Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 5. November 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/6619 18. Wahlperiode 09.11.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Friedrich Ostendorff, Nicole Maisch, Harald Ebner, Matthias Gastel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Umsetzung von Tierschutzankündigungen innerhalb der 18. Wahlperiode im Bereich der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung – Drucksache 18/6458 – V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, „die kritische Diskussion zur Tierhaltung in der Gesellschaft“ aufzunehmen. Des Weiteren wurden vom Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Christian Schmidt, bereits zahlreiche Ankündigungen zu mehr Tierschutz gemacht. Laut dem Bundesminister soll Deutschland sogar „Trendsetter beim Tierwohl“ werden (www.bmel.de „Tierwohl-Initiative feiert ersten Jahrestag. Deutschland soll Trendsetter werden“) und er selbst der „Tierwohlminister“ (www.topagrar.com vom 5. Oktober 2015 „Schmidt will Tierwohlminister werden“). Im September 2014 startete Bundesminister Christian Schmidt die „Tierwohl -Initiative des BMEL“(BMEL: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft). In diesem Rahmen gab der Bundesminister als Ziel aus: „Am Ende dieser Legislaturperiode muss es den Tieren besser gehen als heute.“ Im Rahmen der Initiative „Eine Frage der Haltung“ wurde in diesem Jahr mit Vertreterinnen bzw. Vertretern der deutschen Geflügelwirtschaft die Initiative „Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen“ verabschiedet . Im Anhang der Vereinbarung werden Empfehlungen zur Aufzucht von Junghennen sowie zur Haltung von Legehennen gegeben, die dazu dienen, Federpicken und Kannibalismus zu verhindern, und die sich zum Teil auf die Empfehlungen des Tierschutzplans Niedersachsens stützen. Allerdings bezieht sich das geplante Unterlassen des Schnabelkürzens nur auf Putenhennen und nicht auch auf die Putenhähne, während in Niedersachsen für alle Puten ein Verbot ab dem Jahr 2018 gilt. Ferner fehlen wichtige Maßnahmen, wie zum Beispiel die Reduzierung der Besatzdichte beim Auftreten von Federpicken. Im April 2014 hat Bundesminister Christian Schmidt zusammen mit den entsprechenden Ministern und Ministerinnen aus Schweden, Dänemark und den Niederlanden eine „Request for revision of Council Directive 2008/120/EC“ unterschrieben. Darin fordert er die Europäische Kommission auf, Vorschläge zu machen, die den Tieren mehr Platz als bisher garantieren sowie die operativen Kastrationen zu reduzieren. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Im Dezember 2014 hat Bundesminister Christian Schmidt zusammen mit den entsprechenden Ministerinnen und Ministern aus Dänemark und den Niederlanden eine „Joint Declaration on Animal Welfare“ unterschrieben. Darin fordert er die Europäische Kommission auf, die bestehende Gesetzgebung der Europäischen Union (EU) im Bereich des Tierschutzes strenger geltend zu machen. 1. Welche Verbesserungen gibt es bei wie vielen Tieren (geordnet nach Tiergruppen ) ein Jahr nach Start der Initiative, aufgrund welcher neu eingeführten Maßnahmen und welche Indikatoren belegen dies? Das Ziel der Initiative „Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl“ sind konkrete Verbesserungen beim Tierschutz. Eine jährliche Bestandsaufnahme des Tierwohls mit Erfassung jedes einzelnen Nutztieres, Heimtieres und Begleittieres oder bestimmter Gruppen von Tieren ist weder beabsichtigt noch durchführbar . Zur Entwicklung von Indikatoren wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen . 2. Inwiefern hat die Bundesregierung die Maßnahmen der Länder zur Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung und die Ergebnisse und Erfahrungen beispielsweise im niedersächsischen Tierschutzplan in die Arbeit der Tierwohlinitiative mit einbezogen? Die Bundesregierung ist auf verschiedenen Ebenen in engem Austausch mit den Bundesländern über Maßnahmen zur Verbesserung des Tierschutzes in der Nutztierhaltung . Auf Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurde ein Staatssekretärsausschuss Tierschutz gegründet, der erstmals alle Staatssekretäre und Amtschefs von Bund und Ländern mit Federführung für den Tierschutz versammelt. In diesem Gremium berichten Bund und Länder über ihre Maßnahmen, und es wurden bereits konkrete Vereinbarungen getroffen zum Auslaufenlassen der Käfighaltung von Legehennen und zur engeren Abstimmung der Forschungsanstalten über ihre Vorhaben im Bereich Schwanzbeißen bei Schweinen. Das BMEL verfolgt die Maßnahmen und Erfahrungen der einzelnen Länder und berücksichtigt sie bei ihren eigenen Maßnahmen , wie z. B. bei den Verhandlungen mit Wirtschaftsbeteiligten über freiwillige Vereinbarungen im Bereich der nicht-kurativen Eingriffe oder bei der Entwicklung und Bewertung von Tierschutzindikatoren. 3. In welchen Bereichen wird die Bundesregierung in dieser Wahlperiode legislative Vorschläge für konkrete, rechtlich verankerte Tierschutzanforderungen (z. B. für Puten und Milchkühe) vorlegen, und mit welchem Zeitplan ? Welche Vorgaben sind avisiert? Die Bundesregierung setzt sich auf Ebene der Europäischen Union (EU) im Rahmen ihrer gemeinsamen Initiativen mit Dänemark, den Niederlanden und Schweden für Regelungen jener Nutztierhaltungen ein, die bislang nicht im Einzelnen geregelt sind. Auf nationaler Ebene sind derzeit keine gesetzlichen Regelungen im Bereich der Putenhaltung und der Milchviehhaltung geplant. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6619 4. Wann kann damit gerechnet werden, dass das Prüf- und Zulassungsverfahren serienmäßig hergestellter Stalleinrichtungen zum Halten von Hennen („Stall-TÜV“) in Kraft treten kann, und wann werden somit voraussichtlich die ersten Haltungssysteme entsprechend geprüft werden können? Wann ist eine Ausdehnung des Stall-TÜV auf andere Tierarten geplant? Das BMEL hat im August 2015 einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorgelegt . Derzeit erfolgt die Auswertung der im Rahmen der Beteiligung von Ländern und Verbänden zum Verordnungsentwurf eingegangenen, umfangreichen Stellungnahmen. Eine Befassung des Bundesrats kann erst nach Anhörung der Tierschutzkommission und Abschluss des EU-Notifizierungsverfahrens und insofern nicht vor dem zweiten Quartal des Jahres 2016 erfolgen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung und der ersten Prüf- und Zulassungsverfahren hängt vom weiteren zeitlichen und inhaltlichen Verlauf des Verordnungsgebungsverfahrens ab. Eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf andere Nutztierarten-Haltungssysteme soll erfolgen, sobald mit dem Verfahren ausreichende Erkenntnisse und Erfahrungen gewonnen wurden, um sie für andere Bereiche der Nutztierhaltung zu Grunde legen zu können. 5. Inwiefern gehen die Erfahrungen und Ergebnisse der Aktivitäten der Länder zur Verbesserung der Haltungssysteme für verschiedene Tiergruppen in den Stall-TÜV ein? Die Länder bringen ihre Erfahrungen durch ihre Stellungnahmen zum Verordnungsentwurf im Beteiligungsverfahren sowie im Bundesratsverfahren ein. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Wann kann mit den durch Bundesminister Christian Schmidt für das dritte Quartal 2015 angekündigten freiwilligen Vereinbarungen mit der Wirtschaft zum Verzicht auf das Kupieren eines Teils der Schwänze bei Schweinen sowie zum schmerzfreien Enthornen von Rindern (www.bmel.de „Eine Frage der Haltung – neue Wege für mehr Tierwohl“) gerechnet werden, und welcher Zeithorizonte ist für diese vorgesehen? Welche konkreten Anstrengungen tätigt die Bundesregierung derzeit für das Erreichen der freiwilligen Vereinbarungen? Das BMEL ist im engen Kontakt mit den Wirtschaftsverbänden über den Abschluss freiwilliger Vereinbarungen. Dies hat bereits zur Unterzeichnung einer freiwilligen Vereinbarung mit der Geflügelbranche geführt. Die Erörterungen über weitere Vereinbarungen über einen Ausstieg aus dem Schwänzekupieren beim Schwein und über Maßnahmen in Bezug auf das nicht-schmerzfreie Enthornen sowie weitere Themen dauern noch an. In die Beratungen ist auch das Friedrich-Loeffler-Institut einbezogen, um sicherzustellen, dass aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt werden. Wann die Beratungen abgeschlossen werden und welche Zeithorizonte für bestimmte Maßnahmen vorgesehen werden, kann derzeit noch nicht abgeschätzt werden. 7. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um Tierhalterinnen bzw. Tierhalter dabei zu unterstützen, auf das Kupieren der Ringelschwänze in der Schweinehaltung zu verzichten? Die Bundesregierung hat im Rahmen des Förderprogramms „Modell- und Demonstrationsvorhaben (MuD) Tierschutz“ Beratungs- und Demonstrationsprojekte hinsichtlich der Reduzierung des Risikos für das Auftreten von Schwanz- Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode beißen beim Schwein initiiert. Derzeit nehmen die beiden zum Thema „Schwanzbeißen “ vorgesehenen Netzwerke von Demonstrationsbetrieben ihre Arbeit auf, in denen auf Praxisbetrieben Haltungsbedingungen getestet und etabliert werden sollen, unter denen schrittweise unkupierte Schweine gehalten werden können. Teilnehmende Landwirte demonstrieren im eigenen Betrieb die Umsetzbarkeit von über den aktuellen Standard hinausgehenden Maßnahmen gegenüber Berufskollegen und der Öffentlichkeit und wirken so als Multiplikatoren. Dabei erhält jeder Demonstrationsbetrieb fachliche Betreuung durch ein Tierschutz-Kompetenzzentrum , das gemeinsam mit dem jeweiligen Demonstrationsbetrieb Arbeitspläne mit betriebsindividuell zugeschnittenen Lösungsansätzen entwickelt, die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen durch regelmäßige Betriebsbesuche begleitet und die Betriebe bei der Organisation von Veranstaltungen unterstützt. Das von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) beauftragte Tierschutz-Kompetenzzentrum ist für die fachliche Betreuung und Koordinierung des Gesamtnetzwerkes der Demonstrationsbetriebe zuständig. Das Gesamtnetzwerk gliedert sich in Themennetzwerke verschiedener Nutztierhaltungsbereiche , von denen fünf bereits eingerichtet sind (darunter die beiden vorgenannten); sechs weitere sind in der Vorbereitungsphase und werden sukzessive in den nächsten Monaten eingerichtet. Das Tierschutz-Kompetenzzentrum wird Fachinformationen und die aus den einzelnen Themennetzwerken gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse aufbereiten und in Leitfäden zusammenfassen. Die Leitfäden werden von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung veröffentlicht und stehen allen interessierten Betrieben und der Öffentlichkeit nach Abschluss des jeweiligen Projektes online zur Verfügung. 8. Wird die Bundesregierung, wie von Experten empfohlen (www.bmel.de „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung – Gutachten“ vom 15. März 2015) und von einigen Bundesländern bereits umgesetzt, auch finanzielle Anreize setzen, beispielsweise durch Förderprogramme, um Tierhalterinnen bzw. Tierhalter bei dem Ausstieg aus dem Schwänzekupieren bei Schweinen und dem Schnabelkürzen bei Legehennen zu unterstützen? Für die Bundesregierung bestehen keine Möglichkeiten einer unmittelbaren finanziellen Förderung des Verzichts auf die genannten nicht-kurativen Eingriffe im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK). Vielmehr setzt die Bundesregierung zum einen darauf, die Tierhalter durch die Förderung von Forschungsprojekten und der Übertragung von Forschungsergebnissen in die Praxis (vgl. Antworten zu den Fragen 7, 12 und 17) bei dem Ausstieg aus der routinemäßigen Anwendung nicht-kurativer Eingriffe zu unterstützen. Diese Maßnahmen zielen auf eine Verbesserung des Haltungsmanagements. Zum anderen hat sie die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass im Rahmen des Agrarinvestitionsförderungsprogramms Investitionen in besonders tiergerechte Haltungssysteme gefördert werden können, um Anreize zur Durchführung ggf. erforderlicher Anpassungen der betrieblichen Haltungsbedingungen zu geben. Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung das Tierschutzlabel-Programm des Deutschen Tierschutzbundes, über das zum Beispiel Mastschweinehaltern ein finanzieller Anreiz geboten wird, auf das Schwänzekupieren zu verzichten. Die Bundesregierung begrüßt nicht zuletzt die Brancheninitiative Tierwohl, mit der von Seiten des Handels und der Fleischindustrie Verantwortung übernommen wird und Tierhalter finanziell honoriert werden können für die Erfüllung bestimmter , über den gesetzlichen Mindeststandards liegender Tierwohlkriterien in der Mastschweine- und Mastgeflügelhaltung. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6619 9. Wie weit ist die von Bundesminister Christian Schmidt für Ende 2015 angekündigte Entwicklung und standardisierte Bewertung von Tierschutzindikatoren für Rinder, Schweine und Geflügel (www.bmel.de „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung – Gutachten“ vom 15. März 2015) gediehen, die Rückschlüsse darauf lassen, inwiefern tiergerechte Haltungsbedingungen vorliegen? Inwiefern greift die Bundesregierung bei der Erarbeitung solcher Indikatoren auf die Aktivitäten des Landes Niedersachsen im Rahmen des dortigen Tierschutzplans zurück? Inwiefern werden insbesondere auch Indikatoren berücksichtigt, die direkt im Betrieb am lebenden Tier erhoben werden und direkte Rückschlüsse auf das Verhalten und Wohlbefinden der Tiere ermöglichen (u. a. Auftreten von Stereotypien)? In welchem rechtlichen Rahmen sollen die Indikatoren verankert und überprüft werden? Welche Konsequenzen würden folgen, wenn die Indikatoren Hinweise auf nicht tiergerechte Haltungsbedingungen geben? Die Entwicklung und standardisierte Bewertung von Tierschutzindikatoren ist Bestandteil der Initiative des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft „Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl“ (www.bmel.de/ DE/Tier/Tierwohl/tierwohl_node.html). In diesem Zusammenhang finden auf verschiedenen Ebenen Aktivitäten statt: Im Juli 2015 hat das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) die KTBL-Schrift 507 „Tierschutzindikatoren – Vorschläge für die betriebliche Eigenkontrolle“ (Darmstadt, 2015, 1. Auflage, 68 S., ISBN 978-3-945088-06-7) herausgegeben. In zwei KTBL-Fachgesprächen haben knapp 50 Experten aus Wissenschaft, Beratung, Verwaltung, Tierschutzverbänden und Praxis Indikatoren zusammengestellt, die sich für eine betriebliche Eigenkontrolle zur Beurteilung der Tiergerechtheit besonders eignen, darunter vorrangig tierbezogene Indikatoren. In der vorliegenden Schrift sind die Empfehlungen der Experten zu tierbezogenen Indikatoren für Milch- und Mastrinder , Aufzuchtkälber, Sauen, Ferkel und Mastschweine, Mastputen und -hühner sowie Jung- und Legehennen zusammengestellt. Für jede Produktionsrichtung werden systematisch die möglichen Tierschutzprobleme, die jeweils geeigneten Indikatoren sowie ein erster Vorschlag für die methodische Vorgehensweise der Datenerhebung bereitgestellt. Zahlreiche Projekte der Ressortforschung befassen sich mit dem Einfluss unterschiedlichster Faktoren bei der Haltung oder beim Transport von Nutztieren auf das Tierwohl und die Tiergesundheit und tragen ebenfalls dazu bei, Indikatoren zu identifizieren und zu bewerten. Um Indikatoren für die objektive Bewertung des Tierwohls in der Praxis zu entwickeln, unterstützt das BMEL über die BLE als Projektträger Forschungsvorhaben im Rahmen der neuen Förderrichtlinie im BMEL-Innovationsprogramm (Richtlinie über die Förderung von Innovationen zur Bewertung der Tiergerechtheit und des Tierwohls in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung unter Einsatz geeigneter Indikatoren im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung vom 27. April 2015). Unterstützt werden dabei beispielsweise Forschungsprojekte, die sich schwerpunktmäßig mit der Untersuchung von Indikatoren auf Verlässlichkeit und Anwendbarkeit durch den Tierhalter oder mit der Erarbeitung von Methoden bei der Arbeit mit Indikatoren beschäftigen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gefördert wird auch die Entwicklung und Etablierung innovativer Tierwohlindikatoren sowie die Entwicklung verbesserter und neuer Messsysteme. Derzeit erfolgt die Begutachtung der eingereichten Anträge. Zur Frage nach der Berücksichtigung von Arbeiten im Rahmen des niedersächsischen Tierschutzplans wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Tierschutzindikatoren können management-, ressourcen- oder tierbezogen sein. Den tierbezogenen Indikatoren kommt eine besondere Bedeutung zu. Tierbezogene Indikatoren sollen Rückschlüsse auf die Tiergesundheit und auf das Tierverhalten zulassen. Für die Beurteilung des über die Tiergesundheit hinausgehenden Wohlbefindens der Tiere sind solche Indikatoren wichtig, die Rückschlüsse auf das Tierverhalten zulassen. Sie haben bei den beschriebenen Aktivitäten einen besonderen Stellenwert. Es handelt sich dabei in erster Linie, aber nicht ausschließlich , um Beobachtungen am lebenden Tier. So können auch Schlachthofbefunde auf das Vorliegen von zum Beispiel ungewöhnlichem Aggressionsverhalten schließen lassen. Die rechtliche Verankerung der Erhebung und Bewertung von Tierschutzindikatoren ist mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 4. Juli 2013 in § 11 Absatz 8 des Tierschutzgesetzes erfolgt. Gemäß § 11 Absatz 8 in Verbindung mit § 21 Absatz 6 des Tierschutzgesetzes muss seit dem 1. Februar 2014 derjenige, der Nutztiere zu Erwerbszwecken hält, durch betriebliche Eigenkontrollen sicherstellen, dass die Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes eingehalten werden. Insbesondere hat er zum Zwecke seiner Beurteilung, dass die Anforderungen des § 2 erfüllt sind, geeignete tierbezogene Merkmale (Tierschutzindikatoren ) zu erheben und zu bewerten. § 2 enthält die allgemeinen Grundsätze für die Haltung von Tieren in Bezug auf deren angemessene Ernährung und Pflege sowie verhaltensgerechte Unterbringung und der Möglichkeit zu artgemäßer Bewegung. Durch die Einführung einer solchen Verpflichtung zur tierschutzbezogenen betrieblichen Eigenkontrolle im Tierschutzgesetz soll der Eigenverantwortung des Tierhalters für die Sicherstellung des Tierschutzes gemäß § 2 des Tierschutzgesetzes ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Ziel soll sein, eine Einschätzung des Wohlergehens der Tiere vorzunehmen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung zu planen und umzusetzen. Ergibt die betriebliche Eigenkontrolle, dass die Anforderungen des § 2 des Tierschutzgesetzes nicht eingehalten werden, hat der Tierhalter Maßnahmen zu ergreifen, um einen solchen Verstoß gegen § 2 abzustellen. Die Durchführung des Tierschutzgesetzes , einschließlich der Kontrolle der Einhaltung von § 2 des Tierschutzgesetzes bzw. der konkretisierenden Vorschriften der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung obliegt den zuständigen Behörden der Länder. Diese treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Ihnen steht außerdem ein ausreichendes Instrumentarium zur Sanktionierung festgestellter Verstöße zur Verfügung. 10. Welche vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) herausgegebenen Gutachten und Leitlinien im Bereich der Tierhaltung sollen , wie im Rahmen der Tierwohl-Initiative angekündigt, aktualisiert werden ? Wann bzw. mit welcher Priorisierung? Im Rahmen der Initiative „Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl “ des BMEL werden die vom BMEL herausgegebenen Gutachten und Leitlinien auf das Erfordernis der Anpassung an den aktuellen wissenschaftlichen Er- Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/6619 kenntnisstand überprüft und gegebenenfalls entsprechend einer Prioritätsbewertung überarbeitet. Ein konkreter Zeitplan für die Aktualisierung der einzelnen Gutachten und Leitlinien liegt noch nicht vor. 11. Wodurch begründen sich die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Abweichungen in der „Vereinbarung zur Verbesserung des Tierwohls, insbesondere zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Haltung von Legehennen und Mastputen“ im Vergleich zum Tierschutzplan Niedersachsens (www.ml.niedersachsen.de „Fachinformationen zu Tierarten und Nutzungsgruppen “)? Der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten kann nur schrittweise und in der Breite der landwirtschaftlichen Praxis erst dann erfolgen, wenn ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ursachen von Federpicken und Kannibalismus und über die Möglichkeiten ihrer Vermeidung vorliegen. Während der Verzicht auf das Schnabelkürzen im Bereich der Aufzucht und Haltung von Legehennen als schneller umsetzbar angesehen wird, bedarf es im Bereich der Putenhaltung noch weitaus intensiverer Vorarbeiten, so dass ein Verzicht erst zu einem späteren Zeitpunkt in Betracht kommt. Untersuchungen und Erfahrungen in der Praxis weisen darauf hin, dass bei Putenhennen allerdings ein früherer Verzicht als bei Putenhähnen realisierbar erscheint. Aufgrund der heute noch unvollständigen und für eine endgültige Festlegung nicht hinreichend belastbaren Erkenntnisse aus wissenschaftlichen und praktischen Untersuchungen zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Mast von Putenhennen, wird eine Evaluierung zur Prüfung der Machbarkeit vorgeschaltet. Diese Bewertung wird Ende des Jahres 2017 erfolgen. Im günstigsten Fall kann damit gerechnet werden, dass dann bundesweit ab dem 1. Januar 2019 in der Mast von Putenhennen auf die Einstallung von schnabelgekürzten Tieren verzichtet werden kann. In grundsätzlich gleicher Weise soll vorgegangen werden, um danach schnellstmöglich auch bei Putenhähnen den Verzicht auf das Schnabelkürzen zu erreichen. 12. Mit welchen konkreten Maßnahmen oder Forschungsvorhaben unterstützt das BMEL eine Haltung von Puten mit intakten Schnäbeln? Welche konkreten Änderungsvorschläge und Finanzierungsmöglichkeiten liegen vor bezüglich des in der Vereinbarung formulierten Ziels, „die Züchtung , die Haltungseinrichtungen und Haltungsmanagement den Bedürfnissen der Tiere so weit anzupassen, dass eine Haltung von Geflügel mit ungekürzten Schnabelspitzen möglich ist, ohne dass es dabei zu vermehrten Verletzungen und Ausfällen kommt“? Zu welchem Zeitpunkt und auf welcher Ebene soll dieses Ziel verfolgt werden ? Am Friedrich-Loeffler-Institut wurden zwischen den Jahren 2013 und 2015 verschiedene Untersuchungen zur Beeinflussung der Prävalenzen von Federpicken und Kannibalismus bei nicht schnabelgekürzten Puten durchgeführt, so zum Einfluss von tierischem Eiweiß im Mischfutter, zum Einfluss unterschiedlicher Besatzdichten , zum Einfluss des Angebots verschiedener Beschäftigungsmaterialien in der Aufzuchtphase und zum Einfluss der Lichtqualität. Derzeit werden die folgenden Forschungsvorhaben durch das BMEL gefördert: Indikatoren einer tiergerechten Mastputenhaltung unter den Bedingungen der ökologischen Geflügelmast (Projektnehmer: Universität Leipzig; Laufzeit: 2014 bis 2017; Bewilligungsvolumen: 299 430 Euro), Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Untersuchung der Eignung alternativer Putenherkünfte für ein ökologisches Haltungssystem (Projektnehmer: Universität Kassel; Laufzeit: 2015 bis 2018; Bewilligungsvolumen: 211 545 Euro). Außerdem fördert das BMEL im Rahmen der „MuD Tierschutz“ den Transfer von Forschungsergebnissen in die landwirtschaftliche Praxis. In diesem Rahmen soll ab dem Jahr 2016 ein Netzwerk von Demonstrationsbetrieben zur Verbesserung tierschutzrelevanter Haltungsbedingungen in der Aufzucht nicht schnabelgekürzter Puten eingerichtet werden. Die Ausschreibung hierzu wird in Kürze von der BLE veröffentlicht (vgl. auch Antwort zu Frage 7). Die Vornahme von Änderungen im Haltungsmanagement und den Haltungsbedingungen liegt grundsätzlich in der Verantwortung der einzelnen Tierhalter. Bezüglich des Zeithorizonts wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 13. Nach welchen Kriterien und zu welchem Zeitpunkt entscheidet die Bundesregierung , dass die freiwilligen Vereinbarungen mit der Wirtschaft nicht mehr ausreichend sind? Inwiefern zieht sie dann eine Änderung des gesetzlichen Rahmens in Betracht , und mit welchen Vorgaben? Welcher Zeithorizont stünde ihr für das Inkrafttreten der Änderungen zur Verfügung? Im Bereich des Tierschutzes setzt die Bundesregierung auf unterschiedliche Maßnahmen . Die Vereinbarungen mit Wirtschaftsbeteiligten zur Beendigung nichtkurativer Eingriffe sind dabei ein wichtiges Instrument, das aber von einer Vielzahl anderer Maßnahmen ergänzt wird. Hierzu zählen unter anderem die Förderung von tierschutzbezogener Forschung und Modell- und Demonstrationsvorhaben . Bei der Beendigung nicht-kurativer Eingriffe setzt die Bundesregierung auf Vereinbarungen mit der Wirtschaft, um die bereits bestehenden rechtlichen Regelungen effektiv umzusetzen. In anderen Bereichen des Tierschutzes prüft oder unterstützt die Bundesregierung aber auch legislative Maßnahmen bzw. hat diese bereits auf den Weg gebracht. Hierzu zählen u. a. die Einführung eines Prüf- und Zulassungsverfahrens für serienmäßig hergestellte Stalleinrichtungen, ein Ausstieg aus der Pelztierhaltung oder eine Regelung zur Vermeidung der Schlachtung hochträchtiger Tiere, aber auch das Auslaufenlassen der Käfighaltung von Legehennen . 14. Inwiefern werden die Forschungsergebnisse und Praxiserfahrungen aus dem Tierschutzplan Niedersachsens genutzt und durch die Bundesregierung gezielt unterstützt? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 15. Mit welchen konkreten Maßnahmen verfolgt die Bundesregierung das in der Vereinbarung erklärte Ziel, „mit dem Ausstieg aus dem Schnabelkürzen in Deutschland gleichzeitig auf eine weitergehende Harmonisierung in Europa“ hinzuwirken? Die Bundesregierung hat sich gemeinsam mit den Niederlanden und Dänemark mit einer Erklärung an die Europäische Kommission gewandt, in der betont wird, dass bestehende EU-Vorschriften hinsichtlich neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse , technischer Innovationen und sozio-ökonomischer Entwicklungen angepasst werden müssten. Dies beinhaltet explizit auch, dass nicht-kurative Eingriffe überprüft werden sollten und insbesondere das Schnabelkupieren bei Hühnern Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/6619 auslaufen sollte. Die drei Länder haben vereinbart, in diesen und in anderen Bereichen sowohl untereinander als auch mit anderen Beteiligten eng zusammenzuarbeiten . Konkret wird die Zusammenarbeit durch Informations- und Erfahrungsaustausch im Rahmen bilateraler und multilateraler Kontakte sowohl auf Verwaltungsebene als auch im Forschungsbereich ausgefüllt. Dabei soll eine Abstimmung mit der Geflügelwirtschaft der betreffenden Mitgliedstaaten im Sinne eines harmonisierten Vorgehens sichergestellt werden. 16. Inwiefern erarbeitet die Bundesregierung aktuell mit dem Handel Möglichkeiten , um Eier von Hennen mit ungekürztem Schnabel zu kennzeichnen, sodass der Aufwand und das höhere Risiko der Erzeugerinnen bzw. Erzeuger honoriert und Verbraucherinnen bzw. Verbraucher sensibilisiert werden? Die Bundesregierung unterstützt die Information der Verbraucherinnen und Verbraucher über eingehaltene Tierschutzstandards, die über die rechtlich vorgegebenen Mindeststandards hinausgehen, zum Beispiel durch Tierschutzlabel. Die Kennzeichnung von Eiern von Legehennen mit ungekürztem Schnabel wird dagegen nicht für zielführend gehalten, da es sich hierbei letztlich um die Einhaltung einer gesetzlichen Anforderung handelt. Unabhängig davon ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die vom Tierhalter zu erlösenden Preise die von ihm getätigten Aufwendungen abdecken und einen angemessenen Gewinn ermöglichen müssen. In Zusammenhang mit der zwischen der Geflügelwirtschaft und dem BMEL geschlossenen Vereinbarung zum Verzicht auf das Schnabelkürzen in der Legehennenhaltung ist das BMEL bereit, sich an einem Dialog zwischen Geflügelwirtschaft und Handel moderierend zu beteiligen und im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit auf eine entsprechende Sensibilisierung des Verbraucherbewusstseins hinzuwirken . 17. Bei wie vielen Schweinen in Deutschland (absolut und prozentual) werden nach Kenntnis der Bundesregierung im Ferkelalter Ringelschwänze routinemäßig und vorbeugend kupiert, obwohl es laut der EU-Schweinehaltungsrichtlinie (Richtlinie 2008/120/EG) verboten ist? Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt im Februar 2014 unternommen, um dies zu unterbinden und den rechtlichen Vorgaben nachzukommen? Wie haben sich seither nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil kupierter Schweine entwickelt? Genaue Angaben über die Anzahl der betroffenen Schweine liegen der Bundesregierung nicht vor. Zu beachten ist, dass eine Durchsetzung des Verbots durch die Vollzugsbehörden ohne entsprechende Änderungen in den derzeit üblichen Aufzucht- und Haltungssystemen dazu führen würde, dass aufgrund des Auftretens von Schwanzbeißen massive tierschutzwidrige Zustände in den Aufzucht- und Mastbetrieben aufträten . Bei einer flächendeckenden Durchsetzung des Verbots in Deutschland wäre deshalb zu erwarten, dass die Aufzucht- und Mastbetriebe kupierte Ferkel aus dem Ausland beziehen würden. Die Bundesregierung setzt sich daher auf EUEbene gemeinsam mit Dänemark, den Niederlanden und Schweden dafür ein, dass die europäischen Haltungsanforderungen hinsichtlich der Bedingungen, unter denen das Schwänzekupieren bei Schweinen ausnahmsweise zulässig ist, überarbeitet werden. Hierzu wurde am 30. April 2015 in Kopenhagen Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 10 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode eine gemeinsame Stellungnahme unterzeichnet und an die Europäische Kommission gerichtet (www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Tier/Tierwohl/Gemeinsame ErklaerungSchweinehaltung-DK-NL-SE-DE-deutsch.pdf?__blob=publicationFile). Das BMEL fördert im Rahmen des „MuD Tierschutz“ bereits seit dem ersten Quartal 2014 zwei Beratungsinitiativen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen , die das Ziel verfolgen, das Auftreten von Schwanzbeißen durch innovative Beratungskonzepte und die Umsetzung geeigneter Maßnahmen zu verhindern. Dadurch sollen die Betriebe auf das Kupieren der Schwänze verzichten können. Im Projekt wird den Betrieben eine Beratung durch eng vernetzte landwirtschaftliche Beraterinnen und Berater und die bestandsbetreuenden Tierärztinnen und Tierärzte geboten. In Bezug auf weitere Förderaktivitäten im Rahmen des „MuD Tierschutz“ (Netzwerke von Demonstrationsbetrieben) wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. 18. Welche Anstrengungen hat die Bundesregierung seit ihrem Amtsantritt im Februar 2014 bezüglich der Empfehlungen des Europarats zu einer Anästhesie beim Entfernen von Hornanlagen bei über vier Wochen alten Kälbern (www.bmel.de „Empfehlung für das Halten von Rindern“) unternommen, um den strengeren Empfehlungen des Europarats nachzukommen? Inwiefern plant die Bundesregierung, das deutsche Recht, nach dem eine Anästhesie erst im Alter von sechs Wochen verpflichtend ist, an das europäische anzupassen, und mit welchem Zeithorizont? Die Bundesregierung strebt an, im Rahmen einer freiwilligen Vereinbarung mit den Verbänden der Rinder- und Kälberhalter so schnell wie möglich den Ausstieg aus dem nicht schmerzfreien Enthornen von Kälbern in der Praxis zu verwirklichen . Im Vordergrund der Bemühungen steht dabei die Weiterentwicklung der Zucht auf Hornlosigkeit. Bis zum Verzicht auf das nicht schmerzfreie Enthornen von Kälbern soll das Enthornen nach dem neuesten Stand von Wissenschaft und Technik (Ausbrennen der Hornanlage mittels Brennstab) und unter größtmöglicher Verminderung von Schmerzen und Leiden für die Tiere (Einsatz von Schmerz- und Beruhigungsmitteln) durchgeführt werden. Gemäß der Ausnahmeregelung nach § 5 Absatz 3 Nummer 2 des Tierschutzgesetzes ist für das Enthornen oder das Verhindern des Hornwachstums bei unter sechs Wochen alten Rindern eine Betäubung nicht erforderlich; nach § 5 Absatz 1 Satz 6 des Tierschutzgesetzes sind hierbei aber alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Schmerzen oder Leiden der Tiere zu vermindern. Die Anwendung von Schmerzund Beruhigungsmitteln beim Enthornen von Kälbern stellt eine solche Möglichkeit dar, die auch unter Verhältnismäßigkeitsaspekten zumutbar ist (vgl. auch Beschluss der Agrarministerkonferenz zu TOP 23 - Maßnahmen zur Schmerzreduktion bei der Enthornung von Kälbern - vom 20. März 2015). Das BMEL tritt daneben dafür ein, dass in Fällen, in denen dies angezeigt erscheint (z. B. bei kleinen oder krankheitsgeschwächten Kälbern), von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden sollte, für den Eingriff eine lokale oder allgemeine Betäubung von einem Tierarzt vornehmen zu lassen. Eine Gesetzesänderung ist vor diesem Hintergrund derzeit nicht geplant. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 11 – Drucksache 18/6619 19. Inwiefern wäre es der Bundesregierung bereits heute rechtlich möglich, Gesetzesvorlagen für Verbesserungen und Einschränkungen beim Transport von Tieren auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterbreiten, im Hinblick darauf, dass Bundesminister Christian Schmidt im Rahmen der „Joint Declaration“ die Europäische Kommission auffordert, Verbesserungen und Einschränkungen bezüglich des Transports von Tieren einzuführen? Wie viele Tiere (geordnet nach Tiergruppen) würden jährlich davon profitieren ? Inwiefern plant der Bundesminister selbst solche Gesetzesvorlagen? Die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport (EU-Tierschutztransportverordnung) gelten im Raum der EU unmittelbar . Die EU-Tierschutztransportverordnung erlaubt den Mitgliedstaaten strengere Regelungen ausschließlich für den innerstaatlichen Tiertransport. Aufgrund der hohen Verflechtungen der Tierströme innerhalb der EU erfolgen viele Tiertransporte jedoch grenzüberschreitend. Aus diesem Grund haben sich Dänemark , die Niederlande und die Bundesregierung gemeinsam an die Europäische Kommission gewandt und diese aufgefordert, die Vorschriften der EU-Tierschutztransportverordnung im Hinblick auf den Tierschutz zu verbessern. Eine Aussage über die Anzahl von Tieren, die jährlich von einer nationalen Regelung profitieren würden, kann nicht gemacht werden, da keine amtliche Statistik über innerstaatliche Tiertransporte geführt wird. Die Bundesregierung plant keine nationalen Regelungen hinsichtlich der Tiertransporte . 20. Inwiefern und bei welchen Tiergruppen sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit , den Tieren mehr Platz einzuräumen? Wie viele Tiere (geordnet nach Tiergruppen) würden jährlich davon profitieren ? Inwiefern wäre es der Bundesregierung bereits heute rechtlich möglich, eine entsprechende Gesetzesvorlage für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu unterbreiten? Inwiefern plant die Bundesregierung eine solche Gesetzesvorlage? Allgemeine und spezielle Anforderungen an das Halten von Nutztieren sind in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), zuletzt geändert am 5. Februar 2014, geregelt, darunter auch die Mindestfläche, die bestimmten Nutztiergruppen in Haltungseinrichtungen zur Verfügung zu stellen ist. Eine diesbezügliche Änderung oder Ergänzung der TierSchNutztV wird von der Bundesregierung derzeit nicht als erforderlich angesehen und ist deshalb derzeit nicht geplant. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 12 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 21. Was hat die Bundesregierung seit Amtsantritt des Bundesministers Christian Schmidt im Hinblick auf das Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln ab dem Jahr 2019 unternommen, um die Alternativen – Betäubung durch Gas, Impfung, Ebermast – zu fördern, und zu garantieren, dass das Fleisch von betäubt kastrierten, geimpften oder unkastrierten Ebern von Schlachtunternehmen und dem Lebensmitteleinzelhandel akzeptiert und abgenommen wird? Wie hat sich durch diese Maßnahmen nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl und der Anteil unbetäubt kastrierter Ferkel entwickelt? Neben verschiedenen durchgeführten Fachgesprächen mit Wissenschaft und Wirtschaft fördert das BMEL insbesondere Forschungsprojekte, um die Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration weiter zu entwickeln und die Umstellung der Verfahren auf den verschiedenen Stufen der Lebensmittelkette zweifelsfrei zu klären. Insgesamt sind dies in dem genannten Zeitraum zehn laufende bzw. bewilligte Forschungsvorhaben, die von der Bundesregierung mit ca. 6,1 Mio Euro gefördert werden. Gefördert werden unter anderem Forschungsprojekte zur züchterischen Selektion von Schweinen mit geringem Ebergeruch, Entwicklung einer elektronischen Methode zum Nachweis von Ebergeruch und Reduzierung des Ebergeruchs durch gezielte Fütterung und Haltungskonzepte. Wie sich diese Maßnahmen auf die Entwicklung der Anzahl und den Anteil der unbetäubt kastrierten Ferkel ausgewirkt hat, ist der Bundesregierung im Einzelnen nicht bekannt. Nach Kenntnis der Bundesregierung haben eine Reihe von Schlachtbetrieben mit der Jungeberschlachtung begonnen. Darüber hinaus sind bereits in einer Vielzahl von Landwirtschaftsbetrieben mit der Jungebermast Erfahrungen gesammelt worden. 22. Wann wird die Bundesregierung, wie von Bundesminister Christian Schmidt in einem Bericht von „Report Mainz“ im Juli 2015 angekündigt, eine entsprechende Gesetzesinitiative zur Vermeidung der Schlachtung von trächtigen Rindern auf den Weg bringen? Wie wird dieses ausgestaltet sein, und in welcher Weise werden die in den Ländern erarbeiteten Vereinbarungen hier einfließen? Wann werden entsprechende Gesetzesinitiativen zur Vermeidung der Schlachtung anderer trächtiger landwirtschaftlich genutzter Tiere auf den Weg gebracht werden? Es liegen wissenschaftlich begründete Anhaltspunkte vor, dass Feten zumindest ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit bei der Schlachtung des Muttertieres bis zu ihrem eigenen Tod Schmerzen und Leiden empfinden. Das Schlachten hochträchtiger Tiere stellt daher generell und tierartenübergreifend eine erhebliche Tierschutzproblematik dar. Aus diesem Grund beschränkt sich die Bearbeitung der tierschutzrelevanten Aspekte dieser Frage seitens der Bundesregierung seit Anbeginn nicht nur auf Kühe, sondern bezieht alle relevanten Nutztierarten mit ein, die üblicherweise zum Zweck des menschlichen Verzehrs geschlachtet werden . Die Bundesregierung begrüßt dabei grundsätzlich alle Maßnahmen wie z. B. Vereinbarungen zwischen Ländern und betroffenen Wirtschaftsbeteiligten, die zu einer Vermeidung des Schlachtens hochträchtiger Tiere führen sollen. Dennoch zeigen aktuelle Befunderhebungen an Schlachthöfen, dass die Problematik nach wie vor besteht. Das BMEL sieht deshalb Handlungsbedarf, um das Schlachten hochträchtiger Tiere im letzten Drittel der Trächtigkeit auf unvermeidbare Ausnahmesituationen Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 13 – Drucksache 18/6619 einzuschränken, z. B. im Rahmen von Notschlachtungen oder Seuchenbekämpfungsmaßnahmen . Hierzu prüft die Bundesregierung derzeit den Erlass eines grundsätzlichen Abgabeverbots hochträchtiger Tiere im letzten Drittel der Trächtigkeit aus dem landwirtschaftlichen Betrieb zum Zwecke des Schlachtens. 23. Wann wird Bundesminister Christian Schmidt das durch ihn angekündigte Eckpunktepapier zum Einsatz von sogenannten Reserveantibiotika in der Veterinärmedizin (www.bmel.de „Antibiotika in der Medizin – ‚Eine Gesundheit ‘ für Mensch und Tier“ vom 1. Juli 2015) veröffentlichen, und welche konkreten Inhalte werden enthalten sein? 24. Welche konkreten Maßnahmen plant die Bundesregierung, um dieses Ziel, „Antibiotika nur noch dann einzusetzen, wenn es unabdingbar therapeutisch notwendig und sinnvoll ist“ (www.bibliomedmanager.de vom 9. Oktober 2015) zu erreichen, und mit welchem Zeitplan? Die Fragen 23 und 24 werden wie folgt im Zusammenhang beantwortet. Das Eckpunktepapier für weitere Regelungen für den Einsatz von Antibiotika bei Tieren wird in Kürze vorgelegt werden. In ihm werden die vom BMEL beabsichtigten Änderungen der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) zur Regelung des Einsatzes von antibiotischen Tierarzneimitteln bei Tieren in den Grundzügen dargestellt und in den beteiligten Kreisen zur Diskussion gestellt. Auf Grundlage der Diskussionsergebnisse ist beabsichtigt, einen Verordnungsentwurf zur Änderung der TÄHAV zu erarbeiten. 25. Wie wurden die Ziele des Koalitionsvertrags, Durchsetzung EU-weiter einheitlicher und höherer Tierschutzstandards sowie das Ziel einer flächengebundenen Nutztierhaltung und der Förderung einer tiergerechten Haltung, umgesetzt, bzw. wie ist geplant, sie in dieser Legislaturperiode umzusetzen (bitte Zeitplan und Maßnahmenpläne für die einzelnen Punkte angeben)? Welche Standards wurden vereinheitlicht bzw. erhöht? Wie viele Tiere werden davon in dieser Wahlperiode profitieren (bitte nach Tiergruppen aufschlüsseln)? Mit welchen Maßnahmen bzw. mit welchen Mitteln im Haushalt wurde die tiergerechte Haltung konkret gefördert? Am 14. Dezember 2014 haben Deutschland, Dänemark und die Niederlande eine gemeinsame Erklärung zur Verbesserung des Tierschutzes unterzeichnet. Darin wurde vereinbart, die Tierschutzaktivitäten zu bündeln, den Wissenstransfer zu verbessern und auf die Europäische Kommission dahingehend einzuwirken, dass sie ihre Anstrengungen zur Verbesserung des Tierschutzes intensiviert. Gleichzeitig haben die drei Länder in einem gemeinsamen Positionspapier die Europäische Kommission dazu aufgefordert, die Verordnung über den Schutz von Tieren beim Transport zu ändern, um hier wesentliche Verbesserungen zu erreichen. Darüber hinaus haben die drei Länder gemeinsam mit Schweden im April 2015 die Europäische Kommission in einer weiteren gemeinsamen Erklärung aufgefordert , die Rechtsvorschriften für den Schutz von Schweinen anzupassen. Die flächengebundene Nutztierhaltung wird im Koalitionsvertrag in Bezug zu Größen tiergerechter Haltung von Nutztieren gestellt. Das BMEL sieht sowohl hinsichtlich regionaler Konzentration als auch mit Blick auf Bestandsgrößen keinen unmittelbaren Zusammenhang zum Tierwohl. Auch der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik hat in seinem aktuellen Gutachten zur Nutztierhaltung dazu Stellung genommen und darauf verwiesen, dass das Tierwohl nicht von der Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6619 – 14 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Betriebs-/Bestandsgröße abhängt. Gleichwohl hat das BMEL dieses Thema auch im Rahmen der Tierwohlinitiative aufgegriffen. Die Konzentration der Tierhaltung und damit auch die Erhöhung der Tierdichte pro Hektar ist in Deutschland kein flächendeckendes, sondern ein regionales Problem. Die negativen Auswirkungen der zunehmenden regionalen Konzentration liegen weniger im Tierwohl als vielmehr in den Bereichen Umwelt (Gülleentsorgung) und Tiergesundheit (Seuchenrisiko, Arzneimitteleinsatz). Eine flächengebundene Tierhaltung bleibt weiterhin Ziel der Bundesregierung. Zur Erreichung dieses Ziels hat das BMEL eine Reihe von Vorhaben abgeschlossen (Verbringungsverordnung) bzw. eingeleitet (Düngegesetz und Düngeverordnung). Auch mit der Novelle zum Baugesetzbuch hat die Bundesregierung einen Beitrag zur Stärkung der flächengebundenen Tierhaltung geleistet. Gewerbliche Tierhaltungen werden danach beim Bauen im Außenbereich nicht mehr privilegiert, wenn sie bestimmte Größen überschreiten. Zur Frage der Förderung der tiergerechten Haltung wird auf die Antwort zu Frage 8 verwiesen. Für die Umsetzung der einzelbetrieblichen Förderung im Rahmen der GAK sind die Länder zuständig. 26. Wann plant die Bundesregierung, den im Koalitionsvertrag geplanten wissenschaftlichen Diskurs über Größen tiergerechter Haltung von Nutztieren auf den Weg zu bringen, und mit welchem Zeithorizont, und unter Beteiligung welcher Akteure? Mit dem Gutachten "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik des BMEL vom 15. März 2015 ist bereits ein wesentlicher Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs über Größen tiergerechter Haltung von Nutztieren erbracht worden (vgl. auch Antwort zu Frage 25). Darüber hinaus hat das BMEL im Rahmen seines Programms zur Innovationsförderung die Förderung folgender drei Forschungsprojekte bewilligt: AniFair - ein Tool zur Bewertung der Tiergerechtheit mit der Multi-CriteriaAnalyse (Laufzeit: 1. April 2015 bis 31. Mai 2018); Entwicklung von innovativen Konzepten zur Verbesserung der gesellschaftlichen Verankerung der modernen Tierproduktion (Laufzeit: 1. März 2015 bis 28. Februar 2018); SocialLab - Nutztierhaltung im Spiegel der Gesellschaft (Laufzeit: 1. März 2015 bis 30. April 2018). Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass hiermit insgesamt ein umfassender wissenschaftlicher Diskurs über Größen einer tiergerechten Haltung von Nutztieren auf den Weg gebracht wurde. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333