Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. September 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/5968 18. Wahlperiode 10.09.2015 Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Abgeordneten Irene Mihalic, Katja Keul, Renate Künast, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/5854 – Gefährliche Chemikalien und andere Ausgangstoffe, die für die illegale Herstellung von Explosivstoffen missbraucht werden können V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Chemikalien werden immer wieder zur illegalen Herstellung von Explosivstoffen und Sprengsätzen missbraucht. Anschläge von Terroristinnen und Terroristen wurden oftmals mit selbst hergestellten Explosivstoffen verübt, die man durch frei verkäufliche Ausgangsstoffe herstellen kann. Zuletzt erregte ein Fall in Oberursel die öffentliche Aufmerksamkeit, bei dem zwei mutmaßliche Terroristen versucht hatten, in einem Baumarkt eine größere Menge Wasserstoffperoxid zu kaufen. Die in diesem Fall exemplarisch deutlich gewordene Gefahr ist der Grund für eine Vielzahl von Bestimmungen, die neben Abgabeverboten und Konzentrationsbeschränkungen insbesondere ein spezielles Meldewesen vorsehen. Dabei sind in erster Linie die Vorschriften der Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (Chemikalien-Verbotsverordnung – ChemVerbotsV) und die Verordnung (EU) Nr. 98/2013 über die Vermarktung und Verwendung von Ausgangsstoffen für Explosivstoffe von Bedeutung . In diesem Zusammenhang ist neben dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch das berechtigte wirtschaftliche Interesse an der ordnungsgemäßen Verwendung entsprechender Ausgangsstoffe zu berücksichtigen. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die derzeitigen Vorschriften ausreichend sind, um einen Missbrauch hinreichend zu erschweren. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung teilt die in der Anfrage zum Ausdruck kommende Sorge, dass durch Zugriff auf allgemein zugängliche Chemikalien und Verbraucherprodukte Terroristen mit dem entsprechenden Know-how in der Lage sind, Sprengsätze herzustellen und dadurch Leben und Gesundheit der Bürger zu gefährden. Sie weist jedoch darauf hin, dass es neben den in der Verordnung (EU) 98/2013 genannten Stoffen eine große Zahl anderer Stoffe gibt, deren Missbrauch zu ähnlichen Folgen führen könnte wie der der in der Verordnung genannten Stoffe. Sie betrachtet die in der Verordnung getroffenen Regelungen als einen angemessenen Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/5968 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Ausgleich zwischen den Erfordernissen der inneren Sicherheit und den Interessen der Bürger an der Nutzung der gelisteten Produkte. 1. Sind die festgelegten Konzentrationsgrenzwerte gemäß Anhang 1 der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 nach Einschätzung der Bundesregierung geeignet , das Schutzziel der Verordnung (die unrechtmäßige Herstellung von Explosivstoffen zu erschweren) zu erreichen? Die Konzentrationen wurden so gewählt, dass die direkte (einfache) Verwendung dieser Ausgangsstoffe zur Herstellung von Explosivstoffen nicht möglich ist; sie können jedoch ggf. durch entsprechende Aufarbeitungsverfahren z. B. Destillation , Auskristallisation, Aufkonzentration etc. in Ausgangsstoffe für die Herstellung von Explosivstoffen überführt werden. Die Aufarbeitungsverfahren erschweren die Verwendung und bedingen den Kauf größerer Mengen (als üblich), welche dann als „verdächtige Transaktionen“ auffallen würden. 2. Wie bewertet die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den festgelegten Konzentrationsgrenzwert für Wasserstoffperoxid von bis zu 35 Prozent gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 98/2013? Der festgelegte Konzentrationsgrenzwert für Wasserstoffperoxid von bis zu 35 Prozent stellt einen Kompromiss dar zwischen innerer Sicherheit, Umweltschutz und wirtschaftlichen Erwägungsgründen. Gemische mit einer Wasserstoffperoxidkonzentration bis 12 Gew.-Prozent können an Endverwender abgegeben werden, da dies der Konzentration z.B. in Kosmetika wie Haarfärbemitteln oder in Lösungen für medizinische Wundbehandlung entspricht. In vielen EU-Mitgliedstaaten wird Wasserstoffperoxid mit einer Konzentration von bis zu 35 Prozent von Endverwendern für die Desinfektion/Reinigung z. B. von Swimmingpools verwendet. Für den Konzentrationsbereich von mehr als 12 Gew.-Prozent bis 35 Gew.-Prozent besteht deshalb für die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 die Möglichkeit ein Registrierungssystem aufrechtzuerhalten bzw. einzurichten. 3. Hält die Bundesregierung die Stofflisten in Anhang 1 und Anhang 2 der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 aus kriminalistischer Sicht für vollständig oder müssten nach Einschätzung der Bundesregierung weitere Stoffe einbezogen werden? Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass diese Liste künftig erweitert werden dürfte, da Anträge anderer EU-Mitgliedstaaten diesbezüglich beim für die Beratung der EU-Kommission eingerichteten Ausschuss Standing Committee on Precursors (SCP) gestellt wurden. Im Hinblick auf die z. Zt. in der Verordnung über Verbote und Beschränkungen des Inverkehrbringens gefährlicher Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse nach dem Chemikaliengesetz (ChemVerbotsV) erfassten Stoffe wäre z. B. zu prüfen, ob Kaliumpermanganat in einen der Anhänge zur Verordnung (EU) 98/2013 aufgenommen werden sollte. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/5968 4. Hält die Bundesregierung in diesem Zusammenhang die Aufnahme von weiteren Stoffen in die ChemVerbotsV für angezeigt? Da die Verordnung (EU) Nr. 98/2013 in den Mitgliedstaaten unmittelbar gilt, hält die Bundesregierung die Aufnahme weiterer Stoffe in die ChemVerbotsV nicht für erforderlich. Vielmehr prüft die Bundesregierung vor diesem Hintergrund den bisherigen Regelungsumfang der nationalen Vorschriften im Rahmen der vorgesehenen Novellierung der ChemVerbotsV. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die rechtlichen Beschränkungen für die Abgabe von Kaliumnitrat und von Ammoniumnitrat, das in der Landwirtschaft vielfach verwendet wird? Die Bundesregierung hält die bestehenden rechtlichen Regelungen für die Abgabe der genannten Stoffe für angemessen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr, dass Art. 7 Abs. 3 c) der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 durch einen sukzessiven Ankauf jeweils geringer Mengen umgangen werden könnte? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Frage sich auf Artikel 8 Absatz 2 c) der Verordnung (EU) 98/2013 bezieht. Sie schließt nicht aus, dass versucht werden kann, die Regelung durch sukzessiven Ankauf kleiner Mengen der betroffenen Stoffe zu umgehen. Allerdings erschwert die Regelung den Kauf von größeren Mengen und damit indirekt auch eine missbräuchliche Nutzung. 7. Welche Maßnahmen wurden oder werden, nach Kenntnis der Bundesregierung , ergriffen, um der in Frage Nr. 6 beschriebenen Gefahr zu begegnen? Ohne zentrale Meldung und IT-gestützte Erfassung und Auswertung von Käufen können Kaufaktivitäten zielgerichtet nicht erkannt werden. Eine derartige Erfassung müsste mit Blick auf die EU-Freizügigkeit in einem europaweit vernetzten System erfolgen. Der Bundesregierung sind keine Aktivitäten auf europäischer Ebene bekannt, die auf eine Schaffung derartiger Register hinauslaufen. 8. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, ob es in der Vergangenheit Fälle von sukzessiven Ankäufen gab, um daraus Explosivstoffe herzustellen? (Bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stoffen und Mengen getrennt auflisten.) Mehrfachkäufe wurden in der Vergangenheit bekannt, jedoch nicht im Sinne des in der Frage dargestellten Szenarios der sukzessiven Anhäufung. Zu den „sonstigen Mehrfachkäufen“ sind keine weiteren Aussagen möglich. 9. Wurden nationale Kontaktstellen für die Meldung verdächtiger Transaktionen eingerichtet, wie in der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 vorgesehen und wie sind diese nach Kenntnis der Bundesregierung beschaffen? Der Arbeitskreis II der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder hat am 7. November 2014 im Umlaufverfahren beschlossen, dass die Landeskriminalämter als nationale Kontaktstellen für die Meldung verdächtiger Transaktionen im Sinne des Artikel 9 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 tätig werden. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/5968 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 10. Wie ist der Austausch zwischen dem Bundeskriminalamt und den Landesbehörden bei verdächtigen Transaktionen im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 nach Kenntnis der Bundesregierung organisiert, und wie beurteilt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang das Meldewesen für das Abhandenkommen bzw. den Diebstahl von Ausgangstoffen für Explosivstoffe? Der Austausch fallbezogener Informationen erfolgt über das Bundeskriminalamt als Koordinierungsstelle und die Landeskriminalämter als zuständige Kontaktstellen der Länder. Neben einer zentralen Koordinierung der Informationen erfolgen periodische Fachtagungen unter Federführung des Bundeskriminalamts, die auch der Evaluierung dienen. 11. Wie viele Meldungen über verdächtige Transaktionen sind nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 eingegangen? (Bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stoffen und Mengen getrennt auflisten.) Meldefälle im Sinne der Verordnung (EU) 98/2013 wurden bislang nur wenige festgestellt, für das Jahr 2014 bundesweit 26 Fälle zu den Stoffen Wasserstoffperoxid (8), Ammoniumnitrat (1), Kaliumnitrat (6), Kaliumperchlorat (4), Kaliumchlorat (4), Natriumchlorat (2), Ammoniumchlorat (1), Kaliumpermanganat (7) und Salpetersäure (1). Für das Jahr 2013 wurden zu den in der ChemVerbotsV erfassten Stoffen sieben Fälle bundesweit erfasst. Davon betrafen Wasserstoffperoxid drei Fälle und Kaliumpermanganat ein Fall. Die weiteren Fälle wurden keinem Stoff zugeordnet. In elf weiteren Fällen wurden Kaufversuche bzw. Diebstähle von für die Herstellung von Explosivstoff geeigneten Chemikalien gemeldet, von denen zwei unter die Verordnung (EU) 98/2013 und keiner unter die ChemVerbotsV fallen. 12. Liegen der Bundesregierung Informationen darüber vor, wie häufig und in welchen Mengen Ausgangstoffen für Explosivstoffe gestohlen werden, oder in anderer Weise abhandenkommen? (Bitte gegebenenfalls nach Jahren, Stoffen und Mengen getrennt auflisten.) Das Monitoring von Verdachtsfällen umfasst kein Monitoring von Diebstählen. Einzelfälle von Diebstählen werden den Landeskriminalämtern gemeldet. Eine spezifische Erfassung im Sinne der Fragestellung erfolgt jedoch nicht. 13. Gibt es nach Einschätzung der Bundesregierung weitere Maßnahmen, die ergriffen werden sollten, um dem Missbrauch von Chemikalien zur illegalen Herstellung von Explosivstoffen vorzubeugen? Die Bundesregierung prüft, ob das bestehende System von Sanktionierungen bei Verstößen gegen die Regelungen zur Abgabe der betroffenen Stoffe ergänzt werden muss. 14. Hält die Bundesregierung eine höhere Sensibilisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Fachgeschäften (Baumärkten, Apotheken, Drogerien etc.) in Bezug auf die Eignung der in Frage 1 genannten Stoffe zur Herstellung von Explosivstoffen für notwendig? Falls ja, strebt die Bundesregierung an, eine höhere Sensibilisierung zu erreichen und wenn ja wie (ggf. erstellte Leitfäden o. Ä. bitte beifügen)? Die Bundesregierung hält es für erforderlich, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Fachgeschäften wie etwa Baumärkte, Drogerien etc. für die Gefahr der Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/5968 missbräuchlichen Verwendung der von Ihnen vertriebenen Explosivstoffgrundstoffe ausdrücklich zu sensibilisieren. Wie schon vor Inkrafttreten der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 erfolgt der Kontakt über die einschlägigen Handels- und Industrieverbände. Diese wurden vom Bundesministerium des Innern bereits im Juni 2015 schriftlich über die geänderte Rechtslage informiert. Im August 2015 wurde den Verbänden eine gemeinsam vom Bundesministerium des Innern, dem Bundeskriminalamt und den Landekriminalämtern als Meldestellen im Sinne des Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 98/2013 erarbeitete Handreichung mit der Maßgabe übersandt, diese an Ihre Mitgliedsunternehmen und deren Mitarbeiter weiterzureichen (siehe Anlage). Des Weiteren wird im September 2015 ein Treffen mit den einschlägigen Verbänden im Bundesministerium des Innern stattfinden . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333