Deutscher Bundestag Drucksache 18/5806 18. Wahlperiode 21.08.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Steffi Lemke, Friedrich Ostendorff, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/5674 – Fangmengen in der Fischerei Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die am 1. Januar 2014 in Kraft getretene Grundverordnung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) legt in Artikel 2 das Vorsorgeprinzip und den Ökosystemansatz zugrunde und gewichtet vor allem die ökologische Komponente des Nachhaltigkeitsprinzips in der Fischerei. Sie setzt das Ziel, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten , der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht (BMSY). Zu diesem Zweck soll der Grad der Befischung, welcher den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht (FMSY), soweit möglich bis zum Jahr 2015, und unter allen Umständen schrittweise für alle Bestände bis spätestens zum Jahr 2020 erreicht werden. MSY steht für „Maximum Sustainable Yield“, also für einen höchstmöglichen Dauerertrag eines Fischbestands. Damit wird die Menge bezeichnet, die einem Fischbestand jährlich entnommen werden kann, ohne dessen Fortpflanzungsfähigkeit zu gefährden. Dabei wird unter anderem nach BMSY (Biomasse Fisch in Tonnen zur besten Erreichung des MSY) und FMSY (Fangrate ausgedrückt in fischereilicher Sterblichkeit auf MSY als Verhältnis MSY zu BMSY) unterschieden . Die Festlegung und Einhaltung von bestandsspezifischen FMSY-Grenzwerten ist für die nachhaltige Befischung und das Erreichen der GFP-Ziele von zentraler Bedeutung. Ebenso trägt eine Nutzung unterhalb des FMSY-Grenzwertes dazu bei, bis zum Jahr 2020 in den europäischen Meeren einen guten Umweltzustand zu erreichen und die Auswirkungen der Fischerei auf das marine Ökosystem zu minimieren. Die GFP sieht des Weiteren vor, dass es nur dann gestattet sein sollte, diese Nutzungsgrade zu einem späteren Zeitpunkt zu erreichen, wenn durch ihr ErDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 19. August 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. reichen bis zum Jahr 2015 die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit der betreffenden Fischereiflotten ernstlich gefährdet würde. Liegen keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten zur Festlegung dieser Niveaus vor, so können Näherungswerte in Betracht gezogen werden. Dies ist im Einklang mit dem Drucksache 18/5806 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode UN-Fischereiabkommen (Übereinkommen vom 4. Dezember 1995 zur Durchführung der Bestimmungen des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 in Bezug auf die Erhaltung und Bewirtschaftung gebietsübergreifender Fischbestände und weit wandernder Fischbestände), welches ebenfalls FMSY als einen Grenzwert für eine nachhaltige Befischung und nicht als einen Zielwert interpretiert (Absatz 2, Anlage II). Trotz der in Kraft getretenen Reform und den damit verbundenen Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wird etwa die Hälfte der europäischen Bestände nach Auffassung der Fragesteller weiter überfischt. Die Analyse des Europäischen Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für Fischerei (STECF 2015: Monitoring the performance of the Common Fisheries Policy) zeigte für das Jahr 2013 eine zu hohe fischereiliche Sterblichkeit für 30 von 62 Beständen auf. Das heißt, für diese Bestände lag der Grad der Befischung oberhalb des vorgesehenen FMSY-Grenzwertes. Gleichzeitig befand sich eine erhebliche Anzahl von Beständen (38 von 62) außerhalb sicherer biologischer Grenzen. Deren Biomasse war also so gering, dass sowohl der Fortbestand als auch der Wiederaufbau des Bestands gefährdet war. Ebenso wird festgestellt, dass im letzten Jahr die politisch festgelegten Fangmöglichkeiten stärker die wissenschaftlich empfohlenen Höchstfanggrenzen überschritten , statt ihnen zunehmend zu entsprechen, wie in der GFP vorgesehen. Aufgrund dieser Entwicklungen ist die Positionierung der Bundesregierung in Bezug auf die Fangmengenpolitik im Rahmen der GFP von allgemeinem Interesse . 1. a) Inwieweit und mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung das Ziel, alle Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht (>BMSY)? b) Inwieweit setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass das Ziel auch für all jene Bestände erreicht werden muss, die durch einen Mehrjahresplan abgedeckt werden sollen, und für welche Bestände soll dies gelten? Das in der Fischerei-Grundverordnung (EU) Nr. 1380/2013 festgelegte Bewirtschaftungsziel einer nachhaltigen Nutzung der Fischerei-Ressourcen gemäß dem Prinzip des höchstmöglichen Dauerertrags (MSY) wird von der Bundesregierung nachdrücklich unterstützt. Zentrales Management-Instrument sind nach der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik die so genannten Mehrjahrespläne , mit denen dieses Ziel durch entsprechende Maßnahmen bis spätestens zum Jahr 2020 für alle Bestände erreicht werden soll. Unter anderem auf Drängen Deutschlands wurde beschlossen, dass die Mehrjahrespläne in den kommenden Jahren auf alle kommerziell wichtigen Bestände auszuweiten sind. Die Pläne umfassen insbesondere Vorgaben für die Entnahmen der Fischerei (fischereiliche Sterblichkeit) und/oder die Biomasse der Laicherbestände sowie technische Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung unerwünschter Beifänge. Bei der Behandlung neuer bzw. Aktualisierung bestehender Bewirtschaftungspläne wird die Bundesregierung darauf achten, dass das MSY-Ziel möglichst schnell, spätestens jedoch bis zu Mahr 2020 für alle von diesen Plänen erfassten Arten erreicht wird. Bei der Festsetzung der jährlichen Höchstfangmengen für Bestände, für die es derzeit noch keine Mehrjahrespläne gibt, sind für die Bundesregierung die jeweils jüngsten wissenschaftlichen Empfehlungen maßgeblich . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5806 2. a) Wird die Bundesregierung im Rahmen der Festsetzung der Fangmöglichkeiten für das Jahr 2016 das in Frage 1 genannte Ziel im vollen Maß unterstützen und sich somit dafür einsetzen, den Grad der Befischung für alle Bestände unterhalb des entsprechenden FMSY-Grenzwertes zu halten? Bezüglich der Haltung der Bundesregierung zur Erreichung des MSY-Ziels wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Gründe, die nach Auffassung der Bundesregierung bei bestimmten Beständen eine Verschiebung des MSY-Ziels über 2016 hinaus rechtfertigen können, werden in der Antwort zu Frage 2b näher dargelegt. b) Erwägt die Bundesregierung für einzelne Bestände eine Überschreitung oder Ausnahmen vom FMSY-Grenzwert, und wenn ja, für welche Bestände , und auf welcher rechtlichen Grundlage? Die Fangmöglichkeiten für die deutsche Fischerei werden nicht national durch die Bundesregierung festgelegt, sondern auf EU-Ebene beschlossen. In Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Fischerei-Grundverordnung schließt die Bundesregierung in gut begründeten Fällen eng begrenzte und zeitlich befristete Abweichungen vom FMSY-Grenzwert nicht aus. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass eine Reduzierung der fischereilichen Sterblichkeit auf FMSY in einem Schritt die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit der Fischerei gefährden würde und eine moderatere Kürzung der Gesamtfangmenge einer Erholung der betroffenen Bestände nicht entgegensteht. Inwieweit die Bundesregierung in den Verhandlungen über die Gesamtfangmengen für das Jahr 2016 entsprechende Ausnahmen fordert, hängt maßgeblich von den Vorschlägen der Europäischen Kommission ab, die noch nicht vorliegen. c) Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass der Grad der Befischung für alle von Deutschland mitbewirtschafteten Beständen bis zum Jahr 2015, soweit möglich, und unter allen Umständen schrittweise bis spätestens zum Jahr 2020 den entsprechenden Grenzwert (FMSY) nicht überschreitet? In den Verhandlungen über die Festlegung der jährlichen Gesamtfangmengen auf EU-Ebene wird die Bundesregierung nachdrücklich für die in der FischereiGrundverordnung festgelegten Fristen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Fischbestände eintreten. 3. Erwägt die Bundesregierung einen Aufschub der FMSY-Zielsetzung über das Jahr 2016 hinaus, und wenn ja, für welche Bestände, und mit welcher Begründung? Auf die Antwort zu Frage 2b wird verwiesen. 4. Hat die Bundesregierung im Jahr 2014 Informationen vorgelegt, um einen Aufschub zu begründen und aufzuzeigen, dass ein Erreichen der FMSY-Zielsetzung im Jahr 2015 die soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit der betreffenden Fischereiflotten ernstlich gefährden würde? Wenn ja, welche, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung hat sich im Jahr 2014 beim westlichen Ostseedorsch für eine maßvollere Kürzung der Gesamtfangmenge (TAC) und eine Verschiebung des MSY-Ziels auf das Jahr 2016 eingesetzt. Sie hat dies damit begründet, dass ansonsten eine Senkung des TAC um über 50 Prozent für diesen Bestand erfor- Drucksache 18/5806 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode derlich gewesen wäre. Dies hätte gravierende Auswirkungen für die deutschen Ostseefischer gehabt und eine Vielzahl von Betrieben der kleinen Küstenfischerei in ihrer Existenz bedroht. Gleichzeitig hat sie auf die Empfehlung des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) für diesen Bestand hingewiesen, wonach eine moderate Kürzung des TAC gleichwohl eine substanzielle Erhöhung der Laicherbiomasse ermöglicht. 5. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung dafür ein, Aufschübe für das Erreichen der FMSY-Zielsetzung nur dann zu gestatten , wenn diese angemessen begründet wurden und Pläne vorliegen, wie und bis wann die FMSY-Zielsetzung für diese Bestände erreicht wird? In Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Fischerei-Grundverordnung vertritt die Bundesregierung in EU-Gremien die Haltung, dass eine Verschiebung der Erreichung des FMSY-Ziels nur dann akzeptabel ist, wenn diese, wie im Fall des Ostseedorschs, schlüssig begründet werden kann. 6. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung die Vereinbarung bzw. den Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 13. Oktober 2014, den Grad der Befischung für den Dorsch in der westlichen Ostsee im Jahr 2016 nicht den FMSY-Grenzwert von F=0,26 überschreiten zu lassen ? Deutschland hat zusammen mit den übrigen EU-Ostsee-Anrainerstaaten in der Sitzung des Rates am 13. Oktober 2014 zu Protokoll gegeben, das MSY-Ziel für den westlichen Dorsch, das zum damaligen Zeitpunkt bei F = 0,26 lag, im Jahr 2016 zu erreichen. Die Bundesregierung führt derzeit intensive Gespräche mit den betroffenen Anrainerstaaten über mögliche Maßnahmen, die zum Erreichen dieses Ziels beitragen können, ohne die Fischerei unangemessenen wirtschaftlichen und sozialen Härten auszusetzen. 7. a) Inwieweit unterstützt die Bundesregierung die Vereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und dem Rat, die Fanggrenzen für 26 datenarme Bestände unverändert zu lassen, so lange sich die Bewertung des Zustandes der Bestände nicht stark ändert (bitte begründen)? Die Bundesregierung schätzt die Befischung von Beständen ohne ausreichende Datenlage und wissenschaftliche Bewirtschaftungsempfehlung grundsätzlich kritisch ein und unterstützt daher die Verbesserung der wissenschaftlichen Bestandsuntersuchungen . Bei den hier infrage stehenden Beständen handelt es sich jedoch im Allgemeinen um solche, die nicht gezielt oder nur mit niedriger Quotenausschöpfung befischt werden. Diese Bestände sind insgesamt von geringer wirtschaftlicher Bedeutung, weshalb die Wissenschaft in der Vergangenheit nur begrenzte oder keine Bestandsanalysen durchgeführt hat. Vor diesem Hintergrund erklärt sich die Bundesregierung damit einverstanden, die aktuellen Gesamtfangmengen für diese 26 Bestände unverändert zu lassen, sofern sich nicht Hinweise auf die Notwendigkeit einer Überprüfung ergeben. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5806 b) Inwieweit vertritt die Bundesregierung die Auffassung, dass diese Vereinbarung mit dem Vorsorgeansatz, wie in den Artikeln 2.2 und 4 der Grundverordnung der GFP festgeschrieben, in Einklang steht (bitte begründen )? Die Festlegung unveränderter Höchstfangmengen für datenarme Bestände ist auf ein Jahr begrenzt und impliziert keine Verzögerung notwendiger Maßnahmen zur Erhaltung von Beständen. Sobald neue wissenschaftliche Daten oder Ergebnisse aus Beratungen der relevanten EU-Gremien zu diesen Beständen vorliegen, werden die Gesamtfangmengen, falls erforderlich, unter Berücksichtigung des Vorsorgeansatzes angepasst. ICES arbeitet mit Nachdruck daran, bereits im Jahr 2015 weitere Bestandsanalysen vorzulegen und Managementstrategien für diese Bestände zu entwickeln. c) Wie und in welchem zeitlichen Rahmen beabsichtigt die Bundesregierung , die von Deutschland mitbewirtschafteten und unter dieses Abkommen fallenden Bestände (z. B. Blauleng) oberhalb des BMSY-Niveaus wiederherzustellen und zu erhalten? Für die infrage stehenden Bestände liegen derzeit noch keine validen wissenschaftlichen Referenzwerte bezüglich der Biomasse oder fischereilichen Sterblichkeit vor, da zumeist nur Datenserien über Anlandungen verfügbar sind. Ob und wann Bestandsberechnungen vorgenommen werden können, ist derzeit noch offen. Insbesondere für Tiefseefischereien und deren Fänge (z. B. Blauleng ) ist jedoch eine Reihe von zusätzlichen Fischereiregelungen zum Schutz der Bestände vorgesehen, z. B. die Begrenzung des Fischereiaufwands und Gebietsschließungen . 8. a) Für welche der von Deutschland mitbewirtschafteten Bestände wurden die hierzulande zugeteilten Fangmengen in den letzten drei Jahren aus welchem Grund nicht gänzlich ausgeschöpft, und welche Größenordnungen betraf dies jeweils? Der Grad der Ausnutzung der Deutschland durch EU-Recht zugewiesenen Fangmöglichkeiten für die Jahre 2012 bis 2014 ergibt sich aus den als Anhängen beigefügten Tabellen 1 bis 3. Eine Unternutzung von Fangmöglichkeiten kann verschiedene Ursachen haben: niedrige Erzeugerpreise, geringe Qualität der Fische, schwierige Befischung des Bestandes oder Nutzung der zugeteilten Quote lediglich für Beifänge. Zu den Beständen mit niedrigem Ausnutzungsgrad zählten im Jahr 2014 insbesondere die Nordsee-Scholle (66 Prozent), der östliche Ostseedorsch (14 Prozent) und Kliesche bzw. Flunder in der Nordsee (12 Prozent). b) Welche der von Deutschland mitbewirtschafteten Bestände befinden sich derzeit (im Jahr 2015) oberhalb des BMSY-Niveaus? Im MSY-Kontext wird BMSY vom ICES nicht definiert, da die Bestimmung des Wertes aufgrund komplexer Interaktionen innerhalb der Nahrungskette derzeit nicht zuverlässig möglich ist. Grund dafür ist, dass wissenschaftlich aussagekräftige Beobachtungen zur Vorhersage der Entwicklung der Biomassen mit ausreichender Genauigkeit wegen der Übernutzung der meisten EU-Bestände während der letzten Jahrzehnte fehlen. Deshalb stützt ICES seine Empfehlungen auf den Parameter fischereiliche Sterblichkeit (F) und leitet davon die maximalen Entnahmen für eine nachhaltige Bewirtschaftung ab (FMSY). Gleichzeitig definiert ICES die untere Grenze der natürlichen Schwankungsbreite um BMSY und bezeichnet diese als MSY B . trigger Drucksache 18/5806 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode In der Ostsee befinden sich derzeit folgende durch die deutsche Fischerei genutzten Bestände oberhalb dieses Wertes: Hering in den ICES-Gebieten IIIa, 22 bis 24, 25 bis 29, 32 (ohne Golf von Riga); Sprotte in den Gebieten 22 bis 32, Scholle in den Gebieten 21 bis 23. In der Nordsee sind dies: Scholle und Seezunge im Gebiet IV, Schellfisch in den Gebieten IV, IIIa und VIa, Seehecht (nördlicher Bestand) sowie – mit einer Ausnahme – alle Kaisergranat-Bestände. Seelachs in den Gebieten IV, IIIa und VIa liegt nur minimal unter MSY Btrigger. Im Nordostatlantik befinden sich die für die deutsche Fischerei wichtigsten Bestände Hering im Gebiet VIa, nordostatlantische Makrele, Holzmakrele (westlicher Bestand), Blauer Wittling im Nordostatlantik, nordost-arktischer Kabeljau, arktischer Seelachs, nordostarktischer Schellfisch, Schwarzer Heilbutt, Goldbarsch vor Island, den Färöern und Ostgrönland über MSY Btrigger. Lediglich Schwarzer Heilbutt und atlanto-skandischer Hering machen davon eine Ausnahme . c) Bei welchen von Deutschland mitbewirtschafteten Beständen ist eine Berechnung des BMSY-Referenzwertes derzeit nicht möglich, und aus welchen Gründen? Zur Thematik BMSY und MSY Btrigger und entsprechender Bestandsklassifizierung wird auf die Antwort zu Frage 8b verwiesen. Für folgende Ostseebestände (Gebiete in Klammern) liegt derzeit kein Referenzwert in Form von MSY Btrigger vor: Dorsch (25 bis 32), Flunder (22 bis 25), Scholle (24 bis 32), Steinbutt (22 bis 24), Glattbutt (22 bis 32), Kliesche (22 bis 32). In der Nordsee und im Nordostatlantik ist MSY Btrigger derzeit generell für zahlreiche datenarme Bestände im ICES nicht definiert. Dies liegt u. a. daran, dass die Methodenentwicklung zur Berechnung von Referenzwerten für datenarme Bestände im ICES noch nicht abgeschlossen ist. ICES bemüht sich, noch in diesem Jahr Referenzwerte für datenarme Bestände zu definieren und die Managementstrategien zu verbessern. In diesem Zusammenhang sind für Deutschland folgende Bestände wichtig: Seeteufel (IV, IIIa, VI), Kliesche (IV, IIIa), Holzmakrele in der Nordsee , Kabeljau vor Grönland, Goldlachs im Nordostatlantik, pelagischer Rotbarsch (XIV, Va). Auch für Nordsee-Hering und Wittling in den Gebieten IV und VIId ist Btrigger nicht definiert, obwohl diese Bestände nicht zu den datenarmen Beständen zählen. Hier konnte sich ICES noch nicht auf einen Referenzwert einigen. 9. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung getroffen, um sicherzustellen , dass Informationen über den Zustand der Fischbestände im Vergleich zur Referenzgröße BMSY vorliegen? Die Bundesregierung unterstützt jede sinnvolle Maßnahme, die die Datenerhebung aus der kommerziellen Fischerei und aus wissenschaftlichen Forschungsreisen sowie die Analyse dieser Daten international verbessert. Mit diesem Ziel hat sich die Bundesregierung für eine auskömmliche Finanzierung dieser Arbeiten aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) eingesetzt und die für den deutschen Beitrag zum ICES verantwortliche Ressortforschungseinrichtung , das Thünen-Institut, finanziell und materiell hinreichend für die Erfüllung dieser Aufgaben ausgestattet. Die Vorgabe, für welche Bestände in welchem Zeitrahmen Referenzpunkte abgeleitet werden können, wird zwischen Europäischer Kommission und ICES nach Konsultation der EU-Mitgliedstaaten gemeinsam entwickelt. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/5806 10. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass zukünftige Mehrjahrespläne eine Bandbreite von FMSY-Werten beinhalten können, der Grad der Befischung den Grenzwert FMSY aber nicht überschreiten darf? Die Bundesregierung setzt sich für die Festlegung von FMSY-Grenzwerten in Mehrjahresplänen ein. FMSY ist bestandsspezifisch und kann einer zeitlichen Variation unterliegen, die von der sich ändernden Fischereiselektion und ökologischen Bedingungen gesteuert ist. Die Variation des FMSY ist wissenschaftlich zu bestimmen. Die Festsetzung von Bandbreiten für FMSY-Werte ermöglicht die Formulierung von Mehrjahresplänen, die nicht bei jeder kleineren Aktualisierung von FMSY im zeitaufwändigen EU-Mitentscheidungsverfahren aktualisiert werden müssen. 11. Aus welchen Gründen und auf welcher rechtlichen Grundlage stimmte die Bundesregierung im Rahmen des Ausschusses der Ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten (COREPER) für eine partielle Ausrichtung des vorgeschlagenen Mehrjahresplans in der Ostsee, welche für einzelne Arten Erhaltungsziele unterhalb des Bestands-Niveaus (BMSY) festlegt und eine Befischung oberhalb des FMSY-Grenzwertes erlauben würden (bitte genaue Erläuterung mit Hinweisen auf die relevanten Vorschriften der GFPGrundverordnung )? Die von Deutschland mitgetragene Position des Rates zu einem Vorschlag für einen Mehrjahresplan für die Ostsee, die am 20. April 2015 festgelegt wurde, enthält keine Erhaltungsziele unterhalb des Niveaus, das den langfristigen Dauerertrag ermöglicht (vgl. dazu auch die Antwort zu Frage 10). Das Konzept der Bandbreiten für die fischereiliche Sterblichkeit, wie es in der Position des Rates seinen Niederschlag gefunden hat, bietet einen geeigneten Rahmen für das Erreichen des höchstmöglichen Dauerertrags für die betroffenen Fischbestände in der Ostsee. Diese Bandbreiten entsprechen den ICES-Empfehlungen. 12. a) Inwiefern ist die Bundesregierung der Auffassung, dass nur dann der Anlandung von Fängen bei der Festsetzung der Höchstfangmengen Rechnung getragen werden soll, wenn der ganze jeweilige Bestand unter die Anlandeverpflichtung fällt (bitte begründen)? Die Bundesregierung unterstützt die vollständige Einführung der Anlandepflicht bis zum Jahr 2019 für alle Fischereien, für die Fangbeschränkungen bestehen . Der damit im Zusammenhang stehende Übergang von einem anlandungsbasierten auf ein fangbasiertes Fischereimanagement darf auch in der Übergangszeit nicht zu einer Überfischung der Bestände führen. Die gemäß Artikel 16 Absatz 2 der Fischerei-Grundverordnung mögliche Anhebung der Fangmöglichkeiten kann daher nur insoweit erfolgen, als eine Fischerei der Anlandepflicht vollständig unterliegt. b) Welche Lösung favorisiert die Bundesregierung, um einen Anstieg der fischereilichen Sterblichkeit bei den Beständen zu vermeiden, die nur partiell unter die Anlandeverpflichtung fallen? Die Einführung der Anlandepflicht und des damit verbundenen Übergangs von einem anlandungsbasierten auf ein fangbasiertes Fischereimanagement erfordert eine Fischereiüberwachung, die die Beachtung der Anlandepflicht auch dann gewährleistet, wenn ein Bestand nur partiell unter die Anlandepflicht fällt. Daneben muss die Einführung der Anlandepflicht mit technischen Maßnahmen verbunden werden, die den Fang von unerwünschten Beifängen begrenzt oder weitgehend ausschließt. Drucksache 18/5806 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode c) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um sicherzustellen , dass alle Fänge voll dokumentiert werden? Die im EU-Recht vorgesehenen Mittel zur Registrierung aller Fänge werden in Deutschland im vollen Umfang angewandt. Hierzu gehören die systematische Registrierung aller Fänge im Logbuch, in Umladeerklärungen, in Anlandeerklärungen , in Transportdokumenten sowie das Rückverfolgbarkeitssystem für Fischereierzeugnisse vom Schiff bis zum Verbraucher. Die Fischereiüberwachung ist zudem durch die systematische Datenanalyse auf der Grundlage von Datenabgleichen von fischereibezogenen Daten in Echtzeit risikobasiert ausgerichtet. d) Inwieweit unterstützt die Bundesregierung zur Sicherstellung einer effektiven Umsetzung der Anlandeverpflichtung die flächendeckende Einführung von „remote electronic monitoring“ (CCTV; bitte begründen )? Die Umsetzung der von Deutschland unterstützten Anlandepflicht setzt eine effektive Fischereiüberwachung voraus. Die Entscheidung über die geeignetsten Überwachungsinstrumente zur Gewährleistung der Beachtung der Anlandepflicht wird in enger Abstimmung mit den anderen EU-Mitgliedstaaten der Nord- und Ostsee getroffen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Fischer zu gewährleisten. Für den Bereich der Nordsee sind die EU-Mitgliedstaaten im zuständigen regionalen Beratungsgremium (Scheveningen-Gruppe) grundsätzlich zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nutzung einer elektronischen Fernüberwachung („remote electronic monitoring“ (CCTV)) ein geeignetes Überwachungsinstrument im Zusammenhang mit der Anlandepflicht ist. Die konkrete Anwendung muss aber für die jeweilige Fischerei sowohl bezüglich des Verwaltungsaufwands der Behörden als auch für den betroffenen Fischereisektor einer Kosten-/Nutzen-Analyse unterzogen werden. 13. Inwieweit und mit welchen Maßnahmen setzt sich die Bundesregierung dafür ein, zu evaluieren, ob die derzeitige Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES. 2014. Advice basis. In Report of the ICES Advisory Committee 2014. ICES Advice, 2014. Book 1. Section 1.2.) ausreichend ist, um alle Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht (>BMSY)? Die wissenschaftliche Managementempfehlungen und ihre Grundlagen werden jedes Jahr im internationalen Konsens transparent durch den ICES erarbeitet, mehrfach unabhängig überprüft, durch den Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschuss für die Fischerei (STECF) der Kommission erneut begutachtet und dann mit der Europäischen Kommission, die die Vorschläge für die Fangmöglichkeiten der EU-Flotte vorlegen muss, erörtert. Ebenso werden Zielvorstellungen gemeinsam zwischen der Europäischen Kommission und ICES erarbeitet und Methoden und Ansätze, falls erforderlich, angepasst. Die derzeitige Grundlage der wissenschaftlichen Beratung für das Fischereimanagement erscheint daher ausreichend. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/5806 14. Inwieweit setzt sich die Bundesregierung dafür ein, unverzüglich fischereiliche Maßnahmen zu ergreifen, sobald Fischbestände unter die Referenzgröße BMSY fallen, um sie wieder auf das BMSY-Niveau herzustellen und dort zu halten? Bei einer korrekten wissenschaftlichen Berechnung des nachhaltigen Nutzungsgrades FMSY und entsprechender Fangoptionen ist ein mittel- und langfristiges Unterschreiten des BMSY nur möglich, wenn veränderte ökologische Bedingungen die Bestandsproduktivität beeinträchtigen, die fischereiliche Selektivität sich verändert (vermehrter Fang kleiner oder junger Individuen) oder die Implementierung der Fischereiregelungen unzureichend ist. In diesen Fällen unterstützt die Bundesregierung im Rahmen des EU-Rechts unverzügliche Maßnahmen zur Anpassung der Referenzwerte und Fangoptionen oder zur Verbesserung der Fischereiüberwachung, soweit sie erforderlich sind. 15. Wie und in welchem Rahmen wird die Bundesregierung darüber beraten, wie weit Populationen fischereilich genutzter Arten oberhalb des Niveaus für den höchstmöglichen Dauerertrag (BMSY) wiederhergestellt und erhalten werden sollen? Ist es vorgesehen, die Ergebnisse solcher Beratungen öffentlich zugänglich zu machen? Die Bewirtschaftung von fischereilich genutzten Fischpopulationen wird auf EU-Ebene geregelt, wo die Bundesregierung an der Beschlussfassung ebenso wie die übrigen 27 Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines Vorschlags der Europäischen Kommission mitwirkt. Dieser basiert auf den wissenschaftlichen Referenzwerte, die von ICES und STECF erarbeitet wurden. Die Berichte des ICES und STECF sind immer öffentlich. Der Zugang zu den Beratungen auf EU-Ebene selbst unterliegt dem einschlägigen EU-Recht. Drucksache 18/5806 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 15 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 16 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 17 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 18 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 19 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 20 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 21 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 22 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 23 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 24 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 25 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 26 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 27 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 28 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 29 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 30 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 31 – Drucksache 18/5806 Drucksache 18/5806 – 32 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333