jugendmarketings. Ziel ist es, Jugendliche in ihrer beruflichen Findungsphase auf der Grundlage authentischer Begegnungen und unmittelbaren Dialogs mit Soldatinnen und Soldaten über die Bundeswehr zu informieren. Sie gehört nicht zu den personalwerblichen Maßnahmen, deren Zielsetzung die Gewinnung von Bewerberinnen und Bewerbern ist. 1. Wie viele Jugendliche haben sich zur Teilnahme am Adventure Camp beworben? Bis zum 1. Februar 2014 (Anmeldeschluss) haben sich 193 Jugendliche für die Teilnahme am Bundeswehr Adventure Camp beworben. 2. Wie viele Jugendliche wurden aus dieser Menge heraus zur Teilnahme eingeladen , und nach welchen Kriterien erfolgte die Auswahl (bitte nach Geschlecht und Alter detailliert angeben)? Wer hat die Auswahl konkret vorgenommen? Die Auswahl der 30 Jugendlichen ist noch nicht endgültig abgeschlossen. Auswahlkriterien sind: – Alter (16 bis19 Jahre), – Geschlecht (möglichst Hälfte männlich, Hälfte weiblich), – Körperliche Fitness (Selbsteinschätzung, letzte Sportnote). Die Auswahl wird durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr vorgenommen. 3. Wie war die Zusammenarbeit mit der Jugendzeitschrift „BRAVO“ ausgelegt , und worin bestand sie im Einzelnen? Kooperationspartner des Jugendmarketing der Bundeswehr ist die TeenagerMultimedia -Marke BRAVO. Das Bundeswehr Adventure Camp wurde und wird in der Printausgabe der BRAVO Sport und auf www.BRAVOsport.de sowie mobil auf www.m.bravo.de und www.m.bravosport.de über vier Monate beworben . a) Inwiefern war die Bundeswehr an der Konzeption des beschriebenen „Fitnesstests“ auf der Homepage der Jugendzeitschrift „BRAVO“ beteiligt ? Die Verantwortung für die Inhalte der Bewerbung liegt bei der Bundeswehr. b) Hält es die Bundesregierung für angemessen, einen solchen „Test“ zu veranstalten, der ohnehin alle teilnehmenden Jugendlichen ungeachtet ihrer Selbstangaben zu ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit auffordert, sich zu bewerben? Ja. Bei dem Test handelt es sich um ein zielgruppengerechtes Unterhaltungselement im Rahmen der Bewerbungsaktion. Er ist anonym und es werden keinerlei Daten erhoben. Es besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zur Auswahl der Teilnehmer. Diese erfolgt erst nach der Bewerbung anhand der in Ant- wort zu Frage 2 beschriebenen Kriterien. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/535 4. Welche Kosten waren mit Bewerbung, Vorbereitung und Durchführung des Adventure Camps verbunden (bitte detailliert angeben)? Für die Bewerbung über rund vier Monate werden insgesamt rund 265 000 Euro Haushaltsmittel eingesetzt. Für die Vorbereitung und Durchführung werden rund 20 000 Euro Haushaltsmittel eingesetzt. 5. Welche Kooperationspartner und Unternehmen waren bzw. sind mit jeweils welchen Beiträgen mit dem Adventure Camp befasst, und welche Kosten waren damit für den Bund jeweils verbunden? Kooperationspartner des Jugendmarketing der Bundeswehr für die Bundeswehr Adventure Camps ist, wie in der Antwort zu Frage 3 beschrieben, die TeenagerMultimedia -Marke BRAVO. Für die Konzeption, Planung und Durchführung des Events und des Trainingscamps wird das Jugendmarketing der Bundeswehr von der Agentur ABELEConsult unterstützt. Die Kosten ergeben sich aus der Antwort zu Frage 4. 6. Welche Maßnahmen hat die Bundeswehr getroffen, um es den Jugendlichen zu ermöglichen, wie auf www.treff.bundeswehr.de angekündigt, sich „ein eigenes und ausgewogenes Bild über die Bundeswehr“ zu machen, und ist die Annahme der Fragestellerinnen und Fragesteller richtig, dass dazu nicht die Einladung externer, etwa aus der Friedensbewegung kommender Personen gehört, sondern eine Unterrichtung über die Bundeswehr ausschließlich durch Soldatinnen und Soldaten erfolgte? Durch den offenen Dialog mit einsatzerfahrenen Soldatinnen und Soldaten gewinnen die Jugendlichen einen authentischen Eindruck vom Berufsalltag und von der Einsatzrealität. Das Jugendmarketing erfüllt damit den mehrheitlich von den Jugendlichen geäußerten Wunsch, mit Soldatinnen und Soldaten unmittelbar ins Gespräch kommen zu können. Weil Jugendliche im Altersband von 16 bis 19 Jahren durchaus eigene Urteilsfähigkeit entwickelt haben, sind sie auch in der Lage, die durch die Bundeswehr im Rahmen des Adventure Camps zur Verfügung gestellten Informationen richtig einzuordnen. Die Ausgewogenheit der Veranstaltungen des Jugendmarketings ergibt sich demnach vornehmlich durch die eigenständige Urteilsfähigkeit der Jugendlichen. Die in der Frage getroffene Annahme ist somit richtig. a) Wie viele Soldatinnen und Soldaten waren bzw. werden insgesamt bzw. sind in der Vorbereitung und Durchführung des Adventure Camps einbezogen? Insgesamt sind im Vorfeld und während des Bundeswehr Adventure Camps ca. 23 Soldatinnen und Soldaten einbezogen. b) Ist die Bundesregierung der Auffassung, die Jugendlichen könnten sich ein „ausgewogenes Bild über die Bundeswehr“ machen, wenn die Information ausschließlich durch Bundeswehrangehörige erfolgt? Ja. c) Wie viele Soldatinnen und Soldaten waren bzw. sind speziell dafür vorgesehen , „offen und ehrlich ihre persönlichen Erfahrungen“ mitzuteilen, und nach welchen Kriterien wurden diese Soldatinnen und Soldaten ausgesucht (bitte jeweils Dienstgrad, Alter und Geschlecht angeben)? Alle beteiligten Soldatinnen und Soldaten sind dazu aufgefordert, den Teilnehmern einen realistischen Eindruck in den Alltag eines Gebirgsjägers zu geben. Sie sollen alle Fragen der Jugendlichen umfassend und auf ihrem persönlichen Erfahrungsschatz basierend beantworten. Drucksache 18/535 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Unter ihnen befinden sich einsatzerfahrene Soldatinnen und Soldaten, die von Februar bis Juli 2013 in Afghanistan waren und über diese Erfahrungen sprechen können. Es werden Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgradgruppen im Alter von 19 bis 45 Jahren vor Ort sein. d) Wie viele dieser Soldatinnen und Soldaten – waren in der Vergangenheit bzw. sind gegenwärtig Jugendoffiziere oder Karriereberater, – haben Kurse bei der Akademie für Information und Kommunikation besucht, – verfügen über eigene Erfahrungen im Auslandseinsatz? Einer der Soldaten, die vor Ort sein werden, ist Karriereberater. Drei der Soldaten haben Kurse bei der Akademie für Information und Kommunikation besucht. Circa 50 Prozent der mit der Organisation beauftragten Soldatinnen und Soldaten, welche im Zeitraum des Bundeswehr Adventure Camps vor Ort sein werden, verfügen über eigene Erfahrungen im Auslandseinsatz. 7. Welchen inhaltlichen und zeitlichen Stellenwert nimmt die Werbung für den „Arbeitgeber“ Bundeswehr beim Adventure Camp ein, und in welcher Form erfolgt sie (etwa Vorträge, Seminare usw.)? Während der gesamten fünftägigen Veranstaltung ist ein einstündiger Vortrag eines Karriereberaters der Bundeswehr vorgesehen. 8. Welche Informationen über die gastgebende Truppe, in diesem Fall die Gebirgsjäger , wird den Jugendlichen vermittelt, und inwiefern gehört hierzu auch die Darstellung der Verbrechen, die die Gebirgstruppe während des Zweiten Weltkrieges begangen hatte, und die Traditionspolitik der Gebirgsjäger nach dem Zweiten Weltkrieg? Die Teilnehmer werden umfangreich über das Profil der Gebirgsjäger informiert . Sie lernen die Herausforderungen des Alltags eines Gebirgsjägers im winterlichen Gebirge kennen. Sie werden einen Vortrag über die Aufgaben und Erfahrungen der Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 231 in Afghanistan 2013 hören. Maßstab für Traditionsverständnis und Traditionspflege in der Bundeswehr sind das Grundgesetz und die der Bundeswehr übertragenen Aufgaben und Pflichten. Die Darstellung der Wertegebundenheit der Streitkräfte und ihres demokratischen Selbstverständnisses ist die Grundlage der Traditionspflege der Bundeswehr als Parlamentsarmee und damit auch dieser Veranstaltung. Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen. Ein Vortrag über die Geschichte der Gebirgsjägertruppe der Bundeswehr ist nicht vorgesehen. 9. Nach welchen Kriterien wurden die 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des „Trainingscamps“ am 11. und 12. Januar 2014 in Bad Reichenhall ausgewählt ? Falls es weitere solcher Trainingscamps gegeben hat, wie viele Jugendliche haben sich daran jeweils beteiligt? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Es gab keine weiteren Trainingscamps . Gesamtherstellung: H. 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