Deutscher Bundestag Drucksache 18/678 18. Wahlperiode 27.02.2014 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Petra Pau, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/475 – Anwerbung von Vertrauenspersonen in Gefängnissen Vo r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Fall der Vertrauensperson (VP) des Landeskriminalamtes (LKA) Berlin, N. G. (vgl. Berliner Zeitung vom 27. Januar 2014) zeigt einmal mehr, dass das VP-Wesen der deutschen Sicherheitsbehörden im Bereich Rechtsextremismus zahlreiche Fragen aufwirft. Zum wiederholten Mal handelt es sich um eine Person , die als verurteilter Rechtsextremist im Gefängnis angeworben wurde. Eine Reihe von VPs aus dem rechtsextremen Bereich wurden von deutschen Behörden direkt in Gefängnissen als VPs geworben, teilweise handelt es sich dabei um Personen, die wegen schwerer Kriminalität verurteilt waren. Im Rahmen des NSU-Untersuchungsausschusses wurden Details der staatlichen Betreuung solcher VPs bekannt, die, wie im Fall des Brandenburger V-Manns Piatto, unfassbare Zustände ans Tageslicht brachten. Nach offizieller Darstellung wurde dem Problem der Auswahl und Führung in der behördeninternen Auswertung des NSU-Debakels ein besonderes Augenmerk gewidmet. In einem Sachstandsbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz von Mai/Juni 2013 wurde dazu die Einrichtung einer zentralen V-LeuteDatei noch für das Jahr 2013 in Aussicht gestellt, wenn auch in einer Minimallösung , da die Länder auf eine Datei ohne Klarnamen bestanden haben. Die Datei soll dennoch nach dem Willen der Initiatoren erstmals an zentraler Stelle einen Gesamtüberblick über die eingesetzten V-Leute ermöglichen. 1. Wurden oder werden von Sicherheitsbehörden des Bundes gezielt Gefängnisinsassen angesprochen, um als VPs im Bereich Rechtsextremismus geworben zu werden? Wie viele Ansprachen von potenziellen VPs im Bereich Rechtsextremismus durch Sicherheitsbehörden des Bundes gab es seit dem Verbot der Hilfsorganisation für nationale Gefangene im Jahr 2011 (bitte nach SicherheitsbeDie Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 25. Februar 2014 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. hörden aufschlüsseln)? Drucksache 18/678 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 2. Nach welchen Kriterien erfolgt bzw. erfolgte eine Auswahl der anzusprechenden potenziellen VPs im Bereich Rechtsextremismus in Gefängnissen? 3. Welche Rolle spielte in der Vergangenheit das für die Gefängnisstrafe zugrunde liegende Delikt einer potenziellen VP im Bereich Rechtsextremismus , hat es hier im Laufe der Zeit Veränderungen gegeben, und wenn ja, welche? 4. Wie erfolgt bzw. erfolgte der Zugang der Sicherheitsbehörden in die Gefängnisse und zu den potenziellen VPs, und auf welche Art und Weise werden die Gefängnisleitungen über den jeweiligen Zugang regelmäßig informiert ? Gibt es Absprachen der Sicherheitsbehörden mit den Justizbehörden, wenn VPs im Gefängnis geworben werden sollen, und wenn ja, welcher Art sind diese Absprachen? 5. Gibt es, im Falle einer Zusammenarbeit, vonseiten der Sicherheitsbehörden gegenüber potenziellen VPs im Bereich Rechtsextremismus Hinweise auf mögliche Hafterleichterungen, und wenn ja, welche Art von Hafterleichterungen werden in Aussicht gestellt? 6. Wurden im Gefängnis angeworbene VPs im Bereich Rechtsextremismus auch zur Informationsbeschaffung über rechtsextreme Bestrebungen im Gefängnis bzw. über einzelne Mitgefangene eingesetzt? Seitens der Sicherheitsbehörden des Bundes wurden bzw. werden im Phänomenbereich Rechtsextremismus keine Gefängnisinsassen angesprochen, um als Vertrauenspersonen oder V-Leute geworben zu werden. 7. Gibt es Absprachen zwischen den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder bezüglich der Werbung von VPs im Bereich Rechtsextremismus in Gefängnissen, und wie sehen diese Absprachen gegebenenfalls aus? 8. Hat es im Rahmen der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK), des Gemeinsamen Abwehrzentrums Rechtsextremismus /Rechtsterrorismus (GAR) bzw. des Gemeinsamen Extremismusund Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) eine Auswertung bisheriger Anwerbungen von VPs im Bereich Rechtsextremismus, die in Gefängnissen angeworben wurden, gegeben, und welche Ergebnisse liegen hierzu vor? Nein. 9. Inwiefern waren in der bisher geltenden „Dienstvereinbarung Beschaffung des BfV“ (BfV = Bundesamt für Verfassungsschutz) die besonderen Bedingungen einer Werbung und Führung in Haftanstalten berücksichtigt, und inwiefern sind diese in dem neuen, mit den Ländern vereinbarten Leitfaden zu gemeinsamen Standards zur Auswahl, Führung und Einsatz von V-Leuten aufgenommen (bitte den neuen Leitfaden als Anhang beilegen)? Die von den Fragestellern genannten Regelungen sehen eine Werbung und Führung von V-Leuten in Haftanstalten nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 6 verwiesen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333