Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 17. Dezember 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7132 18. Wahlperiode 21.12.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Renate Künast, Volker Beck (Köln), Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 18/6926 – Konsequenzen aus dem Fall Mansur für die deutsche Auslieferungspraxis V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Festnahme des ägyptischen Journalisten Ahmed Mansur am 20. Juni 2015 erschütterte das Bild des deutschen Rechtsstaats. Der weltweit bekannte Journalist des Nachrichtensenders Al Jazeera wurde mit Billigung des Auswärtigen Amts und des Bundesamtes für Justiz in Deutschland zur Fahndung ausgeschrieben und am Flughafen Berlin-Tegel von der Bundespolizei verhaftet. Gerechtfertigt wurde die Festnahme von den deutschen Behörden mit Verweis auf das Urteil eines ägyptischen Gerichts, welches Ahmed Mansur in seiner Abwesenheit zu einer 15-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt habe. Die Entscheidung hatte zu Kritik an der ägyptischen Justiz geführt, da sie kaum rechtstaatlichen Standards genügte und der Prozess offensichtlich politisch motiviert war. Die Vorwürfe, der Journalist habe während der Proteste gegen den Diktator Hosni Mubarak an der Folter eines Anwalts mitgewirkt, wurden als haltlos und als Versuch der politischen Verfolgung des regimekritischen Journalisten angesehen . Das Gesuch der ägyptischen Behörden nach Verhaftung Ahmed Mansurs wurde an die deutsche Regierung über die Fahndungs-Datenbank der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol) herangetragen. Obwohl unter anderem Amnesty International regelmäßig berichtet, dass sich die Menschenrechtslage in Ägypten seit der Absetzung und Inhaftierung des rechtmäßig gewählten früheren Präsidenten Mohammed Mursi im Juli 2013 nochmals dramatisch verschlechtert hat und grob unfaire Gerichtsverfahren, Folter sowie die Verfolgung Andersdenkender an der Tagesordnung sind und zahlreiche Todesurteile verhängt werden, wird über das Interpol-Netzwerk weiterhin mit dem neuen Regime kooperiert. Allerdings stellte Interpol im Fall Ahmed Mansur nachträglich fest, dass das ägyptische Ersuchen unvereinbar mit den Interpol-Grundsätzen sei. Die Organisation wies ihre Mitgliedstaaten darauf hin, dass es sich nach ihrer Einschätzung um ein politisch motiviertes Verfahren handle und riet davon ab, dem Ersuchen nachzukommen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7132 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Obwohl das Bundeskriminalamt (BKA) den Hinweis, dass Ahmed Mansur ungerechtfertigt über das Interpol-Netzwerk verfolgt werde, zweimal an das Auswärtige Amt und das Bundesamt für Justiz weiterleitete, wurde dort die Festnahme Ahmed Mansurs von der Bundesregierung weiter vorangetrieben. Das Auswärtige Amt befürwortete ausdrücklich die Fahndung und die Auslieferung. In einer E-Mail vom 19. Januar 2015 an das Bundesamt für Justiz heißt es: „Das Auswärtige Amt erhebt aus außenpolitischer Sicht keine Bedenken, den o. a. Verfolgten zur Fahndung zwecks Festnahme mit dem Ziel der späteren Auslieferung auszuschreiben.“ Die Bundesregierung hat nach internationalen Protesten gegen die Festnahme Ahmed Mansurs ihre Meinung geändert und ihn ausreisen lassen, nachdem die Generalstaatsanwaltschaft Berlin seine Entlassung angeordnet hatte. Bis heute ist unklar, wie es überhaupt zu der Verhaftung und zum Plan der Auslieferung an das ägyptische Regime kommen konnte. Es bleibt der Eindruck, dass einzig Ahmed Mansurs internationale Popularität ihn vor der Auslieferung nach Ägypten bewahren konnte. Die Bundesregierung sprach nachträglich von „organisatorischen Mängeln“ (www.n-tv.de vom 24. Juni 2015), aber organisatorische Konsequenzen daraus sind bisher aus Sicht der Fragesteller nicht ausreichend ergriffen worden. Es bleibt offen, wie häufig deutsche Behörden über das Interpol -Netzwerk noch mit weiteren Regimen kooperieren, die rechtsstaatlichen Strafverfolgungsprinzipien Hohn sprechen. Ebenso ist offen, wie einem bestehenden Personalmangel im federführend für die Bearbeitung von Auslieferungsersuchen zuständigen Bundesamt für Justiz abgeholfen werden soll. V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Zum Fall Mansour hat die Bundesregierung in der 60. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages am 1. Juli 2015 ausführlich Stellung genommen. Ferner hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz der Vorsitzenden des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz über die Durchführung und den Inhalt des in der o. g. Sitzung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz angekündigten Workshops zum Umgang mit Interpol-Fahndungsersuchen berichtet. Zum Fall Ahmed Mansur: 1. Welche Fehler wurden aus Sicht der Bundesregierung beim Fall Ahmed Mansur von deutschen Behörden gemacht? Im Rahmen einer Vorprüfung war für die beteiligten Sachbearbeiter bei Heranziehung der zur Verfügung stehenden Informationen nicht erkennbar, dass es sich bei Ahmed Mansour um einen Journalisten handelt, der der Muslimbruderschaft nahesteht. 2. Wieso ließ die Bundesregierung den Journalisten Ahmed Mansur trotz Bedenken von Interpol zur Fahndung ausschreiben? Der Hinweis von Interpol auf eine Verletzung von Artikel 3 der Statuten der Internationalen kriminalpolizeilichen Organisation (Interpol; IKPO-Statuten) lässt keinen zwingenden Rückschluss auf das Vorliegen einer Verfolgung aus politischen oder sonst sachfremden Motiven zu, sondern hat nur Indizwert. Das Generalsekretariat von Interpol prüft lediglich, ob die dem Verfolgten vorgeworfene Tat abstrakt einen politischen Charakter hat. Bindend ist eine solche Stellungnahme nicht, da die Definition der politischen Verfolgung im deutschen Recht Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7132 nicht mit der in den Interpol-Statuten identisch ist. Artikel 3 der Interpol-Statuten soll die Neutralität von Interpol wahren, während § 6 Absatz 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) dem Schutz der verfolgten Personen vor ungerechtfertigter Verfolgung dient. 3. Wieso bestanden laut Auswärtigem Amt keine Bedenken gegen seine Auslieferung nach Ägypten, und auf welcher Prüfungsmaßnahme beruhte diese Aussage? Die Bundesregierung hat nach Prüfung der vollständigen Auslieferungsunterlagen unmittelbar Bedenken gegen eine Bewilligung des Auslieferungsersuchens signalisiert. Im Rahmen der Vorprüfung des polizeilichen Fahndungsersuchens ergaben sich keine Schlüsse auf eine politische Verfolgung oder die journalistische Tätigkeit von Ahmed Mansour. 4. Falls der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Fahndung und Festnahme nicht bekannt gewesen sein sollte, dass es sich um den bekannten Journalisten Ahmed Mansur handelte, für wen hat sie ihn dann gehalten, und wieso sollte er ausgeliefert werden? Zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Ausschreibung zur Festnahme lag kein Auslieferungsersuchen vor, so dass die Bundesregierung eine Entscheidung über die Auslieferung von Ahmed Mansour nicht getroffen hat. Über die Zulässigkeit einer Auslieferung hätte zunächst das zuständige Oberlandesgericht entscheiden müssen. 5. Wie beeinflusst der Umstand, dass ein Mensch eine Person des öffentlichen Lebens ist, Entscheidungen der Bundesregierung über Fahndung, Festnahme und Auslieferung? Die Prüfung, ob Zulässigkeits- oder Bewilligungshindernisse vorliegen, erfolgt grundsätzlich ohne Ansehen der Person des Verfolgten. Bei einer Person, die sich an der politischen Meinungsbildung beteiligt, ist allerdings der Aspekt einer möglichen Verfolgung aus sachfremden Motiven besonders sorgfältig zu prüfen. 6. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung bei Auslieferungsersuchen dem den Fragestellern bekannt gewordenen Umstand bei, dass Formulare nicht vollständig ausgefüllt werden und dass zum Beispiel trotz angeblich durchgeführtem Strafprozess der Beruf des Verurteilten nicht bekannt sein soll? Für Auslieferungsersuchen, die nicht von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gestellt wurden, ist die Verwendung eines Formulars nicht vorgeschrieben. 7. Inwiefern ist der Bundesregierung die derzeitige Menschenrechtslage in Ägypten bekannt, und welche Schlüsse zieht sie daraus bezüglich des Vertrauens in Auslieferungsersuchen aus Ägypten? Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung der Menschenrechtslage in Ägypten aufmerksam. Die Menschenrechtslage fließt in jede Einzelfallprüfung ein. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7132 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 8. Inwiefern ist für die Bundesregierung bei Auslieferungsentscheidungen die jeweilige Menschenrechtslage ein Kriterium? In Bezug auf jeden Einzelfall ist die Menschenrechtslage ein wichtiges Kriterium für die Bewilligung von Auslieferungsersuchen. Eine Auslieferung ist unzulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, dass die auszuliefernde Person wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Anschauungen verfolgt werden würde (§ 6 Absatz 2 IRG). 9. In welchem Zusammenhang steht die Festnahme Ahmed Mansurs mit dem Besuch des ägyptischen Staatspräsidenten As-Sisi Anfang Juni 2015 in Berlin ? Die Festnahme Ahmed Mansours stand in keinem Zusammenhang mit dem Besuch des ägyptischen Staatspräsidenten. 10. Inwiefern kann die Bundesregierung ausschließen, dass eine Auslieferung Ahmed Mansurs von der Delegation As-Sisis zu einer (Vor-)Bedingung für den Abschluss mehrerer Wirtschaftsvereinbarungen gemacht wurde, die am Rande des Staatsbesuchs in Berlin abgeschlossen wurden? Auf die Antwort zu Frage 9 wird verwiesen. 11. Nach welchen Kriterien entscheidet die Bundesregierung, ob sie eine Person zur Fahndung und Festnahme ausschreibt, obwohl das Fahndungsersuchen gegen die Interpol-Statuten verstößt? Nach § 15 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) kann eine Person aufgrund eines ausländischen Ersuchens in der Bundesrepublik Deutschland zur Fahndung zwecks Festnahme ausgeschrieben werden, wenn die Anordnung von Auslieferungshaft gegen diese Person zulässig erscheint. Nach § 15 Absatz 2 IRG darf Auslieferungshaft nur angeordnet werden, wenn die Auslieferung des Verfolgten nicht von vorneherein unzulässig erscheint . Die Frage einer von vorneherein erkennbaren Unzulässigkeit wird von der Bundesregierung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft . 12. Wie viele Personen hat die Bundesregierung in den letzten fünf Jahren in Deutschland aufgrund eines über Interpol eingegangenen Fahndungsersuchens festnehmen lassen, obwohl die Anfrage gegen die Interpol-Statuten verstieß und wieso? Hierzu können keine Angaben gemacht werden, da die Verstöße gegen die IKPO-Statuten erst seit dem Jahr 2014 statistisch erfasst werden. Eine Festnahme im Sinne der Fragesteller erfolgte seit der statistischen Erfassung in einem Fall (Ahmed Mansour). 13. Welche personellen und organisatorischen Konsequenzen hat die Bundesregierung aus dem Fall Ahmed Mansur bisher gezogen? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 1. September 2015 einen Workshop veranstaltet. Dieser sollte der Überprüfung der Abläufe Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/7132 und Vernetzung der zuständigen Behörden dienen. Zugleich diente er der Schulung der mit der Bearbeitung von internationalen Fahndungsersuchen betrauten Beteiligten. Es nahmen dazu Vertreter des Bundesministeriums des Innern, des Auswärtigen Amts, des Bundesamtes für Justiz und des Bundeskriminalamtes teil. Als Ergebnis des Workshops wurden folgende Maßnahmen ergriffen: Bei Eingehen einer Mitteilung über einen Verstoß gegen Artikel 3 IKPO-Statuten berichtet das Bundesamt für Justiz dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz , überprüft erneut das Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen und versucht, durch geeignete Maßnahmen eine breitere Sachverhaltsbasis zu erlangen . Das Auswärtige Amt hat eine erweiterte Beteiligungs- und Billigungspraxis eingeführt . 14. Wie ist der Stand der „Qualitätskriterien für die Überprüfung von Fahndungsersuchen “ sowie der „entsprechenden Fortbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, deren Entwicklung und Fortentwicklung der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz , Christian Lange, in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 1. Juli 2015 (Plenarprotokoll 18/114) angekündigt hat? In dem vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz organisierten Workshop am 1. September 2015 wurden die Abläufe bei Eingang eines ausländischen Fahndungsersuchens anhand verschiedener Fallkonstellationen im Detail besprochen. Zudem wurde die Frage behandelt, welche Informationsquellen zur Bewertung des jeweiligen Einzelfalles herangezogen werden können. Es bestand Einigkeit, dass dies nicht abstrakt beurteilt werden kann, sondern vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist. Ziel des Workshops war insoweit auch ein Austausch über zuverlässige und effiziente Recherchemethoden, der durch einen Fachvortrag eines externen Referenten vorbereitet wurde. 15. Sind diese neuen Kriterien bereits in Anwendung? Ja. 16. Wie viele neue Stellen wurden geschaffen, um die Qualität der Prüfung von Fahndungsersuchen zu verbessern und die zur Bearbeitung von Ersuchen zur Verfügung stehende Zeit zu erhöhen? Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, im Auswärtigen Amt, im Bundesministerium des Innern sowie im Bundesamt für Justiz und im Bundeskriminalamt wurden keine neuen Stellen geschaffen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7132 – 6 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Zur Auslieferungspraxis und der Zusammenarbeit über das Interpol-Netzwerk 17. Wie viele Menschen hat die Bundesregierung in den letzten fünf Jahren an Staaten ausgeliefert, die ausweislich des Demokratieindex der Zeitschrift „The Economist“ im jeweiligen Jahr als „autoritäres Regime“ bezeichnet wurden (bitte nach Staat, Jahr, vorgeworfenem Delikt und der zu erwartenden Freiheitsstrafen der Ausgelieferten aufschlüsseln)? Die Anzahl der im Kalenderjahr vollzogenen Auslieferungen, die jeweils ersuchenden Staaten und die vorgeworfenen Straftaten ergeben sich aus der Auslieferungsstatistik , die im Bundesanzeiger veröffentlicht wird und auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz einsehbar ist (www.bmjv.de/SharedDocx/Downloads/DE/Statistiken/Download/Gesamt_ Auslieferung.html). 18. Wie viele dieser autoritären Regime sind bei Interpol organisiert? Bis auf Nordkorea sind alle der laut Demokratieindex der Zeitschrift „The Economist “ als „autoritäres Regime“ bezeichneten Staaten (Stand 2014) in der „Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation“ Interpol (IKPO-Interpol) organisiert . 19. Wie viele Auslieferungsersuchen dieser autoritären Regime wurden über das Interpol-Netzwerk gestellt, und wie viele über andere Wege der Kooperation (bitte benennen)? Über das Interpol-Netzwerk werden keine Auslieferungsersuchen, sondern lediglich polizeiliche Fahndungsersuchen übermittelt. Grundsätzlich hängt der Übermittlungsweg vom jeweils einzuhaltenden Geschäftsweg ab. 20. Führt die Bundesregierung Einzelfallprüfungen durch, bevor sie eine Person aufgrund eines Auslieferungsersuchens eines autoritären Regimes über Interpol in Deutschland zur Fahndung und/oder Festnahme ausschreiben lässt, falls nein, wieso nicht? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 21. Warum werden keine Listen erstellt, bei welchen Staaten eine besondere Prüfung erfolgen muss, weil der Mechanismus, grundsätzlich auf die Rechtstaatlichkeit der Entscheidung der anderen Seite zu vertrauen, nicht vertretbar ist? Ob eine Auslieferung in einen bestimmten Staat erfolgen kann, ist in jedem Einzelfall anhand aller bekannten Umstände sowie unter Berücksichtigung etwaiger Zusicherungen des ersuchenden Staates zu prüfen. 22. Nach welchen Kriterien entscheidet die Bundesregierung, ob sie einem Auslieferungsersuchen eines autoritären Regimes nachkommt und ob sie eine Person zur Fahndung und/oder Festnahme aufgrund einer Anfrage über Interpol ausschreiben lässt? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 7 – Drucksache 18/7132 23. Wie viele Personen, die wegen terroristischer Delikte gesucht wurden, hat Deutschland in den letzten fünf Jahren an welche Staaten ausgeliefert? Der Begriff „terroristische Delikte“ wirft zahlreiche Fragen auf und ist dem Strafgesetzbuch (StGB) fremd. Richtet man den Blick auf solche Straftaten, die bei einer Parallelwertung im Rahmen der Prüfung der beiderseitigen Strafbarkeit den §§ 129a, 129b StGB entsprechen, ergeben sich folgende statistische Werte seit dem Jahr 2010: § 129a StGB: 17 § 129b StGB: 5. Die Auslieferungen erfolgten in folgende Länder: Belgien, Dänemark, Frankreich , Niederlande, Norwegen, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik und USA. 24. Nach welchen Kriterien entscheidet die Bundesregierung, ob es sich um eine „terroristische Straftat“ oder um eine „politische Straftat“ handelt, und wie viele Auslieferungen haben in den letzten zehn Jahren nach Russland, Saudi-Arabien und in die Türkei wegen „terroristischer Straftaten“ stattgefunden (bitte einzeln aufführen)? Der Terminus einer „terroristischen Straftat“ wird im IRG nicht verwandt. § 6 Absatz 1 IRG enthält keine Definition des Begriffs der „politischen Straftat“, sondern lediglich eine Ausschlussliste von Straftatbeständen, die grundsätzlich nicht als politische Taten angesehen werden können. In Literatur und Rechtsprechung wird eine Kombination aus objektiven und subjektiven Merkmalen herangezogen . Wegen der Problematik des Begriffs „terroristische Straftat“ im Zusammenhang mit der statistischen Erfassung wird auf die Antwort zu Frage 23 verwiesen. Seit 2005 ergeben sich für Auslieferung in die Türkei folgende statistische Angaben: § 129a StGB: 4 § 129b StGB: 0 Auslieferungen an die Russische Föderation oder nach Saudi-Arabien sind seit 2005 weder im Hinblick auf § 129a StGB noch auf § 129b StGB erfolgt. 25. Gibt es Unterschiede in der Auslegung zwischen den Interpol-Staaten, ob es sich um eine „terroristische Straftat“ oder um eine „politische Straftat“ handelt ? Auslegungskriterien anderer Staaten sind hier nicht bekannt. 26. Aus welchen Staaten werden Fahndungsersuchen überhaupt nicht anerkannt, und wieso nicht? Auf die Antwort zu Frage 21 wird verwiesen. 27. Gibt es hierzu eine aktuelle Liste, an der sich Behörden bei der Entscheidung orientieren können? Nein. Auf die Antwort zu Frage 21 wird verwiesen. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7132 – 8 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode 28. Welche Konsequenzen rechtlicher und tatsächlicher Natur drohen, wenn Deutschland die Auslieferung von Personen an Staaten außerhalb der Europäischen Union in begründeten Einzelfällen verweigert? Wenn der Auslieferungsverkehr auf einer völkervertraglichen Vereinbarung beruht , die eine Auslieferungsverpflichtung begründet, drohen bei Ablehnung der Auslieferung aus Gründen, die im Vertrag vorgesehen sind, keine Konsequenzen. Im vertragslosen Auslieferungsverkehr besteht keine Auslieferungsverpflichtung. Bei Verweigerung der Auslieferung kann das Vertrauen auf gegenseitige Kooperation enttäuscht werden. 29. Welche Kooperationspflichten bestehen für Deutschland bei der Fahndung über Interpol? Die internationale polizeiliche Zusammenarbeit über Interpol im Rahmen der Fahndung zum Zwecke der Auslieferung oder zu anderen Fahndungszielen (z. B. zur Aufenthaltsermittlung) erfolgt im Einklang mit den Grundregeln für die Tätigkeit der Organisation, insbesondere ihrer Statuten. Diese sehen u. a. vor, dass eine Kooperation ausschließlich unter Beachtung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften ihrer Mitglieder, d. h. insbesondere in Übereinstimmung mit der nationalen Gesetzgebung, erfolgt. 30. In wie vielen Auslieferungsfällen betrug die erwartete Freiheitsstrafe, die den Ausgelieferten bevorstand, mehr als das Dreifache dessen, was in Deutschland als Strafe für vergleichbare Delikte als Freiheitsstrafe zu erwarten wäre, und wie hoch war die erwartete Freiheitsstrafe jeweils? Der Bundesregierung liegen hierzu keine statistischen Erkenntnisse vor. 31. Hat die Bundesregierung bereits einmal die Auslieferung verweigert, weil die erwartete Freiheitstrafe unverhältnismäßig hoch im Hinblick auf den Tatvorwurf erschien, und falls nein, wieso nicht? Ja. 32. Wie viele Fahndungsersuchen hat Deutschland in den letzten fünf Jahren in das Interpol-Netzwerk eingestellt? Deutschland hat in den letzten fünf Jahren (2011 bis 2015) 12 106 Fahndungsersuchen in das Interpol-Netzwerk eingestellt. 33. Wie viele DNA-Datensätze hat Deutschland auf welcher Rechtsgrundlage in den letzten fünf Jahren in die Interpol-Datenbanken eingestellt, und wie stellt Deutschland sicher, dass die Daten nicht missbraucht werden? Die Bundesregierung führt hierzu keine Statistik. Daher ist nicht bekannt, wie viele DNA-Datensätze die Bundesrepublik Deutschland in den letzten fünf Jahren in die Interpol-Datenbanken eingestellt hat. Generell kann mitgeteilt werden, dass das Bundeskriminalamt nicht an die elektronische Schnittstelle zur automatisierten Übermittlung von DNA-Profilen an das Generalsekretariat von Interpol angeschlossen ist und bei internationalen Fahndungsersuchen nach Beschuldigten keine DNA-Datensätze an Interpol übermittelt. Um einen Missbrauch dieser Daten zu verhindern, sehen die Datenverarbeitungsrichtlinien von Interpol (Interpol ’s Rules on the Processing of Data, sog. RPD) Schutzmechanismen vor. Gemäß Artikel 15 der RPD gewährleistet das Generalsekretariat mit geeigneten Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 9 – Drucksache 18/7132 Maßnahmen die Sicherheit der im Interpol-Informationssystem verarbeiteten Daten . 34. Wie viele Datensätze mit Fingerabdrücken hat Deutschland auf welcher Rechtsgrundlage in den letzten fünf Jahren in die Interpol-Datenbanken eingestellt , und wie stellt Deutschland sicher, dass die Daten nicht missbraucht werden? Die Bundesregierung führt hierzu keine Statistik. Im Rahmen des internationalen Fahndungsverkehrs über Interpol erfolgt gemäß § 14 Absatz 1 BKAG eine Übermittlung von Fingerabdrücken, sofern dies im konkreten Einzelfall erforderlich ist. Bei Fahndungsersuchen stellt Deutschland vorhandene Fingerabdrücke der gesuchten Person grundsätzlich in die Interpol-Datenbanken ein, um zu gewährleisten , dass die Person zweifelsfrei identifiziert werden kann. Zugriff auf die Fingerabdruckdaten haben nur solche Mitgliedstaaten, die von Deutschland ausdrücklich um Fahndung ersucht werden. Nach § 14 Absatz 7 BKAG hat das Bundeskriminalamt bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten ins Ausland eine Datenschutzklausel zu verwenden. Danach dürfen derartige Daten nur für Zwecke der Verhütung oder Verfolgung von Straftaten verwendet werden. Um einen Missbrauch dieser Daten zu verhindern, sehen die Datenverarbeitungsrichtlinien von Interpol (Interpol’s Rules on the Processing of Data, sog. RPD) Schutzmechanismen vor. Gemäß Artikel 15 der RPD gewährleistet das Generalsekretariat mit geeigneten Maßnahmen die Sicherheit der im Interpol-Informationssystem verarbeiteten Daten. 35. Wie viele Auslandsdienstreisen von BKA-Beamten haben in den letzten fünf Jahren in Staaten stattgefunden, die autoritäre Regime sind, und welche Staaten waren jeweils Ziel der Reise? Die Bundesregierung führt hierzu keine Statistik. 36. Wie viele Besucher in offiziellem Auftrag aus autoritären Regimen hat das BKA in den letzten fünf Jahren empfangen, und woher kamen die Besucher jeweils? Die Bundesregierung führt hierzu keine Statistik. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333