Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 18. November 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/6748 18. Wahlperiode 19.11.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Martina Renner, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/6478 – Ausstellung von Ausweisdokumenten auf falsche Namen für Tarnidentitäten durch Bundes- oder Landesbehörden V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Diverse Behörden von Bund und Ländern haben die Möglichkeit, sogenannte Tarnpapiere an ausgewählte Personen auszustellen, etwa im Bereich des Zeugenschutzes oder im Rahmen des Einsatzes verdeckter Ermittler. Offenkundig arbeiten auch Mitarbeiter von Verfassungsschutzämtern sowie des Bundesnachrichtendienstes mit sogenannten nachrichtendienstlichen Mitteln, wie Tarnpapieren . Zuletzt machten zwei in der Hamburger linken Szene eingesetzte verdeckte Ermittlerinnen mit den Tarnnamen „Iris Schneider“ und „Maria Block“ Schlagzeilen (www.grundrechte-kampagne.de/content/verdeckte-ermittlungen). Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. ist es für einen Rechtsstaat unabkömmlich , dass die Öffentlichkeit darüber aufgeklärt wird, nach welcher Maßgabe und in welchem Umfang solche Papiere ausgestellt werden. 1. Welche Behörden in Deutschland (auch des Bundeskanzleramtes) sind für die Ausstellung von Ausweisdokumenten auf falsche Namen – etwa im Rahmen einer Grundabdeckung oder eines Grundschutzes – zuständig und befugt ? Folgende Bundesbehörden sind zuständig und befugt, die Ausstellung von Dokumenten mit Tarnidentitäten zu veranlassen: Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), Bundesnachrichtendienst (BND), Amt für den Militärischen Abschirmdienst (MAD), Bundespolizeipräsidium (BPOLP), Bundeskriminalamt (BKA) und das Zollkriminalamt (ZKA). Über entsprechende Zuständigkeiten von Landesbehörden hat die Bundesregierung keine Kenntnis. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6748 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Auf welcher jeweiligen Gesetzesgrundlage vollzieht sich diese Ausstellung von Ausweisdokumenten auf falsche Namen für die einzelnen Behörden? Die Befugnis zur Ausstellung der in der Fragestellung genannten Dokumente ergibt sich aus § 8 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes (BVerfSchG), ggf. in Verbindung mit § 3 des Gesetzes über den Bundesnachrichtendienst (BNDG), § 4 des Gesetzes über den Militärischen Abschirmdienst (MADG), §§ 110a Absatz 3, 161, 163 der Strafprozessordnung (StPO), §§ 20g Absatz 4 Satz 2 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt (BKAG) sowie § 5 Absatz 1 des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes (ZSHG). 3. Für welche Personenkreise (abgesehen von Zeugen im Rahmen sogenannter Zeugenschutzprogramme) kommen derartige Maßnahmen in Frage? Die Ausstellung von Tarnpapieren erfolgt nur zu dienstlichen Zwecken. Die Papiere werden nur an Personen ausgegeben, die zur Nutzung bzw. Verwendung berechtigt sind. Im Bereich der Nachrichtendienste können das Mitarbeiter des BfV, des BND und des MAD sein, in Einzelfällen auch Mitarbeiter anderer Behörden in Amtshilfe sowie Personen, die sonst für die Nachrichtendienste tätig sind, im Bereich des BKA und des ZKA deren Mitarbeiter und beauftragte Personen . 4. Ist es Landesbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung gestattet, ohne Absprache mit dem Bund, derartige Dokumente auszustellen? Ja. 5. Wo werden die Daten zu Ausweisdokumenten auf falsche Namen gespeichert , und welche Behörden greifen darauf zu? Bei den Bundesbehörden erfolgt die Speicherung in Dateien der jeweiligen Behörde , ein Zugriff anderer Behörden erfolgt nicht. 6. Auf welche Weise wird die Ausstellung von Ausweisdokumenten auf falsche Namen durch Landesbehörden an Bundesbehörden kommuniziert bzw. hierzu eine womöglich erforderliche Genehmigung eingeholt? Die Bundesbehörden müssen keine Kenntnis über die Ausstellung von Ausweisdokumenten mit Tarnidentitäten von Landesbehörden erhalten. Es besteht kein Genehmigungsvorbehalt. 7. Inwiefern existieren hierzu gemeinsame Dateien von Bund und Ländern? Gemeinsame Dateien existieren nicht. 8. Wie viele deutsche Staatsbürger sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit im Besitz von Urkunden oder sonstigen Dokumenten zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität oder im Besitz von sogenannten Alias-Pässen? a) Wie viele davon sind auf Grundlage des Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetzes bzw. eines der Vorgängergesetze ausgestellt worden? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6748 b) Wie viele davon sind auf anderer Rechtsgrundlage ausgestellt worden, und auf welcher? Die Fragen 8, 8a und 8b werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Anzahl aller deutschen Staatsbürger mit Dokumenten im Sinne der Fragestellung ist der Bundesregierung nicht bekannt. 9. Wie viele deutsche Staatsbürger sind seit dem Jahr 1970 außerhalb der sogenannten Zeugenschutzprogramme mit Urkunden oder sonstigen Dokumenten (Ausweisdokumenten, Tarnpapieren, Alias-Pässen) zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität ausgestattet worden, und von welchen Behörden (sofern keine genaue Zahl ermittelbar ist, bitte schätzen)? Die Bundesregierung verfügt nicht über die erfragten Informationen bzw. Zahlen. Eine entsprechende Statistik existiert bereits aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen , regelmäßigen Aktenaussonderung nicht. Die ersatzweise erfragte Schätzung ist angesichts des erfragten Zeitraums von 45 Jahren sowie mangels Kenntnis der Bundesregierung über die Zahlen in den Bundesländern hochgradig unsicher und kann daher nicht abgegeben werden. 10. Werden deutsche Steuerbehörden über derartige geänderte Identitäten informiert , um dies bei der Steuererhebung entsprechend zu berücksichtigen? Falls nicht, wie wird verhindert, dass Inhaber mehrerer Identitäten diese nicht zur Steuerhinterziehung nutzen? Deutsche Steuerbehörden werden nur in wenigen Ausnahmefällen über die Verwendung von Tarnpapieren informiert, da Tarnpapiere ausschließlich in dienstlichen Zusammenhängen genutzt werden. Diese Nutzung wird durch interne Regularien der Dienst- und Fachaufsicht kontrolliert. 11. Sollte die Ausstellung von Tarnpapieren mit der Arbeit für deutsche Behörden im Zusammenhang stehen, wie lange nach Ende dieser Tätigkeit werden derartige Papiere weiterhin ausgestellt? a) Welche Gründe sind hierfür beispielsweise maßgeblich? b) Inwiefern und in welchem Umfang werden auch nach Ende einer Tätigkeit für deutsche Behörden derartige falsche Papiere weiterhin ausgestellt, um den Schutz der Person zu gewährleisten? c) Inwiefern und in welchem Umfang werden auch nach Ende einer Tätigkeit für deutsche Behörden derartige falsche Papiere weiterhin ausgestellt, um mit legendierten Personalien gehaltene Vermögenswerte weiterhin nutzen zu können? Die Fragen 11, 11a bis 11c werden wegen ihres Sachzusammenhands gemeinsam beantwortet. Ausgegebene Tarnpapiere werden grundsätzlich bei allen Bundesbehörden, die sie ausgegeben haben, sofort eingezogen, sobald die dienstliche Notwendigkeit zur Nutzung entfällt oder die gesetzlich begründete Tätigkeit beendet wird. Die Ausstellung von Tarnpapieren verfolgt den Zweck, den Inhaber der Dokumente oder auch andere im Sachzusammenhang gefährdete Personen vor Schaden zu bewahren. Der Schutzgedanke steht im direkten Zusammenhang mit der Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6748 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode entsprechenden dienstlichen Tätigkeit. Im Einzelfall kann, insbesondere im Zuständigkeitsbereich des BKA, eine Person Tarnpapiere als Schutzmaßnahme über den Einsatzzeitraum hinaus verwenden, wenn und solange Gefährdungshinweise für Leib, Leben oder Freiheit der mit Tarnpapieren ausgestatteten Person vorliegen . Solange die Gefährdungslage in diesem Fall andauert, ist auch eine neuerliche Ausstellung von Tarndokumenten erlaubt. 12. Wie wird eine Strafverfolgung bei Begehung unter Tarnidentität grundsätzlich gewährleistet und umgesetzt? Die Inhaber von Tarnpapieren sind verpflichtet, sich an die geltende Rechtsordnung zu halten. Im Falle der Zuwiderhandlung drohen sowohl strafrechtliche als auch dienstrechtliche Konsequenzen. Die Inhaber oder Nutzer von Tarnidentitäten werden in den die Tarnpapiere nutzenden Behörden mit Angaben zur Klaridentität erfasst. Auf diese Weise kann, soweit erforderlich, eine Identifizierung zur Strafverfolgung erfolgen. Werden polizeiliche Maßnahmen im Aufgabenfeld des Zeugenschutzes gegen geschützte Personen durchgeführt, die mit einer Tarnidentität ausgestattet sind, ist durch technische und ablauforganisatorische Maßnahmen sichergestellt, dass die zuständige Zeugenschutzdienststelle über den Sachverhalt informiert und die notwendige Strafverfolgung gewährleistet wird. 13. Inwieweit sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen inländische, von Bundes- oder Landesregierungen legendierte Personen unter falscher Identität Straftaten begangen haben? a) Bis zu welchem Jahr ist dies zurückzuverfolgen? b) Sofern Personen unter falscher Identität Straftaten begangen haben, welche Angaben kann die Bundesregierung zum Tatvorwurf, Tatort, Tatzeitpunkt und Ausgang des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens machen? Die Fragen 13, 13a und 13b werden wegen ihres Sachzusammenhands gemeinsam beantwortet. Beim BND sind zwei einschlägige Strafverfahren bekannt. Ein Verfahren wurde wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung im Jahr 2000 mit einem Strafbefehl (Geldstrafe) geahndet. Ein weiteres Verfahren wegen Betruges wurde im Jahr 2008 gegen Erteilung einer Auflage gemäß § 153a Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt. Darüber hinaus sind der Bundesregierung keine entsprechenden Fälle bekannt. Der auskunftsfähige Bestand richtet sich nach den Vorgaben der Aktenaussonderung . 14. Inwieweit sind der Bundesregierung Fälle bekannt, bei denen ausländische, von anderen Regierungen legendierte Personen unter falscher Identität Straftaten begangen haben? a) Bis zu welchem Jahr ist dies zurückzuverfolgen? b) Sofern Personen unter falscher Identität Straftaten begangen haben, welche Angaben kann die Bundesregierung zum Tatvorwurf, Tatort, Tatzeitpunkt und Ausgang des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens machen? Die Fragen 14, 14a bis 14b werden wegen ihres Sachzusammenhands gemeinsam beantwortet. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6748 Soweit es den Fall des Mark Kennedy bzw. Mark Stone betrifft, verweist die Bundesregierung auf die als „Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch“ eingestufte , ausführliche Darstellung, Erläuterung und Bewertung des Sachverhalts durch die Bundesregierung in der 30. Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 26. Januar 2011 (Protokoll des Innenausschusses Nr. 17/30). Die in dieser Sitzung von dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, Dr. Ole Schröder, und dem zuständigen Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, getätigten Aussagen und Bewertungen, mit denen die Frage erschöpfend behandelt wurde, hält die Bundesregierung weiter aufrecht. Darüber hinaus sind der Bundesregierung keine entsprechenden Fälle bekannt. Dabei versteht die Bundesregierung die Frage so, dass sie sich nicht auf strafbare Agententätigkeit als solche (§§ 98, 99 StGB) bezieht. 15. Inwieweit werden beteiligte Behörden, Stellen und Institutionen, die auf der Grundlage falscher Identitäten verbindliche Verwaltungsakte erlassen oder Verträge abschließen, vor unberechtigten bzw. nicht bindenden Verwaltungsakten bzw. Verträgen geschützt (Kfz-Zulassungsstelle, Führerscheinstelle , Banken und Kreditinstitute, Vermieterinnen und Vermieter, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, etc.)? Inhabern von Tarndokumenten ist es gestattet, unter Legende am Rechtsverkehr teilzunehmen. Die Nutzung einer Tarnidentität lässt die Wirksamkeit von Verträgen und Verwaltungsakten unberührt. 16. Was kann die Bundesregierung dazu mitteilen, welche Urkunden oder sonstigen Dokumente generell nicht zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität ausgestellt werden? Die Ausstellung von Tarnpapieren erfolgt entsprechend der Erforderlichkeit im konkreten Einzelfall. 17. Was kann die Bundesregierung dazu mitteilen, unter welchen Umständen und in welchem Umfang auch Wahlbenachrichtigungen für Bundes- oder Landtagswahlen zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität ausgestellt werden? Sobald die einwohnermelderechtliche Erfassung im Melderegister erfolgt ist und damit systemtechnisch ein Wohnsitz generiert wurde, erfolgt bei anstehenden Bundes-, Landes- und Kommunalwahlen die Ausstellung einer Wahlbenachrichtigung . Dieser Prozess wird automatisch gesteuert. Er dient nicht zum Aufbau und zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität/Tarnidentität. 18. Wie viele ausländische Staatsbürger sind derzeit im Besitz von durch deutsche Behörden ausgestellten Urkunden oder sonstigen Dokumenten zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen bzw. Zahlen vor. Im Hinblick auf die Aktenaussonderung wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6748 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 19. Wie viele ausländische Staatsbürger sind seit dem Jahr 1970 durch deutsche Behörden mit Urkunden oder sonstigen Dokumenten zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer geänderten Identität bzw. Tarnidentität mit Ausweisdokumenten bzw. Tarnpapieren versorgt worden, und von welchen Behörden (sofern keine genaue Zahl ermittelbar ist, bitte schätzen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen bzw. Zahlen vor. Dies ist unter anderem durch die gesetzlich vorgeschriebene Aktenaussonderung begründet . Im Hinblick auf die erfragte Schätzung wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333