Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 8. Dezember 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/6991 18. Wahlperiode 10.12.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/6797 – Mögliche rechtsextreme Tendenzen innerhalb der Alternative für Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Essener Parteitag der Alternative für Deutschland (AfD) im Juli 2015 sowie der nachfolgende Parteiaustritt ihres früheren Vorsitzenden Bernd Lucke werden vielfach als Rechtsruck der zuvor schon in deutlicher Nähe zur islam- und fremdenfeindlichen PEGIDA-Bewegung stehenden Partei interpretiert. So wurde die Debatte über den Umgang mit einer gestiegenen Zahl von Flüchtlingen von der AfD zur Stimmungsmache gegen die Schutzsuchenden und die Bundesregierung genutzt. In diesem Zusammenhang sprach sich der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der AfD Marcus Pretzell für den Einsatz von „Waffengewalt“ gegen Flüchtlinge zur Verteidigung der deutschen Grenze als „Ultima Ratio“ aus – eine Position, der Parteivize Alexander Gauland ausdrücklich beipflichtete (www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-auch-gauland-fuer-schusswaffengebrauch -gegen-fluechtlinge-a-1060718.html). Politiker von CDU und SPD – wie der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) – aber auch Parteienforscher sehen die AfD mittlerweile in die „rechtsextreme Ecke“ abrutschen bzw. „offen rechtsradikal“ auftreten. Der nach dem Essener Parteitag ausgetretene frühere AfD-Vize-Vorsitzende Hans-Olaf Henkel bezeichnete die von ihm mitbegründete Partei gar als „eine Art NPD-light“ (www.abendblatt.de/politik/article 206551875/AfD-rutscht-in-rechtsextreme-Ecke-ab.html; www.zeit.de/politik/ deutschland/2015-10/afd-rechtsradikal-gabriel; www.stuttgarter-nachrichten.de/ inhalt.interview-die-afd-ist-auf-der-kippe-zum-rechtsextremismus.878d1cd4-088f- 498e-8a75-43693afa50f1.html; www.n-tv.de/politik/Henkel-sieht-in-AfD-eine- NPD-light-article16309276.html). Tatsächlich beteiligten sich mehrfach NPD-Mitglieder und andere Neonazis an AfD-Demonstrationen. Der „Deutschlandfunk“ berichtet von Hooligans , rechten Kameradschaften und Mitgliedern des Thüringer NPD-Landesvorstandes auf Demonstrationen der AfD in Erfurt. Das Rechercheportal thüringen-rechtsaussen.net zählte dort unter mehreren Tausend Demonstrationsteilnehmerinnen und -teilnehmern Neonazis im unteren dreistelligen Bereich sowie Vertreterinnen und Vertreter anderer extrem rechter Gruppierungen wie der „Identitären Bewegung“, der „Europäischen Aktion“ sowie der Neonazipartei Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6991 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode „Die Rechte“. Gegenüber antifaschistischen Gegendemonstrantinnen und -demonstranten sei es aus der AfD-Demonstration heraus zu Rufen wie „Geht doch ins Gas!“, „Ihr seid die ersten, die an die Wand gehören!“, „Deutschland den Deutschen!“, „Ausländer raus!“ und „Judenpack!“ gekommen. Zudem seien Hitlergrüße gezeigt worden (www.deutschlandfunk.de/demonstration-inerfurt -afd-und-npd-gemeinsam-gegen-die.862.de.html?dram:article_id=3334 06; thueringenrechtsaussen.wordpress.com/2015/09/21/thuringer-afd-demonstriertgemeinsam -mit-neonazis-eine-auswahl/). An einer bundesweit mobilisierten AfD-Demonstration gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung mit rund 5 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am 7. November 2015 beteiligten sich eine größere Gruppe erkennbarer Neonazis einschließlich eines Berliner NPD-Landesvorstandsmitglieds sowie eine Reihe von rechtsgerichteten Hooligans unter anderem des Berliner „Bündnis Deutscher Hools“ sowie Anhängerinnen und Anhänger der extrem rechten Identitären Bewegung . Am Rande des Aufzugs kam es zu Übergriffen von rund 60 bayerischen AfD-Anhängern auf Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer antirassistischen Gegenkundgebung . Medienvertreter wurden mehrfach beschimpft und bedrängt (www.neues-deutschland.de/artikel/990520.afd-aufmarsch-mit-pfefferspraydurchgesetzt .html). Der Brandenburger AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz beteiligte sich Anfang November 2015 in der ersten Reihe hinter einem Transparent mit der Botschaft „Wenn eine Regierung ihr Volk austauscht, muss das Volk seine Regierung austauschen“ an einer fremdenfeindlichen Demonstration, an der auch NPD-Mitglieder teilnahmen. Andreas Kalbitz ist zudem wegen seines Vorsitzes des als rechtsextrem eingestuften Vereins „Kultur- und Zeitgeschichte, Archiv der Zeit“ in die Kritik geraten (www.maz-online.de/Brandenburg/Der-Brandenburger- AfD-Landtagsabgeordnete-Andreas-Kalbitz-geraet-wegen-einer-Mitgliedschaft -in-einem-rechten-Verein-unter-Druck; www.maz-online.de/Brandenburg/ Asylfeindliche-Proteste-mit-Hunderten-Teilnehmern). Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Alternative für Deutschland (AfD) vor? Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Übernahme von Funktionärsposten bei der AfD durch (ehemalige) Mitglieder rechtsextremer Parteien ? Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über eine frühere Mitgliedschaft von AfD-Mandatsträgerinnen und AfD-Mandatsträgern in rechtsextremen Parteien? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Sind der Bundesregierung Äußerungen rassistischen, fremdenfeindlichen oder volksverhetzenden Charakters durch Vertreterinnen und Vertreter der AfD oder deren Veröffentlichungen bekannt, und wenn ja, welche, wann und von wem? Politisch motivierte Straftaten im Zusammenhang mit Äußerungen und Veröffentlichungen von Vertretern der Alternative für Deutschland (AfD) werden im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes-Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK) erfasst. Da der Name einer Partei jedoch keinen recherchefähigen Katalogwert darstellt, ist eine belastbare statistische Auswertung nicht möglich. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/6991 Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte der AfD oder einzelner ihrer führenden Funktionärinnen und Funktionäre oder Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zu rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Vereinigungen, und wenn ja, zu welchen, und welcher Art sind diese Kontakte ? Bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte der AfD oder einzelner ihrer führenden Funktionärinnen und Funktionäre oder Mandatsträgerinnen und Mandatsträger zu rechtsextremen Personen im In- und Ausland, und wenn ja, zu welchen, und welcher Art sind diese Kontakte? Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Die Beobachtung von Abgeordneten durch Behörden des Verfassungsschutzes stellt einen Eingriff in das freie Mandat gemäß Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Artikel 28 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) dar und unterliegt insofern strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Das ist auch bei der Beobachtung von Funktions- und Mandatsträgern zu berücksichtigen. Hierzu wird auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2013 (vgl. 2 BvR 2436/10 und BvE 6/08; sog. Ramelow-Entscheidung) verwiesen. Vor diesem Hintergrund erfolgt keine systematische Sammlung und Auswertung von Informationen über diesen Personenkreis durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Inwieweit bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Kontakte der AfD oder einzelner ihrer führenden Funktionärinnen und Funktionäre oder Mandatsträgerinnen und Mandatsträger ins rechtsgerichtete Hooligan-Milieu, und wenn ja, welche im Einzelnen? An einer Demonstration der AfD mit dem Motto „Asylchaos und Eurokrise stoppen “ am 7. November 2015 in Berlin (Abschlussveranstaltung der sogenannten Herbst-Offensive) mit insgesamt etwa 5 000 Teilnehmern nahmen Polizeiangaben zufolge ca. 200 Personen aus dem Umfeld der „BÄRGIDA“, 30 Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum sowie 100 Personen aus der Hooligan-Szene (Bündnis Deutscher Hooligans – B.D.H.) teil. Von diesen insgesamt 350 Personen wurden etwa 70 durch die Polizei als gewaltbereit eingestuft. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Teilnahme von AfD-Mitgliedern, -Funktionärinnen und -Funktionären sowie -Mandatsträgerinnen und -Mandatsträgern an rechtsextremen oder rechtsextrem beeinflussten Aufzügen (bitte Ort, Datum, Thema und Veranstalter des Aufzuges sowie teilnehmende AfD-Funktionäre oder -Mandatsträger benennen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Beteiligung von Neonazis und Rechtsextremisten oder Angehörigen rechtsextrem beeinflusster Gruppierungen an AfD-Aufzügen oder -Veranstaltungen (bitte Ort, Datum, Thema und Art der Veranstaltung/des Aufzugs sowie teilnehmende rechtsextreme Gruppierungen benennen)? a) Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die AfD auf Bundesebene und jeweils in den Ländern zur Beteiligung von Rechtsextremen an ihren Aufzügen oder Veranstaltungen positioniert? Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/6991 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Gibt es Hinweise, wonach die AfD solche Gruppierungen oder Einzelpersonen sogar aktiv eingeladen oder deren Beteiligung zumindest billigend in Kauf genommen hat? Am 17. Oktober 2015 fand in Rostock (Mecklenburg-Vorpommern) eine AfD-Demonstration mit dem Motto „Asylchaos stoppen“ im Rahmen ihrer sogenannten Herbst-Offensive gegen die Asylpolitik der Bundesregierung mit ca. 1 800 Teilnehmern statt. An der Demonstration nahmen Medienberichten zufolge mehrere NPD-Funktionäre teil. Der NPD-Landtagsabgeordnete David Petereit hielt zeitweise mit anderen an der Spitze des Demonstrationszuges ein Banner mit der Aufschrift „Wir lassen uns nicht länger belügen! Wir sind das Volk“. Petereit trug dabei sichtbar ein NPD-Emblem auf seiner Jacke. Der Landesvorsitzende der AfD in Mecklenburg -Vorpommern erklärte im Hinblick auf die Teilnahme von NPD-Aktivisten an der Demonstration: „Diese Herrschaften haben wir nicht eingeladen.“ Man habe nicht erkannt, dass sich NPD-Kader wie Petereit unter die Demonstranten mischten. b) Inwieweit kam es nach Kenntnis der Bundesregierung anlässlich von AfD-Aufzügen oder -Veranstaltungen zu einschlägigen Straf- oder Gewalttaten von Seiten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern (bitte Ort, Datum, Thema und Art der Veranstaltung/des Aufzugs sowie Art der Straftat benennen)? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. c) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über verbale Beschimpfungen und Drohungen oder physische Bedrängungen einschließlich Angriffen gegen Vertreterinnen und Vertretern der Medien durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer von AfD-Aufzügen? Politisch motivierte Straftaten zum Nachteil von Medienvertretern im Zusammenhang mit Demonstrationen der AfD werden im Rahmen des KPMD-PMK registriert und sind in den Fallzahlen PMK enthalten. Die Erfassung von Angaben zur beruflichen Stellung von Opfern bzw. Geschädigten ist jedoch nicht verpflichtend , so dass eine abschließende statistische Auswertung von politisch motivierten Straftaten im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist. d) Wie hat sich die AfD-Führung nach Kenntnis der Bundesregierung angesichts möglicher Gewalttaten, Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten , fremdenfeindlicher oder volksverhetzender Äußerungen oder Transparente auf AfD-Aufzügen positioniert? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Wie begründet der Vizekanzler Sigmar Gabriel seine Äußerung, die AfD sei „offen rechtsradikal“, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung gegebenenfalls aus dieser Einschätzung (www.zeit.de/politik/ deutschland/2015-10/afd-rechtsradikal-gabriel)? Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, hat die zitierte Äußerung nicht als Mitglied der Bundesregierung, sondern in seiner Eigenschaft als Parteivorsitzender getätigt. Die Bundesregierung äußert sich deswegen dazu nicht. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/6991 Falls die Bundesregierung an ihrer Einschätzung festhält, es handele sich bei der AfD nicht um eine rechtsextremistische Bestrebung bzw. eine Bestrebung im Sinne des § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes , hält sie die dem Extremismusansatz verpflichtete Konzeption des Verfassungsschutzes angesichts der Gefährdung von Flüchtlingen und ihren Unterstützerinnen und Unterstützern im Geist einer „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ im Milieu dieser Partei noch für zeitgemäß? Die Zuständigkeit der Verfassungsschutzbehörden ist immer dann eröffnet, wenn gemäß § 3 und § 4 des Bundesverfassungsschutzgesetzes hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen. Die Bundesregierung hält das für sachgerecht. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333