Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag Drucksache 18/5723 18. Wahlperiode 05.08.2015 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 30. Juli 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Sevim Dağdelen, Jan Korte, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/5470 – Situation der Jesidinnen und Jesiden aus Shengal Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 3. August 2014 begann der Überfall der Terrororganisation Islamischer Staat (IS bzw. ISIS) auf die Region Sindschar (Shengal) im Nordirak. Hier befindet sich das Hauptsiedlungsgebiet der Glaubensgemeinschaft der Jesiden, einer jahrtausendealten monotheistischen Religionsgemeinschaft, die von den Dschihadisten als Ungläubige für vogelfrei angesehen und damit zur Ermordung oder Versklavung freigegeben wurde. Die Peschmerga der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), die zum Schutz der Jesiden in dem außerhalb des kurdischen Autonomiegebietes gelegenen Distrikt Shengal stationiert waren , zogen sich beim Angriff des IS kampflos zurück und ließen die Zivilbevölkerung , der sie zuvor noch deren Waffen abnahmen, wehrlos zurück. Viele Jesidinnen und Jesiden beschuldigen daher die kurdische Regionalregierung bzw. die darin führende KDP, eine Mitverantwortung an den nachfolgenden Massakern des IS zu tragen. So bezeichnete der Oberkommandeur einer jesidischen Miliz, Heydar Shesho, am 11. Januar 2015 auf einer Versammlung in Oldenburg die zuvor in der Region stationierten rund 11 000 Peschmerga „als die Verantwortlichen für diesen Genozid“ (www.ezidipress.com/blog/oberkommandeurheydar -shesho-eziden-haben-das-recht-auf-selbstverwaltung/). Die kurdische Regierung hat bis heute keine Erklärung für den Rückzug ihrer Streitkräfte vor dem IS vorgelegt. Volks- und Frauenverteidigungseinheiten (YPG bzw. YPJ) aus dem Selbstverwaltungsgebiet Rojava im Norden Syriens sowie Guerillaeinheiten der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gelang es, kurz nach dem IS-Angriff einen Fluchtkorridor für zehntausende Jesidinnen und Jesiden sowie andere verfolgte Minderheiten freizukämpfen. Ohne diese Hilfe wären viele der 400 000 Bewohnerinnen und Bewohner der Region abgeschlachtet worden, zeigte sich der Präsident der Übergangsregierung von Shengal, Said Hasan, am 18. Juni 2015 gegenüber der Fraktion DIE LINKE. überzeugt. Nach dem Überfall des IS wurden mehrere Tausend Männer, die sich weigerten, zum Islam nach dem Verständnis des IS zu konvertieren, massakriert. Gleichzeitig wurden Tausende Frauen und Mädchen vergewaltigt und in die Sklaverei verschleppt. Die jesidische Abgeordnete im irakischen Parlament, Vian Dakhil, sprach im Juni 2015 von 2 000 bis 2 500 verschleppten Jesidinnen, die noch vermisst würden. 1 786 Männer, Frauen und Kinder seien freigekauft worden V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 2 oder aus der IS-Gefangenschaft geflohen (www.diepresse.com/home/politik/ aussenpolitik/4749927/Irak_Jesiden-haben-kein-Vertrauen-mehr). Andere Schätzungen gehen von wesentlich mehr versklavten Jesidinnen aus. So nannte die Journalistin Nareen Shammo, die dem Internationalen Strafgerichtshof Beweise für die an den Jesiden begangenen Verbrechen übergab und für ihr Engagement den Clara-Zetkin-Frauenpreis der Linkspartei erhielt, die Zahl von 7 000 Entführten. Darunter seien 5 000 Frauen, die nach Saudi-Arabien , Libyen, Afghanistan, Libanon und Syrien verkauft oder an IS-Mitglieder als „Geschenk“ vergeben wurden. Zudem würden 1 500 jesidische Kinder per Gehirnwäsche zu Dschihadisten umerzogen und in terroristischen Praktiken geübt (www.jungle-world.com/artikel/2015/14/51729.html). Zum Kampf gegen den IS, die Verteidigung jesidischer Heiligtümer und die Zurückeroberung der Region bildeten Jesidinnen und Jesiden im Sommer 2014 eigene Milizen. Die Widerstandseinheiten Shengals (YBS), denen auch Frauen angehören, wurden dazu von Mitgliedern der YPG bzw. YPJ geschult und unterstehen dem Volksrat von Shengal. Daneben existiert laut Medienberichten die rund 3 000 Mitglieder umfassende Verteidigungskraft Shengal (HPS) unter dem Kommando von Heydar Shesho, einem deutschen Staatsbürger. Nach Angaben der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, bildet die Bundeswehr jetzt auch ein Bataillon jesidischer Kämpfer zur Zurückeroberung Shengals aus (vgl. www.spiegel.de vom 22. Juni 2015 „Anti-IS-Einsatz: Bundeswehr soll auch Jesiden im Nordirak ausbilden“). Dies sei durch Peschmerga -Kämpfer vorbereitet worden, die bereits seit vergangenem Jahr von der Bundeswehr durch Waffenlieferungen und Training unterstützt werden. Am 14. Januar 2015 trat am Fuße des Shengal-Gebirges ein neugegründeter Rat der Jesiden von Shengal zusammen. 200 Delegierte aus den jesidischen Flüchtlingslagern in Rojava und der Region Kurdistan-Irak sowie der im Shengal-Gebirge verbliebenen Jesidinnen und Jesiden wählten einen 27-köpfigen Übergangsrat mit einer siebenköpfigen Exekutive. Wie der Ratsvorsitzende und Präsident der Übergangsregierung, Said Hasan, gegenüber der Fraktion DIE LINKE. erklärte, hätten die Jesiden ihr Vertrauen in andere Kräfte verloren und wollten nun ihre Geschicke in die eigenen Hände nehmen. Ziel sei es, einen selbstverwalteten Kanton „Shengal“ mit eigenen Verteidigungskräften innerhalb des Irak zu bilden. Während andere in der kurdischen Regionalregierung vertretene Parteien wie die Patriotische Union Kurdistans (PUK) und die Bewegung für den Wandel (Goran) an der Gründungsversammlung des Rates teilnahmen, beschuldigte die KDP die PKK, hinter der Gründung des Rates zu stehen und sich in Shengal einzumischen. Der Präsident der kurdischen Regionalregierung (KRG), Massud Barzani, widersetzt sich Bestrebungen zur Bildung einer jesidischen Selbstverwaltung in Shengal. So hatte Massud Barzani im November 2014 bereits erklärt: „Die KDP und die Eziden sind untrennbare Teile des selben Körpers, und das gilt auch für die KDP und Shengal“ (www.heise.de/tp/artikel/44/44392/1.html). Auch die jesidische Abgeordnete im irakischen Parlament, Vian Dakhil, fordert, die Shengal-Region solle Teil des kurdischen Autonomiegebietes werden (www.diepresse.com/home/politik/ aussenpolitik/4749927/Irak _Jesiden-haben-kein-Vertrauen-mehr). Der verteidigungspolitische Sprecher des Rates der Jesiden aus Shengal, Nuri Mirza, beklagte im Gespräch mit der Fraktion DIE LINKE. ein Embargo der KDP gegen Shengal mit dem Ziel der Entvölkerung der Region. Die trotz der andauernden IS-Besetzung eines Teils von Shengal weiterhin dort ausharrenden rund 10 000 Jesidinnen und Jesiden müsste über Rojava/Nordsyrien versorgt werden. Jesiden, die die Politik der kurdischen Regionalregierung gegenüber Shengal kritisieren, sehen sich im Nordirak Repressionen durch die Sicherheitskräfte der KDP ausgesetzt. So wurde am 8. Februar 2015 der in Hannover lebende Ali Sacik, ein Vorstandsmitglied der Föderation der Yezidischen Vereine e. V. (FKE) aus Deutschland, von Sicherheitskräften der kurdischen Regionalregierung verhaftet. Ali Sacik hatte sich zuvor in Flüchtlingslagern in Dohuk und Saxo humanitär engagiert. Er kam nach rund 100 Tagen Haft, während der er nach eigenen Angaben Misshandlungen ausgesetzt war, wieder frei, ohne dass der Vorwurf seiner Inhaftierung bekannt wurde (www.civakaazad .org/kriminalisierung-und-verhaftungen-der-eziden-im-nord-irak/ und V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 3 Aussagen des Betroffenen gegenüber der Fraktion DIE LINKE. am 18. Juni 2015). Im April 2015 wurde der HPS-Kommandeur Heydar Shesho von Sicherheitskräften in Dohuk verhaftet und für acht Tage gefangen gehalten. Der Vorwurf lautete auf „Bildung einer illegitimen Miliz“ (www.spiegel.de/ politik/ausland/jesiden-kurden-nehmen-deutschen-haydar-shesho-im-irakfest -a-1027245.html; www.ezidipress.com/blog/heydar-shesho-die-hps-wirdkomme -was-wolle-bestehen-bleiben/). 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die derzeitige Situation in der Region Shengal im Nordirak? a) Wie stellt sich die derzeitige militärische Lage in Shengal da? Wie viele und welche Bereiche der Region und der Stadt Shengal werden noch vom IS kontrolliert, und welche Kräfte kontrollieren die übrigen Landesteile? Die Peschmerga der Regierung der Region Kurdistan-Irak (im Folgenden: KRG-Peschmerga) konnten mit Unterstützung der US-geführten Anti-ISIS-Allianz und der irakischen Luftwaffe am 17. Dezember 2014 das zuvor von ISISKämpfern eingeschlossene, westlich von Mosul gelegene Sinjar-Gebirge unter ihre Kontrolle bringen. Darüber hinaus konnte die Verbindungsstraße zwischen Mosul und der irakisch-syrischen Grenzstadt Rabiah durch die KRG-Peschmerga weitgehend gesichert werden. Gleiches gilt für die Verbindungsstraße von Mosul über TelʼAfar und Sinjar Richtung syrische Grenze, so dass ISIS derzeit von der Nutzung der Hauptverkehrswege in Richtung syrische Grenze abgeschnitten ist. Dennoch verfügt ISIS südlich des Sinjar-Gebiets über hinreichend Raum, um über Nebenstrecken eine Verbindung nach Syrien zu sichern. Die Stadt Sinjar selbst ist weiterhin umkämpft. Derzeit haben die KRG-Peschmerga in den nördlichen bzw. östlichen Vorbezirken der Stadt Stellung bezogen. b) Wie stellt sich die derzeitige humanitäre Lage in Shengal da? Wie viele Menschen leben noch in Shengal? Wie sind deren Lebensbedingungen? Von wo werden sie mit lebensnotwendigen Gütern versorgt? Welche Versorgungsengpässe und logistischen Mängel in der Versorgung der Bevölkerung gibt es? Die humanitäre Lage vor Ort ist weiter angespannt. Die genaue Anzahl der derzeitigen Bewohner im Sinjar-Distrikt ist der Bundesregierung nicht bekannt. Schätzungen gehen davon aus, dass weiterhin rund 1 200 bis 1 350 Familien im Gebiet des Berges Sinjar leben. Zu deren Lebensbedingungen hat die Bundesregierung keine eigenen Kenntnisse. Bedürftige Menschen im Sinjar-Distrikt werden von humanitären Hilfsorganisationen von Dohuk aus unterstützt. Aufgrund der Sicherheitslage bleibt der Zugang für humanitäre Hilfe zum Sinjar-Distrikt schwierig. 2. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung infolge der IS-Offensive aus Shengal im August 2014 getötet, verschleppt oder vertrieben , und auf welche Quellen und Schätzungen stützen sich diese Erkenntnisse ? Hierzu liegen der Bundesregierung keine über offen zugängliche Informationen hinausgehenden Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung verweist in dieser Frage insbesondere auf die bislang veröffentlichten Berichte der Vereinten Nationen (VN). So ging etwa das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 4 Nationen für Menschenrechte OHCHR in einem Bericht an den VN-Menschenrechtsrat im März 2015 (A/HRC/28/18) davon aus, dass sich etwa 3 000 Jesidinnen und Jesiden in der Gewalt von ISIS befinden, und wies darauf hin, dass zur Bestimmung genauerer Zahlen vertiefte Recherchen erforderlich seien. 3. Welche Bemühungen jesidischer und nichtjesidischer Verbände sowie internationaler Gremien und Organisationen zur Einstufung des IS-Angriffs auf die jesidische Bevölkerung von Shengal als Völkermord sind der Bundesregierung bekannt, und inwieweit sieht die Bundesregierung selber Anhaltspunkte dafür, dass es sich beim Vorgehen des IS in Shengal um einen versuchten Genozid an den dort lebenden Jesidinnen und Jesiden handelt? Die Bundesregierung steht in regelmäßigem Austausch mit jesidischen und nichtjesidischen Interessenvertretern zu diesem Thema. Es liegen laut dem OHCHR-Bericht A/HRC/28/18 vom 13. März 2015 Anzeichen vor, dass ISIS den Tatbestand des Völkermords an der Bevölkerungsgruppe der Jesiden erfüllt haben könnte sowie auch die Tatbestände von Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Mord, Versklavung, Vertreibung, Vergewaltigung u. a. im Zuge weitverbreiteter und systematischer Attacken gegen die Zivilbevölkerung) und Kriegsverbrechen. Das OHCHR empfiehlt in diesem Bericht, dass der VNSicherheitsrat eine Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof in Betracht ziehen solle. Die Bundesregierung wird sich, wie stets in Fällen eines Vorwurfs auf Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen , dafür einsetzen, dass sich die Täter in einem fairen Verfahren vor einem unabhängigen nationalen oder internationalen Gericht für ihre Taten verantworten müssen. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über jesidische Frauen und Mädchen, die vom IS verschleppt und versklavt wurden? a) Wie viele Frauen und Mädchen wurden verschleppt? b) Wie viele davon sind mittlerweile wieder auf welche Weise freigekommen (Freikauf, Flucht, Freilassung etc.)? c) Wie viele der Verschleppten wurden getötet oder verstarben in Gefangenschaft ? d) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die derzeitigen Aufenthaltsorte der Verschleppten? e) Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über einen Weiterverkauf der Verschleppten als Sklavinnen? An wen und in welche Länder wurden die Verschleppten verkauft? Der Bericht des VN-Generalsekretärs über sexuelle Gewalt in Konflikten vom 23. März 2015 (S/2015/203) schätzt, dass sich im November 2014 etwa 2 500 entführte Frauen und Mädchen aus unterschiedlichen religiösen Gemeinschaften des Irak in der Gewalt von ISIS befanden und etwa 1 500 Frauen und Mädchen sexuell versklavt wurden. Diese Zahlen können nicht als endgültig angesehen werden und sind Gegenstand fortlaufender Anpassungen. Nach dem gemeinsamen Bericht des OHCHR und der VN-Unterstützungsmission (United Nations Assistance Mission for Iraq – UNAMI) vom 13. Juli 2015 (Report on the Protection of Civilians in the Armed Conflict in Iraq: 11 December 2014– 30 April 2015) befinden sich derzeit bis zu 3 500 Frauen, Kinder sowie einige Männer vorwiegend aus jesidischen Gemeinschaften in der Gewalt der Terrormiliz ISIS. Sie sollen täglich physischer, sexueller und anderen Formen von Gewalt und erniedrigender Behandlung ausgesetzt sein. Augenzeugen berichten V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 5 von einer schlechten Versorgungslage und dem Fehlen sanitärer Anlagen sowie Zwangsarbeit, Zwangskonvertierungen und Zwangsheiraten. Nach übereinstimmenden Berichten werden Frauen und Männer nach Gefangennahme umgehend voneinander getrennt. Männer und Jungen sollen gezwungen worden sein, an ISIS-Radikalisierungsprogrammen teilzunehmen, andere Quellen berichten von Tötungen. Frauen und Mädchen, die sich einer Konvertierung verweigern, sollen oftmals vergewaltigt und sexuell versklavt worden sein. Erfolglose Fluchtversuche sollen mit Folter und Tötung bestraft worden sein. Menschenrechtsorganisationen, die mit befreiten Jesidinnen gesprochen haben, berichten von unterschiedlichen Vorgängen, die zur Befreiung geführt haben, darunter Flucht, Freilassung und sogenanntes Freikaufen. Diesen Berichten zufolge ist es zu Selbsttötungen und Selbsttötungsversuchen unter verschleppten Jesidinnen gekommen. Tötungen und Todesfälle aufgrund von Misshandlung oder mangelhafter Versorgung in Gefangenschaft sind wahrscheinlich, aber nicht zahlenmäßig dokumentiert. Zu den genauen Aufenthaltsorten der verschleppten und versklavten Frauen und Mädchen liegen der Bundesregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. In einem Bericht vom November 2015 berichtet die unabhängige internationale Untersuchungskommission über die Menschenrechtslage in Syrien („Rule of Terror: Living under ISIS in Syria“), dass ISIS im Irak entführte jesidische Frauen und Mädchen als Sklavinnen in von ISIS-beherrschte Gebieten Syriens verbracht hat. Dies wird auch im Bericht des Generalsekretärs der Vereinten Nationen über sexuelle Gewalt in Konflikten (S/2015/203) bestätigt. Über die genaue Anzahl der nach Syrien Verschleppten liegen der Bundesregierung keine belastbaren Informationen vor. f) Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung bislang unternommen, um den Aufenthaltsort verschleppter und versklavter Jesidinnen festzustellen und deren Freilassung zu erwirken? g) Inwieweit sind jesidische Verbände mit dem Anliegen an die Bundesregierung herangetreten, bei der Befreiung verschleppter Jesidinnen zu helfen, und wie reagierte die Bundesregierung auf dieses Ansinnen? h) Inwieweit, bei welcher Gelegenheit und mit welchem Erfolg hat die Bundesregierung das Schicksal verschleppter Jesidinnen gegenüber den Regierungen von Ländern, in die diese Frauen und Mädchen verkauft wurden, thematisiert? Die Fragen 4f bis h werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die Bundesregierung steht in regelmäßigem Austausch mit Vertretern jesidischer Gemeinden in Irak und in Deutschland. Menschenrechtsfragen, darunter auch das Schicksal verschleppter Frauen und Kinder aus Irak und deren medizinische und psychologische Behandlung nach Befreiung, sind regelmäßig Gegenstand der Gespräche von Mitgliedern der Bundesregierung mit Interessenvertretern und Regierungsvertretern von Staaten der Region. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 6 5. Inwieweit hat die Bundesregierung Erkenntnisse über den Einsatz verschleppter jesidischer Kinder und Jugendlicher als Kindersoldaten durch den IS? Wie viele Kinder wurden zu diesem Zweck nach Kenntnis der Bundesregierung durch den IS verschleppt? In den oben zitierten Berichten der VN, wie auch im Bericht des VN-Generalsekretärs über Kinder und bewaffnete Konflikte (S/2015/409) und der unabhängigen internationalen Untersuchungskommission über die Menschenrechtslage in Syrien werden ISIS schwere Verletzungen der Rechte von Kindern durch zwangsweise Rekrutierung von Kindern zwischen acht und 18 Jahren sowie militärische Ausbildung und Vorbereitung auf Kampfeinsätze vorgeworfen. Diesen Berichten zufolge werden Minderjährige zu Zubringer- und Hilfstätigkeiten verpflichtet. Es gibt einige Hinweise darauf, dass Minderjährige auf ISISGeheiß an der Ausführung von willkürlichen Tötungen beteiligt waren. OHCHR berichtet, dass von ISIS entführte jesidische Kinder zwangsweise konvertiert und in ISIS-Camps in Irak und in Syrien militärisch ausgebildet werden. Es wird weiter auf die Antworten zu den Fragen 4a bis 4h verwiesen. 6. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die derzeitige Situation der Flüchtlinge aus Shengal (bitte aufschlüsseln, ob es sich dabei um Jesiden oder Angehörige anderer ethnischer und religiöser Gruppierungen handelt )? a) In welchen Ländern und Regionen befinden sich derzeit wie viele Flüchtlinge aus Shengal? b) Wo leben diese Flüchtlinge jeweils (private oder staatliche Camps, Privatwohnungen etc.), welche politischen Kräfte oder Nichtregierungsorgane kontrollieren die Flüchtlingscamps, und wie und von wem werden sie mit humanitärer Hilfe versorgt? c) Wie viele Flüchtlinge aus welchen Fluchtländern sind nach Kenntnis der Bundesregierung zwischenzeitlich nach Shengal zurückgekehrt? Die VN gehen davon aus, dass die Mehrheit der geflohenen Menschen aus Sinjar der Gruppe der Jesiden angehören. Einzelnen Schätzungen zufolge sollen sich unter diesen Binnenvertrieben ca. 186 000 Jesiden und ca. 18 000 Christen befunden haben. Belastbare Zahlen über die Gruppenzugehörigkeit von Binnenvertriebenen aus Sinjar sind der Bundesregierung jedoch nicht bekannt. Die große Mehrheit der Menschen aus dem Sinjar-Distrikt ist nach dem Ausbruch der Gewalt in die Region Dohuk und in die Ninewa-Ebene geflohen. In der Region Dohuk befinden sich derzeit rund 430 000 Binnenvertriebene. Der weit überwiegende Teil der jesidischen Binnenflüchtlinge befindet sich derzeit in den Provinzen Dohuk (ca. 157 000 Personen) und Ninewa (ca. 28 000 Personen ). Die weiteren Binnenflüchtlinge verteilen sich auf die übrigen Provinzen Iraks, insbesondere das Gebiet der Regionalregierung Kurdistan-Irak. Rund 33 Prozent der Binnenvertriebenen in der Region Dohuk leben in Camps. Die Mehrheit lebt bei aufnehmenden Familien, in Mietwohnungen oder in Rohbauten . Die Camps in der Region Dohuk und in der Ninewa-Ebene werden von der Regionalregierung der Region Kurdistan-Irak verwaltet, mit technischer Unterstützung der VN und Nichtregierungsorganisationen. Humanitäre Hilfe wird entsprechend der humanitären Prinzipien auf Grundlage des Bedarfs ohne Unterscheidung von Gruppenzugehörigkeit geleistet. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 7 Rund 300 000 Menschen sind aus dem Sinjar-Distrikt in die Türkei und nach Syrien geflohen und werden dort unter anderem von der türkischen Regierung und dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen UNHCR unterstützt. Von den ca. 250 000 irakischen Flüchtlingen in der Türkei dürfte ein nicht unerheblicher Anteil jesidischer Herkunft sein. Genaue Zahlen liegen der Bundesregierung jedoch nicht vor, da die Türkei jesidische Flüchtlinge nicht getrennt erfasst. Zur Rückkehr von Jesiden in den Raum Sinjar liegen der Bundesregierung keine über offen zugängliche Informationen hinausgehenden Erkenntnisse vor. 7. Wie viele jesidische Flüchtlinge aus Shengal sind seit August 2014 nach Kenntnis der Bundesregierung nach Deutschland gekommen? a) Wie viele dieser Flüchtlinge erhielten zwischenzeitlich welchen Aufenthaltsstatus ? Die genaue Zahl der insgesamt seit August 2014 nach Deutschland eingereisten irakischen Flüchtlinge mit jesidischer Religionszugehörigkeit aus der Region Sinjar ist der Bundesregierung nicht bekannt. Statistisch erfasst werden Angaben zu irakischen Asylbewerbern beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die im Rahmen des Asylverfahrens zwar Angaben zu ihrer Religionszugehörigkeit machen, deren Herkunftsregionen aber nicht erfasst werden. Von August 2014 bis Juni 2015 haben ca. 8 000 irakische Staatsangehörige mit jesidischer Religionszugehörigkeit in Deutschland einen Asylantrag gestellt, davon 6 961 im Jahr 2015 (zum Vergleich: im gesamten Jahr 2014 waren es 9 499). Zum 30. Juni 2015 waren beim BAMF noch etwa 6 500 Verfahren von irakischen Staatsangehörigen mit jesidischer Religionszugehörigkeit anhängig (die Zahl der anhängigen Verfahren bezieht sich auf alle Asylanträge, also auch solche , die vor dem August 2014 gestellt wurden). Darüber hinaus lassen sich im Ausländerzentralregister keine verlässlichen Daten zum Aufenthaltsstatus von irakischen Flüchtlingen mit jesidischer Religionszugehörigkeit ermitteln, da nur freiwillige Angaben zur Religionszugehörigkeit aufgenommen werden. Bezogen auf jesidische Asylbewerber lassen sich lediglich folgende Angaben machen: Von August 2014 bis Juni 2015 hat das BAMF bei mehr als 7 300 irakischen Asylbewerbern mit jesidischer Religionszugehörigkeit die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention festgestellt. Dieser Personenkreis erhält im Regelfall eine Aufenthaltserlaubnis. Soweit Asylverfahren noch anhängig sind, verfügen Asylbewerber im Regelfall weiterhin über eine Aufenthaltsgestattung. Die Verteilung irakischer Asylbewerber erfolgt grundsätzlich in alle Bundesländer . Weiter haben bis zum heutigen Tag im Wege des Landesaufnahmeprogrammes Baden-Württemberg 250 Binnenflüchtlinge aus Nord-Irak in Deutschland Aufnahme gefunden. Auf die Antwort zu den Fragen 7b und 7c wird verwiesen. b) Welche besonderen Aufnahmeprogramme für Jesidinnen und Jesiden aus Shengal auf Landesebene sind der Bundesregierung bekannt, und wie viele Menschen kamen bislang über diese Programme nach Deutschland? c) Wie viele Anträge wurden gestellt? Wie viele Verfahren laufen noch? V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 8 Erfolgt die Verteilung nach dem Königsteiner Schlüssel, oder wird versucht , die Jesidinnen und Jesiden konzentriert in einer Region unterzubringen ? Das Bundesministerium des Innern hat zu einer Aufnahmeanordnung des Landes Baden-Württemberg zugunsten von bis zu 1 000 besonders schutzbedürftigen Frauen und Minderjährigen aller Konfessionen, die Opfer von insbesondere sexueller Gewalt im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in Syrien und im Irak geworden sind und sich in der Region Kurdistan-Irak aufhalten, sein Einvernehmen erteilt. Im Rahmen dieses Programms wurden etwa 750 Anträge gestellt und bisher 250 Visa erteilt. 500 Verfahren sind noch nicht abgeschlossen . Die Verteilung erfolgt nach einem länderspezifischen Schlüssel BadenWürttembergs . Die Bundesregierung hat auf die Verteilung keinen Einfluss. 8. Welche staatlichen und – nach Kenntnis der Bundesregierung – privaten Hilfsprogramme und -initiativen für Jesidinnen und Jesiden aus Shengal gibt es in der Bundesrepublik Deutschland, was haben diese seit August 2014 erreicht, und welche Ziele verfolgen sie im Einzelnen? Auf die Antworten zu den Fragen 7a bis 7c wird verwiesen. Darüber hinaus hat die Bundesregierung keine gesicherte Kenntnis über private Initiativen für spezifische Bevölkerungsgruppen. 9. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die im Januar 2015 erfolgte Bildung eines Rates der Jesiden aus Shengal? a) Welche politischen Parteien, Gruppierungen und Persönlichkeiten beteiligen sich nach Kenntnis der Bundesregierung an diesem Rat? b) Welche unter den Jesiden aus Shengal vertretenen politischen Parteien, Gruppierungen und Persönlichkeiten haben nach Kenntnis der Bundesregierung die Gründung dieses Rates boykottiert, und aus welchem Grund erfolgte diese Ablehnung? c) Für wie repräsentativ für die Bevölkerung von Shengal hält die Bundesregierung diesen Rat und die daraus entstandene Übergangsregierung, und wie begründet die Bundesregierung ihre Auffassung? d) Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Verhältnis dieses Rates zur kurdischen Regionalregierung und zur irakischen Zentralregierung? e) Bestehen Kontakte zwischen diesem Rat und der Bundesregierung? Wenn ja, welcher Art? Wenn nein, warum nicht? Laut eigener Angaben stellt der Mitte Januar 2015 einberufene Gründungsrat der Jesiden eine unabhängige Versammlung zur Interessenvertretung dar. Kurdische Medien berichteten u. a., dass die Gründung auf eine Initiative der PKK (Arbeiterpartei Kurdistans) zurückgehe, welche auf die Bildung einer jesidischen Selbstverwaltung hinwirke. Der Gründungsrat selbst dementierte jedoch eine Beteiligung der PKK. Nach Kenntnis der Bundesregierung nahmen an der Einrichtung des Rates rund 200 Jesiden teil, die Jesiden aus den Flüchtlingscamps in Irak, in der Türkei und in Syrien repräsentierten. Auch PKK-nahe jesidische Parteien sowie ein Vertreter der PUK (Patriotische Union Kurdistan) sollen bei der Gründung des Rates anwesend gewesen sein. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 9 Die repräsentative Bedeutung des Rates für die Bevölkerung von Sinjar ist noch nicht eindeutig einschätzbar, da sich nach Kenntnis der Bundesregierung noch keine bedeutende überparteiliche jesidische Interessenvertretung herausgebildet hat, die von allen Parteien akzeptiert und anerkannt wird. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der Rat nur einmal – zum Zweck der Gründung – getagt und hatte keinen Kontakt zur Regionalregierung. Die Bundesregierung verfügt über keine weiteren, über die regelmäßigen Kontakte mit jesidischen Interessenvertretern hinausgehenden, Beziehungen zum Gründungsrat der Jesiden. 10. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung grundsätzlich das Recht der Jesidinnen und Jesiden in Shengal auf Selbstbestimmung einschließlich der Bildung einer selbstverwalteten Region innerhalb des Irak? Die Bundesregierung nimmt die Anliegen der jesidischen Minderheit in Irak ernst und spricht diese und andere Fragen in bilateralen Gesprächen mit Vertretern der kurdischen Regionalregierung und der irakischen Zentralregierung regelmäßig an. Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 11. Inwieweit erlaubt die irakische Verfassung nach Kenntnis der Bundesregierung die Bildung einer selbstverwalteten Region bzw. eines Kantons in Shengal? Artikel 117 ff. der irakischen Verfassung erlauben die Bildung neuer Regionen aus einer oder mehreren Provinzen. Voraussetzung hierfür ist ein erfolgreiches Referendum auf Veranlassung entweder eines Drittels der Provinzratsmitglieder oder eines Zehntels der Wahlberechtigten der jeweils betroffenen Provinz(en). Für Bezirke, wie etwa Sinjar, die nur einen Teil einer Provinz darstellen, ist die Bildung einer eigenen Region verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Das Beispiel der kürzlich neu gegründeten Provinz Halabja zeigt jeodch, dass die verfassungsrechtlich nicht geregelte Umwandlung eines Bezirks in eine eigene Provinz mit Zustimmung des irakischen Ministerrats möglich ist. 12. Hat die Bundesregierung die Rolle der Peschmerga in Shengal und deren Rückzug während des IS-Angriffs gegenüber der kurdischen Regionalregierung thematisiert, und wenn ja, wann, zu welcher Gelegenheit und mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? Hält die Bundesregierung eine Klärung diesbezüglicher Vorwürfe anlässlich der deutschen Militärhilfe für die Peschmerga für sinnvoll? Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung führt regelmäßig bilaterale Gespräche mit Vertretern der kurdischen Regionalregierung und der irakischen Zentralregierung und spricht dabei auch die Anliegen der Minderheiten in Irak an. 13. Auf welcher politischen und rechtlichen Grundlage fiel die Entscheidung der Bundesregierung, jesidische Kämpfer auszubilden und zu bewaffnen? Die deutsche Ausbildungsunterstützung in der Region Kurdistan-Irak basiert auf dem Mandat des Deutschen Bundestages vom 29. Januar 2015 (vgl. Bundestagsdrucksache 18/3561) und den dort aufgeführten verfassungs- und völkerrechtlichen Grundlagen. Die Ausbildung von Jesiden ist von diesem Mandat erfasst. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 0 14. Welche bewaffneten Kräfte im Einzelnen kämpfen nach Kenntnis der Bundesregierung in Shengal gegen den IS? a) Über welche personelle Stärke verfügen diese jeweils? b) Welchen Parteien oder politischen Organisationen gehören diese Kräfte jeweils an oder stehen ihnen nahe? c) Inwieweit unterstehen die jeweiligen Kräfte jeweils der kurdischen Regionalregierung , der irakischen Zentralregierung oder welcher ausländischen Regierung? d) Über welche Bewaffnung aus welchen Quellen verfügen diese Kräfte jeweils? e) Welche dieser Gruppierungen verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über Waffen aus deutschen Lieferungen, um welche Art und Menge von deutschen Waffen handelt es sich dabei, und wie gelangten die jeweiligen Gruppierungen direkt oder indirekt an diese Waffen? Im Raum Sinjar kämpfen neben jesidischen Gruppierungen im Wesentlichen Einheiten der KRG-Peschmerga (u. a. zwei jesidische Bataillone, die dem Peschmerga-Ministerium der kurdischen Regionalregierung unterstehen), der PKK und der PYD. Zwischen diesen Gruppierungen bestehen lokale und taktische Kooperationen. Erkenntnisse über Führungs- und Unterstellungsverhältnisse sowie über aktuelle personelle Stärken liegen der Bundesregierung nicht vor. Die nicht zu den KRG-Peschmerga gehörenden Gruppen sind hauptsächlich mit Infanteriehandwaffen ausgerüstet, über deren Herkunft die Bundesregierung keine gesicherte Kenntnis hat. Die KRG-Peschmerga verfügen darüber hinaus über schwerere Waffen (Panzerabwehrwaffen, Granatwerfer), die entweder aus internationalen Unterstützungslieferungen für den Kampf gegen ISIS oder aus Altbeständen der ehemaligen Armee Saddam Husseins stammen. Eine abschließende Qualifizierung und Quantifizierung der Waffenbestände ist der Bundesregierung nicht möglich. Weitere, über die öffentliche Berichterstattung hinausgehende Erkenntnisse, liegen der Bundesregierung nicht vor. 15. Welche Ausbildungs- und Bewaffnungsprogramme für jesidische Kämpfer gibt es bei der Bundesregierung? a) Welche und wie viele jesidischen Kämpfer werden seit wann von der Bundeswehr ausgebildet? b) Welchen Verbänden oder Organisationen gehören die ausgebildeten Jesiden an, und wem – Regionalregierung bzw. Peschmergaministerium , Rat der Jesiden aus Shengal, Parteien oder Kommandeure – unterstehen die ausgebildeten jesidischen Peschmerga? c) Wo genau findet diese Ausbildung statt? d) Was wird im Einzelnen in dieser Ausbildung unterrichtet? e) Werden auch jesidische Kämpferinnen von der Bundeswehr ausgebildet ? Wenn nein, warum nicht? f) In welchem Verhältnis stehen die von der Bundeswehr ausgebildeten jesidischen Verbände zu anderen in Shengal gegen den IS kämpfenden jesidischen und nichtjesidischen Verbänden wie YBS, HPS, Peschmerga , HPG (PKK), YPG bzw. YPJ? Inwieweit gab oder gibt es gemeinsame Operationen oder ein gemeinsames Kommando? V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 1 g) Wurden den durch die Bundeswehr auszubildenden Jesiden deutsche Waffen übergeben, bzw. ist eine Versorgung dieser Verbände mit deutschen Waffen geplant, und wenn ja, um wie viele und welche Waffen handelt es sich im Einzelnen? Eines der beiden jesidischen Bataillone, die dem Ministerium für PeschmergaAngelegenheiten der Region Kurdistan-Irak unterstehen, wurde unter Beteiligung deutscher Soldatinnen und Soldaten im Rahmen der vom Deutschen Bundestag mandatierten Ausbildungsmission ausgebildet. Es handelte sich hierbei um ein aus vier Kompanien und einem Stab bestehendes Infanteriebataillon, welches mit Waffen sowjetischer Bauart (AK-47) ausgestattet ist. Das Bataillon wurde Anfang des Jahres 2015 aufgestellt und untersteht dem Ministerium für Peschmerga-Angelegenheiten, durch welches auch die Ausstattung mit Waffen und Gerät erfolgt ist. Die Führung der jesidischen Bataillone erfolgt ebenfalls über das Ministerium für Peschmerga-Angelegenheiten. Mit diesem Bataillon wurden erstmals rund 420 jesidische Kämpfer durch internationale Kräfte ausgebildet . Die Ausbildung fand vom 21. Juni bis 16. Juli 2015 in Erbil und Atrush statt. Unter den jesidischen Kämpfern waren keine Frauen. Inhaltlich hat sich die Ausbildung an den bislang mit kurdischen Bataillonen durchgeführten Ausbildungen orientiert. Diese besteht aus taktischen Anteilen, der Vermittlung einer Basisbefähigung zur Kampfmittelabwehr, Sanitätsausbildung sowie Unterrichtseinheiten im Humanitären Völkerrecht. Die Auswahl des auszubildenden militärischen Personals der Sicherheitskräfte der Region Kurdistan-Irak wird eigenverantwortlich durch die zuständigen Stellen der Regierung der Region Kurdistan-Irak durchgeführt. Deutschland nimmt keinen direkten Einfluss auf die entsprechenden Auswahlentscheidungen dieser Stellen. Gleiches gilt für die Verteilung des von Deutschland in Abstimmung mit der irakischen Zentralregierung gelieferten Materials. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine gesonderten Erkenntnisse vor. 16. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über das Verhältnis der kurdischen Regionalregierung und der darin dominanten Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) zur Region Shengal? a) Inwieweit sind der Bundesregierung ggf. Äußerungen von Vertretern der Regionalregierung oder der KDP bekannt, wonach Shengal als Bestandteil der Region Kurdistan betrachtet wird oder eine Eingliederung Shengals in die Autonomieregion gefordert wird? b) Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnisse über ein nach Informationen der Fragesteller gegebenes faktisches Embargo der kurdischen Regionalregierung bzw. der KDP gegen Shengal? Welche Absicht wird nach Kenntnis der Bundesregierung mit diesem Embargo verfolgt, und welche Auswirkungen hat dieses auf die Lebensbedingungen in Shengal? c) Inwiefern sind der Bundesregierung, Versuche der kurdischen Regionalregierung bzw. der KDP bekannt, in Shengal im Kampf gegen den IS aktive Milizen unter ihre Kontrolle zu bringen? Aus Sicht der Regierung der Region Kurdistan-Irak (KRG) gehört die Region Sinjar zu den zwischen Bagdad und Erbil umstrittenen Gebieten. Die Entwicklung der Sicherheitslage seit der Bedrohung durch ISIS hat dazu geführt, dass der aktuelle nordwestlich-kurdische Frontverlauf weitgehend dem durch die KRG beanspruchten Gebiet entspricht. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 2 Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu dem in Frage 16b genannten Embargo vor. Ebenso wenig liegen der Bundesregierung Erkenntnisse hinsichtlich etwaiger Versuche der KRG vor, im Kampf gegen ISIS aktive Milizen unter ihre Kontrolle zu bringen. 17. Welche generellen Erkenntnisse hat die Bundesregierung über mögliche Repressionen der kurdischen Regionalregierung bzw. der KDP gegen jesidische Kritikerinnen und Kritiker der KDP-Politik gegenüber Shengal ? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse zu systematischen Repressionen gegen KDP-kritische, jesidische Stimmen vor. 18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Festnahme und rund einwöchige Inhaftierung des HPS-Oberkommandierenden und deutschen Staatsbürgers Heydar Shesho im April 2015 in Dohuk durch Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung bzw. KDP? a) Was waren die genauen Vorwürfe, aufgrund deren die Festnahme von Haydar Shesho erfolgte, durch wen wurden diese Vorwürfe erhoben, und wer war für die Gefangennahme verantwortlich? b) Welche Schritte im Einzelnen hat die Bundesregierung aufgrund der Gefangennahme von Heydar Shesho gegenüber der kurdischen Regionalregierung bzw. KDP unternommen? c) Ist der Bundesregierung bekannt, ob Heydar Shesho während seiner Haft Misshandlungen ausgesetzt war, und wenn ja, in welcher Form? d) Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen erfolgte nach Kenntnis der Bundesregierung die Freilassung von Heydar Shesho, und wann genau? Der deutsche Staatsangehörige Haidar Khalaf (Scheisho) wurde am 5. April 2015 durch Sicherheitskräfte der Region Kurdistan-Irak (RKI) festgenommen und am 13. April 2015 nach Entscheidung des Gerichts in Dohuk wieder aus der Haft entlassen. Grund seiner Festnahme war nach Angaben der kurdischen Regionalregierung der Vorwurf des Unterhaltens ungesetzlicher bewaffneter Streitkräfte . Haidar Khalaf hatte die Frist zur Integration der von ihm mitgegründeten Miliz in die gesetzlichen Kräfte der RKI verstreichen lassen. Haidar Khalaf wurde während seiner Inhaftierung vom Deutschen Generalkonsulat in Erbil konsularisch betreut. Das Generalkonsulat war während des Haftfalls laufend mit den zuständigen Behörden der RKI in Kontakt und wurde umgehend über den Entscheidungsprozess und über die Entscheidung des Gerichts Dohuk zur Freilassung unterrichtet. Das Auswärtige Amt stand mit den Angehörigen Haidar Khalafs in Deutschland in Kontakt. Weitere, über die lokale Presseberichterstattung hinausgehende Erkenntnisse, liegen der Bundesregierung nicht vor. 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Festnahme und mehrmonatige Inhaftierung des Vorstandsmitglieds der Föderation der Yeziden e. V. aus Deutschland, Ali Sacik, durch Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung bzw. KDP im Februar 2015 in der Region Kurdistan ? a) Was waren die genauen Vorwürfe, aufgrund deren die Festnahme von Ali Sacik erfolgte, und welche politischen und juristischen Gremien waren für die Inhaftierung verantwortlich? V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/5723 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 3 b) Welche Schritte im Einzelnen hat die Bundesregierung aufgrund der Gefangennahme von Ali Sacik gegenüber der kurdischen Regionalregierung bzw. KDP unternommen? c) Ist der Bundesregierung bekannt, ob Ali Sacik während seiner Haft Misshandlungen ausgesetzt war, und wenn ja, in welcher Form? d) Unter welchen Voraussetzungen und Bedingungen erfolgte nach Kenntnis der Bundesregierung die Freilassung von Ali Sacik, und wann genau? Der türkische Staatsangehörige Ali Sacik äußerte sich im Rahmen eines Gesprächs im Auswärtigen Amt nach seiner Freilassung am 7. Juli 2015 dahingehend , dass er von Sicherheitskräften (Asayish) der RKI aus ihm unbekannten Gründen verhaftet und festgehalten worden sei. Er gab an, während der Haft psychisch und physisch misshandelt worden zu sein. Seinen Äußerungen zufolge führte politischer Druck seitens jesidischer Interessenvertreter aus der Region Sinjar zu seiner Freilassung aus der Haft. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 20. Wie viele und welche weiteren Repräsentantinnen und Repräsentanten der jesidischen Bevölkerung wurden nach Kenntnissen der Bundesregierung seit August 2014 durch Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung bzw. KDP aufgrund welcher Vorwürfe inhaftiert? Der Bundesregierung ist im bezeichneten Zeitraum ein weiterer Fall bekannt, in dem ein deutscher Staatsangehöriger jesidischen Glaubens durch Sicherheitskräfte der kurdischen Regionalregierung inhaftiert wurde. Die Vorwürfe umfassen Freiheitsberaubung und Körperverletzungsdelikte. Der Fall wird vom Deutschen Generalkonsulat in Erbil konsularisch betreut. 21. Ist die Bundesregierung weiterhin der in einem auf den 16. Oktober 2014 datierten Bericht des Bundesministeriums des Innern für den Innenausschuss des Deutschen Bundestages geäußerten Auffassung bezüglich Deutscher, die sich im Nahen Osten gegen den IS kämpfenden Gruppierungen anschließen, wonach das „Gefährdungspotential, das von dieser Personengruppe ausgeht“, „quantitativ zwar geringer, qualitativ aber nicht anders zu bewerten“ als das von den Dschihadisten ausgehende Gefährdungspotential ? a) Wenn nein, wie ist die aktuelle Auffassung der Bundesregierung gegenüber Personen aus Deutschland, die sich dem bewaffneten Kampf gegen den IS im Nahen Osten anschließen wollen? b) Sieht die Bundesregierung in den Aktivitäten von Heydar Shesho und nach seinen Angaben rund 30 weiteren Deutschen in den Reihen der HPS ein Gefährdungspotential, und wenn ja, welcher Art (www.ndr.de/ V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5723 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 4 nachrichten/niedersachsen/braunschweig_harz_goettingen/Jesiden-ausNiedersachsen -kaempfen-gegen-den-IS,jesiden314.html)? c) Sieht die Bundesregierung in einem Anschluss von Deutschen oder aus Deutschland stammenden Personen an die YBS ein Gefährdungspotential , und wenn ja, welcher Art? d) Besteht nach Auffassung der Bundesregierung aus rechtlicher Sicht ein Unterschied darin, ob sich ein deutscher Staatsbürger zum Kampf gegen den IS den Peschmerga der KRG, den HPS oder YBS anschließt, und wenn ja, welcher, und wie begründet die Bundesregierung ihre diesbezügliche Auffassung? Zwei Fallgruppen, aus denen sich ein Gefährdungspotential ergeben kann, sind hier denkbar: deutsche Staatsangehörige und in Deutschland lebende Personen, die sich in der Region einer oppositionellen Gruppe, die gegen die Terrormiliz ISIS kämpft und nicht als terroristisch anzusehen ist, anschließen, und deutsche Staatsangehörige und in Deutschland lebende Personen, die sich in der Region einer terroristischen Vereinigung im Ausland, die ebenfalls gegen ISIS kämpft, anschließen. Für beide Fallgruppen kann – abhängig vom Einzelfall – die Strafbarkeit der handelnden Personen nach deutschem Strafrecht in Betracht kommen . V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 5 V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 23 \1 80 57 23 .fm , 1 7. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 6 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt .