Deutscher Bundestag Drucksache 18/632 18. Wahlperiode 20.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Claudia Roth (Augsburg), Annalena Baerbock, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/446 – Die Beschlüsse von Bali, bilaterale Handels- und Investitionsschutzabkommen und die Auswirkungen auf Entwicklungsländer Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In der globalen Handelspolitik sind grundlegende Umbrüche zu beobachten. Zum einen einigten sich am 7. Dezember 2013 159 Länder im Rahmen der WTO-Ministerkonferenz (WTO: World Trade Organisation, Welthandelsorganisation ) auf Bali erstmals auf einige Aspekte der Doha-Entwicklungsrunde. Der Prozess war geprägt von Auseinandersetzungen zwischen Entwicklungs-, Schwellen- und Industrieländern. Vor allem Indien hatte als Koordinator einer Gruppe von über 40 Entwicklungsländern (G33) gefordert, im Zuge der BaliBeschlüsse müssten die WTO-Regeln angepasst werden, um Programme für Ernährungssicherheit leichter möglich zu machen. Im Zentrum stand dabei ein indisches Programm, mit dem Nahrungsmittel für 820 Millionen Menschen subventioniert werden. Nach den bisherigen Regeln konnte dies als handelsverzerrende Subvention deklariert und durch Handelssanktionen geahndet werden. Gleichzeitig verhandeln die wirtschaftsstärksten Nationen und Regionen, wie die Europäische Union (EU), die USA und China, jeweils bilaterale Freihandelsund /oder Investitionsschutzabkommen. Seit Sommer 2013 laufen die Verhandlungen zwischen den USA und der EU über ein transatlantisches Freihandelsund Investitionsschutzabkommen (TTIP). Am 18. Oktober 2013 erteilten die EU-Mitgliedstaaten das Mandat für die Aushandlung eines Investitionsschutzabkommens mit China und bereits seit einigen Jahren verhandelt China mit den USA über ein Investitionsschutzabkommen, das ähnlich ausgestaltet sein soll wie das europäisch-chinesische Abkommen. Das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik spricht von einem „sich herausbildenden Dreieck […] globaler Investitionsregeln “ (www.die-gdi.de, Die aktuelle Kolumne vom 7. Oktober 2013 „Ein europäisches Investitionsabkommen mit China: Begrenzte Wirkung, aber globale Bedeutung). In bilateralen Verhandlungen werden so globale Standards Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 19. Februar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. gesetzt, die als Blaupause für Abkommen mit Entwicklungsländern dienen könnten oder sich als vorherrschender globaler Standard durchsetzen, dem sich alle anpassen müssen. Die Entwicklungsländer sind bei diesen Verhandlungen außen vor. Drucksache 18/632 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 1. Welche konkreten Vorteile für Entwicklungsländer sieht die Bundesregierung durch die Bali-Beschlüsse der WTO? Durch die Beschlüsse der 9. WTO-Ministerkonferenz in Bali ist das multilaterale Handelssystem der WTO nachdrücklich gestärkt worden. Die Einigung in Bali war wichtig, um Bewegung in die ins Stocken geratene Doha-Welthandelsrunde zu bringen. Dies liegt insbesondere auch im Interesse der Entwicklungsländer , um diese weiter in das multilaterale Handelssystem zu integrieren. Von dem Herzstück der Bali-Beschlüsse, dem Abkommen über Handelserleichterungen , werden auch die Entwicklungsländer profitieren. Darüber hinaus sind im Interesse und auf Wunsch der Entwicklungsländer Beschlüsse gefasst bzw. bekräftigt worden zur öffentlichen Lagerhaltung und Nahrungsmittelsicherheit, zur Vereinfachung der Ursprungsregeln, für zoll- und quotenfreien Marktzugang zugunsten der am wenigsten entwickelten Länder, zum Monitoring-Mechanismus , zur Sonder- und Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern sowie zum Thema Baumwolle. Auch zur Umsetzung einer früheren Ausnahmeentscheidung der WTO-Ministerkonferenz für Handelspräferenzen im Dienstleistungsbereich zugunsten der am wenigsten entwickelten Entwicklungsländer wurde auf Bali ein Umsetzungsprogramm beschlossen, das mittelfristig deren Dienstleistungsexporteuren nutzen wird. 2. Wie genau soll der Überwachungsmechanismus zur besseren Verankerung des Prinzips der Sonder- und Vorzugsbehandlung von Entwicklungsländern im Welthandelssystem (www.bundesregierung.de, vom 9. Dezember 2013, „Handelsschranken abbauen“) ausgestaltet sein? a) Welche Aufgaben sollen über den Mechanismus abgewickelt werden? b) Welche Kompetenzen soll der Mechanismus erhalten? Die Aufgaben und Kompetenzen des Monitoring-Mechanismus ergeben sich aus den Beschlüssen der 9. WTO-Ministerkonferenz. Sie sind abrufbar unter www.bmwi.de/Dateien/BMWi/PDF/Monatsbericht/Auszuege/01-2014- handelspolitik,property=pdf,bereich=bmwi2012,sprache=de,rwb=true.pdf. 3. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung Programme, wie das, mit dem die indische Regierung Nahrungsmittel für arme Teile der Bevölkerung zu festgelegten Preisen bereitstellt? Die Bundesregierung begrüßt die dazu erreichte Verständigung bei der 9. WTOMinisterkonferenz . Aus Sicht der Bundesregierung können Programme der öffentlichen Lagerhaltung ein Mittel zur Gewährleistung der Nahrungsmittelsicherheit sein. Wichtig war aus Sicht der Bundesregierung, dass insbesondere im Falle der Veräußerung von Beständen aus Maßnahmen der öffentlichen Lagerhaltung die jeweiligen WTO-Mitglieder sicherstellen müssen, dass diese Exporte nicht zu Beeinträchtigungen auf den Märkten wie auch der Ernährungssicherheit anderer WTO-Mitglieder führen. 4. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung, dass Indien durch den in Bali gefundenen Kompromiss verstärkt bestimmte Lebensmittel zu festgelegten Preisen von Kleinbauern ankaufen und armen Teilen der Bevölkerung bereitstellen kann? Die Bundesregierung begrüßt den in Bali gefundenen Kompromiss. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/632 5. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung Forderungen der indischen „Right to Food Campaign“, weitere Nahrungsmittel wie Linsen, Milch oder Obst in das bestehende Programm mit aufzunehmen, um für alle nicht nur eine ausreichende, sondern auch eine ausgewogene Ernährung zu ermöglichen ? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass Indien selbst über die Aufnahme von Nahrungsmitteln in das bestehende Programm im Rahmen des von der WTO-Ministerkonferenz festgelegten Rahmens entscheiden sollte. 6. Wäre eine solche Ausweitung des Programms nach Auffassung der Bundesregierung nach den Bali-Beschlüssen zulässig? Die Bundesregierung weist darauf hin, dass dies von den zuständigen WTO-Institutionen zu beurteilen ist. 7. Wie bewertet die Bundesregierung, dass der auf Bali gefundene Kompromiss nur für bereits bestehende Nahrungsmittelhilfeprogramme gilt, viele andere Länder also derartige Programme über einer bestimmten Größenordnung nicht mehr auflegen können? Die Bundesregierung begrüßt den bei der 9. WTO-Ministerkonferenz gefundenen Kompromiss. Er ist Ausdruck dessen, was angesichts der sehr unterschiedlichen Interessen auch im Kreis der Entwicklungsländer nach sehr schwierigen Verhandlungen erreicht werden konnte. Die Bundesregierung wird sich in den Verhandlungen über eine dauerhafte Lösung dafür einsetzen, dass eine Regelung gefunden wird, die die legitimen Interessen der Staaten im Bereich der Ernährungssicherung wahrt. 8. Welche Mechanismen der Nahrungsmittel-Preis-Kontrolle hält die Bundesregierung , gerade in Entwicklungsländern, für sinnvoll, um Nahrungsmittelkrisen vorzubeugen und die Ernährungssicherung im eigenen Land zu gewährleisten (bitte begründen)? Ob Mechanismen der Nahrungsmittel-Preis-Kontrolle sinnvoll und zielführend sind, um Nahrungsmittelkrisen vorzubeugen und die Ernährungssicherung im eigenen Land zu gewährleisten, kann von der Bundesregierung nicht generell beantwortet werden. Grundsätzlich muss bei Eingriffen in die Preisbildung immer auch das Risiko negativer Einflüsse auf die Agrarerzeugung in Drittländern betrachtet werden. Diese Abwägung ist primär Aufgabe der betroffenen Länder selbst. Hierbei ist aus Sicht der Bundesregierung insbesondere zu berücksichtigen , dass die Rahmenbedingungen in den verschiedenen Entwicklungsländern zu unterschiedlich sind, um generelle Aussagen zu treffen. 9. Hält die Bundesregierung es für zielführend für die Beurteilung, ob eine Subventionierung von Nahrungsmitteln vorliegt, Vergleichspreise aus den Jahren 1986 bis 1988 anzulegen, wie das durch das WTO-Agrarabkommen (AoA) aus dem Jahr 1994 festgelegt ist? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die Vereinbarungen auf Ebene der WTO, wie sie in den verschiedenen Abkommen niedergelegt sind, eingehalten werden sollten. Das gilt auch für das WTO-Agrarabkommen. Darüber hinaus weist die Bundesregierung darauf hin, dass Inhalte des WTO-Agrarabkommens Gegenstand der laufenden WTO-Verhandlungen der Doha-Runde sind. Auch zur Nahrungsmittelhilfe hat die 9. WTO-Ministerkonferenz in Bali beschlossen, Drucksache 18/632 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode über die vereinbarte Interimslösung hinaus eine endgültige Lösung zu prüfen und diese bei der 11. WTO-Ministerkonferenz zu beschließen. 10. Verschaffen die europäischen Agrarsubventionen europäischen Produzentinnen und Produzenten einen Vorteil im Vergleich zu Kleinbäuerinnen und Kleinbauern in Entwicklungsländern? Wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht? Nein. Die Höhe von Agrarsubventionen allein entscheidet noch nicht über einen Vorteil. Global entscheidend sind vielmehr ihre Zielgerichtetheit im Zusammenspiel mit der Produktivität der Produktionsverfahren bzw. der Faktorausstattung landwirtschaftlicher Betriebe. Die europäischen Agrarsubventionen sind nahezu vollständig an den Vorgaben im Anhang II des WTO-Agrarabkommens ausgerichtet , der Maßnahmen festlegt, bei denen nicht oder nur minimal mit negativen Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft in Drittstaaten zu rechnen ist (sog. Green Box). Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinbäuerlichen Betrieben in Entwicklungsländern müssen zudem die nationalen handelspolitischen Spielräume erhalten und ein umfassendes Bündel von Maßnahmen zur Förderung der Landwirtschaft geschnürt werden. 11. Inwiefern unterstützt die Bundesregierung die Ankündigung von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos im Rahmen der Grünen Woche, die Exportbeihilfen abzuschaffen, und wie könnte diese Ankündigung kurz nach Abschluss der jüngsten Reform der europäischen Agrarpolitik schnellstmöglich umgesetzt werden? Die Bundesregierung unterstützt die Ankündigung von EU-Agrarkommissar Dacian Cioloş, die Exportbeihilfen abzuschaffen. In den vergangenen Jahren sind die EU-Exporterstattungen bereits kontinuierlich abgesenkt worden. Sie sind in Zukunft nur noch in Ausnahmefällen bei extremen Marktsituationen zulässig . Haushaltsmittel speziell für Exporterstattungen sind im EU-Haushalt nicht mehr vorgesehen. Für einen dauerhaften, verbindlichen Verzicht fehlt es aber an der Bereitschaft einiger anderer EU-Mitgliedstaaten. 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass bei den Verhandlungen auf Bali die Frage der internen Unterstützung (z. B. Agrarsubventionen ) ausgeklammert war, und hatte sie sich dafür oder dagegen eingesetzt , diese Frage auszuklammern? Bei der 9. WTO-Ministerkonferenz in Bali sind Fragen des Marktzugangs für Agrarprodukte und der internen Stützung wie auch des Marktzugangs für Industriegüter und Dienstleistungen nicht behandelt worden, weil aus Sicht der Bundesregierung und der EU sowie auch nach Einschätzung der übrigen WTO-Mitglieder keine realistische Perspektive für eine Verständigung bestand. 13. Welche Förderinstrumente in der Agrarpolitik haben aus Sicht der Bundesregierung international marktverzerrende Wirkung, und welche nicht (bitte Instrumente auflisten und im Sinne der Frage bewerten)? Die WTO hat Agrarsubventionen nach dem Grad der Handelsverzerrung kategorisiert . Handelsverzerrend sind danach Preisstützungen und produktionsbezogenen Subventionen ohne Mengenbeschränkungen (sog. Amber Box-Zahlungen). Dazu gehören Interventionspreise, die über dem WTO-Referenzpreis liegen. Als handelsverzerrend werden auch Exporterstattungen angesehen. Teilweise han- Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/632 delsverzerrend sind sog. Blue Box-Zahlungen als preisunabhängige Direktzahlungen mit Mengenbegrenzungen. Nicht handelsverzerrend sind Maßnahmen, die den Vorgaben in Anhang II des Agrarabkommens entsprechen, der festlegt, bei welchen Maßnahmen nicht oder nur minimal mit negativen Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft in Drittländern zu rechnen ist, sog. Green Box-Zahlungen . Hierzu gehören u. a. produktionsunabhängige Direktzahlungen oder Ausgleichszahlungen für Umweltmaßnahmen. 14. Wie bewertet die Bundesregierung die auf Bali verabschiedete Ministererklärung zu Agrarexportsubventionen, und rechnet sie damit, dass diese wirksamer wird, als die Erklärung aus dem Jahr 2005 zu Baumwollsubventionen ? Wenn ja, warum? Die Ministererklärung von Bali zu Agrar-Exportsubventionen unterstreicht und bekräftigt den Willen, diese abzubauen. Die bisher erreichten Fortschritte werden dabei ausdrücklich gewürdigt und es wird klargestellt, dass eine parallele Abschaffung aller Formen von Exportsubventionen erfolgen sollte. Eine Beziehung zu der Erklärung aus dem Jahr 2005 zu Baumwollsubventionen kann von der Bundesregierung nicht hergestellt werden. 15. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass der im Jahr 2005 vonseiten der Industrieländer laut der Erklärung versprochene schnellstmögliche Abbau von Subventionen für Baumwolle bis heute kaum vorangebracht wurde? Die Bundesregierung und auch die EU haben sich für den schnellstmöglichen Abbau von Subventionen für Baumwolle eingesetzt. Der vom vormaligen WTO-Generaldirektor Pascal Lamy eingesetzte „Consultative Framework Mechanism on Cotton“ wurde von den WTO-Mitgliedern in Bali als wichtiger Beitrag der Entwicklungshilfe im Bereich Baumwolle gewürdigt. Substanzielle Fortschritte beim Subventionsabbau konnten insbesondere wegen des Widerstands von Seiten der USA noch nicht gemacht werden. 16. Inwiefern hält die Bundesregierung das auf Bali vereinbarte Komitee für sinnvoll, das den Abbau der Baumwollsubventionen nun alle zwei Jahre beraten soll, um mittelfristig den Abbau der Subventionen voranzubringen? a) Welche Befugnisse soll dieses Komitee erhalten? b) Welche Zielmarken wurden für die Arbeit des Komitees anvisiert? Die Bundesregierung begrüßt die Ministerentscheidung zu Baumwolle, mit der unter anderem festgelegt wurde, dass im WTO-Agrarausschuss in Sondersitzungen spezifische Diskussionen zur Überprüfung handelsrelevanter Entwicklungen im Bereich Baumwolle abgehalten werden sollen, um Transparenz und Monitoring zu Handelsaspekten im Bereich Baumwolle zu stärken. Die Befugnisse und Ziele dieser Diskussionen sind in der Ministererklärung festgehalten. 17. Erachtet es die Bundesregierung als problematisch, dass der Abbau der Baumwollsubventionen laut der Beschlüsse von Bali nur auf freiwilliger Basis vereinbart wurde, während die Nahrungsmittelhilfeprogramme verbindlich eingeschränkt wurden? Die Bundesregierung hätte verbindlichere Regelungen zum Abbau von Baumwollsubventionen begrüßt. Die Nahrungsmittelhilfeprogramme wurden nach Drucksache 18/632 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Auffassung der Bundesregierung durch die Verständigung der 9. WTO-Ministerkonferenz in Bali nicht eingeschränkt; vielmehr wurde ihre Zulässigkeit mit der vereinbarten Interimslösung erweitert. 18. Befürwortet die Bundesregierung eine verbindliche Regelung in Bezug auf Baumwollsubventionen? Wenn ja, wie sollte diese ausgestaltet sein, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung befürwortet eine verbindliche Regelung in Bezug auf Baumwollsubventionen. Eine Festlegung über die Ausgestaltung hat die Bundesregierung nicht getroffen, weil dies im Rahmen der EU zu diskutieren und zu entscheiden wäre. 19. Erachtet es die Bundesregierung als problematisch, dass nach dem bestehenden Agrarabkommen Baumwollsubventionen und Exportsubventionen für Baumwolle weiter zulässig sind, während der Ankauf von Lebensmitteln für Nahrungsmittelhilfeprogramme zu staatlich festgesetzten Preisen nur eingeschränkt möglich ist? Auf die Antwort zu Frage 17 wird verwiesen. 20. Wie genau sollen die Unterstützungsleistungen ausgestaltet sein, die die Industrieländer den Entwicklungsländern auf Bali zum Aufbau von Kapazitäten zur Umsetzung der neuen Regelungen im Bereich der Handelserleichterungen (u. a. einheitliche Zollabfertigung, Digitalisierung) versprochen haben? a) Welche technische Unterstützung hat Deutschland hier zugesagt? b) Welche finanziellen Zusagen hat Deutschland hier gemacht? c) Wie soll die Unterstützung ausgestaltet sein, wenn es, wie EU-Handelskommissar Karel De Gucht auf einer Pressekonferenz erklärte, zutrifft, dass die EU keinerlei neue Finanzmittel dafür zur Verfügung stellt? d) Zu Lasten welcher bisherigen Finanzierungen im Bereich Aid for Trade gehen ggf. die neuen Finanzierungen? Entscheidungen über Unterstützungsleistungen können erst getroffen werden, wenn der konkrete Unterstützungsbedarf erfasst ist. Zu diesem Zweck werden derzeit Bedarfsanalysen durch die Entwicklungsländer im Rahmen der WTO (sog. Trade Facilitation Needs Assessments) durchgeführt. Auf Basis dieser Analysen wird die Bundesregierung prüfen, in welchem Umfang sie, in Abstimmung und Zusammenarbeit mit anderen Gebern und multilateralen Institutionen , zur Deckung dieses Bedarfs beitragen kann und welche Unterstützungsinstrumente und -maßnahmen am besten geeignet sind, den jeweiligen Unterstützungsbedarf zu decken. Die konkreten Unterstützungsleistungen müssen dann im Einzelfall auf den Bedarf des jeweiligen Empfängers zugeschnitten sein. 21. Wie wird das Expertenkomitee zusammengesetzt sein, das darüber entscheidet , ob Entwicklungsländer eine Fristverlängerung zur Umsetzung der Bestimmungen der Bali-Beschlüsse erhalten, wie es vorgesehen ist, und welche Kompetenzen soll das Komitee erhalten? Derzeitiger Stand ist, dass der vorbereitende Ausschuss für Handelserleichterungen – unter dem Allgemeinen Rat – die Funktion hat, soweit erforderlich, das Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/632 rasche Inkrafttreten des Abkommens zu gewährleisten und die effiziente Durchführung des Abkommens nach dessen Inkrafttreten vorzubereiten und zu gewährleisten . Das Vorbereitungskomitee führt insbesondere die rechtliche Überprüfung des Abkommens durch, nimmt die Benachrichtigungen der Kategorie A Verpflichtungen entgegen und erarbeitet ein Änderungsprotokoll um das Abkommen in Anhang 1A des WTO-Übereinkommens einzufügen. Die Zusammensetzung eines Expertenkomitees steht noch nicht fest. 22. Welche Teile der Beschlüsse von Bali sind a) im Europäischen Parlament zustimmungspflichtig, b) im Deutschen Bundestag zustimmungspflichtig oder c) in keinem Parlament zustimmungspflichtig? Die Europäische Kommission und die Bundesregierung prüfen diese Fragen gegenwärtig für das Abkommen für Handelserleichterungen. Im Übrigen sind aus Sicht der Bundesregierung die weiteren Beschlüsse der Ministerkonferenz von Bali im Europäischen Parlament und im Deutschen Bundestag nicht zustimmungspflichtig . 23. Welche weiteren Schritte für die Fortsetzung der WTO-Handelsrunde wurden während und seit der Konferenz auf Bali beschlossen? Die 9. WTO-Ministerkonferenz auf Bali hat sich in der Ministererklärung auf die Erarbeitung eines „Post-Bali-Arbeitsprogramms“ verständigt (die Ministererklärung liegt als Anlage bei). Im Nachgang zur Ministerkonferenz in Bali ist der Botschafter der Philippinen, Esteban B. Conejos, als Vorsitzender des neu gegründeten Ausschusses für Handelserleichterungen bestimmt worden; dieser Ausschuss ist zur Umsetzung des Abkommens über Handelserleichterungen vorgesehen. G. D. Azevędo beauftragte die Vorsitzenden der WTO-Ausschüsse, die Diskussionen zum post-Bali-Arbeitsprogramm in ihren Ausschüssen zu starten und die Ergebnisse der Meinungsbildung am 14. März 2014 dem Allgemeinen Rat (AR) zu präsentieren. 24. Welches sind die wichtigsten Themen, die die Bundesregierung in weiteren Verhandlungen auf die Tagesordnung zu setzen plant? Die Bundesregierung ist zusammen mit anderen Mitgliedstaaten der EU und der Europäischen Kommission derzeit in einem Diskussionsprozess über die Frage, wie das von der Ministerkonferenz beschlossene Post-Bali-Arbeitsprogramm inhaltlich ausgestaltet werden kann. Festlegungen liegen hierzu noch nicht vor. Wenn Marktzugangsfragen im Agrarbereich auf die Tagesordnung gesetzt werden sollten, dann sollten auch Fragen der Marktöffnung für Industriegüter weiter behandelt werden. 25. Wird die Bundesregierung künftig vornehmlich auf eine Fortsetzung der Verhandlungen in der WTO oder verstärkt auf bilaterale Handels- und Investitionsschutzabkommen setzen? Die Handelsverhandlungen im multilateralen Rahmen der WTO sind aus Sicht der Bundesregierung und auch für die Europäische Kommission weiterhin prio- ritär. Ergänzend dazu unterstützt die Bundesregierung auch den Abschluss bilateraler Handelsabkommen durch die Europäische Kommission. Drucksache 18/632 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 26. Haben die bilateralen Verhandlungen zwischen der EU und den USA aus Sicht der Bundesregierung Auswirkungen auf den Ausgang der WTOVerhandlungen im Rahmen der Doha-Runde? Die Auswirkungen der Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein bilaterales Freihandelsabkommen auf die weiteren Verhandlungen zur DohaRunde können nicht prognostiziert werden. Die Bundesregierung strebt an, dass bilaterale Verhandlungen der EU über Freihandelsabkommen das multilaterale System der WTO stärken, wie dies auch im Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission für Verhandlungen mit den USA niedergelegt ist. 27. Inwiefern werden die durch die bilateralen Freihandelsabkommen erzielten Reduzierungen von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen gemäß des Meistbegünstigungsprinzips im Rahmen der WTO auch auf Entwicklungsländer übertragen, und falls ja, welche Auswirkungen für diese erwartet die Bundesregierung? Die EU hat ein differenziertes System von präferenziellen Marktzugangsregelungen für die Entwicklungsländer im tarifären Bereich, was unabhängig von Freihandelsabkommen gilt und den spezifischen Entwicklungsstand berücksichtigt . Zollabbauvereinbarungen in bilateralen Freihandelsabkommen dagegen werden nicht automatisch auf die Entwicklungsländer übertragen. Beim Abbau von nicht-tarifären Handelshemmnissen ist zu erwarten, dass solche Regelungen sich auch positiv für Anbieter aus Drittstaaten, einschließlich der Entwicklungsländer auswirken können. 28. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass bei der Aushandlung internationaler Freihandels- und Investitionsabkommen auch Transparenz und Beteiligung der Zivilgesellschaft gewährleistet sein muss (bitte begründen)? Eine hohe Transparenz des Verhandlungsprozesses und eine angemessene Beteiligung der Zivilgesellschaft bei Freihandels- und Investitionsabkommen ist für die Bundesregierung ein wichtiges Anliegen. 29. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik , dass in den Verhandlungen zum EU-USA-Freihandelsabkommen TTIP, zum EU-Kanada-Freihandelsabkommen CETA und zu den Investitionsabkommen zwischen der EU, den USA und China Standards gesetzt werden könnten, die dann künftig auch in Entwicklungsländern Anwendung finden? Sofern in diesen Abkommen Verständigungen über Standards erzielt werden, können diese beispielgebend sein. Ob sie auch in Entwicklungsländern angewandt werden, kann nicht prognostiziert werden und hängt von der souveränen Entscheidung der jeweiligen Länder ab. Für Exporteure aus Entwicklungsländern wäre es hilfreich, wenn sie nur einen einheitlichen Standard auf den genannten Märkten einhalten müssten. a) Welche Probleme würden sich aus einem solchen Fall aus Sicht der Bundesregierung für Entwicklungsländer ergeben? Hierzu kann die Bundesregierung derzeit keine Aussagen treffen. Gegebenenfalls sind Instrumente der Entwicklungspolitik einzusetzen, um entwicklungs- störenden, auch indirekten Folgen in Entwicklungsländern effektiv entgegenzuwirken . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/632 b) Sieht die Bundesregierung ein Problem darin, dass Entwicklungs- und Schwellenländer bei den o. g. Verhandlungen nicht einbezogen werden , obwohl es möglich ist, dass die Standardsetzung bei Abschluss zur globalen Norm werden wird? Standards, die im Rahmen bilateraler Abkommen vereinbart werden, können eine Vorbildfunktion haben, führen aber nicht zu einem globalen Standard. Die Bundesregierung und auch die EU streben an, Verständigungen über Standards wenn möglich im internationalen Rahmen zu treffen. Sofern dies geschieht, erfolgt dies im Rahmen der Entscheidungsfindung der jeweiligen internationalen Gremien. 30. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, dass durch die angestrebten Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA bzw. der EU und Kanada Handelsströme aus Entwicklungsländern abgezogen werden könnten? Verschiedene Studien beleuchten die Auswirkungen einer vertieften Partnerschaft der EU mit den USA bzw. Kanada auf die Handels- und Wachstumsentwicklung in Schwellenländern. Da infolge einer stärkeren Handelsintegration sowohl handelsumlenkende als auch – infolge globaler Wertschöpfungsketten und Standardharmonisierung – handelsschaffende Effekte generiert werden können, hängt eine Quantifizierung der Gesamtwirkung wesentlich von den jeweiligen Modellspezifikationen ab. Während in einigen Studien, vor allem bei Beschränkung auf Zollabbau zwischen den USA und der EU, die Effekte der Handelsumlenkung überwiegen und negative Auswirkungen für Entwicklungsländer prognostiziert werden (z. B. Bertelsmann-Studie) kommt beispielsweise eine Studie des Centre for Economic Policy Research zu positiven Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Handelsentwicklung in Schwellenländern infolge stärkerer handelsschaffender Effekte (Reducing Transatlantic Barriers to Trade and Investment – An Economic Assessment, Final Project Report, March 2013, Centre for Economic Policy Research, London). a) Welche Schlussfolgerungen und Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Bertelsmann-Studie vom Juni 2013, die die Entwicklungsländer als Verlierer eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA sieht? Siehe oben. b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung unternommen, Entwicklungsländer in die Verhandlungen mit den USA einzubeziehen? Die Verhandlungen werden für die EU von der Europäischen Kommission geführt . Drittstaaten werden bei bilateralen Verhandlungen in der Regel nicht einbezogen . Gesamtherstellung: H. 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