Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 16. Dezember 2015 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 18/7152 18. Wahlperiode 18.12.2015 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Frank Tempel, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 18/6934 – Strafverfolgung von IS-Mitgliedern wegen Verbrechen gegen die jesidische Bevölkerungsgruppe in Shengal V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im August 2014 griff die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die mehrheitlich von Angehörigen der jesidischen Glaubensgemeinschaft besiedelte Region Shengal (Sindjar) im Nordirak an. Tausende Jesidinnen und Jesiden wurden dabei von den Dschihadisten als vermeintlich „Ungläubige“ massakriert, vor allem Frauen und Mädchen gerieten in die Sklaverei des IS. 80 Prozent der Jesidinnen und Jesiden aus Shengal wurden vertrieben und leben heute außerhalb ihrer angestammten Gebiete in Flüchtlingslagern im Nordirak, in Nordsyrien und der Türkei (derstandard.at/2000022757647/Yeziden-fordern-IStGH-zu-Ermittlungen-gegen- Jihadisten-auf). Gemäß dem Bericht A/HRC728/18 vom 13. März 2015 des Büros des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) liegen Anzeichen vor, dass der IS den Tatbestand des Völkermordes an der Bevölkerungsgruppe der Jesiden erfüllt haben könnte sowie auch die Tatbestände Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Mord, Versklavung, Vertreibung, Vergewaltigung u. a. im Zuge weitverbreiteter und systematischer Attacken gegen die Zivilbevölkerung ) und Kriegsverbrechen. Das OHCHR empfiehlt in diesem Bericht, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN-Sicherheitsrat) eine Überstellung an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Betracht ziehen solle. Die Bundesregierung hatte erklärt, sie werde sich, „wie stets in Fällen eines Vorwurfs auf Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen , dafür einsetzen, dass sich die Täter in einem fairen Verfahren vor einem unabhängigen oder internationalen Gericht für ihre Taten verantworten müssen“ (Bundestagsdrucksache 18/5723). Auch Interessenvertretungen der Jesiden im Irak wollen erreichen, dass der IStGH Ermittlungen gegen den IS wegen Völkermordes und sexueller Versklavung aufnimmt. Zwar haben weder der Irak noch Syrien das Statut des IStGH unterzeichnet. Doch die jesidischen Interessensvertretungen übergaben Chefanklägerin Fatou Bensouda im September 2015 Dokumente von 20 IS-Kämpfern aus IStGH-Staaten, gegen die Ermittlungen aufgenommen werden könnten Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7152 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode (derstandard.at/2000022757647/Yeziden-fordern-IStGH-zu-Ermittlungen-gegen- Jihadisten-auf). 1. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung gemäß ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 18/5723 bislang wann und in welcher Form und mit welchem Ergebnis unternommen oder gedenkt sie wann und in welcher Form zu unternehmen, damit „sich die Täter in einem fairen Verfahren vor einem unabhängigen oder internationalen Gericht für ihre Taten verantworten müssen “? Sollte die Bundesregierung in dieser Angelegenheit bislang nicht tätig geworden sein, warum nicht? Die Bundesregierung steht in ständigem Kontakt sowohl mit der irakischen Zentral - als auch der kurdischen Regionalregierung. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit darauf, die begangenen Verbrechen in gerichtsfester Form zu dokumentieren, um spätere Verfahren zu ermöglichen. Die Bundesregierung unterstützt in diesem Zusammenhang ein Projekt der Nichtregierungsorganisation „Commission for International Justice and Accountability“ (CIJA) zur Dokumentation der von IS primär im Sindjar begangenen Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Projektvolumen 200 000 Euro). Im Rahmen dieses Projektes arbeitet CIJA eng mit der kurdischen Regionalregierung, dem ihr unterstehenden „Genocide Office to Identify Crimes Against Kurdish People“ sowie in diesem Bereich engagierten Jesidenvertretern zusammen und legt dabei besonderen Stellenwert auf den Kapazitätsaufbau lokaler Juristen und Ermittler. 2. Inwieweit haben nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Gerichte Ermittlungen wegen der von Seiten des IS in Shengal begangenen Verbrechen aufgenommen? Eine Befassung deutscher Gerichte wegen der genannten Verbrechen ist der Bundesregierung nicht bekannt. 3. Auf welche unabhängigen nationalen oder internationalen Gerichte im Einzelnen bezieht sich die Bundesregierung in ihrer Antwort zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 18/5723? a) Welche besonderen Voraussetzungen bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils, um ein entsprechendes Verfahren bei diesen Gerichten einzuleiten? b) Inwieweit liegen diese Voraussetzungen im gegebenen Fall jeweils vor? c) Welche konkreten Schritte von welcher Seite müssten jeweils unternommen werden, damit es vor den jeweiligen Gerichten zu entsprechenden Verfahren kommt? Voraussetzung für die Ausübung der Gerichtsbarkeit des Internationale Strafgerichtshofs ist, dass der Staat, in dessen Hoheitsgebiet fragliche Verbrechen stattgefunden haben, Vertragsstaat des Römischen Statuts ist bzw. die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs anerkannt hat oder der mutmaßliche Täter Staatsangehöriger eines solchen Staates ist. Der VN-Sicherheitsrat kann auch Situationen in Nicht-Vertragsstaaten an den Internationalen Strafgerichtshof überweisen. Auch für ein Sondertribunal wäre ein Mandat des VN-Sicherheitsrats erforderlich. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 7 verwiesen. Neben und wegen des Komplementaritätsprinzips sogar vor dem Internationalen Strafgerichtshof kommen die Gerichte von Staaten in Frage, die in Fällen von Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/7152 Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit Gerichtsbarkeit beanspruchen . Die Verfahrensvoraussetzungen würden sich in diesem Fall nach dem jeweils anwendbaren Verfahrensrecht richten. Eine große Rolle dürfte für Verfahren, die später einmal stattfinden könnten, die Sicherung der erforderlichen Beweise spielen. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen. 4. Inwieweit und in welchem Ausmaß wurden nach Kenntnis der Bundesregierung bislang im Irak einschließlich der Region Kurdistan Ermittlungen bezüglich der Vorwürfe des Völkermordes, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen gegen den IS wegen seiner Taten insbesondere gegen die Jesidinnen und Jesiden, aber auch gegen andere Bevölkerungsgruppen eingeleitet? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, dass im Irak einschließlich der Region Kurdistan bereits Ermittlungen eingeleitet wurden gegen den IS wegen seiner Taten insbesondere gegen die Jesidinnen und Jesiden, aber auch gegen andere Bevölkerungsgruppen, bezüglich der Vorwürfe des Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen. 5. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung im Irak Überlegungen, das Römische Statut des IStGH zu unterzeichnen und zu ratifizieren? Wenn ja, wie weit sind diese Überlegungen fortgeschritten? Wenn nein, was ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Hinderungsgrund ? Irak prüft gegenwärtig nach eigenen Angaben eine Ratifikation des Römischen Statuts. Eine Demarche der EU Delegation in Bagdad zu diesem Zweck fand zuletzt im Oktober 2015 statt. 6. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die irakische Regierung geprüft hat bzw. gegenwärtig prüft, die Verbrechen des IS an den Jesidinnen und Jesiden dem IStGH gemäß Artikel 12 Absatz 3 des Römischen Statuts vorzulegen? Wenn ja, wie sieht das Ergebnis aus? Wenn nein, warum nicht? Der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob die irakische Regierung geprüft hat bzw. gegenwärtig prüft, die Verbrechen des IS an den Jesidinnen und Jesiden dem IStGH zu unterbreiten. 7. Verfolgt der UN-Sicherheitsrat nach Kenntnis der Bundesregierung Überlegungen , die Verbrechen des IS gegen die jesidische Bevölkerung von Shengal dem IStGH nach Artikel 13b des Römischen Statuts vorzulegen? Wenn ja, wie weit sind derartige Überlegungen fortgeschritten, von welchen Regierungen gehen entsprechende Initiativen aus, und welche konkreten Schritte wurden diesbezüglich bereits eingeleitet? Wenn nein, inwieweit besteht bei der Bundesregierung die Bereitschaft, dem UN-Sicherheitsrat einen entsprechenden Antrag vorzulegen? Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich bisher nicht mit diesem Thema befasst. Vo ra bf as su ng - w ird d ur ch d ie le kt or ie rte V er si on e rs et zt . Drucksache 18/7152 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode Deutschland ist derzeit nicht Mitglied des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. Es ist nicht bekannt, dass ein Partner im Sicherheitsrat plant, einen solchen Antrag vorzulegen. 8. Welche rechtlichen, völkerrechtlichen und politischen Konsequenzen hätte nach Kenntnis der Bundesregierung eine mögliche Einstufung der IS-Verbrechen gegen die jesidische Bevölkerung von Shengal als Genozid durch den UN-Sicherheitsrat oder die Generalversammlung der UNO? Bei beiden genannten Gremien handelt es sich um politische Organe. Eine derartige Einstufung wäre daher in erster Linie von politischer Bedeutung. In einem Gerichtsverfahren würde sie als politische Bewertung ein Indiz darstellen, ein nationales oder internationales Gericht aber nicht von einer eigenen Beweiswürdigung und Bewertung entbinden. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333