Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag Drucksache 18/5776 18. Wahlperiode 17.08.2015 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 1 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. August 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Thomas Gambke, Kerstin Andreae, Britta Haßelmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/5682 – Ergebnisse und Konsequenzen aus der Auswertung der Luxemburg-Leaks-Daten Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor einem halben Jahr haben investigative Journalisten zahlreiche geheime Absprachen zwischen Unternehmen und den Steuerbehörden in Luxemburg offengelegt . Diese Beispiele belegten noch einmal eindrücklich die Dimension der steuerschädlichen Praktiken mit Steuervorbescheiden (tax rulings), die zu erheblichen Steuerausfällen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union geführt haben. In zahlreichen Luxemburg-Leaks-Dokumenten konnte ein Bezug zu Deutschland herstellt werden. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, diese Dokumente auszuwerten. Das Europäische Parlament hat Anfang des Jahres einen Sonderausschuss zur Aufklärung der Luxemburg-Leaks-Fälle eingesetzt (Sonderausschuss zu Steuervorbescheiden und anderen Maßnahmen ähnlicher Art oder Wirkung – TAXE). Beim interparlamentarischen Treffen des TAXE-Ausschusses am 17. Juni 2015 wurde von dessen Ausschussvorsitzenden Alain Lamassoure betont , wie zentral die Aufklärungsarbeit in den nationalen Parlamenten ist. Der Deutsche Bundestag hat sich bisher kaum mit dem Skandal befasst. Neben der Aufarbeitung der Vergangenheit muss zudem eruiert werden, welche gesetzgeberischen Konsequenzen aus Luxemburg-Leaks gezogen werden sollten, um Steuergestaltung multinationaler Konzerne nachhaltig einzudämmen . 1. Was sind die bisherigen Hauptergebnisse und Erkenntnisse aus der Auswertung der Bundesregierung zu den Luxemburg-Leaks-Dokumenten? Bei den festgestellten Gestaltungen handelt es sich überwiegend um bereits bekannte Praktiken der Steuervermeidung, wie etwa die Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte in Deutschland, die Inanspruchnahme von präferenziellen Regelungen für Einkünfte aus immateriellen Werten (sog. Patentboxen) oder die gezielte Ausnutzung von Qualifikationskonflikten infolge von Umstrukturierungen (sog. hybride Gestaltungen). Diese sind bereits Gegenstand des V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5776 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 2 OECD-BEPS-Aktionsplans. Die Notwendigkeit dieser Arbeiten hat sich insofern bestätigt. 2. Bis wann ist mit endgültigen Ergebnissen zu rechnen? Die vorläufige Auswertung der Luxemburg-Leaks-Daten unter Beteiligung von Betriebsprüfern des Bundes und der Länder ist abgeschlossen. Vor einer endgültigen Auswertung müssen die Betriebsprüfungen der Länder bei den Steuerpflichtigen abgeschlossen sein. 3. Inwiefern war die Bundesregierung überrascht vom Ausmaß der tax rulings in Luxemburg? Es gab gewisse Indizien, dass luxemburgische Steuerbehörden in erheblichem Ausmaß Tax Rulings erteilen. Das konkrete Ausmaß war der Bundesregierung jedoch nicht bekannt. 4. Hatte die Bundesregierung schon vor der Presseberichterstattung zu den Luxemburg-Leaks Erkenntnisse über die tax rulings-Praxis in Luxemburg, und wenn ja, welche? Die Erkenntnisse der Bundesregierung vor der Presseberichterstattung zu den Luxemburg Leaks beschränkten sich – neben allgemein zugänglichen Quellen – im Wesentlichen auf Informationen, die von der Europäischen Kommission stammen, oder die von Luxemburg selber im Rahmen der Gruppe Verhaltenskodex (Unternehmensbesteuerung) bekanntgegeben wurden. So hat Luxemburg der Gruppe beispielsweise im Jahr 2009 mitgeteilt, wie viele Rulings im Jahr 2008 gegenüber bestimmten Arten von Unternehmen und zu bestimmten Sachbereichen erteilt wurden. 5. Sieht die Bundesregierung nach Überprüfung der tax rulings aus den Luxemburg -Leaks gesetzgeberischen Handlungsbedarf, und wenn ja, welchen ? Von besonderer Bedeutung ist aus Sicht der Bundesregierung die Einführung eines verpflichtenden automatischen Informationsaustausches zu Tax Rulings mit grenzüberschreitender Wirkung. Die Beratungen für eine entsprechende Änderung der EU-Amtshilferichtlinie sind auf einem guten Weg. Angestrebt wird ein Abschluss der Verhandlungen dazu noch im Jahr 2015. Anschließend ist eine entsprechende Anpassung des EU-Amtshilfegesetzes erforderlich. Die parallelen Beratungen für die Verabschiedung einer entsprechenden OECD-Empfehlung (BEPS-Aktionspunkt 5) stehen unmittelbar vor dem Abschluss. Im September 2015 werden die abschließenden Berichte zum BEPS-Aktionsplan durch den OECD-Fiskalausschuss verabschiedet und im Oktober den G20- Finanzministern zur Billigung vorgelegt. Die Bundesregierung prüft bereits jetzt, welche Maßnahmen national umzusetzen sind. Darüber hinaus laufen derzeit sowohl auf Ebene der EU als auch auf Ebene der OECD Diskussionen über Empfehlungen zu inhaltlichen Kriterien für die Erteilung von Rulings. 6. In wie vielen tax rulings aus den Luxemburg-Leaks wurde nach Einschätzung der Bundesregierung ein Bezug zu Deutschland bzw. Unternehmen V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5776 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 3 aus der Bundesrepublik Deutschland festgestellt, und wie verteilen sich diese Fälle in Bezug auf die Zuständigkeiten der Steuerbehörden über die einzelnen Bundesländer? In mehr als 140 Fällen konnte ein steuerlicher Bezug zu Deutschland festgestellt werden. Diese verteilen sich wie folgt auf die einzelnen Bundesländer: Baden-Württemberg: 8 Bayern: 18 Bayern/Hessen: 2 Bayern/diverse andere: 1 Berlin: 11 Hamburg: 8 Hessen: 59 Niedersachsen: 4 Nordrhein-Westfalen: 28 Nordrhein-Westfalen/Hessen: 1 Rheinland-Pfalz: 1 Sachsen: 1 Thüringen: 1 7. Wie viele der in Frage 6 identifizierten Unternehmen bzw. deren verbundene Unternehmen sind oder waren nach Kenntnis der Bundesregierung zum Zeitpunkt des vereinbarten tax rulings im Dax, M-Dax, S-Dax oder Tec Dax notiert (bitte nach Aktienindex aufschlüsseln)? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind sechs Unternehmen im DAX und ein Unternehmen im M-DAX gelistet. 8. An wie vielen der Unternehmen ist nach Kenntnis der Bundesregierung die öffentliche Hand (Bund, Länder oder Kommunen) beteiligt, und zu wie viel Prozent ist die öffentliche Hand an den jeweiligen Unternehmen beteiligt? Von Angaben zur Anzahl und zum Umfang der Beteiligungen muss aus Gründen des Identitätsschutzes der betroffenen Unternehmen abgesehen werden. 9. Wie viele der bekannt gewordenen tax rulings mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland haben kleine oder mittlere Unternehmen (nach der EU-Definition ) vereinbart? Nach Kenntnis der Bundesregierung haben 74 kleine oder mittlere Unternehmen (nach der EU-Definition) ein Tax Ruling vereinbart. 10. Wie viele der bekannt gewordenen tax rulings mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland wurden von gesellschaftsrechtlich als Personenunternehmen organisierte Firmen vereinbart? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind mindestens vier betroffene Unternehmen in der Rechtsform eines Personenunternehmens organisiert. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5776 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 4 11. Welche Art der Steuergestaltung konnte bei der Analyse der bekannt gewordenen tax rulings festgestellt werden, und in wie vielen Fällen wurden dabei Patentboxen und/oder hybride Gestaltungen in Anspruch genommen ? Es wurden insbesondere folgende Arten von Steuergestaltungen festgestellt: Vermeidung der Begründung einer Betriebsstätte in Deutschland, Inanspruchnahme einer präferenziellen Regelung für Einkünfte aus immateriellen Werten (sog. Patentbox), Geltendmachung von Holdingprivilegien und gezielte Ausnutzung von Qualifikationskonflikten (sog. hybride Gestaltungen). Über die Gesamtzahl der Fälle liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Bei den hybriden Gestaltungen handelt es sich um unterschiedliche sog. deduction /no inclusion-Konstellationen sowie um die Umgehung von Quellensteuern durch Umwandlung steuerpflichtiger deutscher Mieteinkünfte in steuerfreie Bezüge aus Kapitalgesellschaften. 12. Welche außersteuerlichen Gründe sprechen nach Kenntnis der Bundesregierung für die in Frage 11 genannten Gestaltungen? Für die in Frage 11 genannten Gestaltungen gibt es regelmäßig auch außersteuerliche Gründe. Über die außersteuerlichen Gründe im Einzelfall liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 13. Bei wie vielen Fällen mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland wird die Anwendung von § 42 der Abgabenordnung (AO) geprüft, bzw. wenn keine Überprüfung stattgefunden hat, warum findet § 42 AO keine Anwendung ? Die Anwendung von § 42 AO wird grundsätzlich immer geprüft, wenn Anhaltspunkte für einen Missbrauch bestehen. Über das Vorliegen derartiger Anhaltspunkte im Einzelfall liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 14. Inwiefern sind bei den Luxemburg-Leaks-Fällen Besteuerungsrechte in Deutschland zu Unrecht unterblieben und können nachgeholt werden u. a. nach §§ 7 ff. des Außensteuergesetzes, und in wie vielen Fällen ist dies bereits veranlasst worden? Derzeit ist nur ein Fall bekannt, in dem im Rahmen einer laufenden Betriebsprüfung versucht wird, einer sog. deduction/no inclusion-Konstellation durch die Hinzurechnungsbesteuerung nach §§ 7 ff. des Außensteuergesetzes (AStG) zu begegnen. Ein Ergebnis liegt der Bundesregierung noch nicht vor. 15. In wie vielen Fällen werden im Rahmen von Betriebsprüfungen der deutschen Luxemburg-Leaks-Fälle weitere Überprüfungen stattfinden? Welche Überprüfungsmaßnahmen wurden bereits eingeleitet? Nach Kenntnis der Bundesregierung finden in 22 Fällen noch Betriebsprüfungen statt. In einigen Fällen haben die Betriebsprüfungen bereits begonnen. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5776 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 5 16. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Steuerschaden, der durch tax rulings in Luxemburg für den deutschen Fiskus entstanden ist? Ob und in welcher Höhe tatsächlich Gewinne von Deutschland nach Luxemburg verlagert wurden und hier somit ein Steuerschaden entstanden ist, konnte aufgrund der vorliegenden Informationen nicht abschließend festgestellt werden. Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand war eine Änderung der deutschen Steuerfestsetzung in den betroffenen Fällen bislang nicht notwendig. Teilweise gehen die Länder im Rahmen von Betriebsprüfungen noch offenen Fragen nach. 17. Inwieweit haben die betroffenen deutsche Unternehmen durch die tax rulings ihre Steuerlast gegenüber anderen Ländern als Deutschland reduziert ? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Dies kann nur auf Basis des jeweiligen Rechts der anderen Staaten festgestellt werden. 18. Aus welchen Gründen hat die Bundesregierung nie auf Einhaltung der Weitergabe von steuerschädlichen tax rulings nach geltendem EU-Recht gedrängt (Richtlinie 77/799/EWG und ihrer geänderten neuen Fassungen bzw. des EU-Amtshilfegesetzes in Verbindung mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes in der Sache C-420/98), obwohl es sowohl im Rat der EU als auch in der Europäischen Kommission bekannt war, dass Mitgliedstaaten ihre Informationsaustauschpflichten verletzt haben, wie die Recherchen des Sonderausschusses TAXE des Europäischen Parlaments aufgezeigt haben? Die Praxis hat gezeigt, dass die meisten EU-Mitgliedstaaten die Einbeziehung von Tax Rulings als eine zu weitgehende Interpretation des Artikels 9 Absatz 1 der Amtshilferichtlinie ansehen. Dementsprechend bestand bisher kein einheitliches Verständnis über die Voraussetzungen und den Umfang der auszutauschenden Informationen über Rulings. Diese Unklarheiten sollen durch die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Aufnahme eines verpflichtenden automatischen Austauschs von Tax Rulings in die Amtshilferichtlinie beseitigt werden. 19. Hat die Bundesregierung Vertreterinnen bzw. Vertreter zum EU Fiscalis Workshop FWS050 zum Thema tax rulings geschickt, welcher vom 2. bis 4. Oktober 2012 in Polen stattfand, und wenn nein, warum nicht? Nein. Die Wahrnehmung von FISCALIS-Seminaren erfolgt im Rahmen der personalwirtschaftlichen Ressourcen. 20. Wie viele Fälle von steuerlichen Vorbescheiden wurden nach Kenntnis der Bundesregierung von der Europäischen Kommission am 8. Juni 2015 angefordert, in welchen Bundesländern sind die Unternehmen ansässig, inwiefern handelt es sich um Dax-Konzerne, inwiefern ist die Bundesregierung dieser Forderung nach Informationsoffenlegung bereits nachgekommen , und wann rechnet die Bundesregierung mit dem Ergebnis der Prüfung durch die Europäische Kommission? Die Europäische Kommission hat von der Bundesregierung zu neun Unternehmensgruppen Informationen über von deutschen Behörden erteilte Steuervorbescheide angefordert. Mit Blick auf das Steuergeheimnis kann die Bundesregierung keine Umstände offenlegen, die Rückschlüsse auf die Identität der betrof- V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5776 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 6 fenen Unternehmensgruppen erlauben würden. Die Bundesregierung hat das Auskunftsersuchen der Kommission geprüft und bereitet derzeit in enger Abstimmung mit den Bundesländern die Antwort vor. Mit einem Ergebnis der Prüfung durch die Kommission in Bezug auf Deutschland wird nicht vor Ablauf des Jahres 2015 gerechnet. 21. Wie viele tax rulings nach Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurden seitens des Bundeszentralamtes für Steuern an andere EU-Staaten oder die Europäische Kommission zur Prüfung übermittelt, und Finanzbehörden welcher Bundesländer haben diese übermittelten tax rulings vereinbart (bitte aufschlüsseln)? Statistische Erfassungen zu Tax Rulings werden erst seit 2014 vorgenommen. Seitdem wurden noch keine Fälle gemeldet. 22. Inwiefern hat die Bundesregierung tax rulings mit Bezug zu Deutschland in anderen Europäischen Mitgliedstaaten jenseits von Luxemburg überprüft , und zu welchen Ergebnissen ist sie gekommen? Über von anderen Europäischen Mitgliedstaaten als Luxemburg erteilte Tax Rulings mit Bezug zu Deutschland liegen der Bundesregierung keine konkreten Erkenntnisse vor. 23. Inwieweit unterstützt die Bundesregierung den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Aufnahme von tax rulings in den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung), und an welcher konkreten Stelle sieht sie Diskussionsbedarf? Die Bundesregierung begrüßt, dass die Kommission einen Vorschlag zur Änderung der EU-Amtshilferichtlinie unterbreitet hat, der einen verpflichtenden automatischen Austausch von Tax Rulings vorsieht. Dementsprechend engagiert sich die Bundesregierung aktiv im Rahmen der Beratungen zu dem Richtlinienvorschlag für eine zügige Aufnahme des verpflichtenden automatischen Austauschs von Tax Rulings in die EU-Amtshilferichtlinie und setzt sich dafür ein, dass die Beratungen dazu möglichst noch im Herbst dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen werden. 24. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die von der Europäischen Kommission nun bewerteten und öffentlich vorliegenden tax rulings für Apple Inc. (Irland 1991), Amazon.com, Inc. (Luxemburg 2003) und Starbucks Corp. (Niederlande 2008) die Bedingungen für den spontanen Informationsaustausch erfüllen und bzw. oder dass die zuständigen Behörden Gründe für die Vermutung einer Steuerverkürzung in einem anderen Mitgliedstaat sowie für die Vermutung einer Steuerersparnis durch künstliche Gewinnverlagerungen innerhalb eines Konzerns hatten? Auf die Antwort zu Frage 18 wird verwiesen. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5776 K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 7 25. Inwiefern wird nach Einschätzung der Bundesregierung aktuell durch das Handelsgesetzbuch (HGB) sichergestellt, dass Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht gleichzeitig ein Unternehmen bezüglich einer aggressiven Steuergestaltung beraten und die Abschlussprüfung vornehmen? Die §§ 319 bis 319b HGB sichern die Unbefangenheit und die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers durch Regelung von bestimmten Gründen für den Ausschluss des Prüfers von der Abschlussprüfung. § 319a HGB regelt besondere Ausschlussgründe bei der Abschlussprüfung eines Unternehmens von öffentlichem Interesse. Nach § 319a Absatz 1 Nummer 2 HGB ist ein Abschlussprüfer von der Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse ausgeschlossen , wenn er gleichzeitig Steuerberatungsleistungen erbringt, die über das Aufzeigen von Gestaltungsalternativen hinausgehen und die sich auf die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage in dem zu prüfenden Jahresabschluss unmittelbar und nicht nur unwesentlich auswirken. § 319b HGB schreibt ergänzend vor, dass ein Abschlussprüfer von der Durchführung gesetzlich vorgeschriebener Abschlussprüfungen ausgeschlossen ist, wenn ein Mitglied seines Netzwerks (Zusammenschluss mehrerer Berufstätiger wie beispielsweise ein Verbund von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften) Ausschlussgründe nach § 319 oder § 319a HGB erfüllt. Der Begriff der aggressiven Steuergestaltung ist gesetzlich nicht definiert. Eine auf möglichst hohe Steuerersparnis abzielende Beratung kann jedoch, soweit sie über das Aufzeigen von Gestaltungsalternativen hinaus geht, im Falle einer unmittelbaren und nicht unwesentlichen Auswirkung auf den Jahresabschluss zum Verbot der Abschlussprüfung für Wirtschaftsprüfer, die an einer solchen Steuergestaltung mitwirken oder Mitglied eines daran mitwirkenden Netzwerks sind, führen. Sofern Steuergestaltungen mit Steuerstraftaten nach den §§ 370 ff. AO oder sonstigen Straftaten einhergehen sollten, erfolgt die Strafverfolgung durch die jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden der Länder. Gemäß § 285 Nummer 14 und § 314 Nummer 9 HGB ist im Anhang zum Jahresabschluss bzw. Konzernabschluss das von dem Abschlussprüfer für das Geschäftsjahr berechnete Gesamthonorar, aufgeschlüsselt für Abschlussprüfungsleistungen , andere Bestätigungsleistungen, Steuerberatungsleistungen und sonstige Leistungen, anzugeben. 26. Inwiefern bietet die Missbrauchsnorm des § 319 Absatz 3 HGB nach Einschätzung der Bundesregierung immer noch konkrete Schlupflöcher, um die Trennung von Abschlussprüfung und Beratung zu aggressiver Steuergestaltung zu umgehen, und plant die Bundesregierung an dieser Stelle im Zuge der anstehenden Reform der Wirtschaftsprüferordnung und -aufsicht eine Änderung, die sicherstellt, dass eine Beratung zu aggressiver Steuergestaltung und eine Wirtschaftsprüfung nicht von einer Kanzlei bzw. einer Kanzlei mit Niederlassungen in unterschiedlichen Ländern erfolgen kann? Die Vorschrift des § 319 Absatz 3 HGB regelt in Ergänzung des § 319 Absatz 2 HGB absolute Ausschlussgründe, bei denen die Erfüllung des gesetzlichen Tatbestandes bereits zum Ausschluss des Abschlussprüfers führt. Die Regelung dient jedoch nicht der Trennung von Abschlussprüfung und Erbringung von nicht unwesentlichen Steuerberatungsleistungen, insofern ist vielmehr § 319a Absatz 1 Nummer 2 HGB einschlägig, siehe auch Antwort zu Frage 25. Die neuen europäischen Vorgaben sehen in Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 537/2014 vor, dass der Abschlussprüfer und jedes Mitglied eines Netzwerks , dem der Abschlussprüfer angehört, bestimmte Nichtprüfungsleistungen (z. B. Steuerberatungsleistungen) nicht erbringen darf. Das Verbot gilt nur für V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt . Ko rre ktu r Korrektur Drucksache 18/5776 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode K :\P ub lis hi ng \P ro du kt io n\ B T\ Pr od uk tio n\ 07 _F ah ne \1 80 57 76 \1 80 57 76 .fm , 2 1. A ug us t 2 01 5, S ei te 8 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Abschlussprüfer von sog. Unternehmen von öffentlichem Interesse im Sinne dieser Verordnung, d. h. kapitalmarktorientierten Unternehmen, Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen. Zugleich enthält die Verordnung in ihrem Artikel 5 Absatz 3 eine Option für die Mitgliedstaaten, bestimmte Leistungen doch zuzulassen. Die Nichtprüfungsleistungen dürfen in diesem Fall keine direkten und keine mehr als unwesentlichen Auswirkungen auf die geprüften Abschlüsse haben. Der Abschlussprüfer muss in jedem Fall seine Unabhängigkeit bewahren . Inwiefern diese Option ausgeübt wird, steht unter einem Prüfvorbehalt der Bundesregierung. Der Referentenentwurf zum Abschlussprüfungsreformgesetz (AReG) des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), mit dem die ab 2016 geltenden neuen europäischen Vorgaben zur Abschlussprüfung umgesetzt werden sollen, sieht keine wesentlichen inhaltlichen Änderungen in § 319b HGB vor. Solche sind nicht erforderlich, da die inhaltliche Regelung zum Verbot von bestimmten Steuerberatungsleistungen in § 319a Absatz 1 Nummer 2 HGB erfolgt und diese durch § 319b HGB auf Netzwerksmitglieder ausgeweitet wird. § 319a HGB wird durch das AReG neu gefasst werden, um den EU-Vorgaben zu entsprechen. 27. Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang aus der Zunahme von Beratungsleistungen im Vergleich zu Prüfungsleistungen bei den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (www.handelsblatt.com vom 17. Juli 2015 „Führende Wirtschaftsprüfer enteilen der Konkurrenz“), und plant die Bundesregierung im Zuge der anstehenden Reform der Wirtschaftsprüferordnung und -aufsicht eine strengere Trennung von Prüfung und Beratung, als es von der EU vorgegeben wird, zum Beispiel durch ein generelles Verbot von Steuerberatung jeglicher Art und Wirtschaftsprüfung aus einer Hand? Der Bundesregierung liegen keine Zahlen zum Umfang der Beratungsleistungen großer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor. Das BMJV wertet zurzeit die zum Referentenentwurf des AReG eingegangenen Stellungnahmen aus und arbeitet an der Erstellung eines Regierungsentwurfs. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 26 verwiesen. 28. Sieht die Bundesregierung die Konzentration des Marktes im Bereich der Wirtschaftsprüfung, insbesondere bei der Prüfung so genannter Unternehmen von öffentlichem Interesse (börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen; vgl. www.handelsblatt.com vom 2. Juni 2015 „Drum prüfe und berate zusätzlich“), als ein Problem an, und plant sie im Zuge der anstehenden Reform der Wirtschaftsprüferordnung und -aufsicht Maßnahmen , diese Marktkonzentration zu korrigieren? Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, im Rahmen der Abschlussprüferreform in diesem Sinne in den Markt einzugreifen. V or ab fa ss un g - w ird d ur ch d ie le kt or ie rt e V er si on e rs et zt .