Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 29. September 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/6214 18. Wahlperiode 30.09.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Ulle Schauws, Lisa Paus, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/6002 – Andauernde Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften in den EDV-Systemen der Finanzverwaltung V o r b e me r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Trotz des heftigen politischen Widerstandes zunächst aus der Reihen der von der CDU, CSU und FDP regierten Bundesländer im Bundesrat (2001), danach der Großen Koalition (2005 bis 2009) und schließlich der schwarz-gelben Koalition (2009 bis 2013) wurde der Bundesregierung vom Bundesverfassungsgericht aufgetragen, Lebenspartnerinnen und Lebenspartner in allen Bereichen des Steuerrechts vollständig mit Ehegatten gleichzustellen (BVerfG, Beschluss vom 7. Mai 2013, 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07). Dennoch bedeutete dies nicht das Ende der verfassungs- und europarechtswidrigen Diskriminierung lesbischer und schwuler Paare. Weiterhin gibt es erhebliche Probleme bei den EDV-Systemen der Finanzverwaltungen. Obwohl die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits im Mai 2013 erging und die Gleichstellung der Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten im Juli 2014 gesetzlich nachvollzogen wurde, haben es die Finanzverwaltungen noch immer nicht geschafft, ihre EDV-Systeme an die Gleichstellung anzupassen . Lebenspartnerinnen und Lebenspartner können deshalb im EDV-System der Finanzverwaltungen nicht zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden . Sie werden als „Ehegatten“ in die EDV eingegeben und erhalten dann Einkommensteuerbescheide , auf der sie z. B. als „Frau Wolfgang Schäuble“ angeschrieben werden. Besonders ärgerlich ist das beim ELSTAM-System. Über ELSTAM rufen die Arbeitgeber die Steuerklassen ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab. Dort werden die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner noch immer mit der Steuerklasse I statt der Steuerklasse IV geführt. Wenn Lebenspartnerinnen und Lebenspartner ihre Steuerklassen in III und V ändern lassen, geht das nur per Bescheid, den die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner ihren Arbeitgebern vorlegen müssen. Sehr oft vergessen die Finanzämter dann offenbar, ELSTAM zu sperren. Dort werden die Lebenspartnerinnen und Lebenspartner weiter mit der Steuerklasse I geführt, was die Arbeitgeber verunsichert und für Betroffene viel Ärger und Klärungsarbeit bedeutet. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6214 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Die schon über zwei Jahre ausstehende Umstellung der EDV-Systeme an die neue Situation im Steuerrecht ist präzedenzlos. Es gab bisher keine Fälle, in denen die Finanzverwaltung so lange Steuerzahlerinnen und Steuerzahler trotz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und trotz der Entscheidung des Parlaments ungleich behandelt hat. Wie viele Gesetzentwürfe, wonach eingetragene Lebenspartnerschaften mit den Ehen im Steuerrecht gleichgestellt werden sollten, wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem Jahr 2001 von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und SPD abgelehnt? Das Abstimmverhalten von Fraktionen im Deutschen Bundestag fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Informationen zu einzelnen Gesetzentwürfen und deren Erörterung im Plenum des Bundestages sind über das Dokumentations- und Informationssystem des Deutschen Bundestages zugänglich . In wie vielen namentlichen Abstimmungen hat nach Kenntnis der Bundesregierung die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in ihrer Funktion als Mitglied des Deutschen Bundestages seit 2001 gegen eine Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit den Ehen im Steuerrecht gestimmt? Das Abstimmverhalten der Bundestagsabgeordneten Dr. Angela Merkel bei Abstimmungen im Deutschen Bundestag fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Bundesregierung. Die Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen sind allgemein über die Plenarprotokolle zugänglich. In wie vielen Antworten auf Große bzw. Kleine Anfragen haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung frühere Bundesregierungen seit dem Jahr 2001 gegen eine steuerliche Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit den Ehen ausgesprochen (bitte jeweils die Bundestagsdrucksache nennen)? Kleine und Große Anfragen und deren Antworten sind allgemein über das Dokumentations - und Informationssystem des Deutschen Bundestages zugänglich. Mit welchen Begründungen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die in Frage 3 angesprochenen Antworten versehen (bitte nach Bundestagsdrucksachen aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Wie viele Verfahren haben nach Kenntnis der Bundesregierung die deutschen Finanzbehörden wegen Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Ehen vor Gerichten verloren (bitte nach Jahren und Gerichten bzw. Instanzen aufschlüsseln)? Beklagte Behörden in Verfahren, in denen die steuerrechtliche Gleichstellung mit Eheleuten begehrt wurde, waren die Finanzämter und somit Landesfinanzbehörden . Der Bundesregierung liegen daher keine Erkenntnisse darüber vor, in wie vielen Verfahren die deutschen Finanzbehörden wegen Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Ehen vor Gericht verloren haben. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6214 Stellen nach Einschätzung der Bundesregierung die den verpartnerten Steuerzahlerinnen bzw. Steuerzahlern ausgestellten Einkommensteuerbescheide mit systembedingter falscher Geschlechtsangabe eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung dar? Nein. Die Darstellung erfolgt in der Regel mit der korrekten Geschlechtsangabe. Sofern diese nicht durch die EDV-Systeme sichergestellt werden kann, wird der Bescheid manuell durch die Bearbeiter und Bearbeiterinnen in den Finanzämtern angepasst. Eine Änderung der Darstellung in den Einkommensteuerbescheiden erfordert teilweise erhebliche Änderungen in den EDV-Systemen. Die notwendigen Änderungen sind beauftragt und befinden sich zurzeit in der Umsetzung. Die Verwaltungskompetenz und Verwaltungshoheit, insbesondere für die Einkommensteuer, liegt bei den Ländern. Dies gilt auch für das Layout der Steuerbescheide. Daher kann es sein, dass die erforderlichen Änderungen in den einzelnen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum Einsatz kommen. Stellt nach Einschätzung der Bundesregierung die Tatsache, dass beim ELSTAM-System Lebenspartnerinnen und Lebenspartner – anders als Ehegatten – noch immer mit der Steuerklasse I statt der Steuerklasse IV geführt werden, eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung dar? Nein. Lebenspartner haben die Möglichkeit, ebenfalls die Steuerklasse IV zu beantragen . Diese ist dann Grundlage für den Lohnsteuerabzug beim Arbeitgeber. So werden Lebenspartner wie Ehegatten behandelt. Für eine automatisierte Bildung der Steuerklasse IV bei Eingehen einer Lebenspartnerschaft in den EDV-Systemen fehlt zurzeit noch die rechtliche Grundlage. Diese wird mit Anpassung der Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung und dem Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes am 1. November 2015 geschaffen . Erst dann dürfen die Meldebehörden zwingend für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale im ELStAM-Verfahren erforderliche Daten (steuerliche Identifikationsnummer der Lebenspartnerin bzw. des Lebenspartners) an die Finanzverwaltung übermitteln. Nach derzeitigen Planungen werden die EDV-Systeme der Finanzverwaltung ebenfalls zum 1. November 2015 umgestellt. Ab diesem Zeitpunkt kann beim Eingehen einer Lebenspartnerschaft bei beiden Lebenspartnern automatisiert die Steuerklasse I in Steuerklasse IV geändert werden. Für bis zum 1. November 2015 eingegangene Lebenspartnerschaften müssen die erforderlichen Daten für die Bildung der ELStAM rückwirkend ggf. durch die Meldebehörden erhoben und an die Finanzverwaltung übermittelt werden. Dies wird vorrausichtlich im März 2016 vollständig abgeschlossen sein. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6214 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Stellt nach Einschätzung der Bundesregierung die Tatsache, dass bei der Änderung der Steuerklassen in III und V Lebenspartnerinnen und Lebenspartner – anders als Ehegatten – ihren Arbeitgebern einen Bescheid vorlegen müssen, eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung dar? Nein. Eine Bescheinigung muss nur vorübergehend vorgelegt werden, bis die EDV-Systeme umgestellt sind und die erforderlichen Daten zur Bildung der ELStAM der Finanzverwaltung übermittelt wurden. Dies ist erst mit Inkrafttreten der gesetzlichen Grundlage möglich (vgl. Antwort zu Frage 7.). Anschließend müssen Lebenspartner keine Bescheinigung mehr vorlegen. Dann kann eine Änderung der Steuerklasse, z. B. in Steuerklasse III, auch innerhalb des ELStAM-Verfahrens, wie bei Ehegatten, ohne gesonderte Bescheinigung umgesetzt werden. Wie lange werden eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner nach Einschätzung der Bundesregierung noch warten müssen, bis die im Mai 2013 vom Bundesverfassungsgericht entschiedene Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften mit Ehen im Steuerrecht in den EDV-Systemen der Finanzverwaltung berücksichtigt werden? Auf die Antworten zu den Fragen 6 bis 8 wird verwiesen. Wie war nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren die durchschnittliche Zeit für die Anpassung der EDV-Systeme der Finanzverwaltung an die neuen Steuergesetze soweit Ehegatten betroffen waren? Die Anpassung der EDV-Systeme aufgrund gesetzlicher Regelungen hat höchste Priorität. Sie werden in der Regel zum gesetzlichen Termin umgesetzt. Trifft die Bundesregierung angesichts der Rechtsentwicklung in vielen Nachbarländern und angesichts der laut Meinungsumfragen breiten Befürwortung der Forderung nach „Ehe für alle“ in der Bevölkerung Vorkehrungen dafür, dass im Falle einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare die Steuerverwaltungen und andere Verwaltungen eine reibungslose und diskriminierungsfreie Umsetzung der rechtlichen Gleichstellung gewährleisten können? Für das Treffen von Vorkehrungen, z. B. die Anpassung von EDV-Systemen, sind entsprechende Ressourcen erforderlich. Diese werden bei gegebener Haushaltsreife eingeworben. Hierfür ist eine gesetzliche Regelung bzw. ein Beschluss der Bundesregierung zur Schaffung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung erforderlich . 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