Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 24. November 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/6856 18. Wahlperiode 26.11.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Kekeritz, Anja Hajduk, Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/6704 – Resolution der UN-Generalversammlung zu einem Staateninsolvenzregime am 10. September 2015 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 10. September 2015 hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen mit 136 zu 6 Stimmen bei 41 Enthaltungen neun Prinzipien für den Umgang mit Staatsschuldenkrisen beschlossen und damit den ein Jahr zuvor von der Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer in den Vereinten Nationen (G77 und China) initiierten Prozess zur Schaffung eines Staateninsolvenzverfahrens vorläufig abgeschlossen (A/RES/69/319). Deutschland hat – neben dem Vereinigten Königreich – als einziges Mitglied der Europäischen Union mit Nein votiert, während die übrigen EU-Mitglieder sowie unter anderem Australien, Norwegen , die Schweiz und Mexiko sich enthalten haben. Weitere Nein-Stimmen stammten nur von den USA, Kanada, Israel und Japan. 1. Gab es zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Kenntnis der Bundesregierung Absprachen für das Abstimmungsverhalten? Falls ja, welche, und welche Position hat hierbei Deutschland eingenommen ? Gemäß Artikel 34 des Vertrages über die Europäische Union koordinieren die Mitgliedstaaten ihr Handeln in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen. Regelmäßig findet diese Abstimmung auch im Zusammenhang mit Resolutionen, die in der Generalversammlung der Vereinten Nationen behandelt werden, statt. Auch in diesem konkreten Fall stimmten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab und gaben eine gemeinsame Stimmerklärung ab. Daraus wird ersichtlich, dass unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Einvernehmen besteht, dass Staatsschuldenkrisen großen Einfluss auf die Weltwirtschaft und auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union selbst haben können. Sie beteiligen sich aktiv an Versuchen, bestehende Probleme konstruktiv anzugehen und mögliche Lösungen zu identifizieren. Wie auch in der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ ausdrücklich anerkannt, besteht Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6856 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode weiter Raum für Verbesserungen der internationalen Umschuldungsmechanismen . Gegen die Art und Weise des Zustandekommens der Resolutionen 68/304 vom 9. September 2014 und der Modalitätenresolution 69/247 vom 29. Dezember 2014 haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union jedoch wiederholt ihre Bedenken vorgetragen. Aufgrund dieser Bedenken haben sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an der Ausarbeitung von Resolution 69/319 nicht beteiligt. Deutschland hat sich dennoch bemüht, die Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu Verhandlungen über den letztlich dem Plenum vorgelegten Resolutionstext zu bewegen. Das Vorgehen der G-77 erlaubte es jedoch nicht, Änderungen am für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union in der Substanz inakzeptablen Resolutionstext zu erwirken. Das konstruktive Engagement Deutschlands in den Verhandlungen wurde unter anderem von Argentinien ausdrücklich gewürdigt. 2. Welche Argumente haben die Bundesregierung dazu bewogen, mit Nein zu stimmen und sich damit nach Auffassung der Fragesteller international und im Rahmen der EU zu isolieren? Kein Mitgliedstaat der Europäischen Union sah sich in der Lage, die Resolution zu unterstützen. Die Resolution enthält Formulierungen, die mit wichtigen Grundsätzen des Völkerrechts und der Staatenpraxis kollidieren und entsprechend von der Bundesregierung abgelehnt werden. Daher hat Deutschland mit Nein gestimmt. 3. Wie bewertet die Bundesregierung die einzelnen in der Resolution aufgeführten neun Prinzipien im Hinblick auf ihre jeweilige Eignung bzw. als Voraussetzung für ein Staateninsolvenzregime a) sovereignty (Souveränität), b) good faith (Guter Glaube), c) transparency (Transparenz), d) impartiality (Unparteilichkeit), e) equitable treatment (Gleichbehandlung), f) sovereign immunity (Staatenimmunität), g) legitimacy (Rechtmäßigkeit), h) sustainability (Nachhaltigkeit), i) majority restructuring (Mehrheitsentscheidungen)? Die Bundesregierung lehnt es wie die übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ab, ein rechtlich bindendes multilaterales Rahmenwerk für Staateninsolvenzen zu entwickeln. Vielmehr sollten der freiwillige, marktbasierte, vertragsrechtliche Ansatz weiterentwickelt und gestärkt und dabei die umfassenden Arbeiten des Internationalen Währungsfonds berücksichtigt werden. Diesen Zielen werden die Resolution und die in ihr genannten Prinzipien nicht gerecht. Den Prinzipien mangelt es an klaren, fachlich tragfähigen und konsensfähigen Definitionen . Zur Bewertung des operativen Paragraphen 1 der Resolution durch die Bundesregierung im Einzelnen: Absatz 1 postuliert nach dem Verständnis der Bundesregierung ein unilaterales Recht auf Umschuldung, was dem elementaren Völkerrechtsgrundsatz der Vertragstreue (pacta sunt servanda) widerspricht. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6856 Absatz 2 postuliert nach dem Verständnis der Bundesregierung eine Verpflichtung für Gläubiger zur Teilnahme an Umschuldungsverhandlungen und an weiteren Etappen des Umschuldungsprozesses, was dem elementaren Grundsatz der Vertragsfreiheit widerspricht. Die Bundesregierung teilt grundsätzlich das Bestreben nach Transparenz (Absatz 3), weist jedoch darauf hin, dass dem Austausch durch das Datenschutzinteresse Dritter Grenzen gesetzt sind. Nach Auffassung der Bundesregierung erfüllen die an den bestehenden Umschuldungsmechanismen beteiligten Institutionen die in Absatz 4 genannten Anforderungen . Der Bundesregierung ist die komplexe Diskussion zur Gläubigergleichbehandlung bekannt, sie betrachtet die Formulierungen in Absatz 5 insbesondere auch in Bezug auf internationale Finanzinstitutionen nicht als angemessen und sachgerecht . Die Bundesregierung hält es nicht für angemessen, fundamentale Fragen der internationalen Ordnung wie die Staatenimmunität (Absatz 6), die Legitimität von internationalen Institutionen sowie die Gültigkeit von Verträgen (Absatz 7) in einer streitig zur Abstimmung gestellten Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen einer Qualifizierung zu unterziehen. Nach Auffassung der Bundesregierung spiegelt Absatz 8 die Verantwortung des Schuldnerstaates für Erhalt bzw. Wiedererlangung der Schuldentragfähigkeit und der weiteren genannten Ziele nicht angemessen wider. Die Bundesregierung hält Umschuldungsklauseln (sogenannte Collective Action Clauses) für ein sehr wichtiges Instrument, das etwaige notwendige Umschuldungen von Staatsanleihen erleichtert und deren zügige Umsetzung unterstützt. Ihr ist die komplexe Diskussion zu einer geeigneten Ausgestaltung dieser Mehrheitsentscheidungen und Kollektivklauseln bekannt, sie betrachtet jedoch die Formulierungen in Absatz 9 insgesamt nicht als angemessen und sachgerecht. 4. Waren eines oder mehrere der in Frage 3 abgefragten Prinzipien für die Ablehnung der Resolution durch Deutschland ausschlaggebend? Falls ja, welche, und warum? Nein. Die Bundesregierung lehnt die Resolution aus der Gesamtschau der Argumente ab. 5. Wird sich Deutschland in den in der Resolution beschlossenen „Follow-up- Prozess“ einbringen? Falls ja, in welcher Form? Die Bundesregierung wird sich weiter konstruktiv an der Diskussion zu Staatenumschuldungen beteiligen. Wie die anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union betrachtet sie aufgrund seiner Expertise den Internationalen Währungsfonds als geeignete Institution hierfür. 6. Wird sich Deutschland darüber hinaus bzw. alternativ in den laufenden Diskussionsprozess zum Thema Schulden im Rahmen des Follow-Up zur Entwicklungsfinanzierungskonferenz (Finance for Development – FfD) von Monterrey (bekräftigt in Addis Abeba) einbringen? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6856 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode a) In welcher Form ist die Bundesregierung bereit, einen „Multi-Stakeholder -Dialog“ zum Thema Schulden anzustoßen bzw. sich in entsprechende Dialoge einzubringen? b) Wird Deutschland dem FfD-Office dafür Personal zur Verfügung stellen? c) Wird Deutschland das FfD-Office hierfür finanziell ausstatten? Die Fragen 6a und 6b werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit nicht, einen „Multi- Stakeholder-Dialog“ zum Thema Schulden anzustoßen. Die Bundesregierung wird sich in entsprechende Dialoge im Rahmen üblicher Beteiligung einbringen. Die Bundesregierung beteiligt sich an der Finanzierung des Department of Economic and Social Affairs (DESA) des Sekretariats der Vereinten Nationen, in dem das Financing for Development Office am 24. Januar 2003 auf Grundlage der Resolution 57/273 etabliert wurde, im Rahmen des deutschen Beitrags zum Haushalt der Vereinten Nationen. Eine darüber hinausgehende personelle oder finanzielle Unterstützung ist nicht beabsichtigt. 7. Inwiefern wird Deutschland im Rahmen seiner Mitgliedschaft in IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank darauf hinwirken, damit diese sich als Stakeholder des Financing for Developement-Prozesses in die laufenden Debatten zum Thema Schulden einbringen? Deutschland wird als wichtiger Anteilseigner den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank darin unterstützen, sich im Rahmen ihres jeweiligen Mandates in die Debatten zu diesen Fragen einzubringen. 8. Welche Multi-Stakeholder-Prozesse laufen derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung unter der Federführung des FfD-Office? Wie beteiligt sich Deutschland an diesen, und welche Rolle spielt hierbei der Privatsektor jeweils? Die Abteilung „Financing for Development“ des Department for Social Affairs (DESA) der Vereinten Nationen ist nach Kenntnis der Bundesregierung durch den Generalsekretär der Vereinten Nationen unter anderem damit beauftragt, die Folgeprozesse der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (auch „Addis Abeba Action Agenda“) zu koordinieren und mit vorzubereiten. Diskussionen hierzu werden unter anderem im 2. Ausschuss des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen geführt. Eine Beteiligung von betroffenen Akteuren wie dem Privatsektor wird üblicherweise durch die Vereinten Nationen mit vorgesehen. 9. Welches der folgenden internationalen Foren bzw. Gremien erachtet die Bundesregierung als geeignet, um das Thema Staatsschulden zu erörtern und multilateral gültige Regeln zu verabschieden und warum? In welcher Rangfolge präferiert die Bundesregierung diese? In welchem dieser Gremien laufen welche Prozesse bzw. Debatten zum Thema Staatsschulden, und wie ist Deutschland daran beteiligt a) Vereinte Nationen, b) IWF, c) OECD, d) Weltbank, e) Pariser Club? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6856 Die Fragen 9a bis 9e werden wegen des inhaltlichen Zusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zum Ziel multilateral bindender Normen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Die Bundesregierung erachtet grundsätzlich jede der genannten Foren und Gremien für geeignet, im Rahmen ihres jeweiligen Mandates und ihrer jeweiligen Expertise zur Diskussion der vielfältigen Facetten von Staatsschulden beizutragen. Die Bundesregierung wird sich weiter konstruktiv an der Diskussion zum Zusammenhang zwischen Schuldentragfähigkeit und Entwicklung in den Vereinten Nationen beteiligen. Sie beteiligt sich regelmäßig an den Schuldenmanagementkonferenzen der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD). Wie bereits in der Antwort zu Frage 5 ausgeführt, sieht die Bundesregierung allerdings den Schwerpunkt der Diskussion aufgrund seiner langjährigen Expertise auf diesem Gebiet beim Internationalen Währungsfonds. Die Bundesregierung sieht das gemeinsame Schuldentragfähigkeitsrahmenwerk des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank als sehr wichtigen Baustein dafür an, Schuldentragfähigkeit zu erreichen bzw. sicherzustellen. Auch die Arbeiten des Internationalen Währungsfonds zur Stärkung des vertragsbasierten Ansatzes und von vertraglichen Klauseln (insb. Collective Action Clauses) haben aus Sicht der Bundesregierung unverändert hohe Bedeutung und werden daher weiterhin von ihr unterstützt. Die Bundesregierung betrachtet den Pariser Club und das Pariser Forum als wichtige Möglichkeiten, die Diskussion zwischen Gläubiger- und Schuldnerstaaten auf einer soliden fachlichen Basis aktiv und konstruktiv voranzutreiben. Nicht zuletzt begrüßt die Bundesregierung die statistischen Arbeiten der OECD in diesem Zusammenhang. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . 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